Teil 5 Aufs Klimawandel 29-04-10

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Der Klimawandel aus dem Blickwinkel der Physik und der Erdgeschichte
Teil 5
von Dr.-Ing. Alexander Koewius, Ratingen
4. Zur quantitativen Abschätzung der globalen Erwärmung durch anthropogene
Treibhausgase, THG
Erläuterung der dazu notwendigen Begriffe, auch unter Zuhilfenahme eines einfachen
physikalischen Modells: die durch Strahlung erwärmte Kugel
4.1 Einführende Bemerkungen
Der Klimawandel, wie wir ihn heute erleben, manifestiert sich in steigenden Temperaturen an der
Erdoberfläche sowie innerhalb der Troposphäre als dem untersten „Stockwerk“ der gesamten
Atmosphäre. Dieser Wandel innerhalb des Systems „Landoberflächen + Ozeane + Atmosphäre“ hat
eine eindeutig gemessene, herausragende Ursache – sich in dem manifestierend, was die Klimatologen
„Antrieb“(in [W/m2]) nennen – , nämlich die steigende Konzentration anthropogener Treibhausgase,
THG, von denen CO2 bekanntlich den Hauptbestandteil bildet. Nun, der Anstieg dieser Konzentration
„über die natürlichen Werte hinaus“ lässt sich ebenso eindeutig menschlichem Tun und Treiben
zuordnen und kaum etwa irgendwelchen natürlichen Prozessen, deren Ursachen völlig im Dunklen
liegen, siehe auch Teil 2 dieser Arbeit, zusammen mit dem Anhang I.
Es kommt unserem Vorstellungsvermögen entgegen, wenn wir im „Antrieb im klimatologischen
Sinne“, F [W/m2], gleich die Primär-Ursache sehen. Diese ist außerhalb des oben genannten
„Systems“ liegend aufzufassen. Die Ursache macht sich in der trendhaften, also längerfristigen
Veränderung einer schwankungsbereinigten Messgröße über der Zeit (hier in erster Linie die global
gemittelte Jahrestemperatur, GMT) bemerkbar; in einer globalen Veränderung also, die das „im
Urzustand“ belassene System aus sich heraus nicht aufbringt bzw. nicht aufbringen kann. Dies betont,
warum Antriebe jedweder Art stets als extern (= außerhalb des Systems liegend) anzusehen sind, egal
ob es sich um natürliche handelt (z.B. herrührend von Änderungen in der Sonnenaktivität) oder um
anthropogene (z.B. als Folge der gasförmigen Emissionen aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe).
Als Merkmal für einen „Urzustand“ bietet sich zum Beispiel die CO2-Konzentration k an, die vor
Einsetzen der industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts für einige 1000 Jahre etwa auf ihrem
mit „natürlich“ apostrophierten Wert verharrte, nämlich k* = 280 ppm*).
--------------------------------
*) Man beachte, dass die Konstanz des angegebenen (von gewissen Schwankungen bereinigten) Wertes sich nur
auf einen sehr kleinen Bruchteil einer Periode aus der jüngeren Erdgeschichte bezieht, welche die Eiszeitzyklen
der letzten, sagen wir ~600 000 Jahre umfasst. Der Zeitbruchteil fällt in das Holozän, – d.h. in die nach Ende der
letzten Kaltzeit (Würm-Kaltzeit; im Volksmund „die Eiszeit“ schlechthin) vor rund 10 000 Jahren einsetzende
Warmzeit. Er ist zeitlich kleinskalig zu nennen, wenn man mit der Dauer vergleicht, die den Vereisungszyklen
typischerweise zuzuordnen ist, nämlich jeweils um die Hunderttausend Jahre. Nun, auf einer solchermaßen
größeren Zeitskala war auch k* systematischen Schwankungen unterworfen, für die ein „Antrieb“
verantwortlich zeichnet, der auf den Milankowitch-Zyklen beruht. Diese (zeitlich großskaligen) M-Zyklen
änderten die Verteilung der solaren Einstrahlung über die Jahreszeiten und Breitengrade und damit die
Temperatur-Bedingungen dafür, ob Eis in nördlichen Breiten sich vermehrt gebildet oder vermehrt
zurückgebildet hatte. Wobei der mit T gleichlaufende CO2-Gehalt in der Atmosphäre offenbar massiv als
positive Rückkopplung in Erscheinung trat. Näheres hierzu wird in Teil 6 dieser Abhandlung zu finden sein.
Wie auch immer: ein solcher, durch die Milankowitch-Zyklen repräsentierter, großskaliger Einfluss ist
selbstverständlich auch heute noch wirksam („Wann kommt die nächste Eiszeit?“ ist eine der eher schlichten
Fragen aus dem Publikum). Nur macht sich eben dieser Einfluss auf einer hinreichend kleinskaligen Ebene nicht
fühlbar bemerkbar. Insbesondere gilt diese Feststellung für die letzten zwei-einhalb Jahrhunderte, in denen der
Wert von k einen (vom Menschen bewirkten) Zuwachs über den natürlichen Wert k* hinaus erlebte, der heute
35 % beträgt und sehr bald 40% (und mehr) erreichen wird. Zu Letzterem „nur mal so nebenbei“: ein derart
rasantes Anwachsen von k in so kurzer Zeit, das hat die Erde in ihrer langen Geschichte mit einiger
Wahrscheinlichkeit noch nie erlebt!
Im folgenden geht es uns um zweierlei, und zwar
- Erstens um die ausführliche Erläuterung von 3 wesentlichen Begriffen/Definitionen als Rahmen für
die Erfassung (Abschätzung) des vom Menschen verursachten Klimawandels, und
- Zweitens, um bei dieser Gelegenheit zu zeigen, dass der quantitative Zusammenhang zwischen
Ursache (= Antriebe infolge der fortlaufenden Emission vor allem der gleich-verteilten THG) und
Wirkung (= Erhöhung der globalen mittleren Jahrestemperatur, GMT) sich schon dadurch
abschätzen lässt, indem man Messdaten mit elementarem physikalischen Verständnis verknüpft.
Bei den im ersten Punkt angesprochenen Begriffen handelt es sich um
- den (Strahlungs)antrieb, engl. „(Radiative) Forcing“, Kurzzeichen laut IPCC: (R)F; Dimension
[W/m2],
- die Rückkopplung, engl. „Feedback“, häufig (aber nicht immer) als Verstärkung eines Antriebs
auftretend, und
- die Klimasensitivität, engl. „Climate Sensitivity“, hier verwendetes Kurzzeichen: ΔTe,d;
Dimension [K] = Grad Kelvin (ebenso „°C“ oder „grad“, „degree“ =deg, usw.)
Sollte der sog. „gebildete/bildungsfähige Laie“ den Drang verspüren, durch bloßes ‚Lesen!’ zu
erfahren, was sich physikalisch konkret hinter derlei Begriffen verbirgt, dann dürfte er vermutlich
herbe enttäuscht werden von dem, was sich hierzu („Feedback“ einmal beiseite gelassen) im
Fachschrifttum – Bücher, Journale, Internet(!) – findet. Auch die über das Internet zugänglichen
Assessment Reports (AR, Rubrik ‚The Scientific Basis’) des IPCC machen da leider keine Ausnahme.
Oder können Sie als Laie z.B. etwas mit der – sehr wichtigen – Definition des Radiative Forcing (RF)
anfangen, wie sie im AR4 (2007) der Working Group 1, Kapitel 2 enthalten ist? Sie lautet wörtlich im
englischen Text:
>> RF = the change in net (down minus up) irradiance (solar plus long-wave; in W/m2) at the
tropopause after allowing for stratospheric temperatures to readjust to radiative equilibrium, but
with surface and tropospheric temperatures and state held fixed at the unperturbed values. <<
[Ich übersetze frei und länglich:
„RF = die Änderung der Nettostrahlung (das ist die Differenz zwischen der von außen in das
System gelangenden Strahlungsleistung und der vom System nach außen abgegebenen
Strahlungsleistung in W/m2, gleich, ob solaren, kurzwelligen oder terrestrischen, langwelligen
Ursprungs) so, wie an der Tropopause festgestellt. Dies unter der Voraussetzung, dass (a) die
Temperatur in der Stratosphäre Zeit genug hatte, sich dem neuen, RF entsprechenden
Gleichgewicht anzupassen, wohingegen (b) die Temperaturen am Erdboden und der Luft
innerhalb der Troposphäre besagter Änderung noch nicht folgen konnten, d.h. noch auf dem
Niveau anzutreffen sind, das vor Einsetzen der Änderung (Anmerkung: ≡ ‚Störung’ des alten
Zustands bzw. Gleichgewichts) bestand.“]
Anmerkung 1: Man achte erst einmal nicht so sehr auf das im Zitat zur ‚Stratosphäre’ Gesagte, um das
Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren.
Anmerkung 2: Statt ‚RF’ lies im folgenden ΔF bzw. ΔFe ; siehe auch die Bilder 15 b und c.
Nun, zu diesem Thema ein wenig mehr zu sagen, sollte eigentlich gelingen; nicht zuletzt mit Hilfe
eines einfachen (und deswegen die geschlossene Lösung einer Differentialgleichung ermöglichenden)
physikalischen Modells, siehe Abschnitt 4.2.1.
Vorher aber verdient auch der zweite, oben angesprochene Punkt, dass wir ihm einige weitere Worte
widmen. Wobei wir uns teilweise wörtlich an [Rahmstorf] anlehnen:
Viele Menschen glauben, dass die Bedrohung durch einen vom Menschen verursachten, globalen
Klimawandel eine nur theoretische Möglichkeit darstellt, die auf recht unsicheren, gar fehlerhaften
Computer-Modellrechnungen fußt. Dies im Sinn habend meinen sie, es gäbe vielleicht gar keinen
Grund zur Sorge über den Klimawandel. Dies trifft jedoch – leider, muss man allerdings sagen – nicht
zu. Dass dies nicht zutrifft, liegt daran, dass es die Vielfalt an Klima-relevanten Messdaten in Verein
mit elementarem physikalischen Verständnis bereits erlaubt, die Größenordnung für das Anwachsen
der GMT auch ohne eines der sehr detailreichen Klimamodelle glaubwürdig abzuschätzen.
Mit anderen Worten: Auch wenn es diese Klimamodelle**) nicht gäbe, die Klimatologen würden
trotzdem vor dem anthropogenen Klimawandel, d.h. vor den Folgen des vom Menschen forcierten
Treibhauseffektes, warnen. Zum Gesichtspunkt „physikalisches Verständnis“ einige Beispiele: (a) Die
Strahlungswirkung des CO2 ist im Labor vermessen und steht heute international außerhalb jeglicher
Diskussion. (b) Der Strahlungstransfer in der Atmosphäre ist ein bestens bekannter, ständig bei
Satellitenmessungen verwendeter Aspekt der Physik. (c) Der über heutige Daten ermittelte
Zusammenhang zwischen dem von CO2 verursachten Strahlungsantrieb und der entsprechenden
T-Erhöhung lässt sich auch anhand von antarktischen Eisbohrkernen per Regressionsanalyse
nachweisen. Gerade diese Eisbohrkerne liefern bekanntlich Daten auch aus einer sehr weit
zurückliegenden, „eiszeitlichen“ Vergangenheit.
Auf der anderen Seite sind dank ständiger Verbesserungen die Klimamodelle und die darauf
beruhenden Computerberechnungen immer zuverlässiger geworden; ein Beispiel hierfür zeigt Bild 13.
Bemerkenswert ist hier unter anderem, dass mit Hilfe so genannter AOGCMs (= Atmosphere-Ocean
General Circulation Models) sogar der kurzzeitige Abfall der Globalen Mittleren Temperatur, GMT,
nach mächtigen explosiven Vulkanausbrüchen korrekt wiedergegeben wird, siehe die graue
durchgezogene Kurve in beiden Teilbildern. Denn die durch Vulkanausbrüche vergleichsweise
schlagartig in die Atmosphäre geblasenen Substanzen (Aerosolbildner wie gasförmiges SO2 und feiner
mineralischer Staub) führen u.a. dazu, dass mit einem Male Sonnenlicht mehr als üblich nach außen
reflektiert wird. Doch die Aerosole vulkanischen Ursprungs, die zum Teil weit auch in die
Stratosphäre geschleudert werden, bleiben - wie es für Aerosole typisch ist, - nicht lange (~2 Jahre) in
unserer Lufthülle, woraus sich die Kurzlebigkeit der Abkühlung nach einem großen Vulkanausbruch
erklärt.
Alles in allem: Klimamodelle sind dank ihrer gestiegenen Leistungsfähigkeit wichtig und
unverzichtbar geworden. Zitat: „Ohne detaillierte Klimamodelle wären wir etwas weniger sicher, und
wir könnten Auswirkungen des Klimawandels weniger gut abschätzen.“
-----------------------**) Diese betreffen ein äußerst komplexes System, in dem viele unterschiedliche, oft hochgradig nicht-lineare
Wechselwirkungen stattfinden, u.a. solche zwischen „parameterreichen“ Subsystemen wie Wasser- und
Landoberflächen, die Kryosphäre (= die Gesamtheit eisbedeckter Oberflächen zu Wasser und zu Lande), die
Biosphäre, die Atmosphäre, ... . Nicht zuletzt dienen fortgeschrittene Klimamodelle ja auch dazu, die räumliche
Verteilung z.B. von T-Änderungen und Änderungen in der Niederschlagsverteilung aus der Vergangenheit
nachzustellen (Test der Modellqualität!) bzw. unter bestimmten Annahmen (vor allem zu den anthropogenen
Emissionen) für die Zukunft vorherzusagen. Es ist einleuchtend, dass Berechnungen dieser Art nicht anders als
mit Hilfe von Hochleistungs-Computern durchgeführt werden können.
Bild 13: Vergleich der
Ergebnisse aus Klima-Modellrechnungen (graue Verlaufskurve) mit dem gemessenen
Verlauf der GMT (schwarze
Kurve).
Die graue Kurve stellt sich dar
als Mittelwert aus den Ergebnissen einer großen Anzahl
unterschiedlicher Modellrechnungen. Die aus den letzteren
resultierenden Verläufe füllen
den hellgrau gezeichneten
Bereich aus. Die Temperatur ist
hier als Differenz (‚anomaly’)
zu einem Bezugswert
aufgefasst, den man aber nicht
kennen muss, um z.B. aus dem
gemessenen Verlauf den GMTAnstieg von etwa 0,7 K ab 1900
bis heute herauszulesen.
Bild 13b macht den Unterschied zwischen „gerechnet“
und „gemessen“ deutlich, wenn
man den anthropogenen
Einfluss bei der Rechnung nicht
berücksichtigt. Andernfalls
(Bild 13a) tritt ein solcher Unterschied nicht signifikant auf.
Quelle: IPCC 2007, AR4, WG 1,
chapter 9, S. 684.
4.2 Erläuterung von drei Grundbegriffen, die bei der quantitativen Beurteilung des durch
anthropogene Emissionen verursachten Klimawandels eine Rolle spielen
‚Beurteilung’ soll hier auf das Abschätzen derjenigen GMT-Änderung hinauslaufen, die auf
menschliche Aktivität zurückzuführen ist; und zwar vor allem zurückzuführen auf den Ausstoß von
klimawirksamen Gasen und Aerosolen, wie er mit dem Verbrennen fossiler Energieträger Hand in
Hand geht. Mit der GMT beschränken wir uns auf die mittlere globale Betrachtungsweise, d.h. ohne
Rückschlüsse auf lokale/regionale Temperatur-Änderungen zu ziehen. Letzteres bleibt, siehe oben,
detaillierten Klima-Modellen vorbehalten. Genauer genommen geht es darum, den (nicht zu groben,
mittleren) Zusammenhang herzustellen zwischen den anthropogenen Antrieben und der diesen
Antrieben entsprechenden Erhöhung der GMT. Also allgemein so etwas wie ΔT = f(ΔF) mit ΔF als
Funktion der THG-Konzentration (oder von ähnlichem). Wir setzen hier wie im folgenden F für
Antrieb, „Forcing“ 3*), und ΔT der Einfachheit halber für GMT. Das Symbol Δ soll plakativ für die
Differenz stehen, in der sich der o.g. anthropogene Einfluss manifestiert; ein Einfluss, der
– bezüglich der Temperatur – einen ursprünglich stabilen Zustand (hier: Gleichgewichtszustand des
Systems vor Beginn der Industrialisierung) erst in ein Ungleichgewicht (während einer
Übergangszeit) überführt und später dann – wenigstens prinzipiell – in ein neues Gleichgewicht
bringt, wo die Temperatur nicht mehr ansteigt. Ersichtlich leben wir in einer Übergangsphase, in
der die Temperatur ansteigt, T also im Gegensatz zum ursprünglich belassenen System einem
deutlichen, langfristigen Trend nach oben folgt, vergleiche mit Bild 13.
4.2.1 Der (Strahlungs)antrieb F bzw. ΔF und seine Veranschaulichung anhand eines
einfachen physikalischen Modells
Vom Standpunkt der Klimatologie aus – und wenn man das Ensemble ‚Erdatmosphäre + Ozeane +
Landmassen’ als im wesentlichen thermodynamisches, durch Strahlung beheiztes System betrachtet –
bedeutet Antrieb oder „Forcing“ eigentlich nichts anderes als einen von außen aufgebrachten
„Zwang“, auf den das System durch Änderung eines oder mehrerer seiner Parameter (=
quantifizierende Beschreibungsgrößen, wie die GMT) reagiert. Und zwar in der Weise, dass nach
Ablauf einer Übergangsphase ein neues Gleichgewicht erreicht wird, in welchem das – diesem
Gleichgewicht zuordnungsfähige – Forcing nicht mehr messbar in Erscheinung tritt und somit
letztlich zum „historischen Ereignis“ mutiert. Entscheidend dafür, dass der Begriff Antrieb im
Klimageschehen überhaupt einen Sinn macht, ist, dass besagte Übergangsphase, in der die
Temperatur steigt, hinreichend lange währt so, wie es beispielsweise wäre, wenn sich der
atmosphärische CO2-Gehalt verdoppelte und danach auf diesem höheren Niveau verharrte. In
diesem Lichte würde kein Mensch auf die Idee kommen, beim Anblick eines Stücks Eisen, das im
Schmiedefeuer rasch auf Weißglut erhitzt wird, von „Forcing“ zu sprechen.
Machen wir uns weiterhin klar: Die Länge einer Übergangsphase ist ein Maß für die Trägheit des
Systems 4*). Je länger erstere dauert, als umso größer stellt sich letztere heraus, und vice-versa. Und
bekanntermaßen ist die Trägheit des irdischen Klimasystems alles andere als klein!
Anthropogene Antriebe sind im Laufe des realen Klimageschehens mit keinem plötzlich
auftretenden Ereignis verbunden. Vielmehr sind sie dauernd präsent und ändern fortlaufend ihre
------------------------------3
*) In der Literatur zum Klimawandel werden die Begriffe Forcing = (Klima)antrieb, F, und Radiative
Forcing = Strahlungsantrieb, RF, nicht so klar auseinander gehalten, wie es für den Laien wünschenswert
wäre. Überdies scheint es so, als ob die Bezeichnungen synonym gebraucht werden. In dem Fall, d.h. in
einem weiteren Sinne ist jedes F (speziell aus anthropogener Quelle) auch RF, weil sie alle definierten
Einfluss auf die Energiebilanz (siehe Teil 4 dieser Arbeit) haben. Und die wiederum lässt sich ebenso als
Strahlungsbilanz interpretieren, die z.B. auch auf Albedo-Änderungen reagiert, die infolge Landnutzung
direkt der menschlichen Aktivität – also als Forcing – zuzuordnen sind. Im Einklang mit dieser Ansicht
befindet sich ja auch die oben unter 4.1 zitierte Definition des RF.
Dagegen (im engeren Sinne) lässt sich RF eigentlich nur denjenigen Faktoren zuordnen, die unmittelbar
aktiv im Strahlungsgeschehen selbst mitspielen, d.h. den Treibhausgasen (teils auch den Aerosolen), deren
Moleküle Strahlung absorbieren und isotrop emittieren.
Wir wollen der erstgenannten Ansicht oder Einschätzung folgen, somit das einfache Symbol F verwenden
und „Forcing“, wie schon gesagt, prägnant mit ΔF bezeichnen.
4
*) „Trägheit“ muss übrigens nicht nur ein materielles/physikalisches System betreffen; der Begriff lässt sich
auch auf das Verhalten eines Groß-Ensembles lebender Organismen übertragen, zum Beispiel auf das
Verhalten der heutigen Menschheit als Ganzes (ich bitte um Verzeihung). Sollte sich nämlich bei dieser die
Einsicht zu langsam verbreiten, dass die Erde trotz ihrer riesig erscheinenden Größe nur einen beschränkten
Lebensraum darstellt, der auf Störungen infolge zu vieler Anspruchsteller und zu großer materieller
Ansprüche (pro Anspruchsteller) verletzlich reagiert, dann kann sich das schnell als fatal für die Zukunft
erweisen, da unter der o.g. Prämisse eine rechtzeitige Gegensteuerung angemessenen Umfangs ausbleiben
würde. Eine Wertung wie „fatal“, mag sie auch noch so berechtigt sein, kennt die Trägheit eines rein
physikalischen Systems freilich nicht.
Stärke. Ihr Einfluss ist gewissermaßen „über die Zeit verschmiert“. Man denke dabei an den bisher
stetig wachsenden, schwankungsbereinigten CO2-Anteil in der Atmosphäre. Man hat quasi über die
Zahl bisheriger jährlicher Netto-Emissionen 5*) von CO2 zu integrieren, um den Verlauf eines
künftigen T-Zuwachses wenigstens auf Basis des Bisherigen abschätzen zu können.
Das allein genügt für eine Zukunftsbestimmung freilich nicht. Denn dazu müsste man auch wissen,
wie der zukünftige Antrieb sich entwickelt, da ja kaum davon auszugehen ist, dass vom jetzigen
Zeitpunkt an, also plötzlich, alles beim alten bleibt. Nun, was in Zukunft genau geschieht, kann
niemand wissen. Man muss vielmehr dieses „Nicht-Wissen“ durch möglichst plausible Prognosen
oder Zukunftsszenarien ersetzen so, wie es die Klimatologen ja auch schon lange tun, siehe z.B. die
Assessment-Reports des IPCC aus verschiedenen Jahren.
Vermutlich war es für den zwar physikalisch vorgebildeten, jedoch in der Klimatologie nur wenig
bewanderten Laien alles andere als leicht, den obigen allgemein gehaltenen Ausführungen zu
folgen. Gewissermaßen als Trost sei gesagt: Jedem (d.h. auch dem „gelernten“ Physiker/ Naturwissenschaftler), der beginnt, sich mit derlei Materie zu beschäftigen, wird die subtile Logik,
welche sich in der weit reichenden Physik zum Klimawandel verbirgt, immer wieder schwer zu
schaffen machen (schneller begreift man da schon die Spezielle Relativitätstheorie!).
In solcher Situation mag das folgende, einfache physikalische Modell hilfreich sein, anhand dessen
der Zusammenhang zwischen Klima-Antrieb und seiner Wirkung, dem Temperaturanstieg, per
Gleichung nachvollziehbar wird, siehe die Bilder 14 und 15. Das Modell ist allerdings nur entfernt
eine Parallele zum ungeheuer komplexen irdischen Klimasystem, zumal es ganz ohne eine
Atmosphäre auskommt. Auch ist die Betrachtung insofern „holzschnittartig“, als wir uns der
folgenden 3 Annahmen bedienen:
(a) Der Antrieb entsteht plötzlich, d.h. zu einem bestimmten Zeitpunkt, t = 0.
(b) Die Ursache hierfür (sie liegt natürlich außerhalb des Systems) bleibt für die Zukunft (t > 0)
erhalten, und es kommt keine weitere Ursache hinzu, die auf den Verlauf ΔT = f(t >0) Einfluss
nehmen könnte.
(c) Irgendwelche Rückkopplungen bei Antrieben können im Modell nicht im Spiel sein.
Ungeachtet dessen werden durch das Modell aber einige wesentliche Zusammenhänge und Begriffe
lebendig, die sich so dem Laien über die Fachliteratur allein kaum erschließen.
Beschreibung des Modells: Für die Annahme, dass sich die Temperatur ohne Verzug überall auf der
Kugeloberfläche als gleich einstellt, sorgt nicht nur die hohe Wärmeleitfähigkeit des Metalls,
sondern auch die rasche Rotation der Kugel um ihre (senkrecht zur Umlaufebene stehende) Achse
sowie ihre Geometrie als Hohlkugel mit einer Wanddicke, s, die relativ zu ihrem Radius, R, als
klein angenommen ist. Aus Bild 15 entnehmen wir:
- Situation (A) kennzeichnet für t < 0 den ursprünglichen Gleichgewichtszustand, gegeben durch
S(A),out = S(A),in , mithin σ TA4 = S0 /4 • (1- a) (X).
- Situation (B) steht für „Klimaänderung“ ab t = 0, bestehend aus einer Übergangsphase während
des Zeitraums Δt und dem daran anschließenden neuen Gleichgewicht für t > Δt. Wegen a = 0
gilt in letzterem σ • TB4 = S0 /4 (XI). Aus beidem folgt TA4 = S0 /(4σ) • (1- a) = TB4 • (1- a) (X.1).
Somit ist das Forcing, das von dem einen zu dem anderen Gleichgewichtszustand im
Strahlungshaushalt der Kugel führt: ΔFe = σ (TB4 – TA4) = a S0 /4 = a σ TB4 (XII).
Diesen Sachverhalt soll hier der Index ‚e’ (= equilibrium = Gleichgewicht) deutlich machen.
Was passiert nun in der Übergangsphase, d.h. während 0 <= t <= Δt ? Zunächst einmal ist sie
instationär deswegen, weil sich in ihr die Temperatur an der Kugeloberfläche laufend ändert. Es gilt
also in der transienten Phase die Energie-Gleichung:
--------------------------------5
*) Das, was abzüglich des Austrags an CO2 aus der Atmosphäre infolge CO2-Aufnahme durch die Ozeane
usw. (jeweils aufs Jahr gesehen) in der Atmosphäre verbleibt.
Die Einzelheiten zum in Bild 14 gezeigten Szenario sind:
t = Zeit; rE = Abstand des aus 1 und 2 bestehenden Systems von der Sonne entsprechend 1AE =149,5 •106 km;
S0 = 1367 W/m2 = Solarkonstante in der Entfernung rE;
1 = Hohlkugel aus Metall hoher Wärmeleitfähigkeit, Oberfläche innen wie außen mit Ruß geschwärzt und
dadurch der Kugel die Eigenschaft „Schwarzer Strahler“ verleihend, was gleichbedeutend mit Albedo a1 = 0
ist. Die Kugel drehe sich rasch um ihre zur Umlaufbahn senkrecht stehende Achse (ω = Vektor der
Winkelgeschwindigkeit).
2 = lichtdurchlässige, teil-reflektierende Platte (Albedo a2 = a > 0). Die Platte ist während t < 0 senkrecht
zwischen Sonne und Kugel gestellt, wobei sie in gebundener Rotation zur Sonne verharrt, Ausgangssituation
(A). Die Strahlungsleistung, die während t < 0 auf die Kugel trifft, um von ihr vollständig absorbiert zu
werden, beträgt daher nur S0 (1 - a). Bei t = 0 wird das System dadurch verändert, dass die Platte aus der
Verbindungslinie Sonne – Kugel heraus geschoben wird, so dass von nun an immerwährend die volle
Strahlungsleistung S0 auf die Kugel trifft, Endsituation (B).
Aproj S0 • dt = V ρ cw • dT + A σ T4 • dt
(XIII)
Hierin bedeuten
Aproj = π R2 = Projektionsfläche der Kugel [m2] ; A = 4π R2 = Kugeloberfläche [m2];
m = ρV [kg] = Masse des Kugelmaterials mit Volumen V = A• s [m3] und s = Wanddicke [m];
cw [J/(kg K)] = Wärmekapazität des für die Hohlkugel verwendeten Materials = 234 (Silber);
ρ [kg/m3] = Dichte des Materials = 10,5• 103 (Silber);
s = 0,01• R = 5 • 10-3 .
(Alle Zahlenangaben: für Rechenbeispiel, dargestellt in Bild 15)
Damit ergibt sich
4
(S0 /4 – σ T ) • dt = s ρ cw • dT
(XIII.1).
Zum einen ist in der transienten Phase, (d.h. während des Zeitraums Δt), TA ≤ T ≤ TB . Zum
anderen gilt in dieser Phase Sout < Sin , also ΔS = Sin – Sout ,entsprechend dem eingeklammerten
Ausdruck auf der linken Seite der obigen Gleichung. Es ist genau diese Differenz, die wir bereits
unter dem Begriff Forcing, ΔF , kennengelernt haben, siehe die Definition des IPCC zum
‚Radiative Forcing’ oben auf Seite 2.
ΔF • dt auf der linken Seite von Gl. (XIII.1) ist das „Energie-Päckchen“, das in dem
infinitesimal kleinen Zeitintervall dt , - und bezogen auf 1 Quadratmeter Kugeloberfläche -, zur
Erwärmung des Kugelmaterials beiträgt (dT !) und somit zu einem Ungleichgewicht in der
Strahlungsbilanz (nicht: der Energiebilanz) der Kugel führt. Also ist ΔF = Verlust bei Sout
gegenüber Sin !
Zu Beginn der Übergangsphase (t = 0) herrscht noch TA an der Oberfläche (wie auch im Inneren)
der Kugel. Das entsprechende Forcing ist zu diesem Zeitpunkt
ΔF = ΔFe = σ (TB4 – TA4) = a S0 /4 , siehe Gl. XII.
Dieser nicht überschreitbare Wert verringert sich danach gemäß
ΔF(t) = S0 /4 – σ T4 = ΔFe – σ (T4 – TA4) = ΔFe – ΔSout
(XIV),
bis schließlich (bei t = Δt) TB erreicht wird mit dem Resultat ΔF(t) = 0. Womit dieses Forcing im
neuen Zustand des Strahlungsgleichgewichts zum „historischen Ereignis“ mutiert.
In Bezug auf die Übergangsphase kann man auch sagen, dass ΔSout den Anteil von ΔFe
repräsentiert, der zur Zeit t bereits realisiert worden ist, der andere Anteil, ΔF , aber noch nicht.
Der in Bild 15a gezeigte Kurvenverlauf in der Bestimmung t = f(T) ergibt sich wie folgt:
Per Umformung von Gl. (XIII.1) erhalten wir
dt = (s ρ cw) / σ • dT / [ S0 /(4 σ ) – T4]
(XIII.2)
Wir schreiben hierfür verkürzt
dt = κ • dT / [ β 4 – T4]
(XIII.3)
mit β = TB .
Die Integration von Gl. (XIII.3) ergibt:
Wegen TA = β (1 -a)0,25 und
folgt
(XV.1)
T = ΔT + TA
Mit Albedo a = 0,3 und TB = β ∼ 279 K sowie der Stefan-Boltzmann-Konstanten
σ = 5,67 10-8 W/ (m2 K4), und mit den sonstigen, weiter oben genannten Zahlenwerten ergibt
sich die Gleichung der in Bild 15a eingezeichneten Kurve zu
(XV.2)
t bemisst sich hier nach Sekunden. Beide Ausdrücke in der eckigen Klammer werden zu Null für
T = TA. Für T  TB ∼ 279 K strebt „ln (....)“ in den Gl.n (XV) ersichtlich gegen ∞ .
Formal wäre dann auch t = Δt = ∞. Nun, ein solcher Zeitraum ist für Voraussagen zur
Klimaentwicklung nicht praktikabel. Praxisnah genügt es jedoch, wenn T nahe genug an das (in
unserem Modell ja genau bestimmbare TB) herankommt, sagen wir bis auf Tmax = TB – δT mit
δT ≈ 0,1 grd, d.h. etwa so, wie wir es hier gemacht haben. δT noch kleiner zu wählen, macht
nicht so viel Sinn, da in der Klimatologie (und auf jeden Fall in Bezug auf den anthropogenen
Treibhauseffekt) Temperaturwerte, seien sie berechnet oder gemessen, höchstens mit einer
Nach-Kommastelle angegeben werden.
Das aus den Kurven der
Teilbilder a) und b)
gewonnene Diagramm in
Bild 15 c zeigt einen bemerkenswerten Sachverhalt: Der Verlauf
ΔT = f(ΔSout) lässt sich sehr
gut durch eine Ausgleichsgerade annähern, so dass
gilt:
ΔT/ΔSout ≈ ΔTe /ΔFe = λ
(XVI.1)
Wie sich aber leicht
nachweisen lässt, siehe
unten, ist diese Relation
umso mehr gültig, je kleiner
das Verhältnis
ΔTe / TA
ausfällt. In unserem ModellFall ist dieses Verhältnis
24 / 255 ~ 0,09.
Wir werden ab dem Unterabschnitt 4.2.3 „Klima-Sensitivität“ sehen, welch große Rolle λ bei
der Abschätzung der zukünftigen mittleren Temperaturerhöhung im irdischen System spielt. In
Hinblick auf 4.2.3 wollen wir nicht λ = ΔT/ΔSout schreiben (wie in Gl. (XVI.1) geschehen),
sondern
λ = (ΔTe - ΔT) /ΔF
(XVI.2) ,
siehe die nebenstehende, an Bild 15 c angelehnte
Skizze. Wir wollen ΔTe - ΔT(t) mit ΔTfut.(t)
bezeichnen, wobei der Index „fut.“ auf die noch
ausstehende, zukünftige Erwärmung hinweisen
soll, wenn man hier unter Zukunft (future)
denjenigen Zeitraum versteht, der ab einem
gewählten Zeitpunkt t bis zum Ende der
transienten Phase, Δt , noch vergehen muss. Und
der für ΔTfut. „zuständige“ Antrieb ist ΔF.
Demgegenüber stellt ΔSout , wie schon gesagt, den
Anteil des „Gesamt-Forcings“ (ΔFe ) dar, der
– zum Zeitpunkt t – bereits umgesetzt worden ist.
Dass wir hier andauernd die transiente Phase
betonen, hat seinen Grund: Auch wir auf Erden leben seit einiger Zeit schon in einer solchen
(Klima)phase, d.h. in einem Ungleichgewicht. Beispiel ist die permanent ansteigende GMT; ein
Anstieg, dessen Ende auf Erden – ganz im Gegensatz zu unserem bescheidenen physikalischen
Modell – aus heutiger Sicht nicht abzusehen ist, da man das zukünftige Gebaren der Menschheit
als Ganzes nicht wirklich voraussagen kann.
In Hinblick auf die weiteren, dann aber am irdischen Klimasystem orientierten Überlegungen
holen wir nach:
λ = ΔTfut. /ΔF ( = ΔTe /ΔFe )
(XVI.3).
Wir stehen noch im Wort, die oben erwähnte Grenzbetrachtung für λ durchzuführen, wenn
ΔT / TA = (T - TA)/ TA  0 geht. Exakt gilt nach Gl. (XVI.1) zus. mit ΔSout = σ (T4 – TA4):
λ = ΔT/ΔSout = (T - TA)/ΔSout =ΔT / [σ (T4 – TA4)]
(XVI.1a)
6*
)
Mit T = TA + ΔT ergibt sich für die runde Klammer im Nenner:
(T4 – TA4) = ((TA + ΔT)2 + TA2) • ( TA + ΔT + TA) • ( TA + ΔT – TA)
3
= 4 TA [ 1 + ΔT /TA + ½ • (ΔT/ TA)2 ] • (1 + ½ • ΔT/TA) • ΔT
(a): Wenn wir die mit höher als 1 potenzierten ‚Glieder in ΔT /TA’ in obigem Ausdruck
vernachlässigen, lautet die erste Näherung für λ:
3
λ 1 = 1 / [4σ TA • (1 + 3/2• ΔT/TA )]
(XVI.1a+)
Im Falle unseres Modells kann ΔT/TA recht groß werden, nämlich ΔTe /TA = 24/255 ~ 0,09.
+
Gl. (XVI.1 ) liefert hierfür aber praktisch schon mit λ 1 = 0,233 das korrekte Ergebnis (λ ~ 0,24).
(b): Hinsichtlich einer gröberen Näherung für λ ist es dasselbe, als ob wir uns auf die Tangente
an die Kurve ΔT = λ • ΔSout am Nullpunkt begeben. Ihre Steigung λ 0 ergibt sich aus
3
d/dT (ΔSout ) = 4σ • T = 1/ λ 0 für T = TA bzw. ΔT = 0. Also ist
λ 0 = 1 / [4σ TA3] (XVI.1a++).
Sie stellt sich mit λ 0 = 0,266 [grd/(W/m2)] größer als λ = 0,24 = ΔTe /ΔFe heraus, wenn man
gemäß Modell TA = 255 K berücksichtigt. Für das Modell liefert Gl. (XVI.1++) also keine
besonders gute Näherung. Ganz anders dagegen, wenn man die beim irdischen Klimawandel
beobachteten oder berechneten Temperaturverhältnisse, d.h. so etwas wie 3 K / 288 K ≈ 0,01 ,
einsetzen würde (an Stelle von 24/255 ~ 0,09); also wenn man das irdische, anthropogenen
Einflüssen ausgesetzte System betrachtet.
Natürlich geht es nicht an, das Modell vollständig mit dem irdischen Klimasystem gleichzusetzen. Insbesondere sind beim letzteren die Wirkmechanismen, die zu einer Erwärmung des
Systems führen, anders und viel komplexer (wozu wir uns jedoch erst in einem späteren Teil
dieser Arbeit mehr äußern wollen). Aber dass ein nicht-linearer Zusammenhang immer mehr
zum einfachen, linearen Zusammenhang mutiert, wenn man einen wichtigen Parameter wie
ΔT/TA  0 gehen lässt; das erscheint nicht unplausibel auch für ein so komplexes Gebilde wie
das irdische Klimasystem, welches keine so simplen Gleichungen kennt wie unser Modell! Nun,
wie in Abschnitt 4.2.3 noch ausführlicher besprochen wird: [Rahmstorf] ist mit diesem
Gedanken insofern im Einklang, als er eine – über Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen relativ gut
abgesicherte – Relation, nennen wir sie ΔTe,d = λ • ΔFe,d , als Grundlage für die Beziehung
ΔTe /ΔFe = ΔTe,d /ΔFe,d = λ
(XVII)
nahm.
Wohlgemerkt, ΔTe und ΔFe gehören einem anderen ‚Szenario’ an, als (innerhalb ein- und desselben Systems, nämlich des irdischen) ΔTe,d und ΔFe,d . Beide ‚Szenarien’ liegen – nicht nur im
übertragenen Sinne – „auf der gleichen Linie“, wie die obigen Diagramme zeigen.
-----------------------------------6*
) Ein Klimaskeptiker stellte im Wissenschaftsblog einer dem Klimawandel gewidmeten, amerikanischen
Website fest, dass stets nur eine in T nicht-lineare Relation wie Gl. (XVI.1) richtig sein könne für die
Bestimmung von λ . Eine einfache lineare Beziehung zwischen ΔTe und ΔFe wäre daher für ihn
physikalisch nicht nachvollziehbar.
Wir sehen, unser Modell hat uns bis hierhin keine schlechten Dienste geleistet. Bleibt die Frage
„geht’s damit nicht noch besser?“
Nun, wenigstens im Modell ‚funktioniert’ ja nicht nur das, was wir in Bezug auf die mit „e“
indizierten Größen abgehandelt haben. Sondern es funktioniert auch für Werte in der
Übergangsphase, d.h. für Wertepaare ΔT(t) und ΔSout(t) – bzw. ΔTfut.(t) und ΔF(t) – ; wobei
natürlich die Übergangsphase einem ganz bestimmten, nämlich per ΔTe und ΔFe festgelegten
‚Szenario’ gehorcht. Halten wir also fest: Alle Punkte liegen auf der Geraden, wie sie das ModellBeispiel in Bild 15c zeigt; dies umso besser, je kleiner sich ΔT /TA darstellt. Denn die Steigung
der Geraden ist unter dieser Voraussetzung - sieht man mal von Ausgleichsgeraden ab, die bei etwas zu großem ΔT /TA als Näherung fungieren – nur eine Funktion von TA [siehe Gl. (XVI.1a++)];
und diese Ausgangstemperatur lassen wir als Bezugswert in jedem Fall bestehen. In Aussagen
zum realen irdischen Klimageschehen ist es sehr häufig genau so; nur dass hier (in Analogie zum
TA des Modells) von GMT* = 288 K = 15 °C als Bezugswert Gebrauch gemacht wird, d.h. von
der Globalen Mittleren Temperatur, die vor Beginn der Industrialisierung herrschte, und die
bekanntlich als Zeuge für den lebensnotwendigen natürlichen Treibhauseffekt herhält.
Angesichts all dieser anhand des Modells gewonnenen Einsichten erscheint der Versuch
lohnend, zusätzlich ein solches Szenario zu beleuchten, das im realen Klimageschehen eine
Übergangssituation zum Gegenstand hat; weiteres dazu siehe Abschnitt 4.2.3.
4.2.2 Rückkopplungen, „Feedbacks“
(Anthropogene) Antriebe sind im Klimasystem der Erde praktisch immer von Rückkopplungen
begleitet. Am besten macht man den Unterschied zwischen Feedback und Antrieb anhand der
Rolle klar, die das Wasser im Klimageschehen auf der Erde einnimmt.
Nehmen wir den natürlichen Treibhauseffekt (natürlichen THE): An der T-Erhöhung von
– 18 °C auf 15 °C ist Wasserdampf als THG mit 60 bis 65 % beteiligt. Bei CO2 sind es 15 %,
Rest: die anderen, überwiegend langlebigen, gleich-verteilten Treibhausgase (THG).
Die %-Zahlen sind Ungefährwerte.
Wir erinnern uns: - 18 °C markiert den Bezugspunkt „Erdatmosphäre ohne jedes Treibhausgas“;
dies unter Zugrundelegung der gleichen Sonnen-Einstrahlung an der „Oberkante“ der
Atmosphäre (abzüglich des reflektierten Anteils) von
Sin,0 = S0 /4• (1 – a0) = 342• (1 – 0,31) = 235 W/m2,
wie man sie heutigen Strahlungsbilanzen (Energiebilanzen) zugrunde legt (siehe Teil 4 dieser
Arbeit). a0 bedeutet in der Gleichung „Albedo im natürlichen Zustand des Systems“. Im Falle des
natürlichen THE stellt Wasserdampf also das bei weitem bedeutendste Treibhaus-gas dar. Nun
kann aber Wasserdampf erst dann fühlbar als THG in Erscheinung treten, wenn die Temperatur,
T, über dem Gefrierpunkt von Wasser, d.h. T = 273 K = 0° C, liegt. Dies ist eine
„Randbedingung“, die die übrigen THG, z.B. CO2, freilich nicht kennen.
Lassen Sie mich dazu das folgende „Szenario“ durchspielen:
Angenommen, bei einer globalen mittleren Temperatur von – 18 °C wäre alles Wasser auf dem
Globus gefroren, und es werde plötzlich CO2 in seiner „natürlichen“ Konzentration k* = 280
ppm in die Atmosphäre eingebracht. Womit CO2 zunächst einmal als einziges THG fungiere.
Erst wenn durch diesen Vorgang die Temperatur (infolge des nur mit CO2 verbundenen THE)
genügend angestiegen ist, kommt H2O-Dampf deutlich ins Spiel, und dies umso mehr, je weiter
die Temperatur T ansteigt. Je mehr letzteres der Fall ist, umso mehr H2O-Dampf gelangt in die
Atmosphäre, um als THG aktiv zu werden. Womit eine Verstärkung des T-Anstieges einhergeht,
bis der Gleichgewichtszustand bei GMT* = 15 °C erreicht ist. D.h. hätte man hier CO2 allein
gelassen (wir setzen voraus: k* = 280 ppm änderte sich während des Erwärmungsvorgangs
nicht), eine so große Spanne wie ΔTe = 15 – (-18) = 33 Grad wäre unerreichbar geblieben.
Das Beispiel zeigt, dass der Auslöser (im Sinne von Antrieb) für das Vorhandensein von H2ODampf in der Atmosphäre das CO2 ist, und dass H2O-Dampf eine Verstärkung der Temperaturerhöhenden Wirkung des CO2 darstellt. Verstärkung = positive Rückkopplung!
Für den anthropogenen Treibhauseffekt gilt das gleiche: Wenn durch menschliche Aktivität sich
mehr und mehr THG in der Atmosphäre anreichern und über den durch sie bewirkten Antrieb die
Temperatur steigt, dann gelangt auch hierdurch mehr Wasserdampf in die Atmosphäre mit
entsprechender Feedback-Wirkung. Dieses „Mehr an H2O-Dampf “ lässt sich – da allein
T-abhängig – nicht etwa dadurch beeinflussen, dass bei der Verbrennung fossiler Energieträger
in erheblichem Maße Wasserdampf freigesetzt wird!
Nun, was das Wasser auf diesem Planeten angeht (und zwar in allen seinen 3 Aggregatzuständen, wie sie signifikant im irdischen Klimasystem auftreten), kommt – für den
anthropogenen THE – noch weiteres hinzu:
Das Stichwort lautet „Eis-Albedo“. Wie sich örtlich im Rahmen des jetzt schon beobachtbaren
Klimawandels zeigt, reagiert die Eisbedeckung des nördlichen Polarmeeres empfindlich
gegenüber T-Erhöhungen; und diese sind in diesen Breiten deutlich größer als die 0,7 °C, welche
als globales Mittel (seit dem Jahr 1900) angegeben werden. Die Eisbedeckung geht zurück; d.h.
die Eisflächen mit ihrem hohen Reflexionsgrad machen Meeresflächen Platz, die das
Sonnenlicht in weit geringerem Maße reflektieren. Mit anderen Worten auch hierdurch, d.h.
durch eine Verringerung der Albedo, wird der (globale) T-Anstieg (im Sinne eines positiven
Feedbacks) beschleunigt.
Des weiteren heißt „mehr Wasserdampf in der Atmosphäre“ gleichzeitig auch „mehr Potential
für die Kondensation zu Wassertröpfchen“, aus denen sich Wolken bilden (können). Doch ist es
auch heute noch schwer, den Einfluss eines Mehr an atmosphärischem Wasserdampf auf die Art,
Menge und Verteilung von Wolken im erwünschten Maß an Genauigkeit zu quantifizieren.
Natürlich ließe sich zum Thema „Rückkopplung“ noch mehr sagen; ich hoffe aber, dass das oben
Gesagte für einen ersten Eindruck ausreichend ist.
4.2.3 Die Klimasensitivität, „Climate Sensitivity“
Ihre Definition gibt das Zitat (aus der englisch-sprachigen Wikipedia) richtig wieder:
>> In IPCC-reports, equilibrium climate sensitivity refers to the equilibrium change in the global
mean near-surface air temperature that would result from a sustained doubling of the
atmospheric (equivalent) CO2 concentration. <<
Übersetzung des Zitats:
In den IPCC-Reports bedeutet Klimasensitivität 7*) „diejenige Temperatur-Erhöhung der
bodennahen Luftschichten, die sich – auf Grund einer konstant aufrechterhaltenen
Verdoppelung des (äquivalenten) atmosphärischen CO2-Gehalts – im (neuen) Gleichgewicht des
Systems einstellt.“
Besagte T-Erhöhung bezeichnen wir im folgenden mit ΔTe,d , wobei der Index ‚d’ auf die
Verdoppelung hinweisen soll.
Welcher Ursprungswert (k*), der CO2-Verdopplung (k = 2k*) zugrunde liegt, bleibt hier offen.
Praktikabel und anschaulich ist, hierfür den zu nehmen, der einem ursprünglichen Gleichgewicht
entspricht, was hier auf den vorindustriellen Wert k* = 280 ppm hinausläuft. Womit man
sozusagen „von (altem) Gleichgewicht bis (zum neuen) Gleichgewicht“ rechnet.
„äquivalent“ ist bewusst in Klammern gesetzt. Das Wort weist auf die anderen Treibhausgase
(THG) – im wesentlichen die aus anthropogener Quelle – hin; und die lassen sich hinsichtlich
ihrer (von CO2 verschiedenen) Klimawirkung in sog. CO2-Äquivalente umrechnen. So lässt sich
käq = f • k formulieren. Gegenwärtig ist f = 1,17 , wenn man hier z.B. den Daten aus [UBA,
2005] folgt. In f kommt natürlich auch die bloße, derzeit erreichte Menge der anderen THG in
-------------------------------------7
*) Genau genommen müsste es in der Übersetzung „Gleichgewichts-Klimasensitivität“ heißen, da in den
IPCC-Reports auch andere Definitionen zur Klimasensitivität enthalten sind. Wir belassen es aber im
folgenden bei der Kurzform.
der Atmosphäre zum Ausdruck. Demgemäß wäre, wegen 2k* = f • k , die CO2-Konzentration k
kleiner anzusetzen, um dem „Verdoppelungsgesichtspunkt“ Rechnung zu tragen. Andererseits ist
f nicht unbedingt als zukünftig gleich bleibend aufzufassen, denn die anthropogene Erzeugung
der „anderen THG“ geschieht im wesentlichen unabhängig vom CO2-Ausstoß.
Die beste heutige, auf einer Unzahl von Klimamodell-Rechnungen beruhende Abschätzung der
Klimasensitivität liegt bei ΔTe,d = 3 ± 1 °C. Dieser entspricht nach [Rahmstorf] ein – ebenfalls
Rückkopplungen berücksichtigender – Strahlungsantrieb von
ΔFe,d ~ 4 W/m2 (XIX.1)
Woraus λ = ΔTe,d / ΔFe,d ~ 0,75 K /(W/m2) (XVIII.1) folgt.
Einem an der Klimaforschung Unbeteiligten lässt sich kaum vermitteln, welch unendliche Mühe
von der internationalen Gemeinde der Klimaforscher aufgebracht werden musste, um zu diesem
wichtigen Ergebnis zu kommen.
Erstaunlicherweise lässt sich den vielen, von mir durchgesehenen Literaturquellen nur indirekt
entnehmen, dass ΔTe,d auf den Antrieb lediglich der THG bezogen ist. Wobei die THG aus
anthropogener Quelle im Vordergrund stehen. D.h. der Antrieb, den z.B. Aerosole ausüben (die
ja meist auch aus anthropogener Quelle stammen, ist nicht berücksichtigt. „Anthropogen“
schließt die Wirkung des natürlichen Wasserdampfgehaltes in der Luft aus, das ist von
vornherein klar.
Konsequenterweise sind bei den oben angegebenen Werten für ΔTe,d und ΔFe, nur Rückkopplungen berücksichtigt, sofern sie unmittelbar den o.g. THG zuzuordnen sind. Und das sind vor
allem die Feedbacks, die von Wasserdampf (siehe Abschnitt 4.2.2), Eis-Albedo sowie der
Wolken-bildung und –verteilung repräsentiert werden.
λ heißt gemäß IPCC-Nomenklatur „climate sensitivity parameter“. Das in λ einfließende
„Feedback-verstärkte“ Forcing ΔFe,d lässt sich näherungsweise nach einer empirischen, nur für
CO2 aufgestellten Formel bestimmen, die von [G. Myhre, 1998] - auch in Anlehnung an
Arbeiten von [J. Hansen] - publiziert wurde, und die im TAR = 3rd Assessment Report des IPCC,
2001 (WG 1, the Scientific Basis, Kap. 6 unter „simplified expressions“) genannt wird:
ΔFe = 5,35• ln (k/k*)
(XIX) , woraus –( mit k/k* = 2 )– ΔFe,d = 3,7 W/m2 (XIX.2)
folgt und damit λ = 3/3,7 = 0,81 K /(W/m2) (XVIII.2).
Der Faktor 5,35 trägt der Verstärkung des reinen CO2-Forcings durch zuordnungsfähige
Feedbacks Rechnung. Es sollte Sie beeindrucken, dass ΔFe bzw. ΔFe,d nicht etwa linear mit
k – k* einhergeht, sondern nur mit ln k - ln k* { = ln (k/k*) }. Der Grund liegt darin, dass aus
dem kontinuierlichen Spektrum der „Schwarzen“ terrestrischen Infrarot-Strahlung (IR-Strahlung) gewisse CO2-spezifische spektrale Hauptbanden (in diesem Spektrum) infolge des großen
k* = 280 ppm schon ganz bzw. zum großen Teil (in Hinblick auf die Absorption durch CO2 )
„abgesättigt“ sind, und von daher nur die (immer weniger effizienten) Nebenbereiche dieser
Banden für die Absorption durch CO2 zur Verfügung stehen. So ungefähr könnte man es in
einem Satz ausdrücken. Wäre dagegen k* (ebenso wie k) viel, viel kleiner, dann käme in der Tat
eine lineare Relation wie oben angedeutet zum Tragen; übrigens so, wie es bei den sog.
„Halocarbons“ (= halogenierte Kohlenstoffverbindungen) als anthropogene, gasförmige und
radiativ hochaktive Bestandteile der Atmosphäre – wenigstens derzeit noch (angesichts ihrer
vergleichsweise winzigen Anteile) – der Fall ist.
4.3 Die Abschätzungen zu ΔFe und ΔTe mit der Klimasensitivität als Grundlage
Abschließend und wie bereits angekündigt wenden wir uns jetzt den quantitativen
Abschätzungen zu. Diese geschehen vorwiegend auf Grundlage der Klimasensitivität, was uns
erlaubt, im Einzelfall ohne Computer-gestützte Klimamodell-Rechnungen auszukommen. Wir
stellen also unter Verwendung des Instruments „Klimasensitivität“, d.h. mittels der Gleichungen
(XVIII) und (XIX) bzw. (XIX.1 und 2), linear-proportionale Zusammenhänge her, mit deren
Hilfe wir einige Angaben zum Radiative Forcing und zur dementsprechenden Temperaturerhöhung überprüfen, wie man sie der Literatur, insbesondere den Publikationen des IPCC
entnehmen kann. Auch werden auf diese Weise Rückschlüsse auf die bereits bestehende globale
Temperaturerhöhung, die weitgehend der menschlichen Aktivität zuzuschreiben ist, möglich.
Anmerkung 1 : Die Rechenergebnisse auf Basis der Angabe 4 W/m2 gemäß (XIX.1) - und auch diese
Angabe selbst – sind im Folgenden durch Setzen von „doppelten Klammern“, ((....)) , gekennzeichnet.
Anmerkung 2 : Wir berechnen hier ΔFe –Werte bzw. ΔTe –Werte, die kleiner sind als ΔFe,d bzw. ΔTe,d.
An sich sind solche Werte ja ΔF(t) –Werte bzw. ΔT(t) –Werte, die der heutigen Situation (Zeitpunkt t)
entstammen, also eigentlich einer Übergangsphase (konkret unbestimmter Länge) angehören. Wenn wir
uns aber vorstellen, dass wir „ab sofort“, d.h. zum Zeitpunkt t, die jeweils erreichte THG-Konzentration
in der Atmosphäre für die Zukunft unverändert beibehalten, dann „befördern“ wir gedanklich ΔF(t) „in
den Stand“ eines ΔFe bzw. ΔT(t) in den Stand eines ΔTe .
Die linearen Abschätzungen zu ΔFe und ΔTe
im Rahmen unterschiedlicher Gegebenheiten und Annahmen
SEKTION 1: Abschätzungen unter alleiniger Berücksichtigung der Wirkung von THG
(1a): CO2-Verdopplung ohne jeden Einbezug von positiven (= verstärkenden) Rückkopplungen
Laborversuche (unter so weit wie möglich realistischen Bedingungen) ergeben laut [Rahmstorf]
ΔT• e,d ~ 1,2 K.
Demgemäß (siehe Gl. (XVII)) erhalten wir ΔF• e,d = 1,2/3• 3,7 ((• 4)) = 1,5 ((1,6)) W/m2
Wirkung der THG mit Einbezug von positiven Rückkopplungen
(1b): Erhöhung des CO2-Gehalts der Atmosphäre von k* = 280 ppm auf k = 380 ppm (das ist
etwa der 2006 erreichte Wert)
- (1b-1): ohne die übrigen8*) THG:
Wir ermitteln ΔFe = 5,35 ln (380/280) = 1,63 W/m2
Zum Vergleich: Im IPCC AR4 (2007) ist der – nur um 1,6 % höhere – Wert 1,66 W/m2
Für CO2 allein genannt.
- (1b-2): mit den übrigen8*) THG:
unter Einbeziehen von f = 1,17 (siehe oben) ermitteln wir
ΔFe = 5,35 ln (1.17• 380/280) = 2,47 ~ 2,5 W/m2 .
Zum Vergleich: Dieser Wert liegt um 9 % niedriger als der Literaturwert ΔFe = 2,7 W/m2 ,
siehe z.B. [Rahmstorf].
Anmerkung: Bei dem natürlichen THG-Gehalt wird in der Literatur kein Verstärkungsfaktor f* >1
angegeben. Also ist hier k* = k*• f* gesetzt.
(1c): ΔTe gemäß dem heute geltenden Literaturwert ΔFe = 2,7 W/m2
Wir ermitteln ΔTe = 3• 2,7/3,7 = 2,2 K bzw. 3• 2,7/((4)) = ((2 K)).
------------------------------8
*) Als „übrige THG“ sind gemäß IPCC/AR4 (= 4th Assessment Report) hier zu berücksichtigen:
CH4 (0,48); N2O (0,16); Halocarbons (0,34); aber auch troposphärisches Ozon = O3 als ein – gegenüber
den anderen THG – nicht-langlebiges und nicht-gleichverteiltes Treibhausgas. Halocarbons sind
Kohlenstoffverbindungen, deren Moleküle zusätzlich Halogen-Atome wie Chlor, Brom oder Fluor
enthalten.
Die Zahlen in runden Klammern bedeuten Mittelwerte des Strahlungsantriebs (in W/m2) für die jeweilige
Substanz.
Die nebenstehende Prinzip-Skizze gilt strenggenommen
nur für dasjenige, im „neuen“ Gleichgewicht erreichbare
ΔTe , welches auf den Feedback-verstärkten THG-Antrieb
zurückzuführen ist. Dem ΔTe,d = 3 grad (Kelvin, K) ist ein
ΔFe,d zuzuordnen, das je nach Literaturangabe in kleinem
Bereich, siehe oben, schwankt. Die so ausgedrückte
Ursache-Wirkungsrelation ist heute gut verstanden (in der
Ausdrucksweise des IPCC: sie unterliegt einem hohen
„LOSU“ = Level Of Scientific Understanding).
Bei dem schwieriger zu quantifizierenden Einfluss der
Aerosole ist dagegen der LOSU eher „low“ bis „medium“.
Einbezug anthropogener Aerosole:
Aerosole werden, was den Antrieb angeht, getrennt von dem der anthropogenen THG behandelt,
auch wenn diese Aerosole mit den THG bei der Verbrennung fossiler Energieträger parallel
gehen. Zum einen jedoch muss dies in Zukunft nicht im gewohnten Verhältnis bestehen bleiben,
und zum anderen müssen dabei auch natürliche Aerosol-Einträge, wie z.B. aus Vulkanen,
berücksichtigt werden.
Aerosolen ist ein negativer Klimaantrieb zugeordnet, der zu etwa ΔFaer = -1 W/m2 abgeschätzt
wurde. Somit haben sie kühlende Wirkung insofern, als durch ihr Vorhandensein die (mittlere)
Albedo der Erde erhöht infolge vermehrter (diffuser) Reflexion des Sonnenlichts in der
Atmosphäre. Eine wichtige Folgerung für die Zukunft leitet sich aus der sehr unterschiedlichen
Lebensdauer ab, die die THG und die Aerosole kennzeichnet.
Dazu geben wir uns als erstes der hilfreichen Vorstellung hin, dass die Immissionssituation bei
diesen Substanzen ab einem gewissen Zeitpunkt in beiden Fällen beibehalten wird. Aerosole
haben eine kurze Lebensdauer in der Troposphäre, Größenordnung 1 bis 2 Jahre. Sie
akkumulieren daher nicht: Das, was aus der Troposphäre durch Regen ausgewaschen wird,
kommt durch die Immission im gleichen Zeitraum in etwa wieder herein; dies geschieht bei einer
‚Aerosol-Konzentration im Gleichgewicht’, die sich nach der Höhe der Immissionsrate bemisst.
Im Vergleich dazu liegen die Lebensdauern der sog. LLGHGs (= langlebige Treibhausgase,
„Long Lived Greenhouse Gases“) um mehrere Größenordnungen höher, insbesondere bei CO2 ,
auch wenn sich das IPCC hier nicht auf einen bestimmten Wert festlegt. Die Folge ist, solche
THG akkumulieren (in einem Zeitraum unterhalb deren Lebensdauer), auch wenn die
Imissionsrate bei diesen THG gleich bleiben sollte. Beim CO2 z.B. wird zwar die
Akkumulationsrate dadurch abgemildert, dass gleichzeitig ein Austrag von CO2 aus der
Atmosphäre stattfindet, u.a. infolge der CO2-Aufnahme durch die Ozeane. Die Austragsrate kann
aber nie so groß werden wie eine über der Zeit gleich bleibende Immissionsrate. Ganz im
Gegenteil: sie wird sich in Zukunft in Relation zur Immissionsrate auf die Dauer verringern (was
in Fachkreisen unter dem Stichwort „positive Rückkopplung innerhalb des KohlenstoffKreislaufs“ unbestritten ist, [Latif]).
In einer zweiten Grenzbetrachtung gehen wir davon aus, die Immissionsrate bei den THG wäre
plötzlich auf 0 gesenkt worden, um diesen Zustand danach dauerhaft beizubehalten. Aus obigem
folgte für die anthropogenen Aerosole, dass sie innerhalb von nur einigen Jahren aus der
Atmosphäre verschwunden sein würden. Dies im Gegensatz zu den (anthropogenen) LLGHGs,
deren Anteil sich zwar auch verringerte (siehe oben), die jedoch dafür lange Zeiträume benötigen
würden, während derer diese Gase allerdings immer noch zur Erderwärmung beitragen können,
zumal dann der mildernde Einfluss der anthropogenen Aerosole entfällt!
Ungeachtet des Umstandes, dass die Klimasensitivität nur auf die Treibhausgase Bezug nimmt,
versuchen wir die Aerosole mit einzubeziehen. D.h. wir übertragen die Aussagekraft der Klimasensitivität auch auf
SEKTION 2: Abschätzungen unter Berücksichtigung der Wirkung der THG und der Aerosole
(2a): Ausgangspunkt ist ΔFaer = -1 W/m2 und der für das folgende maßgebliche Parallelfall (1b)
bzw. (1c):
ΔFe** = ΔFe + ΔFaer = 2,7 – 1 = 1,7 W/m2 . Damit erhalten wir:
ΔTe** = λ ΔFe** = 3/3,7 • 1,7 = 1,4 K bzw. 3/((4)) • 1,7 = ((1,3)) K.
(2b): Verifikation der anhand des physikalischen Modells, Bild 14 (siehe Abschnitt 4.2.1),
angestellten Überlegungen zur Übergangsphase, auch ‚transiente Phase’ genannt:
Im Modell ist, wie wir gesehen haben, auch die Beziehung
ΔTfut. /ΔF = (ΔTe - ΔTfut.)/( ΔFe - ΔF) = ΔT /ΔSout = λ
innerhalb der Übergangsphase richtig. Wir fragen uns, ob wir diese Überlegung wenigstens
angenähert auf die derzeit herrschenden irdischen Verhältnisse übertragen können, d.h. unter
Benutzung von
λ = ΔTe** /ΔFe** = 0,81 ((0,75))
zusammen mit den unter Punkt (2a) genannten Werten für ΔTe** und ΔFe**.
Der ab 1900 bis 2006 gemessene Anstieg wird meist mit ΔT = 0,7 K angegeben, wovon
∼ 0,5 K dem anthropogenen Einfluss zugeordnet werden (Rest: die zeitweilig gestiegene
Sonnenaktivität). Für den Zeitraum ab 1800 bis heute findet man übrigens in der Literatur
den (nicht nur auf Thermometermessungen beruhenden) Wert 0,8 K.
Computer-gestützte Modellrechnungen lassen darauf schließen, dass von ΔTe** inzwischen
mindestens 50 % realisiert worden sind, also ΔT = 1,4/2 = 0,7 K bzw. – siehe oben –
((0,65)) K.
Die Abschätzung ergibt ΔTfut. = ΔTe** – ΔT ∼ 1,4 – 0,7 = 0,7 K als die heute noch
anstehende globale Temperaturerhöhung aufgrund ΔFe** bis zum Erreichen des neuen
Gleichgewichts.
Aus obigem erhalten wir ΔF = ΔTfut. / λ = 0,86 ((0,93)) W/m2.
Wohlgemerkt, ΔF lässt sich als zeitabhängiger Verlust auffassen, der im System entsteht und
sich als verminderte Flussdichte der ausgehenden Strahlung im Infraroten, und zwar am
oberen Rand der Atmosphäre (näherungsweise: Tropopause) bemerkbar macht.
Zum Vergleich: Derzeit gehen laut [Rahmstorf] 0,85 W/m2 in die Ozeane. Und dieser Wert
entspricht im wesentlichen unserem ΔF. Übrigens, [Hansen] lässt hierzu auch 1 W/m2 als
Schätzwert (‚estimate’) gelten.
>> [Rahmstorf] << :
S. Rahmstorf und H.J. Schellnhuber: „Der Klimawandel – Diagnose. Prognose, Therapie“ (2006,
2007), ISBN 9783406508660 , Verlag C.H. Beck
>> [Latif] << :
M. Latif: Bringen wir das Klima aus dem Takt? – Hintergründe und Prognosen (2007, 2008),
ISBN 978-3-596-17276-4, Fischer Taschenbuch Verlag
Ausführlichere Literaturhinweise werden am Ende des Gesamtbeitrags zu finden sein.
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