Klimaänderung und Küste

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KLIMA – KÜSTE – GESELLSCHAFT
Erkenntnisstand und Perspektiven der Klimafolgenforschung
im Forschungsprogramm „Klimaänderung und Küste“ (K&K)
Achim Daschkeit & Horst Sterr, Kiel
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Gliederung
Seite
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungen
Einleitung...............................................................................................................
1
1
Entwicklung der Klimafolgenforschung.............................................................
2
2
Entwicklung des Forschungsprogramms „Klimaänderung
und Küste“ (K&K)..................................................................................................
2.1
Klimafolgenforschung und Sozialwissenschaften........................................
2.2
Ergebnisse in der Klimafolgenforschung und abgeschlossener
7
10
Vorhaben in K&K.........................................................................................
13
2.3
Die IPCC-Case-Study für den deutschen Küstenraum...............................
14
2.4
Gefährdungsabschätzung für die Küsten Schleswig-Holsteins...................
20
2.5
Projektverbünde in K&K..............................................................................
21
3
Zwischenbilanz......................................................................................................
23
4
Fallstudie Sylt – Ansatz und Vorgehensweise...................................................
28
4.1
Allgemeine Struktur.....................................................................................
28
4.2
Konzeptioneller Ansatz und Umsetzung......................................................
29
5
Die Ergebnisse aus K&K als Basis für ein Integriertes
Küstenzonenmanagement (ICZM).......................................................................
38
5.1
Ziele, Aufgaben und Struktur eines ICZM...................................................
40
5.2
ICZM auf EU-Ebene....................................................................................
43
5.3
ICZM im Programm K&K.............................................................................
48
6
Zusammenfassung und Ausblick........................................................................
49
7
Literatur..................................................................................................................
52
Bearbeitungsstand: September 1999
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Seite
Abbildung 1: Funktionen der Küstenlandschaft und ihrer Teilsysteme
(Quelle: Sterr & Simmering 1997, S. 5)
3
Abbildung 2: Inhaltlich-methodischer Ansatz der Klimafolgenforschung,
hier spezifiziert für das Forschugnsprogramm
Klimaänderung und Küste
(Quelle: Sterr & Simmering 1997, S. 11)
9
Abbildung 3: Ökonomisch orientierte Studien in der
Klimafolgenforschung und Methoden
(Quelle: Knogge 1998a, S. 20)
12
Abbildung 4: Übersichtsmatrix zu den klimabedingten Auswirkungen auf
Sektoren der Küstennutzung
(Quelle: Sterr & Simmering 1997, S. 60)
16
Abbildung 5: Sozio-ökonomische Vulnerabilität Deutschland
(Quelle: Sterr & Simmering 1997, S. 66)
17
Abbildung 6: Mögliche Betroffenheit der deutschen Küste bei einem 1mMeeresspiegelanstiegsszenario
(Quelle: Sterr & Simmering 1997, S. 71)
18
Abbildung 7: Gesamtwerte der wichtigsten Bewertungskategorien in den
potentiell überflutungsgefährdeten Gebieten
(Quelle: Hamann 1998, S. 172)
20
Abbildung 8: Niederschlagsentwicklung für Station List/Sylt 1865-2098
(Quelle: v. Storch et al. 1998a)
25
Abbildung 9: Konzept Metadaten & Beziehungsgeflecht MeBez
(Quelle: A. Daschkeit & P. Schottes – eigener Entwurf 1999)
31
Abbildung 10: Beziehungsgeflecht – Bearbeitungsmaske
(Quelle: A. Daschkeit & P. Schottes – eigener Entwurf 1999)
34
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Abkürzungen
AFFORD
Abteilung für Forschungs- und Datenintegration im Verbundvorhaben
Klimaänderung und Küste
BMBF
Bundesministerium für Bildung und Forschung
(vormals BMFT – Bundesministerium für Forschung und Technologie)
DKRZ
Deutsches Klimarechenzentrum
DWD
Deutscher Wetterdienst
EPA
Environmental Protection Agency
EU
Europäische Union
FAO
Food and Agricultural Organization
GCM
Global Circulation Model
GIS
Geographisches Informationssystem
ICZM
Integrated Coastal Zone Management
IGBP
International Geosphere-Biosphere-Program
IPCC
Intergovernmental Panel on Climate Change
K&K
Klimaänderung und Küste
LOICZ
Land-Ocean-Interaction in the Coastal Zone
MAB
Man and the Biosphere
MLR
Ministerium für ländliche Räume Schleswig-Holstein
MPI
Max-Planck-Institut für Meteorologie
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
PIK
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
ppm
parts per million
SAR
Second Assessment Report
SWAP
Sylter Wattenmeer Austauschprozesse
UMK
Umweltministerkonferenz Nord
UNDP
United Nations Development Program
WBGU
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Einleitung
Die Folgen eines möglichen Klimawandels werden in den letzten Jahren nicht mehr so intensiv diskutiert wie noch beispielsweise in den 80-er Jahren. Allerdings nimmt die Diskussion über einen möglichen Klimawandel ereignisbezogen zu: Z.B. im hiesigen Winterhalbjahr, wenn die zu der Zeit üblichen
Herbst- bzw. Frühjahrsstürme die Nordseeinsel Sylt in zwei Teile zu zerbrechen drohen; oder wenn
anläßlich der regelmäßig stattfindenden klimapolitischen Verhandlungen auf internationaler Bühne
über CO2-Reduktionsszenarien und deren Vor- und Nachteile gestritten wird; oder wenn plötzlich kleine Inseln im Indischen Ozean aufgrund eines steigenden Meeresspiegels versinken. Ansonsten aber
ist es um Klimafolgen(forschung) relativ ruhig(er) geworden – jedenfalls im Verhältnis zum Zeitraum
Ende der 1980er bis Anfang der 1990er Jahre.
Ein Grund für die hierzulande nicht mehr so intensiv geführte Diskussion über einen möglichen Klimawandel ist sicherlich die Tatsache, daß aus den meist für die globale Ebene konzipierten „Globalen
Zirkulationsmodellen“ (GCM) nicht ohne weiteres auf Entwicklungen für Deutschland geschlossen
werden kann. Wird beispielsweise eine Erhöhung der durchschnittlichen globalen Temperatur in Bodennähe prognostiziert, heißt das noch nicht zwingend, daß dies auch in einzelnen Regionen beobachtet werden kann.
Dies allein ist Anlaß genug, einige der bisher durchgeführten Untersuchungen zu resümieren, denn
Anfang der 1990er Jahre wurden in Deutschland immerhin zwei umfängliche Forschungsinitiativen im
Bereich Klimafolgenforschung begonnen:
•
Zum einen die Gründung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) als Institut der
Blauen Liste und
•
zum anderen das als Bund-Länder-Vorhaben geplante Forschungsprogramm „Klimaänderung und
Küste“ (K&K), das für die Küsten-Bundesländer große Bedeutung hat.
Die nachfolgende Übersicht, die sich überwiegend mit der küstenbezogenen Klimafolgenforschung
auseinandersetzt, orientiert sich dabei an folgenden Fragestellungen:
•
Was sind die wesentlichen Ergebnisse der mittlerweile abgeschlossenen Einzel- und Verbundprojekte?
•
Wie sind diese Erkenntnisse angesichts der zwischenzeitlich erzielten Fortschritte in der Klimaforschung (i.S. der Klimamodellierung) einzuschätzen?
•
Welche Aussagen lassen sich über den Komplex „Klima – Küste – Gesellschaft“ ableiten?
•
Welche Relevanz haben die Ergebnisse im Programm K&K für die Umwelt- und Klimapolitik?
•
Welche Relevanz können die Ergebnisse aus K&K für ein sog. „Integriertes Küstenzonenmanagement“ (ICZM) haben?
•
Welche Ergebnisse können in den nächsten Jahren noch erwartet werden, wenn die laufenden
Vorhaben abgeschlossen sind?
1
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Um diese Fragen im Ansatz beantworten zu können, wird nachfolgend
•
die Entwicklung der Klimafolgenforschung, insb. des Programms K&K dargestellt (Kapitel 1 und
2). Hierbei interessieren vorrangig
•
die Positionierung der Sozialwissenschaften (Kapitel 2.1), die Ergebnisse abgeschlossener Vorhaben (Kapitel 2.2) sowie die detaillierten Untersuchungen zur Gefährdungsproblematik bei einem
steigenden Meeresspiegel (Kapitel 2.3 und 2.4). Die Darstellung wird konkretisiert mit einer
•
Schilderung der noch laufenden Projektverbünde in K&K (Kapitel 2.5).
•
Nach einer Zwischenbilanz (Kapitel 3) wird
•
in Kapitel 4 etwas näher auf die Fallstudie Sylt eingegangen.
•
Im fünften Kapitel werden die zuvor präsentierten (Zwischen-)Ergebnisse im Hinblick auf die zukünftige Ausgestaltung eines ICZM betrachtet, wobei (grundlegend) erläutert wird, was in dieser
Übersicht und in anderen Zusammenhängen (EU, global) darunter verstanden wird.
•
Abschließend wird in Kapitel 6 Bezug genommen auf die Ausgangsfragestellungen, bspw. ob der
an das Programm K&K gestellte Anspruch erfüllt wurde bzw. überhaupt erfüllt werden konnte. Dabei zeigt sich, daß es nach wie vor große Erkenntnislücken gibt, die aber durchaus in einer zukünftig engeren und besser aufeinander abgestimmten Kooperation verschiedener Forschungseinrichtungen verringert werden können.
Da diese Arbeit im Rahmen der „Fallstudie Sylt“ erstellt wurde, wird auch bei Abschnitten mit räumlich
übergeordnetem Bezug immer wieder versucht, die Ebene der Insel Sylt angemessen zu berücksichtigen. Die Übersicht richtet sich in erster Linie an diejenigen, die einen allgemeinen Überblick über die
küstenbezogene Klimafolgenforschung erhalten möchten, also gleichermaßen an Vertreter von Politik
und Administration wie auch an am Thema interessierte Wissenschaftler und Studenten. Der Überblick kann aber nicht die intensive Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Untersuchungen
ersetzen.
1
Entwicklung der Klimafolgenforschung
Zunächst einmal ist es sinnvoll, sich die Funktionen der Küstenlandschaft und ihrer Teilsysteme zu
vergegenwärtigen (vgl. Abbildung 1auf der nächsten Seite): Zum einen ist auf den ersten Blick ersichtlich, daß die aufgeführten Funktionen untereinander zusammenhängen; zum anderen muß festgehalten werden, daß gesellschaftliche genauso wie ökologische Belange berührt sind. Die deutschen Küstenregionen ingesamt sind sich – trotz der Vielfältigkeit in ihrem biologischen und geologischen Inventar und ihren Besiedlungs- und Nutzungsstrukturen – in ihren Funktionen und letztlich ihrer Vulnerabilität bei Klimaänderungen ähnlich. Wichtige Funktionen, die von Klimaänderungen in noch zu klärendem Ausmaß betroffen sein werden, sind zum einen ökologisch bedeutsame Aspekte bei der Moderation des Stoff- und Energieaustauschs zwischen Land und Meer, bei der Regulation von Nahrungsnetzen und dem Umsatz von Nähr- und Schadstoffen sowie letztlich bei dem Erhalt der Artenvielfalt.
Zum anderen sind Nutzungsfunktionen gefährdet wie z. B. die Trinkwasser- und Rohstoffgewinnung,
die Nahrungsmittelproduktion, die Besiedlung und die industrielle Produktion sowie der Tourismus.
2
A. Daschkeit & H. Sterr
Regulationsfuktionen
•
•
•
•
•
•
•
•
Produktions- und Nutzungsfunktionen
Regulation der lokalen E• Produktion von Trink- und
•
nergie und Stoffbilanz
Brauchwasser
•
Regulation der chemischen • Produktion pflanzlicher und
Zusammensetzung von
tierischer Nahrung
•
Wasser und Sediment
• Produktion von Rohstoffen,
Regulation des WasserausBaumaterial etc.
tausches zwischen Land und • Produktion biologischMeer
genetischer Ressourcen
Speicherung bzw. Verteilung • Raum- und Ressourcenanvon Nährstoffen und organigebot für menschliches Lescher Substanz
ben und Wohnen
Regulation der biotischen
- Fischerei und Aquakultur
Nahrungsnetze
- Energienutzung
- Tourismus und Erholung
Nähr- und Schadstoff- Naturschutz
Filterung
Erhaltung von Lebens- und
Aufwuchsräumen
Erhaltung der Artenvielfalt
Klima – Küste – Gesellschaft
Informationsfunktionen
ästhetische Information
historisch-kulturelle Information
erzieherische und wissenschaftliche Funktion
Abbildung 1: Funktionen der Küstenlandschaft und ihrer Teilsysteme
(Quelle: Sterr & Simmering 1997, S. 5)
Vor dem Hintergrund der potentiellen Gefährdung von Küstenregionen ist es nur folgerichtig, wenn die
Frage nach den Folgen möglicher Klimaänderungen Mitte der 80er Jahre u.a. durch eine entsprechende Medienberichterstattung zum öffentlichen Thema wurde: Der Spiegel-Titel vom August 1986
wird wohl noch lange in Verbindung mit der Klima(folgen)forschung gebracht werden, denn schließlich
ist die Projektion – der Kölner Dom zur Hälfte im Wasser – fürwahr nicht gerade beruhigend; aber es
war eben nur eine Projektion, und eine unrealistische dazu. Gerne wird in diesem Zusammenhang
vergessen (mitunter auch unterschlagen), daß zwar die Deutsche Physikalische Gesellschaft mit einem horrorartigen Memorandum an die Öffentlichkeit trat, die eigentlichen Experten (Klimatologen und
Meteorologen) für dieses Thema aber umgehend dieses schiefe Bild zurecht rückten (vgl. auch Engels & Weingart 1997; Graßl 1999; Umbach 1999).
Die seit Ende der 80er Jahre eingesetzten Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages zum
Thema „Schutz der Erdatmosphäre“ sorgten dann für eine Versachlichung der Diskussion. Entsprechend positiv war die nationale und internationale Resonanz auf die vielfältigen und umfangreichen
Berichte. Erwähnt werden muß der zu diesem Zeitpunkt relativ große Einfluß der wissenschaftlichen
Aktivitäten auf die Ausgestaltung einer Klimapolitik. Diese mußte ja bekanntermaßen aufgrund des
globalen Charakters einer möglichen Klimaänderung international ausgerichtet sein, um überhaupt
wirksame Vereinbarungen erzielen zu können. Von daher müssen auch die deutschen Forschungsanstrengungen im internationalen Rahmen gesehen werden (vgl. Brauch [Hrsg.] 1996). Ende der 80er
Jahre wurde das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) als zwischenstaatliches Gremium gegründet, das die Grundlagen für die Verabschiedung der Klimarahmenkonvention während des
sog. „Erdgipfels“ in Rio 1992 gelegt hat. Ein erster Sachstandsbericht erschien Anfang der 90er Jahre,
der Second Assessment Report erschien Anfang 1996, der dritte (Third Assessment Report) ist für
das Jahr 2000 angekündigt (vgl. Bruce et al. [Eds.] 1996; Houghton et al. [Eds.) 1996; Watson et al.
3
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
[Eds.] 1996, 1998). Für den Küstenbereich sowie die Inseln wurde eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet, in der schon frühzeitig die besondere Gefährdung dieser Räume aufgezeigt und deshalb ein
Integriertes Küstenzonenmanagement (ICZM) gefordert wurde.
Nun wird aber Klima(folgen)forschung nicht nur im Küstenbereich betrieben, sondern sehr viel umfassender in allgemein klimasensitiven Regionen (Küstengebiete, Gebirgsregionen) sowie ökologisch
und auch ökonomisch sensiblen Bereiche wie Land- und Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft o.ä.
Ökologische Belastungen sind bspw. für die Alpenregion insbesondere durch die Temperaturerhöhung zu erwarten, aufgrund derer sich die bisherige Höhenverteilung der Vegetationstypen in höhere Regionen verlagern würde. Anhaltende ökologische Instabilitäten der Waldökosysteme im alpinen Bereich wären mit zunehmender Bodenerosion und evtl. gleichzeitig
stärkerer Lawinengefährdung verbunden. Negative ökonomische Auswirkungen würden sich
weiterhin aufgrund der besonders im Winter auftretenden Temperaturerhöhung für die vom
Wintersport abhängigen Gemeinden sowie wegen des geringeren Schmelzwasseraufkommens auch für die Wasserkraftwerke ergeben. Schon heute lassen sich eine Reihe von „Anpassungsmaßnahmen“ in alpinen Skigebieten beobachten, deren „Schneesicherheit“ in den
letzten Jahren deutlich geschwunden ist – unabhängig davon, ob bereits erwiesen ist, daß
dies Ausdruck eines Klimawandels ist: Es werden nicht nur vermehrt sog. „Schneekanonen“
eingesetzt, sondern ebenfalls Marketingstrategien entwickelt (und teilweise schon umgesetzt),
die auf einen klimaunabhängigen Tourismus abzielen (vgl. Bader & Kunz 1998; Bloetzer et al.
1998).
Auch agrarisch genutzte Ökosysteme weisen eine gewisse Anfälligkeit gegenüber Klimaänderungen auf. Diese kann sich in veränderten physiologischen Prozessen und daraus resultierenden Wirkungen auf andere, angrenzende (Agrar-)Ökosysteme ausdrücken; bei einem nicht
unwahrscheinlichen, häufigeren Auftreten von Extremsituationen (evtl. stärkere Kontinentalisierung von Teilen Mitteleuropas) wäre darüber hinaus für diese stark anthropogen beeinflußten und gesteuerten Ökosysteme auch mit strukturellen Veränderungen zu rechnen. Mögliche
Auswirkungen von Klimaveränderungen können in bezug auf (i) die zeitliche Entwicklung der
Agrarvegetation (Vegetationszeitverschiebungen und veränderter Ablauf phänologischer Stadien) bzw. die Häufigkeit und Stärke von Schaderregern durch Temperaturveränderungen, (ii)
die Stoff- und Wasserdynamik der Bestände sowie (iii) im Ertragsverhalten und in der Wirtschaftlichkeit bzw. Ertragswürdigkeit erwartet werden. Gleichzeitig wird aber die Anfälligkeit
gegenüber Klimaänderungen wiederum reduziert durch die Bewirtschaftungsform und –
intensität moderner agrarwirtschaftlicher Techniken (vgl. auch Hörmann & Chmielewski 1998).
Es kann andererseits von einer stimulierenden Wirkung der ansteigenden atmosphärischen
CO2-Konzentrationen auf Photosynthese, Stoffbindung und Erträge in Abhängigkeit von der
Kulturart und anderen Faktoren (Bodengüte, Witterungsverlauf) ausgegangen werden. Erste
modellgestützte regionale Abschätzungen für den Nordosten Deutschlands ergaben maximale
Ertragzuwächse bei Wintergetreide von 20 bis 30% unter einer angenommenen verdoppelten
4
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
vorindustriellen atmosphärischen CO2-Konzentration (550 ppm gegenüber gegenwärtig 350370 ppm). Bei diesen Befunden muß aber nach wie vor bedacht werden, daß die entweder im
Labor oder modellgestützt erzielten Ergebnisse nicht ohne weiteres auf Freilandbedingungen
übertragen werden können.
Auch Wälder sind mittel- und langfristigen Klimaänderungen in unterschiedlichem Maß ausgesetzt. Das Anpassungsvermögen der heutigen Waldbestände droht besonders an den ökologischen Grenzen der Baumartenverbreitung durch die Geschwindigkeit möglicher Klimaveränderungen überfordert zu werden. Dies gilt vor allem für Nadelholzreinbestände in Risikogebieten wie z.B. den niederschlagsarmen Standorten Nord- und Nordostdeutschlands. Ein erhöhtes Risiko besteht für durch Luft- und Bodenbelastungen bereits vorgeschädigte Wälder. Als
Folge des Klimawandels verstärkt auftretende Extremereignisse – wie Stürme, Dürreperioden,
Waldbrände oder Schaderregerepidemien – könnten dort die Schäden verschärfen. Für extrem schadstoffbelastete und empfindliche Regionen (z.B. solche mit nährstoffarmen Böden,
unzureichendem Wasserdargebot) sind Zusammenbrüche von Ökosystemen nicht auszuschließen. Für die Forstwirtschaft können sich dadurch ökologische und ökonomische Probleme ergeben. Besonders schwer wiegt in diesem Zusammenhang die Gefahr einer Beeinträchtigung oder des völligen Verlustes der Funktionsfähigkeit von Schutzwäldern. Für die Biodiversität ergeben sich Gefahren aus der wahrscheinlichen Verlagerung der Vegetationszonen bzw.
der Höhenstufen im Bergland. Arten oder Teilpopulationen, deren natürliche Wanderungs- oder Ausbreitungsgeschwindigkeit mit einem möglichen raschen Klimawandel nicht Schritt halten können, drohen auszusterben, bevor sie klimatisch günstige, neue Areale besetzen können. Vor allem in Gebirgsregionen kann es zur Verinselung von Populationen auf wenigen klimatisch vorteilhaften Reliktstandorten kommen, zwischen denen wegen klimatischer und topographischer Barrieren kein genetischer Austausch mehr möglich ist. Deratige Vorgänge
führten in Europa während des Wechsels von Eis- und Warmzeiten zum Verlust von Arten und
genetischer Vielfalt. Umso beunruhigender ist es, daß als Folge des anthropogenen Treibhauseffekts eine Erwärmung prognostiziert wird, die um den Faktor 10 schneller vonstatten
gehen könnte als die Erwärmung nach der letzten Eiszeit.
Die Auswirkungen eines Klimawandels auf Niederschlagsverteilungen und –intensitäten
bzw. Abflußregime und allgemeine Veränderungen der Wasserhaushaltskomponenten sind
bislang nur mit großen Unsicherheiten abzuschätzen. Obwohl in Klimamodellen zunehmend
mehr Kompartimente der Ökosphäre einbezogen werden (Biosphäre, Kryosphäre, etc.) und
gleichzeitig eine immer kleinräumigere Betrachtung möglich wird, ist es bislang für ein „kleines“ Gebiet wie Norddeutschland kaum möglich, belastbare Prognosen zu erstellen. Dabei
spielt die raum-zeitliche Verteilung der einzelnen Prozesse eine entscheidende Rolle für das
Ausmaß klimabedingter hydrologischer Veränderungen der Wasserverfügbarkeit. So ist bei im
Mittelwert unveränderten, in den Extremen aber ausgeprägteren Niederschlagsabfolgen eine
Zunahme von Ausmaß und Häufigkeit für Hochwasserereignisse zu erwarten. Da der Zusammenhang zwischen Niederschlag und Gewässerabfluß stark nichtlinear ist, können veränderte
5
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Niederschläge bei den Abflüssen zu wesentlich signifikanteren relativen Änderungen führen.
Aussagen über eine Änderung des Hochwassergeschehens sind grundsätzlich nur bedingt
verallgemeinerungsfähig, da es sich bei Flußeinzugsgebieten um hochgradig nichtlineare Systeme handelt, welche den hohen natürlichen raum-zeitlichen Variabilitäten der treibenden Kräfte und Randbedingungen wie Topographie, Boden, Vegetation, Klima, Grundwasserverhältnisse und Gewässerzustand ausgesetzt sind (vgl. als Fallstudie: Caspary & Haeberli 1999). Im
Bereich der Auswirkungen möglicher Klimaänderungen auf das Hochwasserabflußgeschehen
sind deshalb quantitative Aussagen mit großen Unsicherheiten behaftet. Daneben können bei
Witterungsabläufen, in denen der Niederschlag zu einem sehr hohen Anteil den Boden infiltriert und anschließend wieder verdunstet, bereits geringe Niederschlagsverminderungen in der
Hauptvegetationszeit regionale Abflüsse stark verringern. Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit können insbesondere die Bereiche Trinkwasserversorgung, Binnenschiffahrt,
Kühlwasserversorgung und zu einem ökonomisch geringeren Teil die Energieerzeugung durch
Wasserkraft betreffen. Verwertbare Analysen der Wasserverfügbarkeit sollten deshalb im regionalen bzw. lokalen Maßstab erfolgen. Bei einem denkbaren Rückgang des mittleren, langjährigen Niederschlagsdargebots (bei einem tendenziell weiter steigenden Bedarf) wären negative Wirkungen auf die Wasserwirtschaft zu erwarten. Gegenwärtig sind solche Effekte einer
Klimaänderung in der Bundesrepublik noch nicht offensichtlich. Daneben überlagern die kurzfristigen natürlichen Schwankungen des Wasserdargebots sowie andere ökonomische und
technische Faktoren der Wasserverfügbarkeit bislang diese längerfristige Tendenz. Im Rahmen eines Klimawandels sind bisher nur selten aufgetretene negative Auswirkungen lang anhaltender Trockenheits- bzw. Frostperioden auf die Schiffbarkeit der Binnenwasserstraßen
und Küstengewässer vorstellbar. Derartige Beeinträchtigungen der küstennahen und BinnenSchiffahrt könnten bei gehäuftem Auftreten weitgehende ökonomische Konsequenzen für diesen Wirtschaftszweig haben. Eine Gefährdung bzw. deutliche Beeinträchtigung der Versorgung der Industrie und privater Verbraucher ist jedoch aufgrund der in Deutschland bestehenden Infrastruktur und der daraus resultierenden Flexibilität des Gesamtverkehrs nicht zu erwarten.
Von der Klimafolgenforschung als relativ jungem, eigenständigem Forschungsbereich wird nun erwartet, daß die bislang vorliegenden sowie die weiterhin erzielten Resultate nicht isoliert voneinander
betrachtet werden, sondern daß sie in einer umfassenden „integrativen“ Perspektive miteinander in
Beziehung gesetzt werden, so daß die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und
Phänomenen in Natur- und Anthroposphäre sichtbar werden. Für eine solche Aufgabe gab es Anfang
der 90er Jahre relativ wenig gut erprobte Modelle. Selbstverständlich wurden bspw. im Rahmen des
UNESCO-Programms „Man and the Biosphere“ (MAB) schon Ansätze erprobt, die einer übergreifenden Sichtweise in interdisziplinären Projektverbünden Rechnung getragen haben. Es zeigte sich aber,
daß es aufgrund konzeptioneller und methodischer Schwierigkeiten meistens doch zu einer Gewichtung bestimmter Bereiche kam und so letztlich eine fachübergreifende, integrative Perspektive kaum
realisiert wurde (vgl. Becker et al. 1998; Fränzle & Daschkeit 1997).
6
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Vor diesem Hintergrund wurden hohe Erwartungen an die Entwicklung entsprechender Modelle bzw.
Modellvorstellungen insbesondere an das PIK gerichtet. Diese Erwartungen konnten zu einem großen
Teil nach unserer Einschätzung erfüllt werden, wenn man den Zusammenhang zwischen dem PIK auf
der einen Seite und der Einrichtung des „Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale
Umweltveränderungen“ (WBGU) im Jahre 1992 auf der anderen Seite sieht. In den seit 1993 jährlich
erscheinenden Gutachten wird – wie selten zuvor – eine konsequent interdisziplinäre Perspektive
eingenommen, und es werden auf dieser Basis mit hohem Personalaufwand auch neue Methoden
entwickelt, insbes. der sog. „Syndrom-Ansatz“ (vgl. hierzu WBGU 1993, 1996, 1998 sowie QuestionsAutorenteam 1998). Da wir in Kapitel 4 ausführlich auf diesen Ansatz eingehen, erübrigt sich eine
vertiefte Darstellung an dieser Stelle. Festgehalten werden muß, daß von diesem Ansatz wesentliche
Impulse für die Klimafolgen- und auch für die allgemeine Umweltforschung ausgehen. Diese Impulse
beziehen sich nicht nur auf die Konzeption und Organisation interdisziplinärer Verbundprojekte, sondern gleichsam auf die Konzeption ganzer Forschungsschwerpunkte: Es ist bspw. aus Österreich und
der Schweiz bekannt, daß dieser Ansatz zumindest als Heuristik die Integration unterschiedlicher
Wissensbestände unterstützen soll (zur Funktion solcher Heuristiken vgl. auch Tetens 1999). Darin
liegt aber auch ein Problem: Will man möglichst viel vom „Charme“ des Ansatzes nutzen, ist es notwendig, die Instrumentarien und Techniken der Modellierung (insb. „Qualitative Modellierung“ mit GISUnterstützung) anzuwenden. Für eine solche Modellierung bedarf es aber spezifischer Formen der
Datenakquisition bzw. –erhebung; diese Voraussetzung zu erfüllen, ist wiederum sehr voraussetzungsreich und bedarf einer nur hierauf abzielenden Vorbereitung.
2
Entwicklung des Forschungsprogramms „Klimaänderung und Küste“ (K&K)
Parallel zu den in Kapitel 1 erwähnten Entwicklungen wurde auf bundesdeutscher Ebene die Klimafolgenforschung in zweierlei Form verankert:
•
Im Jahr 1992 wurde das PIK gegründet (vgl. zu den derzeitigen Arbeitsschwerpunkten: PIK 1997).
•
Es wurden entsprechende Forschungsprogramme initiiert (K&K) bzw. konzipiert: Das ursprünglich
vorgesehene Programm „Klimaänderung und Alpen“ wurde aufgrund der schweizerischen Aktivitäten nicht realisiert, die Problematik „Klimaänderung und Landwirtschaft“ sollte nicht mehr als eigenständiges Programm, sondern im Rahmen der PIK-Aktivitäten mitbearbeitet werden.
In Deutschland wurde die globale Relevanz, aber auch die regionale Bedeutung der KlimafolgenThematik erstmals 1990 umfassend zur Kenntnis genommen, als die vom Bundesforschungsministerium (vormals BMFT, heute BMBF) getragene Klimaforschung (DKRZ, MPI für Meteorologie etc.) sowie ein wissenschaftlicher Klimabeirat und die Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“
schon einige Jahre existierten. Auf einem vom BMFT einberufenen Workshop in Bonn wurde erstmals
in einem breiten interdisziplinären Forum nicht nur die ökologische, sondern auch die gesellschaftliche
Tragweite der Klimaproblematik diskutiert. Eine Fülle offener Fragen nach Zeit, Art und Folgewirkungen eines (als hinreichend wahrscheinlich angenommenen) Klimawandels führten zum Beschluß eines nationalen „Förderschwerpunktes Klimafolgenforschung“ (vgl. Fischer & Stein [Hrsg.] 1991). Ent7
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
gegen der sonstigen politischen Gepflogenheiten zeigten auch fünf Bundesländer (Niedersachsen,
Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern) an dieser Bundesinitiative großes
Interesse. Ob man auf Länderseite vor allem einen vermehrten Zustrom von Forschungsmitteln im
Auge hatte oder tatsächlich die Ergründung von vermeintlich negativen Effekten von Klimaänderungen
bzw. Meeresspiegelanstieg auf den Küstenraum, bleibt bis heute im Dunkeln. Tatsache ist aber, daß
in einem Beschluß der Umweltministerkonferenz Norddeutschland (UMK Nord) vom März 1991 der
BMFT gebeten wurde, einen thematischen Förderschwerpunkt „Klimaänderung und Küste“ einzurichten. Der Förderschwerpunkt war als sog. „Bund-Länder-Vorhaben“ geplant, weil seitens der fünf bundesdeutschen Küstenländer eine Beteiligung an einer Projektförderung prinzipiell in Aussicht gestellt
wurde – im Nachhinein muß dieses als Modellversuch verstandene Förderkonzept leider als Totgeburt
angesehen werden, weil trotz mehrjähriger Verhandlungen keine Einigung über einen Finanzierungsschlüssel erreicht werden konnte, so daß der BMBF als (bis auf eine Ausnahme) alleiniger Förderer
des Schwerpunktes fungiert.
Was waren bzw. sind die Ziele, Merkmale und auch die Ansprüche, die mit dem Programm K&K verbunden wurden? Zunächst einmal wurde in einem mit Wissenschaftlern und Behördenvertretern besetzten Gremium ein sog. „Forschungsleitplan“ entwickelt, so daß auf dieser Grundlage eine Ausschreibung im Frühjahr 1994 stattfand. Die hierfür notwendigen organisatorischen, aber auch inhaltlichen Aufgaben wurden vom „Wissenschaftlichen Sekretariat K&K“, das später in „Abteilung für Forschungs- und Datenintegration im Verbundvorhaben Klimaänderung und Küste – AFFORD“ umbenannt wurde, übernommen. Folgende Merkmale des Programms, die sich auch im Forschungsleitplan
wiederfinden, sind charakteristisch:
•
Es sollte eine Schwerpunktverlagerung von den naturwissenschaftlichen Fragestellungen hin zu
den gesellschaftswissenschaftlichen Aspekten stattfinden; erstere haben in den letzten Jahren
und Jahrzehnten eindeutig dominiert.
•
Dies implizierte auch, daß Behörden, Entscheidungsträger sowie die Bevölkerung in die Forschung einbezogen werden sollten.
•
Es wurde ein sog. „top down“-Ansatz favorisiert, d.h.: Forschungspolitische Ziele werden relativ
klar vorgegeben, Forschungsnehmer werden entsprechend den Zielen ausgesucht. Ein „bottom
up“-Ansatz wurde bewußt verworfen, um eine klare Zielerfüllung erreichen zu können und um die
inhaltliche Synthese zu erleichtern.
•
Die Untersuchungen sollten querschnittsorientiert statt sektoral sein, d.h. u.a. umweltmedienübergreifend.
•
Der Anwendungsbezug und die Entwicklung von Entscheidungshilfen stand im Vordergrund.
•
Im Mittelpunkt der Untersuchungen sollte die Integration bzw. Synthese vorhandener Daten (und
vorhandenen Wissens) stehen und nicht die Primärdatenerhebung – dies wurde auch explizit als
Anspruch an die Projekte im Programm K&K formuliert.
Abbildung 2 zeigt die Struktur des inhaltlich-methodischen Ansatzes der Klimafolgenforschung im
Programm K&K im Überblick:
8
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Definition der Ursachen, Auslösefaktoren
(Realereignisse oder Szenarien)
Identifizierung betroffener Teilsysteme und Prozeßbereiche
(Hydrographie, Morphodynamik, Biologie, Sozioökonomie)
Analyse wesentlicher Prozeßreaktionen:
hydrodynamische, morphodynamische, ökologische Rückkopplung
Darstellen von gesamt-systemaren Wirkungen
(einschließlich der Auswirkungen im gesellschaftlichen Bereich)
Darstellung und Bewertung der Sensibilität bzw. Vulnerabilität des Küstenraumes
Analyse der Impaktwahrnehmung
und des Konfliktpotentials
Analyse der
Risiko-Wahrnehmung
Vorbereitung von Entscheidungshilfen
(Reaktions- und Anpassungsstrategien)
Analyse der
Kostenakzeptanz
Beeinflussung relevanter Planung:
Schadenminimierung; Vorsorge; Vermeidung
Abbildung 2: Inhaltlich-methodischer Ansatz der Klimafolgenforschung, hier spezifiziert für das Forschungsprogramm Klimaänderung und Küste
(Quelle: Sterr & Simmering 1997, S. 11)
Es sei an dieser Stelle vorweggenommen: Eine Integration / Synthese der Einzel- und Verbundprojekte in K&K konnte nur in ersten Ansätzen geleistet werden, weil die hierfür vorgesehene und extra eingerichtete Instanz (AFFORD) seit 1996 nicht mehr besteht. Hinzu kommt, daß die Klimafolgenforschung seit Mitte der 90er Jahre nicht mehr in dem Maße wie zuvor politisch gewollt wird. Dies wiederum lag nicht zuletzt an der Interpretation der IPCC-Ergebnisse von 1996: Dort wurden u.a. Szenarien für Temperaturentwicklung und Meeresspiegelanstieg nach unten korrigiert (um ca. 25-30%), so
daß diese „neuesten“ Erkenntnisse eine willkommene Argumentation für diejenigen darstellten, die die
potentiellen Folgen eines Klimawandels ohnehin für übertrieben hielten.
2.1
Klimafolgenforschung und Sozialwissenschaften
9
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Aus Abbildung 2 geht auch hervor, daß den Sozialwissenschaften im Prinzip ein recht großer Raum
gewährt wurde; es sollten bewußt sozialwissenschaftliche Projekte gefördert werden, um den „historischen Vorsprung“ der Naturwissenschaften ein wenig zu verringern. Tatsächlich aber haben auch in
diesem Forschungsprogramm die naturwissenschaftlich ausgerichteten Untersuchungen ein deutliches Übergewicht. Dies mag im übrigen auch an der spezifischen Zugangsweise der Sozialwissenschaften zur Klimafolgenproblematik liegen (vgl. Stehr & v. Storch 1999). Die vielgestaltigen Ansätze
können hier nicht dargestellt, sondern es sollen lediglich exemplarisch einige hiermit verbundenen
Aspekte ausgeführt werden:
•
Die Suche nach Kausalbeziehungen zwischen Klima und Gesellschaft gestaltet sich schwierig.
Und es wird auch die Meinung vertreten, daß man solche Bezüge gar nicht finden könne, sondern
damit eher noch einer einer Art klimadeterministischer Perspektive Genüge tun würde. „Um es auf
den Punkt zu bringen: Die sozialen, politischen, ökonomischen Bedingungen sind nicht nur in der
gegenwärtigen Welt so komplex, fragil und widersprüchlich, daß jede globale kausale Beziehung
zwischen Klima und tatsächlichen Lebensbedingungen und kulturellen Mustern als rein spekulativ
angesehen werden muß, daß auf Grund der unzähligen Variablen wissenschaftlich keine Regelhaftigkeit belegt werden kann“ (Stehr & v. Storch 1997, S. 562).
•
Genauso wie man in den Naturwissenschaften zwischen verschiedenen Scales und Maßstäben
unterscheiden muß, so müssen auch unterschiedliche gesellschaftliche Ebenen betrachtet werden: Individuen, Gruppen, Verbände, gesamtgesellschaftliche Ebene u.a.m.
•
Soziales Handeln besteht aus formellem und informellem Handeln, und letzteres ist zwar von großer Bedeutung, aber nur sehr umständlich erfaßbar.
•
Die Wahrnehmung und Einschätzung bestimmter Sachverhalte erfolgt entlang bestimmter Filter
und verschiedener Dimensionen, z.B. ästhetisch, ökonomisch, politisch etc. Gelegentlich wird in
diesem Zusammenhang auch von der „sozialen Konstruktion Klima“ gesprochen.
•
Die sozialen Folgen möglicher Klimaänderungen sind nur unter großen Unsicherheiten bestimmbar, wobei die Verbindung der Zeitskalen von natürlichen und sozialen Phänomenen nur schwer
in Einklang zu bringen ist.
Insgesamt betrachtet ist deutlich geworden, daß sozialwissenschaftlichen (sozio-ökonomischen) Untersuchungen ein hoher Stellenwert in der küstenbezogenen Klimafolgenforschung beigemessen wurde; gleichzeitig mußte erkannt werden, daß die Voraussage gesellschaftlicher Vorgänge meist nur
über kurze Zeiträume gedacht werden kann – ganz im Gegensatz zu Klimamodellen, die meist einen
Prognosezeitraum bis zum Jahr 2050 bzw. 2100 umfassen. In den Sozialwissenschaften ist die Prognoseproblematik schon lange bekannt, so daß die Erwartungen in diesem Punkt u.E. ein wenig mißverständlich waren (vgl. auch Stiens 1996).
Ein eindeutiger Fokus auch in den umfänglichen Untersuchungen des IPCC stellen die ökonomischen
Analysen dar. Dabei geht es schwerpunktmäßig um die Ermittlung sog. „Anpassungskosten“ („Welche
Kosten entstünden, wenn bestimmte Auswirkungen eines Klimawandels eintreten?“) einerseits und
Vermeidungskosten andererseits („Welche Kosten entstünden, wenn wir präventiv schon heute Ab10
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
schwächungsmaßnahmen einleiten, die die Folgen eines möglichen Klimwandels erst gar nicht entstehen lassen bzw. nur in deutlich geringerem Ausmaß?“).
Derartige Analysen, die an ungleich differenzierteren Ausgangsfragestellungen ansetzen und hierfür
eine Vielzahl verschiedener Modelle bzw. Methoden einsetzen, sind meistens auf eine globale Ebene
bezogen. Regionale – z.B. subnationale – Studien liegen hingegen nur selten vor, da die hierfür benötigten Klimaänderungsprognosen nicht in einer angemessenen räumlichen Auflösung vorliegen. Außerdem existieren derzeit nicht die geeigneten ökonometrischen Modelle mit einem regionalen Bezug
und für Fragestellungen der Klimafolgenforschung, so daß Neuentwicklungen notwendig sind (vgl.
Knogge 1998, S. 11).
Nicht zuletzt aus politischem Interesse heraus nehmen – wie erwähnt – ökonomische Studien den
breitesten Raum im Bereich der Sozialwissenschaften ein. Längerfristige Betrachtungen finden sich
dabei wiederum nur vereinzelt, wohl auch aufgrund der grundsätzlichen Prognoseschwierigkeiten im
gesellschaftlichen Bereich. Die vorliegenden Studien sind zum einen qualitative Beschreibungen einzelner Sektoren (Landwirtschaft, Gesundheit o.ä.), wobei die Interdependenzen zwischen den Sektoren meist nicht betrachtet werden. Zum anderen wurden quantitative Studien durchgeführt, deren Ergebnisse
a) abhängig von den jeweiligen Methoden und
b) abhängig von den jeweils ausgewählten Annahmen sind,
wodurch eine Vergleichbarkeit bzw. Verallgemeinerbarkeit eingeschränkt ist. Von daher sind die Ergebnisse für regionale Betrachtungen nur bedingt aussagekräftig, zumal auch die potentiellen Klimaänderungsfolgen regional differenziert sein werden.
Die nachfolgende Abbildung 3 zeigt nochmals synoptisch, daß aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht
viele Defizite bestehen und regionale Studien notwendig sind: „Der direkte Übergang vom globalen
Klimaszenario hin zu ökonomischen Folgen überspringt die tatsächlichen regionalen klimatischen
Änderungen und deren Folgen für die ökologischen, hydrologischen und geographischen Begebenheiten. Erst nach Analyse dieser Zwischenschritte sind sinnvolle Aussagen zu sozioökonomischen Folgen des globalen Klimawandels möglich“ (Knogge 1998, S. 21).
11
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
+
-
+
+
-
+
+
+
Quant.
+
-
-
Qual.
+
-
-
Studien*
-
+
Methoden
+
+
globale Ausrichtung
-
+
regionale Ausrichtung
+
+
Verwendung einer regionsspezifischen Klimaprognose
qualitativer Ansatz
-
ND
-
-
-
+
-
-
-
-
Nutzung quantitativer Methoden
Beachtung der Interdependenzen zwischen Bestandsund Stromgrößen
+
-
+
-
-
-
-
-
Berücksichtigung der
Deichbauten
-
-
-
-
-
+
-
-
+
-
-
-
zeitliche Anpassung der sozioökonomischen Entwicklung an die Klimaprognose
-
Berücksichtigung der regionsspezifischen Landnutzung
Berücksichtigung sektoraler Interdependenzen
BB
S.-H.
W.-M.
N./O.
* Die Studien entsprechen folgenden Fallstudien: Qualitative Analyse einzelner Betroffenheitsbereiche (Qual.),
Quantitative Analyse globaler Folgekosten (Quant.), Extremer Nordsommer 1992 im Norddeutschen Raum (ND),
Klimaänderung in Brandenburg (BB), Bewertungsgutachten für die potentiell überflutungsgefährdeten Gebiete an
den Küsten Schleswig-Holsteins (S.-H.), Bewertungsgutachten für Deichbauvorhaben an der Festlandküste –
Modellgebiet Wesermarsch (W.-M.), Klimafolgenbewertung der deutschen Nord- und Ostseeküste (N./O.)
Abbildung 3: Ökonomisch orientierte Studien in der Klimafolgenforschung und Methoden
(Quelle: Knogge 1998a, S. 20)
12
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Im Sinne der o.g. Ausführungen ist auch bei der interdisziplinär bzw. integrativ angelegten MINKStudie (= Missouri, Iowa, Nebraska, Kansas) erkennbar, daß lediglich geringe Effekte eines regionalen Klimawandels gesehen werden. Diese betreffen zudem Sektoren, deren Anteil an der Wertschöpfung relativ gering ist: Landwirtschaft, Forstwirtschaft; Wasserwirtschaft und der Energiesektor haben
indes eine relativ gesehen größere Bedeutung.
2.2
Ergebnisse in der Klimafolgenforschung und abgeschlossener Vorhaben in K&K
Welche Untersuchungen sind nun für Deutschland bzw. den deutschen Küstenraum durchgeführt
worden, und welche Ergebnisse konnten erzielt werden?
In der sog. „Nordsommer ´92“-Untersuchung des PIK wurden sowohl quantifizierende (modellgestützte) Analysen als auch qualitative Betrachtungen vorgenommen (für eine Kurzdarstellung siehe Kartschall & Flechsig 1998). Für einzelne Sektoren konnten dabei sowohl stark positive als auch stark
negative Folgen ermittelt werden. Quantifiziert wurden bspw. die Auswirkungen in Bezug auf die
Forstwirtschaft. Ingesamt gesehen waren die Auswirkungen dieser ungewöhnlich lang andauernden
Trocken- und Hitzeperiode nicht so einschneidend wie anfangs vermutet – und wie es auch entsprechend in den Medien (regional und überregional) beschrieben wurde. Mindestens ebenso bedeutend
war der seinerzeit fundamentale Strukturwandel der Landwirtschaft in den Neuen Bundesländern. Der
Klimaimpakt kam hier als zusätzliche, erschwerende Randbedingung hinzu. Die Auswirkungen generell trafen aber größtenteils auf eine Gesellschaft, die einen derartigen Impakt vergleichsweise „gut“
verarbeiten konnte, d.h., es gab eine Reihe von bestehenden Institutionen, die negative Folgen zumindest teilweise ausgleichen konnten. Eine solche Einschätzung wurde auch angesichts der untersuchten norddeutschen Bevölkerung nahegelegt, die keineswegs eine besondere Bedrohung durch
eine Klimakatastrophe sah. Und auch aus den Medien war das Thema mit Einsetzen der ersten Niederschlagsereignisse „weggeschwemmt“.
Die Studie über das Bundesland Brandenburg (auch am PIK angesiedelt) war rein qualitativ orientiert
und diente als Vorbereitungsstudie für eine größere Untersuchung auf der Basis von Simulationsmodellen. An dieser Stelle wird hierauf nicht weiter eingegangen (vgl. Stock & Tóth [Hrsg.] 1996).
Für den Raum Weser-Marsch wurde in anderem Zusammenhang untersucht, welche Vermögens- und
Wertschöpfungsverluste zu erwarten sind, wenn bestimmte Deichvorhaben durchgeführt werden (diese Untersuchung ist zwar nicht klimafolgenbezogen, dennoch wird sie hier erwähnt, weil die angewandte Methodik für klimafolgenbezogene Studien als Basis diente; siehe Kapitel 2.3 und 2.4). Auf
der Grundlage der Daten der amtlichen Statistik wurden daher entsprechende Berechnungen vorgenommen. Für diesen Kontext ist relevant, daß alles jenseits einer ökonomischen Betrachtungsweise
ausgeklammert wurde, mithin nicht zum Gegenstand einer Analyse und Bewertung werden konnte.
Ökologische Verluste bspw. spielten somit keine Rolle – für eine Betrachtung der Auswirkungen eines
möglichen Klimawandels wäre diese Einschränkung unvorteilhaft.
13
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Relativ frühzeitig wurden im Programm K&K zwei Pilotprojekte gestartet, die sich mit sozialwissenschaftlichen Ansätzen in der Klimafolgenforschung auseinandersetzen bzw. die methodischen Möglichkeiten für interdisziplinäre Analysen (exemplarisch) untersuchen sollten. Die Absicht des erstgenannten Projektes war es (vgl. Bechmann et al. 1996), auf der Basis der existierenden sozialwissenschaftlichen Ansätze in der Umweltforschung einen konzeptionellen Rahmen für eine gesellschaftsbezogene Klimafolgenforschung zu entwickeln. Weil dieses Projekt schon an anderer Stelle umfassend
resümiert wurde (Daschkeit 1997; Sterr & Simmering 1997), soll an dieser Stelle nur darauf hingewiesen werden, daß in erster Linie ein ungenügender Bezug zur Situation im deutschen Küstenraum
konstatiert werden mußte – es muß allerdings gesehen werden, daß es im Küstenraum kaum (empirische) sozialwissenschaftliche Umweltforschung gibt. Ein weiterer Schwerpunkt dieses Projektes (eine
detaillierte Schilderung der Prognose-, Erkenntnis- und Unsicherheitsbedingungen im Bereich der
Klima- und Klimafolgenforschung) wurde vielerorts als zu abstrakt empfunden, obwohl natürlich dieser
Aspekt eine bedeutende Rolle auch in der politischen Diskussion spielt. Das zweitgenannte Projekt
zielte ebenfalls auf die „Formulierung eines konzeptionellen und methodischen Rahmens für eine gesellschaftsbezogene Klimafolgenforschung“ ab (Krupp & Blank 1995, S. 6), aber mit spezifischem
Blick auf Methodenentwicklung und einer exemplarischen Betrachtung des norddeutschen Küstenraumes (vgl. auch Krupp 1995). Abgesehen davon, daß man mit einem solchen Anspruch in gewissem Sinne die ganze Palette der in K&K vorgesehenen Forschungen „erschlägt“, sollten in einer exemplarischen, empirisch angelegten Studie Methoden für interdisziplinäre Projekte ausprobiert und
weiterentwickelt werden. Ähnlich wie in der zuvor erwähnten Studie nimmt die Diskussion von Unsicherheiten eine breiten Raum ein. Ein naiver Klimadeterminismus sei völlig unangebracht und vernächlässige die eigendynamische, interpretations- und bewertungsabhängige Dimension von Klimaereignissen und Klimaentwicklungen durch die Gesellschaft (vgl. auch Stehr & v. Storch 1999). An
zwei Beispielen (Fremdenverkehr in Schleswig-Holstein einerseits und Unsicherheit im Politikfeld
Hochwasserschutz in Hamburg andererseits) wird folgerichtig ein Mix aus qualitativ und quantitativ
orientierten Methoden gewählt. Auch diese Studie wurde bereits an anderer Stelle ausführlich resümiert, so daß sich abschließend die Frage stellt: Haben diese Pilotprojekte zu einer Stärkung der Sozialwissenschaften in der Klimafolgenforschung geführt? Aus unserer Sicht wurde diese Intention nur
teilweise erfüllt, da die Untersuchungen z.T. zu abstrakt angelegt waren, z.T. aber auch überzogene
Erwartungen an sie gestellt wurden.
In den beiden folgenden Kapiteln werden zwei Untersuchungen dargestellt, die unmittelbare Relevanz
für die Thematik K&K haben: 1. Die IPCC-Case-Study für den deutschen Küstenraum (Kapitel 2.3)
und 2. das Bewertungsgutachten für die Küsten Schleswig-Holsteins (Kapitel 2.4).
2.3
Die IPCC-Case-Study für den deutschen Küstenraum
Als Basis dieser Vulnerabilitäts- bzw. Gefährdungsanalyse für den gesamten deutschen Küstenraum
wurden aus Vergleichbarkeitsgründen mit anderen Küstenregionen die Szenarien und Annahmen des
IPCC zugrundegelegt. Daraus ergibt sich ein angenommener Meeresspiegelanstieg von 1 m bis zum
Jahr 2100 sowie eine Verkürzung des Wiederkehrintervalls von Sturmfluten von 1x in 100 Jahren auf
14
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
1x in 7 Jahren. Um auf dieser Grundlage eine Abschätzung der Vulnerabilität anhand einer international standardisierten Methode (Common Methodoly) vornehmen zu können, mußte
•
eine GIS-gestützte Inventarisierung des Küstenraumes (im Maßstab 1:5.000 bis 1:250.000),
•
eine Bestimmung der Anfälligkeit gegenüber Sturmfluten (rascher Meeresspiegelanstieg: 1 m /
Jh.; moderater Anstieg: 30 cm / Jh.),
•
eine Aufnahme des Küsten- bzw. küstennahen Reliefs und
•
eine Inventarisierung der Küstenschutzanlagen erfolgen sowie
•
die Bestimmung der Auswirkungen (bzgl. Menschenleben, materieller Werte, ökologisch wertvoller
Lebensräume),
•
die Erstellung eines Vulnerabilitätsprofils und letztlich
•
der Vergleich zu anderen Küstenregionen
vorgenommen werden. In Abbildung 4 (auf der folgenden Seite) sind die untersuchten Impakts auf die
einzelnen Sektoren in qualitativer Weise aufgeführt. Besonders deutlich wird hierbei, daß das Sturmflutgeschehen und die dadurch bedingte Überflutung von Küstenräumen alle Sektoren beeinflußt; die
Küsten-Ökosysteme wiederum werden von allen hier aufgeführten Impakt-Parametern beeinflußt.
Daraus folgt, daß eine Bewertung im Hinblick auf Ökosysteme bzw. die daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Funktionen dieser Systeme (siehe auch Abbildung 1) unumgänglich ist, obwohl hier
die Bewertungsproblematik nur in Ansätzen bearbeitet ist. Letztlich sind es die bei extremen Wetterlagen auflaufenden Höchstwasserstände, viel mehr als der mittlere Pegelanstieg, die für Bewohner und
Sachwerte an der Küste eine Gefährdung darstellen und die Grundlage für Küstenschutzbauten und investitionen bilden. Nachweisbar haben sich an der Nordseeküste die Maximalwasserstände in den
letzten drei Jahrzehnten (seit der für die Küstenschutzplanung maßgeblichen „Jahrhundertflut" von
1962) signifkant erhöht. Die Häufigkeit betreffend läßt sich inzwischen eine Zunahme der leichteren
Sturmfluten für Nord- und Ostsee statistisch nachweisen, für mittlere und schwere Sturmfluten sind
(z.T. mangels genügend langer Datenreihen) signifikante Trends derzeit nicht ableitbar.
15
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Impakts
Sektoren
⊗
Bebauung
⊗
⊗
Landwirtschaft
Schiffahrt
⊗
(⊗)
Tourismus
Hafenwirtschaft
⊗
Industrie
⊗
⊗
Sturmfluten
Küstenüberflutung
⊗
⊗
Binnenhochwasser
⊗
⊗
⊗
⊗
Fischerei
Wasserwirtschaft
⊗
⊗
⊗
⊗
⊗
(⊗)
⊗
Versicherungen
Abbau mineral.
Stoffe
Energie
KüstenÖkosysteme
Salzwasserintrusionen
⊗
⊗
⊗
Erosionen
⊗
(⊗)
⊗
(⊗)
⊗
⊗
⊗
Sedimentänderungen
⊗
⊗
⊗
⊗
Stürme
⊗
⊗
⊗
⊗
⊗
⊗
Trophierungsgrad
⊗
(⊗)
⊗
⊗
⊗
Abbildung 4: Übersichtsmatrix zu den klimabedingten Auswirkungen auf Sektoren der Küstennutzung
(Quelle: Sterr & Simmering 1997, S. 60)
Anhand eines nach pragmatischen Gesichtspunkten sowie unter Berücksichtigung der Datenverfügbarkeit entworfenen Kapitalisierungsschemas (vgl. Sterr & Simmering 1997, S. 63 nach Behnen 1996)
konnte so die sozio-ökonomische Vulnerabilität der Küstenräume in den betroffenen Bundesländern
abgeleitet werden (vgl. Abbildung 5).
16
A. Daschkeit & H. Sterr
Datenbestand:
1992
Forschungsstand
16.4.1997
SchleswigHolstein
Klima – Küste – Gesellschaft
Niedersachsen
MecklenburgVorpommern
Hamburg²
Bremen
Deutschland
Fläche
(in ha/in %)
220 873
9%
22 650
30%
37 189
92%
1 726 697
4,38%
Maximalszenario
506 232
33%
939 753
20%
Realszenario
396 203
26%
687 088
15%
4 784
9 398
883
227
568
15 860
Maximalszenario
632 921
23%
1 460 795
19%
319 148
17%
180 000
11%
631 120
92%
3 223 984
3,95%
Realszenario
470 912
17%
1 083 871
12%
5 634
4 104
1 277
1 800
6 290
29 609
Maximalszenario
188 458
22%
410 377
16%
154 175
18%
140 000³
16%
270 000
92%
1 163 010
3,86%
Realszenario
143 401
17%
306 986
12%
1 617
4104
617
1 400
3 238
10 976
Maximalszenario
165 242
24%
331 436
18%
75 189
17%
75 338
16%
174 206
92%
821 461
4,43%
Realszenario
124 880
18%
244 165
13%
1 463
3 314
Gefährdet
32 338
80%
Einwohner
(abs./in %)
Gefährdet
548 800
80%
Arbeitsplätze
(abs./in %)
Gefährdet
234 772
80%
Gesamtsumme
(in Mio. DM/ in %)
Gefährdet
151 483
80%
301
754
1 742
7 574
Erläuterung:
Maximalszenario = betroffene Werte im Bereich unter 10m an der Nordsee oder 5m an der Ostsee
Realszenario
= betroffene Werte im Bereich unter 5m an der Nordsee und unter 5m an der Ostsee
5
6
Gefährdet
= Produkt von „Maximalszenario“ und Überflutungswahrscheinlichkeit (Nordsee 1:100 , Ostsee 1:250
2: unter Verwendung von Gefährdungsdaten der Baubehörde Hamburg
3: alle Arbeitsplätze
4: Gesamtsumme alle immobilen Werte (Fläche, Wohnungen, Öffentlicher Tiefbau, Sachvermögen aller Wirtschaftsbereiche)
5: allgemein anerkannter, langfristiger Wert für die Deichsicherheit
6: geschätzter Wert (schwer definierbar wegen zu geringer Datenreihe, liegt vermutlich zwischen 1:200 und 1:300)
 T. Behnen
Abbildung 5: Sozio-ökonomische Vulnerabilität Deutschland
(Quelle: Sterr & Simmering 1997, S. 66)
Es zeigt sich, daß zwischen den Auswirkungen bei Annahme des sog. „Maximal“-Szenarios und denjenigen bei Annahme des sog. „Real“-Szenarios keine sehr großen Abweichungen festzustellen sind.
17
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Eine weitergehende Betrachtung (Abbildung 6) zeigt, daß auch die ökologischen Folgen, die sich –
bislang – einer Monetarisierung entziehen, konkretisiert werden können:
Es ist zu erwarten, daß die Probleme der binnenseitigen Entwässerung zunehmen werden und daß es
zu einem verstärkten Eindringen von Salzwasser in Bereiche des Grundwassers bzw. von Böden
kommen wird. Auch ist eine dauerhafte Überflutung amphibischer Uferzonen und Feuchtgebiete sowie
eine Reduzierung sandiger Strand- und Dünenökosysteme durch Erosion zu erwarten. Insgesamt
gesehen, können durch diese Folgen im Bereich Küstenschutz möglicherweise hohe zusätzliche Kosten entstehen, die sogar noch höher ausfallen können, wenn in größerem Umfang Entwässerungsmaßnahmen vorgenommen werden müssen. Daß heißt, daß die möglichen Schäden höher zu veranschlagen sind, als das bislang angenommen wurde. Deutlich wird daraus, daß hinsichtlich der möglichen Betroffenheit von Flächen, Bevölkerung und Sachwerten die Folgen eines solchen Szenarios
über das gemeinhin angenommene Maß hinausgehen würden, wobei die fünf deutschen Küstenländer unterschiedlich stark gefährdet sind. Selbst unter der Annahme, daß durch umfängliche Küstenschutzanstrengungen die tatsächlichen Risiken auch künftig nicht die dargestellten erreichen werden,
zeigt die Berechnung große ökonomische und ökologische Wirkungen auf. So könnten an der Nordsee 50% oder mehr der Außendeichsflächen (Salzwiesen und Wattflächen) langfristig verloren gehen.
Für eine Erhöhung bzw. Verstärkung der Deiche sowie für die zusätzlich erforderlichen technischen
Aufwendungen, die zur Entwässerung des Deichrücklandes notwendig werden könnten, müßten wohl
künftig Kosten bis zum doppelten der bisherigen Summe (250 Mio DM/a) veranschlagt werden. Die
ökologische wie ökonomische Bedrohung scheint somit zu rechtfertigen, daß rasche Schritte zu einem
'integrated coastal zone management' eingeleitet werden, wie dies von IPCC angemahnt wird.
18
Klima – Küste – Gesellschaft
A. Daschkeit & H. Sterr
betroffene Bevölkerung
betroffene Fläche (km²)
a) bis +10m NN
Gesamtfläche (km²)
Küstenlänge (km)
3,3
244
(13%)
331,4
(18%)
14.000
146.000
14.600
1,46 Mio
(19%)
6.900
(15%)
9.400
(20%)
47.430
880
(23,4%)
+10%
1,7
151
(80%)
174,2
(92%)
7.000
63.000
6.300
631.000
(92%)
323
(80%)
372
(92%)
404
80
(2,1%)
-
?
0,75
51
(9%)
75,4
(16%)
2.060
18.000
1.800
180.000
(11%)
150
(20%)
227
(30%)
755
100
(2,7%)
1.250
(45%)
+10%
+30%
1,5
124
(18%)
165,2
(24%)
5.000
45.000
5.600
633.000
(23%)
4.000
(26%)
5.062
(33%)
15.650
995
(26,4%)
SchleswigHolstein
110
(50%)
-45
(-20)
+5%
+100%
0,35
80
(9,5%)
75,2
(17%)
2.000
37.000
1.480
319.000
(17%)
2.210
(9%)
23.400
1.710
(45,4%)
MecklenbgVorpommern
>260
410
-
ca. 2.400
-
1-2 Tsdqkm
7,5
650
821,4
30.000
309.000
29.800
3,22 Mio
13.583
15.061
87.640
3.765
-
-
-
0,05%
3%
4,5%
0,04
0,3%
0,03%
4%
3,8%
4,2%
23%
100%
BRD
gefährdete Bevölkerung (1995) (betr.
Bev.*W-keit d. Überflutung)
+50%
+10%
-
1.530
(55%)
50
80
Gesamt
gefährdete Bevölkerung in 2100:
a) ohne Maßnahmen
+10%
-
-
60
90
+ 200%
Hamburg
b) mit Maßnahmen
1.100
(52%)
-
60
100
+60% ?
Bremen
VAC: zusätzliche Beeinträchtigung
- Zunahme von Entwässerungsfläche
1.200
(57%)
?
20
----
Niedersachsen
- Zunahme Versalzung
90
120
-----
Küstenschutzkosten (Mio. DM):
derzeit jährlich
pro Jahr bis 2100 (geschätzt)
b) mit Maßnahmen
statist. Sachwertverluste (Mrd. DM)
(Werte*W.-keit d. Überflutung)
b) Realszenario (Mrd. DM)
potentielle Sachwertverluste:
a) maximal (Mrd. DM)
b) bis +5m NN
Verlust von Feuchtgebieten (Watten,
Salzwiesen in km²)
a) ohne Maßnamen
+50% ?
zusätzliche Entwässerungskosten
Abbildung 6: Mögliche Betroffenheit der deutschen Küste bei einem 1m-Meeresspiegelanstiegsszenario
(Quelle: Sterr & Simmering 1997, S. 71)
Dennoch darf nicht übersehen werden, daß trotz aller Gefährdungen die Situation im deutschen Küs-
tenraum im Vergleich zu anderen Regionen relativ günstiger ist, was nicht zuletzt daran liegt, daß in
Deutschland entsprechende Kapazitäten zur Gefahrenabwehr bzw. –vorsorge grundsätzlich zur Ver-
19
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
fügung stehen. Dies betrifft nicht nur die finanzielle, sondern ebenso die Seite des küstenschutztechnischen Wissens sowie der planerischen Möglichkeiten (vgl. auch MLR [Hrsg.] 1998).
2.4
Gefährdungsabschätzung für die Küsten Schleswig-Holsteins
Während die in Kapitel 2.3 in knapper Form dargestellte IPCC-Studie den gesamten deutschen Küstenraum untersuchte und von daher keine allzu differenzierten Aussagen möglich sind, wurde im Auftrag des schleswig-holsteinischen Ministeriums für ländliche Räume (MLR) mit einer ähnlichen Herangehensweise eine Gefährdungsabschätzung für die Küsten des Landes durchgeführt. Auf Einzelheiten
kann (und soll) an dieser Stelle nicht eingegangen werden (vgl. dazu Hamann 1998), es geht hier
vorrangig um die Vorgehensweise und die grundsätzlichen Ergebnisse.
Auf der Basis verschiedener analoger und digitaler Kartenwerke wurden zunächst die überflutungsgefährdeten Gebiete (Köge und Niederungen) ausgewiesen sowie im Anschluß daran die Infrastruktur
und die Gewässer identifiziert, die in diesen Gebieten liegen. Zudem wurde die (aktuelle) Landnutzung
dieser gefährdeten Regionen berücksichtigt. Die Ermittlung eines Schadenspotentials wurde dann
unter Berücksichtigung weiterer Informationen (u.a. Bodengüteinformationen, Einwohnerzahlen, sozioökonomische Kennwerte) vorgenommen und differenziert nach den Überflutungsräumen vorgenommen, so daß letztlich das Schadenspotential differenziert nach Höhenschichten ausgewiesen werden
konnte.
Die Gesamtwerte der wichtigsten Bewertungskategorien sind in der nachfolgenden Abbildung 7 aufgeführt; sie sollten allerdings nur unter Kenntnis der verwendeten Methodik interpretiert werden.
Westküste
Ostküste
Gesamt
1.516
461
1.977
141.766
178.555
320.321
13.286
16.977
30.263
Hausrat in Mrd. DM
5.314
6.791
12.105
Kapitalstock in Mrd.
12.328
36.366
48.694
0.818
2.415
3.233
31.746
62.549
94.295
Fäche in km²
Einwohner
Wohnungsbauvermögen in Mrd. DM
(Gebäudewerte)
DM (Bruttoanlagevermögen)
Vorratsvermögen
Summe in Mrd. DM
Abbildung 7: Gesamtwerte der wichtigsten Bewertungskategorien in den potentiell überflutungsgefährdeten Gebieten
(Quelle: Hamann 1998, S. 172)
20
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
In diesem Kontext sind nicht die einzelnen Werte von vorrangigem Interesse, sondern die folgenden
Sachverhalte: Zum einen ist hervorzuheben, daß die Ergebnisse mit denen der bundesweiten Studie
für den Raum Schleswig-Holstein relativ gut übereinstimmen. Das war nicht unbedingt zu erwarten,
denn eine detailliertere und kleinräumigere Betrachtung berücksichtigt lokale Verhältnisse überproportional. Zum anderen ist aufgrund der gewählten Vorgehensweise in Anlehnung an die IPCC-Studie
sowie das Weser-Marsch-Gutachten (siehe Kapitel 2.2) auch hier keine Betrachtung der ökologischen
Gefährdungen erfolgt, die aber für eine gesamthafte Einschätzung möglicher Klimafolgen durchaus
bedeutsam ist. Hinzu kommt, daß die überwiegend ökonomisch ausgerichteten Bewertungsmaßstäbe
zwar pragmatisch an den vorhandenen Daten der amtlichen Statistik ausgerichtet waren, es wäre
aber möglicherweise weiterführend gewesen, sich des Methodeninventars ökonomischer Ansätze
(i.e.S.) zu bedienen (vgl. weiter oben das Zitat von Knogge). Diese „kritischen“ Anmerkungen sollen
aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die erarbeitete Datengrundlage sowie die Bewertung eine für
viele Belange wertvolle Basis sind. Aus diesem Grund werden nachfolgend einige Ergebnisse angeführt, die gewissermaßen im Vorgriff auf Kapitel 3 (Fallstudie Sylt) zu sehen sind.
Die Insel Sylt bzw. die Teile der Insel, die unterhalb der 5m-Höhenschicht liegen, gehören zu den
zehn größten potentiell überflutungsgefährdeten Bereichen an der Westküste Schleswig-Holsteins.
Diese Tatsache ist vor allem deshalb relevant, weil in diesen Bereichen eine nennenswerte Bevölkerungsdichte festzustellen ist: Sylt gehört zu den zehn bevölkerungsreichsten Räumen an der Westküste des Bundeslandes, die potentiell überflutungsgefährdet sind. Von noch größerer Bedeutung ist der
Sachverhalt, daß die Insel zu den zehn potentiell überflutungsgefährdeten Bereichen mit den größten
Sachwerten gehört (Sachwerte sind als das Gesamtrealvermögen in DM definiert).
2.5
Projektverbünde in K&K
Bislang wurden überwiegend Ergebnisse von Vorhaben ausgeführt, die bereits abgeschlossen sind.
Nach wie vor aber sind im Forschungsprogramm K&K Vorhaben angesiedelt, die noch andauern und
(überwiegend) im Jahr 2000 abgeschlossen sein werden. Der Vollständigkeit halber wird in diesem
Kapitel auf die noch laufenden Verbundprojekte eingegangen – ausgenommen die Fallstudie Sylt, die
in Kapitel 3 etwas ausführlicher dargestellt wird. Am Rande sei darauf hingewiesen, daß diese Verbundprojekte zu einem Zeitpunkt gestartet sind, als die potentielle Integrationsabteilung AFFORD
aufgelöst wurde (Ende 1996 bzw. Anfang 1997). Anders – nicht ohne Ironie – formuliert: Als das Programm K&K „so richtig mit Leben gefüllt wurde“, fiel die Instanz weg, die für eine übergreifende Zusammenarbeit und den verbundprojektübergreifenden Informationsaustausch sorgen sollte (vgl. auch
Sterr 1998). Von daher gab und gibt es auch niemanden, der die Ergebnisse für wissenschaftsinterne
wie –externe Zwecke (z.B. Politikberatung) synthetisiert und aufbereitet. Dies betrifft im übrigen auch
die GIS-gestützte Datenzusammenführung bzw. –verwaltung: Es zeichnet sich ab, daß auch hier
(wieder einmal) ein weiterer Datenfriedhof geschaffen wird, obwohl zu Beginn des Programms explizite Vorkehrungen getroffen wurden, um dem entgegenzuwirken. Man hatte nämlich durchaus die Erfahrungen aus anderen Forschungsprogrammen (z.B. zum Thema Waldsterben) berücksichtigt und
21
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
die entsprechenden Vorkehrungen getroffen, um die Ergebnisse und Daten für weitere Forschungsund Anwendungszwecke zur Verfügung zu stellen.
Im Vorhaben Klimawandel und Tourismus (abgeschlossen seit September 1998; vgl. Feige et al.
1999) wurde flächendeckend für den deutschen Küstenraum der Frage nachgegangen, wie sich der
Tourismus angesichts eines Klimawandels entwickeln könnte. Das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr (dwif) hat zusammen mit dem Nordeuropäischen Institut für Tourismusforschung (N.I.T.) und einem Teilprojekt des Meteorologischen Instituts in Hamburg (z.T. auch
des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg) mögliche Entwicklungspfade des Tourismus
entwickelt und diese u.a. mit Tourismusmanagern, Behördenvertretern und anderen „Akteuren“
„durchgespielt“. Gesamtziel des Vorhabens war die „Beschreibung der Sensibilität des Tourismussektors im norddeutschen Küstenbereich gegenüber einem möglichen Klimawandel, die Abschätzung des
möglichen Ausmaßes der Betroffenheit und die Bereitstellung von handlungsleitendem und entscheidungsrelevantem Orientierungswissen“. Es wurden zunächst Entwicklungspfade des Tourismus, dann
solche des Klimawandels und dann solche des Tourismus unter Einfluß des Klimawandels erarbeitet.
Als Methoden wurden eingesetzt:
•
Expertenrunden (Gruppendiskussionen, schriftliche und mündliche Befragungen),
•
interne Workshops im Projektteam und
•
Workshops mit einem wissenschaftlichen Projektbeirat (Klima-, Tourismus- und Sozialforscher).
Darüber hinaus wurden Auswertungen der amtlichen Statistik vorgenommen und in sog. „Strukturdatenblättern“ zusammengefaßt, die allerdings auf relativ große Gebiete bezogen sind. Beispielsweise
wird die gesamte schleswig-holsteinische Westküste als ein homogener Bereich behandelt.
Im Projektverbund KLIMU (Klimaänderung und Unterweserregion) wird in einem überwiegend naturwissenschaftlich ausgerichteten Vorhaben der genannte Raum untersucht. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht die Ermittlung der Empfindlichkeit hydrologischer, ökologischer und sozioökonomischer Systeme gegenüber einem möglichen Klimawandel. Von Interesse sind dabei naturgemäß bestehende und potentielle Konfliktfelder, wenn man von bestimmten Annahmen über die klimatische Entwicklung in den nächsten (ca.) 50 Jahren ausgeht. In naturräumlicher Hinsicht sind die Auswirkungen im Bereich Wasserwirtschaft bzw. Grundwasser prioritär, insbesondere bei einem Anstieg
des Meeresspiegels (vgl. Reinke 1998; Schirmer 1998). Über den Stand der Arbeiten können hier nur
wenige Aussagen gemacht werden, da es sich um ein laufendes Vorhaben handelt.
Die Zusammenführung (Integration) der verschiedenen (Zwischen-)Ergebnisse der Teilvorhaben wird
auf mehreren Ebenen vorgenommen, u.a. werden
•
Flächen- und Stoffbilanzen erstellt,
•
Wirkungsgeflechte zwischen anthropogenen und naturräumlichen Phänomenen ermittelt und
•
synoptische Bewertungen vorgenommen.
Das dritte umfangreiche Verbundvorhaben, daß sich mit den Auswirkungen eines Klimawandels auf
biologische Systeme am Beispiel von Salzwiesen und Dünen beschäftigt, ist rein naturwissenschaftlich / ökologisch ausgerichtet. Anhand ihrer indikativen Funktionen wurden einige Arten aus Fauna
22
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
und Flora ausgewählt und untersucht, um Auswirkungen von Klimaänderungen auf diesen empfindlichen Lebensraum (siehe IPCC-Studie) zu beschreiben. „Von besonderem Interesse ist die Frage,
inwieweit sich die Artenzusammensetzung dieser Lebensräume verändern wird und inwiefern die Lebensräume in ihrer Existenz lokal oder großflächig gefährdet sind“. Beteiligt sind Teilvorhaben aus den
Bereichen Botanik, Bodenökologie und Zoologie. Vorgenommen werden sowohl arealgeographische
Untersuchungen als auch experimentell-ökologische Analysen in Salzwiesen und Dünen:
•
Arealgeographisch wird ein Vergleich aktueller Daten anhand eines Klimagradienten in Ost-WestRichtung einerseits und historischen Daten andererseits vorgenommen.
•
Im experimentell-ökologischen Schwerpunkt werden Reaktionen von Tier- und Pflanzenpopulationen sowie Vegetationsausschnitten (in Abhängigkeit vom Meeresspiegelanstieg, von der Zunahme der Extremereignisse und einem Temperaturanstieg) untersucht.
Bei den Untersuchungen spielen ebenfalls Aspekte des Küstenschutzes und der derzeitigen Nutzungsverteilungen sowie der ästhetischen Funktion des Küstenraumes eine Rolle (Reinke 1998, S. 15
f.).
3
Zwischenbilanz
Wie sind die bisher dargestellten (Zwischen-)Ergebnisse einzuschätzen, wenn man dabei die neueren
Untersuchungen zum Klimawandel berücksichtigt?
Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Szenarien des IPCC im SAR im Verhältnis zu den Aussagen im ersten Report um ca. 25-30% nach unten korrigiert wurden, wenn die zukünftige Temperaturentwicklung sowie der Meeresspiegelanstieg betrachtet werden. Nun ist diese Korrektur im wesentlichen auf verbesserte Modelle der Klimaforschung und die Kopplung verschiedener Modelle (für Ozean, Atmosphäre, Kryosphäre, Aerosole etc.) zurückzuführen. M.a.W.: Die Modelle wurden „besser“ in
dem Sinne, daß die Realität exakter erfaßt werden konnte. Im Zuge dieser Entwicklung konnten ebenfalls Verbesserungen im Hinblick auf die regionale Auflösung der Modelle erzielt werden. Dennoch ist
eine Betrachtung bspw. der Deutschen Bucht nach wie vor schwierig, denn dieses Gebiet ist für globale Klimamodelle mit einer Gitternetzweite von 100x100km gewissermaßen „zu klein“, d.h., die regionalen Prozesse können nicht hinreichend differenziert abgebildet werden. Deswegen gibt es neben
diesem „top down“-Verfahren als alternative Vorgehensweise eine „bottom up“-Strategie, die an den
regionalen / lokalen Beobachtungsdaten ansetzt und diese mit Hilfe statistischer Verfahren zur Grundlage von Szenarien macht. Eine solche Vorgehensweise ist regionalen Analysen sicherlich besser
angepaßt, da die Prozesse auf diesen Maßstabsebenen angemessen berücksichtigt werden.
Im Rahmen des Programms K&K wurde eigens ein Forschungsprojekt durchgeführt, das explizit zur
Aufgabe hatte, Klimaszenarien für den betrachteten Untersuchungsraum zu erstellen und anwendungsorientiert für die anderen Forschungsvorhaben im Programm aufzubereiten und zur Verfügung
zu stellen. Verbunden damit war eine Beratungstätigkeit in diesen Fragen. Aufgrund der Aktualität der
Ergebnisse wird hierauf im folgenden (etwas ausführlicher) Bezug genommen (vgl. v. Storch et al.
23
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
1998a). Unter Zugrundelegung der (globalen) IPCC-Szenarien wird mittels der Methode des „statistischen downscaling“ (ebd., S. 7) versucht, regional angemessen aufgelöste Daten zu generieren. Als
Datengrundlage wurden verwendet:
•
Monatliche Felder des Drucks auf Meereshöhe und bodennahe Lufttemperatur für den Zeitraum
1958 – 1997 auf einem 2,5 x 2,50-Gitter für 300W-300O und 400N-700N
•
Tägliche Meßwerte für den Zeitraum 1961-1990 von 26 DWD-Klimastationen in Norddeutschland
(vorwiegend Nord- und Ostseeküste) für die Parameter: Tagesminimum, Tagesmittel und Tagesmaximum der Temperatur sowie Niederschlag, Bodendruck, Windgeschwindigkeit, Wolkenbedeckungsgrad und Sonnenscheindauer
•
Tägliche Zeitserien von Windrichtung und –stärke für die Ostsee vor Boltenhagen
•
Tägliche Scheitelwerte der Pegel Borkum, Bremen, Bremerhaven, Hemden, Husum und Wilhelmshaven für den Zeitraum 1950 – 1994
•
Tägliche Scheitelwerte des Pegels Cuxhaven für den Zeitraum 1843 – 1992
•
Tägliche (7:00) Wasserstände am Pegel Greifswald-Wiek für 1946-1994
•
Simulationen von Bodendruck und bodennaher Lufttemperatur für 1860-2100 mit dem Klimamodell ECHAM4/OPYC3 des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (bis 1990 beobachtete Konzentrationen äquivalenter Treibhausgase, dannch steigenden Konzentrationen gemäß IPCC Szenario
IS92a (=„business as usal“ best estimate) bei einer räumlichen Auflösung von etwas 250x250km)
•
Simulationen von Bodendruck aus vier Zeitscheibenexperimenten des DKRZ mit dem atmosphärischen Zirkulationsmodell ECHAM3, jeweils zwei Simulationen für 1xCO2- und 2xCO2Bedingungen, räumliche Auflösung ca. 250x250km (T42) bzw. 100x100km (T106).
Als Ergebnis der auf dieser Basis durchgeführten Berechnungen ist folgendes stichwortartig festzustellen:
•
Die Zunahme von Hochdruckgebieten über Nordeuropa, verbunden mit einem Temperaturmaximum über Zentraleuropa bewirken positive Niederschlagsanomalien im deutschen Küstengebiet
(größerer Effekt an der Nordsee als an der Ostsee).
•
Langsame Erhöhung des langjährigen mittleren Niederschlags (nach 1990), ausgenommen JuniJuli-August. Aus der Abbildung 8 (Station List/Sylt) ist ebenfalls ersichtlich, daß die Variabilität der
Niederschlagsentwicklung erhalten bleibt.
24
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Abbildung 8: Niederschlagsentwicklung für Station List/Sylt 1865-2098 [Abweichungen in mm/Tag] (11jährige gleitende Mittel, bis 1990 Beobachtungsdaten, danach IPCC-Szenario IS92a; DJF=DezemberJanuar-Februar; MAM=März-April-Mai; JJA=Juni-Juli-August; SON=September-Oktober-November; weitere Erläuterungen siehe Text).
(Quelle: v. Storch et al. 1998a)
•
Für die zusätzlich untersuchten Parameter ergeben sich für die Station List/Sylt folgende Entwicklungen (hier nicht als Grafiken widergegeben): leichte Zunahme der Windgeschwindigkeit (ausgenommen Juni-Juli-August); Erhöhung der Temperatur (durchschnittliche, maximale und minimale);
leichte Abnahme der Sonnenscheindauer; Wolkenbedeckung: Abnahme für Juni-Juli-August,
gleichbleibend für September-Oktober-November, sehr leichter Anstieg für Dezember-JanuarFebruar und März-April-Mai.
•
Eine Analyse der zukünftigen Windentwicklungen für den Ostseebereich (Station Boltenhagen)
ergab eine leichte Verstärkung der Windgeschwindigkeit um bis zu 5%, wobei für den Zeitraum
Winter und Frühjahr eine Zunahme der Winde aus West-Südwest prognostiziert wird. Im Sommer
wird eine Zuahme der Ostwinde, im Herbst eine Zunahme der Winde aus Süden vermutet. Allerdings sind diese berechneten Änderungen statistisch nicht signifikant, liegen also aller Voraussicht
nach im Bereich natürlicher Schwankungen.
•
Für die Frage nach den zukünftigen Wasserständen wurde festgestellt, daß der vermutete Anstieg
des Meeresspiegels vermutlich keine Auswirkungen auf die Änderung des Tidenhubs hat.
Diese Ergebnisse werden im folgenden um Befunde aus weiteren Analysen ergänzt. Immer wieder
kann dabei festgestellt werden, daß die Aussagen z.T. (erheblich) voneinander differieren (je nach
verwendeter Methode), so daß nur teilweise eine einheitliche Grundtendenz ableitbar ist. Ebenfalls ist
25
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
zu bedenken, daß einige der vermuteten Tendenzen durchaus noch im Bereich natürlicher Klimaschwankungen liegen (können), mithin von signifikanten Änderungen (noch) nicht durchgängig gesprochen werden kann.
In Bezug auf die Häufigkeit und Intensität von Sturmereignissen, die wichtige Parameter für die küstenbezogene Klimafolgenforschung sind, wurde 1997 festgestellt: „Während in den letzten zwei bis
drei Jahrzehnten in der Tat die Häufigkeit und Stärke schwerer Stürme im Gebiet der Nordsee und
Deutschen Bucht einen positiven Trend aufweist, so daß bei einer isolierten Betrachtung dieses Zeitraumes der Eindruck eines klimaänderungsbedingten Effektes entstehen könnte, relativiert sich dieses
Ergebnis bei der Betrachtung längerer Zeitskalen. Im Laufe des letzten Jahrhunderts sind Trends in
der Größenordnung des neuerdings beobachteten durchaus bereits vorgekommen. Ein anthropogener
Einfluß durch erhöhte Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre läßt sich hier also zumindest
nicht festmachen“ (Deutsches IDNDR-Komitee für Katastrophenvorbeugung [Hrsg.] 1997, S. 1). Analysen der Beobachtungsdaten für den Nordatlantik zeigen, daß sich die Veränderungen des Sturmklimas wahrscheinlich noch im Rahmen der natürlichen Variabilität bewegen (v. Storch et al. 1998, S.
183). Die Entwicklung der Sturmfluthäufigkeiten und –intensitäten erscheint anhand der beobachteten
Daten ebenfalls noch im Rahmen natürlicher Schwankungen zu liegen (ebd., S. 186).
Der Anstieg des mittleren Hochwassers (Pegel Cuxhaven stellvertretend für die Deutsche Bucht) beträgt 30 cm/Jh., wobei dieser Anstieg nicht nur auf Klimaschwankungen / -wandel zurückführbar ist,
sondern auch auf lokale Faktoren wie Baumaßnahmen oder Landsenkung (ebd.: 186). Mit Hilfe von
Modellrechnungen kann man den klimaänderungsbedingten Anteil hieran auf 10-20 cm/Jh. identifizieren (für die Deutsche Bucht insgesamt; vgl. dazu auch Langenberg et al. 1997). Berechnet man –
wiederum auf modelltheoretischer Basis – Szenarien für den 2xCO2-Fall, so kann man folgendes festhalten (v. Storch et al. 1998: 187 ff.): Die Zunahme der Sturmtätigkeit (anhand der Windstärke) im
Winter ist eher gering, wobei die berechneten Änderungen auch hier noch im Bereich natürlicher
Schwankungen zu liegen scheinen; ähnliche Einschätzungen ergeben sich auch für die Wind- und
Seegangsverhältnisse (Wellenhöhen).
Siefert (1997, S. 16) geht davon aus, daß für den Bereich der Deutschen Bucht „der Wind mit hohen
Windgeschwindigkeiten und langer Dauer zugenommen haben“ müßte. Modellgestützte Berechnungen für den 3xCO2-Fall (!) lassen – ebenfalls für den Bereich der Deutschen Bucht – (noch) keine
Aussagen zu über die Zu- bzw. Abnahme der Gefährdung der Küste durch Stürme (Nielinger 1997, S.
29). Wiederum andere, ebenfalls modellgestützte Untersuchungen zeigen „eine bemerkenswerte Abnahme von Sturmwetterlagen in der Deutschen Bucht mit Großwetterlage NWZ [Nordwest-Zyklonal,
hauptsächlich verantwortlich für hohe Windgeschwindigkeiten; A.D. & H.S.] in einer Atmosphäre mit
zwei- und dreifacher CO2-Konzentration“ (Busch 1997, S. 44; eigene Hervorhebung).
Auswertungen von Beobachtungsdaten an vier Pegeln in der Deutschen Bucht (Amrum, Helgoland,
Cuxhaven und Norderney) mit Hilfe statistischer Methoden haben folgende Ergebnisse hervorgebracht (Gönnert & Ferk 1996): Für den Zeitraum von 1850 bis 1995 ist nur ein geringer Trend in der
26
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Auftretenshäufigkeit von Sturmflutscheiteln (n größer/gleich 5) auszumachen; betrachtet man den
Zeitraum 1950-1995, ist ein gehäuftes Auftreten erkennbar. Differenziert in verschiedene Sturmfluttypen, ist folgendes beobachtbar: „Während bei schweren Sturmfluten und sehr schweren Sturmfluten
keinerlei Anstieg zu verzeichnen ist, liegt eine deutliche Zunahme der Anzahl der niedrigen Sturmfluten vor. Dies trifft in erster Linie auf den Zeitraum von 1950 bis 1995 zu, der sich auch im Gesamtzeitraum durch eine Zunahme von Sturmfluthäufigkeiten auszeichnet“ (ebd., S. 18). Das heißt, es ist eine
Zunahme der mittleren Starkwindwetterlagen auszumachen. Betrachtet man als weiteren Parameter
den sog. „Windstau“ (hierfür sind Winddauer und –geschwindigkeit maßgeblich), ist festzuhalten, daß
„Windstaukurven, die mehr als einen Sturmflutscheitel umfassen, zugenommen haben müssen, dementsprechend also jene Sturmtiden, die dicht aufeinander folgen“ (ebd., S. 20). Daraus ist abzuleiten,
daß bei der Betrachtung einzelner Sturmereignisse die Dauer des Windes zugenommen hat. Konkret
bedeutet dies, daß „Wind mit hohen Windgeschwindigkeiten und langer Dauer zugenommen haben“
(ebd.. S. 20). Analysiert man die Entwicklung der Scheitelentwicklungen der Sturmtiden in der Nordsee für die letzten 200 Jahre, so ist kein signifikanter Anstieg zu erkennen (ebd., S. 22). Zusammengefaßt: „Die Sturmflutentwicklung seit 1901 in der Nordsee weist hinsichtlich Anzahl und Höhe keinen
nennenswerten Anstieg auf. Dagegen ist erkennbar, daß die Windstaukurven, die mehr als zwei
Scheitel aufweisen, in den letzten 50 Jahren leicht zugenommen haben; dies ist ein Hinweis auf eine
Zunahme der Dauer der Windgeschwindigkeit“ (ebd., S. 30).
Das alles bedeutet keineswegs „Entwarnung“, denn diese sehr stark relativierenden regionalen Untersuchungen können nicht darüber hinwegsehen helfen, daß der Ozean als „träges System“ zeitverzögert auf einen Klimawandel (Temperaturerhöhung) reagiert, heißt: Ein Meeresspiegelanstieg ist auch
dann noch zu erwarten, wenn sich die atmosphärischen CO2-Konzentrationen stabilisiert haben (was
allerdings nur dann der Fall wäre, wenn sich die CO2-Emissionen drastisch verringern). Von daher ist
es sehr weitsichtig, wenn die Folgen eines Klimawandels trotz korrigierter Prognosen berücksichtigt
werden, wie es z.B. im Generalplan Küstenschutz für Schleswig-Holstein, dessen Neuauflage bekanntermaßen für das Jahr 2000 vorgesehen ist, geschieht (vgl. Probst 1998, 1998a).
Wie lassen sich vor diesem Hintergrund die bisherigen Untersuchungen im Programm K&K einschätzen?
Sicherlich konnten nicht alle vormals aufgestellten Ansprüche erfüllt werden, wie sie z.B. im Forschungsleitplan aufgeführt sind. Beispielsweise wurden ja an die Sozialwissenschaften hohe Erwartungen geknüpft. Daß diese Erwartungen nicht erfüllt wurden, lag teilweise an den zu hohen Ansprüchen, teilweise aber ebenso an den Zugangsweisen der Sozialwissenschaften zur Thematik selbst.
Das Unverständnis, das sozial- bzw. naturwissenschaftlichen Ansätzen und Vorgehensweisen entgegengebracht wird, verringert sich (nach unserer Erfassung) erst dann, wenn Vertreter sozial- und naturwissenschaftlicher Disziplinen in einem Verbundprojekt zusammenarbeiten (müssen). Erst dann
wird in oft mühseliger Kleinarbeit richtig verstanden, wo Annahmen gesetzt, Restriktionen gemacht
und Vereinfachungen notwendigerweise gemacht werden müssen. Erst dann ist auch die gegenseitige Einsicht in die Tücken des jeweiligen Forschungsgegenstandes möglich. Ein solches Verständnis
27
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
ist aber grundlegend, denn die in K&K zu untersuchenden Forschungsgegenstände sind schwer zu
fassende Objekte für natur- und sozialwissenschaftlich übergreifende Forschung (Sterr 1998).
Trotzdessen sind im Rahmen von K&K mittlerweile eine ganze Reihe von interessanten TeilprojektErgebnissen produziert worden. Das eigentliche Manko für die Verbreitung dieser Ergebnisse liegt im
mittlerweile gesunkenen Interesse an Klima- und Klimafolgenforschung. Im Hinblick auf den Titel dieser Übersicht muß man festhalten, daß man zwar eine Menge über Klima und Küste erfahren kann –
über Gesellschaft allerdings nur relativ wenig. So wurde von anderer Seite bereits festgestellt, daß
Studien zur Überflutungsgefährdung und zur Landwirtschaft zwar relativ gesehen häufig sind, im Verhältnis dazu unterrepräsentiert sind Analysen zur Energie- und Wasserversorgung, zum Verkehr, zum
Kredit- und Versicherungswesen. Auch entspricht die verwendete Methodik (vgl. Kapitel 2.3 und 2.4)
nicht unbedingt dem, was sinnvoll, angemessen und für grundlegende Einsichten nötig wäre. Beispielsweise werden die Veränderungen gesellschaftlicher bzw. sozioökonomischer Randbedingungen
weitgehend vernachlässigt – für die Abschätzung von Adaptation und/oder Prävention sind solche
Informationen aber unverzichtbar (vgl. Knogge 1998).
Im folgenden Kapitel 4 wird etwas ausführlicher dargestellt, wie das Verbundprojekt „Fallstudie Sylt“
im Programm K&K strukturiert ist und welche Erfahrungen im Hinblick auf die fachübergreifende Zusammenarbeit bislang gemacht wurden.
4
4.1
Fallstudie Sylt – Ansatz und Vorgehensweise
Allgemeine Struktur
Im Frühjahr 1997 wurde im Rahmen des o.g. Forschungsprogramms K&K das interdisziplinäre Verbundprojekt Fallstudie Sylt gestartet, das sich mit den Folgen eines möglichen Klimawandels für die
Insel Sylt auseinandersetzt. An dem Projekt sind insgesamt acht Teilvorhaben aus den Disziplinen
Geologie, Wasserbau, Ökologie, Psychologie, Soziologie, Ökonomie und Geographie (2 Teilvorhaben) beteiligt. Zum einen wird der naturräumliche Aspekt eingehend untersucht, u.a. zukünftige Inselfläche und –gestalt, der möglicherweise sich ändernde seeseitige Energieeintrag, Strandfauna an
einem Depositions- und einem Expositionsstrand. Zum anderen wird ein Defizit aufgegriffen, das weiter oben auch schon angsprochen wurde, indem detaillierte gesellschaftswissenschaftliche Untersuchungen zur Umwelt- und Klimafolgenproblematik vorgenommen werden. Dabei werden verschiedene
Methoden verwendet, u.a. standardisierte / halbstandardisierte schriftliche und mündliche Befragungen, detaillierte Interviews mit Sylter Funktionsträgern sowie eine sog. Planungszelle (als Instrument
der Bürgerbeteiligung).
Die Ausgangsfragestellung läßt sich in Kurzform folgendermaßen formulieren: Welche Auswirkungen
kann ein möglicher Klimawandel auf die Insel haben, und wie stellt sich diese potentielle Gefährdung
28
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
aus gesellschaftlicher Perspektive dar? Mit letzterem Teilaspekt ist in gewissem Sinne die Frage nach
der Wahrnehmung und Bewertung angesprochen.
Als Randbedingung für die Fallstudie Sylt ist zu erwähnen, daß dieser Fragestellung nicht mittels umfangreicher Meßprogramme nachgegangen wird, sondern daß in erster Linie der Versuch unternommen wird, auf der Basis vorhandener Informationen und Daten Erkenntnisse abzuleiten. Dies gilt in
besonderem Maße für die naturwissenschaftlich ausgerichteten Teilvorhaben, die auf umfangreiche
Voruntersuchungen der letzten Jahre (z.T. Jahrzehnte) aufbauen können (z.B. SWAP – Sylter Wattenmeer Austauschprozesse: Gätje & Reise [Hrsg.] 1998). Im sozialwissenschaftlichen Bereich ist die
Datenlage hingegen weniger umfangreich, weil es hier kaum Primärerhebungen gibt. Beispielsweise
lassen sich zu umwelt- oder klimabezogenen Einstellungen und Verhaltensweisen keine Aussagen
auf empirischer Basis machen. Auf Bundesebene sind ähnliche Erhebungen bereits durchgeführt
worden, allerdings kann man diese Ergebnisse keinesfalls „regionalisieren“.
Unabhängig davon setzen alle Untersuchungen zur Klimafolgenproblematik voraus, daß bestimmte
Annahmen in Form von Klimaszenarien festgelegt werden. Im Lichte der in Kapitel 3 getroffenen Aussagen müßte man in diesem Bereich umsichtig sein und feststellen, daß durch die Korrektur der Klima(folgen)prognosen (Meeresspiegelanstieg usw.) die besondere Gefährdungssituation nicht mehr
ganz so akut erscheint; aber das ist nicht der entscheidende Punkt, denn: Es geht nicht nur um das
Identifizieren direkter „klimaabhäniger Entwicklungen“, sondern auch um das Aufzeigen der Klimarelevanz gesellschaftlicher Vorgänge in Verbindung mit anderweitigen sozialen Prozessen und Vorgängen in der menschlichen Umwelt. M.a.W.: Würde man in der Klimafolgenforschung ausschließlich
direkt klimabhängige Prozesse zu beschreiben versuchen, würde man einem der Sache nach unangemessenen Reduktionismus erliegen. Das wiederum heißt, daß es auch in der Klimafolgenforschung
um die Interdependenzen zwischen Natur- und Anthroposphäre generell gehen muß (siehe nochmals
Abbildung 1).
In der Fallstudie Sylt wurden die beiden Teilvorhaben aus dem Bereich Geographie in gewissem Sinne als Zentrum eingerichtet. Zum einen wird über das Teilvorhaben, das den Aufbau und die Führung
eines Geographischen Informationssystems betreibt (= Sylt-GIS), der Datenaustausch in wesentlichem Umfang betrieben. Zum anderen ist das zweite Teilvorhaben im geographischen Bereich für die
Koordination (in technisch-organisatorischer Hinsicht) des Verbundprojektes zuständig. Entscheidender ist aber, daß die inhaltliche Integration der Teilvorhabensergebnisse in enger Zusammenarbeit
dem Teilvorhaben Sylt-GIS vorgenommen wird.
4.2
Konzeptioneller Ansatz und Umsetzung
Im Sinne eines im gesamten Programm K&K verfolgten top down-Ansatzes wurden bereits in der Vorbereitungsphase die generellen Leitlinien für die Integration festgelegt. Zu diesem Zweck wurde die
Adaptierung des sog. WBGU-Ansatzes gewählt, der ursprünglich für eine globale Betrachtungsweise
gewählt wurde, aber auch für ein interdisziplinäres Verbundprojekt auf lokaler Ebene einige Vorteile
29
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
bietet. Der Ansatz kann an dieser Stelle nicht umfassend erörtert werden (vgl. dazu Daschkeit &
Hartmuth 1998); zum besseren Verständnis seien nur einige Aspekte angeführt (vgl. auch zur Vorgehensweise: Fränzle & Daschkeit 1999):
Ein wesentlicher Grund für die Anknüpfung an den WBGU-Ansatz ist die Tatsache, daß eine konsequent fachübergreifende Perspektive grundlegend ist (Einzelheiten des Ansatzes sollen hier aus
Platzgründen nicht erläutert werden; vgl. dazu: Questions-Autorenteam 1998; Schellnhuber et al.
1997; Schellnhuber & Wenzel [Eds.] 1998; WBGU 1993, 1996, 1998).
Im Gegensatz zum WBGU-Ansatz wird in der „Fallstudie Sylt“ nicht der Anspruch erhoben, in letzter
Konsequenz ein Simulationsmodell der Wechselwirkungen zwischen Natur- und Anthroposphäre zu
entwickeln. Ein integrativer Ansatz soll in diesem Fall vielmehr folgendes leisten:
•
Die Kommunikation und Kooperation zwischen den Teilvorhaben unterstützen.
•
Die Nachvollziehbarkeit bzw. Transparenz der interdisziplinären Arbeit gewährleisten.
•
Eine Verbindung herstellen zwischen dem oft in qualitativer Form vorliegenden Expertenwissen
einerseits und den vorhandenen bzw. in der Projektlaufzeit erhobenen Daten andererseits.
•
Die Daten der Teilvorhaben zentral vorhalten und verwalten.
•
Alle Daten sind in geeigneter Weise in einem Metadateninformationssystem zu erfassen, um sowohl für die Teilvorhaben als auch (informationshalber) für Externe zugänglich zu sein (letzteres
bedeutet nicht, daß auf die Daten zugegriffen werden kann, sondern lediglich, daß ein Überblick
gewährt wird, welche Daten im Rahmen der „Fallstudie Sylt“ verwendet werden!).
•
Letztlich soll der Ansatz zwischen der deskriptiven Ebene einerseits (Was läßt sich mit hinreichender Genauigkeit zum Klimawandel und dessen Folgen aussagen? Wie lassen sich Beziehungen zwischen verschiedenen Phänomenen in der Natur- und Anthroposphäre beschreiben?) und
der bewertenden Ebene andererseits (Wie werden der Klimawandel und dessen Folgen eingeschätzt bzw. bewertet?) unterscheiden können.
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien wurde ein Programm – „Metadaten & Beziehungsgeflecht
MeBez“ – entwickelt, das sowohl das meist in qualitativer Form vorliegende Expertenwissen als auch
konkrete Daten im GIS zusammenzuführen gestattet. Das Konzept, das dem Programm zugrundeliegt, wird anhand der nachfolgenden Abbildung 9 kurz und im Anschluß daran umfassender erläutert
(Darstellung der Komponenten „Erfassung von Metadaten“ sowie „Beziehungsgeflecht“).
30
Semantische Beschreibung
Graphischer
Output
A. Daschkeit & H. Sterr
Trends
Abgleich
(belegbar / nicht
belegbar)
• Datendefizite
• Datenanforderungen
Modellbildung top down / deduktiv
Beziehungen zu anderen
Trends
Modellbildung bottom-up / induktiv
Klima – Küste – Gesellschaft
Datenrecherche
.
.
.
.
.
.
GIS-Layer
GIS-Metadaten
31
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Auf der linken Seite der vorstehenden Abbildung ist symbolisch dargestellt, daß in der „Fallstudie Sylt“
sog. „Trends“ eine zentrale Rolle spielen. In Anlehnung an den WBGU verstehen wir unter Trends
„Phänomene in Gesellschaft und Natur“, die für die Entwicklung Sylts relevant sind. Trends sind veränderbare bzw. prozeßhafte Größen, die zunächst qualitativ beschrieben werden und ggf. quantifiziert
werden können (WBGU 1996, S. 185 ff.). Zu jedem dieser Trends wurde eine eigene Beschreibung
(Semantik) angelegt. Auf der Grundlage von Expertenwissen werden Beziehungen zwischen den
Trends (vorläufig) festgelegt. Unter einem Beziehungsgeflecht ist ein Netzwerk aus den erfaßten
Trends und ihren Wechselwirkungen zu verstehen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß sowohl
die Trends als auch deren Beziehungen untereinander in einem diskursiven Prozeß ermittelt werden.
Diese Beziehungen zwischen Trends lassen sich auch als Hypothesen auffassen, die empirisch überprüft werden können. Diese hypothesengenerierende Funktion der Arbeit am Beziehungsgeflecht Sylt
ist deswegen bedeutsam, weil empirisch gesicherte (Kausal-)Zusammenhänge der Mensch-UmweltWechselwirkungen nicht bzw. in nur sehr geringem Umfang vorliegen. Diesen Teil der Arbeit bezeichnen wir als „deduktive Modellbildung“. Um dieses „Modell von Sylt“ mit entsprechenden Daten (sofern
vorhanden) zu hinterlegen, ist eine Verbindung zum Bereich GIS hergestellt (diese Verbindung wird
weiter unten im Text noch eingehender beschrieben). In das GIS gehen Daten auch unabhängig von
der Arbeit am Beziehungsgeflecht ein (zentrale Funktion des Teilvorhabens Sylt-GIS als Daten- und
Informationsplattform). In der Metadatenbank wiederum sind auch Informationen über Daten ohne
Raumbezug (z.B. Befragungsergebnisse) enthalten, die im GIS nicht abgelegt werden können. Durch
gegenseitige Verweise der Programmteile kann aufeinander Bezug genommen werden (s.u.).
Wenn neue Informationen (= Daten) in das GIS aufgenommen werden, kann über eine „induktive Modellbildung“ wiederum zum Beziehungsgeflecht rückgekoppelt werden (oberer Pfeil). Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Beziehungen zwischen den Trends, also Phänomenen in Natur- und Anthroposphäre und deren Wechselwirkungen, graphisch darstellen zu lassen (diese Beziehungen zwischen
Trends entsprechen sinngemäß gerichteten Graphen in Ökosystem-Modellen).
Diese Modellstrategie erlaubt es, den WBGU-Ansatz in eine nachvollziehbare und flexibel handhabbare Prozedur interdisziplinären Arbeitens zu übersetzen und somit den fachübergreifenden Diskurs auf
instrumenteller Ebene zu unterstützen. Zentral ist dabei bislang der Diskussionsprozeß innerhalb der
an der „Fallstudie Sylt“ Beteiligten. Gleichzeitig ist sichergestellt, daß ein Abgleich mit konkret vorliegenden Daten erfolgen kann bzw. Datenlücken identifiziert werden können.
Metadatenerfassung
Metadaten dienen der Beschreibung vorhandener Daten („Daten über Daten"). Zu den Informationen,
die in Metadaten abgelegt werden, gehören die Angabe der Datenart, des Formats, der Herkunft und
vieler weiterer Parameter sowie eine Verschlagwortung der Daten, damit diese über eine Suchfunktion
schnell und umfassend recherchiert werden können.
32
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Im Rahmen der Fallstudie Sylt erfüllt die Erfassung von Metadaten (a) vorrangig einen projektinternen
und (b) nachrangig einen projektexternen Zweck: Der projektinterne Zweck besteht hauptsächlich
darin, alle im Verbundprojekt vorhandenen bzw. neu erhobenen Daten für alle Teilvorhaben zugänglich zu machen, um somit die integrativen und die disziplinären Arbeiten zu unterstützen. Der projektexterne Zweck besteht überwiegend darin, für Dritte (z.B. anderen Forschungsvorhaben im Programm
„Klimaänderung und Küste“ sowie weiteren Forschungseinrichtungen oder auch Ämtern und Behörden) nachvollziehbar zu dokumentieren, welche Daten bzw. Informationen bearbeitet und ausgewertet
wurden. Zusätzlich zu der rein (daten-)beschreibenden Funktion ist es in diesem Programmteil möglich, sog. Trendrelevanzen zu editieren, d.h. anzugeben, ob ein Datensatz oder eine GIS-Karte für
einen Trend des Beziehungsgeflechtes Sylt relevant ist. Im Teil Beziehungsgeflecht ist die Arbeit an
und mit den Trends des Beziehungsgeflechtes Sylt möglich.
Beziehungsgeflecht
Angelehnt an den Ansatz des WGBU wird im Rahmen der Fallstudie Sylt ein sog. „Beziehungsgeflecht
Sylt“ konstruiert. In ihm finden sich die (im Rahmen der Projekttreffen intensiv diskutierten) zentralen
Entwicklungstrends, die zusammengenommen ein funktionales Muster (Beziehungsgeflecht) ergeben,
durch das die Insel Sylt in ihren wichtigsten naturräumlichen und sozioökonomischen Ausprägungen
beschrieben wird. Um die Arbeit am Beziehungsgeflecht technisch handhabbar zu gestalten, wurde im
Programm MeBez der Programmteil „Beziehungsgeflecht“ realisiert: Hier besteht die Möglichkeit,
Trends sowie deren Beziehungen untereinander festzulegen und eine Übersicht über die Daten zu
erhalten, die die jeweiligen Trends ggf. belegen.
Aus Abbildung 10 ist ersichtlich, daß von der Darstellung her in drei Blöcke differenziert wird: Im mittleren Block ist der jeweils bearbeitete Trend angegeben (markiert durch den schwarzen Pfeil); im oberen Block sind diejenigen Trends angezeigt, die auf den gerade bearbeiteten einwirken, im unteren
Block sind diejenigen Trends angezeigt, die von dem gerade bearbeiteten Trend beeinflußt werden. In
der Hauptsache wird dabei unterschieden in eine verstärkende Wirkart („+“ = Trend A wirkt verstärkend auf Trend B) und eine abschwächende Wirkart („-" = Trend A wirkt abschwächend auf Trend B).
Neben den „üblichen“ Möglichkeiten zum Editieren, Löschen, Drucken usw. erscheinen hier Angaben
zu den verfügbaren Daten („Karten“ bzw. „Sonstige“). Programmtechnisch realisiert ist zusätzlich, daß
durch einen Doppelklick auf eines der Felder unmittelbar in den Programmteil Metadaten gewechselt
werden kann. Dort werden dann die Datensätze angezeigt, die für den entsprechenden Trend relevant
sind. Ansonsten findet man die zugehörige Information über (GIS-)Daten, die einen Trend belegen,
durch eine Suche im Bereich Metadateninformation. Außerdem findet sich im Fenster „Beschreibung
von [Trendnummer] [Trendname]“ eine semantische Beschreibung dessen, was unter dem jeweiligen
Trend zu verstehen ist. Zusätzlich lassen sich die Trends sowie deren Beziehungen untereinander in
Matrixform anzeigen, jeweils mit Angabe der Wirkart.
33
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Abbildung 10: Beziehungsgeflecht – Bearbeitungsmaske
Quelle: A. Daschkeit & P. Schottes – eigener Entwurf 1999
Grundsätzlich ist es somit möglich, bei einem veränderten Kenntnisstand neue Trends hinzuzufügen
oder aber auch Trends zu löschen, die sich nicht mit Daten bzw. anderen Informationen belegen lassen oder aber sich als nicht primär relevant erwiesen haben. Zudem ist das Programm so ausgelegt,
daß verschiedene Bearbeiter („User“) ihre jeweilige Sicht der Zusammenhänge zwischen den Trends
(= ihr jeweiliges Gedankenmodell vom System Sylt) eingeben und speichern können.
Die Funktionsweisen und Möglichkeiten des Programms MeBez wurden der Übersicht halber an dieser Stelle lediglich in der gebotenen Kürze dargestellt. Für eine umfassende Darstellung sei auf die
eigens erstellte Dokumentation verwiesen.
Wie wird nun das Instrument MeBez im Rahmen der „Fallstudie Sylt“ eingesetzt?
34
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
In einem ersten Schritt sind wir von den Trends des WBGU ausgegangen, die sich auf die globale
Ebene beziehen (WBGU 1996). Erwartungsgemäß sind von diesen Trends nur einige auch für die
Entwicklung Sylts potentiell relevant, u.a. GLOBALER
ANSTIEG,
UND REGIONALER
KLIMAWANDEL, MEERESSPIEGEL-
DEGRADATION NATÜRLICHER ÖKOSYSTEME. Im zweiten Schritt wurde die Perspektive auf Sylt
eingeengt. Dieser Arbeitsschritt der Reduktion und Veränderung von ursprünglich 80 globalen Trends
auf derzeit 22 Trends erscheint im ersten Moment als einfacher Prozeß. Tatsächlich ist er langwierig,
aber in positiver Weise mit einem hohen Lerneffekt für die Beteiligten und dem Verständnis für Annahmen und Denkweisen anderer Disziplinen verbunden. Genau an diesen Stellen wurde intensiv
(und zum Teil mehrfach) über disziplinäre Vorgehensweisen und Zwischenergebnisse diskutiert.
Nachfolgend findet sich eine Auflistung der 22 Trends, die nach unserer Einschätzung (vorläufig) die
wichtigsten Prozesse in Natur und Gesellschaft qualitativ darstellen und die vergangene und zukünftige Entwicklung Sylts maßgeblich bestimm(t)en:
BEZIEHUNGSGEFLECHT SYLT
- T RENDLISTE
Biosphäre
ZUNEHMENDE ÜBERNUTZUNG BIOLOGISCHER RESSOURCEN
DEGRADATION NATÜRLICHER ÖKOSYSTEME
ZUNAHME VON NATURSCHUTZFLÄCHEN
Atmosphäre
GLOBALER UND REGIONALER KLIMAWANDEL
Hydrosphäre
MEERESSPIEGELANSTIEG
SÜßWASSERVERKNAPPUNG
ZUNAHME DES ENERGIEEINTRAGS DURCH WIND UND SEEGANG
Bevölkerung
MIGRATION
ZERSIEDELUNG
Pedosphäre
MORPHOLOGISCHE ÄNDERUNGEN
ZUNAHME VON KÜSTENSCHUTZMAßNAHMEN
WIRTSCHAFT
ZUNAHME DER MIET- UND IMMOBILIENPREISE
35
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
ZUNAHME UND AUSDIFFERENZIERUNG DES T OURISMUS
WACHSENDES VERKEHRSAUFKOMMEN
Psychosoziale Sphäre
VERÄNDERUNG DES SYLT-IMAGE
ANSPRUCHSSTEIGERUNG
ZUNEHMENDE WAHRUNG VON GRUPPENINTERESSEN
ZUNEHMENDE BEREITSCHAFT ZU UMWELTSCHONENDEM HANDELN
PERSPEKTIVLOSIGKEIT FÜR JUGENDLICHE
Gesellschaftliche Organisation
ZUNAHME DER KOSTEN FÜR KÜSTENSCHUTZMAßNAHMEN
ABNEHMENDE Z AHLUNGSBEREITSCHAFT DES LANDES FÜR KÜSTENSCHUTZ
VERSTÄRKUNG DES UMWELT- UND NATURSCHUTZES
Ausführungen dazu, wie wir diese Trends zu definieren versuchen, finden sich – wie angedeutet – im
Programm MeBez und zusätzlich in einer eigenen Dokumentation inkl. der verwendeten Literatur. Es
sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß diese Zusammenstellung bislang auf der Einschätzung
der an der „Fallstudie Sylt“ Beteiligten beruht. Selbstverständlich werden andere (Sylter Bevölkerung
oder Unternehmer, Gemeindevertreter Sylts, Nicht-Sylter etc.) zu anderen Einschätzungen gelangen
bzw. bestimmte Aspekte als hochrelevant und zentral bestimmen und entsprechend gewichten. Im
Teilvorhaben Psychologie beispielsweise werden u.a. Untersuchungen zu den individuellen „Modellen“ der Befragten durchgeführt.
Aus dieser umfassenden Perspektive wurden im dritten Schritt nochmalige Reduktionen (in diesem
Falle von Beziehungen) vorgenommen, die auf bestimmte Fragestellungen fokussieren. Eine Reduktion bspw. stellt die grundlegende Fragestellung der „Fallstudie Sylt“ in den Mittelpunkt und bezieht sich
auf die wichtigsten Ein- und Auswirkungen hinsichtlich des GLOBALEN UND REGIONALEN KLIMAWANDELS.
An diesem Punkt werden dann auch die entsprechenden Indikatoren für die einzelnen Trends benannt
(vierter Schritt). Zwischenergebnisse wurden bereits an anderer Stelle beschrieben, vornehmlich in
einem Bericht an den sog. „Projektbegleitenden Beirat“, in dem Vertreter aus Wissenschaft, Öffentlichkeit, Administration und Verbänden die Fallstudie fachlich begleiten und unterstützen.
Es hat sich bei den bislang durchgeführten Arbeiten gezeigt, daß der WBGU-Ansatz bzw. die realisierte Adaptierung nicht durchgängig problemlos ist:
1. Das hohe Aggregationsniveau der Trends sowie das Verfahren zur qualitativen Beschreibung
führt mitunter dazu, daß die (reale) Komplexität der Problematik nicht angemessen wiedergegeben werden kann (vgl. dazu Reusswig 1997, S. 74).
36
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
2. Die Identifizierung und Formulierung von Trends und deren Interaktionen ist stark betrachterabhängig. Dieses Defizit kann nur bedingt durch die Frage nach der Datenverfügbarkeit kompensiert
werden.
3. Die Betrachtung von Zustandsvariablen (z.B. politische Rahmenbedingungen) tritt in den Hintergrund, weil zeitliche Entwicklungen vorrangig betrachtet werden. Deswegen wird in der „Fallstudie
Sylt“ unterschieden zwischen Trends im engeren Sinne und Prozessen im Sinne von Randbedingungen: Trends sind durch eine (entweder historische und/oder zukünftige) Entwicklung beschreibbar, Randbedingungen hingegen weisen diese gerichtete Entwicklung nicht (unbedingt)
auf, stellen aber dennoch eine wichtige Größe im Hinblick auf die Gesamt-Entwicklung Sylts dar.
4. Akteure werden prinzipiell kaum betrachtet.
Der Übersicht halber wird nachfolgend die realisierte Vorgehensweise stichwortartig zusammengefaßt:
1. Ausgangspunkt: Trends des Globalen Wandels (WBGU)
2. Interdisziplinärer Diskurs: Identifizierung von Trends und Spezifizierung für Sylt (nach Möglichkeit)
3. Interdisziplinärer Diskurs: Reduktion der Trends
4. Semantische Beschreibung der Trends (vorläufig)
5. Interdisziplinärer Diskurs: Reduktion der Trends & Überarbeitung Trend-Interaktionen
6. Entwicklung MeBez (parallel zu 3.-5.)
7. Interdisziplinärer Diskurs: Reduktion der Trends & Überarbeitung Trend-Interaktionen
8. Interdisziplinärer Diskurs: Identifikation spezifischer Beziehungsgeflechte
Aus verschiedenen Gründen war es zu Beginn der Fallstudie Sylt notwendig, zwischenzeitlich einen
modifizierten Fokus der Arbeiten zu wählen. Hierzu wurde an die sowohl in der allgmeinen Öffentlichkeit als auch im Bereich Wissenschaft z.T. intensiv geführte Diskussion um die Thematik einer nachhaltigen Entwicklung (auch: dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung) angeknüpft. Um der spezifischen
Maßstabsebene der „Fallstudie Sylt“ zu entsprechen, wurde ein Indikatorenkonzept zugrundegelegt,
das bereits an anderer Stelle erprobt wurde (vgl. Diefenbacher et al. 1997). Dies erhöht prinzipiell die
Möglichkeit der Vergleichbarkeit mit anderen Regionen. Zudem erhält man auf diese Weise einen
fundierten Eindruck von der Datenverfügbarkeit, denn Grundlage des Indikatorensystems sind zum
überwiegenden Teil die im Rahmen der amtlichen Statistik erhobenen Daten.
Aus Praktikabilitätsgründen wurde als Untersuchungsraum zunächst der Kreis Nordfriesland gewählt,
um zu prüfen, ob eine Detail-Untersuchung auf der Ebene der Sylter Gemeinden sinnvoll ist. Datenquellen sind das Statistische Landesamt Schleswig-Holstein, verschiedene Ministerien in SchleswigHolstein sowie Ämter und Behörden des Kreises Nordfriesland.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung können (und sollen) an dieser Stelle nicht im Detail dargestellt
werden; der resultierende Bericht ist für die an der „Fallstudie Sylt“ Beteiligten über den „internen“
37
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Bereich der homepage abrufbar. Außerdem wird diese Arbeit (Jacoby 1998) in einer Schriftenreihe
des Statistischen Landesamtes Schleswig-Holstein veröffentlicht und somit allgemein verfügbar.
Nachfolgend wird in knapper Form ein Fazit dieses Arbeitsschwerpunktes gezogen:
Von den insgesamt 60 zugrundegelegten Indikatoren konnten trotz intensiver Recherchen weniger als
die Hälfte mit entsprechenden Daten „gefüllt“ werden. Für 9 Indikatoren konnten nur Schätzungen
erfolgen, oder es mußte auf Ersatzindikatoren ausgewichen werden. Bei 7 Indikatoren mußte als Bezugsraum das Bundesland Schleswig-Holstein bzw. die Bundesrepublik dienen. Insgesamt mußte
mithin eine ungenügende Datenverfügbarkeit bzw. unzureichende Datenqualität festgestellt werden.
Hinzu kommt, daß nur in seltenen Fällen die – angestrebte – Darstellung einer zeitlichen Entwicklung
(idealiter von 1962 bis 1997) erreicht werden konnte. Die Interpretation der Daten erwies sich zudem
als schwierig, wenn auf der Grundlage der Indikatoren und deren zeitlicher Entwicklung die Erfüllung
von Zielerreichungsgraden angegeben werden sollte – jeweils 3 Indikatoren sollen eine Aussage hinsichtlich der Erfüllung eines Teilzieles zulassen. Es zeigte sich, daß manche Teilziele nicht präzise
genug dargestellt bzw. manche Indikatoren untereinander widersprüchlich sind.
Inbesondere aufgrund der unzureichenden Datenlage bereits auf Kreisebene erwies es sich als nicht
lohnend, entsprechende Untersuchungen auf der Ebene der Sylter Gemeinden vorzunehmen.
5
Die Ergebnisse aus K&K als Basis für ein
Integriertes Küstenzonenmanagement (ICZM)
Im Forschungsleitplan für das Programm K&K wurde bereits darauf hingewiesen, daß der Anwendungsbezug eine wichtige Rolle bei der Konzeptionierung und Ausgestaltung der Forschungen spielt.
In diesem Bereich der Umweltforschung geht es dabei nicht vorrangig um die Entwicklung von „Produkten“ im technischen Sinne, vielmehr werden Produkte im Sinne von Wissensbeständen, die für die
Politikberatung genutzt werden können und mitunter auch in Form von Software-Entwicklungen erbracht. Für die küstenbezogene Klimafolgenforschung heißt das in erster Linie, Grundlagen- und Beratungswissen für Politik, Behörden, Öffentlichkeit, Verbände etc. zu erarbeiten. Im Mittelpunkt steht
dabei die Erprobung bzw. Ausgestaltung eines Integrierten Küstenzonenmanagements (ICZM). Was
darunter zu verstehen ist und ob die Ergebnisse aus K&K hierfür eine geeignete Basis bilden, wird im
folgenden dargelegt.
Die Notwendigkeit, Küstenräume gerade angesichts der Folgen eines möglichen Klimawandels zu
betrachten, rührt zum einen aus der dichten Besiedlung und intensiven Nutzung dieser Gebiete her,
zum anderen aus der ökologischen Stellung, denn Küstenräume reagieren mitunter empfindlich auf
Änderungen in den see- und landseitigen Bedingungen. Die nachfolgend aufgelisteten Merkmale umschreiben die zentrale Stellung von Küstenlebensräumen im Land-Meer-Übergang:
38
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
• Ihre hydrologischen, chemischen, biologischen und geologischen Teilsysteme unterliegen einer hohen
Dynamik, die sowohl von externen Faktoren als auch von internen Wechselwirkungen gesteuert wird;
• ihre hochproduktiven Ökosysteme und Lebensräume zeichnen sich einerseits durch eine große Artenvielfalt, andererseits durch hohe Empfindlichkeit gegenüber äußeren Störungen (Klimawandel, Verschmutzung o.ä.) aus;
• entlang der Küsten liegen die Laich- und Aufwuchsgebiete der meisten marinen Organismen und die
Brut- bzw. Rastgebiete zahlloser Vogelarten;
• Strukturen wie Inseln, Strände, Sandbänke, Watten, Dünen, Kliffs (in den Tropen v.a. Korallenriffe
oder Mangrovenwälder) dienen als natürliche Schutzsysteme gegenüber Überflutung des Hinterlandes, Ufererosion oder Sturmeinwirkung;
• Küstengewässer (z. B. Ästuare) und Küstenökosysteme (z. B. Watten und Salzwiesen) üben wichtige
Reinigungsfunktionen aus durch Aufnahme größerer Mengen der von Landseite her eingetragenen
Nähr- und Schadstoffe;
• als Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum bietet die Küste vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, Ressourcen und landschaftliche Attraktivität für die Küstenbevölkerung.
Schon aus dieser Übersicht geht hervor, daß die hiermit verbundenen Nutzungen und Interessen im
Widerspruch miteinander stehen (können). Angesichts eines Klimawandels ist zudem davon auszugehen, daß es eher zu einer Konfliktverschärfung denn zu einer –minimierung kommen wird. Umso
dringlicher ist es, zukünftig diese verschiedenartigen Interessen miteinander in Einklang zu bringen,
und unter den Bedingungen eines Globalen Wandels eine langfristige und ökologisch sinnvolle Nutzung der vorhandenen Ressourcen zu gewährleisten. In diesem Sinne kann man gleichsam von einer
nachhaltigen Nutzung der Küstenlebensräume sprechen.
Auf internationaler und europäischer Ebene wird daher seit einigen Jahren die Notwendigkeit unterstrichen, mit Hilfe von Integriertem Küstenzonenmanagement (ICZM) ökonomisch wie ökologisch tragfähige Problemlösungsansätze auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu entwickeln. Neuerdings bemühen sich auch politische und administrative Institutionen (Ministerien, Landesämter, Bundesbehörden etc.) in Deutschland zunehmend um die Erarbeitung abgestimmter Handlungskonzepte für
Planungen im Küstenraum, und auch Wissenschaftler bieten ihre Unterstützung bei der Formulierung von
Küstenmanagement-Konzepten an. Zu den politischen und wissenschaftlichen Initiativen in diese Richtung gehören u.a. die Aufrufe und Arbeitspläne von
39
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
•
OECD , FAO und Weltbank,
•
UNEP, UNDP (UNCED Konferenz vom Juli 1992 in Rio, Kap. 17 der AGENDA 21),
•
IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change; Subgroup on ICZM; World Coast Conference
vom Nov. 1993 in Den Haag),
•
EU-Kommission (z.B. ICZM Demonstration Programme & Programm INTERREG IIC),
•
IGBP (=International Geosphere-Biosphere-Programme), Kernprojekt LOICZ (= Land-OceanInteraction in the Coastal Zone),
•
Trilaterale Wattenmeer-Kooperation im Nordseeraum und
•
HELCOM- Konvention im Ostseeraum
„Integriertes Management" heißt, daß nicht eindimensionale sektorale Maßnahmen getroffen werden
sollen. Integration im Sinne eines Gesamtkonzepts für Küstenmanagement bedeutet also idealerweise:
− Integration der verschiedenen Aufgaben des Managementprozesses,
− Integration der Behörden und Institutionen die – auf allen politischen Ebenen – am Küstenmanagement beteiligt sind bzw. sein sollen,
− Integration von Entscheidungen des öffentlichen und des privaten Sektors,
− Integration der wirtschaftlichen, technischen, wissenschaftlichen und institutionellen Bereiche,
− Integration der Zielsetzungen einzelner Wirtschaftssektoren sowie
− Integration der verfügbaren wissenschaftlichen und finanziellen Kapazitäten, d.h. Expertenwissen,
Datenbanken, Fördermittel etc.
5.1
Ziele, Aufgaben und Struktur eines ICZM
Legt man den o.g. Gesamtanspruch zugrunde, dann beinhaltet integriertes Küstenmanagement die umfassende Beschreibung und Bewertung von Küstensystemen sowie die Formulierung von Zielvorstellungen bezüglich des Schutzes und der Bewirtschaftung bzw. Verwaltung (= Management)
der dort vorhandenen Ressourcen. In diesen Prozeß sind traditionelle, kulturelle und historische Aspekte spezifischer Küstengebiete ebenso einzubeziehen wie die dort auftretenden Interessenslagen,
Nutzungskonflikte und rechtlich-administrativen Strukturen.
Wegen der Komplexität der gegebenen Zusammenhänge bedarf effektives Küstenmanagement einer
gründlichen wissenschaftlichen Analyse der Prozesse und Wechselwirkungen im natürlichen und
zivilisatorischen Küstensystem sowie eines Transfers dieses Expertenwissens in ein Handlungskonzept. Von einem solchen Konzept wird erwartet, daß es die Erkenntnisse der Systemanalyse mit den
gesellschaftlichen Nutzungs- und Schutzinteressen verbindet, denn nur wenn die im Küstenraum agierenden gesellschaftlichen Gruppen (Küstenbevölkerung, Politik, Behörden, Wirtschaftsunternehmer, Natur-/Umweltschützer) auf der Grundlage einer fundierten Handlungsstrategie kooperieren, ist ICZM im
obigen Sinn realisierbar.
40
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Die prioritären Zielsetzungen (z.B. Hochwasserschutz, Erhaltung wertvoller Ökosysteme, touristische
Entwicklung o.ä.) richten sich dabei nach den regional-spezifischen Besonderheiten einzelner Küstenabschnitte und ihrer Nutzerinteressen. Die Teilziele und -aufgaben sind in Textbox 1 beispielhaft erläutert.
Auf diese Inhalte wirken die gesellschaftlichen und politischen Wahrnehmungs- und Meinungsbildungsprozesse ebenso ein wie die ökonomische Entwicklung einer Küstenregion. Die Einflußgrößen des Klimawandels können diese Komponenten - wie erwähnt - lokal oder regional überlagern und tun dies in
vielen Küstenländern bereits massiv
41
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Textbox 1
Teilziele und -aufgaben von
Küstenmanagement
Risikoverminderung
⇒
⇒
⇒
⇒
⇒
Schutz vor Überflutung
Schutz vor Wellen, Seegang
Schutz vor Sturmeinwirkung und Sturmfluten
Kontrolle der Erosion und ungünstiger morphologischer Veränderungen
Schutz vor gesundheitsgefährdender Verschmutzung
Wirtschaftliche Nutzung vorhandener Ressourcen
⇒
⇒
⇒
⇒
⇒
⇒
⇒
Ausbeutung vorhandener Nahrungsquellen (Fische, Schalentiere, Seetang)
Gewinnung von Rohstoffen (Erdöl/-gas, Sand, Kalk, Salz, Holz u.a.)
Nutzung der Transport- und Verkehrsmöglichkeiten (Schiffahrt, Häfen, Industrieanlagen, Besiedlung)
Nutzung der Küstengewässer zu Entsorgungszwecken (Abwasser-, Schadstoffund Müllbeseitigung)
Nutzung der Küstengewässer für Aquakultur
Nutzung der Strände, Küstenlandschaften und Inseln für Tourismus & Erholung
Nutzung küstennaher Süßwasser- und Grundwasservorräte
Schutz der ökologischen Ressourcen, Natur- und Artenschutz
⇒
⇒
⇒
⇒
⇒
⇒
⇒
Überwachung wertvoller Ökosysteme und Habitate (Salzwiesen, Marschen Watten, Dünen, Ästuare, Seegraswiesen, Muschelbänke u.v.a.m)
Reduzierung von Nähr- und Schadstoffeinträgen
Überprüfung/Monitoring der Fließ- und Küstengewässerqualität
Ausweisung von Schutzgebieten (Nutzungsverbote bzw. -einschränkungen)
Festlegung von Fangquoten
Unterschutzstellung gefährdeter Spezies, Ökosysteme
Einrichtung von Nationalparks
42
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Ein integriertes Küstenzonenmanagement darf dabei nicht nur auf aktuelle Entwicklungsvorhaben
reagieren, sondern es muß auch vorausschauende Konzepte entwickeln. Die Vorgaben der Managementkonzepte müssen wissenschaftlich begleitet werden, damit deren Auswirkungen und Effekte auf
die Umwelt beurteilt und bei Bedarf sachlich begründet geändert werden können. ICZM hat also eine
Reihe von Kriterien zu erfüllen:
• Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen unter besonderer Berücksichtigung des Erhaltes der
Biodiversität und eine
• ökologisch vertretbare Nutzung der natürlichen Ressourcen (z. B. Fischerei) wie auch der Rohstoffreserven (Öl, Kies, Mineralien) in einer Art und Weise, daß die menschliche Aktivität weder die Ökosysteme als Ganzes noch einzelne Arten derart beeinträchtigt, daß sie zukünftigen Generationen
nicht mehr zur Verfügung stehen.
5.2
ICZM auf EU-Ebene
Auf dieser überstaatlichen Ebene wurde insbesondere seit 1996 die besondere Bedeutung der Küstenlebensräume erkannt. Daraufhin wurde auf der wissenschaftlichen Ebene im Sinne einer Bestandsaufnahme ein sog. „Demonstrationsprogramm zum Integrierten Küstenmanagement (ICZM)“
gestartet, um Stärken und Schwächen der bisherigen Problembewältigung zu dokumentieren. Es stellte sich heraus, daß folgende Tendenzen als Hauptursachen für küstenspezifische Probleme angesehen werden können:
Die zunehmende Urbanisierung und veränderte Bodennutzung, verbunden mit einer intensiven
Nutzung der natürlichen Ressourcen haben dazu geführt, daß eine Verringerung der natürlichen Lebensräume festzustellen ist. Infolgedessen muß man bereits von einer ökologischen, aber auch von
einer kulturhistorischen „Degradation“ der Küstengebiete sprechen. Gleichzeitig wächst der Nutzungsdruck auf die Küstengebiete, so daß die oft auf engem Raum miteinander konkurrierenden
Aktivitäten (Schiffahrt, Hafenwirtschaft, Industrie, Erholung, Fischerei, Aquakultur, Landwirtschaft,
Energienutzung, Entsorgung etc.) eine weitere Degradation bewirken und somit potentiell konfliktsteigernd sind. Unter diesen Bedingungen wirken klimabedingte Risiken, wie sie in den nächsten
Jahren und Jahrzehnten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, konfliktsteigernd. Den jüngsten Forschungen zufolge werden die Klimaveränderungen ein Ansteigen des Meeresspiegels um einige Millimeter pro Jahr (zusätzlich) sowie eine Zunahme der Häufigkeit und Stärke von Küstenstürmen
bewirken. Diese beiden Erscheinungen werden je nach lokalen Bedingungen unterschiedlich starke
Auswirkungen haben, doch wächst generell das Risiko von Sturmfluten bzw. immer höheren Sturmflutwasserständen. Die füher als „Jahrhundertfluten" angesehenen Pegelstände treten seit den 80er
Jahren in kurzen Abständen von nur wenigen Jahren auf. Dies gilt in ähnlicher Weise für die
Abflußspitzen vieler Flüsse, die in den Mündungsgebieten zusätzlich Überschwemmungsgefahren
hervorrufen. Für eine Analyse und Bewertung möglicher Risiken ist zudem von Bedeutung, daß speziell in Küstengebieten Prozesse vielfach ohne räumlich und zeitlich exakt angebbare Grenzen verlaufen. So können die im Schlamm von Mündungsgebieten eingelagerten Schadstoffe Jahre später ausgewaschen und über weite Entfernungen transportiert werden. Andererseits sind ökologische Schä43
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
den oder Probleme, wie z.B. Verschmutzungen oder Rückgang der Artenvielfalt u.a. häufig Ergebnis
verschiedener Einflußfaktoren, z.B. aus Schiffahrt, Tourismus, Landwirtschaft etc. Das heißt, das Zusammenspiel von Ursache und Wirkung ist nicht immer einfach und eindeutig nachzuvollziehen.
Aber es sind nicht nur Prozesse in der Ökosphäre von Bedeutung; ebenso spielen Sachverhalte in der
Anthroposphäre eine bedeutende Rolle. Hierzu gehört mit Sicherheit der in den letzten Jahren und
Jahrzehnten zu beobachtende Wandel der Einstellungen gegenüber der menschlichen Umwelt
(Umweltbewußtsein). Obwohl von dieser geänderten Einstellung zwar noch keineswegs auf ein verändertes Handeln geschlossen werden kann, schlägt sich diese veränderte Sicht bereits jetzt in internationalen und nationalen Gesetzen und Empfehlungen nieder und ist somit zumindest indirekt handlungswirksam. Es soll an dieser Stelle nur exemplarisch auf die Empfehlung der Helsinki-Kommission
verwiesen werden:
„Bei der Planung des Küstenschutzes sind die Dynamik und die ununterbrochene Entwicklung
der Küste anzuerkennen und als natürlicher Prozeß zu akzeptieren und nur dann Küstenschutzmaßnahmen außerhalb von urbanisierten Gebieten durchzuführen, soweit Pläne für das
integrierte Management der Küstengebiete keine anderen Maßnahmen vorsehen (...), und (...)
überall dort, wo dies möglich ist, nicht urbanisierte Küstengebiete, die, bevor Dämme zur Landgewinnung errichtet wurden, regelmäßig überschwemmt wurden, durch den Rückbau der
Dämme oder durch Versetzung der Dämme ins Landesinnere wieder zu küstennahen Feuchtgebieten zu renaturalisieren”.
Trotz dieser vielfältigen politischen wie administrativen Bemühungen werden „in der Praxis“ des Küstenmanagements noch vielfältige Defizite bei der Umsetzung konstatiert. Einschlägige Studien, die
unlängst durchgeführt wurden, kommen zu folgender Schlußfolgerung: Die bestehenden Rechtsvorschriften und Instrumente sind zwar prinzipiell zufriedenstellend, jedoch weit davon entfernt, ihre volle
Wirksamkeit zu entfalten, da es zwischen den zahlreichen Akteuren, die einen Einfluß auf die Entwicklung der Küstengebiete haben, an Koordinierung fehlt.
Angesichts dieser skizzierten Problematik ist leicht nachzuvollziehen, daß sich seit kurzem auf europäischer Ebene Bemühungen abzeichnen, das starke öffentliche Interesse am Schutz der Küstengebiete in die politischen Zielsetzungen zu integrieren und regionale bzw. nationale Planungsansätze im
Sinne einer nachhaltigen und gleichberechtigten Entwicklung dieser Räume abzustimmen. In mehreren EU-Programmen (Umwelt- bzw. Forschungsprogramme wie LIFE, TERRA oder Regionalentwicklungsprogramme wie INTERREG IIC) werden Kooperationen angestrebt, um die gemeinsamen Probleme der Küstengebiete (Schadstoffverbreitung, Touristenströme, Schiffssicherheit, Überfischung)
grenzübergreifend zu analysieren und Lösungswege zu finden.
Allerdings haben Erfahrungen aus den Umweltprogrammen sowie die Arbeiten im Bereich der Raumplanung gezeigt, daß die nachhaltige Entwicklung im Verhältnis zur Tragweite und Komplexität der
Probleme in den Küstengebieten zu langsam vonstatten geht. Es bedarf also einer besonderen gemeinsamen Anstrengung der Union bzw. ihrer Mitgliedstaaten, um die Wirksamkeit der gesetzgeberi44
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
schen Maßnahmen sowie der bestehenden Finanz- und Planungsinstrumente zu verbessern. Ein
erster Schritt in diese Richtung ist das „Europäische Demonstrationsprogramm ICZM“, dem drei Kerngedanken zugrundeliegen:
•
Eine bessere Konzertierung der Akteure ist die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung. Sie
trägt zur Aufdeckung der Synergien oder Widersprüche bei, die sich aus den unterschiedlichen
politischen Maßnahmen ergeben und erleichtert die Akzeptanz erforderlicher Schlichtungsverfahren. Kurz gesagt, sie stärkt das Verantwortungsbewußtsein der Akteure.
•
Die Konzertierung selbst kann nur dann zustande kommen, wenn alle Beteiligten vollständige und
verständliche Informationen über den Zustand der Umwelt, die Ursachen von Umweltveränderungen, die Auswirkungen der Strategien und Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen
sowie die bestehenden Optionen erhalten.
•
Konzertierung muß in strukturierter und kontinuierlicher Weise erfolgen. Hierzu sind Instrumente
und Arbeitsmethoden unerläßlich, die den Dialog zwischen den Akteuren der unterschiedlichen
Sektoren sowie den ständigen Informationsaustausch zwischen den jeweils für ein Gebiet zuständigen Stellen, d.h. von der lokalen Ebene zur Gemeinschaftsebene und umgekehrt, gewährleisten.
Was folgt aus diesen Überlegungen für die Konzeptionierung eines ICZM?
1. Beteiligung aller relevanten Entscheidungsträger bzw. Behörden auf nationaler, regionaler und
ggf. kommunaler Ebene, also aus den Bereichen
•
Raum- und Regionalplanung,
•
Wasser- und Abfallwirtschaft,
•
Umwelt- und Naturschutz,
•
Fischereiwirtschaft,
•
Hafenwirtschaft,
•
Seeverkehr,
•
Tourismus und
•
Energie.
2. Einrichtung eines Gremiums, welches die Interessen der bei einzelnen Fragestellungen betroffenen Behörden und Interessensgruppen prüft und die Erörterung sowie Formulierung von Lösungswegen vornimmt. Wir schlagen vor, dieses Gremium – hier als Küsten-Forum bezeichnet –
vornehmlich mit integrativen Aufgaben zu versehen und mit entsprechenden Kompetenzen auszustatten.
Aufgrund der Komplexität der Aufgabenstellung und der bislang nur vereinzelt vorliegenden Erfahrungen gibt es für ICZM kein allgemein gültiges Konzept, zumal auch die regionalen bzw. kommunalen
45
A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
Besonderheiten angemessen berücksichtigt werden müssen. Dies betrifft sowohl die naturräumlichen
Bedingungen als auch die sozioökonomische bzw. –kulturelle Situation bzw. Tradition.
Als Voraussetzungen lassen sich dennoch einige Aspekte benennen:
•
Bündelung vorhandener Kapazitäten und Ressourcen (personell, finanziell und politisch), um Analysen, Planungen und Monitoring von Management-Strategien durchzuführen,
•
Einbinden von Öffentlichkeit, Industrie und Interessengruppen in die Vorbereitung und Durchführung von Küstenmanagement-Prozessen,
•
ICZM muß übergreifend im Hinblick auf administrative Grenzen ausgerichtet sein und das Küstenhinterland sowie die Territorialgewässer (ggf. bis zur Grenze der ausschließlichen Wirtschaftszone) einschließen,
•
Zuteilung von Ressourcen sowie Kontrolle von Verschmutzungen (Überlaufeffekte),
•
Kompetenz, sich mit besonders schwierigen oder wichtigen Bereichen der Integration zu befassen, z.B. Integration zwischen
•
•
Küstenentwicklung und Küstenumweltschutz,
•
Küstengewässer und Binnengewässer,
•
Küstenland und Küstengewässer,
•
Küstenmanagement und Fischereimanagement und
•
nationalen, regionalen und lokalen Entscheidungsebenen.
Es muß die Möglichkeit gewährt werden, finanzielle Mittel zu beschaffen und zu verteilen.
Hieraus wiederum lassen sich Arbeitsschritte sowie Informationen ableiten, die idealerweise für ein
ICZM benötigt werden (vgl. OECD 1993):
Analyse der natürlichen Raummerkmale und Prozessabläufe
− Fläche und Grenzen des betroffenen bzw. betrachteten Gebiets,
− hydro- und morphodynamische Küstenprozesse,
− Einflüsse und Einträge aus Flüssen und Einzugsgebieten,
− marine Ressourcen incl. Fauna und Flora (Arten, Species, Bioproduktion),
− Ressourcen für Erholung und Tourismus (Strände, Buchten etc.),
− geeignetes Land für industrielle und urbane Entwicklung und
− Trinkwasser-Ressourcen.
Analyse der Küsten-Ressourcen und deren Nutzung
− unbesiedeltes Land, einschließlich landwirtschaftlicher Flächen,
− natürliche Lebensräume (nach Typ und Ausdehnung) incl. Feuchtgebiete,
− Waldökosysteme und deren Nutzung,
− Nutzung von Wasser-Ressourcen (Oberflächen- und Grundwasser),
− Nutzung von Flüssen mit Erholungswert,
− kultur-historische und archäologische Stätten bzw. Einrichtungen,
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A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
− Nutzung der Küstengewässer für Schiffahrt, Erholung, Abfallentsorgung fester und flüssiger
Stoffe und
− Kühlwasser industrieller Anlagen, Fischerei, Ölbohrungen etc.
Analyse der Impakts von wirtschaftlichen Aktivitäten
− Abfälle aus Produktionsprozessen,
− Siedlungsabfälle verursacht durch die Bevölkerung,
− Eintrag von Luftschadstoffen auf Küstengebiete und –gewässer,
− Abfälle von Verkehr und Schifffahrt,
− Abfälle aus der Fischerei sowie
− Impakts auf Lebensräume und Küstenprozesse als Ergebnis von Bebauung und Küstenschutzaktivitäten (Drainage von Feuchtgebieten, Buhnenbau etc.).
Wirtschaftliche Auswirkungen der Küstenzonenentwicklung
− Ökonomische Vorteile der Nutzung der Küstenzonen,
− Kosten von Infrastrukturinvestitionen,
− Kosten von Entwicklungsprojekten,
− laufende Kosten (Küstenschutz, Entwässerung, Naßbaggern, Säuberung von Ölverunreinigungen, Bergungs- und Abpumpeinrichtungen).
Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen ist das sog. „NORCOAST“-Projekt (im Rahmen des EUINTERREG IIC-Programms) zu erwähnen, in dem seit September 1998 die Nordsee-Anrainerstaaten
versuchen, ein entsprechendes ICZM-Konzept zu entwickeln. Hierbei werden der status quo des Küstenmanagements und die positiven bzw. negativen Erfahrungen hiermit vergleichend beschrieben und
bewertet. Während in Europa die länderübergreifenden Bemühungen in Richtung ICZM langsam aber
stetig voranschreiten, können die USA und Kanada bereits konkrete Erfolge bei der Planung und Umsetzung integrierter Strategien vorweisen. Die Bestandsaufnahme der OECD nennt stellvertretend für
die in Nordamerika erfolgreich durchgeführten Projekte die Fraser River Estuary Study sowie das
Chesapeake Bay Program (OECD 1993). Letzteres ist ein gelungenes Beispiel für die frühzeitige Entwicklung eines integrierten Konzepts, in welchem Umweltschutz- und Nutzungsinteressen im größten
Ästuar Nordamerikas erfolgreich harmonisiert und realisiert werden konnten. Als Ende der 70er Jahre
diesem großen Brackwasser-Ökosystem und wichtigem Fischereigebiet wegen der hohen Schadstoffund Nährstoffeinträge der ökologische Kollaps drohte, wurde die Notwendigkeit einer regionalen Kooperation aller Anrainerstaaten und auch derer im Einzugsgebiet rasch erkannt. Auf Betreiben der
nationalen Umweltschutzbehörde (EPA) wurden entsprechende Gremien etabliert, denen es im Verlauf von 12 Jahren gelang, einen tragfähigen Zustand der Chesapeake Bay wiederherzustellen, ohne
daß dauerhaft tiefgreifende Nutzungsbeschränkungen auferlegt werden mußten. Hieran wird gleichsam deutlich, daß ICZM eine „Politik des langen Atems“ erfordert.
47
A. Daschkeit & H. Sterr
5.3
Klima – Küste – Gesellschaft
ICZM im Programm K&K
Angesichts der vielfältigen Bemühungen auf internationaler Ebene, die hier nur sehr verkürzt wiedergegeben werden konnten, scheint es in Bezug auf den deutschen Küstenraum durchaus einigen
Nachholbedarf zu geben. Betrachtet man vor dem Hintergrund der EU-Anforderungen die Ansätze
und Erfahrungen, die im Programm K&K gesammelt wurde, bleibt folgendes festzuhalten:
•
Eine Analyse der natürlichen Raummerkmale und Prozeßabläufe wurde in mehreren Vorhaben
realisiert, meist in räumlicher und inhaltlicher Spezifikation und mit deutlichem Fokus auf die zukünftige klimatische Entwickung und deren Folgen. Eine umfassendere Analyse dieser Sachverhalte war aber auch nicht intendiert, nicht zuletzt aufgrund der umfangreichen Untersuchungen
bspw. der Ökosystemforschung im Niedersächsischen und Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer. Hier ist eine (mehr oder minder) geeignete umfassende Datenbasis vorhanden.
•
Ähnliches gilt für die Analyse der Küsten-Ressourcen und deren Nutzung. Die bereits anderweitig
vorliegenden bzw. derzeit in Durchführung befindlichen Untersuchungen konnten fallweise durch
Vorhaben in K&K ergänzt werden.
•
Gerade weil es im Bereich der naturwissenschaftlich-ökologischen Forschung eine Reihe von
Vorläuferuntersuchungen gegeben hat, wurde in K&K bwußt ein Schwerpunkt im Bereich der Analyse der Impakts von wirtschaftlichen Aktivitäten untersucht, wobei hier das Zusammenspiel mit
Auswirkungen eines Klimwandels im Vordergrund stand. Die Untersuchungen der IPCC-CaseStudy für den deutschen Küstenraum könnten hier eine sinnvolle Ergänzung erfahren, indem die
weiter oben genannten Sachverhalte nicht als gewissermaßen „abhängige Variablen“ (von einem
Klimawandel) aufgefaßt würden, sondern als „unabhängige Variablen“ für einen Impakt auf die
Küstenzonen angesehen werden.
•
In ähnlicher Form wurden auch nicht die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Küstenzonenentwicklung (an sich) betrachtet, sondern die Konsequenzen eines Klimawandels für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Ergebnisse der Verbundvorhaben in K&K (vgl. Kapitel 2.5) lassen in der
Hinsicht noch am ehesten Aussagen zu.
•
Zusammengenommen wurden aber dennoch im Zuge der Arbeiten eine ganze Reihe von Informationen und Daten erhoben (vgl. die GIS-gestützte Datenbasis von AFFORD), die in aufbereiteter Form durchaus eine angemessene Basis für ein ICZM darstellen können. Konkrete Erfahrungen allerdings mit ICZM-Prozessen – bspw. exemplarisch an einigen Standorten – wurden nicht
gesammelt; auch hier aber lassen die Ergebnisse der Verbundvorhaben KLIMU und „Fallstudie
Sylt“ relevante Einsichten erwarten. Im Verbundvorhaben „Klimawandel und Tourismus“ hingegen
konnten eine Reihe direkt verwertbarer Ergebnisse erzielt werden.
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A. Daschkeit & H. Sterr
6
Klima – Küste – Gesellschaft
Zusammenfassung und Ausblick
Wir kommen an dieser Stelle auf die eingangs („Einleitung“) aufgeworfenen Fragen zurück und versuchen ansatzweise, sie in möglichst knapper Form zu beantworten.
Die wesentlichen Ergebnisse des gesamten Programms können hier natürlich nicht wiederholt werden, in seiner Gesamtheit betrachtet bleibt jedoch festzustellen, daß die Frage nach den möglichen
Folgen eines Klimawandels „regionalisiert“ wurde, und dies in mehrfacher Hinsicht. Zum einen wurden
wesentliche Verbesserungen in der regionalisierend verfahrenden Klimamodellierung erzielt, so daß
nun regionale bzw. kommunale Entscheidungen auf einer wesentlich verläßlicheren Basis erfolgen
können. Es hat sich auf der anderen Seite aber auch die Vermutung bestätigt, daß es auf regionaler
bzw. lokaler Ebene enorm schwierig ist, ein „Klimasignal“ von anderweitigen natürlichen und anthropogenen Effekten abzugrenzen. Vertiefte Einsichten konnten darüber hinaus im Hinblick auf einzelne
Ökosystemkomplexe (Boddenküsten, Salzwiesen) gewonnen werden. Im Rahmen umfänglicher Meßprogramme (die allerdings nicht unbedingt in K&K intendiert waren) und Auswertungen wurden auf
diese Weise grundlegende Daten erhoben sowie Aussagen zu Klimaempfindlichkeit dieser Räume
abgeleitet. Auf diese Weise können die Ergebnisse der IPCC-Case-Study für die deutschen Küsten
(räumlich) spezifiziert werden. Die Fallstudien (Klimu, Fallstudie Sylt) sind zwar noch nicht abgeschlossen, zeigen aber schon jetzt auf, daß die ökologischen und morphodynamischen Auswirkungen
erstens nicht so tiefgreifend wie angenommen erscheinen und zweitens in der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion von anderen gesellschaftlichen Themenfeldern schnell und umfassend überlagert werden. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die „Unsichtbarkeit“ eines Klimawandels bzw. die langfristige Perspektive, in der klimatische Änderungen – und entsprechende Folgen – manifest werden.
In Kapitel 1 wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Prognosen des IPCC (globale Durchschnittstemperatur, Meeresspiegelanstieg usw.) in den letzten zehn Jahren modifiziert wurden. Grundsätzlich
kam es dabei zu einer Korrektur „nach unten“, d.h. die Folgen eines Klimawandels werden möglicherweise als nicht mehr so gravierend eingeschätzt. Die zunehmend bessere Qualität der (globalen) Klimamodelle, bei denen z.B. der Einfluß der Aerosole auf die Temperaturentwicklung angemessener
berücksichtigt werden kann, ist hier als einer der maßgeblichen Gründe anzuführen. Keineswegs kann
allerdings von einer grundsätzlichen „Entwarnung“ gesprochen werden, denn die Ergebnisse der immer weiter verfeinerten Klimamodelle können auch wieder in eine andere Richtung weisen, so daß
eine Korrektur „nach oben“ eigentlich nicht weiter erstaunen könnte. Erst kürzlich wurde in diesem
Sinne bekannt, daß Aerosole zwar grundsätzlich dämpfend auf die anthropogene Verstärkung des
natürlichen Treibhauseffektes wirken; wenn aber gleichzeitig der Aerosolgehalt der Atmosphäre aufgrund neuerer Messungen gar nicht so hoch ist wie ursprünglich angenommen, ist die Wirkung dieses
physikalischen Effektes ebenfalls deutlich geringer. Aufgrund der Tatsache, daß – etwas überspitzt
formuliert – „täglich“ neue Ergebnisse bekannt werden (und dies lediglich Ausdruck „normaler“ wissenschaftlicher Entwicklung ist), ist man gut beraten, nicht nur den Abwieglern, sondern auch den
Warnern Glauben zu schenken. Dennoch ist auch bei den Vorhaben in K&K deutlich geworden, daß
erstens der Klimawandel auf der regionalen Ebene vermutlich nicht ganz so stark ausgeprägt sein
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A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
wird wie zunächst vermutet. Die Untersuchungen der regionalen Luftdruckbedingungen und Windverhältnisse unter Annahme entsprechender CO2-Emissionsszenarien sowie die Entwicklung des Meeresspiegelanstiegs werden zwar aller Voraussicht nach außerhalb der natürlichen Entwicklung liegen,
allerdings ist es nach wie vor schwierig, natürliche und anthropogen bedingte Veränderungen differenzieren zu können. Auch hier spielt der Langfristaspekt sowie der Vorsorgegedanke eine bedeutende Rolle, die es angezeigt erscheinen lassen, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit von signifikanten
Änderungen auszugehen. Zweitens ist es auf einer solchen Grundlage natürlich nicht einfach, die
möglichen Folgen von Klimaänderungen eindeutig zu bestimmen, zumal sich bekanntermaßen allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen und potentielle klimatische Veränderungen überlagern. Hier
also setzen sich die Fehlermargen der Klimaforschung bzw. –modellierung in der Klimafolgenforschung fort, so daß lediglich die Zugrundelegung von bestimmten Annahmen und Szenarien sinnvoll
ist.
Welche Aussagen sind nun auf dieser Grundlage über den Komplex „Klima – Küste – Gesellschaft“
möglich? Das Aufzeigen der Interdependenz von Natur- und Anthroposphäre im Küstenbereich ist ja
Ziel des Programms K&K (gewesen), so daß an dieser Stelle die Ergebnisse der sozialwissenschaftlich orientierten Projekte resümiert werden. Man kommt nicht umhin festzustellen, daß zunächst naturwissenschaftliche Vorhaben und sozialwissenschaftliche Vorhaben voneinander isoliert durchgeführt wurden. Dieses Vorgehen war insofern zielführend, weil bezüglich des Untersuchungsgegenstandes ein sehr unterschiedlicher Bearbeitungsstand vorauszusetzen ist: Während in den Naturwissenschaften eine recht lange Tradition in der küstenbezogenen Forschung festzustellen ist, die sich
u.a. in einer Vielzahl von Daten, Modellen und gesetzesartigem Wissen ausdrückt, ist dies bei den
Sozialwissenschaften nicht der Fall, denn diese haben sich erst spät (Mitte bis Ende der 80er) dem
Forschungsgegenstand „Umwelt“ überhaupt angenommen. U.a. aus diesem Grund ist der unterschiedliche Konkretisierungsgrad sozial- und naturwissenschaftlicher Resultate nicht verwunderlich,
und meistens mündete er in dem – nicht unberechtigten – Vorwurf der Unkonkretheit sozialwissenschaftlicher Forschungsbemühungen. Von daher hat man sich nach der vorgenommenen Bestandsaufnahme (Bechmann et al. 1996) von den empirisch angelegten (Teil-)Vorhaben in der Verbundprojekten weiterführende Erkenntnisse versprochen, die aber bislang nur in ersten Ansätzen
vorliegen.
Die eingangs gestellte Frage nach der Relevanz der Ergebnisse im Programm K&K für Umwelt- und
Klimapolitik erweist sich in dieser Form als nicht angemessen: Erstens sind im Programm K&K keine
klimapolitischen Aussagen angestrebt worden, weil der Forschungsraum sowie die dort lebende Bevölkerung nicht der geeignete Bezugsmaßstab für Klimapolitik ist. Der Einfluß dieser Bevölkerungsgruppe auf das Ansteigen der CO2-Emissionen ist als marginal zu bezeichnen, weswegen für diese
Fragen eine internationale Perspektive sinnvoll ist. Aber unabhängig davon sind natürlich auch für den
norddeutschen Küstenraum Maßnahmen zum Umwelt- und Ressourcenschutz sinnvoll und aus allgemeinen ethischen Überlegungen heraus angebracht – nur läßt sich eine Engführung von Maßnahmen auf den Klimaschutz schlecht mit den Zielen des Programms K&K verbinden. Zweitens ist es
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A. Daschkeit & H. Sterr
Klima – Küste – Gesellschaft
daher naheliegender, den Nutzen von K&K für die Gesellschaft eher im Bereich Küstenzonenmanagement zu sehen (vgl. Kapitel 4 bzw. den nachfolgenden Absatz).
Auch wenn keines der Vorhaben in K&K explizit auf die Erprobung und Weiterentwicklung eines
ICZM-Konzeptes ausgerichtet war, ist dies eine sinnvolle inhaltliche Perspektive im Hinblick auf eine
übergreifende Programmsynthese; aus diesem Grund wurde in Kapitel 4 auch relativ ausführlich auf
Grundlagen und Voraussetzungen eingegangen. Wenn man als Kernelemente eines ICZM-Prozesses
eine (a) umfassende, nach Möglichkeit GIS-gestützte Datengrundlage und (b) die Einbindung der
Öffentlichkeit (Bürger, Politik, Verbände, Administration etc.) in welcher Form auch immer (vgl. Beckmann & Keck 1999; Dienel 1992; Riesen et al. 1999) ansieht, wurden eine Reihe interessanter Ergebnisse erzielt. Von Vorteil ist es nach unserer Auffassung, die Einbindung der Öffentlichkeit mit der
Durchführung empirisch orientierter Erhebungen sozialwissenschaftlicher Natur zu verbinden sowie
die Unterstützung der wissenschaftlichen Arbeiten durch öffentliche und offizielle Stellen zu gewährleisten (bspw. über einen begleitenden Forschungsbeirat). Gleichwohl sind aus unserer Sicht (mindestens) drei Aspekte für die weitere Ausgestaltung bzw. Grundlegung von ICZM notwendig und daher in
nächster Zeit forschungsseitig zu bearbeiten:
1. Zielgerichtete und benutzerfreundliche Aufbereitung der in K&K erhobenen Daten und Informationen für die Zwecke eines ICZM.
2. Damit eng verbunden ist die Weiterentwicklung und Modifizierung eines hierfür notwendigen Metadaten-Informationssystems um bspw. rechtliche und landesplanerische Aspekte (z.T. wurde mit
der übergreifenden Metadatenerfassung bereits begonnen).
3. Systematische Analyse und Aufbereitung der ICZM-Erfahrungen in Deutschland vor dem Hintergrund der europäischen und außereuropäischen Ansätze und Erfahrungen. Relevant ist in diesem
Zusammenhang die spezifisch deutsche Ausprägung von ICZM, die sich nur sehr zögerlich partizipativen Ansätzen öffnet, obwohl im Ausland mit diesem Instrument bereits positive Erfahrungen
gesammelt werden konnten.
Es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, daß im Programm K&K einige größere Verbundvorhaben noch nicht abgeschlossen sind bzw. die Ergebnisse noch nicht verfügbar sind. Da es sich hierbei
um insgesamt 4 umfangreichere Vorhaben handelt, ist ein endgültiges Programmfazit derzeit noch
nicht möglich (es handelt sich dabei um die Vorhaben: KLIMU, Salzwiesen & Dünen, Fallstudie Sylt
sowie – vor kurzem abgeschlossen – Klimawandel & Tourismus). Im Sinne eines Zwischenfazits soll
zumindest ansatzweise darauf hingewiesen werden, was für Ergebnisse prinizpiell zu erwarten sind:
In der Fallstudie Sylt sind zum einen fachspezifische Ergebnisse zu erwarten z.B. hinsichtlich der zukünftigen morphodynamischen Verhältnisse sowie der Wahrnehmung einer möglichen Klimaänderung. Zum anderen ist auf der Grundlage des WBGU-Ansatzes eine interdisziplinäre Vorgehensweise
weiterentwickelt worden, die sich auch für andere Zusammenhänge prinzipiell eignet. Schwerpunktmäßig geht es dabei um die Entwicklung von Instrumenten, die die interdisziplinäre Arbeit wirkungsvoll
unterstützen und gleichzeitig eine systematische Datenrecherche und –verarbeitung ermöglichen. Im
Verbundvorhaben KLIMU steht die Analyse und Bewertung in erster Linie wasserwirtschaftlicher Auswirkungen eines Klimawandels im Mittelpunkt sowie die damit verbundene zukünftige Regionalentwicklung. Auf dieser Grundlage ist die Ableitung einer Reihe von praktischen Maßnahmen möglich.
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Klima – Küste – Gesellschaft
Eher grundlagenorientiert ist die Ausrichtung des Verbundvorhabens Salzwiesen & Dünen. Hier werden auf der Basis umfangreicher Meßkampagnen und Experimente Aussagen über die zukünftige
Ausdehnung und Struktur von Salzwiesen-Gesellschaften unter veränderten Klimabedingungen möglich. Mit Sicherheit ist es auf dieser Grundlage denkbar, auch Hinweise für das Management von
Salzwiesen (Stichwort Vorlandmanagement) abzuleiten.
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