Abrechnung KOSTENERSTATTUNG Der Aufbau des Alveolarfortsatzes, Teil 1: Abrechnungsbeispiele | Mit dem Inkrafttreten der GOZ zum 1. Januar 2012 wurden im Bereich der Implantologie neue Gebührenziffern aufgenommen, die augmentative Therapien umfassen. Im Klinik- und Praxisalltag zeigt sich jedoch, dass es bei der Leistungsabrechnung immer wieder zu Unstimmigkeiten mit privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen kommt. Dieser Beitrag zeigt daher verschiedene Behandlungskonstellationen auf, um die Voraussetzungen für die Berechenbarkeit der GOZ-Nr. 9100 zu erläutern. | Unstimmigkeiten mit privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen Die Augmentation nach GOZ-Nr. 9100 Diese Gebührenziffer umfasst augmentative Maßnahmen größeren Umfanges am Alveolarfortsatz sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung, die eine Volumenvermehrung und Veränderung der Außenkontur des Alveolarfortsatzes bewirken. Die Nr. 9100 ist einmal je Kieferhälfte oder Frontzahngebiet berechnungsfähig. Das Augmentationsgebiet kann sowohl den zahnlosen Kieferbereich als auch den Bereich von Zähnen und/oder Implan­taten betreffen, wobei die Leistungslegende lautet: Nr. 9100: einmal je Kieferhälfte oder Frontzahngebiet berechnungsfähig ◼◼GOZ-Nr. 9100 Aufbau des Alveolarfortsatzes durch Augmentation ohne zusätzliche Stabilisierungsmaßnahmen, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich PDF erstellt für Gast am 02.11.2017 Mit der Leistung nach der Nummer 9100 sind folgende Leistungen abgegolten: Lagerbildung, Glättung des Alveolarfortsatzes, ggf. Entnahme von Knochen innerhalb des Aufbaugebietes, Einbringung von Aufbaumaterial (Knochen und/oder Knochenersatzmaterial) und Wundverschluss mit vollständiger Schleimhaut­ abdeckung, ggf. einschließlich Einbringung und Fixierung resorbierbarer oder nicht resorbierbarer Barrieren. Neben der Nr. 9100 kann bei Verwendung eines Operationsmikroskops sowohl ein Zuschlag nach Nr. 0110 als auch ein Zuschlag nach Nr. 0530 bei nicht­ stationärer Durchführung von zahnärztlich-chirurgischen Leistungen berechnet werden. Zuschlag 0110 bei Verwendung eines OP-Mikroskops Die Abrechnungsbestimmungen zur GOZ-Nr. 9100 sind umfangreich. Muss der Kieferknochen nach Präparation des Weichgewebes und Lappenbildung in der Implantationsregion zuerst nivelliert – ausgeglichen bzw. geglättet – werden, so ist diese Maßnahme nicht als selbstständige Leistung berechenbar, da sie bereits Inhalt der GOZ-Nr. 9100 ist. Wird jedoch in einer anderen OP-Region Knochen geglättet, so stellt dies eine selbstständige Maßnahme anderenorts dar, die nach GOZ-Nr. 3230 berechnet werden kann, wenn bei dem Patienten dort im Rahmen der prothetischen Versorgung eine Prothese gefertigt wird. Die Leistungslegende der GOZ-Nr. 3230 lautet: Knochenresektion neben der Nr. 9100 berechenbar? 6-2014PRAXIS IMPLANTOLOGIE 11 Abrechnung ◼◼GOZ-Nr. 3230 Knochenresektion am Alveolarfortsatz zur Formung des Prothesenlagers, als selbstständige Leistung, je Kiefer Der Begriff „selbstständige Leistung“ bedeutet nicht „alleinige Leistung“, sondern dass diese Maßnahme nicht berechnet werden darf, wenn ortsgleich noch andere artverwandte chirurgische Maßnahmen erbracht und abgerechnet werden. Selbstständig heißt nicht alleinig Erstes Beispiel Auf Begleitleistungen wird verzichtet Bei den folgenden Beispielen wird aus Gründen der Übersichtlichkeit auf Begleit­ leistungen wie GOÄ-Nrn. 1, 5 und Ä5004, Anästhesie- und Nach­ behandlungs- sowie weitere flankierende Maßnahmen verzichtet. Knochenresektion und Implantation mit Aufbau des Alveolarfortsatzes Zahnloser OK, Schnittführung 18-28, Präparation Weichgewebe, Lappenmobilisation, Knochenresektion regio 17 und 26-27 zur besseren Einlagerung der Implantatprothese bei unregelmässigen Knochenstrukturen nach Osteotomie, Implantation regio 14,12,22,24 mit Aufbau des Alveolarfortsatzes regio 14-24. Zähne Geb.-Nr. Anz Leistung 18-17, 26-28 3230 1 Knochenresektion zur Formung des Prothesenlagers 2,3 56,92 56,92 14,12,22,24 9010 4 Implantation 2,3 199,86 799,44 0530 1 OP-Zuschlag 2,3 123,73 123,73 § 4/3 GOZ 14-24 9100 § 4/3 GOZ Bone Splitting bei ausreichender Knochenhöhe, aber zu geringer Breite Faktor Einzelpreis Gesamtpreis Implantate, Verschlussschrauben, Einpatientenbohrer/-fräsen 2 Aufbau Alveolarfortsatz Knochenersatzmaterial, ggf. Membran und Befestigungselemente, atraumatische Naht xy 2,3 348,49 696,98 xy Ist der Kieferkamm in der Implantatregion sehr schmal, so wird abhängig vom Gesamtbefund und der Konstitution des Patienten ein Bone Splitting (Knochenspaltung und längsseitige Dehnung) durchgeführt. Das Bone Splitting kann bei ausreichender Knochenhöhe, aber zu geringer Knochenbreite erforderlich sein. Das Aufspalten des Kieferkamms erfolgt dabei meist mittels Piezosurgery oder diamantierten Trennscheiben. Die Ziffer hat folgenden Text: PDF erstellt für Gast am 02.11.2017 ◼◼GOZ-Nr. 9130 Spaltung und Spreizung von Knochensegmenten (Bone Splitting), ggf. mit Auf­ füllung der Spalträume mittels Knochen oder Knochenersatzmaterial, ggf. einschließlich zusätzlicher Osteosynthesemaßnahmen, ggf. einschließlich Einbringung resorbierbarer oder nicht resorbierbarer Barrieren und deren Fixierung je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich, … Nr. 9100 nicht neben Nr. 9130 Die Abrechnungsbestimmungen zur GOZ-Nr. 9130 enthalten zudem, dass „neben der Leistung nach der Nummer 9130 die Leistung nach der Nummer 9100 nicht berechnungsfähig ist.“ 12 PRAXIS6-2014 IMPLANTOLOGIE Abrechnung Zweites Beispiel Zahnloser OK, Bone Splitting regio 15-13,23-25, Einbringen von Knochen­ ersatzmaterial, Membranen und Fixierelementen; Entnahme von Eigen­ knochen regio 18 bzw. 28 und Einbringen regio 13-15, 23-25. Implantation regio 14,13,23,24. Zähne Geb. Nr. 15-13,23-25 9130 Anz Leistung 2 § 4/3 GOZ 18,28 9140 Bone Splitting Entnahme von Eigenknochen und Einbringen Faktor Einzelpreis Gesamtpreis 2,3 199,21 398,42 Knochenersatzmaterial, Membranen, Fixierungselemente 2 § 4/3 GOZ Intraorale Entnahme von Knochen außerhalb des OP-Gebiets xy 2,3 84,08 168,16 Bone Scraper (oder Ähnliches) 14,24 9100 0 Der Aufbau des Alveolarfortsatz ist hier nicht zusätzlich berechenbar, da bereits Inhalt der GOZ 9130 14,13,23,24 9010 4 Implantation 0530 1 OP-Zuschlag § 4/3 GOZ xy - - - 2,3 199,86 799,44 2,3 123,73 123,73 Implantate, Verschlussschrauben, Einpatientenbohrer/-fräsen, atraumatische Naht xy Drittes Beispiel Zahnloser OK, Bone Splitting 15-13 und 23-25, Einbringen von Knochen­ ersatzmaterial, Membranen und Fixierelementen; externer Sinuslift regio 14, Einbringen von Knochenersatzmaterial und Eigenknochen aus regio 18 und Abschirmung mit Membran. Interner Sinuslift regio 24 mit Knochenersatzmaterial. Implantation regio 14,13,23 und 24. Zähne Geb.-Nr. 15-13,23-25 9130 Anz Leistung 2 § 4/3 GOZ 14 9120 Faktor Einzelpreis Gesamtpreis 2,3 1 Externer Sinuslift 2,3 388,07 Knochenersatzmaterial, Membran 388,07 xy 9140 1 Intraorale Entnahme von Knochen außerhalb des OP-Gebiets 2,3 24 9110 0 Ein interner Sinuslift ist für die gleiche Kavität neben der Nr. 9130 nicht berechenbar. - § 4/3 GOZ 398,42 xy 18 14,13,23,24 199,21 Knochenersatzmaterial, Membranen, Fixierungselemente § 4/3 GOZ PDF erstellt für Gast am 02.11.2017 Bone Splitting Externer und interner Sinuslift 84,08 84,08 - - Knochenersatzmaterial xy 9010 4 Implantation 2,3 199,86 799,44 0530 1 OP-Zuschlag 2,3 123,73 123,73 § 4/3 GOZ Implantate, Verschlussschrauben, Einpatientenbohrer/-fräsen, atraumatische Naht 6-2014PRAXIS IMPLANTOLOGIE xy 13 Abrechnung Erfolgt in beiden Kieferhälften ein Bone Splitting, entfällt sowohl die zweifache Berechenbarkeit der Nr. 9100 als auch die Honorierung des internen Sinus­ lifts, der aufgrund der Abrechnungsbestimmung bei der Nr. 9130 nicht für die gleiche Kavität berechenbar ist. Das Honorar beläuft sich daher bei einem einzeitigem Vorgehen für 2 x 9130 und 1 x 9120 auf 786,49 Euro. Das Honorar in Höhe von 194,04 Euro für den internen Sinuslift entfällt. Bei so umfangreichen und risikobehafteten Maßnahmen solle das erforderliche Honorar gut kalku­ liert und – je nach Umfang und Schwierigkeitsgrad – mittels einer Honorar­ vereinbarung nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ mit dem Patienten festgelegt werden. Abschluss einer Honorarverein­ barung prüfen Viertes Beispiel Zahnloser OK, Externer Sinuslift regio 14, Einbringen von Knochenersatz­ material und Eigenknochen aus OP-Gebiet, Abschirmung mit Membran. Regio 14-15 Aufbau des Alveolarfortsatzes mit Knochenersatzmaterial und Membran. Interner Sinuslift und Aufbau des Alveolarfortsatzes regio 24 mit Knochenersatzmaterial und Eigenknochen aus OP-Region. Implantation regio 14,13,23,24. Interner Sinuslift und Aufbau des Alveolarfortsatzes Zähne Geb. Nr. 14 9120 14 9100 24 24 Anz Leistung 1 Externer Sinuslift 2,3 388,07 388,07 1/3 Aufbau Alveolarfortsatz 2,3 116,17 116,17 § 4/3 GOZ 1 Knochenersatzmaterial, Membranen 9110 1 Interner Sinuslift 2,3 194,04 194,04 1/2 Aufbau Alveolarfortsatz 2,3 172,25 172,25 9100 § 4/3 GOZ 14,13,23,24 xy Knochenersatzmaterial xy 9010 4 Implantation 2,3 199,86 799,44 0530 1 OP-Zuschlag 2,3 123,73 123,73 § 4/3 GOZ PDF erstellt für Gast am 02.11.2017 Faktor Einzelpreis Gesamtpreis Implantate, Verschlussschrauben, Einpatientenbohrer/-fräsen, atraumatische Naht xy Nur ein Drittel oder kompletter Wegfall der Nr. 9100 Neben einem externen Sinuslift darf in gleicher Region bei einem Aufbau des Alveolarfortsatzes – also an anderer OP-Stelle – nur ein Drittel der Nr. 9100 angesetzt werden. Findet jedoch in den gleichen Kieferhälften bzw. der Front­ zahnregion ein Bone Splitting statt, so entfällt aufgrund der Abrechnungs­ bestimmungen die Nr. 9100 gänzlich. Nur halbe Gebühr, daher Faktorsteige­ rung prüfen Auch neben einem internen Sinuslift ist die Berechnung einer Augmentation am Alveolarfortsatz möglich. Die Abrechnungsbestimmungen gestatten aller­ dings nur den Ansatz einer halben Gebühr nach Nr. 9100. Daher ist bei derart umfangreichen Leistungen rechtzeitig vor der Behandlung zu prüfen, ob die Faktorsteigerung einzelner Maßnahmen bis zum 3,5-fachen Satz ausreicht oder eine Honorarvereinbarung nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ erfolgen muss. ↘↘ WEITERFÜHRENDER HINWEIS •Im Juli stellen wir weitere Fallkonstellationen vor, die auch den Einbezug von Maßnahmen im Weichgewebe und die Berechenbarkeit von Knochenschaber und -falle enthalten. 14 PRAXIS6-2014 IMPLANTOLOGIE