Entwicklung der Moral Aus was ergibt sich die Legitimität von Normen? (3 ethische Auffassungen) Universalisierbarkeit: Anerkanntestes Kriterium der philosophischen Ethik, z.B. formuliert in Kants kategorischem Imperativ: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.“ – DEONTOLOGISCHE ETHIK Utilitarismus (J. Bentham, J.S. Mill, 19. Jhdt.): Maximierung des Gemeinwohls. Weiterentw. achten darauf, dass dies nicht auf Kosten von Minderheiten geschieht. – TELEOLOGISCHE ETHIK Diskurstheorien (z.B. Habermas, 1983): Keine inhaltlichen Kriterien für Normen, sondern Kriterien für die Verfahrensweise bei ihrer Findung. Ziel = idealer Diskurs (z.B. Verständigungsbereitschaft, Informiertheit, Verzicht auf Herrschaftsansprüche aller Teilnehmer). – DISKURSTHEORETISCHE ETHIK Kulturunterschiede Es sind nicht nur universalisierbare/universelle Normen vorhanden, von Kultur zu Kultur verschieden, z.B. individualistische und kollektivistische Gesellschaften: moralische Recht auf Selbstbestimmung/individuelle Freiheiten sind nur für individualistische Kulturen typisch. Woanders wird Moral also auch anders definiert! Neue Probleme Moderne Gesellschaften mit immer neuen Problemen konfrontiert, die ethische Lösungen verlangen (Umweltschutz, Asylrecht, Arbeitslosigkeit, technische Möglichkeiten, usw.). Mitwirken der Bürger Demokratie ist offen für Meinungen der Bürger. Zustimmung zu Normen sollte möglichst breit sein. Moralphilosophische Kenntnisse und Überzeugungen der Bürger sind deshalb sehr wichtig. Unterscheidung zwischen moralischem Handeln und prosozialem Handeln aus Sympathie Letzteres ist nicht moralisch motiviert, deshalb kann man nicht sagen, dass Kinder schon Moral entwickelt haben, wenn sie mit Freundin mitfühlen und ihr irgendwie helfen. Das wäre dann prosoziales Handeln aus Sympathie, welches keinesfalls normativ motiviert ist! Indikatoren von Moral – wie erreichen Normen die Funktion, dass das Handeln regeln? Warum wichtig? 1)Wissen über Normen muss erworben werden + man muss verstehen, was Normen in konkreten Situationen fordern 2)Der Geltungsanspruch der Normen muss anerkannt werden 3)Die Normen müssen befolgt werden. Wichtig, weil: Normen können missverstanden werden, nicht anerkannt werden, sie können anerkannt, aber nicht befolgt werden und sie können befolgt werden, ohne aber anerkannt zu werden! Moral: Alles. Indikatoren der PERSÖNLICHEN Moral 1)Wissen über geltende Normen, 2)Urteile über das, was moralisch geboten ist, 3)normentsprechendes und normabweichendes Verhalten, 4)moralische Gefühle. Jeder der Punkte ist für sich allein ohne weitere Informationen irrtumsanfällig. 1)Wissen über geltende Normen garantiert nicht deren Anerkennung: Reformer/Deliquenten kennen die Normen, aber erkennen sie nicht an. Als Gast in fremder Kultur: Kennt die Formen des Gastlandes, muss sie aber nicht anerkennen 2)Urteil über das moralisch Gebotene impliziert nicht unbedingt persönliche Verpflichtung! Oft sagt man, was moralisch wäre, handelt aber nicht so. 3)Normentsprechendes Verhalten: wirklich aufgrund Moralnorm oder nicht aufgrund persönlicher Motive? Normabweichendes: vllt. trotzdem Moralnorm anerkannt, und besondere Umstände. Oder: wenn Schuldgefühle bei Nichtbefolgen, heißt das ja, dass Moralnorm anerkannt, und deshalb schlechtes Gefühl wegen Nichtbefolgung. 4)Moralische Gefühle (Schuld, Empörung, Befriedigung über moralisches) sind moralische Bewertungen vom eigenen und von fremdem Verhalten. Allerdings: sind die gezeigten Gefühle auch echt? Schuld nicht nur aufgrund „sozialer Erwünschtheit“ oder zur Beschwichtigung eines Empörten? Generelle entwicklungspsychologische Erkenntnisse im Bezug auf Moral Urteil über Gut und Schlecht (die für richtig gehaltenen moralischen Normen) verändert sich im Laufe des Lebens Die Begründungen von Normen ändern sich ebenfalls Genese der Entscheidung von moralischen und konventionellen Normen und Herausbildung des Rechts auf einen persönlichen Entscheidungs- und Gestaltungsfreiraum konnte aufgezeigt werden die moralische Motivation verändert sich je älter man wird, desto differenziertere Urteile über Verantwortlichkeit eines Menschen bei Verfehlungen Konsistenz zwischen moralischen Urteilen und dem dementsprechenden Verhalten nimmt zu Internalisierung moralischer Normen – Was ist Internalisierung, welche Auswirkungen? Internalisierung ist die Verinnerlichung der Normen, die das Kind in seiner Umgebung erlernt, die also vorgegeben sind. Es akzeptiert sie irgendwann als seine eigenen verpflichtenden Normen. Deshalb wird die Norm Teil der Person, ihres Selbst. Einhaltung der Norm ist als Selbstbestätigung, ungerechtfertigte Abweichungen: Schuldgefühl. 3 Formen der Vermittlung von Normen 1)Argumentativ, 2) positive und negative Beispiele, 3)Belohnung oder Bestrafung. Normvermittlung durch Konditionierung -Intrinsische Belohnung: Klass.Kond., irgendwann braucht es keine extrinsische Belohnung mehr, weil die Befolgung der Norm zu intrinsischer Belohnung führt, nämlich positive Gefühle (Freude). -Entzug extrinsische Belohnung: Schwierig. Bei unmoralischen Handlungen, die extrinsische Belohnung nach sich ziehen, z.B. Aufmerksamkeit, kann diese Belohnung oft nur schlecht entzogen werden. -Bestrafung: einfacher erscheinende Alternative. Allerdings Unterlassung eines Verhaltens aus Furcht vor Strafe und nicht aus Anerkennung der moralischen Norm. Außerdem: Wenn schlechtes Verh. nur selten entdeckt wird, müsste Strafe extrem hoch sein, um das auszugleichen (also damit unterm Strich kein positives Ergebnis für Täter). Und: nicht konstruktiv. Schafft keine Alternativen, keine Einsicht in Berechtigung der Norm, erzeugt Widerstand. Normvermittlung durch Identifikation und Beobachtung -Dazu braucht es Vorbilder. Nach Freud: diese werden gewählt 1. durch Identifikation mit Aggressor (Kind ist unterlegen, übernimmt deshalb Forderungen der stärkeren Autorität ins Über-Ich und gewinnt dadurch Sicherheit durch Anpassung). Und 2. Durch Identifikation nach Trennung (durch Übernahme von Merkmalen und Forderungen einer geliebten Person, die weg ist. So bleibt sie auch in Abwesenheit innerlich präsent). -Weiter gefasst: Identifikation mit Personen, die Macht haben, durch Sozialstaus, Beliebtheit, Sanktionsgewalt, Ressourcen, Gewährung von Sicherheit oder Liebe oder auch sachliche Kompetenz. Auch (oft bei Jugendlichen): Erlebte Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (also soziale Identität): Wahl von Vorbildern aus dieser Gruppe. -Aus Beobachtung wird gelernt: z.B. welche Normen in welchen Situationen für wen gelten, wie / wie unt.schdl. Normen bewertet werden, usw. Allerdings spielt mit zunehmendem Alter auch Rolle, ob Beobachtetes zum Selbstbild passt! Wenn Widerspruch, wird Beob. nicht übernommen, vllt. sogar abgrenzende Ablehnung. Normvermittlung durch familiäre Sozialisation -Macht ausübender Erziehungsstil: Verhindert Internalisierung der Normen eher. Allenfalls Angst vor Strafe. Wenn das Kind keine Überwachung/Entdeckung fürchtet, wird es sich nicht an Norm halten. Oft antisoziale Verhaltensprobleme in Kindheit und Deliquenz im Jugendalter. Wegen Feindseligkeit gegenüber Kind keine Identifikation mit Erziehern + deren Zielen. Strafe wird als ungerecht bewertet und die geforderte Norm gleichzeitig auch. Internalisierung viel besser durch externale Belohnung. -Induktiver Erziehungsstil: Eltern sind unterstützend, Gebote werden erläutert, aus den Folgen des Verhaltens begründen, auf Diskussionen einlassen. Ideal. -Liebesentzug: Zurückweisung von Kontakten, Beschränkung der Interaktion aufs nötigste, kein Lächeln, keine Freundlichkeit, usw. – alles Formen von Strafe, deren Wirkung von Bedürfnis des Kindes nach Zuneigung abhängt. Wirkung auf Internalisierung nicht geklärt. Wenn, dann eher ängstlich-rigide Moral. Bsp.: Neurotiker sind oft ängstlich den Moralregeln verpflichtet, die in der frühen Kindheit durch Liebesentzug vermittelt worden sind. Ergebnis: Angst vor den eigenen Bedürfnissen, Angst vor moralischem Versagen. – Ängstliche Vermeidung v. Verantwortung + Kritik Normvermittlung durch Peergruppen Jgdl. werden durch Peers und Idole beeinflusst, haben nicht selten auch Einfluss auf Moralentwicklung ihrer Eltern. Wenn übrigens besonders konservatives Elternhaus, stimmen Jgdl. eher alternativen Werten zu! Einfluss von Peergruppen besonders im Bereich Alkohol/Drogen, Sexualnormen und delinquentes Verhalten. Divergierende Einflüsse: Konflikt wird gelöst durch Aufbau von multiplem moralischen Selbst + Wechsel des dominanten Selbst = Anpassung an die Normen des jeweils gegebenen Settings. Wie entsteht das moralische Selbst? -Ziel der Moralerziehung ist Vermittlung von Moral durch Überzeugung, dass Verbote/Gebote richtig sind: Nur dann werden sie als nicht erzwungen erlebt und werden Teil des moralischen Selbst. Durch Strafen nicht erreichbar (denn: Vermeidung von Strafe / Streben nach Belohnung sind externale Gründe für normgerechtes Handeln!). -Wenn externale Gründe nicht im Vordergrund stehen und das moralische Handeln anders angeregt wird (Würdigung moralischen Handelns als selbst gewählt), führen die Handelnden irgendwann das moralische Handeln auf internale Gründe zurück (eigene Überzeugung/Wollen)! Werte gehören nun zum Selbst. Identifikation! -KEINE Internalisierung oder Selbstkonstruktion: Nichtübernahme z.B. bei Delinquenten. Berechtigung einer Norm grundsätzlich in-Frage-stellen: Auseinandersetzung mit deren Begründung. Piagets Theorie der Moralentwicklung 1.Heteronomie: Regeln von Autoritäten gesetzt, sind auch berechtigt, Abweichungen zu bestrafen, Regeln können nicht geändert werden; Erwachsene haben Autorität, bei Gleichaltrigen allerdings wird Gleichbehandlung gefordert, da keine Autorität. 2.Autonomie: Heranwachsende entscheiden selbst mit, was gut und richtig ist, in dem sie Gebote/Verbote vereinbaren, über angemessen Strafe eine Urteile bilden, Bezugnahme auf Maßstäbe der Gerechtigkeit Urteil über Verfehlung: -für Jüngere: objektive Verletzung von Gebote / Halten an Wortlaut (ohne Sinn zu verstehen, bzw. ohne Internalisation), oder Ungehorsam gegenüber Autorität Wortlaut -für Ältere: Verletzung des Vertrauens, der gegenseitigen Achtung und der auf Vereinbarung beruhenden gerechten Ansprüche anderer Sinn Urteil über gerechte Strafe: -Jüngere: fordern Sühnestrafen, wenn sie Übertretungen beurteilen sollen. Oft drakonische Strafen ohne Gespür für Verhältnismäßigkeit von Vergehen und Strafe -Ältere: Strafen, die Wiedergutmachen beinhalten, oder natürlich Konsequenz der Verfehlung darstellen, womit der Sinn der verletzten Norm demonstriert wird. (Gerechte Strafe für Lügner z.B.: wenn nichts mehr geglaubt wird) Sühnestrafen haben ja mit der Verfehlung „nichts zu tun“. Moralische Autonomie beruht auf Einsicht in den Sinn von Normen für Zusammenleben in Gemeinschaft. Neuere Forschungen zu Piaget: Entwicklung von Autonomie bezüglich Gesetzen Bei Recht&Gesetzen wird Entw. des Denkens später entwickelt als bei einfachen Spielregeln! ... Jgdl. sollten sich vorstellen, dass Gesellschaft auf Insel ganz neue gegründet. Jetzt: Gesetze für diesen Staat entwerfen. 11-13jährige: Gesetze durch konkrete Bsp. definiert, Funktion: Untaten fassen, die die Gemeinschaft verhindern und bestrafen muss. Gesetze also zur Verurteilung und Bestrafung antisozialen Verhaltens. 15-18jährige: nannten abstrakte Funktion von Gesetzen, wie Schutz von Sicherheit und Freiheit. Betonen eher die hilfreiche als die restriktive Funktion. - neues Verständnis von Gemeinschaft und ihre soziale Ordnung. Erst aus DIESEM Verständnis heraus kann Reform von Gesetzen ins Auge gefasst werden. Aber: auch nur 1/3 der älteren sah Gesetz als Versuch an, Leben in Gemeinschaft günstiger zu gestalten, das modifiziert, verändert, erneuert werden kann, wenn es Schwächen aufweist! (Krass! Aber: vllt. haben auch die älteren eben oft gesehen, dass man Spielregeln ändern kann; solche Erfahrungen fehlen ihnen jedoch auf der Ebene staatlicher Gesetze.) Moralisch vs. konventionelle Normen Moralische: kategorisch und universell, können nicht aufgegeben werden wie staatliche, unterliegen nicht Zeitgeist. Frühe Differenzierung! Schon 4-5jährige unterscheiden zwischen unmoralischem Handeln (andere schlagen, beleidigen, fremdes Eigentum beschädigen, usw.) und Verstöße gegen Konventionen (Art der Begrüßung, Tischmanieren, Verhaltensregeln in Schule, usw.). Kinder wurden gefragt, ob diese Handlungen richtig/falsch sind, wenn es keine Regeln/Gesetze gibt; wenn eine Autorität es erlaubt; wenn es alle es für richtig halten; wenn in anderere Gruppe/anderem Land solches Handeln erlaubt ist. Unabhängig davon wurde unmoralisches Handeln IMMER als schlecht angesehen! Wird universell als schlecht angegeben, auch in anderen Ländern. Demgegenüber bei konventionellen Regeln: Als erlaubt angesehen, wenn keine Gesetze/Autoritäten/allgemein akzeptiert. Rechtfertigung: Moralische Normen werden damit gerechtfertigt, dass sie Leid und Schaden verhindern; schon früh wird hier erkannt, dass Opfer emotionale betroffen sind Wirkung auf andere wird betont (also nicht nur aus der Meinung von Autoritätspersonen!!) Konventionelle Normen werden damit gerechtfertigt, dass Sitten wichtig sind; Bedeutung von Autoritäten für Funktionieren soz. Gem. wird erkannt Norm selbst und Bedeutung fürs soziale Leben, sowie die Autorität zur Normsetzung wird betont. Fraglich, ob hier nur aufgrund von elterlicher Autorität. Unmoralisches Handeln wird schon früh aus Folgen für Betroffene begründet, nicht weil Autorität es so sagt. Normativ regulierte vs. persönliche Autorität Im persönlichen Bereich mehr Freiheit fürs Kind, z.B. bei Zimmergestaltung. Hier wird deshalb auch Autorität der Eltern nicht/weniger akzeptiert! Konflikte dann in Bereichen, in denen keine eindeutige Trennung zu konventioneller Regulierung vorliegt, z.B. finanzielle Ausgaben, äußerliches Erscheinungsbild, Sozialkontakte, Ordnung,... Urteile über Verantwortlichkeit / Schuld Abstufungen, wie z.B. bei Tötungsdelikten: 1. Absichtlicher heimtückische Totung = Mord, 2. Tötung im Affekt = Totschlag, 3. Tötung in Notwehr, 4. Fahrlässige Tötung, 5. Unvorhersehbare Tötung = Unglücksfall. Auch im Alltag: böswilliges wird härter beurteilt, als fahrlässiges Handeln. Verantwortlichkeit setzt außerdem Entscheidungsfreiheit voraus. Ausreden aus Verantwortlichkeit 1. Freiheit des Handelns bestreiten, 2. Vorhersehbarkeit der Handlungsfolgen bestreiten, 3. Absicht bestreiten, 4. Hauptverantwortung anderer betonen. Auch Person, die Schaden nicht vermeidet, kann verantwortlich für Folgen sein. Zu unterscheiden von Schuld! Akzeptable Rechtfertigungen von Handeln: 1. Verweis auf Verantwortlichkeit anderer, 2. Verweis auf Priorität übergordneter Ziele/Werte, 3. Verweis auf berechtigte eigene Interessen, (z.B. eigene Sicherheit), 4. Erklärung, dass es sich um Strafe/Vergeltung vorausgehender Verfehlung handelt. Handlungsausgang und Handlungsabsicht Kinder vernachlässigen anscheinend zweiteres. Mit der Zeit allerdings immer mehr gute Absicht gesehen, Handlungsausgänge werden unwichtiger. Auch kleine Kinder berücksichtigen schon die Absicht, legen erst großes Gewicht auf Ausgang, wenn dieser berichtet wird! Verteilungsgerechtigkeit 1.Vorschulkinder haben egozentrische Verteilungskonzeption, Orientierung an eigenen Wünschen, auch ganz objektive Kriterien ("weil wir Mädchen sind"). 2.Etwas später wird Gleichverteilung und Gleichbehandlung präferiert, unabh. von Leistung oder Bedürfnis. 3.Dann: Aufteilung nach Leistung und Fähigkeit wichtig, Beachtung von Reziprozität 4.Konflikte zwischen versch. Aufteilungsmöglichkeiten werden bewusst, Wohlwollen kommt hinzu, so dass Kompromisse angestrebt werden. Allerdings nicht so strenge Einstufung, auch Vorschulkinder können schon Gleichverteilung beachten. Kohlbergs Stufenmodell der moralischen Entwicklung 1.Vormoralisches Niveau. - Stufe 1: egozentrisch, Orientierung an Strafe, Autoritäten - Stufe 2: eigene Interessen, bzw. instrumenteller Austausch, konkreter Anderer. (Interessen anderer werden nur im direkten reziproken Austausch nach Maßgabe eigener Interessen berücksichtigt). 2.Konventionelles Niveau. - Stufe 3: Erhaltung wichtiger Sozialbeziehungen, Interpersonelle Anerkennung und Harmonie. Orientierung beschränkt auf Familie und andere primäre Bezugsgruppen. Wenn nicht Interessen aller wichtiger Bezugspersonen beachtet werden können, bleibt Konflikt. - Stufe 4: Orientierung erweitert auf übergreifende Systeme wie Staat, Religionsgemeinschaft. Soziale Anerkennung und Systemerhaltung wichtig.Nicht mehr nur konkrete persönliche Sozialbeziehungen. Erfüllung geg. Ordnungs- und Rechtssystems ist oberstes Gebot. Gehorsam gegenüber System. 3. Postkonventionelles Niveau. - Stufe 5: hier wird erkannt, dass System als solches nicht unwandelbar ist. Nicht mehr fraglos richtig. Wichtiger werden Prinzipien und Werte, die unabhängig von Autorität einzeler Gruppen/Personen sind. Verständnis des Systems als Gesellschaftsvertrag, der nur prinzipiell zwischen den Beteiligten vereinbar ist und daher verändert werden kann. Oft Utilitaristisches Denken, also Maximierung des Gewinns für möglichst viele. Gerechtigkeit v. Entscheidungsfindung (z.B. Demokratie) wird beurteilt. Menschenrechte unveräußerlich. Nicht verhandelbar. Hohes Gewicht in Konflikten, auch gegenüber staatlichem Recht. - Stufe 6: Allgemeine ethische Prinzipien werden gesucht. Abstrakt. Es geht um allgemeine Verfahren zur Prüfung normativer Entscheidungen. z.B. Diskursethik. Gefordert sind da z.B. Mitsprache aller von der Entscheidung Betroffener, Unparteilichkeit, Möglichkeit der Revision einer Entscheidung, wenn neue Argumente da. Annahmen zu Kohlbergs Stufen -Strukturierte „Ganzheiten“, in sich bestimmte Regeln/Logik, sonst funktioniert z.B. Religionsgemeinschaft nicht -Frühere Stufen werden in neue transformiert -Verstehen niedrigerer Urteile möglich, nicht aber höherer Urteile (nur nächsthöheres) -Inhaltsunabhängigkeit -Notwendige und universelle Abfolge! Invariant. -Die Stufen hängen nicht von spezifischem Verhalten, sondern von der BEGRÜNDUNG ab. -Ansonsten: Zusammenhänge mit Verhalten moderat, Tendenz zu mehr Übereinstimmung in höheren Stufen, Differenzierung in a- und b-Stufen, höhere Übereinstimmung unter den Leuten bei b-Stufe (mehr autonome Aspekte) -Am Ende einer Stufe: am ehesten Übereinstimmung zwischen Handlung und Urteil! Kohlbergs Annahmen zur Höherentwicklung -Äquilibrationskonzept von Piaget -Moralische Dilemmata (auch zur Förderung gut geeignet) -Widersprechende Argumente in ein gemeinsames Gleichgewicht -Gelegenheit zur Rollenübernahme (Sicht Anderer, sich reinversetzen, andere Meinungen kennenlernen durch Diskussion, dann mit eigenen Meinungen vermixen und zu persönlichem Kompromiss kommen) Entwicklungsförderung moralischen Denkens -durch Erfahrung konkreter ethischer Konflikte, so werden nämlich Unzulänglichkeit und Widersprüchlichkeiten früherer Stufen deutlich -Pädagogische Arrangements -Leute mit Argumenten konfrontieren, die nur eine Stufe höher liegen, damit sie sie verstehen. Und: pro + contra! -Nicht Belehrung, sondern Angebot von Problemen ("Moralische Dilemmata") - Ziel ist nicht Anpassung an vorgegeben Normen und Erziehung zu bestimmten Tugenden, sondern Aufbau von Kompetenz zur Lösung moralischer Probleme Höherentwicklungsvoraussetzungen 1.Förderkurse müssen sich über viele Wochen erstrecken, kurzzeitige Interventionen haben praktisch keine Effekte 2.Aktive Beteiligung der Schüler ist Voraussetzung 3.Meinungsstreit ist notwendig, Ziel ist nicht Konsens, sondern Einsicht in moralische Rechte 4.Erfolge bei Erw. größer, "Nachholeffekt", weil Ältere sich schon längere Zeit argumentativ auf bestimmter Stufe und deshalb "reif" für deren Überwindung, vllt. kennen sie schon Unzulänglichkeiten und Widersprüchlichkeiten der Stufe und infolgedessen sind sie offen für höherstufige Argumente. Konventioneller Ethikunterricht oder Sozialkunde haben keine Effekte auf Niveau des moralischen Urteilens. Just-Community-Ansatz von Kohlberg und Kollegen Ansatz für Schule. Ziel: Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit im Schulkontext. Wichtige Elemente: -Konfrontation mit moralischen Konflikten in der Schule, mit Kameraden -Sich-Hineinversetzen in die am Konflikt beteiligten Positionen: wird gefordert und gefördert -Reflexion unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit (Fairness) und Moralität Diskussion -Konfrontation mit Argumentation auf höheren Stufen (s.o.) -aktive Teilnahme des Schülers an den Entscheidungen der Klasse/Schule Schwächen bei Kohlberg -Gilligan: Perspektive zu männlich. Fürsorge statt Gerechtigkeit, da Maxime der Mutter eher Fürsorge. Vernachlässigung von Geschlechtsunterschieden! -Übliche Probleme der Stufenannahmen: Unt.schdl. Inhalt auf versch. Stufen, man ist nicht völlig auf einer -Konsistenzprobleme (vgl. Versicherungskaufmann in Firma und Privat) -Universalitätsanspruch: schwierig. Wirklich in allen Kulturen/Religionen, etc. so? Verzerrte westliche Sicht. -Kein ausgearbeiteter Theorieteil zur Beziehung zwischen Wissen, Motivation und Verhalten. Einige Erklärungen nicht ausreichend, z.B. Motivation im Beruf anders, also anderes Verhalten. Diskrepanzen zw. versch. Bereichen Stärken Kohlbergs -Wichtiges Thema. -Extrem einflussreich und viel Forschung anstoßend, auch kritische -(Partielle) Fundierung in philosophischen Positionen, gute philos. „Absicherung“, Kohlberg wusste da Bescheid -Praktische Implikationen (siehe Lernarrangements) Moralisches Wissen vs. moralische Motivation Wissen heißt nicht gleich Handeln! Man kann nicht alle potentiellen Pflichten erfüllen, deshalb Prioritäten. Manchmal auch eigene Sicherheit wichtiger, Schutz der Familie, usw.! Also: Trennung moralischer Norm und persönlicher Verantwortung. Manchmal stimmen Norm und Bedürfnis überein (einem geliebten Menschen was Gutes zu tun, ist gleichzeitig auch Bedürfnis, also nicht nur altruistischer Akt!). Pflichten habens schwer, denn sie müssen gegen Bedürfnisse, Affekte, Voruteile, Motive, Interessen, soziale Nötigungen, Zwänge und entsprechende Ängste erfüllt werden. Deshalb ist die ICH-STÄRKE sehr wichtig! Selbstsicherheit, wenn Zivilcourage erforderlich. Selbstkontrolle sehr, sehr wichtig für Erfüllung normgerechten Verhaltens. Durch Selbstaufmerksamkeit kann selbstgesteuerte Konsistenz (zw. moralischen Urteilen und dementsprechendem Verhalten) erreicht werden. Indikatoren für wahrgenommene Inkonsistenz zwischen Norm und Handeln: Schuld, Scham, Rechtfertigungen, Entschuldigungen, Entschädigungen und Sühne. Dadurch wieder Konsistenz herstellen. Versprechenskonzept Geschichte von Mädchen, dessen Freundin und neu zugezogenes Mädchen mit Kino-/Konzerteinladung. (0)Probanden können keine Gründe angeben, warum Versprechen gehalten werden sollte (1)Als Grund wird nur Regeln genannt oder die Legitimierung durch Autorität (2)Grund: Persönliche Verbindlichkeit und Folgen für Interaktionspartner (3)Grund: Generalisierte Norm der Gegenseitigkeit, Notwendigkeit von Verlässlichkeit und Vertrauen in soz. Bez. Freundschaftskonzept (0)Konzept von enger Freundschaft wird nicht verstanden, Freunde sind die, mit denen man halt spielt (1)Kriterium ist Häufigkeit des Kontakts (2)Wechselseitige Nähe, Vertrauen (3)Gegenseitige Vertrautheit, Verlässlichkeit, Teilen von Erfahrungen und Gefühlen, Verständnis. Konfliktverständnis (0)Konflikt wird nicht konzeptualisiert, kein Verständnise für die interpersonale Dimension (1)Versprechen wird nicht spontan aufgegriffen, Wünsche aller Betroffenen jedoch bereits erkannt (2)Norm des Versprechens wichtiger, Bruch des Versprechens schlimm, weil man sich schlecht fühlt. Infolgedessen: Der Freundin die Motive verständlich machen (also Rechtfertigung). (3)Norm des Versprechens ist verpflichtend im Sinne einer generalisierten Reziprozitätsnorm und die Freundschaftsbeziehung ebenfalls. Probleme der Freundin erhalten moralische Relevanz. Mehr als 60% der siebenjähirgen würde das Versprechen brechen, 15jährige: nur noch 20%. 5 Urteilstypen 1.Eigenes Interesse 2.Freundschaft 3.Freundschaft vs. Eigeninteresse: Ambivalenz. keine eindeutige Entscheidung 4.Freundschaft vs. Altruismus: ebenfalls Ambivalenz 5.Altruismus Die Funktion des moralischen Selbst -Funktion ist unter anderem: norm- und wertorientiertes Handeln auch bei Belastungen aufrechtzuerhalten. Denn je mehr Unannehmlichkeiten, desto weniger Bereitschaft zu prosozialem Handeln. -Vermutung, dass Engagement auch trotz Belastungen, weil es dem Selbstbild entspricht und ansonsten eben jenes durch Inkonsistenz gefährden würde. Also: Nur wenn Werte/moralische Normen wichtige Facetten des Selbstbildes geworden sind, ist handlungsleitende Funktion sicher. Ansonsten macht Verletzung keine persönlichen Probleme, gefährdet das Selbstbild nicht. (Studie: 8wöchiges Praktikum von Studierenden in sozialem Bereich. Wenn soziales Eng. hohe Relevanz für Selbstbild, wird Engagement bei Belastung sogar noch höher. Außerdem wird auch Absicht, den Sozialdienst fortzusetzen mit zunehmender Belastung immer höher. Wenn keine Relevanz fürs Selbstbild: Beides umgekehrt. Entwicklung moralischer Motivation nach Nunner-Winkler -Moralische Regeln sind irgendwann allen bekannt. Meistens deontologische Begründungen. Mot. unt.sch. sich aber! -Konflikte zw. moralischen Normen und persönlichem Bedürfnis, als Bildergeschichten den Kindern gegeben. Erst wird Kenntnis der relevanten Normen erfragt. Dann Normverständnis und Normbegründung. Weder Kenntnis noch angemessene Begründung sichert jedoch entsprechendes Verhalten! Wichtig ist die moralische Motivation! -Moralische Motivation = Anerkennung der Norm als verpflichtend. Motivation wurde erfasst, indem gefragt wurde, wie die Kinder sich fühlen würden, wenn Verhalten so oder so. -z.B. "Kind fühlt sich bei Verletzung der Norm gut, weil eigenes hedonistisches Bedürfnis befriedigt": 60% der 45jährige, 50% der 6-7jährigen, 30% der 8-9jährigen. Spiegelbildlich ist das Wachstum für die Zuschreibung der Schuldgefühle. Also: schon im Vorschulalter haben etliche Kinder moralische Motivation ein Stück weit aufgebaut, Anteil der Kinder mit moralischer Motivation wächst ab da an. Hauptbefunde Nunner-Winklers -Nunner-Winkler legt also zwei Dimensionen fest: 1.die kognitive Dimension (Wissen, was richtig ist und warum; Normverständnis und Normbegründung), 2. die motivationale Dimension (a) Stärke: Wie wichtig ist Moral? b)Struktur: Warum befolgen? -Bestimmte Regeln sind dann und dann zu befolgen). -Erkenntnisse außerdem: Kognitive Dimension und Motivation konzeptuell unabhänging: Geht nicht Hand in Hand! -Anerkennung der moralischen Norm ist verpflichtend für Verhalten. Kenntnis und Begründung reicht nicht aus. -Internalisierung nach Nunner-Winkler: vorallem über Alltagsroutinen und „Sprachspiele“ (was man machen soll, was man nichtmachen soll..) -bei Cola-teilen-Geschichte kam raus: Fürsorge-Norm sehr häufig! Keine Geschlechtsabhängigkeit, sondern Inhaltsabhängigkeit (M/J begründeten ungefähr gleich bei den jeweiligen versch. Geschichten. Bei Cola: Fürsorge) Zur motivationalen Dimension: a) Stärke der Moral -Diskrepanz zw. Wissen und Motivation vorallem bei Jüngeren hoch: Die meisten der 4-6jährigen sagen, Täter fühle sich gut bei geklauten Süßigkeiten – obwohl sie wissen, dass man nicht stehlen soll. Jüngere fühlen sich gut, wenn sie tun, was sie wollen und nicht, wenn sie Regeln befolgen. -Anstieg der Konsistenz zu Wissen: 4jährige 14%, 6jährige 35%, 8jährige 38%. 17jährige 40% hoch motiviert. 35% nur mittel motiviert (= Regeln befolgen, aber nicht soo. Gewissen nicht soo schlecht). Rest (25%): „Moral total egal.“ Zur motivationalen Dimension: b) Struktur der Moral -Bei negativen Emotionen: Dominanz deontologischer Begründungen (=handlungsbezogen, „man soll..“, Kant) -Motivation entwickelt sich im Grundschul- und Jugendalter , aber nicht bei allen. Schwächen von Nunner-Winkler -Fokus auf abstrakten Urteilen oder hypothetischen Situationen: schlecht in vivo herstellbar, deshalb Fragebögen -Theoriedefizite zum Verhältnis zwischen Wissen, Motivation und Verhalten -Ungelöste Messproblematiken Stärken von Nunner-Winkler -Betrachtung eines wichtigen Bereichs -Differenzierte Betrachtungen zu Moral und Ethik als Grundlage (Philosophie.. deontologisch/teleologisch) -Teils Bezug zu Verhalten. Gut! -Postulierte Entwicklungstendenzen sichtbar (finden sich auch empirisch)