Leseprobe `Physikalisches Praktikum`

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1
Einführung
1 Größen und Einheiten
Messungen dienen der Ermittlung der Werte physikalischer Größen auf experimentellem Weg. Physikalische Größen - wenn
keine Verwechslungen möglich sind, auch
als Größen bezeichnet - sind direkt oder
indirekt messbare Eigenschaften von Objekten (Körper, Zustände, Vorgänge) wie
z. B. Masse, Ladung, Energie, die qualitativ
charakterisiert und quantitativ ermittelt
werden können. Nach der Norm DIN 1319
(„Grundlagen der Messtechnik“) als grundlegende deutsche Norm der Messtechnik ist
die Messgröße diejenige physikalische
Größe, der eine Messung gilt. Dabei wird in
dieser Norm der Begriff sowohl für “Messgröße im allgemeinen Sinn“ als auch für
„spezielle Messgröße“ verwendet. Der
Wert einer Größe wird durch den Zahlenwert und die Einheit beschrieben. Unter
dem Zahlenwert versteht man die Zahl, die
angibt, wie oft die Einheit in der betrachteten Größe enthalten ist. Die Einheit (auch
Maßeinheit) bezeichnet die physikalische
Größe, die als Bezugsgröße für die Bestimmung und Angabe des Werts von Größen gleicher Art festgelegt und der der Zahlenwert eins zugeordnet wird.
Beispiel:
Massewert eines Körpers: 12 kg
Zahlenwert: 12 Einheit: kg .
Die Gesamtheit der physikalischen Größen,
die notwendig sind, um die Gesetzmäßigkeiten der Physik zu beschreiben, bildet das
Größensystem. Physikalische Größen eines
Größensystems, die unabhängig von anderen Größen dieses Systems sind, werden als
Basisgrößen, solche, die als Funktion von
Basisgrößen definiert sind, als abgeleitete
Größen bezeichnet.
Beispiel:
Basisgrößen der Mechanik: Länge (l), Masse (m), Zeit (t).
Abgeleitete Größen: Kraft (F ), Fläche (A)
2
F=m
d l
, A  l2 .
d t2
Der häufig verwendete Begriff der Dimension einer Größe gibt den Ausdruck an, der
die Beziehung einer Größe zu den Basisgrößen eines Systems wiedergibt und die
Größe als Potenzprodukt der Basisgrößen
mit dem Zahlenfaktor eins darstellt.
Beispiel:
Im Größensystem l, m, t hat die abgeleitete
Größe Kraft die Dimension L M T-2 .
Durch physikalische Messungen werden
jedoch nicht nur einzelne Größen ermittelt,
sondern auch Zusammenhänge zwischen
mehreren Größen, die sich als Gleichungen
schreiben lassen. Beispielsweise gilt für die
Schwingungsdauer T in Abhängigkeit von
der Länge L eines mathematischen Pendels
die Gleichung T = 2 π L / g ( g Schwerebeschleunigung). In diesem Buch werden
Gleichungen als Größengleichungen geschrieben, die u. a. folgende Merkmale
haben:
1. In Größengleichungen symbolisieren
Formelzeichen Größen.
Beispiel:
2
s
d l
v , F=m 2 .
t
dt
2. Zur Auswertung werden anstelle von
Formelzeichen die Werte der entsprechenden Größen eingesetzt. Es gelten formal die
aus der Algebra bekannten Regeln, wobei
Zahlenwert und Einheit wie zwei selbständige Faktoren behandelt werden.
2 Einführung
Beispiel:

720 m 720 m

 6 m s -1 .
120 s 120 s
Zusätzlich ergeben sich folgende vorteilhafte Eigenschaften:
3. Größengleichungen gelten innerhalb
eines einmal gewählten Größensystems
unabhängig von der Wahl der Einheiten.
Im Allgemeinen wählt man für Größen
gleicher Dimension gleiche Einheiten. Eine
Umrechnung auf andere Einheiten ist leicht
möglich, indem man mit Einheiten wie mit
Zahlen rechnet.
4. In Größengleichungen stehen zu beiden
Seiten des Gleichheitszeichens die gleichen
Größen in gleicher Dimension, so dass
durch Dimensions- oder Einheitenbetrachtungen einfache Kontrollen durchgeführt
werden können. Insbesondere müssen z. B.
Summanden gleiche Dimension haben,
Exponenten und Argumente von Winkelfunktionen dimensionslos sein usw.
1.1 Internationales Einheitensystem (SI)
1 Größen und Einheiten
Die Sekunde (s) ist die Einheit der Zeit.
1 s ist die Dauer von 9 192 631 770 Perioden der Strahlung, die dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus
des Grundzustands von Atomen des Nuklids 133Caesium entspricht.
Das Ampere (A) ist die Einheit der Stromstärke.
1 A ist die Stärke des zeitlich unveränderlichen elektrischen Stroms durch zwei geradlinige, parallele, unendlich lange Leiter von
vernachlässigbar kleinem, kreisförmigem
Querschnitt, die den Abstand 1 m haben
und zwischen denen die durch den Strom
elektrodynamisch hervorgerufene Kraft im
leeren Raum je 1 m Länge der Doppelleitung 210-7 N beträgt.
Das Kelvin (K) ist die Einheit der thermodynamischen Temperatur.
1 K ist der 273,16te Teil der (thermodynamischen) Temperatur des Tripelpunkts von
Wasser. Die Differenz aus einer Temperatur T und der Temperatur T0 = 273,15 K
wird als Celsiustemperatur  bezeichnet:
  T  T0 .
Das Meter (m) ist die Einheit der Länge.
1 m ist die Länge der Strecke, die Licht im
Vakuum in 1/299 792 458 Sekunden durchläuft. Damit ist das Meter metrologisch von
der Zeiteinheit Sekunde abhängig, bleibt
aber Basiseinheit des SI.
Das Mol (mol) ist die Einheit der Stoffmenge.
1 mol ist die Stoffmenge eines Systems, das
aus so vielen gleichartigen Teilchen besteht, wie Atome in 0,012 kg des Nuklids 12C enthalten sind. Die Art der Teilchen
(Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen oder
auch spezielle Gruppierungen) muss jeweils angegeben werden. Die Teilchenzahl
je Mol ist eine Naturkonstante und wird als
Avogadro-Konstante NA bezeichnet. Der
gegenwärtig beste experimentelle Wert ist
N A  6,02214179(30) 1023 mol-1 .
Das Kilogramm (kg) ist die Einheit der
Masse.
1 kg ist gleich der Masse des Internationalen Kilogrammprototyps.
Die Candela (cd) ist die Einheit der Lichtstärke.
1 cd ist die Lichtstärke in einer bestimmten
Richtung einer Strahlungsquelle, die mono-
Im vorliegenden Buch wird ausschließlich
das Internationale Einheitensystem, abgekürzt SI (Système International d’Unités),
verwendet. Die sieben Basisgrößen sind
Länge, Masse, Zeit, Stromstärke, Temperatur, Stoffmenge und Lichtstärke.
1.2 Abgeleitete Einheiten
chromatische Strahlung der Frequenz
540 THz aussendet und deren Strahlstärke
3
in dieser Richtung 1/683 W/sr (sr, Steradiant) beträgt.
Tabelle 1.2.1 Namen und SI-Einheiten von wichtigen abgeleiteten physikalischen Größen
Größe
Name der Einheit
SI-Einheit
Fläche
Quadratmeter
m2
Volumen
Kubikmeter
m3
Frequenz
Hertz
Hz (s-1)
Geschwindigkeit
Meter/Sekunde
m/s
Beschleunigung
Meter/Quadratsekunde
m / s2
Dichte
Kilogramm/Kubikmeter
kg / m3
Kraft
Newton
N, kg m / s2
Druck
Pascal= Newton/Quadratmeter
Pa, N / m2
Arbeit, Energie, Wärmemenge
Joule = Newtonmeter = Wattsekunde J, N m, W s
Leistung
Watt
W, J / s
Elektrische Spannung
Volt1)
V, W / A
Elektrische Ladung
Coulomb
C, A s
Elektrische Feldstärke
Volt/Meter
V/m
Elektrischer Widerstand
Ohm
, V / A
Elektrische Kapazität
Farad
F, A s / V
Induktivität
Henry
H, V s / A
Magnetische Induktion
Tesla = Weber/Quadratmeter
T, Wb / m2 , V s / m2
Magnetische Feldstärke
Ampere/Meter
A/m
Magnetische Spannung
Ampere
A
Strahlungsleistung, -fluss
Watt/Quadratmeter
W / m2
Strahldichte
Watt/( Steradiant Quadratmeter )
W/(sr m2)
Spezifische Ausstrahlung
Watt/Quadratmeter
W/m2
Lichtstrom
Lumen
lm = cd sr
Beleuchtungsstärke
Lux
lx = lm / m2
Leuchtdichte
Candela/Quadratmeter
Cd / m2
Die Einheit der elektrischen Spannung 1 V = 1 W / A = 1 J / (A s) ergibt sich aufgrund der Energieäquivalenz, bei der die Einheit der elektrischen Arbeit (1 V A s) gleich der Einheit der entsprechenden mechanischen Arbeit ist (1 J).
1.2 Abgeleitete Einheiten
Die Einheiten aller anderen physikalischen
Größen lassen sich aus den sieben Basiseinheiten des SI ableiten, sie bilden mit
ihnen ein kohärentes System von Einheiten.
Eine Auswahl wichtiger abgeleiteter Einheiten ist in Tab. 1.2.1 zusammengefasst.
Die ergänzenden Einheiten Radiant (rad)
und Steradiant (sr) sind jedoch wie Basiseinheiten anzuwenden, wenn es der physikalische Sachverhalt verlangt. Außer den
SI-Einheiten sind auch einige systemfremde (inkohärente) Einheiten zugelassen.
Dabei handelt es sich um Einheiten, deren
Beziehung zu den SI-Einheiten einen von
eins verschiedenen Zahlenfaktor enthält.
Beispiele dafür sind die Zeiteinheiten Minute (1 min = 60 s) und Stunde (1 h = 60 s),
auch als so genannte allgemeingültige Einheiten bezeichnet, sowie so genannte auf
einem Spezialgebiet gültige Einheiten, z. B.
das Elektronenvolt:
1eV  1,602176 487  1019 J .
Zu den systemfremden Einheiten gehören
auch die SI-Einheiten mit Vorsätzen
(Tab. 1.2.2) sowie einige historisch be-
4 Einführung
2 Erfassung und Auswertung von Messwerten
gründete Einheiten, die einen besonderen
Namen tragen (Liter: 1 l = 10-3 m3, Tonne:
1 t = 103 kg). Die Vorsätze werden im Allgemeinen so gewählt, dass die Zahlenwerte
der anzugebenden Größen zwischen 0,1
und 1000 liegen.
Tabelle 1.2.2 Bezeichnungen für dezimale
Vielfache und Bruchteile von Einheiten
Name
Zeichen
Bedeutung
Zetta
Exa
Peta
Tera
Giga
Mega
Kilo
Hekto
Deka
Dezi
Zenti
Milli
Mikro
Nano
Pico
Femto
Atto
Zepto
Z
E
P
T
G
M
k
h
da
d
c
m
μ
n
p
f
a
z
1021
1018
1015
1012
109
106
103
102
101
10-1
10-2
10-3
10-6
10-9
10-12
10-15
10-18
10-21
In Tabellen ist jedoch möglichst für jede
Größe ein einheitlicher Vorsatz anzuwenden, auch wenn dann einige Zahlen die
genannten Grenzen überschreiten. In
Tab. 1.2.2 sind die Bezeichnungen für dezimale Vielfache und Bruchteile von Einheiten, die auch bei Einheiten mit selbständigem Namen anzuwenden sind, zusammengestellt. Vorsätze, die einer ganzzahligen Potenz von Tausend (103n) entsprechen,
sind zu bevorzugen. Die Vorsätze Hekto,
Deka, Dezi und Zenti sollen nur noch in
solchen Fällen verwendet werden, in denen
sie sich fest eingebürgert haben. Berechnungen sind vorzugsweise mit SI-Einheiten
durchzuführen.
2 Erfassung und Auswertung
von Messwerten
Physikalische Größen (Messgrößen) werden durch eine Messung bestimmt, wobei
unter einer Messung der quantitative Vergleich der zu bestimmenden Größe mit
einer vorgegebenen Größe gleicher Art
(Bezugsgröße) zu verstehen ist. Träger der
Messgrößen werden als Messobjekte, die
Art und Weise der Durchführung einer
Messung als Messmethode und die Gesamtheit der physikalischen Erscheinungen,
die die Grundlage der Messung bilden, als
Messprinzip bezeichnet.
Ein Messverfahren ist die praktische Anwendung eines Messprinzips und einer
Messmethode mit dem Ziel der Gewinnung
des Werts einer Messgröße (Messwert).
2.1 Sensoren und Messgeräte
Die zur Durchführung von Messungen
verwendeten Messgeräte bestehen im Allgemeinen aus einem Messwertaufnehmer,
einer Reihe von Wandlerelementen, in denen die Messgrößen in andere physikalische Größen umgeformt werden, und aus
einer Anzeigeeinrichtung (z. B. Skalenanzeige, Ziffernanzeige). Statt der klassischen
Messfühler (z. B. Thermoelement) hat man
es heute zunehmend mit solchen, als Sensoren bezeichneten Messfühlern zu tun, die
ein elektrisches oder elektrisch weiterverarbeitbares Signal (analog oder digital) als
Information über die zu bestimmende physikalische Größe liefern und gleichzeitig
zum Messinterface eines Computers oder
zu elektronischen Geräteeinheiten kompatibel sind.
Im Gegensatz zum reinen Zählen, das zumindest im Prinzip fehlerfrei ausgeführt
werden kann, treten bei Messungen durch
stets vorhandene Unzulänglichkeiten der
Messgeräte, Unvollkommenheiten der Sinnesorgane und unkontrollierte äußere Ein-
2.1 Sensoren und Messgeräte
flüsse immer Messabweichungen auf. Von
Ausnahmen abgesehen liefern daher selbst
mehrere mit der gleichen Apparatur und
unter gleichen Bedingungen ausgeführte
Messungen nicht das gleiche Ergebnis. Von
Bedeutung ist deshalb ein vorheriges Justieren (Abgleichen) und Kalibrieren des Messgeräts, um die Messabweichungen auf Werte zu bringen, die den gerätetechnischen
Möglichkeiten entsprechen.
Der Vorgang des Justierens umfasst z. B.
die Korrektur der Anzeige eines Messgeräts. Damit soll erreicht werden, dass der
angezeigte Wert (Istwert) so gut wie möglich auf den richtigen Wert (Sollwert) korrigiert wird (z. B. Offset-Korrektur).
Als Kalibrieren (Einmessen) bezeichnet
man im Gegensatz dazu das Zuordnen von
Werten der Messgröße zu den Anzeigen
eines Messgeräts. Beim Kalibrieren wird
ein Messgerät überprüft und die Abweichung zu einem bekannten (richtigen) Referenzwert oder Standard erfasst (protokolliert). Das Ergebnis einer Kalibrierung erlaubt die Schätzung der Messabweichungen
des Messgeräts, der Messeinrichtung oder
der Maßverkörperung oder die Zuordnung
von Werten zu Teilstrichen auf beliebigen
Skalen. Vielfach wird das Ergebnis einer
Kalibrierung als Korrektion oder Kalibrierfaktor oder in Form einer Kalibrierkurve
angegeben.
Kalibrieren ist nicht gleich Eichen! Der
Begriff „Eichen“ ist im offiziellen Sprachgebrauch auf das gesetzliche Messwesen
beschränkt und bezeichnet amtliche Prüfungen nach dem Eichgesetz. Eine Eichung
kann nur vom zuständigen Eichamt an eichfähigen Geräten durchgeführt werden.
Ein digitales Messgerät besteht im Wesentlichen aus Sensor, Verstärker, A/DWandler (Analog-Digital-Wandler (ADW),
auch als Analog-Digital-Converter (ADC)
bezeichnet), Zähler und Digitalanzeige. Die
analoge Messgröße wird erst verstärkt,
danach in eine digitale Größe umgewan-
5
delt. Anschließend wird die binäre Größe in
eine für die dezimale Digitalanzeige geeignete Größe umgesetzt. Zur Digitalisierung
der analogen Signale werden verschiedene
Grundprinzipien verwendet.
Wichtige Kenngrößen eines AnalogDigital-Umsetzers sind u. a. das Auflösungsvermögen (Anhang A.4), die Nichtlinearität und die Einstellzeit. In Abb. 1 ist
das Grundschema für ein digitales Messgerät dargestellt.
Sensor/
analoges
Signal
Verstärker,
Gleichrichter,
Filter
ADC
Digitalanzeige
Abb. 1 Schematische Darstellung der wichtigsten Baugruppen eines digitalen Messgeräts
Moderne Digitalmultimeter messen Spannungen und Ströme neben anderen Größen
(z. B. Widerstand, Frequenz, Kapazität)
digital. Dabei wird der Messgröße ein Ausgangssignal zugeordnet, das ein mit einer
vorgegebenen Schrittweite (Digit) quantisierter Messwert ist. Die kleinste erfassbare
Änderung der Messgröße (Auflösung der
digitalen Messung, auch als least significant digit (lsd) bezeichnet), ist durch die
Schrittweite bestimmt. Diese liegt in der
Regel zwischen 8 Bit (28 = 256 Digits) und
16 Bit (216 = 65536 Digits, Tabelle A.4.1).
Der Vorteil von digitalen gegenüber den
analogen Multimetern (bei ihnen wird der
Messgröße ein Ausgangssignal zugeordnet,
das ein eindeutiges und stetiges Abbild
dieser Messgröße ist) besteht in der direkten Ablesung des Messwerts, der Messgeschwindigkeit und dem Messkomfort sowie
der Speicherung, Übertragung und Weiterverarbeitung von Messwerten. Bei kommerziellen Digitalmultimetern liegen die
relativen Unsicherheiten in der Größenordnung von 0,1 % bis 1,5 % des Messwerts.
Bei Präzisionsgeräten werden relative Unsicherheiten von 10-4 bis 10-5 des Messbereichsendwerts erreicht.
Die Ausgangssignale moderner Sensoren
können mit Hilfe von Interfaceschaltungen
auch direkt einem Rechner zugeführt werden. Die Aufgabe der Interfaceschaltungen
besteht in Analogie zu den digitalen Messgeräten (Abb. 1) darin, das Sensorsignal
vom Sensor aufzunehmen und zu verstärken, eine Signalverarbeitung durchzuführen
und abschließend das analoge Signal in ein
digitalisiertes Signal umzuwandeln.
Die Vorteile rechnergestützter Messungen
liegen im Wesentlichen in der Messung von
schnellen Vorgängen, in der digitalen Speicherung und Weiterverarbeitung der Messdaten sowie in der Realisierung von Messungen über längere Zeiträume ohne persönliche Anwesenheit. Nach Speicherung
und Weiterleitung der Daten können die
Messwerte auch an externen Computern
weiterverarbeitet werden (z. B. Modell- und
Anpassungsrechnungen, Simulationen, statistische Analysen).
2.2 Graphische Darstellung und Auswertung
Die während einer Messung angezeigten
Werte der Messgröße sollten in der praktischen Arbeit zunächst in Form einer Tabelle in das Versuchsprotokoll aufgenommen
werden, ggf. auch direkt in eine graphische
Darstellung (Diagramm), wenn es sich um
den funktionellen Zusammenhang zweier
Größen handelt. In Diagrammen werden
auf den Koordinatenachsen die Werte der
Größen in Form von Skalen abgetragen. Im
rechtwinkligen Koordinatensystem ist die
unabhängige Variable in der Regel auf der
Abszisse darzustellen. Die positiven Werte
der Größen steigen vom Schnittpunkt der
Achsen aus nach rechts bzw. nach oben an.
In einem Polarkoordinatensystem muss der
Koordinatenursprung (Winkel 0) auf der
2 Erfassung und Auswertung von Messwerten
waagerechten oder senkrechten Achse liegen. In diesem Fall soll die positive Richtung der Winkelkoordinaten der Drehrichtung entgegen dem Uhrzeigersinn entsprechen (vgl. Abb. O.4.3.5).
Werden die Koordinatenachsen als Skalen
verwendet, sind diese durch Teilstriche in
Intervalle zu unterteilen. Neben den Teilstrichen sind die Werte der Größen anzugeben. Ist der Koordinatenursprung beider Skalen null, ist die Ziffer 0 nur einmal
am Schnittpunkt anzugeben. Liegen die
Messwerte innerhalb eines begrenzten Intervalls relativ weit entfernt vom Nullpunkt, ist es zweckmäßig, eine Darstellung
mit unterdrücktem Nullpunkt zu wählen.
Die Angaben der Zahlen an den Skalen
erfolgt waagerecht außerhalb des Diagrammfelds, die Bezeichnung der Größen
(Zeichen, Benennung, funktionelle Abhängigkeit) zweckmäßigerweise in Kombination mit der Angabe der Maßeinheit in Form
eines Bruchs (Abb. 2) oder in Klammern
gesetzt am Ende der Skala.
U / mV
6 Einführung
1000
0
-1000
-2000
0
5
10
15
Δx / mm
Abb. 2 Diagramm zur Kalibrierungskurve eines
elektronischen Wegaufnehmers (Sensorspannung U, Verschiebung x, Ausgleichsgerade rot
gezeichnet)
Bei der Gestaltung des Diagramms ist der
Maßstab so zu wählen, dass die Kurve
möglichst unter einem Winkel von etwa
 45° zu den Koordinatenachsen verläuft,
2.2 Graphische Darstellung und Auswertung
so klein wie möglich wird. Falls die auszuwertende Gerade durch den Ursprung des
Koordinatensystems verläuft, ist dieser ein
festgelegter Punkt für die Konstruktion der
Geraden.
Größe Y
um auf beiden Achsen die gleiche relative
Ablesegenauigkeit zu erzielen. Ein Diagramm soll eine Benennung (Titel, Bildunterschrift) haben, die die dargestellte funktionelle Abhängigkeit erläutert. In den
meisten Fällen erhält man in einem Experiment die gesuchte Größe nicht direkt,
sondern muss sie durch mehr oder weniger
umfangreiche Rechnungen aus den Messwerten bzw. durch Auswertung geeignet
gewählter graphischer Darstellungen ermitteln. Bevor mit der Rechnung begonnen
wird, muss man sich über die dabei erforderliche Genauigkeit klar werden. Sie ist in
jedem Fall so zu wählen, dass die Messunsicherheit (Abschn. 3), die durch die experimentellen Bedingungen bestimmt wird,
sich durch die Rechnung nicht vergrößert.
Oft wird es bei den Auswertungen im Praktikum darum gehen, die Abhängigkeit der
Messdaten x und y von zwei Messgrößen X
und Y linear zu beschreiben, d. h., sie genügen einer Gleichung vom Typ Y = A + B X.
Um die Werte a und b der beiden Geradenparameter A und B zu bestimmen, versucht
man rechnerisch oder graphisch deren
bestmögliche Werte (abest, bbest) zu ermitteln. Der rechnerische Weg basiert auf der
Methode der linearen Regression, die voneinander unabhängige und zufällig streuende Messwerte voraussetzt. Eine einfache
graphische Bestimmung der Geradenparameter bietet die Methode des graphischen
Ausgleichs, bei der man die Gerade so über
die Messpunkte legt, dass diese eine bestmögliche Anpassung erreicht.
Für das Einzeichnen der bestmöglichen
Geraden, auch Ausgleichsgerade genannt,
in das Diagramm gibt es einige einfache
praktische Regeln: Man verwendet z. B. ein
durchsichtiges Lineal, um beim Einzeichnen der bestmöglichen Geraden im Mittel
die Summe der Abweichungen zwischen
den Messpunkten unter- und oberhalb der
Geraden auszugleichen. Dadurch erreicht
man, dass die Summe der Abweichungen
7
P2
yS
abest
PS Ausgleichsgerade
P1
0
xS
Größe X
Abb. 3 Darstellung von zwei Größen X und Y
zur Ermittlung der Parameter der Ausgleichsgeraden
Die Lage des Punkts PS in Abb. 3 ergibt
sich aus den arithmetischen Mittelwerten
x  xS und y  yS der x- und y-Werte. Der
Schnittpunkt der Ausgleichsgeraden mit der
Y-Achse bei x = 0 bestimmt den Wert abest.
Den Anstieg bbest erhält man z. B. mit zwei
geeignet gewählten Punkten P1(x1, y1) und
P2(x2, y2) auf der in Abb. 3 eingezeichneten
Ausgleichsgeraden:
bbest 
 y y2  y1

.
 x x2  x1
Es ist insbesondere für die Abschätzung
von Unsicherheiten bei der graphischen
Auswertung von Vorteil, die Messabweichungen der einzelnen Messwerte z. B. in
Form von Fehlerbalken einzuzeichnen
(Abb. 4). Um die Unsicherheit des Anstiegs
der Geraden zu ermitteln, verwendet man
die in Abb. 4 markierten Punkte P1,min und
P1,max sowie P2,min und P2,max. Aus der Differenz der Werte für den größten und den
kleinsten Anstieg wird man in der Regel
einen guten Schätzwert für die Unsicherheit
des Anstiegs bbest erhalten.
8 Einführung
P2.max
P2.min
PS
P1.max
Ausgleichsgerade
P1.min
1
, Y  ln  sowie den GeradenparameT
tern A  ln 0 und B  EA / R .
len X 
η / 10-3 kg m-1 s-1
Größe Y
2 Erfassung und Auswertung von Messwerten
0,8
0,6
Größe X
0,4
Abb. 4 Graphische Darstellung einer Gerade
mit Fehlerbalken für die x- und y-Messwerte,
Punkte P2.max und P1.min bestimmen den größtmöglichen Anstieg
Beispiel:
Die Temperaturabhängigkeit der dynamischen
Viskosität  (Abb. 5) in Flüssigkeiten lässt sich
in einem begrenzten Temperaturbereich durch
eine Exponentialfunktion beschreiben:
 EA 
 .
RT 
 = 0 exp 
Dabei sind T die absolute Temperatur, EA die
molare Aktivierungsenergie, 0 eine Materialkonstante und R die allgemeine Gaskonstante.
Die Überführung in eine Geradengleichung
vom Typ Y = A + B X durch Logarithmieren
E 1
mit den Variabergibt ln   ln 0  A
R T
320
340
360
T/K
Abb. 5 Diagramm zur Temperaturabhängigkeit
der dynamischen Viskosität einer Flüssigkeit
Trägt man ln über der reziproken absoluten Temperatur auf (Abb. 6), lässt sich graphisch die Ausgleichsgerade ermitteln.
ln ( η / Pa s )
Wenn der theoretisch zu erwartende Zusammenhang nichtlinear ist, so wird es
doch oft möglich sein, diesen durch geeignete mathematische Transformationen in
eine Geradengleichung zu überführen. In
solchen Fällen ist manchmal auch die Verwendung von speziellem Koordinatenpapier (Funktionspapier) mit geeigneten Unterteilungen (z. B. einfach- oder doppeltlogarithmisch; Ordinate logarithmisch,
Abszisse reziproke absolute Temperatur T)
von Vorteil, bzw. man erstellt die graphische Darstellung mit einer geeigneten Software.
300
0,0
P2
-0,5
-1,0
P1
0,0028
0,0030
0,0032
1/T /1/K
Abb. 6 ln -1/T-Diagramm zur Auswertung der
Temperaturabhängigkeit der dynamischen Viskosität, Ausgleichsgerade rot, Punkte P1 und P2
sind Bezugswerte für die Anstiegsbestimmung
Zu beachten sind dabei die Maßeinheiten,
die Skaleneinteilung und die Größe der
logarithmischen Einheit. Mit zwei ausreichend weit voneinander entfernt liegenden
Punkten P1 ( 1, T1 ) und P2 ( 2 , T2 ) , die auf
der Ausgleichsgeraden liegen, kann der
2.3 Ausgleichsrechnung (lineare Regression)
Wert der molaren Aktivierungsenergie EA
mit Hilfe der Gleichung
 E 1 1
ln 1 = A    bestimmt werden.
2 R  T1 T2 
2.3 Ausgleichsrechnung (lineare Regression)
Soll ein linearer Graph mathematisch analysiert werden bzw. ist die Festlegung des
linearen Graphen wegen der Streuung der
Messwerte nicht ohne weiteres möglich,
erfolgt die Bestimmung der Geradenparameter mit Hilfe der Ausgleichsrechnung.
Damit kann man bestmögliche Schätzwerte
(Erwartungswerte) ermitteln. Im Fall eines
linearen Zusammenhangs
y = +  x
(1)
besteht die Aufgabe darin, die Bestwerte
(Mittelwerte)  und  für  und  zu
finden. Unter Beachtung der Tatsache, dass
im Experiment die Einflussgrößen xi häufig
vorgegeben und die zugehörigen Zielgrößen yi mit zufälligen Messabweichungen
behaftet sind, gilt
yi = yi  yi  0 (i  1, ..., n) ,
(2)
d. h., Messwert yi und Schätzwert yi der
Zielgrößen stimmen nicht überein. Zur
Berechnung von  und  wird in der
Regel die so genannte Gauß’sche Methode
der kleinsten Quadrate verwendet, wonach
die Summe der Quadrate der Abweichungen yi ein Minimum werden soll:
n
F ( ,  ) =  ( yi     xi ) 2  min . (3)
i 1
Die notwendigen Bedingungen für ein Minimum lauten
F F

0 .
  
(3a)
9
Daraus ergeben sich zwei lineare Gleichungen (Normalgleichungen) mit den Lösungen
xy  x y
xx  x x
=
(4)
bzw.
= y  x
y xx  xy x
.
xx  x x
(5)
Die arithmetischen Mittelwerte sind definiert durch
x=
1 n
1 n
,
x
y
=
i
 yi ,
n i 1
n i 1
xy =
1 n
1 n
xi yi , xx =  xi xi .

n i 1
n i 1
(6a)
(6b)
Den Anstieg der Ausgleichsgeraden 
bezeichnet man auch als Regressionskoeffizienten. Die Ermittlung der Unsicherheiten für die Geradenparameter  und  der
Ausgleichsgeraden wird in Abschn. 3.2.3
beschrieben.
Das Problem der Kurvenanpassung ist nicht
beschränkt auf die bisher betrachtete Bestimmung der Ausgleichsgeraden bei linearen Zusammenhängen. Lässt sich z. B. eine
Größe mit Hilfe eines Polynoms
y =  0  1 x   2 x 2  ...   n x n
(7)
darstellen, kann die Bestimmung der Regressionskoeffizienten 0, β1, …, βn in analoger Weise über die Lösung einer entsprechend größeren Zahl von Normalgleichungen erfolgen. Die Software für Kurvenanpassungen für eine Vielzahl anderer nichtlinearer Anpassungen mit Hilfe der in den
Praktika vorhandenen Rechner steht heute
im Allgemeinen zur Verfügung. Dabei
werden in der Regel auch die Standardabweichungen der betreffenden Anpassungsparameter (Fit-Parameter) berechnet.
10 Einführung
3 Messunsicherheit
Die Frage nach der Genauigkeit eines
Messwerts oder eines Messergebnisses ist
nur im Zusammenhang mit einer genauen
Analyse der verwendeten Messverfahren
und Messmethoden zu beantworten. Nach
der deutschen Norm DIN 1319-3 wurde der
traditionelle Begriff Messfehler durch den
Begriff Messabweichung (Kurzform Abweichung) ersetzt. In den folgenden Abschnitten werden in kurzen Darstellungen
die auf dieser DIN basierenden Regeln für
die zahlenmäßige Erfassung der Messunsicherheit einer physikalischen Messgröße
vorgestellt. Diese oft als „Abschätzung der
Messunsicherheit“ beschriebene Methode
wird umgangssprachlich auch noch häufig
als „Fehlerrechnung“ bezeichnet.
Bei der Angabe eines Messergebnisses ist
in jedem Falle die Mitteilung der Messunsicherheit erforderlich, deren Größe bei
Messungen im Physikpraktikum von unbekannten systematischen (im Folgenden kurz
als systematische Abweichungen bezeichnet) und zufälligen Messabweichungen
bestimmt ist. Das Messergebnis, d. h., der
Messwert einer Einzelmessung oder der
Mittelwert einer Messreihe, enthält den
korrigierten Wert (Abschn. 3.1) verbunden
mit einem Intervall, in dem vermutlich der
Erwartungswert der Messgröße liegt. Die
Differenz zwischen der oberen Grenze dieses Intervalls und dem korrigierten Wert
bzw. die Differenz zwischen dem korrigierten Wert und der unteren Grenze dieses
Intervalls nennt man Messunsicherheit (Symbol u). In der Regel haben die
beiden Differenzen den gleichen Wert. Das
Messergebnis wird dann in der Form
„Ergebnis  Messunsicherheit“
angegeben. Bei wissenschaftlichen Experimenten wird man immer bestrebt sein, die
systematischen Abweichungen durch modernste Messtechniken und Messverfahren
weitestgehend auszuschließen.
3 Messunsicherheit
Ergänzend werden Hinweise auf die in der
internationalen Metrologie üblichen Empfehlungen zur Ermittlung von Messunsicherheiten nach dem „Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen“ („Guide
to the Expression of Uncertainty in Measurement“, kurz „ISO-GUM“, ISO International Organization of Standardization) und
des nationalen Metrologieinstituts der USA
(National Institut of Standards and Technology, kurz NIST) sowie der Physikalisch
Technischen Bundesanstalt (kurz PTB)
gegeben. In diesen Empfehlungen werden
zwei Typen von Messunsicherheiten unterschieden, Typ A und Typ B. Systematische
Abweichungen werden in diesem Leitfaden
nicht mehr berücksichtigt. Unsicherheiten
vom Typ A beziehen sich auf mehrfach
wiederholte Messungen von Zufallsmessgrößen (z. B. die Standardabweichung als
Standardunsicherheit, Abschn. 3.2.1) und
können mit statistischen Methoden berechnet werden.
Die Messunsicherheiten vom Typ B stammen aus anderen Quellen. Sie können nicht
durch mehrfach wiederholte Messungen
ermittelt werden. Für ihre wissenschaftliche
Beurteilung sind alle verfügbaren Informationen über mögliche Abweichungen bei
der Erfassung der Messwerte zu berücksichtigen. Dazu zählen u. a. die Erfahrung
oder allgemeines Wissen über das Verhalten oder die Eigenschaften der relevanten
Materialien, Phänomene und Instrumente,
Spezifikationen und Herstellerangaben,
Daten aus Kalibrierungs- oder anderen
Zertifikaten und Informationen über Unsicherheiten, die entsprechenden Handbüchern entnommen werden können.
Für die im Weiteren behandelten exemplarischen Beispiele werden für die Abschätzung der Messunsicherheiten auch systematische Abweichungen berücksichtigt, da
diese bei den im Praktikum verwendeten
Messmethoden und -verfahren nicht in
jedem Falle vernachlässigt werden können.
2.0 Grundlagen
43
molare Masse M aus dem Anstieg (d ρ / d p)
der Ausgleichsgeraden bestimmt werden:
⎛ dρ ⎞
M = RT ⎜
⎟ .
⎝dp⎠
(56)
Die Anlage ist zu Beginn der Messung mit
einer Vakuumpumpe zu evakuieren, um
Restgase aus vorherigen Messungen zu entfernen. Dazu sind die Hähne H1 und H3
geschlossen zu halten. Nach dem Evakuieren
sind Hahn H2 zu schließen und die Vakuumpumpe abzuschalten. Für die Messung mit
Luft kann über Hahn H1 nun Luft bis zum
gewünschten Druck eingelassen werden.
Bei der Messung mit dem Versuchsgas bleiben das Einstell-( EV) und das Reduzierventil (RV) zunächst geschlossen. Das Flaschenventil (FV) an der Druckgasflasche (GF)
wird um eine viertel Umdrehung geöffnet.
Durch Öffnen des Reduzierventils wird ein
geringer Überdruck eingestellt. Anschließend
ist die Schlauchverbindung zwischen dem
Einstellventil und dem Hahn H3 herzustellen.
Zum Durchspülen der Anlage wird über den
Hahn H3 bei geöffnetem Hahn H1 das Versuchsgas durch Öffnen des Einstellventils EV
in die Anlage geleitet. Der Hahn H2 ist dabei
geschlossen. Der Spülvorgang wird beendet,
indem man zuerst das Flaschenventil und
nach Abbau des Überdrucks anschließend die
Hähne H1 und H3 sowie Einstell- und Reduzierventil schließt. Durch diese Maßnahmen
erreicht man, dass der Druck des Versuchsgases in der Anlage dem äußeren Luftdruck
entspricht.
Soll die Messung bei niedrigerem Druck
erfolgen, lässt sich mit der Vakuumpumpe
VP nach vorheriger Öffnung von Hahn H2
ein Teil des Versuchsgases aus dem Messraum auspumpen. Dies ist mit dem Druckmessgerät zu kontrollieren. Nach Schließen
des Hahns H2 kann mit der Messung beim
eingestellten Druck begonnen werden. Nach
Abschluss der Messungen ist die gesamte
Anlage durch Öffnen der Hähne H1, H2 und
H3 zu belüften.
2 Schwingungen
2.0 Grundlagen
Schwingungen sind zeitlich periodische
Vorgänge. Das einfachste Beispiel ist der
lineare harmonische Oszillator (Federschwinger), andere, im Rahmen dieses Buches behandelte mechanische Systeme sind
das mathematische und das physikalische
Pendel, der Drehtisch, das Torsionspendel
sowie das Drehpendel.
2.0.1 Bewegungsgleichungen
Bei einer mechanischen Schwingung finden
Energieumwandlungen von potentieller in
kinetische Energie statt. Bei vernachlässigbarer Reibung bleibt dabei die Amplitude x̂ der
Schwingung konstant (ungedämpfte Schwingung), und es gilt die Bewegungsgleichung
m
d2 x
+ cx = 0
d t2
(1)
bzw.
d2 x
+ ω02 x = 0
2
dt
(1a)
mit der Eigenkreisfrequenz (Kennkreisfrequenz) der ungedämpften Schwingung
ω0 =
c
.
m
(2)
In Gl. (2) bezeichnet m die Masse des
schwingenden Systems und c die Federkonstante. Die momentane Auslenkung (Elongation) x(t) ergibt sich als Lösung von Gl. (1a):
x ( t ) = xˆ cos (ω0 t + ϕ 0 ) .
(3)
In Gl. (3) ist ϕ0 der Phasenwinkel zur
Zeit t = 0. In analoger Weise stellt auch die
entsprechende Sinusfunktion eine Lösung der
Differentialgleichung (1a) dar.
2 Schwingungen
44 Mechanik
Bei nicht vernachlässigbarer Reibung wird
die Schwingungsenergie zunehmend in Wärme umgewandelt. Für die dann gedämpfte
Schwingung lautet die Bewegungsgleichung
d2 x
dx
m 2 +r
+cx =0
dt
dt
(4)
bzw.
ωr = ω 02 − 2 δ 2 .
2
d x
dx
+ 2δ
+ ω02 x = 0 .
2
dt
dt
(4a)
Die Größe δ = r/2m wird als Dämpfungskonstante bezeichnet. Eine Lösung der Gl. (4a)
(siehe Anhang A.2) wird durch Gl. (5) gegeben:
x ( t ) = xˆ e −δ t cos (ω t + ϕ0 ) .
(5)
Dabei ist ω = ωd die Kreisfrequenz der gedämpften Schwingung:
ωd = ω02 − δ 2 .
(6)
Bei sehr großer Dämpfung ( δ 2 >> ω02 )
kommt keine Schwingung zustande; der
Körper kehrt nach der Anfangsauslenkung
langsam in die Ruhelage zurück (Kriechfall).
Wirkt auf ein schwingungsfähiges System
mit der Eigenkreisfrequenz ω0 eine äußere
periodische Kraft F = F0 cos ω t , werden
erzwungene Schwingungen beobachtet. In
diesem Fall lautet die Bewegungsgleichung
d2 x
dx
+ r + cx = F0 cos ω t ,
2
dt
dt
(7)
F
d2 x
dx
+ 2δ
+ ω02 x = 0 cos ω t .
2
dt
dt
m
(7a)
m
Eine Lösung dieser Gleichung lautet
x (t ) =
F0
m
cos (ω t − θ )
(ω
2
0
−ω
)
2 2
Die Größe θ ist die Phasenverschiebung
zwischen der erzwungenen und der Erregerschwingung.
Nach dem Einschwingvorgang wird das
schwach gedämpfte, schwingungsfähige
System mit der vom Erreger erzwungenen
Frequenz schwingen und die entsprechende
Eigenkreisfrequenz ist
+ 4δ ω
2
.
2
(8)
(9)
Hat die Kosinusfunktion in Gl. (8) den Wert
eins; ergibt sich die frequenzabhängige Amplitude A(ω). Diese wird durch den Betrag der
Erregerkraft, die Differenz zwischen den
Frequenzen ω und ω0 sowie die Dämpfungskonstante bestimmt, so dass gilt:
A(ω ) =
F0
m
1
(ω 02 − ω 2 ) + (2δ ω )2
2
. (10)
In den folgenden Beispielen (außer Drehpendel, M.2.3) werden nur Systeme mit vernachlässigbarer Dämpfung betrachtet.
Ein physikalisches Pendel (Abb. M.2.0.1) ist
ein starrer Körper mit einer fest vorgegebenen Drehachse (A), die nicht durch den Massenmittelpunkt des Körpers geht. Nach einer
Auslenkung führt das Pendel unter dem Einfluss der Schwerkraft Schwingungen um
seine Ruhelage aus. In den folgenden Überlegungen wird vorausgesetzt, dass die Reibung im Achsenlager vernachlässigbar klein
ist.
Der senkrechte Abstand des Massenmittelpunkts (S) eines Körpers (K) von der Drehachse (A) soll mit sA bezeichnet werden
(Abb. M.2.0.1). Ein beliebiges Massenelement dm habe den senkrechten Abstand r von
der Drehachse. Zwischen r und sA sei der
konstante Winkel α. Bildet sA mit der Vertikalen den Winkel ϕ, lautet die Bewegungsgleichung für das Massenelement
dm r
d 2ϕ
= −dm g sin (α + ϕ ) .
dt2
(11)
2.0 Grundlagen
45
Durch Multiplikation von Gl. (11) mit dem
Kraftarm r und Integration über den gesamten Körper erhält man die Gleichung für das
resultierende Drehmoment
d 2ϕ 2
∫ dt 2 r dm = − g K∫ r sin (α + ϕ ) dm . (11a)
K
ms g
d 2ϕ
= − A sin ϕ .
2
dt
IA
(14)
Die Größe
y
DA = m sA g
K
x
sA
r
α
ϕ
S
dm
sB
ϕ
α+
in(
)
dm
gs
ml
dm g
B
Da der Körper starr sein soll, ist die Winkelbeschleunigung d 2ϕ / d t 2 für alle Massenelemente gleich und kann vor das Integral
geschrieben werden. Die Größe
(12)
K
ist das Trägheitsmoment des Körpers in Bezug auf die Drehachse. Die Einheit des Trägheitsmomentes ist kg m2. Nach der Definition
des Massenmittelpunkts gilt
∫ r sin (α + ϕ ) d m = ∫ x d m
K
= m xS = m sA sin ϕ ,
d 2ϕ
= −m g sin ϕ
dt 2
d 2ϕ
g
= − sin ϕ .
2
dt
l
Abb. M.2.0.1 Physikalisches Pendel
I A = ∫ r 2 dm
(15)
hat die Dimension eines Drehmoments und
wird als Direktions- oder Richtmoment des
Pendels bezeichnet.
Das mathematische Pendel stellt eine Idealisierung dar. Man denkt sich die gesamte
Masse im Massenmittelpunkt vereinigt und
sieht die Bindung an die Drehachse als „masselos“ an. Dieser Idealisierung entspricht
näherungsweise das Fadenpendel, das aus
einer Metallkugel besteht, die an einem dünnen Faden der Länge l aufgehängt ist. Die
Bewegungsgleichung des mathematischen
Pendels lautet
x
xS
A
K
wobei m die Masse des Pendels ist. Mit den
Gln. (12) und (13) folgt aus Gl. (11a) die
Bewegungsgleichung des physikalischen
Pendels
(13)
bzw.
(16)
Die Gln. (14) und (16), deren Lösung elementar nicht möglich ist, vereinfachen sich
für kleine Auslenkungen ϕ < 5 ° :
ms g
d 2ϕ
=− A ϕ,
2
dt
IA
d 2ϕ
g
=− ϕ.
2
l
dt
(14a)
(16a)
In den Gln. (14a) und (16a) wurde der Sinus
durch das Argument ersetzt.
[Die bisherigen Betrachtungen gelten nur für
Bewegungen im Vakuum. Schwingt das Pendel in
Luft (Dichte ρL), ist der Auftrieb (Gl. (M.1-2)) zu
2 Schwingungen
46 Mechanik
berücksichtigen. Die rücktreibende Kraft auf ein
Massenelement hat dann den Betrag
⎛ ρL ⎞
⎟ sin (α + ϕ )
⎝ ρ ⎠
und an die Stelle der Gl. (11a) tritt
dm g ⎜ 1 −
dϕ
2
∫ dt
K
2
⎛ ρ ⎞
r 2 dm = − g ∫ ⎜1 − L ⎟ r sin (α + ϕ ) dm .
ρ ⎠
K ⎝
Setzt sich das Pendel aus N homogenen Teilkörpern Ki zusammen, deren Massenmittelpunkte Si
auf einer die Drehachse (A) schneidenden Geraden liegen und deren Massen bzw. Dichten mit mi
bzw. ρi (i = 1, 2,..., N) bezeichnet werden sollen,
ergibt sich
N ⎛
ρ
d 2ϕ 2
⎜1 − L
∫K d t 2 r dm = − g ∑
ρi
i =1 ⎜
⎝
⎞
⎟ ∫ r sin (α + ϕ ) dm
⎟K
⎠ i
oder
IA
N
⎛ ρ
d 2ϕ
− = − g ∑ ⎜1 − L
2
dt
ρi
i =1 ⎝
⎞
⎟ mi sAi sin ϕ . (14b)
⎠
Hierbei ist sAi der Abstand des Massenmittelpunktes des i-ten Teilkörpers von der Drehachse. Die
Berücksichtigung des Auftriebs bedeutet also in
diesem Falle: Man ersetzt in Gl. (14) sowie in den
daraus gewonnenen Gln. (14a) und (22) den
Ausdruck m sA durch
⎛ ρL
⎜1 −
∑
⎜ ρi
i =1 ⎝
N
⎞
⎟ mi sA i .
⎟
⎠
(17)
Haben alle Teile des Pendels die gleiche Dichte ρ,
dann vereinfacht sich Gl. (17) zu
⎛ ρ ⎞
m sA ⎜1 − L ⎟ . ]
ρi ⎠
⎝
(17a)
Unter einem Drehtisch versteht man einen
starren Körper, der um eine vertikale Achse
gedreht werden kann. Bindet man dieses
System durch eine Spiralfeder an eine Ruhelage, führt es nach einer Auslenkung
Schwingungen aus. Wenn die elastischen
Deformationen der Feder hinreichend klein
sind, kann man das rücktreibende Drehmo-
ment der Auslenkung ϕ proportional setzen.
Bei Vernachlässigung der Reibung im Achsenlager lautet die Bewegungsgleichung
d 2ϕ
D
=− ϕ.
2
dt
I
(18)
Dabei ist I das Trägheitsmoment des Drehtisches um die vorgegebene Achse, und der
Proportionalitätsfaktor D ist das Direktionsmoment (Richtmoment) der Feder.
Ein Torsionspendel ist ein starrer Körper, der
z. B. an einem Draht oder einem Band aufgehängt ist. Nach einer Verdrillung des Drahts
bzw. Bands führt das Torsionspendel Drehschwingungen aus. Für sehr kleine Scherwinkel kann man annehmen (Gl. (M.3-26)),
dass das rücktreibende Drehmoment der
Auslenkung aus der Ruhelage proportional
ist. Die Bewegung des Torsionspendels wird
daher auch durch Gl. (18) beschrieben. Die
Bewegungsgleichungen (14a), (16a) und (18)
sind homogene Differentialgleichungen
2. Ordnung:
d 2ϕ
= −ω 2ϕ .
2
dt
(19)
Die vollständige mathematische Lösung
enthält zwei Integrationskonstanten (c1, c2):
ϕ = c1 cos ω t + c2 sin ω t ,
(20)
die aus den Anfangsbedingungen zu bestimmen sind (Anhang A.2). Dem Versuchsbeginn entsprechen ϕ = ϕ0 und d ϕ / d t = 0 für
t = 0 . Damit lautet Gl. (20)
⎛
⎝
t ⎞
⎠
ϕ = ϕ0 cos ω t = ϕ0 cos ⎜ 2π ⎟ .
T
(20a)
T ist die Schwingungsdauer bei sehr kleinen
Auslenkungen bzw. bei geringen elastischen
Deformationen.
Wenn man die Schwingungsdauer messen
will, wählt man den Augenblick als Anfang
der Zeitmessung, in dem das Pendel die
2.0 Grundlagen
47
maximale Geschwindigkeit hat, d. h., es ist
ϕ = 0,
dϕ ⎛ dϕ ⎞
=⎜
⎟ .
dt ⎝ dt ⎠max
Dann ist
ϕ=
⎛ dϕ ⎞
⎜
⎟
⎝ dt ⎠max
ω
sin ω t = ϕ0 sin ω t
(20b)
⎛ t⎞
= ϕ0 sin ⎜ 2π ⎟ .
⎝ T⎠
Durch Einsetzen von Gl. (20a) oder (20b) in
die Gln. (16a), (14a) bzw. (18) findet man für
das Fadenpendel
T = 2π
l
,
g
2.0.2 Satz von Steiner
Das Trägheitsmoment eines starren Körpers
bezogen auf die Drehachse (A) ist gleich dem
Trägheitsmoment bezogen auf die durch den
Massenmittelpunkt gehende, zur Drehachse
parallele und durch den Schwerpunkt des
Körpers verlaufende Achse (S), vermehrt um
das Produkt aus der Masse des Körpers und
dem Quadrat des senkrechten Abstands der
beiden Achsen.
Zum Beweis dieses Satzes betrachtet man
den in Abb. M.2.0.2 dargestellten ebenen
Schnitt durch den Körper.
y
(21)
r'
A
sA
für das physikalische Pendel
T = 2π
IA
m sA g
I
.
D
Die mathematische Behandlung der Gln. (14)
und (16) liefert für die Schwingungsdauer
2
2
⎤
⎛ 1⋅ 3 ⎞
4 ϕ0
+ ...⎥ .
⎜
⎟ sin
2
⎝ 2⋅4 ⎠
⎥⎦
(24)
x
Abb. M.2.0.2 Zum Satz von Steiner
Der Ursprung des Koordinatensystems x, y, z
(die z-Achse stimmt mit der Schwerpunktachse überein) soll im Massenmittelpunkt des
Körpers liegen. Nach dem Kosinussatz gilt
r 2 = r ′2 + sA2 + 2sA r ′ cos β
= r ′2 + sA2 + 2sA x .
Dann ist das Trägheitsmoment des Körpers in
Bezug auf die Drehachse A
I A = ∫ r 2 dm = ∫ r ′2 dm + sA2 ∫ dm +
K
Für T ist beim Fadenpendel Gl. (21) und beim
physikalischen Pendel Gl. (22) einzusetzen.
Wenn die Amplitude ϕ0 kleiner als 0,1 (d. h.
kleiner als 5°) ist, gilt in sehr guter Näherung
1
⎛
⎞
T ′ = T ⎜1 + ϕ 02 ⎟ .
16
⎝
⎠
x
(22)
(23)
⎡ ⎛1⎞
ϕ
T ′ = T ⎢1 + ⎜ ⎟ sin 2 0 +
2
⎢⎣ ⎝ 2 ⎠
β
S
und für den Drehtisch oder das Torsionspendel
T = 2π
dm
r
(24a)
K
K
+ 2 s A ∫ x dm ,
K
und wegen
∫ x dm = x
S
m = 0 erhält man
K
I A = I S + m sA2 .
(25)
2 Schwingungen
48 Mechanik
2.0.3 Reduzierte Pendellänge
Ein physikalisches Pendel hat die gleiche
Schwingungsdauer wie ein mathematisches
Pendel der Fadenlänge
lA =
IA
.
m sA
(26)
Dabei ist die Größe lA die der Achse A entsprechende reduzierte Pendellänge.
Gegeben sei ein physikalisches Pendel mit
den parallelen Drehachsen A und B
(Abb. M.2.0.1). Der Massenmittelpunkt soll
auf der Geraden von A nach B liegen, und
der Achsenabstand sei l = sA + sB .
Es soll untersucht werden, unter welchen
Bedingungen die Schwingungsdauern um
diese beiden Achsen übereinstimmen. Aus
TA = 2π
IA
l
= 2π A bzw.
m sA g
g
TA = 2π
IB
= TB
m sB g
folgt bei Verwendung des Steiner’schen
Satzes
I 1 I S + m ( l − sA )
lA = B
=
m sB
m ( l − sA )
=
lA =
I A + ml 2 − 2 ml sA
m ( l − sA )
2
,
mlA sA + ml 2 − 2 ml sA
m ( l − sA )
oder
l 2 − ( lA + 2 sA ) l + 2 lA sA = 0
(27)
Die quadratische Gleichung (27) kann als
( l − lA )( l − 2 sA ) = 0
(28)
geschrieben werden. Ist l ≠ 2 sA , muss l = lA
sein, d. h., der Achsenabstand, bei dem die
Schwingungsdauern gleich sind, ist gleich
der reduzierten Pendellänge. Für l = 2 lA,
d. h., der Massenmittelpunkt halbiert die
Verbindungslinie der beiden Achsen, ist der
Schluss l = lA jedoch falsch.
2.1 Fadenpendel
Aufgabenstellung
Die Schwerebeschleunigung g ist mit dem
Fadenpendel zu bestimmen. Die relative
Messunsicherheit des Ergebnisses soll 1 %
nicht überschreiten.
Eine Metallkugel hängt an einem dünnen
Faden vor einer Spiegelskala mit einer Millimeterteilung. Der Nullpunkt des Maßstabs
soll mit der Drehachse übereinstimmen. Die
Fadenlänge l ist der Abstand der Drehachse
vom Mittelpunkt der Kugel. Regt man das
Pendel zu Schwingungen kleiner Amplitude
an (ϕ < 5°), liefert Gl. (21) den Zusammenhang zwischen der Schwingungsdauer T, der
Fadenlänge l und der Schwerebeschleunigung g:
2
⎛2π⎞
g=⎜
⎟ l .
⎝ T ⎠
(29)
Das Fadenpendel ist streng genommen ein
physikalisches Pendel, das in einem materiellen Medium (Luft) schwingt. Es empfiehlt
sich zu prüfen, ob die verschiedenen Vernachlässigungen tragbar sind, die man bei der
Verwendung der Gleichungen für ein im
Vakuum schwingendes mathematisches
Pendel macht.
Das Trägheitsmoment I des Pendels setzt sich
additiv aus dem der Kugel IK und dem des
Fadens IF zusammen. Da das Trägheitsmoment einer homogenen Kugel mit dem Radius R und der Masse mK bezogen auf eine
durch den Kugelmittelpunkt gehenden Achse
I 0 = (2 / 5) mK R 2 ist, erhält man nach Gl. (25)
2.2 Reversionspendel
49
⎡ 2 ⎛ R ⎞2 ⎤
2
I K = mK l 2 + mK R 2 = mK l 2 ⎢1 + ⎜ ⎟ ⎥ .
5
⎣⎢ 5 ⎝ l ⎠ ⎦⎥
Das Trägheitsmoment IF des Fadens der
Länge lF und der Masse mF bezogen auf die
1
gegebene Drehachse ist I F = mF l 2 . Damit
3
folgt mit I = I K + I F und lF ≈ l
⎡ 2 ⎛ R ⎞ 2 1 mF ⎤
I = mK l ⎢1 + ⎜ ⎟ +
⎥.
⎢⎣ 5 ⎝ l ⎠ 3 mK ⎥⎦
2
(30)
Bezeichnet man die Dichte der Kugel mit ρK
und die des Fadens mit ρF, folgt nach
Gl. (14b)
I
d 2ϕ
= − g mK l sin ϕ ⋅
dt2
(31)
⎞⎤
⎟⎥ .
⎠⎦
Setzt man I gemäß Gl. (30) in Gl. (31) ein und
beschränkt die Betrachtungen auf sehr kleine
Auslenkungen, erhält man mit
⎡ ρ L 1 mF ⎛ ρL
+
⎜1 −
⎢1 −
⎣ ρK 2 mK ⎝ ρ F
2
2 ⎛ R ⎞ 1 mF
1+ ⎜ ⎟ +
5 ⎝ l ⎠ 3 mK
l∗ = l
⎡ρ
1 mF ⎛ ρ L ⎞ ⎤
1− ⎢ L −
⎜1 −
⎟⎥
⎣ ρ K 2 mK ⎝ ρ F ⎠ ⎦
die Differentialgleichung
Die Länge l des Fadenpendels ermittelt man
aus der Länge des Fadens lF und dem Radius R der Kugel : l = lF + R. Beide Größen
lassen sich mit hinreichender Genauigkeit mit
mechanischen Messmitteln bestimmen. Zur
Messung der Schwingungsdauer T werden
eine Lichtschrankenanordnung und ein Digitalzähler verwendet. Bei manueller Zeitmessung mit einer elektronischen Stoppuhr misst
man mehrmals die Zeit für 100 Schwingungen.
Der Versuch ist bei verschiedenen Fadenlängen (li, i = 1, …, n) zu wiederholen. Die
Berechnung von g erfolgt mit Hilfe von
Gl. (29). Da die Messungen bei großen Fadenlängen genauer als die bei kleinen sind,
bestimmt man den gewichteten Mittelwert
g=
l1 g 1 + l2 g 2 + ... + ln g n
l1 + l2 + ... + ln
.
Es ist nachzuweisen, dass die Verwendung
von Gl. (29) anstelle von Gl. (32) zur Bestimmung von g gerechtfertigt ist. Dazu
berechnet man den Wert in den eckigen
Klammern in Gl. (32) und ermittelt dessen
relative Abweichung zu 1.
2.2 Reversionspendel
Aufgabenstellung
d 2ϕ
g
=− ∗ ϕ .
2
dt
l
Für die Schwerebeschleunigung gilt daher
Gl. (29) mit l* statt l. Da (R/l)2, mF/mK, ρL/ρK
und ρL/ρF sehr klein gegen eins sind, sollen
alle Produkte solcher Ausdrücke vernachlässigt werden. In dieser Näherung ist
2
2
⎛ 2π ⎞ ⎡ 2 ⎛ R ⎞
g = ⎜ ⎟ l ⎢1 + ⎜ ⎟
⎝ T ⎠ ⎢⎣ 5 ⎝ l ⎠
ρ
1 mF ⎤
+ L −
⎥ .
ρ K 6 mK ⎦
Versuchsausführung
(32)
1. Die Schwerebeschleunigung g ist mit dem
Reversionspendel zu bestimmen. Die relative
Messunsicherheit von g soll kleiner als 0,1 %
sein.
2. Die Abhängigkeit der Schwingungsdauer T ′ vom Auslenkwinkel ϕ0 ist mit dem Reversionspendel bei einer festen Lage des
Laufgewichts experimentell zu ermitteln, um
die Gültigkeit von Gl. (24a) nachzuweisen.
Das Reversionspendel besteht im Allgemeinen aus einem Metallstab, der um zwei parallele Achsen A und B gedreht werden kann.
Die Achsen haben den fest vorgegebenen
Abstand l (Abb. M.2.2.1). Zwischen den
2 Schwingungen
50 Mechanik
y
K
A
(33)
S0
S
TA = TB = T ,
l
Dabei soll mit sA der Abstand des Massenmittelpunkts S des Pendels von der Drehachse A bezeichnet werden. Wenn bei einer
bestimmten Stellung x des Laufgewichts die
Schwingungsdauer um die Achse A gleich
der um die Achse B ist, entspricht der Achsenabstand l der reduzierten Pendellänge.
Setzt man
x
0 < sA < l / 2 .
Eine analoge Beziehung gilt für die tatsächliche Schwingungsdauer um die Achse B. Im
Experiment wird TA* = TB* = T * bestimmt.
s0
sA
Achsen befindet sich ein kleines Laufgewicht L der Masse mL. Durch Verschieben
von L lässt sich die Schwingungsdauer des
Pendels innerhalb gewisser Grenzen variieren. In der Nähe eines der Stabenden ist ein
Zusatzkörper K (Masse mK) angebracht.
Wenn mK hinreichend groß gegen mL ist,
kann man den Abstand y so wählen, dass für
jede mögliche Lage des Laufgewichts
(0 < x < l ) gilt:
L
(34)
B
gilt für die Schwerebeschleunigung
2
⎛ 2π ⎞
g =⎜ ⎟ l.
⎝T ⎠
(35)
Die bisherigen Betrachtungen gelten streng
für ein im Vakuum schwingendes Pendel,
dessen Amplitude unendlich klein ist. In
Wirklichkeit schwingt das Pendel in Luft mit
endlicher Amplitude. Nimmt man an, dass
das Pendel ein homogener Körper ist, d. h.,
dass alle Teile des Pendels die gleiche Dichte ρ haben, wird die Pendelbewegung durch
Gl. (14b) mit N = 1 beschrieben. Aus den
Gln. (24a) und (22) in Verbindung mit
Gl. (17a) folgt für die tatsächliche Schwingungsdauer um die Achse A
TA* = 2π
IA
1 2⎞
⎛
⎜1 + ϕ0 ⎟ ,
⎛ ρ ⎞ ⎝ 16 ⎠
m sA g ⎜ 1 − L ⎟
ρ ⎠
⎝
−1
ρ ⎞
1
⎛
⎞⎛
= TA ⎜1 + ϕ02 ⎟ ⎜⎜ 1 − L ⎟⎟ .
ρ ⎠
⎝ 16 ⎠ ⎝
Abb. M.2.2.1 Reversionspendel
Dann gilt Gl. (34) mit
T = T*
1−
ρL
ρ
−1
1 2⎞
⎛
⎜1 + ϕ0 ⎟ .
⎝ 16 ⎠
(36)
Setzt man T nach Gl. (36) in Gl. (35) ein,
ergibt sich für die Schwerebeschleunigung
2
1
⎛
⎞
1+ ϕ2
⎛ 2π ⎞ ⎜⎝ 16 0 ⎟⎠
g =⎜ ∗ ⎟ l
.
ρL
⎝T ⎠
1−
2
ρ
Wenn man bedenkt, dass ρL/ρ < 10-3 und für
ϕ0 < 0,1 (Einheit rad) auch (1/16) ϕ02 < 10-3
ist, sind alle Produkte solcher Größen vernachlässigbar und es gilt
2
ρ ⎤
⎛ 2π ⎞ ⎡ 1
g = ⎜ ∗ ⎟ l ⎢1 + ϕ 02 + L ⎥ .
ρ ⎦
⎝T ⎠ ⎣ 8
(37)
2.2 Reversionspendel
51
Der obigen Beschreibung liegt die Annahme
zugrunde, dass mindestens eine Stellung des
Laufgewichts in dem Intervall 0 < x < l existiert, für die die Schwingungsdauern um die
Achsen A und B gleich sind. Deshalb ist es
von Interesse, die Bedingungen zu untersuchen, unter denen Gl. (34) erfüllt werden
kann.
[Dazu sind die Massenmittelpunktsabstände sA
und sB, die Trägheitsmomente IA und IB und
anschließend die Schwingungsdauern TA und TB
als Funktionen von x darzustellen. Es gilt
m sA = m0 s0 + mL x und
m sB = m (l − sA ) = m0 (l − s0 ) + mL (l − x) .
Dabei bedeuten m die Masse des gesamten Pendels, m0 die Masse des Pendels ohne Laufgewicht
und s0 den Abstand zwischen dem Massenmittelpunkt S0 des Pendels ohne Laufgewicht und der
Achse A. Für die Trägheitsmomente folgt:
I B = I 0 + m0 (l − s0 ) 2 + I L + mL (l − x)2 .
I0 ist das Trägheitsmoment des Pendels ohne
Laufgewicht bezogen auf die durch S0 gehende,
zu A und B parallele Drehachse, und IL ist das
Trägheitsmoment des Laufgewichtes bezogen auf
die zu A und B parallele Achse, die durch den
Massenmittelpunkt des Laufgewichts geht. Mit
der Abkürzung
I = I 0 + m0 s02
(38)
erhält man für die Schwingungsdauern
IA
2π
=
m sA g
g
TB = 2π
IB
m sB g
TB =
2π
g
I + mL x 2
,
m0 s0 + mL x
I + m0 l ( l − 2s0 ) + mL ( l − x )
m0 ( l − s0 ) + mL ( l − x )
+ mL ⎡⎣ 2l + m0 l ( l − 4 s0 ) + mL l 2 ⎤⎦ x
− [ I − m0 l s0 ] ⎡⎣ m0 ( l − 2 s0 ) + mL l ⎤⎦ = 0 .
(41)
Eine der drei Lösungen von Gl. (41) kann man
sofort angeben. Für x = x3 sei sA = l/2 (Gl. (28)).
Dann gilt
l
l
m ( m0 + mL ) = m0 s0 + mL x3 ,
2
2
x3 =
⎫
1 ⎧ m0
⎨ ( l − 2 s0 ) + l ⎬ .
2 ⎩ mL
⎭
Da die Ungleichung (33) erfüllt sein soll, ist x3
größer als l, d. h., diese Stellung des Laufgewichts
kommt im Experiment nicht vor. Dividiert man
Gl. (41) durch x-x3, erhält man die quadratische
Gleichung
I − m0 s0 l
x2 − l x +
= 0 , deren Lösungen lauten
mL
I − m0 s0 l
l
. (42)
(1 ± ε ) , ε = + 1 −
2
2
⎛l⎞
mL ⎜ ⎟
⎝2⎠
Gl. (42) besagt, dass in dem Intervall 0 < x < l
symmetrisch zu x = l/2 zwei Stellungen x1 und x2
des Laufgewichts zu finden sind, bei denen der
Achsenabstand l der reduzierten Pendellänge
entspricht, sofern die in Gl. (38) definierte Größe I
der Bedingung
2
⎛l⎞
I = m0 s0 l + mL ⎜ ⎟ (1 − ε 2 )
(43)
⎝2⎠
mit 0 < ε < 1 genügt. Gl. (43) lässt sich durch
geeignete Wahl der Masse und der Anordnung
des Zusatzkörpers K stets so erfüllen, dass die
Ungleichung (33) erhalten bleibt. Es kann gezeigt
werden, dass die Funktionen TA(x) und TB(x), die
durch die Gln. (39) und (40) gegeben sind, nur je
einen Extremwert, und zwar ein Minimum haben.
Die beiden Minima liegen unter den oben gemachten Voraussetzungen in der Nähe des
Werts x = l/2. Abb. M.2.2.2 zeigt den prinzipiellen Verlauf der Funktionen TA(x) und TB(x). ]
x1,2 =
I A = I 0 + m0 s0 2 + I L + mL x 2 und
TA = 2π
2mL2 x3 − mL ⎡⎣ m0 ( l − 2s0 ) + 3mL l ⎤⎦ x 2
(39)
2
(40)
Die Forderung TA = TB führt auf die nachstehende Gleichung dritten Grads in x:
Versuchsausführung
Bei Aufgabe 1 werden zunächst die Schwingungsdauern TA* und TB* für verschiedene
Stellungen des Laufgewichts L bestimmt,
2 Schwingungen
52 Mechanik
wobei darauf zu achten ist, dass die Amplitude bei allen Schwingungen den gleichen
Wert ϕ0 < 5° hat. Das Laufgewicht soll in
dem Intervall 0 < x < l von Messung zu Messung um einen vorgegebenen Abstand verschoben werden. Um die in der Aufgabenstellung geforderte Genauigkeit zu erreichen,
werden die Schwingungsdauern mit einem
elektronischen Messplatz (Lichtschranke,
digitaler Präzisionszähler) ermittelt. Die
Periodendauermessungen werden bei jeder
Position des Laufgewichts dreimal durchgeführt und die Unsicherheit der Zeitmessungen soll dabei kleiner als 5 ms sein.
T
gegeben. Die Voraussetzung, dass das Reversionspendel ein homogener Körper ist, trifft
nur selten zu. Wenn das Pendel aus Stahlund Messingteilen zusammengesetzt ist, kann
der Term für die Berücksichtigung des Luftauftriebes ρL /ρ ≈ 1,5⋅10-4 gesetzt und g nach
Gl. (37) berechnet werden.
Bei der zweiten Aufgabe ist die Schwingungsdauer T ′ hinreichend oft für das Intervall 1°≤ ϕ0 ≤10° zu messen. Trägt man T ′
über ϕ02 (ϕ0 im Bogenmaß) auf, ergibt sich
nach Gl. (24a) eine Gerade, die eine Steigung
von (1/16) T hat und für ϕ0 = 0 den Wert
T ′ = T liefert. Eventuelle Abweichungen
vom linearen Verlauf sollen diskutiert werden.
2.3 Drehpendel
TA=TB
TB (x)
TA (x)
0
l ε
2
l
2
l ε
2
l
x
Abb. M.2.2.2 Darstellung der Periodendauern
TA(x) und TB(x) eines Reversionspendels
Die gemessenen Periodendauern TA* und TB*
werden als Funktionen von x graphisch dargestellt. Die Schnittpunkte der beiden Kurven
werden sich im Allgemeinen noch nicht mit
hinreichender Genauigkeit ermitteln lassen.
Deshalb bestimmt man TA* und TB* in der
Nähe von x1 und x2 in noch kleineren Abständen, um auf diese Weise eine relative
Messunsicherheit von T * kleiner als 0,05 %
zu erreichen. Der Achsenabstand l wird im
Allgemeinen als Funktion der Temperatur
In diesem Versuch werden freie, gedämpfte
und erzwungene lineare sowie nichtlineare
Drehschwingungen an einem Drehpendel
nach Pohl untersucht. Das Drehpendel hat
eine Eigenfrequenz, die vom Direktionsmoment der Feder und seinem Trägheitsmoment
abhängt. Bei Erhöhung der Dämpfung beobachtet man neben dem stärkeren Abklingen
der Amplitude auch eine geringe Abnahme
der Eigenfrequenz.
Im Falle eines periodisch angetriebenen
Drehpendels kann der Resonanzfall bei
Gleichheit der Erreger- und der Eigenfrequenz des Drehpendels realisiert werden. Die
maximale Amplitude ist im Resonanzfall eine
Funktion der Dämpfung. Zusätzlich soll das
Drehpendel mit einer Zusatzmasse so versehen werden, dass eine Unwucht entsteht.
Dadurch wird ein zusätzliches Drehmoment
verursacht und der Zusammenhang zwischen
Auslenkung und dem rücktreibenden Drehmoment ist nicht mehr linear. Das führt zu
einem grundsätzlich anderen Schwingungsverhalten des Drehpendels, bei dem nun
mehrere Amplitudenzustände möglich sind.
Das System kann dadurch in Abhängigkeit
von seinen Anfangsbedingungen und kleinen
1.0 Grundlagen
315
6 Fundamentale Konstanten und Effekte der
Physik
k
1.0 Grundlagen
Viele physikalische Gesetze enthalten Fundamentalkonstanten, die die Eigenschaften
des Vakuums sowie fundamentale Wechselwirkungen charakterisieren und nur durch
Experimente bestimmt werden können. Dazu
gehören u. a. die Lichtgeschwindigkeit im
Vakuum c0, die Elementarladung e, die Avogadro-Konstante NA, die Boltzmann-Konstante k, das Planck’sche Wirkungsquantum h,
die Elektronenmasse me und die Gravitationskonstante G. Im Folgenden werden Methoden zur Bestimmung von Fundamentalkonstanten beschrieben, die relativ einfache
Versuchsanordnungen erfordern.
Die Elementarladung e kann z. B. mit Hilfe
des Millikan-Versuchs (O.6.2) ermittelt werden. Bei einem einwertigen Elektrolyten ist
die Faraday-Konstante F die bei der Elektrolyse überführte Ladungsmenge Q pro Mol
F = Q/NA und bei Kenntnis von e kann man
die Avogadro-Konstante bestimmen:
NA 
F
.
e
(1)
Die Bedeutung der Avogadro-Konstante liegt
darin begründet, dass mit ihr eine Umrechnung von mikroskopischen auf makroskopische Größen möglich ist. Bei Kenntnis von
NA lassen sich weitere Fundamentalkonstanten berechnen. Die Protonenmasse mp lässt
sich z. B. durch Wägung aus der Masse M
eines Mols Wasserstoff bestimmen. Da
M(H2)/NA gleich der Masse von zwei Wasserstoffatomen ist, folgt
mp 
1 M  H2 
 me .
2 NA
Dabei liefert die Elektronenmasse me nur eine
geringe Korrektur. Analog ergibt sich die
Neutronenmasse mn aus der Wägung von
Deuterium. Die Boltzmann-Konstante k lässt
sich mit der bekannten Gaskonstanten R mit
(2)
R
NA
(3)
berechnen. Die Größe von R kann z. B. mit
einer Methode bestimmt werden, bei der man
eine genau messbare Ladung einer bekannten
Gasmenge durch Elektrolyse abscheidet und
deren Zustandsgrößen Druck p, Volumen V
und Temperatur T misst. Eine Bestimmung
der Elektronenmasse me kann durch die Messung der Ablenkung von Elektronenstrahlen
in einem magnetischen Feld bestimmt werden (O.6.4). Es ergibt sich die spezifische
Ladung e/me, aus der man me mit dem bekannten Wert für e berechnen kann.
Alle Methoden zur Bestimmung des
Planck’schen Wirkungsquantums h beruhen
auf dem quantenhaften Charakter der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie. Am
einfachsten zu überblicken ist die Ermittlung
von h/e aus der Einstein’schen Gleichung
zum äußeren Photoeffekt (O.6.3.1) oder aus
der kurzwelligen Grenzwellenlänge des
Spektrums der Röntgenstrahlung (O.6.3.2).
Während diesen Methoden die Umwandlung
der Energie eines Lichtquants in kinetische
Energie zugrunde liegt, stellt der FranckHertz-Versuch (O.6.5) im physikalischen
Sinne die Umkehrung dazu dar: Die kinetische Energie von Elektronen wird bei unelastischen Zusammenstößen mit Atomen in die
Energie eines Lichtquants umgewandelt.
Dieser Versuch vermittelt die Realisierung
einer Messmethode zur Bestimmung von h/e,
wenn man neben den Anregungspotentialen
auch die Frequenz des emittierten Lichts
misst. Als eine weitere Methode zur Ermittlung von h wird in O.6.6 die Berechnung von
h aus der Rydberg-Konstanten des Wasserstoffatoms beschrieben.
316 Optik und Atomphysik
6 Fundamentale Konstanten und Effekte der Physik
schwindigkeit c aus der fundamentalen Beziehung der Wellenausbreitung
6.1 Lichtgeschwindigkeit
Aufgabenstellung
1. Die Lichtgeschwindigkeit c ist in verschiedenen Stoffen mit einem elektronischen
Modulationsverfahren zu bestimmen.
2. Es soll die Brechzahl n verschiedener Stoffe ermittelt werden.
Die Geschwindigkeit des Lichts im Vakuum c0 gehört zu den Naturkonstanten. Wie
die Relativitätstheorie beschreibt, ist sie unabhängig von den Geschwindigkeiten der
Quelle bzw. des Empfängers. In einem Stoff
(Medium) ergibt sich die Geschwindigkeit
des Lichts aus den Maxwell‘schen Gleichungen zu
c
1
  0  0
.
(4)
Dabei sind 0 die elektrische, 0 die magnetische Feldkonstante,  die Dielektrizitäts- und
 die Permeabilitätszahl des Mediums.
Die Brechzahl n eines Mediums ist das Verhältnis der Geschwindigkeiten des Lichts im
Vakuum c0 und im entsprechenden Medium c
n
c0
  .
c
(5)
Für die meisten transparenten Stoffe ist μ = 1.
Die Dielektrizitätszahl  und die Brechzahl n sind frequenz- bzw. wellenlängenabhängige Größen, d. h., es gilt n = n () (Dispersion O.3.0.1).
Versuchsausführung
Bei der eingesetzten Methode wird die Geschwindigkeit eines sinusförmig modulierten
Lichtsignals durch Phasenvergleich bestimmt. Der Abstand zweier Messpunkte
gleicher Phase ist dann Δs = λ. Eine zusätzliche Messung der Modulationsfrequenz erlaubt die Berechnung der Ausbreitungsge-
c f .
(6)
Gl. (6) ist eine Dispersionsrelation, die Teilchen- (Frequenz f) und Welleneigenschaften
(Wellenlänge λ) über die Größe der Ausbreitungsgeschwindigkeit c miteinander verknüpft. Die Modulation ist erforderlich, da
die Frequenz des Lichts f ≈ 1015 Hz nicht
direkt messbar und die Messung der Wellenlänge zwar prinzipiell möglich, aber sehr
aufwendig ist. Beträgt dagegen die Frequenz
der Modulationswelle z. B. f = 50 MHz, ist
die Wellenlänge λ ≈ 6 nm.
Für die Durchführung der Messungen wird
rotes Licht einer Senderdiode (LED, Light
Emitting Diode) mit bekannter Wellenlänge  verwendet. An der Senderdiode liegt
eine hochfrequente Wechselspannung an, so
dass die Intensität des emittierten Lichts periodisch moduliert wird. Der Modulationsfrequenz von 50 MHz entspricht eine Periodendauer von T = 2·10-8 s. Das Licht, das
nach Durchlaufen einer gewissen Wegstrecke
auf die Empfängerdiode (Photodiode) trifft,
erzeugt an dieser eine Wechselspannung mit
der gleichen Frequenz, die Phasenlage wird
im Allgemeinen jedoch verschieden sein.
Über die Phasenbeziehung zwischen beiden
Spannungen ist zunächst keine Aussage möglich, da die einzelnen Perioden nicht unterschieden werden können. Misst man jedoch
den Lichtweg, für den die Phasenverschiebung null ist, und einen zweiten Lichtweg,
für den sich die Phasenlage des Empfängersignals gerade um 180° (im Bogenmaß π)
verschoben hat, kann die Laufzeitdifferenz
zwischen den beiden Lichtwegen z. B. für
f = 50 MHz errechnet werden:
t 
1 1
 108 s .
2 f
(7)
Mit der Differenz Δl beider vom Licht durch-
6.1 Lichtgeschwindigkeit
317
laufenen Wegstrecken ergibt sich für die
Lichtgeschwindigkeit:
c  l t .
(8)
Ein sehr empfindlicher Phasenvergleich ist
mit Hilfe eines Oszilloskops möglich. Legt
man die beiden zu vergleichenden Wechselspannungen an den X- und den Y-Eingang
des Oszilloskops, erscheint auf dem Bildschirm eine Lissajous-Figur. Bei zwei Spannungen gleicher Frequenz ergibt sich eine
Ellipse (da die Amplituden der Spannungen
nicht exakt gleich sein werden). Die Lage der
Ellipse hängt vom Phasenverhältnis beider
Spannungen ab (vgl. E.3.1). Beim Phasenunterschied Null oder π (bzw. ganzzahlige Vielfache von π) wird die Ellipse zu einer Geraden. Das zur Messung der Lichtgeschwindigkeit verwendete Gerät gestattet keinen direkten Vergleich der Phasenverschiebung bei
50 MHz. Deshalb wird den Spannungen von
Sender
und
Empfänger
(Frequenz
=
50,1
MHz)
zusätzlich
eine
hochfrequente
f1
Spannung der Frequenz f2 = 50,05 MHz über
lagert (Abb. O.6.1.1). Die zur Anwendung
kommende Methode wird auch als Multipli-
kative Mischung bezeichnet. Diese verwendet man häufig zur Konvertierung eines Signals hoher Frequenz in ein Signal tieferer
Frequenz unter Beibehaltung der ursprünglichen Phaseninformation. Dabei wird ein
hochfrequentes Signal uA(t) mit der Frequenz f1 mit einem Signal uB(t) der Frequenz
f2 multipliziert, dessen Frequenz sich nur
wenig von der Frequenz des Originalsignals
unterscheidet. Nach der multiplikativen Mischung ergibt sich ein zusammengesetztes
Signal uM (t ) mit einer tieferen (Differenzfrequenz f1  f 2 ) und einer höheren Frequenz
(Summenfrequenz f1  f 2 ):
uM (t )  uA (t ) uB (t )
 uˆA cos(2 π f1 t   ) uˆB cos(2 π f 2 t ) ,
cos[2 π ( f1 f 2 ) t   ]  
1
uM (t )  uˆA uˆB 
.
2
cos[2 π ( f1 f 2 t )   ] 
Durch Abtrennung des hochfrequenten Anteils mittels elektronischer Filterung verbleibt
im Signal nur noch die tieffrequente Komponente.
S
f
1000
Hz
f
G
50,1MHz
G
X
50,05MHz
Y
ϕ
Δx
Abb. O.6.1.1 Schema des Versuchsaufbaus zur Messung der Lichtgeschwindigkeit in Luft
318 Optik und Atomphysik
Dementsprechend lässt sich das Ausgangssignal am Ausgang der elektronischen
Mischstufe durch
1
uM (t )  uˆA uˆB cos 2π  f1  f 2  t   
2
beschreiben, wobei die Phasenverschiebung
konstant bleibt. Jedoch entspricht diese Phasenverschiebung jetzt einer anderen Zeitskala
als derjenigen bei der ursprünglichen Modulationsfrequenz von f1, da die Zeitskala um
den Faktor f1/(f1-f2) größer geworden ist.
Dementsprechend gilt für eine Zeitdifferenz t die Umrechnung
t 
f1  f 2
 tM .
f1
Dabei ist tM die nach der Mischung z. B.
mit einem Oszilloskop gemessene Zeitdifferenz zwischen Empfänger- und Sendersignal,
letzteres in derselben Weise wie das Empfängersignal gemischt. In dem oben beschriebenen Beispiel ergeben sich zwei Spannungen mit einer Frequenz von etwa 50 kHz
für die Messung zum Phasenvergleich.
Der Umlenkspiegel (S) und die Linsen werden so justiert, dass die hin- und zurücklaufenden Lichtstrahlen parallel zur Grundplatte
verlaufen und das Signal der Empfangsdiode
maximal wird. Zur Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit in Luft wird der Umlenkspiegel zuerst möglichst dicht an das Betriebsgerät gestellt. Mit Hilfe eines Phasenreglers
wird die Lissajous-Figur am Oszilloskop zu
einer Linie (z. B. Gerade mit positivem Anstieg) verformt. Nun wird der Spiegel um Δx
verschoben, bis sich die Phase um π geändert
hat. Diese Messungen sind mehrmals zu wiederholen.
Zur Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit in
einem vorgegebenen Medium wird dieses so
in den Strahlengang gebracht, dass die Endflächen senkrecht zur optischen Achse stehen. Mit Hilfe des Phasenabgleichs wird die
6 Fundamentale Konstanten und Effekte der Physik
Lissajous-Figur am Oszilloskop zunächst
wieder zu einer Linie verformt. Das Medium
wird dann aus dem Strahlengang entfernt und
der Spiegel um Δx soweit verschoben, bis die
Lissajous-Figur wieder die gleiche Phase wie
bei der Messung mit dem Medium aufweist.
Mit Hilfe eines Digitalzählers kann die Frequenz f / 1000 mit hoher Genauigkeit überprüft werden. Bei allen Messungen ist eine
exakte Justierung des Strahlengangs erforderlich (maximale Intensität auf der Empfängerfläche der Photodiode). Steht keine Spiegelanordnung zur Reflexion des ausgesendeten
Lichtstrahls zur Verfügung, reduziert sich der
Lichtweg auf den einfachen Abstand zwischen Sender und Empfänger. Dann wird es
zweckmäßig sein, die Phasenverschiebung
bzw. die Zeitverschiebung zwischen Senderund Empfängersignal für verschiedene Wegstrecken des Lichts zu messen und diese statistisch oder graphisch auszuwerten.
Zur Messung der Lichtgeschwindigkeit bei
Aufgabe 1 in Luft wird der Lichtweg um
Δl = 2Δx (Abb. O.6.1.1) vergrößert, so dass
eine Phasenänderung um π eintritt. Das Licht
benötigt für diesen Weg
t 
1
,
2f
wobei f die Modulationsfrequenz des roten
Lichts, 50,1 MHz ist. Damit ergibt sich für
die Lichtgeschwindigkeit cL in Luft:
cL 
l
 4 x f .
t
(9)
Anschließend wird die Messung der Lichtgeschwindigkeit in einem transparenten Medium mit Hilfe von Vergleichsmessungen
durchgeführt (Abb. O.6.1.2).
Bei der ersten Messung (mit Medium) legt
das Licht in der Zeit t1 eine Gesamtstrecke
l1 = 2 x1 + x2 zurück, wobei die Strecke
(l1lM) mit der Lichtgeschwindigkeit cL und
die Strecke lM mit cM durchlaufen wird. Da-
6.2 Elementarladung
319
mit ergibt sich für t1
t1 
1
1
(l1 - lM ) +
lM .
cL
cM
(10)
S
(1)
M lM
x2
x1
Δx
S
x2
(2)
Abb. O.6.1.2 Messung der Lichtgeschwindigkeit
für transparente Medien: Messung mit Medium M (1) und mit Luft (2)
Mit der zweiten Messung (ohne Medium)
legt das Licht die Strecke l2 = l1 + 2Δx in der
Zeit
t2 
1
(l1  2 Δ x)
cL
(11)
zurück. Da die Phasenbeziehung zwischen
Sender und Empfänger in beiden Fällen
gleich ist, gilt demzufolge
k
t1  t2 
f
, k  0,1, 2,3,... .
(12)
Mit der in sehr guter Näherung erfüllten Beziehung cL = c0 folgt für die Brechzahl n
n
c0
2x k cL
1

.
cM
lM
f lM
(13)
Die Messungen sind für zwei verschiedene
Medien durchzuführen.
6.2 Elementarladung
Aufgabenstellung
Es ist die Elementarladung durch Messen der
Sink- und Steiggeschwindigkeit von Öltröpfchen im elektrischen Feld einer Millikan-
Kammer zu ermitteln. Die Messwerte sollen
in einem Histogramm graphisch dargestellt
und statistisch ausgewertet werden.
Kleine Flüssigkeitströpfchen sind im Allgemeinen geladen. Ihre Ladung ist notwendigerweise ein ganzzahliges Vielfaches der
Elementarladung. Betrachtet man ein in Luft
befindliches geladenes Tröpfchen in einem
vertikal gerichteten elektrischen Feld E, wirken die Beträge der folgenden Kräfte:
1. Summe von Schwerkraft F0 im Gravitationsfeld der Erde und Auftriebskraft FA in
Luft:
F0  FA 
4π 3
r (   L ) g .
3
2. Stokes’sche Reibungskraft in Luft (M.6.1):
FW   6 π  r v .
Das Minuszeichen steht, weil die Reibungskraft immer der beabsichtigten Bewegungsrichtung entgegengerichtet ist.
3. Elektrische Kraft:
Fe   q E ,
Ihre Richtung hängt von der Richtung des
Felds ab (positives Vorzeichen bedeutet
Feldstärke in Richtung der Schwerkraft für
positive Ladungen).
Dabei sind r der Radius, q die Ladung und 
die Dichte des Tröpfchens,  L die Dichte der
Luft,  der Koeffizient der inneren Reibung
der Luft und E die Feldstärke.
Unter Einwirkung dieser Kräfte bewegt sich
das Tröpfchen bereits nach kurzer Zeit
gleichförmig mit der Geschwindigkeit v. Sind
elektrisches Feld und Schwerkraft gleichgerichtet, ergibt sich
4π 3
r (   L ) g  6π rv  qE  0 , (14a)
3
320 Optik und Atomphysik
6 Fundamentale Konstanten und Effekte der Physik
sind sie entgegengerichtet, erhält man
4π 3
r (    L ) g  6π rv  qE  0 . (14b)
3
Ohne elektrisches Feld errechnet man die
Fallgeschwindigkeit v0 aus
4π 3
r (   L ) g  6π rv0  0 .
3
(14c)
Die Addition der Gln. (14a) und (14b) liefert
8π 3
r (    L ) g  6π r (v  v ) ,
3
woraus sich der Tröpfchenradius ergibt:
r
3
2
 (v  v )
.
g (   L )
(15)
Bildet man die Differenz der Gln. (14a) und
(14b) und berücksichtigt außerdem Gl. (15),
erhält man für die Ladung des Tröpfchens
q
3π  r (v  v )
E
(16)
bzw.
9
3
1
q π

2
g (   L ) E
(16a)
(v  v ) (v  v ) .
Die Gleichung für die Stokes’sche Reibungskraft setzt voraus, dass sich die kugelförmigen Tröpfchen in einem homogenen Medium
bewegen. Diese Voraussetzung ist aber bei
dem vorliegenden Experiment nur schlecht
erfüllt, da die Radien der Tröpfchen r in der
Größenordnung der mittleren freien Weglänge  in Luft bei Normaldruck liegen. Diese
Tatsache wird durch eine Korrektur der dynamischen Viskosität der Luft berücksichtigt
(Cunningham-Korrektur):
1


  0 1  0,63  .
r

(17)
Die Viskosität 0 beschreibt den für große
Tröpfchendurchmesser gültigen Koeffizienten der inneren Reibung. Bei der Berechnung
von q nach Gl. (16) muss deshalb die Viskosität nach Gl. (17) verwendet werden, wobei
der Wert von  bekannt und der Tröpfchenradius experimentell zu ermitteln ist.
Versuchsausführung
Zur Messung werden in einen seitlich beleuchteten Kondensator (Abb. O.6.2.1) Öltröpfchen mit Hilfe eines Zerstäubers eingeblasen, wodurch gleichzeitig eine Ladung der
Öltröpfchen erfolgt.
Gesichtsfeld
Polwender
E
U0
Kondensator
Abb. O.6.2.1 Bestimmung der Elementarladung
nach Millikan
Diese Tröpfchen beobachtet man mit einem
Mikroskop mit kalibrierter Okularskala; die
optische Achse des Mikroskops steht dabei
senkrecht zum elektrischen Feld und zum
einfallenden Licht (Dunkelfeldbeleuchtung,
die Tröpfchen erscheinen hell auf dunklem
Grund). Man wählt ein Tröpfchen aus, schaltet das elektrische Feld ein und ermittelt die
Zeit, in der es eine bestimmte Anzahl von
Marken der Okularskala passiert.
Noch ehe das Tröpfchen den Skalenrand
verlässt, polt man das Feld um und misst in
gleicher Weise bei entgegengesetzt gerichtetem Feld die Zeit für die zurückgelegte
Wegstrecke. Anschließend bestimmt man die
Geschwindigkeit v0 des freien Falls ohne
elektrisches Feld. Zur Auswertung überprüft
man zunächst, ob die folgende Beziehung
2v0  v  v
6.3 Planck’sches Wirkungsquantum
innerhalb der Fehlergrenzen der Geschwindigkeitsmessung erfüllt ist. Ist das nicht der
Fall, sind die Messwerte infolge von Umladungen des Tröpfchens während der Messung verfälscht und deshalb unbrauchbar.
Ist obige Beziehung erfüllt, berechnet man
zunächst nach Gl. (15) den Tröpfchenradius r. Man setzt hier für  näherungsweise
  0. Für die Berechnung von 0 wird die
zugeschnittene Größengleichung
0
kgm1s1
 [1,835 105  4,9 108 (20   )]
genutzt, dabei ist  der Zahlenwert der in
Grad Celsius gemessenen Temperatur im
Kondensator. Die Temperatur wird mit einem
Digitalthermometer mehrfach während der
gesamten Versuchszeit gemessen. Mit Hilfe
des so gewonnenen Näherungswerts für den
Tröpfchenradius berechnet man nach Gl. (17)
den für diesen Radius gültigen  -Wert
(  = 610-8 m für Luft unter Normbedingungen). Die Feldstärke E ermittelt man aus der
angelegten Spannung U0 und dem bekannten
Abstand d der Kondensatorplatten; für die
Dichte  der Tröpfchen benutzt man den
Wert für das verwendete Öl. Es sind möglichst viele Tröpfchen auszumessen; die Größe der Elementarladung erhält man aus den
q-Werten als größten gemeinsamen Teiler.
Eventuell auftretende Strömungseffekte, die
z. B. durch das Einströmen der Öltröpfchen
und Temperaturdifferenzen verursacht werden, können zu Turbulenzen in der Messkammer und damit zu systematischen Abweichungen führen. Ein geeigneter Wärmefilter kann den Wärmeeintrag in die Kondensatorkammer durch die Beleuchtungsquelle
abschwächen. Um die Genauigkeit bei der
Zuordnung zu den Vielfachen der Elementarladung zu erhöhen, kann mit einem bereits
aus mehreren hundert Messungen bestehender Datensatz und den eigenen Ergebnissen
ein Häufigkeitsdiagramm angefertigt und
statistisch analysiert werden.
321
6.3 Planck’sches Wirkungsquantum
6.3.1 Äußerer Photoeffekt
Aufgabenstellung
Es sind das Planck‘sche Wirkungsquantum
und die Grenzfrequenz zu bestimmen.
Als äußeren photoelektrischen Effekt bezeichnet man die Erscheinung, dass durch
Einwirkung von elektromagnetischer Strahlung Elektronen aus einem Material freigesetzt werden, wobei das ursprünglich eingestrahlte Photon im Material (vollständig)
absorbiert wird. In Abb. O.6.3.1 ist das Prinzipschema des Versuchsaufbaus zur Messung
des äußeren lichtelektrischen Effekts dargestellt. Der Messplatz besteht aus einer Spannungsquelle, einem Strom- und Spannungsmessgerät, einer Beleuchtungseinrichtung
und einer Photozelle. Letztere stellt im Allgemeinen einen evakuierten Kolben dar, in
dem sich die Photokatode und die Anode, die
zum Sammeln der aus der Kathode ausgelösten Elektronen dient, befinden. Fällt nun
Licht (Abb. O.6.3.1) auf die Photokathode,
ist (unter bestimmten Voraussetzungen) am
Messgerät ein Stromfluss nachweisbar.
K
-
A
hf
A
V
+ –
U
Abb. O.6.3.1 Prinzip des Versuchsaufbaus beim
äußeren photoelektrischen Effekt
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