Krebsvorsorge und komplementäre Krebstherapien: (komplementär = zusätzlich zur schulmedizin. Therapie mit OP/Bestrahlung/Chemotherapie) Aus der mediz.-wissenschaftl. Literatur zusammengestellt von Dr.Mewes 1) Verminderung des Krebsrisikos = Krebsvorsorge 1a) Ernährung: Ratsam ist eine ausgewogene fleischarme ballaststoffreiche Vollwertkost. Eine ballaststoffreiche, fischreiche Kost mit möglichst wenig rotem Fleisch und Wurst senkt das Risiko für Dickdarmkrebs. Leider belegen mehrere Mega-Studien der Jahre 2004/2005, dass mit besonders viel Obst/Gemüse/Salat das Gesamt-Krebsrisiko nicht vermindert werden kann: Bei der sog. Nurses Health Study wurden 70000 Frauen und bei der Health-Professionals Study 38000 Männer 20 Jahre lang beobachtet: Bei denjenigen, die besonders viel Obst und Gemüse aßen, war die Gesamt-Krebshäufigkeit genauso hoch wie bei den Obst- und Gemüse-Verächtern, lediglich Magen- und Lungenkrebs und Herz-Kreislauferkrankungen waren seltener. Im Rahmen der europäischen EPIC-Studie wurden 280000 Frauen über 5 1/2 Jahre beobachtet: Das Brustkrebsrisiko war bei den 20% der Frauen, die am meisten Obst und Gemüse aßen genauso hoch wie bei den 20% der Frauen mit der geringsten Obst/Gemüsezufuhr. Bei einer im Jahr 2007 veröffentlichten amerikan. Studie an 28000 Männern senkte eine lycopinreiche Ernährung (Lycopin ist ein Antioxidans z.B. in Tomaten) entgegen den Erwartungen nicht die Prostatakarzinomrate. 1b) Nahrungszusatzstoffe (Vitamine, Mineralien etc.) zur Krebsvorsorge: Die hochdosierte Einnahme von Vit. E, A, Betakarotin (= Provitamin A) und eventuell Vit. C ist nicht nur nutzlos, sondern eher schädlich: a) Bei einer Studie an vielen tausend Amerikanerinnen erhöhte die Einnahme von hochdosiertem Vitamin E das Brustkrebsrisiko. b) Bei der im Jahr 2001 veröffentlichten amerikanischen "ARED"-Studie mit 3640 Patienten erhöhte eine hochdosierte Vitamin E und Betakarotineinnahme bei Rauchern signifikant das Lungenkrebsrisiko! c) Bei einer im Jahr 2006 veröffentlichten Studie bei 540 Patienten mit Krebserkrankungen im Kopf-Nackenbereich erhöhte die tägliche Einnahme von 400 IU Vitamin E + 30 mg Betakarotin (= Provitamin A) innerhalb von 6,5 Jahren die Gesamtsterblichkeit und die Sterblichkeit infolge der Krebserkrankung signifikant ( Int.J.Cancer 119, 2006)! d) Die Auswertung von 11 Studien zur hochdosierten Vitamin E-Einnahme mit insgesamt ca. 80000 Teilnehmern erbrachte in 9 der 11 Studien eine Erhöhung der Gesamtsterblichkeit im Vergl. zur Kontrollgruppe ohne Vitamin-E (Ann Intern Med.2004; 141). Ab 150 IU/Tag erhöhte sich das Risiko! e) Die amerik. „SELECT“-Studie mit 35000 Männern wurde 2008 vorzeitig abgebrochen: Die Einnahme von 400 mg Vit. E/Tag erhöhte das Prostatakrebsrisiko und 200 µg Selen/Tag erhöhte die Diabeteshäufigkeit! f) Ein serbisch-amerikanisches Forscherteam analysierte Daten von 170000 Menschen: Diejenigen, die Vitamine A, C und E einnahmen, wiesen ein leicht, aber signifikant, erhöhtes Krebsrisiko auf! g) Frauen mit Brustkarzinom, die Megadosen Betakarotin, Vitamin C, Selen, Coenzym Q10 und Zink einnahmen, wiesen eine erhöhte Sterblichkeit auf (Breast Cancer Res.Treat. 2002; 76:137-143). h) Bei einer US-Studie an rund 60 000 Frauen zeigte Selen keine Wirkung in der Krebstherapie. i) Die isolierte Einnahme von >3 mg Provitamin A (= Betakarotin) pro Tag vermehrte die Lungenkrebsrate starker Raucher und die Zahl der Todesfälle von Herz-Kreislaufkranken!). j) US-Forscher aus Seattle fanden in einer Studie mit 28000 Männern bei denjenigen mit den höchsten Beta-Karotinwerten im Blut eine fast dreifach erhöhte Rate an aggressiven Prostata-Karzinomen (Cancer Epidem. Biomarkers Prev. 16, 2007, 962). k) Die Einnahme von mehr als 7 Multivitamintabletten/Woche erhöhte das Risiko für eine tödliche Prostata-Karzinomerkrankung auf das Doppelte! (AARP Diet and Health Study, 2007, Beobachtung von 300000 Männern!). l) 2007 in der renommierten amerikan. Medizin-Zeitschrift JAMA veröffentlicht: Fast 10% der Männer, die 10 Jahre lang täglich Folsäure einnahmen, bekamen in dieser Zeit ein Prostata-CA, in der Plazebogruppe (Einnahme eines vermeintlichen Folsäurepräparat ohne Wirksubstanz) nur 3 %, d.h. der Folsäurezusatz zur Nahrung erhöhte das Prostatakarzinomrisiko um das 3-fache! m) 2009 veröffentlicht: Von 250 000 Frauen der amerikan. Women`s Health Initiative (WHI) nahmen 40% regelm. Multivitaminpräparate ein. Bei diesen waren innerhalb von 8 Jahren Krebserkrankungen, Herzinfarkt/Schlaganfälle und die Gesamtsterberate im Vergleich zu den anderen 60% nicht verringert! n) Die 2009 veröffentlichte amerik. Physicians` Health Studie (PHS) mit 15000 Ärzten erbrachte ebenfalls unter Einnahme von Vitamin C und/oder E keine Senkung des Gesamt-Krebsrisikos. o) Bisher einzige Ausnahmestudie: Durch tägliche Einnahme einer niedrig dosierten "Cocktail-Pille" von 120mg Vit C, 30mg Vit E, 6mg Beta-Karotin, 100µg Selen und 20mg Zink sank in der französ. SU.VI.-Max-Studie mit 13000 Teilnehmern bei Männern die Krebshäufigkeit innerhalb von 7,5 Jahren um 30%, die Gesamtsterblichkeit um 40%. Frauen profitierten hiervon nicht! Wahrscheinlicher Grund: Frauen ernähren sich gesünder, so dass sie von solchen Nahrungsmittelergänzungen keinen Zusatznutzen haben, event. spielen auch hormonelle Faktoren eine Rolle. 2) Komplementäre Krebstherapie: 2a) Vitamin C-Spritzen oder -Infusionen intravenös: In einer Studie aus dem Jahr 2005 mit 790 Patientinnen nach Brustkrebs-OP verbesserte eine hochdosierte intravenöse Vitamin-C-Gabe (2x/Woche 7,5 g Vit.C über 7 Monate) die Lebensqualität und verminderte die Chemotherapie- und Bestrahlungs-Nebenwirkungen. Eventuelle Tumorrezidive traten später auf, die Überlebenszeit verlängerte sich jedoch leider nicht. 2b) Enzympräparate: Enzympräparate wie Wobenzym oder Phlogenzym können im Laborversuch den Fibrinmantel um die Tumorzellen aufbrechen, so dass die Tumorzellen vom Immunsystem eventuell besser angegriffen und zerstört werden könnten. Beim Menschen ist allerdings eine Wirksamkeit fraglich, da die großen Enzymmoleküle im Darm nur zu maximal 2 % resorbiert werden. Nur eine hochdosierte und langfristige Einnahme kann eventuell wirken. 2c) Mistel: Die Misteltherapie wird seit vielen Jahrzehnten in der Tumortherapie eingesetzt. Mit ihr kann man offenbar die Lebensqualität bei einer Krebschemotherapie oder Bestrahlung verbessern, die Lebenszeit wurde In fast allen Studien nicht verlängert. In einzelnen Studien kam es auch zu beachtenswerten Nebenwirkungen der Mistelbehandlung (z.B. Vermehrung von Hirnmetastasen und Depressionen). Positive Studien: Eine im Jahr 2000 veröffentlichte sog. CA-ML-Studie bei Patientinnen mit Brustkrebs zeigte eine Verbesserung der Lebensqualität und des Wohlbefindens auf und eine Verminderung von Nebenwirkungen einer Krebschemotherapie. Es wurden zweimal wöchentlich je 15 ng des Mistelextraktes "Lektinol" injiziert. Zum gleichen Ergebnis kommt eine 2004 veröffentlichte Studie mit dem Mistelgesamtextrakt "Helixor" an 233 Patienten mit soliden Tumoren. Auch hier wurden Lebensqualität und chemotherapiebedingte Nebenwirkungen signifikant (Evidenzgrad 1b) verbessert. Ähnliche Effekte erbrachten 2 Therapiestudien des Jahres 2007 mit dem anthroposophischem Mistelpräparat „Iscador“ bei 800 Patienten mit Darmkrebs bzw. bei 400 Menschen mit inoperablem Bauchspeicheldrüsenkrebs, bei letzteren verlängerte sich sogar die Überlebenszeit. Studien mit gemischten oder eher negativen Ergebnissen: Eine Studie des Jahres 2000 bei Patienten mit Krebs im Mund-Rachenraum zeigte keinen positiven Effekt der Misteltherapie auf die Lebensqualität, die Immunwerte und auch nicht auf die überlebenszeit. Bei der 2004 publizierten sog. EORTC-Studie mit Hautkrebspatienten (malignes Melanom) verlängerte die Mistelbehandlung ebenfalls nicht die Lebenszeit, unter Mistelbehandlung traten sogar mehr Hirnmetastasen auf (30% der Patienten) als in der Vergleichsgruppe ohne Mistel (13%)! Bei einer 2008 von Beuth etc. veröffentlichten Studie verminderte eine Mistelbehandlung mit Helixor zwar die Tumorschmerzen von 40% auf 22%, erhöhte aber die Rate von Depressionen von 3% auf 13%. 2d) Bei Gewichtsabnahme infolge des Krebsleidens oder der Chemotherapie sind pflanzliche Öle mit viel Omega-3-Fettsäuren sehr sinnvoll (Seefisch, Rapsöl, Walnussöl, eventuell Leinöl, Walnüsse). Bei Appetitmangel und Schmerzen kann Cannabis schon fast als Schulmedizin gelten. Bei Müdigkeit/Schwäche infolge des Krebsleidens oder der Chemotherapie ist Ginseng in rel. hohen Dosen (1000-2000 mg/Tag) gut untersucht und wirksam. 3) Gute Nachrichten: 3a) Sport - Bewegung: Sport und Bewegung verlängern das Leben von Krebspatienten mehr als alle komplementäre oder alternative Therapieverfahren: Sport ist (zusätzlich zur schulmedizinischen Therapie) die beste Therapie!! 2 Studien aus den Jahren 2005 bzw. 2006 zeigten, dass bei Brustkrebs mehr als 3 und bei Darmkrebs mehr als 6 Stunden gemäßigter Sport pro Woche (z.B. zügiges Spazierengehen, Radfahren, Walken) innerhalb von 10 Jahren die Krebs- und die Gesamtsterblichkeit halbierte! Bei anstrengenderen Sportarten wie Joggen, Tennis, Bahnenschwimmen, schnellem Radfahren) genügten kürzere Trainingszeiten. Dieses überraschend positive Ergebnis war unabhängig davon, ob die Menschen schon vor der Krebstherapie Sport betrieben hatten oder nicht. 3b) Sonne und Vitamin D: Mehrere Studien der Jahre 2008-10 zeigten, dass hohe Vitamin D-Spiegel im Blut sowohl das Risiko einer Krebsentstehung vermindern als auch die Lebenszeit nach eingetretener Krebserkrankung verlängern. So entstanden bei 512 Frauen mit Brustkrebs innerhalb von 12 Jahren bei hohem Vit D-Spiegel nur halb so oft Fernmetastasen und die Sterberate war 40 % niedriger im Vergl. zu Frauen mit erniedrigten Vit D-Werten (Onkologie 2009, 12 (8)). Am besten erhöht man die natürliche Vit DProduktion in der Haut durch Sonneneinwirkung (ohne Sonnenbrand!), z.B. Aufenthalt (Sport) im Freien. Möglicherweise ist auch die Einnahme von Vitamin-D-Tabletten positiv. 3c) Psychologische Unterstützung: Eine Unterstützung durch speziell geschulte Psychoonkologen verlängerte in einer Studie aus dem Jahr 2009 die Überlebenszeit von schulmedizinisch austherapierten Krebskranken von 360 Tagen in der unbehandelten Gruppe auf 705 Tage. Nach 10 Jahren lebten von den 135 Menschen der psychisch betreuten Gruppe noch 32, von der gleich großen Gruppe nicht betreuter Menschen nur noch 10. "Alternative" Krebstherapien: (Alternativ = statt einer schulmedizinischen Therapie mit OP/Bestrahlung/Chemotherapie) In einer Studie (European Journal of Cancer 2003; 39: 372-377) hatten Krebspatienten, die sich ausschließlich mit Alternativverfahren wie Vitamin-, Mineralgaben, "Geistheilung" etc. behandeln ließen, eine höhere Sterblichkeit als konventionell-schulmedizinisch Behandelte. Ähnliche Studien sind auch schon vor mehr als 10 Jahren mit gleichem Ergebnis veröffentlicht worden. Sinnlos oder gefährlich sind auch einseitige Diäten wie Leinöldiät, Milchsäurediät nach Kuhl, Diäten nach Leupold/Ohler oder die Gersontherapie. Völlig abzulehnen ist die sog. Krebskur-Total nach Breuss. Fazit: Nur die moderne schulmedizinische Behandlung bietet dem Krebskranken die Chance einer Heilung oder wenigstens einer Lebensverlängerung mit befriedigender Lebensqualität! Zusätzlich ist Sport und Bewegung (am besten im Freien) wärmstens zu empfehlen! Manche komplementäre Therapiemethoden können zusätzlich zur schulmedizinischen Behandlung die Lebensqualität verbessern und eventuell auch das Metastasen-/Krebsrezidiv-Risiko verringern, sicherlich Sport, aber auch die unter 2d aufgeführten Maßnahmen, bei anderen ist eine Verbesserung der Lebensqualität wahrscheinlich, so bei der Misteltherapie und der hochdosierten intravenösen Vitamin-C Therapie. Eine alleinige „alternative“ Krebstherapie ohne schulmedizinische Behandlung lehne ich nach dreißigjähriger ärztlicher Erfahrung und dem Literaturstudium ab: Sie ist m.E. lebensgefährlich und verschlechtert auf längere Sicht meist auch die Lebensqualität. Ihr Hausarzt Dr. Mewes