Inhaltsverzeichnis Vorwort I. Implantologische Diagnostik und provisorische Versorgung 1. 2. Hilfsmittel zur implantologischen Diagnostik Direct Loading II. Implantatprothetische Versorgung zahnloser Kiefer 1. 2. 3. Stegretinierte Totalprothesen Implantatgetragene Totalprothesen Implantatgetragener totaler Brückenersatz III. Implantatprothetische Versorgung teilbezahnter Kiefer 1. 2. 3. Die Schaltlücke Die verkürzte Zahnreihe Gemischt getragene Konstruktionen IV. Einzelzahnersatz 1. 2. Implantatgetragene Frontzahnkronen Implantatgetragene Seitenzahnkronen 6 9 17 23 55 63 137 179 213 247 297 5 Kapitel II/2 • Implantatgetragene Totalprothesen V erlassen wir das Gebiet der herausnehmbaren Implantatprothesen. Die implantatgetragene Totalprothese ist eine bedingt herausnehmbare Konstruktion. Sie ist also durch den Zahnarzt abnehmbar. Diese Lösungsvariante ist in unserem Labor eher die Ausnahme als die Regel. Wenn der Patient jedoch eine herausnehmbare Lösung ablehnt und eine festsitzende Lösung – aus welchen Gründen auch immer – nicht angewandt werden kann, so ist die implantatgetragene Totalprothese – wie der nachfolgende Patientenfall belegen soll – eine mögliche Alternative. Die Patientin mittleren Alters kam mit einer Totalprothese in die Praxis. Das ästhetische Problem war augenscheinlich: Viel zu kleine Zähne und viel zu viel rosa Kunststoff störten die dento-faciale Harmonie (Abb. 1 und 2). Im Oberkiefer sollte eine neue konventionelle Totalprothese hergestellt werden. Im Unterkiefer entschloß sich der Zahnarzt dazu, fünf Implantate zu setzen, die der UK-Struktur ihren Halt geben sollten (Abb. 3). Die Abbildungen 4 und 5 geben uns einen Eindruck der Modellsituation. Wir statten unsere Modelle immer mit einer elastischen Zahnfleischmaske aus. Da die Modellanaloge teilweise bis unter das Zahnfleisch reichen, ist eine spätere Präzisionskontrolle der gegossenen Suprastruktur nur mit einer flexiblen Zahnfleischmaske möglich. Zur Kieferrelationsbestimmung stellen wir für den Zahnarzt eine Bißschablone her. Die Goldzylinder, die an das Gerüst angegossen werden sollen, werden auf das Modellanalog aufgeschraubt und in die Bißschablone einpolymerisiert (Abb. 6). Um dem Zahnarzt die Kontrolle des perfekten Sitzes der Goldzylinder zu ermöglichen, wird die Bißschablone – wie auf Abbildung 7 gezeigt – gefenstert. Die Abbildung 8 zeigt uns die fertige Bißschablone mit dem bereits aufgebauten Bißwall. 56 Abb. 1 und 2 Das ästhetische Problem dieses Patientenfalles ist offensichtlich: viel zu kleine Zähne und viel zu viel rosa Kunststoff Abb. 3 Fünf Implantate mit abgewinkelten Distanzhülsen (Nobel Biocare) sollen der UK-Struktur Halt geben Implantatgetragene Totalprothesen • Kapitel II/2 Abb. 4 und 5 Die Modellsituation. Eine flexible Zahnfleischmaske ist bei implantatprothetischen Suprastrukturen obligatorisch. Abb. 8 Die fertige Bißschablone mit dem bereits aufgebauten Bißwall Abb. 6 Goldzylinder, die an das Gerüst angegossen werden, müssen in die Bißschablone einpolymerisiert werden Abb. 7 Die Kontrolle des perfekten Sitzes erfolgt über ein Sichtfenster Nach erfolgter Bißnahme und Montage in den Mittelwertartikulator beginnen wir mit dem Set-up (Abb. 9). Es bildet die Grundlage für alle weiteren Arbeitschritte. Abb. 9 Das Set-up 57 Kapitel II/2 • Implantatgetragene Totalprothesen Wie uns Abbildung 10 verdeutlicht, wurden die Implantate zum Teil mit einer prothetisch ungünstigen Inklination gesetzt. Wie auf den Abbildungen 11 und 12 deutlich zu erkennen ist, würde der Schraubenzugang im Inzisalbereich der Prothesenzähne enden. Hier ist sicherlich keine ästhetisch akzeptable technische Lösung erreichbar und es bedarf einer Rücksprache mit dem Zahnarzt. Um die ungünstige Inklination zu kompensieren, entschieden wir uns für eine erneute Abformung mit abgewinkelten Distanzhülsen (Nobel Biocare). Das Ergebnis verbesserte unsere Ausgangssituation deutlich (Abb. 13 und 14). Abb. 10 Die Implantate wurden zum Teil in einer prothetisch ungünstigen Inklination gesetzt Abb. 11 und 12 Der Schraubenzugang endet im Inzisalbereich der Prothesenzähne Nun konnten wir darangehen, das Gerüst der Suprastruktur zu modellieren (Abb. 15). Das Gerüst wird so filigran wie irgendmöglich ausgestaltet. Dabei orientieren wir uns an den Prothesenzähnen im zuvor hergestellten Gipsvorwall. Wie bereits angedeutet, modellieren wir bevorzugt konfektionierte Goldzylinder in das Gerüst ein. Dies ist zwei- Abb. 13 und 14 Um die ungünstige Inklination zu kompensieren, wurde mit abgefellos die etwas teurere winkelten Distanzhülsen abgeformt 58 Implantatgetragene Totalprothesen • Kapitel II/2 Abb. 15 Das Gerüst der Suprastruktur wird modelliert Variante, aber gegenüber den gängigen Kunststoff-Modellierhilfen zeigt sich der Vorteil einer stets gleichbleibenden Gußqualität im so wichtigen Übergangsbereich von Suprastruktur zum Abutment. Hier sollte man nicht an der verkehrten Stelle sparen. Die Abbildung 16 und 17 zeigen die Prothese im Schlußbiß und bei einer Lateralbewegung. Da die implantatgetragene UKProthese im Oberkiefer auf eine konventionelle Totalprothese stößt, empfiehlt es sich, fallspezifisch eine balancierte Okklusion anzustreben. Die Abbildungen 18 und 19 zeigen uns einige Details der Modellation. Die Ausgestaltung der Zahnfleischanteile ist wahrlich Abb. 16 Die Prothese im Schlußbiß … Abb. 17 … und bei einer Lateralbewegung. Eine balancierte Okklusion ist anzustreben. Abb. 18 und 19 Einige Details der Modellation 59 Kapitel II/2 • Implantatgetragene Totalprothesen eine Kunst für sich. Hier konnten wir uns bei unserem Kollegen Jürg Stuck, dem wir an dieser Stelle herzlich danken, sehr viele Anregungen holen. Der Gerüstanteil der fertig ausmodellierten Prothese ist auf Abbildung 20 zu sehen. Die filigrane Ausgestaltung verschafft der Zunge mehr Freiraum und dem Patienten einen höheren Tragekomfort. Gerade bei implantatgetragenen Totalprothesen ist eine hygienefreundliche Ausgestaltung der Prothese von größter Bedeutung. Sie ist auf die Mundhygienefähigkeit des Patienten abzustimmen und daher mit Abb. 20 Der filigrane Gerüstanteil der Prothese Abb. 21 und 22 Bei implantatgetragenen Totalprothesen ist eine hygienefreundliche Ausgestaltung von größter Bedeutung. Sie sollte so ausfallen, daß die Bürste mit dosiertem Druck an den Distanzhülsen vorbeigeführt werden kann. dem Zahnarzt abzusprechen. Manuell ungeschickte oder ältere Patienten stellt die notwendige Mundhygiene manchmal vor unlösbare Probleme. Dies sollte bereits in der Planungsphase Berücksichtigung finden. In jedem Fall gehört eine Interdentalraumbürste zum Handwerkszeug eines jeden Zahntechnikers. Die Prothese sollte so ausgestaltet sein, daß die Bürste problemlos, aber mit dosiertem Druck an den Distanzhülsen vorbeigeführt werden kann (Abb. 21 und 22). 60 Die Abbildungen 23 und 24 zeigen uns Details der konventionellen OK-Totalprothese und auf den Abbildungn 25 ist die fertige implantatgetragene UK-Totalprothese zu sehen. Bei den verwendeten Zähnen handelt es sich um keine konfektionierten Prothesenzähne, sondern erneut um individualisierte Preforms. Implantatgetragene Totalprothesen • Kapitel II/2 Abb. 23 und 24 Details der konventionellen OK-Totalprothese Betrachtet man die UK-Prothese in situ, wird die betont hygienefreundliche Ausgestaltung noch einmal augenscheinlich (Abb. 26). Dies ist zweifellos auch ein Tribut an die bedingt herausnehmbare Konstruktion. Daß die relativ offene Gestaltung für unsere Patientin keine ästhetischen Einbußen bringt, zeigt die Abbildung 27. Abb. 25 Die fertige implantatgetragene UK-Totalprothese Abb. 26 In situ wird die betont hygienefreundliche Ausgestaltung noch einmal augenscheinlich Abb. 27 Die relativ offene Gestaltung bringt für die Patientin keine ästhetischen Einbußen 61 Kapitel II/2 • Implantatgetragene Totalprothesen Abb. 28 und 29 Ein ästhetischer Gesamteindruck der Rekonstruktion. Die Zähne harmonieren sehr gut mit der charaktervollen Erscheinung der Patientin. Die kritischen Bereiche werden von der Lippe großzügig verdeckt. Die Abbildungen 28 und 29 geben uns einen ästhetischen Gesamteindruck der Rekonstruktion. Im Vergleich zur Ausgangssituation wirken die Zähne nun weitaus dominanter und harmonieren sehr gut mit der charaktervollen Erscheinung der Patientin. Auf Abbildung 30 erkennt man, daß die Lachlinie der Patientin bei der Aufstellung korrekt berücksichtigt wurde und auch die Relation von Papille zu Zahn naturkonform ausfällt. Die Patientin war von dem Ergebnis überzeugt und schenkte uns ihr schönstes Lächeln (Abb. 31). 62 Abb. 30 Die Lachlinie der Patientin wurde bei der Aufstellung korrekt berücksichtigt Abb. 31 Auch die Patientin war von dem Ergebnis überzeugt