Quintessenz Journals

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Lasereinsatz in der Endodontie (IV)
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Lasereinsatz in der Endodontie (IV) –
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Therapie fistelnder periapikaler Veränderungen
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Michael Hopp, Reiner Biffar
Schlüsselwörter
Laser, Power Settings, Endodontie, Fistelbildung, Osteolyse, minimalinvasives Vorgehen,
Stiftaufbau, kombiniert endodontisch-parodontale Defekte, Fallbeschreibung
Zusammenfassung
Fistelnde periapikale Veränderungen indizieren üblicherweise eine chirurgische Revision durch
Wurzelspitzenresektion und Ausräumung des entzündlichen und osteolytischen Gewebes. Die
Laserfaser kann über den Fistelkanal eingebracht minimalinvasiv das veränderte Gewebe koagulieren, Bakterien abtöten und den Fistelkanal deepithelialisieren, so dass die Selbstheilungskräfte des Körpers zur Wirkung kommen können. Dies ist auch in Zusammenhang mit
der gleichzeitigen endodontischen Behandlung oder nicht zugänglichen Wurzelkanälen mit
metallischen Stiftaufbauten möglich.
Vollständige Ausheilung möglich
Im folgenden Beitrag wird die nichtinvasive lasergestützte
Behandlung von ostitischen Knochendefekten beherdeter
Zähne mit Fistelbildung beschrieben. Auf Grund des
Lasereinsatzes neben einer konventionellen endodontischen Therapie konnte der klinische Zustand mit Fistelbildung und Sekretion schnell verbessert werden und
führte ohne chirurgische Intervention und Extraktion von
Zähnen zu einer vollständigen, auch hartgewebigen
Ausheilung unter Erhalt von Zähnen und prothetischer
Konstruktion.
Entzündungen:
Abwehrreaktionen des Organismus
Mit dem Absterben des Markorgans kommt es unter
Beteiligung von Bakterien zu apikalen Veränderungen am
Zahn. Diese reichen bei der sterilen Nekrose von einer
Abschottung und sklerosierenden Barrierebildung über die
Granulom-, selten die Zystenbildung bis zur Abszedierung.
Wird der Knochen bei apikalen Veränderungen, beginnend
LaserZahnheilkunde 2007; 1/07: 27–35
mit einer Entzündung, eingeschmolzen, kann es zur Entlastung in der Abszesshöhle kommen, indem ein Durchbruch in die Nachbargewebe und durch die Deckgewebe
geschieht.
Besonders schwierig therapierbar ist der apikale Defekt,
wenn der Wurzelkanal den Zugang durch nicht entfernbare Wurzelkanalfüllungen oder Stiftaufbauten verwehrt.
So ist die mögliche Entlastung nur die Fistelbildung.
Eine Entzündung stellt einen Abwehrvorgang des
lebenden Organismus dar. Er besteht aus einer komplexen
Reaktion des Bindegewebes. Die wesentlichen Entzündungsursachen können belebter und unbelebter Natur
sein. Jeder entzündungsauslösende Faktor hat seine charakteristische kausale und formale Pathogenese und oft
auch sein typisches pathologisch-anatomisches Substrat.
Der Entzündungsverlauf ist durch die Ätiologie und Stärke
des Abwehrmechanismus gekennzeichnet, weshalb er
einen langsameren oder schnellen Verlauf zeigen kann.
Dies ist immer auch durch die Abwehrlage des Organismus
bedingt, weshalb beherdete Zähne häufig mit Auftreten
von Infektionskrankheiten exazerbieren. Eingeteilt wird die
Entzündung in die perakute, akute, subakute oder sub27
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Fisteln sind pathologische Verbindungen eines Entzündungsherdes mit der äußeren oder inneren Körperoberfläche. Besonders bei abszedierenden Entzündungen
(eitriges Exsudat) kann sich der Abszessinhalt über eine
Fistel nach außen entleeren. Die Fistel wird, ähnlich wie die
Abszessmembran, durch ein Granulationsgewebe begrenzt, das aus zwei histologisch verschiedenen Schichten
besteht. Die Zone der Bindegewebsneubildung begrenzt
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Sonderform Fistelbildung
opyrig
C sich die Zone
All schließt
den Fistelkanal unmittelbar. Daran
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echaus einem faserdes ausgereiften Bindegewebes an, das
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reichen Bindegewebe besteht. Der Fistelkanal o
kann
rbe von seiha
ner Öffnung her durch eingewachsenes Epithel ausgekleilte
nt
n
det sein. Durch die chronische Entzündung
esse nzwird das
Epithel immer wieder zerstört, was zu einer malignen
Transformation der Zellen führen kann. Ein typisches Vorkommen sind fistelnde Entzündungen der Zähne.
Bei Fistelbildungen ist differentialdiagnostisch immer
an tuberkulöse Erkrankungen und die Aktinomykose zu
denken. Eine bakteriell-kulturelle Untersuchung schafft im
Zweifelsfall Klarheit.17
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chronische sowie die chronische Entzündung.
Entzündungszeichen sind: Tumor (Schwellung), Rubor
(Röte), Calor (Wärme), Dolor (Schmerz) und Funktion
laesa (gestörte Funktion).
Die akute exsudative Entzündung ist gekennzeichnet
durch die lokale Durchblutungsstörung im Bereich der
Mikrozirkulation mit Steigerung der Gefäßpermeabilität
und Strömungsverlangsamung, der Ausschwitzung (Exsudation) von Blutplasmabestandteilen und der Auswanderung (Transmigration) von Blutzellen aus den
Gefäßen in das entzündlich veränderte Gewebe. Nachfolgend sind einige für die Zahnmedizin relevante Entzündungsformen beschrieben. Akute eitrige Entzündungen
sind Formen, bei der die neutrophilen Granulozyten mit
Beimengungen von Zelltrümmern (Detritus) im Exsudat vorherrschen. Sie werden fast ausschließlich von pyogenen
Keimen, wie Streptokokken, Staphylokokken, Pneumokokken, Gonokokken, E. coli, Proteus, Aktinomyzeten,
Chlamydien u.a., wie sie im Wurzelkanal oder nicht abgefüllten apikalen Ramifikationen vorkommen, verursacht.
Die abszedierende Entzündung mit Abszessbildung ist
nur möglich, wenn sich zur entzündlichen Reaktion eine
schwere Durchblutungsstörung gesellt. Oft entsteht die
Kreislaufstörung durch direkte Bakterienwirkung, wie
durch grampositive Staphylokokken. Die Folge dieser
Infektion ist eine Nekrose, die von Granulozyten durchsetzt
ist. Durch proteolytische Enzyme entsteht ein mit Eiter und
Bakterien gefüllter Hohlraum.
Eine akute nekrotisierende Entzündung ist ein Prozess,
der durch Gewebsnekrosen gekennzeichnet ist, die durch
Entzündungszellen und/oder Entzündungsstoffe hervorgerufen werden. Ursache sind neben bakteriellen Toxinen
auch physikalisch-chemische Schädigungen.
Kann die Ursache der akuten Entzündung nicht beseitigt werden, entwickelt sich eine chronische Form. Wird ein
kapillarreiches mesenchymartiges Gewebe (Granulationsgewebe) in größerer Menge gebildet, ist eine granulierende Entzündung entstanden. Zu den granulierenden
Entzündungen gehören die chronischen Abszesse, die
Fistelgewebe und das chronische Ulkus. Weitere Formen
sind granulomatöse und proliferierende Entzündungen.
Lasereinsatz in der Endodontie (IV)
Laser und mögliche Power Settings
Für eine effiziente Behandlung apikaler Veränderungen mit
Fistelbildung ins Vestibulum ist die Verwendung von dünnen Fasern als Lichtleitsystem Voraussetzung. Metallapplikatoren, wie beim CO2-Laser sind vollständig ungeeignet.
Eine Übersicht über mögliche Geräteeinstellungen für die
Fistelbehandlung gibt Tabelle 1.
Wird die Fistelung von parodontalen Defekten am Zahn
begleitet, wird diese mit der gleichen Lasereinstellung behandelt. Hierfür gelten die im Teil III dieser Reihe beschriebenen Vorgehensweisen.9
Der CO2-Laser ist zur Fistelbehandlung ungeeignet, da
die Applikatoren zu starr und dick sind, um in den Kanal
eingeführt zu werden.
Patiententfall 1
Es stellte sich eine 60-jährige Patientin bei gutem allgemeinem Gesundheitszustand vor. Intraoral fiel eine Fistelbildung bei 43 (Abb. 1) und eine leichte Lockerung der zu
einem Geschiebeblock zusammengefassten Zähne 33, 32,
31, 42 und 43 auf. Bei der Vitalitätsprüfung wurde Avitalität
bei 33, 31, 42 und 43 und eine vitale Reaktion bei 32 festgestellt. Das Seitenzahngebiet im 3. und 4. Quadranten
war zahnlos mit weit fortgeschrittener Resorption des
Kieferkamms. Die fehlenden Kaueinheiten waren durch
eine herausnehmbare Prothese, verankert mittels BegoClips, ersetzt. Die Therapie des behandelnden Zahnarztes
sah auf Grund der massiven apikalen Knochenauflösung
(Abb. 2) die Extraktion der Unterkieferrestbezahnung vor,
obwohl die prothetische Versorgung erst vor etwa einem
halben Jahr angefertigt worden war.
Nach den positiven Erfahrungen bei der Behandlung
von ostitischen Kieferbereichen 6 via Fistel wurde eine kombinierte endodontische und transfistuläre Behandlung des
befallenen Knochens mit Laser favorisiert.
Vor der Intervention des ostitischen Knochendefekts
mussten alle devitalen Zähne wurzelbehandelt werden.
Dazu wurden die Zähne 33, 41, 42 und 43 mittels Turbine
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Faser/Applikator
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nFaser 200–400 μmlten
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Tabelle 1 Mögliche Einstellungen bei der laserassistierten Fistelbildung.
Leistung
(W)
Modus
KTP-Laser
Smart Lite KTP, deka
532
1,0
gepulst
10 Hz
Dioden-Laser
elexxion claros, elexxion GmbH
810
1,5
cw
Faser 200–400 μm
Dioden-Laser MDL 15, Vision
980
1,5
1,8–2,0
cw
20 Hz
Faser 200–400 μm
Nd:YAG Diodium, Weil-Dental
1064
1,5–1,8
20 Hz
Faser 200–400 μm
bisher keine Erfahrungen
Er:YAG-Laser
bisher keine Erfahrungen
CO2-Laser
t es
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Er,Cr:YSGG Waterlase, Biolase Europe
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Wellenlänge
λ in nm
Laser (Gerätebeispiel)
se nz
ungeeignet
cw = continious wave (Dauerstrahl), gepulst 20 Hz = 20 Laserimpulse pro Sekunde
trepaniert und das Kanallumen auf eine Mindestgröße von
ISO 30 aufbereitet (Abb. 3). Nach der mechanischen
Aufbereitung unter Verwendung von Natriumhypochlorit
erfolgte die Dekontamination der Kanäle mit dem diodengepumpten Nd:YAG-Laser „Diodium“, Weil-Dental,
Rosbach (Abb. 4). Die verwendeten Einstellungen waren:
Pulsenergie 100 mJ, Repititionsrate 15 Hz und eine Leistung
von 1,5 Watt. Die Laserfaser wurde bis an den Apex
vorgeschoben und dann unter Laserlichtapplikation
rotierend nach koronal gezogen. Der Vorgang wurde mehrfach wiederholt. Die Bestrahlungszeit sollte etwa bei
20 Sekunden pro Kanal liegen. Die Wurzelfüllung wurde
mit AH 26 und Guttaperchapoints in der lateralen Kondensationstechnik ausgeführt. Die Zugangskavitäten in
den Kronen wurden nach Ätzung und Konditionierung mit
Metal Primer (GC, Deutschland) mit Herculite-Composite
entsprechender Farbe verschlossen. Da bei Zahn 32 eine
Vitalität bei der Diagnostik festgestellt wurde, blieb dieser
Zahn ohne Wurzelbehandlung, wurde aber in der kommenden Zeit klinisch auf seine Vitalität und röntgenologisch auf apikale Veränderungen überprüft.
Die Behandlung der pathologischen Knochenkavität im
anterioren Unterkiefer wurde lediglich mit dem Laser ausgeführt. Die Laserfaser wurde dazu über die Fistel in den
Hohlraum eingeführt (Abb. 5), bis in regio 33 durchgeschoben (Laserfaserlänge ca. 3,5 cm) und Laserlicht unter
ständiger Rotation und Rückziehen der Faser appliziert. Die
verwendeten Einstellungen waren: Pulsenergie 100 mJ,
Repetitionsrate 15 Hz und eine Leistung von 1,5 Watt. Der
Vorgang wurde mehrfach pro Sitzung ausgeführt. Bei der
ersten Laserlichtapplikation entleerte sich ein helles bis eitrig-blutiges Sekret (Abb. 6). Beim zweiten Durchgang entleerte sich durch die thermische Wirkung ein blutig-eitriges Sekret mit schaumiger Konsistenz. Erst beim dritten
Abb. 1 Fistelbildung bei 43, im Bild mit Guttaperchastift.
Abb. 2 OPG mit diffuser Knochenauflösung im gesamten Unterkieferfrontzahngebiet.
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Abb. 3 Alle nicht vital reagierenden Zähne werden wurzelbehandelt.
Abb. 4 Vor der Wurzelfüllung werden die aufbereiteten Pulpenkavitäten mit dem Laser dekontaminiert.
Abb. 5 Die Behandlung des ostitischen Knochenbereichs wird über
das Fistelmaul angegangen.
Abb. 6 In der ersten Phase entleert sich ein eitrig-blutiges Sekret.
Abb. 7 Nach der Zerstörung der Granulationen tritt natives Blut aus.
Abb. 8 Zustand des Fistelmauls nach 14 Tagen zur zweiten Behandlung.
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Abb. 9 OPG mit beginnender Knochenheilung im Defektgebiet nach
einem Jahr.
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Abb. 10 Röntgenfilme des Unterkiefers mit ausgeheiltem Knochendefekt nach 2,5 Jahren.
zeigten (Abb. 9). Nach zweieinhalb Jahren konnte dann
auch zur reaktionsfreien klinischen Situation ein röntgenologisch vollständig regenerierter Unterkieferknochen festgestellt werden (Abb. 10).7
Da die Zähne nach erfolgreicher Behandlung eine gute
Prognose zeigten, erfolgte nach 3,5 Jahren eine Neuversorgung mit keramischen Primärteilen und einer
Teleskopprothese (Abb. 11).
Patientenfall 2
Abb. 11 Klinische Situation nach 3,5 Jahren und Neuversorgung mit
keramischen Primärteilen.
Durchgang kam nur noch Blut mit einigen weißlichen
Gewebsfetzen aus dem Fistelmaul (Abb. 7). Auf eine
Lokalanästhesie wurde bewusst verzichtet und dies von der
Patientin auch gut toleriert. Bereits 2 Wochen nach der
Erstbehandlung war das Fistelmaul abgeschwollen und
zeigte erste Zeichen einer Rückbildung (Abb. 8).
Die Behandlung des Knochendefekts mit dem Laser
wurde dreimal im Abstand von je 2 Wochen durchgeführt.
Danach hatte sich das Fistelmaul endgültig geschlossen
und eine einfache Penetration des Defekts war ohne
Zerstörung der deckenden Mukosa nicht mehr möglich.
Die Lockerung der Zähne war nach diesem ersten Behandlungsintervall deutlich reduziert.
Eine Kontrolluntersuchung nach einem halben und
einem Jahr zeigte eine reaktionsfreie Gingiva ohne erhöhte
Zahnlockerung. Röntgenologisch waren immer noch
Knochendefekte erkennbar, deren Ränder jedoch verwaschen waren und die Tendenz zur Knochenneubildung
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Ein 46-jähriger Patient wurde mit extremem Bisshöhenverlust von 10 Millimetern durch Abrasion der Zähne funktionstherapeutisch mittels Schiene vorbehandelt und nach
kurzer Zeit der Bisshebung mit metallkeramischen Kronen
versorgt. Da die Zeit der Vorbehandlung durch das Staatsexamen des behandelnden Studenten limitiert war, wurde
die gesamte Bisshebung innerhalb von 3 Monaten vorgenommen. Vermutlich waren der kurze Vorbehandlungszeitraum und die schnelle Versorgung mit eventueller okklusaler Überlastung dann Ursache einer Exazerbation
einer persistierenden chronischen Parodontitis apicalis am
Zahn 12 mit Fistelbildung ins Vestibulum (Abb. 12). Der
betroffene Zahn war bereits vor Jahren resiziert und mit
einem Stiftaufbau versorgt worden. Der apikale Anteil des
Wurzelkanals zeigte trotz der WSR keine vollständige
Wurzelfüllung, was als Ausgangspunkt für die späteren
Entzündungen anzusehen ist. Durch die persistierenden
Bakterien kam es zu einer apikalen Osteolyse als Ausgangspunkt des fistelnden Geschehens (Abb. 13). Der in den
Fistelkanal eingebrachte Guttaperchastift weist auf den
Ausgangspunkt der Entzündung hin (Abb. 14 und 15) und
gibt einen Eindruck von der Länge des Fistelkanals und der
Knochendestruktion (Abb. 16). Bei der Behandlung der
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Abb. 12 Ausgangsbefund mit Fistel bei 12.
Abb. 13 Röntgenologisch ist eine apikale Osteolyse erkennbar.
Abb. 14 In den Fistelkanal eingebrachter Guttaperchastift.
Abb. 15 Röntgenbild mit eingeführtem Guttaperchastift.
Abb. 16 Der Guttaperchastift zeigt die Länge des Fistelkanals.
Abb. 17 Die Faser wird bis zum knöchernen Kontakt in die Fistel eingeführt …
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Abb. 18 … und unter langsamen rotierenden Bewegungen herausgezogen.
Abb. 20 Das Röntgenbild zeigt den
Zustand nach der 3. Behandlung …
Fistel und der apikalen Osteolyse wurde die Laserfaser über
das Fistelmaul in den Defekt bis auf Knochenkontakt gebracht (Abb. 17). Vor Beginn der Strahlungsapplikation
wurde die Faser 2 Millimeter zurückgezogen und das Laserlicht unter kreisenden Bewegungen der Faser appliziert
(Abb. 18). Gearbeitet wurde mit einem Nd:YAG-Laser
„Diodium“, Weil-Dental, Rosbach und den Laserparametern: Pulsenergie 100 mJ, Repetitionsrate 20 Hz und eine
Leistung von 2,0 Watt. Die Faser wurde neben der kreisenden Bewegung dabei mehrfach bis zum Fistelmaul vorgezogen und wieder in den Defekt rückgeschoben. Typisch
ist die Entleerung von erst eitrig-serösem Sekret, das sich
dann zunehmend in ein blutig-schaumiges Sekret wandelt.
Dann wird das Lasern beendet. Die Schaumbildung ist
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Abb. 19 Zuletzt wird das Fistelmaul ausgebrannt.
Abb. 21 … und nach 8 Wochen.
durch den Temperatureinfluss des Lasers bedingt. Als letzter Arbeitsgang wurde das Fistelmaul ausgebrannt
(Abb. 19). Dies ist oft das Einzige, was vom Patienten als
schmerzhaft empfunden wird. Das Röntgenbild zeigt den
Zustand nach der 3. Behandlung (Abb. 20) und nach
8 Wochen (Abb. 21). Es ist eine beginnende Knochenneubildung apikal erkennbar.6
Schlussfolgerungen
Die laserassistierte Fistelbehandlung ist bis jetzt nur selten
ausgeführt worden und steht am Beginn ihres klinischen
Einsatzes.6,7 Bei apikal veränderten und endodontisch zu
behandelnden Zähnen ist bisher ebenfalls nur von einer
Laserlichtapplikation bis zum Apex ausgegangen worden.
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All Knochenschäden
Leistungen wurden auch nachhaltige
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obachtet.2
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Besonders durch die Anwendung des Nd:YAG-Lasers
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der Parodontologie und Endodontie ist die Frage nachaleventen
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tuellen Knochenschäden und dem Modus
Gewebsesseder
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heilung Kernpunkt von Untersuchungen gewesen.18,19 So
wiesen Friesen et al. eine schnellere Heilung des Knochens
bei luft- und wassergekühlter Nd:YAG-Laseranwendung
gegenüber ungekühltem Modus im Knochen nach.3 Bei der
Anwendung des Nd:YAG-Lasers im Weichgewebe konnten
Luomanen et al. eine leicht verzögerte Heilung und eine höhere Infiltration von Entzündungszellen gegenüber dem
CO2-Laser nachweisen.14
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Nach der anfänglichen Vermeidung der Applikation von
Laserlicht über den Apex dentis hinaus, hat bei apikal veränderten Zähnen die bewusste Laserbestrahlung oberhalb
des Apex nicht nur einen dekontaminierenden Effekt, sondern auch eine Stimulation der Knochenregeneration erkennen lassen.6,10,8 Werden zusätzlich parodontale Defekte
mitbehandelt, sind geeignete Lasereinstellungen und
Vorgehensweisen zu wählen.9
Dioden- und Nd:YAG-Laser als Vertreter der fasergestützten Laser zeigen die größte Gewebseindringung.
Neben guten therapeutischen Effekten bei Beachtung der
eingestellten Werte sind die Wellenlängen zwischen etwa
530 und 2500 nm am effektivsten bei der Gewebsstimulation und Bakterienreduktion. Dies ist mit der höheren Gewebsdurchdringung von 2 bis zu 8 Millimetern und
einer diffusen Streuung im Gewebe begründet.20 Laser, die
in den oberen Zellschichten absorbieren, tragen dagegen
nur unwesentlich zu einer tiefen Gewebsstimulation bei.
Bei ihnen wird die applizierte Energie direkt an der Oberfläche in Wärme gewandelt und führt ggfs. zu einer
Verbrennung des Gewebes bzw. abladiert dieses bei entsprechender Wellenlänge.
In der Endodontie gibt es schon lange positive Ergebnisse, wie Gutknecht et al. berichten.5 Einer der
Haupteffekte ist in der Bakterienreduktion beim Arbeiten
mit Lasern zu sehen.12 Auch Moritz et al. kommen zu dem
Ergebnis, dass der Laser auf Grund seiner bakteriziden
Wirkung im Kanal die Erfolgsaussichten wesentlich verbessert.16 Die Dicke der sterilisierbaren Dentinschicht wird
in der Literatur unterschiedlich angegeben. So gehen
Klinke et al. davon aus, dass die bakterizide Wirkung einen
Millimeter und mehr beträgt.13 Über die Tiefe des Effektes
geben Gutknecht et al. kanalnah eine Bakterienreduktion
von ca. 99 Prozent und in 5 Millimeter Dentintiefe von ca.
75 Prozent an.5 Neben vielfältigen Arbeiten zur Bakterienreduktion beschrieben Ito et al. die Entfernung des Smear
layers von der Kanaloberfläche nach Nd:YAG-Bestrahlung.11 Die Hartgewebsablation in der beschriebenen Form
scheint aber eher eine Ausnahme zu sein.
Ein wichtiger Aspekt der Arbeit mit Laserfasern im Kanal
ist der Ausschluss thermischer Schädigungen des Dentins
und der umliegenden parodontalen Strukturen. So kamen
Behrens1 et al. zu dem Ergebnis, dass bei Verwendung von
Nd:YAG-Lasern und einer Leistung von 0,3–1,5 Watt keine
unphysiologisch hohe Temperatur und Schädigung auftritt. Bei der reinen Laserbestrahlung von Knochen fanden
McDavid et al. dagegen eine verzögerte Heilung, sowohl
bei der Anwendung von CO2- als auch bei Nd:YAGLasern.15
Bei nicht indikationsgerechter Laseranwendung, wie die
Wurzelspitzenresektion mit Nd:YAG-Laser, oder zu hohen
Lasereinsatz in der Endodontie (IV)
Überzeugende Resultate
Kontaminierte Wurzelkanäle mit oder ohne periapikale
Veränderungen und Entzündungen können effizient und
erfolgreich behandelt werden. Häufige Termine zur
Spülung und Erneuerung von Einlagen in betroffenen
Zähnen gehören im Zeitalter der Laseranwendung der
Vergangenheit an. Die Wärme-, Schockwellen- und Strahlungswirkung des Lasers führt zu einer nachhaltigen
Dekontamination bis in die Tiefe des Wurzeldentins. Diese
Erkenntnis ist um so wichtiger, da wir heute wissen, dass
die Eindringtiefe von Hypochlorit oder anderen chemisch
wirkenden Desinfizienzen in die Dentinkanälchen einen
Millimeter kaum überschreitet. Mit der Laserstrahlung können auf Grund der Lichtleitung über die Hartsubstanz auch
Markkanäle und apikale Ramifikationen erreicht werden.
Dies gilt auch, wenn die Laserstrahlen von der apikalen
Seite des Kanals appliziert werden. Aus eigener Erfahrung
ist eine sofortige Abfüllung der Kanäle möglich und sogar
ratsam. Vor einer prothetischen Weiterversorgung sollte jedoch ein expektatives Intervall eingehalten werden. Die
Röntgenkontrolle nach 8 bis 12 Wochen dokumentiert auch
die gute Ausheilungstendenz der meisten periapikal veränderten Zähne eindrucksvoll.
Aus den guten Erfahrungen der vorgenannten Indikation konnte geschlossen werde, dass die Laseranwendung
ebenfalls bei stärker beherdeten Zähnen erfolgreich sein
kann. Die Behandlung ostitischer periapikaler Veränderungen mit Zugang über den Wurzelkanal oder Fisteln sind
eine neue Anwendung. Das Laserlicht schafft neben der
Dekontaminierung des infizierten Bereichs die Devitalisierung des entzündlichen Gewebes. Dies ist die Voraussetzung einer ungestörten Heilung. Nachteil der Methode
sind die fehlenden Langzeiterfahrungen und vergleichende Studien. Bei der praktischen Anwendung am
Patienten überwiegen jedoch die Vorteile und faszinierenden Resultate.
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Vorteil der Methode ist die minimalinvasive Vorgehensweise und die geringe Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Patienten. Bei vorhandenen Wurzelstiften und
prothetischen Restaurationen können diese erhalten werden. Durch die bewusste Umgehung einer chirurgischen
Intervention kann auf die Arbeitsunfähigkeit, die zeitliche
Herausnahme aus öffentlichen und privaten sozialen
Kontakten und ein erhebliches Maß an Wundschmerz verzichtet werden. Dies sollte auch aus volkswirtschaftlicher
Sicht einmal kritisch betrachtet werden.
ANWENDUNG
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Autoren
Dr. Michael Hopp1,2
Prof. Dr. Reiner Biffar2
1
Zahnarztpraxis am Kranoldplatz, Berlin
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Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Zentrum für
Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Abteilung für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde (Direktor:
Professor Dr. Reiner Biffar)
Korrespondenzadresse
Dr. Michael Hopp
Zahnarztpraxis am Kranoldplatz
Kranoldplatz 5, 12209 Berlin
Laser application in endodontics (IV)
Key words: Laser, power settings, endodontics, fistulisation, osteolysis, minimally invasive procedure, abutment,
combined endodontic parodontal defects, case description
Summary
Periapical alterations with fistulisation generally indicate
a surgical revision by making a root resection and by removing the inflammatory and osteolytic tissue. The laser
fibre, if inserted via the fistula canal, can coagulate the altered tissue minimally invasive, kill bacteria and de-epithelize the fistula canal so that the self-healing power can
be effective. This is also possible in connection with simultaneous endodontic treatment or not accessible root
canals with metallic abutments.
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