Ergänzung zur Vorlesung Topologie I Wintersemester 2012/2013 J. Ebert / U. Pennig Produkte von CW-Komplexen Sei X ein CW-Komplex und Y ein endlicher CWKomplex. Wir zeigen in dieser kleinen Notiz, dass X × Y mit einer Zellenzerlegung ausgestattet werden kann, so dass der Raum mit der Produkttopologie ein CW-Komplex wird. Hierzu benötigen wir den folgenden Hilfssatz, der nicht nur für die Aufgabe interessant ist: Lemma. Seien X, Y topologische Räume und f : X → Y eine Quotientenabbildung. Sei K ein lokalkompakter topologischer Raum, dann ist f × idK : X × K → Y × K ebenfalls eine Quotientenabbildung. Beweis. Wir haben zu zeigen, dass W ⊂ Y ×K genau dann offen ist, falls (f ×idK )−1 (W ) ⊂ X × K offen ist. Da f × idK als Produkt stetiger Abbildungen wieder stetig ist, ist eine der beiden Implikationen klar. Sei W ⊂ Y × K mit (f × idK )−1 (W ) offen. Es bleibt zu zeigen, dass W bereits offen ist. Sei (y0 , k0 ) ∈ W . Wir müssen Umgebungen U 3 y0 in Y und L 3 k0 in K finden, so dass U × L ⊂ W . Sei x0 ∈ f −1 (y0 ) und definiere K0 ⊂ K durch {x0 } × K0 = ({x0 } × K) ∩ (f × idK )−1 (W ) . Dann ist K0 offen in K. Aufgrund der lokalen Kompaktheit von K existiert eine kompakte Umgebung L ⊂ K0 von k0 . Sei U = {y ∈ Y | {y} × L ⊂ W }. Um zu zeigen, dass U offen in Y ist, genügt es nach Voraussetzung zu zeigen, dass f −1 (U ) = {x ∈ X | {x} × L ⊂ (f × idK )−1 (W )} offen in X ist, denn f ist eine Quotientenabbildung. Dies bedeutet, wir müssen beweisen, dass für alle x ∈ f −1 (U ) eine Umgebung V ⊂ X von x existiert mit V × L ⊂ (f × idK )−1 (W ). Sei x ∈ f −1 (U ) fest. Da (f × idK )−1 (W ) offen ist, können wir für jeden Punkt (x, l) ∈ (f × idK )−1 (W ) eine offene Umgebung A(x,l) × B(x,l) ⊂ (f × idK )−1 (W ) finden. Aufgrund T der Kompaktheit von L reichen endlich viele B(x,li ) um L zu überdecken. Sei V = i A(x,li ) , S dann gilt V × L ⊂ i (A(x,li ) × B(x,li ) ) ⊂ (f × idK )−1 (W ). Also ist U offen. Somit ist U × L ⊂ W eine Umgebung von (x0 , k0 ) (U × Inn(L) ⊂ W ist eine offene Umgebung), was die Behauptung zeigt. Korollar. Sei X ein topologischer Raum, Y ein lokalkompakter topologischer Raum und J eine Indexmenge. Sei X 0 der Raum, der aus X durch Ankleben von |J| n-Zellen via der Anhefteabbildung φ : J × S n−1 → X entsteht, also X 0 = X ∪φ (J × Dn ) , dann ist X 0 × Y homöomorph zu Z = (X × Y ) ∪φ×idY ((J × Dn ) × Y ). Beweis. Sei p : (X q (J × Dn )) → X 0 die kanonische Quotientenabbildung. Nach dem vorherigen Lemma ist q : (X q (J × Dn )) × Y → (X ∪φ (J × Dn )) × Y mit q = p × idY ebenfalls eine Quotientenabbildung. Sei f : Z → X 0 × Y die stetige Abbildung, die durch die Pushout-Eigenschaft von den offensichtlichen Abbildungen X × Y → X 0 × Y und J × Dn × Y → X 0 × Y induziert wird. Wie sich leicht nachprüfen lässt, ist f bijektiv. Um zu sehen, dass f offen ist, betrachte das folgende kommutative Diagramm: g ∼ = (X × Y ) q (J × Dn × Y ) q0 / (X q (J × D n )) × Y Z q / X0 × Y f Die vertikalen Abbildungen in diesem Diagramm sind Quotientenabbildungen, die obere horizontale Abbildung ist ein Homöomorphismus. Sei jetzt U ⊂ Z offen. Aufgrund der Bijektivität von f gilt U = f −1 (f (U )). Da q 0 eine Quotientenabbildung ist, gilt q 0−1 (U ) = (f ◦ q 0 )−1 (f (U )) = (q ◦ g)−1 (f (U )) ist offen in (X × Y ) q (J × Dn × Y ). Also ist q −1 (f (U )) offen und da q eine Quotientenabbildung ist, folgt f (U ) offen. Quotientenabbildungen spielen für die Aufgabenstellung aufgrund der folgenden Konstruktion eine Rolle: n b =` Lemma. Sei Jn für n ∈ N0 eine Familie von Indexmengen und X n∈N0 Jn × D . Sei X ein topologischer Raum mit einer Filtrierung X0 ⊆ X1 ⊆ · · · ⊆ X, so dass als Menge S n n∈N0 Xn = X. Seien weiterhin φn : Jn × D → Xn Abbildungen, so dass Jn × S n−1 Jn × Dn φn |Jn ×S n−1 φn / Xn−1 / Xn b → X eine Pushout-Diagramme sind. Falls die von den φn induzierte Abbildung q : X Quotientenabbildung ist, dann stimmt die Topologie auf X mit der schwachen Topologie überein. Beweis. Wir haben zu zeigen, dass U ⊂ X genau dann offen ist, falls U ∩ Xn offen in Xn ist. Eine Richtung ist nach Definition der Unterraumtopologie klar. Sei jetzt U ⊂ X so, bn → Xn die Einschränkung bn = `n Jk × Dk und qn : X dass U ∩ Xn offen in Xn ist. Sei X k=1 bn . Sei ιn : Xn → X die Inklusion, dann ist (ιn ◦ qn )−1 (U ) = q −1 (U ∩ Xn ) von q auf X n −1 (U ) offen in X, bn . Somit ist aber q −1 (U ) = S b offen in X (ι ◦ q ) denn die Inklusion n n∈N0 n bn → X b ist offen. Da q eine Quotientenabbildung ist, folgt U offen in X. X Jetzt betrachten wir einen CW-Komplex X und einen lokalkompakten CW-Komplex Y (z.B. könnte Y ein endlicher CW-Komplex sein, dann ist Y sogar kompakt). Seien φn : Jn × Dn → Xn die Anhefteabbildungen von X, ψn : Jn0 × Dn → Yn die von Y . Der Raum Dp × Dq ist homöomorph zu Dp+q und dieser Homöomorphismus identifiziert ∂Dp+q mit Dp × S q−1 ∪S p−1 ×S q−1 S q−1 × Dq . Jetzt kommutiert das folgende Diagramm (Jp × Jq0 ) × (Dp × S q−1 ∪S p−1 ×S q−1 S q−1 × Dq ) / (Xp × Yq−1 ) ∪ (Xp−1 × Yq ) / Xp × Yq (Jp × Dp ) × (Jq0 × Dq ) φp ×ψq Hier sind die beiden vertikalen Abbildungen gegeben durch die Inklusionen. Die obere horizontale Abbildung ist die Einschränkung von φp × ψq auf (Jp × Jq0 ) × ∂(Dp × Dq ). Zunächst wollen wir sehen, dass diese Diagramme Pushouts sind, d.h. wir müssen zeigen, dass die induzierte Abbildung W := [(Xp × Yq−1 ) ∪ (Xp−1 × Yq )] ∪Jp ×Jq0 ×∂Dp+q (Jp × Dp ) × (Jq0 × Dq ) → Xp × Yq ein Homöomorphismus ist. Da X und Y CW-Komplexe sind, haben wir Xp = Xp−1 ∪Jp ×S p−1 (Jp × Dp ) und Yq = Yq−1 ∪Jq0 ×S q−1 (Jq0 × Dq ). Da Yq als abgeschlossener Unterraum eines lokalkompakten Raumes wieder lokalkompakt ist, haben wir nach dem obigen Korollar Xp × Yq ∼ = (Xp−1 × Yq ) ∪Jp ×S p−1 ×Yq (Jp × Dp × Yq ) Außerdem ist Jp × Dp für jede beliebige Indexmenge Jp ein lokalkompakter Raum. Demnach gilt (Jp × Dp ) × Yq ∼ = (Jp × Dp × Yq−1 ) ∪J p ×Dp ×Jq0 ×S q−1 (Jp × Dp × Jq0 × Dq ) Jetzt induzieren die Abbildung Jp ×Dp ×Yq−1 → Xp ×Yq−1 → W und Jp ×Dp ×Jq0 ×Dq → W eine Abbildung (Jp × Dp ) × Yq → W unter Ausnutzung des zweiten Homöomorphismus und der Pushout-Eigenschaft. Zusammen mit der kanonischen Abbildung Xp−1 × Yq → W erhalten wir aus dem ersten Homöomorphismus und der Pushout-Eigenschaft eine stetige Abbildung Xp × Yq → W , von der leicht nachzuprüfen ist, dass sie invers zur obigen Abbildung W → Xp × Yq ist. S Jetzt setzen wir (X × Y )n = p+q=n Xp × Yq und erhalten Pushout-Diagramme ` ` p+q=n (Jp / (X × Y )n−1 × Jq0 ) × ∂Dp+q p+q=n (Jp × Dp ) × (Jq0 × Dq ) qφp ×ψq / (X × Y )n analog zu dem obigen Pushout. Wir sind jetzt in der Situation des letzten Lemmas, d.h. falls wir zeigen können, dass für S b × Yb die Abbildung q : X b × Yb → X × Y , \ X × Y = p∈N0 ,q∈N0 (Jp × Dp ) × (Jq0 × Dq ) = X die von den Anhefteabbildungen Ψn = qφp × ψq induziert wird, eine Quotientenabbildung b →X ist, folgt, dass X × Y die schwache Topologie trägt. Wir wissen bereits, dass qX : X b lokalkompakt ist, folgt aus dem und qY : Yb → Y Quotientenabbildungen sind. Da X b × Yb → X b × Y eine Quotientenabbildung ist. Außerdem ersten Lemma, dass idXb × qY : X b ×Y → ist Y nach Voraussetzung lokalkompakt, also folgt ebenso, dass qX × idY : X X × Y eine Quotientenabbildung ist. Da die Eigenschaft, eine Quotientenabbildung zu sein, kompatibel mit Verknüpfungen ist, folgt, dass q = qX × qY = (qX × idY ) ◦ (idXb × qY ) eine Quotientenabbildung ist. Somit haben wir gezeigt, dass X × Y tatsächlich ein CW-Komplex ist.