Flashbacks - psychosomatikpraxis

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Psychosomatisch-Psychotherapeutische Praxis Leonberg
Cornelius Sipple, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Liststraße 1/2, 71229 Leonberg, Tel.: 07152 335224, Fax.: 07152 335225, Email:
[email protected]
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Flashback/Nachhallerinnerung
Liebe/r Patient/in,
wir haben in den psychotherapeutischen Sitzungen die Möglichkeit besprochen, dass
es aufgrund schwerwiegender, tief einschneidender Erfahrungen (Traumata) in Ihrer
Biographie, wie z. B. Erfahrungen von übermächtiger Gewalt (Unfallereignisse,
Überfälle, Folter, Misshandlung, körperlicher/emotionaler Missbrauch, schwere
Vernachlässigung, o. Ä.), auch viel später im Leben noch zu sog. Nachhallerinnerungen, auch „Flashbacks“ genannt, kommen kann.
Flashbacks können als spezielle Erregungszustände bezeichnet werden, in welchen
manchmal nur emotional, evtl. auch nur körperlich (z. B. in Form von medizinisch
schwer erklärbaren Schmerzen) - oder gemischt - etwas früh oder später im Leben als
sehr schlimm Erfahrenes als Schema auftaucht und das Bewusstsein überflutet und
wieder nacherlebt wird. Manchmal sind auch negative Kognitionen (Überzeugungen, Glaubenssätze, ect. – wie z. B. „schuld sein“) damit verbunden.
Streng genommen bezeichnet die Fachwelt als Flashback nur das Nacherleben von
Erinnerungen in Bildern - begleitet von einem emotional-körperlichen Erregungszustand. Wegen der Möglichkeit des Auftretens von konkreten, sich dem
Bewusstsein aufdrängenden Erinnerungsbildern bezeichnen wir den Flashback auch
als „inneren Film“.
In den meisten Fällen gibt es für dieses Nacherleben eine so genannte
„Triggersituation“ – eine Situation, in welcher sich meist (evtl. mit meiner Hilfe)
spezielle Auslösemomente feststellen lassen, die die Erinnerung lawinenartig in
Gang brachte (z. B. auch aktuelle Situationen von Herabsetzung, Vertrauensbruch,
aber auch Erlebnismomente, die an das Trauma selbst erinnern, wie Gerüche,
Geräusche, jahreszeitliche, zwischenmenschliche oder örtliche Atmosphäre, o. Ä.).
Viele Patienten bemerken nicht, dass es sich um eine Nachhallerinnerung handelt.
Manchmal wird diese nur als ursächlich undefinierbarer Unruhezustand oder auch
depressive Krise empfunden.
Bevor man ein Trauma aufarbeiten kann, geht es therapeutisch darum, sich
wirkungsvoll beruhigen zu können (Kontrolle und Einfluss erlangen).
Der Zustand kann auch andauern und die Wahrnehmung der Umwelt und oft der
Mitmenschen stark beeinträchtigen. Da der Auslöser/Trigger auf eine innerlich sehr
empfindliche Stelle trifft, wähnen sich die Betroffenen evtl. in der Überzeugung real
bedroht und/oder ausgeliefert, völlig hilflos, über die Masse schlecht behandelt,
seelisch verletzt oder in ihrem Vertrauen wieder extrem erschüttert worden zu sein.
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Sie sind dann evtl. geneigt, dementsprechend zu reagieren - z. B. entsteht ein sehr
starker Wunsch nach Rückzug/Flucht, evtl. mit starker Scham oder Resignation,
oder starke Hilflosigkeit mit einem starken Wunsch nach Hilfe von Außen, oder auch
starke Wut und ein Druck, sich zu rechtfertigen, evtl. auch eine extreme Verurteilung
von einem als Täter erlebten Gegenüber, ein Wunsch nach dessen Vernichtung oder
eine starke Vorwurfshaltung mit tiefer Kränkung oder Verbitterung, ect., ect..
Eine Situation von „ein Opfer von Umständen sein“ kann sich somit evtl. noch
verschärfen und neue Rückschläge heraufbeschwören oder einfach eine Opferrolle
ungünstig bekräftigen. Mitmenschen reagieren auch unterschiedlich auf eine extrem
negative Gestimmtheit. Verhaltenstherapeutisch sprechen wir von einer positiven
Verstärkung des problematischen Schemas, einem tieferen Einüben und Lernen eines
derartigen Ablaufes, was wir nicht nur zu verhindern, sondern auch zu lösen
versuchen, indem wir bestrebt sind, das Schema bzw. dessen Reaktionspotential
durch sog. Löschung, Veränderung und Desensibilisierung zu entschärfen. Erst aber
ist wie gesagt die Kontrolle über die eigenen Gedächtnisabläufe wichtig:
Folgende Techniken sind wichtig zur Bewältigung und Veränderung:
Wenn eine derartige Attacke sie überkommt: ziehen sie sich innerlich auf eine
Beobachterposition zurück - versuchen sie, so weit als möglich nicht gleich am
Geschehen teil zu nehmen/mit zu reagieren und es stattdessen erst zu
verstehen: z. B. über eine Betrachtung aus der „Vogelperspektive“. Dazu
können sie sich und bestimmten Gefühlen gegenüber wiederholt sagen: „Das
ist vorbei, das ist ganz alt, von ganz früher…, das wiederholt sich jetzt…, jetzt
kommt das Alte mit hoch – dies ist aber in Wirklichkeit vorbei…“
 Verlangsamen sie dazu bewusst ihr Tempo; konzentrieren sie sich bei heftigen
Reaktionen auf ihren Atem und lassen ihn tief und ruhig werden: etwas zügig
voll einatmen – ganz von selbst langsam abatmen, Pause, usw.
 Bedienen sie sich zur Herstellung von Wirklichkeitskontakt der Techniken
der Konzentrationslenkung (auch, wenn eher wenig Konzentration möglich
ist).
Nutzen sie dazu ihre Sinne und nennen sie dies „Realitätsüberprüfung im
Hier und Jetzt“: machen sie sich auf die Suche nach angenehmen oder
eindeutigem Riechen, Schmecken, Hören, Sehen, Tasten, Körpersinn
(Aufmerksamkeit dort hin im Körper lenken, wo keine Belastung spürbar ist
und dazu gute Bilder entwickeln, z. B. solche, die sie evtl. aus den Übungen
„Sicherer Ort“, Lichtstrahl, ect., schon kennen).
Oder körperlich Anstrengendes praktizieren, wie Training, Treppensteigen,
aber auch Massage, Wechselduschen, ein heißes Bad, Drücken eines Igelballs,
Fühlen von Eis, ect.. Oder Rechenaufgaben so konzentriert wie möglich
angehen. (122 minus 7 =, minus 7 = usw.).
Sie können dies auch einfach Ablenkung nennen – auf jeden Fall: tun sie sich
und konzentrieren sie sich auf was Gutes – auch wenn sie es noch nicht gleich
empfinden können, bleiben sie beharrlich.
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All dies hat den Sinn, dem inneren Schema zu signalisieren, dass es als
Reaktion auf den Trigger nicht wirklich gewünscht, gefragt oder angemessen
ist. Dass andere Lösungen gewünscht werden. Wir streben damit eine
Korrektur bzw. ein neues Schema, d. h. neue Verknüpfungen an: Trigger automatisches Auslösen des Schemas – jetzt Neubewertung der Situation als
Flashback, ect. – Ausweg aus dem Flashback anstreben (z. B. angenehme
Sinneserfahrung suchen; dem Gedächtnis signalisieren „Es, das ehemals
Schreckliche ist im Wesentlichen vorbei – die jetzige Reaktion ist
übertrieben!“) – dann in Ruhe überlegen, wie auf die Situation angemessen zu
reagieren ist – dann auf eine gute Weise darauf reagieren. Mit den letzten
Punkten sind sie evtl. schon bei der Arbeit angelangt, die in die
Therapiestunde gehört.
 Bemerken sie also, wie der Flashback ihre Wahrnehmung verfärben kann, sie
in eine Verfassung versetzt, in welchem sie dazu neigen, die Realität
möglicherweise negativer zu sehen, als sie ist (oder so, wie sie früher einmal
war) und evtl. impulsiv, aggressiv oder panisch darauf zu reagieren –
begreifen sie die Übertreibung, die Unwirklichkeit die in diesem Zustand liegt
und bemühen sie sich, die Wirklichkeit im Hier und Jetzt zu erfassen.
 Realisieren sie, dass es auch durch zahlreiche Gedanken möglich ist, diesem
Schema im ZNS zu signalisieren, dass „noch mehr/noch immer Bedrohung
im Verzug“ ist – somit lässt sich die Grunderregung verstärken – die
Erregungsschwelle erhöht sich nicht – sie bleiben sensibel.
Und mehr noch – sie ergänzen ihr Gedächtnis um eine biographisch schlimme
Erfahrungen mehr, indem sie das Schema bestätigen – und so müssen sie Ihr
Gedächtnis auch begreifen: das Erleben im Flashback ähnelt den ersten
schlimmen Erfahrungen im Leben – es sind aber oft noch mehrere, ähnliche,
bestätigte, wie Schichten darum herum gelagert worden.
 Selektive Wahrnehmung oder erhöhte negative Selbst-/Aufmerksamkeit:
diese Begriffe verwenden wir Therapeuten, um damit auf zu zeigen, dass bei
derartigen Zuständen die Gefahr besteht, dass geradezu nach Signalen
gesucht wird, die eine angenommene bzw. vorgestellte Bedrohung beweisen
würden. Das verstärkt aber die Erregung/Angst. Unterbinden sie daher nach
Möglichkeit mit Hilfe des inneren Beobachtens erst mal die automatischen
Impulse, diesem Verhalten Folge zu leisten. Finden sie, wie oben als
Konzentrationslenkung
beschreiben,
zu
einer
positiven
Selbstaufmerksamkeit (Wohlbefindensmomente beachten und verstärken, indem
sie eine Weile dabei bleiben und von da aus weiter gehen).
Dann überlegen sie in Ruhe, welche Möglichkeiten es gibt mit einer
unangenehmen Situation (Triggersituation) im Außen in Zukunft gut
umzugehen bzw. welche angemessene Reaktion auf die Umwelt sie sich
selbst schuldig sind.
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