Standard "Pflege von Menschen mit Halluzinationen / Illusionen

Werbung
Standard "Pflege von Menschen mit Halluzinationen / Illusionen"
Definition:
Halluzination













Eine Halluzination ist eine sensorische Wahrnehmung, die
nicht durch einen externen Reiz ausgelöst wird. Sie tritt (als
Abgrenzung zum Traum) im Wachzustand auf. Der
Betroffene hält das Wahrnehmungserlebnis für einen realen
Sinneseindruck.
Halluzinationen treten auf bei akuter Verwirrtheit, bei
organischen Psychosen, bei Schizophrenie, als
Nebenwirkung verschiedener Medikamente sowie bei
hirnorganischen Schädigungen.
Die Veranlagung für Halluzinationen und für Illusionen ist
erblich.
Einfache Sinnestäuschungen wie etwa Lichtblitze oder
unspezifische Geräusche können auch bei Gesunden
auftreten, wenn diese z.B. übermüdet sind.
Wir unterscheiden zwischen verschiedenen Formen von
Halluzinationen:
Optische Halluzinationen: Der Bewohner sieht Personen
oder Gegenstände, die tatsächlich nicht existieren.
Alkoholkranke erblicken z.B. oftmals kleine weiße Mäuse.
Andere Betroffene sehen angreifende Ungeheuer oder
Menschen.
Akustische Halluzinationen: Der Bewohner hört Stimmen
oder andere Geräusche. Nicht selten kommentieren diese
Stimmen sein Verhalten oder geben ihm Befehle.
Haptische Halluzinationen: Der Bewohner glaubt, angefasst
oder berührt zu werden.
Olfaktorische Halluzinationen: Der Bewohner nimmt nicht
existierende Gerüche wahr. Diese sind zumeist
unangenehm (Exkremente) oder gefährlich (Rauch und
Gas).
Körperhalluzinationen: Der Bewohner nimmt seinen Körper
verändert wahr. Er fühlt Strom durch den Körper fließen.
Oder er glaubt, dass sich der Körper verformt. Manche
Betroffene spüren Ungeziefer über die Haut krabbeln.
Halluzinationen können Angst und Unruhe auslösen.
Betroffene reagieren ggf. mit Aggressionen. Bei anhaltender
Symptomatik kann sich diese Störung zum Wahn
verfestigen und das Suizidrisiko erhöhen.
Viele Senioren haben gelernt, mit Halluzinationen zu leben.
Die Stimmen, Trugbilder usw. sind also nach wie vor
vorhanden. Der Betroffene ist jedoch in der Lage, diese
falschen Sinneseindrücke zu ignorieren.
Wahnerkrankungen sind abzugrenzen von Halluzinationen.
Nicht jeder Wahnkranke hat Halluzinationen. Und nicht jede
Person, die Halluzinationen erlebt, ist wahnkrank.
Illusion


Grundsätze:



Ziele:









Vorbereitung:
Eine Illusion ist eine falsche Interpretation eines externen
Reizes. Im Gegensatz zur Halluzination existieren die
Objekte oder Reizauslöser tatsächlich, werden aber
subjektiv umgedeutet oder verkannt. Der betroffene
Bewohner nimmt also einen Reiz wahr, den er aber
aufgrund einer Störung seiner kognitiven Fähigkeiten nicht
korrekt einordnen kann. Die Deutung der Wahrnehmung
wird beeinflusst durch innere Wünsche oder Ängste.
Beispiel: Der Kleiderständer im Flur wird für einen Mann mit
Mantel und Hut gehalten.
Illusionen treten auf bei Erkrankungen aus dem
schizophrenen Formenkreis, organischen Psychosen (etwa
Alkoholdelir, Drogenintoxikation) oder Epilepsie.
Wir nehmen Sinnestäuschungen unserer Bewohner stets
ernst. Der Bewohner ist davon überzeugt, dass seine
Eindrücke real sind.
Das zentrale Element in der Pflege von Menschen mit
Sinnestäuschungen ist das Vertrauen zwischen Bewohner
und Pflegekraft.
Sinnestäuschungen sind oftmals ein ernstes Warnsignal für
tiefer gehende physische oder psychische Störungen, die
stets ärztlich untersucht werden müssen.
Die Angstgefühle des Bewohners werden reduziert.
Der Bewohner fühlt sich ernst genommen. Er hat Vertrauen
zu seinen Pflegekräften.
Der Bewohner zweifelt an der Realität der
Sinnestäuschungen und beachtet diese in Zukunft weniger.
Der Bewohner ist in der Lage, kontrolliert auf
Sinnestäuschungen zu reagieren.
Der Bewohner wird unter dem Eindruck der
Sinnestäuschungen nicht aggressiv.
Der Bewohner stellt für sich und für andere Menschen keine
Gefahr dar.
Die Sinnestäuschung verfestigt sich nicht zum Wahn.
Die Intensität der Sinnestäuschungen nimmt ab.
Der Bewohner hat langfristig keine Sinnestäuschungen
mehr.
allgemeine
Maßnahmen


Der Umgang mit halluzinierenden
Bewohnern wird ggf. in Rollenspielen
geübt.
Bei der Auswahl der Bezugspflegekraft
achten wir darauf, dass eine Pflegekraft
eingesetzt wird, die mit diesem
Krankheitsbild bereits Erfahrungen hat.
Diese Zuordnung sollte nach

Informationssamml
ung und
Erkennung von
Sinnestäuschunge
n




Kriterien für eine
ärztliche Therapie
Möglichkeit nicht wechseln.
Wichtig ist der einheitliche Umgang mit
dem Bewohner innerhalb des Teams.
Die Pflege von Bewohnern mit
Sinnestäuschungen wird daher in
Teambesprechungen regelmäßig
thematisiert. Gemeinsam sprechen wir
das weitere Vorgehen ab.
Eine fundierte Biografiearbeit liefert
häufig wichtige Informationen für eine
erfolgreiche pflegerische Versorgung.
Wir suchen daher den Dialog mit den
Angehörigen. Wir fragen nach
Lebenskrisen, die beim Bewohner zu
einer existenziellen Lebensangst
geführt haben könnten.
Wir beachten, dass viele Betroffene
nicht gerne über ihre Halluzinationen
reden. Ggf. leugnet der Bewohner das
Vorhandensein von Halluzinationen.
Mitunter bemerken Pflegekräfte
zunächst, dass das Verhalten des
Bewohners vom Üblichen abweicht. Der
Bewohner führt z.B. Selbstgespräche
oder blickt angsterfüllt in eine
bestimmte Ecke eines Raums usw. Der
Bewohner offenbart sich dann ggf. erst
nach gezieltem Nachfragen.
Problematisch ist auch, dass viele
Menschen ihre Trugbilder nur schwer in
Worte fassen können.
Wir prüfen, ob die von uns beobachtete
Symptomatik die Vorstellung des Bewohners
beim Arzt rechtfertigt. Dieses ist nur dann der
Fall, wenn eine der folgenden Bedingungen
erfüllt ist:




Die trügerischen Wahrnehmungen
treten wiederholt auf.
Der Bewohner empfindet die
Wahrnehmungen als bedrohlich. Er ist
verängstigt.
Der Bewohner hört Stimmen.
Die Sinnestäuschungen wirken sich
negativ auf die Lebensqualität des
Bewohners aus. Der Bewohner klagt
über Müdigkeit, Abgeschlagenheit,




Durchführung: allgemeine
Maßnahmen bei
Sinnestäuschunge
n


Muskelkrämpfe, Muskelschwäche,
Zittern, Gedächtnisprobleme oder über
Kopfschmerzen.
Der Bewohner findet in der Nacht nicht
mehr ausreichend Schlaf.
Die Sinnestäuschungen sind
mutmaßlich die Nebenwirkung eines
verordneten Medikaments.
Der Bewohner nimmt Drogen, die die
Sinnestäuschungen verursachen. Der
Bewohner konsumiert große Mengen
Alkohol.
Sofern die Sinnestäuschungen
gemeinsam mit einseitigen
Lähmungserscheinungen, Seh- und
Sprachstörungen, Kopfschmerzen und
Übelkeit auftreten, kann ein
Schlaganfall vorliegen. Wir rufen dann
unverzüglich den Notarzt.
Wenn der Bewohner unerwartet unter
Sinnestäuschungen leidet, klären wir
zunächst, ob andere Faktoren dafür
verantwortlich sein können. Etwa:
o Entzugsdelir
o hohes Fieber
o Exsikkose
o Übermüdung
o Angst
o Stress
o Depressionen
o Migräne
o Demenz
o psychotrop wirkende
Medikamente
o Drogenmissbrauch
o Hypoglykämie
o Schilddrüsenfunktionsstörungen
o Konsum von giftigen Pflanzen
wie Stechapfel oder Tollkirsche
o nachlassende Sehkraft,
unangepasste Brille
o nachlassende Hörfähigkeit,
defektes Hörgerät
o Reizüberflutung durch
Fernsehen oder Radio
Bewohner, die vermehrt unter
Sinnestäuschungen leiden, werden
engmaschiger überwacht, insbesondere
bei einem akuten Schub.








spezielle
Maßnahmen bei
Halluzinationen




Bei akuten Schüben versuchen wir, den
Bewohner von äußeren Belastungen
abzuschirmen.
Wir erarbeiten mit dem Bewohner einen
Tagesablauf, der ihm viele
verschiedene Sinneseindrücke
ermöglicht.
Wir sorgen für eine gute und
schattenfreie Beleuchtung im
Bewohnerzimmer.
Häufig wirkt Körperkontakt beruhigend
auf den Bewohner, etwa das Halten
seiner Hand.
Die Pflegekraft hört dem Bewohner
geduldig zu und versucht, sich in die
Sinnestäuschung hineinzuversetzen,
ohne diese zu bewerten oder zu
übernehmen. Wir bitten den Bewohner,
zu beschreiben, was er sieht und was
er hört.
Die Pflegekraft klärt, ob die
Sinnestäuschung einen Bezug zur
Bewohnerbiografie hat. Ggf. nimmt sie
Kontakt mit Angehörigen und mit
Freunden auf.
Wir achten auf akute Gefährdungen,
wie etwa Rückzug und Isolation sowie
Nahrungsverweigerung.
Wir versuchen, den Bewohner stärker
in das soziale Gefüge der Einrichtung
zu integrieren. Insbesondere ermutigen
wir den Bewohner, alte Kontakte nicht
abreißen zu lassen.
Wir versuchen, den Bewohner zu
beruhigen.
Wir versuchen, durch gezielte Fragen
und Themen den Bewohner von seiner
Halluzination abzulenken und wieder
mit der Realität in Kontakt zu bringen.
Wir testen, ob sich der Bewohner mit
kreativen Spielen oder mit
hauswirtschaftlichen bzw. mit
handwerklichen Tätigkeiten ablenken
lässt.
Die Pflegekraft erkennt die Realität des
Bewohners an, bleibt aber selbst bei
der eigenen Wirklichkeit. Etwa: "Ich
glaube Ihnen, dass Ihnen der Mann im
Schrank Angst macht, aber ich selbst


spezielle
Maßnahmen bei
Illusionen





Organisation


Nachbereitung
:




kann ihn nicht sehen."
Die Pflegekraft unterlässt es, in der
Sinnestäuschung des Bewohners
"mitzuspielen", also etwa den Mann im
Schrank zu verjagen. In diesem Fall
kann sich die Halluzination zu einem
Wahn verfestigen.
Wir sorgen für eine angemessene
medikamentöse Versorgung. Sinnvoll
kann auch eine effektive
Bedarfsmedikation sein, die nur dann
appliziert wird, wenn der Bewohner akut
unter Halluzinationen leidet.
Wir suchen den Dialog mit dem
Bewohner und versuchen, die
Ausprägung der Angst sowie deren
Auslöser zu identifizieren.
Gegenstände, die schon häufiger zu
Illusionen führten, werden nach
Möglichkeit aus dem Blickfeld entfernt.
Dazu zählen oftmals Spiegel, Bilder,
Fotos usw.
Der Bewohner wird über seine
Illusionen aufgeklärt. Dem Betroffenen
wird insbesondere demonstriert, dass
seine Ängste unbegründet sind.
(Beispiel: Ein Ast klopft gegen das
Fenster; dieses Geräusch wird als
Einbruch missdeutet.)
Wir stellen sicher, dass der Bewohner
über eine Brille mit korrekten Gläsern
verfügt und diese auch trägt.
Das Hörgerät des Bewohners sollte von
diesem permanent verwendet werden.
Ärzte, Therapeuten und andere externe
Partner werden über das Krankheitsbild
des Bewohners informiert.
Die Pflegeplanung wird regelmäßig an
das aktuelle Symptombild angepasst.
Der Zeitpunkt und die Dauer der Sinnestäuschungen
werden genau dokumentiert.
Die auslösende Situation wird genau beschrieben und
dokumentiert.
Die Reaktionen des Bewohners auf die Sinnestäuschungen
werden dokumentiert.
Der behandelnde Hausarzt wird regelmäßig über den

mentalen Zustand des Bewohners sowie über die Effektivität
der verordneten Medikamente informiert.
Wenn sich die Sinnestäuschungen zum Wahn verfestigen,
werden die im Standard "Pflege und Betreuung wahnkranker
Senioren" beschriebenen Maßnahmen umgesetzt.
Dokumente:


Pflegefachkräfte
Pflegehilfskräfte
Verantwortlich
keit /
Qualifikation:


Pflegebericht
Pflegeplanung
Herunterladen