hydrogencarbonate

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Beiträge zur Kristallchemie
der Alkalimetallcarbonate
und -hydrogencarbonate
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades
der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät
der Universität zu Köln
vorgelegt von
Vytas Cirpus
aus Bocholt
Köln 1997
Kleikamp Druck GmbH
Berichterstatter:
Priv.-Doz. Dr. A. Adam
Prof. Dr. G. Meyer
Tag der mündlichen Prüfung: 10.12.1997
Die experimentellen Untersuchungen zu der vorliegenden Arbeit wurden in der Zeit von
März 1994 bis Juli 1997 im Institut für Anorganische Chemie der Universität zu Köln unter
der Leitung von Herrn Priv.-Doz. Dr. A. Adam durchgeführt.
Herrn Priv.-Doz. Dr. A. Adam danke ich herzlich für sein stetes Interesse sowie die
großzügige Förderung und Unterstützung dieser Arbeit.
Für Petra
Inhalt
1 Einleitung
2 Arbeitsmethoden
2.1 Präparative Methoden
2.2 Röntgenographische Methoden, Neutronenbeugungsexperimente
2.2.1
Pulvermethoden
2.2.2
Einkristallverfahren
2.2.3
Neutronenbeugungsuntersuchungen
2.3 Rechenmethoden
2.3.1
Auswertung von Pulveraufnahmen
2.3.2
Strukturverfeinerung mit Vierkreisdiffraktometerdaten
2.3.3
Strukturverfeinerung mit Pulverdiffraktometerdaten
2.4 Thermoanalytische Methoden
3 Die Bond-Valence-Methode
3.1 Grundlagen
3.2 Koordinationspolyeder, Koordinationszahl und Polyederverzerrung
1
5
5
5
5
6
6
7
7
7
9
10
11
11
14
3.2.1
Bestimmung von Koordinationspolyedern
3.2.2
Bestimmung von Koordinationszahlen
3.2.3
Entwicklung einer Methode zur Behandlung von Polyederverzerrung
3.3 Untersuchungsmethoden
14
17
18
21
3.3.1
Verwendete Programme
3.4 Anwendung der Bond-Valence-Methode auf Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungen
3.4.1
Einfluß der Koordinationszahl
3.4.2
Einfluß der Verzerrung des Koordinationspolyeders
22
23
24
33
3.5 Diskussion
3.5.1
Berechnung von Bindungsvalenzen unter Berücksichtigung von
Koordinationszahl oder Polyederverzerrung
3.5.2
Zur Interpretation der Ergebnisse für ro und b
3.5.3
Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungslängen bei niedrigen Koordinationszahlen
36
3.5.4
3.5.5
36
39
42
Einfluß von Fehlern in Bindungslängen
45
Zusammenhang zwischen Polyederverzerrung und mittlerem Bindungswinkel
bei Verbindungen mit einsamem Elektronenpaar
46
3.6 Möglichkeiten und Grenzen einer erweiterten Bond-Valence-Methode
4 Bindungslängen und -winkel in Carbonat- und Hydrogencarbonat-Ionen
4.1 Bindungslängen
4.2 Bindungswinkel
4.3 Zusammenhang zwischen Bindungsvalenz und mittlerer Bindungslänge
49
51
51
53
56
5 Darstellung von Alkalimetallcarbonaten und -hydrogencarbonaten über alkalische
Hydrolyse von Dialkylcarbonaten
57
5.1 Natriumhydrogencarbonat und Natriumdeuteriumcarbonat
5.1.1
Darstellung
5.1.2
Röntgenstrukturanalyse
5.1.3
Diskussion der Kristallstruktur
58
59
60
61
5.1.4
Valenzsummen in NaHCO3 und NaDCO3
5.1.5
Einfluß der Deuterierung auf Bindungslängen
5.1.6
Neutronenbeugungsexperimente an NaDCO3
5.2 Alkalimetallhydrogencarbonate mit trimerer [H2(CO3)3]4--Baueinheit
64
65
68
72
5.2.1
5.2.2
5.2.3
Darstellung und röntgenographische Charakterisierung von
Rb4[H2(CO3)3] * H2O und K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O
Diskussion der Kristallstrukturen
Thermische Zersetzung
5.3 Rubidiumhydrogencarbonat
5.3.1
Darstellung und röntgenographische Charakterisierung
5.3.2
Diskussion der Kristallstruktur
5.3.3
5.3.4
5.3.5
73
74
82
85
85
87
Vergleich der Strukturdaten von RbHCO3 mit schwingungsspektroskopischen
Untersuchungen
92
Zu einer Phasenumwandlung von RbHCO3
94
Mischkristallbildung von RbHCO3 und KHCO3
95
5.4 Rb2CO3 * 1,5 H2O
5.4.1
Darstellung und röntgenographische Untersuchungen
5.4.2
Diskussion der Kristallstruktur
5.4.3
Thermische Zersetzung
100
100
102
108
5.5 Cs2CO3 * 3 H2O
5.5.1
Darstellung und röntgenographische Charakterisierung
5.5.2
Diskussion der Kristallstruktur
5.5.3
Thermische Zersetzung von Cs2CO3 * 3 H2O
5.6 Cäsiumcarbonat
109
110
112
116
118
5.6.1
Darstellung und röntgenographische Charakterisierung
5.6.2
Diskussion der Kristallstruktur
5.7 Lithiummonomethylcarbonat
118
119
126
5.7.1
Darstellung und röntgenographische Charakterisierung
5.7.2
Diskussion der Kristallstruktur
5.7.3
Ableitung eines Strukturmodells für LiHCO3
6 Formale und strukturelle Systematik der Alkalimetallcarbonate und
-hydrogencarbonate
6.1 Homologe Reihen der Hydrogencarbonate
127
129
135
138
138
6.2 Strukturmotive in Alkalimetallcarbonat-Hydraten
6.3 Strukturelle Gemeinsamkeiten von NaHCO3, Na3[H(CO3)2] * 2 H2O und
141
Na5[H3(CO3)4]
142
6.4 Ableitung einer Strukturaufbauregel für Verbindungen des Typs
A(n+1)[H(n-1)(CO3)n] * x H2O
144
6.5 Strukturverwandtschaft von Alkalimetallhydrogencarbonaten mit zyklisch-dimerem
[H2(CO3)2]2--Anion
7 Untersuchungen im System Na+/A+/CO32-/HCO3-/H2O mit A = K, Rb
7.1 Bodenkörper gesättigter Lösungen von A2CO3 und AHCO3 mit A = Na, K
7.2 NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit A = K, Rb
7.2.1
Kristallzucht und röntgenographische Charakterisierung
7.2.2
Diskussion der Kristallstrukturen
7.2.3
Thermische Zersetzung von NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O
7.3 NaK5[H(CO3)2]
7.3.1
7.3.2
7.3.3
Röntgenographische Charakterisierung
Diskussion der Kristallstruktur
Thermische Zersetzung von NaK5[H(CO3)2]2
7.4 Anwendbarkeit der Regeln zum Strukturaufbau bei gemischten
Alkalimetallhydrogencarbonaten
8 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Anhang: Pulverdaten
151
153
153
156
156
158
165
166
166
171
174
175
177
1
1 Einleitung
Von den Alkalimetallcarbonaten und -hydrogencarbonaten sind insbesondere solche intensiv
untersucht, die wie Natriumcarbonat Na2CO3 („Soda“), Natriumhydrogencarbonat NaHCO3
(„doppeltkohlensaures Natron“) und Kaliumcarbonat K2CO3 („Pottasche“) weltweit große
wirtschaftliche Bedeutung besitzen (vgl. [1]).
Die bisher durchgeführten röntgenographischen Untersuchungen belegen die strukturelle
Vielfältigkeit und theoretische Bedeutung dieser Substanzklassen. So stellt die Struktur von
γ-Na2CO3 ein bereits als klassisch zu bezeichnendes Beispiel für inkommensurable Strukturen
dar [2-4]. KHCO3 [5-11] sowie Trona Na3H(CO3)2 [7,12,13] und Wegscheiderit Na5H3(CO3)4
[12,14] sind gut untersuchte Modellsysteme für die Beschreibung von symmetrischen und
asymmetrischen Wasserstoffbrückenbindungen. Von besonderem Interesse ist auch die
Untersuchung von Phasenumwandlungen z.B. bei KHCO3 [15-18], K2CO3 [19] und Na2CO3
[20].
Systematische Strukturuntersuchungen erfolgten in diesen Substanzklassen bisher nicht. Von
den bereits in der Literatur [21] beschriebenen Verbindungen wurde nur etwa die Hälfte
strukturell geklärt (Tabelle 1.1). Dabei resultierte ein Teil der Strukturaufklärungen - so z.B.
an K2CO3 [22] und CsHCO3 [23] - aus einer zufälligen Darstellung von Einkristallen.
Besonders lückenhaft ist das Datenmaterial über die Carbonate und Hydrogencarbonate der
schweren Alkalimetalle Rubidium und Cäsium sowie deren Hydrate.
Tabelle 1.1 Einkristallstrukturanalysen an Alkalimetallcarbonaten und -hydrogencarbonaten.
Verbindung
Li2CO3
NaHCO3
Na2CO3
Na2CO3 * H2O
Na2CO3 * 7 H2O
Na2CO3 * 10 H2O
Na3[H(CO3)2] * 2 H2O
Na5[H3(CO3)4]
KHCO3
K2CO3
K2CO3 * 1,5 H2O
RbHCO3
CsHCO3
LiNaCO3
NaKCO3 * 6 H2O
erstmalige Strukturbestimmung
1957
1933
1969
1936
1982
1969
1949
1990
1952
1973
1969
1969
1993
1996
1984
Neubestimmung
Literatur
1979
1962, 1965
1976
1970, 1975
1997
1956, 1982, 1986
1954, 1968, 1974
-
[24,25]
[26-28]
[2,29]
[30-32]
[33]
[34,35]
[36-40,13]
[14]
[41-43,5,6]
[22]
[44]
[45]
[23]
[46]
[47]
2
Abb. 1.1
Verknüpfungstypen von Hydrogencarbonat-Ionen über Wasserstoffbrückenbindungen. a) 1∞[HCO3]--Kette aus z.B. NaHCO3 [28]; b) zyklische, dimere
[H2(CO3)2]2--Baugruppe wie in KHCO3 [5]; c) Baugruppe aus
Na3[H(CO3)2] * 2 H2O [40]; d) Baugruppe aus Na5[H3(CO3)4] [14].
a)
b)
c)
d)
In der Substanzklasse der Alkalimetallhydrogencarbonate AHCO3 ist keine Verbindung mit
isolierten HCO3--Ionen bekannt. Hier bilden die Anionen über kurze Wasserstoffbrückenbindungen verknüpfte Baueinheiten der Form 1∞[HCO3]- in NaHCO3 [28] oder zyklische,
dimere [H2(CO3)2]2--Baugruppen in z. B. KHCO3 [5] (Abb. 1.1). In Na3[H(CO3)2] * 2 H2O
und Na5[H3(CO3)4] [40,14] sind strukturanalytisch Hydrogen-bis-carbonat- bzw. Trishydrogen-tetrakis-carbonatanionen nachgewiesen worden, in denen keinem Bauelement die
Funktion eines CO32--Anions zugeordnet werden kann. Bisher ist unklar, ob solche
oligomeren Hydrogencarbonat-Anionen in nur wenigen Verbindungen auftreten und
dementsprechend als „exotisch“ aufgefaßt werden dürfen, oder komplexe Zusammenhänge
erkennbar werden. Möglich ist, daß sich hier homologe Reihen oligomerer HydrogencarbonatAnionen formulieren lassen; dann sollte auch ein Bis-hydrogen-tris-carbonat-Anion
existieren.
Aufgrund des bisher geringen Datenmaterials zu Strukturen der Alkalimetallcarbonate und
-hydrogencarbonate waren strukturelle Vergleiche zwischen diesen Substanzen nicht möglich.
3
Gelingt eine Erweiterung der Kenntnisse über auftretende Strukturen, sollten
Gemeinsamkeiten erkennbar sein, durch die eine über formale Zusammenhänge
hinausgehende, auf Strukturelementen
vorgenommen werden kann.
beruhende
Unterteilung
in
Strukturfamilien
Weitere Erkenntnisse über Hydrogencarbonate der Alkalimetalle können durch Modifizierung
des Anions erhalten werden. Mit der Strukturaufklärung von Kaliummonomethylcarbonat
KCH3CO3 konnte von Adam und Cirpus [48,49] gezeigt werden, daß die Struktur von KHCO3
durch gleichartig ausgebildete Kalium-Sauerstoff-Polyeder und nicht wie bisher angenommen
durch starke O-H...O-Bindungen zwischen HCO3--Anionen bestimmt wird [50]. Besonders
interessant erscheint die Untersuchung von Monomethylcarbonaten in solchen Fällen, in
denen analoge Hydrogencarbonate wie z.B. LiHCO3 als Festkörper nicht bekannt sind.
Eine eingehende Untersuchung von Alkalimetallcarbonaten und -hydrogencarbonaten, die zu
einem tiefergehenden Verständnis der auftretenden Strukturen führt, liefert auf andere
Alkalimetall enthaltende Verbindungen übertragbare Ergebnisse. So kennt man
Verbindungen, die neben Alkalimetallkationen und Carbonat-Anionen auch zweiwertige
Kationen enthalten (vgl. z.B. [51]). In vergleichenden Strukturbetrachtungen werden diese
Verbindungen häufig ohne besondere Berücksichtigung der Alkalimetallkation-Koordination
diskutiert - dem Alkalimetall wird die Funktion eines interstitiellen Kations zugewiesen, das
zum Ladungsaugleich für starre Baugruppen aus Anionen und zweiwertigen Kationen dient
[52]. Eine derartige Strukturdiskussion muß unbefriedigend bleiben, weil z. B. der Einfluß der
Alkalimetallkationenart nicht berücksichtigt wird.
In den Substanzklassen der Alkalimetallcarbonate, -hydrogencarbonate sowie ihrer Hydrate
tritt unregelmäßige Koordination der Alkalimetallionen auf. Eine Diskussion der beobachteten
Bindungsabstände kann nicht auf der Basis von Ionenradien durchgeführt werden: diese
variieren in Abhängigkeit von der Koordinationszahl, und die Bestimmung der
Koordinationszahl ist nur für regelmäßige Koordination eindeutig. Aussagekräftiger ist die
Anwendung der Bond-Valence-Methode, bei der die formale Wertigkeit von Atomen in
Relation zu auftretenden Bindungslängen gesetzt wird [53]. Insbesondere bei hochgeladenen,
kleinen Kationen können mit dieser Methode auch Atomabstände in stark verzerrten
Koordinationspolyedern diskutiert werden. Nachteil dieser Methode ist, daß für AlkalimetallSauerstoff-Bindungen sowie für Bindungen von Atomen mit freiem Elektronenpaar häufig
unbefriedigende Ergebnisse erhalten werden [54]. Für den letzteren Fall ist in jüngster Zeit
eine modifizierte Bond-Valence-Methode entwickelt worden, die zu besseren
Übereinstimmungen führt [55]. Für Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungen steht eine solche
Modifizierung noch aus und muß zunächst ausgearbeitet werden. Soll diese Methode auf
4
Alkalimetallcarbonate und -hydrogencarbonate angewendet werden, wird erst dann ein
zuverlässiger Vergleich von Bindungslängen möglich.
Ziel dieser Arbeit ist daher die Darstellung und Charakterisierung von Alkalimetallcarbonaten
und -hydrogencarbonaten. Anhand der bisher bekannten sowie neu dargestellten
Verbindungen sollen vergleichende Strukturuntersuchungen mit dem Ziel einer
Struktursystematik durchgeführt werden. Zur Diskussion der auftretenden Bindungslängen
soll eine modifizierte Bond-Valence-Methode entwickelt werden.
5
2 Arbeitsmethoden
2.1 Präparative Methoden
Reaktionen in wäßrig-alkoholischer Lösung erfolgten bei Raumtemperatur unter N2Atmosphäre mit Hilfe der Schlenkrohr-Technik. Der verwendete Stickstoff wurde über einen
BTS-Katalysator gereinigt und mit festem KOH sowie Sicapent getrocknet. Eingesetztes
Wasser war zweifach destilliert. Als Lösungsmittel verwendetes Methanol und Ethanol
wurden nach Standardmethoden [56] gereinigt. Dimethylcarbonat (Janssen, 99%) und
Diethylcarbonat (BAYER, 99 %) wurden unter N2-Atmosphäre aufbewahrt und konnten ohne
weitere Reinigung verwendet werden. Die eingesetzten Alkalimetalle waren Lithium
(Stangen, MERCK, 99 %), Natrium (Ampullen, ALFA, 99,9 %) Kalium (Ampullen, MERCK,
99,8%), Rubidium (Ampullen, ALFA, mind. 99%) und Cäsium (Ampullen, MERCK, 99,5%).
Zur Herstellung von alkoholischen Alkalimetallhydroxidlösungen wurde das jeweilige
Alkalimetall in N2-Atmosphäre unter Kühlung in Methanol bzw. Ethanol gelöst. Das
inertisierte Reaktionsgefäß, in dem sich eine zerschlagene Ampulle mit Alkalimetall befand,
wurde jeweils vor und nach Zugabe des Alkohols gewogen. Die Bestimmung der Dichte der
Lösung erfolgte durch Wiegen eines abgemessenen Volumens. Aus der Gesamtmasse der
Lösung und der Dichte ließ sich bei bekannter Menge Alkalimetall die Konzentration an
Alkalimetallmethanolat in einer für reproduzierbare Ergebnisse ausreichenden Genauigkeit
berechnen. Zur Darstellung von möglichst wasserfreier methanolischer AlkalimetallhydroxidLösung wurde Wasser im Unterschuß (Molverhältnis Wasser zu Methanolat: 0,9) zugegeben.
Bei Umsetzungen in wäßriger Lösung wurden eingesetzte Alkalimetallcarbonate (Na2CO3:
MERCK, > 99 %; NaHCO3: MERCK, > 99 %; K2CO3: MERCK, > 99 % Rb2CO3: ALFA, 99,5 %;
Cs2CO3: ALDRICH, 99,9 %) zuvor durch Erhitzen der zerriebenen Substanzen in einem
Porzellantiegel auf 700 °C für etwa drei Stunden getrocknet. Ein eventuell gebildeter
Schmelzkuchen am Tiegelboden wurde verworfen. Die so getrockneten Ausgangssubstanzen
wurden im Exsiccator über P4O10 und unter N2-Atmosphäre aufbewahrt. In diesen Proben
ließen sich über röntgenographische Methoden keine Alkalimetallcarbonat-Hydrate nachweisen. Alkalimetallhydrogencarbonate wurden ohne weitere Trocknung eingesetzt.
2.2 Röntgenographische Methoden, Neutronenbeugungsexperimente
2.2.1 Pulvermethoden
Die röntgenographische Untersuchung von Pulverpräparaten erfolgte nach dem DebyeScherrer-Verfahren (CuKα -Strahlung, Ni-Filter). Beugungswinkel wurden mit einem Lineal
6
gemessen, Intensitäten wurden visuell geschätzt. Sofern keine Vergleichsdaten aus der
Literatur bzw. Datenbanken [57] vorlagen, wurden Aufnahmen mit der Straumanis- (CuKα Strahlung, Ni-Filter, Si-Standard) oder Guinier-Technik (Fa. HUBER, CuKα1-Strahlung,
Quarzmonochromator, Si-Standard) erstellt. Dazu wurden die Reflexlagen mit einem
Koinzidenzmaßstab ausgemessen (RUMOLD, Genauigkeit: ±0,01 mm) und die Reflexintensität
nach folgender Skala abgeschätzt:
vs
s
m
sehr stark
stark
mittel
w
vw
schwach
sehr schwach
Irel ≥ 80%
≥ 60%
≥ 40%
≥ 20%
≤ 20%
2.2.2 Einkristallverfahren
Alle erhaltenen Proben wurden mit Hilfe eines Polarisationsmikroskops (ZEISS) untersucht.
Zeigten Kristalle geeigneter Größe gut ausgebildete Flächen und einheitliches Verhalten
gegenüber polarisiertem Licht, wurden sie von anhaftender Mutterlauge befreit und unter N2Strom mit Zweikomponentenklebstoff (HENKEL) in einer Glaskapillare (HILGENBERG,
Spezialglas Nr. 14, Durchmesser 0,3 mm) fixiert. Eine Abschätzung der Kristallqualität
erfolgte durch unorientierte Drehkristallaufnahmen. Zur Ermittlung von annähernden
Gitterkonstanten, Symmetrie, Auslöschungsbedingungen und Beugungssymbol wurden
Buerger-Präzessions-Aufnahmen erstellt (HUBER, MoKα-Strahlung, Zr-Filter).
Die Messung der Reflexintensitäten erfolgte auf einem automatischen Vierkreisdiffraktometer
CAD4 der Firma ENRAF-NONIUS (Mo-Kα-Strahlung, Graphit-Monochromator, variabler
ω/2Θ-scan). Im Winkelbereich von 3° ≤ 2Θ ≤ 55° wurden jeweils Reflexe in einem
entsprechend dem Kristallsystem gewählten Teil des reziproken Raums gesammelt. Die
Bestimmung der Gitterkonstanten erfolgte unter Verwendung der Winkelposition von 25
genau zentrierten Reflexen mit der Methode der kleinsten Fehlerquadrate. Die Intensitäten
von je drei ausgewählten Reflexen wurden in regelmäßigen Abständen überprüft, zeigten aber
in allen Fällen keine signifikanten Veränderungen, so daß auf Zerfallskorrekturen verzichtet
werden konnte. Nach Abschluß der Datensammlung wurden geeignete Reflexe zur Erstellung
eines „Ψ−scan“-Datensatzes ausgewählt, der zu einer empirischen Absorptionskorrektur
verwendet werden konnte. Weitere Einzelheiten zur Datensammlung werden bei der
Diskussion der Verbindungen aufgeführt.
2.2.3 Neutronenbeugungsuntersuchungen
Neutronenbeugungsuntersuchungen erfolgten an Pulverproben in verschraubbaren AlProbenbehältern (Länge: 50 mm, Außendurchmesser: 8 mm, Wandstärke: 1 mm). Die
7
Messungen wurden von Herrn Dr. Paul Müller (Institut für Anorganische Chemie, RWTH
Aachen) am Forschungsreaktor des RisØ National Laboratory bei Roskilde, Dänemark
(Wellenlänge: 201,84 pm) sowie am Forschungsreaktor des Hahn-Meitner-Instituts in Berlin
(Wellenlänge: 242,0 pm) durchgeführt.
2.3 Rechenmethoden
Für erforderliche Berechnungen standen Großrechner des regionalen Rechenzentrums der
Universität zu Köln (IBM RS/6000, AIX 370), institutseigene VAX-Workstations (DIGITAL,
VMS) sowie mehrere über ein Netzwerk miteinander verknüpfte Personalcomputer zur
Verfügung.
2.3.1 Auswertung von Pulveraufnahmen
Die Korrektur von Beugungswinkeln aus Straumanis- und Guinier-Aufnahmen erfolgte mit
dem Programm GUINIER [58], eine Verfeinerung der Gitterkonstanten an Pulverdaten mit
dem Programm LSUCR [59]. Die Indizierung der Beugungswinkel wurde mit Hilfe von
berechneten Beugungsdiagrammen unter Verwendung von Lageparametern aus
Strukturbestimmungen durchgeführt (Programm LAZY PULVERIX [60]).
2.3.2 Strukturverfeinerung mit Vierkreisdiffraktometerdaten
Die Aufarbeitung der CAD4-Daten erfolgte mit dem Programm NEUDAT [61], wenn Lorenzund Polarisationskorrekturen zur genügend genauen Kristallstrukturbestimmung ausreichten.
Waren empirische oder auf der Kristallgestalt basierende Absorptionskorrekturen notwendig,
erfolgte die Umrechnung der gemessenen Intensitäten mit dem Programm MOLEN [62]. Die
Tabellen zu den Strukturrechnungen enthalten dann die Werte für den minimalen und
maximalen Transmissionskoeffizienten. Eine Konvertierung der so erhaltenen Daten erfolgte
mit dem Programm SHELXFIL [63]. Zur Abschätzung der Qualität der Daten wurden mit
dem Programm SHELXL-93 [64] Werte für Rint berechnet, die ein Maß für die Abweichung
symmetrieäquivalenter Reflexe von ihrem Mittelwert in der entsprechenden Laueklasse
angeben. Die Definition dieses Werts ist:
8
n
∑F
Rint =
2
o
− Fo2
(2.1)
i =1
n
∑F
2
o
i =1
mit
n: Zahl der symmetrieabhängigen Reflexe,
Fo2: beobachtetes Quadrat der Strukturamplitude,
_
Fo2: aus symmetrieabhängigen Reflexen gemitteltes Quadrat der Strukturamplitude.
Die aus Filmaufnahmen ermittelten Beugungssymbole wurden durch statistische Analysen der
gemessenen Reflexintensitäten überprüft (NEUDAT [61]). Die Strukturlösung erfolgte durch
Pattersonsynthese zur Lokaliastion von Schweratomlagen oder durch direkte Methoden,
beides durchgeführt mit dem Programm SHELXS-86 [65]. Die Lokalisation weiterer Atome
erfolgte mit Ausnahme von H-Atomlagen über sukzessive Fourieranalyse (SHELXL-93 [64])
unter Berücksichtigung der Atomformfaktoren der neutralen Elemente [66]. Nach
anschließender Verfeinerung nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate unter
Verwendung von Fo2 wurden die Temperaturfaktoren anisotrop aufgespalten, wobei folgende
Definitionen zugrundegelegt wurden:
isotroper Temperaturfaktor:
anisotroper Temperaturfaktor:
exp{-8π2Uj2(sin2θ/λ)2},
exp{-2π2 [h2a*2 U11 + ... + 2 hka*b* U12]}.
(2.2)
(2.3)
Die bei der Verfeinerung mit SHELXL-93 minimierte Größe wR2 ist wie folgt definiert:
wR2 =
∑ (w(F − F ) )
∑ (w(F ) )
2
o
2 2
c
2 2
o
(2.4)
mit der Definition für den Wichtungsfaktor w:
w = [ σ2(Fo2) +(aP)2 +bP ]-1
mit P = 1/3 (Fo2 + 2Fc2).
(2.5)
(2.6)
Dabei sind a und b aus der Verfeinerung ermittelte Größen, Fc2 ist die berechnete
Strukturamplitude.
Neben dem erhaltenen Wert für wR2 wird in dieser Arbeit auch der konventionelle R-Wert
angegeben, der nach Gl. (2.7) berechnet wird:
R1 =
∑F −F
∑F
c
o
o
(2.7)
9
Berechnete Standardabweichungen werden in Klammern angegeben und beziehen sich auf die
jeweils letzten Dezimalstellen [67]. Zur Darstellung der Strukturen dienten die Programme
SCHAKAL-92 [68] und ATOMS [69]. Fourier- und Differenzfourierkarten wurden mit dem
XTAL-Programmpaket [70] erstellt.
2.3.3 Strukturverfeinerung mit Pulverdiffraktometerdaten
Zur Auswertung der Daten aus Neutronenbeugungsuntersuchungen diente das Programm
FULLPROF [71], mit dem ein Strukturmodell durch Anpassung gemessener
Beugungsintensitäten an berechnete Werte verfeinert werden konnte.
Minimierte Funktion war:
S=
mit
∑w
i
(2.8)
yi (obs) − yi (calc)
yi(obs), yi(calc): beobachtete und berechnete Intensität am i-ten Meßpunkt,
wi :
auf der Zählstatistik beruhende Wichtung.
Als Gütekriterium für das angepaßte Strukturmodell werden ungewichtete und gewichtete
Profil-Residuen Rp und Rwp (jeweils mit Berücksichtigung des Untergrundanteils der
gemessenen Intensität) sowie solche Residuen aufgelistet, die die Übereinstimmung zwischen
berechneten und gemessenen Strukturfaktoren (Rf) bzw. Intensitäten (RBragg) angeben. Aus
den Werten für Rwp wird ein als Chi2 bezeichneter Goodness-of-Fit errechnet. Die
Definitionen dieser Größen [72-74] sind:
Rp = 100
∑y −y
∑y
i (obs)
i (calc)
(2.9)
i(obs)
Rwp = 100
∑w
i
yi (obs) − yi (calc)
2
∑w y
i
2
i(obs)
∑I −I
RBragg = 100
∑I
k (obs)
(2.10)
k (calc)
(2.11)
k
k (obs)
k
∑ F −F
Rf = 100
∑F
k (obs)
k (calc)
(2.12)
k
k (obs)
k
Chi2 = (Rwp/Rexp)2 mit Rexp = 100
N −P+C
∑ wi y 2i(obs)
(2.13)
10
mit
Ik(obs), Ik(calc):
Fk(obs), Fk(calc):
N:
P:
C:
Beobachtete und berechnete Intensität des k-ten Reflexes,
Beobachteter und berechneter Strukturfaktor des k-ten Reflexes,
Anzahl der gemessenen Intensitätsdaten,
Anzahl der verfeinerten Parameter,
Anzahl der constraints.
2.4 Thermoanalytische Methoden
DTA/TG-Messungen wurden von Herrn Dr. Jörg Wittrock (Institut für Anorganische Chemie
der Universität zu Köln) an einer modifizierten Thermowaage mit auswechselbaren DTAMeßköpfen (Typ TA 1, METTLER-INSTRUMENTE AG) [75] mit einer Aufheizgeschwindigkeit
von 2 K/min durchgeführt. Bei diesem Gerät ist die Thermowaage in einem gasdichten, mit
Schutzgas beschickbaren Gehäuse untergebracht. Die Temperaturerfassung wird mit Platin 10% Rhodium / Platin-Thermoelementen durchgeführt, lineare Aufheizraten wurden durch
einen elektronischen Regelmechanismus gewährleistet. Die Meßdatenerfassung erfolgte
digital durch einen Computer der Firma DEC. Bei den durchgeführten Messungen diente
Argon als Schutzgas. Tiegelmaterial und Referenzsubstanz war Korund.
11
3 Die Bond-Valence-Methode
3.1 Grundlagen
In Kristallstrukturen können auftretenden Bindungslängen zwischen gegensinnig geladenen
Atomen Bindungsvalenzen zugeordnet werden, deren Wert sich zum Betrag der formalen
Wertigkeit des Zentralatoms aufsummiert. Im einfachen Fall der regelmäßigen Koordination
kann die Valenzsumme nach Pauling [76] mit Gl. (3.1) berechnet werden:
si = W / CN und Σsi = W
mit
si :
W:
CN:
(3.1)
Bindungsvalenz,
Valenzsumme (= Betrag der formalen Ladung des Zentralatoms),
Koordinationszahl.
Dabei erfolgt die Berechnung der Bindungsvalenz, die von Pauling noch mißverständlich als
„elektrostatische Bindungsstärke“ bezeichnet wurde, ungeachtet der Art des auftretenden
Bindungstyps: die Grenzfälle der ionischen und kovalenten Bindungen werden gleich
behandelt.
Verwendung findet Gl. (3.1) vor allem bei der Diskussion einfacher Strukturen wie im
Beispiel des Calcits CaCO3. Hier ist jedes Kohlenstoffatom durch drei Sauerstoffe
koordiniert, jeder der C-O-Bindungen kann die Bindungsvalenz 4/3 zugewiesen werden. Weil
die Bindungsvalenzen für Sauerstoffatome sich ebenfalls zum Wert 2 summieren müssen,
folgt, daß jedes O-Atom noch 2/3 Bindungsvalenzen für Bindungen zu Calciumatomen zur
Verfügung stellen kann. Bei n Bindungen von Sauerstoff zu Calcium ist die Bindungsvalenz
jeder dieser Bindungen gleich 2/(3n). Calcium hat die formale Wertigkeit 2 und kann CN
Bindungen der Bindungsvalenz 2/CN ausbilden. Aus einem einfachen Koeffizientenvergleich
folgt: CN = 3n. Damit kann die Koordinationszahl von Calcium bei regelmäßiger
Koordination nur ein Vielfaches von 3 betragen - tatsächlich findet sich in Calcit für Calcium
die Koordinationszahl 6.
In Strukturen mit verzerrten Koordinationspolyedern versagt die Methode nach Pauling. Um
auch für diese Strukturen über ein analoges Werkzeug zu verfügen, sind Modifizierungen
entwickelt worden, die die auftretenden unterschiedlichen Bindungslängen einbeziehen.
In einem von Baur entwickelten Modell [77] wird berücksichtigt, daß die
Koordinationszahlen der Liganden in einem Koordinationspolyeder Einfluß auf die jeweilige
Bindungslänge zum Zentralatom haben. Danach ist die Bindungslänge ri zwischen einem
Zentralatom und seinem i-ten Liganden mit der Summe der Bindungsvalenzen si verknüpft,
die nach Gl. (3.1) für Bindungen des i-ten Liganden zu allen von ihm koordinierten Atomen
12
_
berechnet werden. Aus der Abweichung der si von ihrem Mittel ∆si = si - s erhält man über
eine lineare Funktion nach Gl. (3.2) die erwartete Bindungslänge:
_
ri = r + b ∆si
(3.2)
_
Dabei sind r und b empirisch ermittelte Konstanten für ein gegebenes Kation mit gegebener
_
Koordinationszahl; r entspricht etwa dem Mittelwert der Bindungslängen bei gegebener
Koordinationszahl. Dieses Verfahren liefert bei nicht zu starken Verzerrungen gute
Ergebnisse für Bindungslängen, besitzt aber den Nachteil, daß für gleiche Kationen bei
unterschiedlicher Koordination unterschiedliche Konstanten verwendet werden müssen.
Ein allgemeineres Verfahren verwendet den von Pauling [78] ursprünglich für metallische
Verbindungen aufgestellten Zusammenhang zwischen der Länge einer Bindung und der
Bindungsordnung:
ro - ri = b ln(si)
mit
(3.3)
ro: Länge einer Einfachbindung
ri: beobachtete Bindungslänge
b: empirisch bestimmte Konstante
si: Bindungsordnung (= Bindungsvalenz)
Diese Beziehung wurde bereits kurz nach ihrer Entwicklung auf Bindungslängen in
(NH4)2Cr2O7 und V2O5 angewendet [79]. Eine Näherung an Gl. (3.3) in der Form von
Gl. (3.4)
lag
später
systematischen
Untersuchungen
von
Metall-SauerstoffKoordinationspolyedern zugrunde [80-82]:
r 
si = s o  i 
 Ro 
mit
−N
(3.4)
si: Bindungsvalenz
so, Ro und N: empirische Konstanten.
Die heute überwiegend verwendete Beziehung zur Berechnung von Bindungsvalenzen wurde
von Brown und Altermatt [53] eingeführt und verwendet Gl. (3.3) in der Formulierung
13
r − r 
si = exp  o i  und W = ∑ si
 b 
i
mit
(3.5)
W:
Valenzsumme,
ri :
Länge der i-ten Bindung,
ro, b: empirisch ermittelte Konstanten.
Bisher durchgeführte Arbeiten zur empirischen Bestimmung der Parameter ro und b haben
gezeigt, daß der Konstanten b allgemein der Wert 37 pm zugewiesen werden kann, ro ist
lediglich abhängig von der Art und formalen Wertigkeit der an der Bindung beteiligten
„Kationen“ und „Anionen“ - wobei Ionizität oder Kovalenz der Bindung keine Unterschiede
in der Behandlung der Bindungsvalenz erforderlich machen; als „Kation“ wird das Atom
bezeichnet, das in der Bindung positiv, als „Anion“ dasjenige, das negativ polarisiert ist.
Werte von ro, die empirisch aus einem großen Satz von zuverlässigen Kristallstrukturen
bestimmt werden, sind für eine Vielzahl von Bindungen tabelliert [53,83]. Dabei entspricht
die nach Gl. (3.5) bestimmte Valenzsumme W in der überwiegenden Zahl der bekannten
Kristallstrukturen gut der formalen Wertigkeit des betrachteten Zentralatoms; Abweichungen
sind nur selten größer als 5%. Dadurch wird diese als Bond-Valence-Methode (BVM)
bezeichnete Berechnung häufig und mit guten Ergebnissen auf kristallchemische
Problemstellungen angewendet. Dazu gehören insbesondere [82]:
• die Bestimmung von Lagebesetzungen in festen Lösungen,
• Überprüfung der „Richtigkeit“ von Strukturmodellen,
• Lokalisierung von H-Atomen und -brückenbindungen.
Mit dieser Methode werden Bindungslängen in Koordinationspolyedern unabhängig von der
Koordinationszahl und ausschließlich durch zwei Parameter ro und b in Gl. (3.5) beschrieben.
Dadurch können über diese Beziehung z. B. zu erwartende Bindungslängen im Calcit
berechnet werden.
Als Regel für die erreichbare Übereinstimmung zwischen formaler und mit der BVM
berechneter Valenzsumme gilt: je höher die formale Ladung des betrachteten Zentralatoms in
einem Koordinationspolyeder und je kleiner sein Ionenradius, desto bessere Ergebnisse
werden erzielt [84]. Entsprechend werden für Alkalimetall-Sauerstoff-Koordinationspolyeder
zum Teil sehr schlechte Übereinstimmungen gefunden [54]. Größere Abweichungen der nach
der BVM berechneten Valenzsummen werden auch in Verbindungen mit stereochemisch
aktiven Elektronenpaaren gefunden. Neuere Entwicklungen zu dieser Methode untersuchen
daher Zusammenhänge zwischen berechneten Valenzsummen und Auswirkungen solcher
Elektronenpaare auf Bindungswinkel [55].
14
Die Zahl bekannter Kristallstrukturen mit Alkalimetall-Sauerstoff-Koordinationspolyedern ist
im Vergleich zur Gesamtzahl der in Datenbanken gespeicherten Strukturdaten beträchtlich ihr Anteil in der Inorganic Crystal Structure Database ICSD [85] beträgt etwa 10 %. Daher
erscheint es wünschenswert, die BVM nach Gl. (3.5) so zu modifizieren, daß auch für diese
Strukturen eine zuverlässige Anwendung möglich wird.
Zu untersuchen ist, warum die BVM für Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungen schlechte
Übereinstimmungen liefert. Eine mögliche Ursache ist, daß Alkalimetallionen im Gegensatz
zu den meisten anderen Kationen eine Vielzahl unterschiedlicher Koordinationspolyeder
bilden können. Es ist zu vermuten, daß daher die für Gl. (3.5) angenommene Unabhängigkeit
der empirischen Parameter von der Art der Koordination nicht mehr gilt. Um entsprechende
Einflüsse zu untersuchen, müssen Zusammenhänge von Valenzsummen mit bisher nicht
berücksichtigten Eigenschaften von Koordinationspolyedern betrachtet werden. Dazu gehören
die Koordinationszahl sowie die Gestalt des Polyeders, die als Abweichung von einer
Idealform zu beschreiben ist. Bevor die in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen zur
BVM dargestellt und diskutiert werden, sollen im nächsten Abschnitt Größen beschrieben
werden, mit denen man diese Eigenschaften behandeln kann.
3.2 Koordinationspolyeder, Koordinationszahl und Polyederverzerrung
3.2.1 Bestimmung von Koordinationspolyedern
Für die Bestimmung des Koordinationspolyeders eines Atoms in einer Struktur genügt in
einer hochsymmetrischen Struktur meist die Betrachtung der jeweils kürzesten interatomaren
Abständen. Ist dagegen die Umgebung des Zentralatoms unregelmäßig, kann die zuverlässige
Bestimmung des Koordinationspolyeders nicht durch „naive“ Trennung [86] von Atomen in
koordinierend und nicht koordinierend erfolgen - dafür erforderlich wäre die willkürliche
Wahl eines Maximalabstands, bis zu dem noch Wechselwirkung mit dem Zentralatom
angenommen wird. Zur willkürfreien Bestimmung des Koordinationspolyeders sind bislang
mehrere Verfahren vorgeschlagen worden, die entweder auf Eigenschaften der Verteilung von
Atomabstände oder auf geometrischen Konstruktionen beruhen.
Zu den auf Atomabständen beruhenden Verfahren gehört z.B. die Suche nach den größten
Lücken in einer Abstandsverteilung [87]. Solche Verfahren führen in den meisten Fällen zu
einer plausiblen Bestimmung der Koordinationssphäre, jedoch können auch bei dieser
Methode noch Zweifelsfälle auftreten. Ein für Verbindungen mit überwiegend ionischem
Bindungscharakter entwickeltes Verfahren, mit dem diese Zweifelsfälle umgangen werden, ist
die Ermittlung der effektiven Koordinationszahl ECoN nach Hoppe [88]. Dieses Verfahren,
das auch bei nichtionischen Bindungstypen anwendbar ist, beruht auf einer gewichteten
Mittelung der beobachteten Bindungsabstände, aus denen die sogenannten mittleren fiktiven
15
Ionenradien (MEFIR) berechnet werden. Bei diesem iterativen Verfahren werden zunächst für
alle Bindungen d(M-L(i)) zugehörige „fiktive Ionenradien“ FIR(M-L(i)j) nach Gleichung (3.6)
berechnet:
FIR(M − L(i) j ) = d( M − L(i) j ) ⋅
mit
R(M )
R(M ) + R(L(i))
(3.6)
i = Index für alle möglichen Bindungspartner von M,
R(M), R(L(i)) = Ionenradien, z. B. nach Shannon [89],
j = Laufvariable für alle symmetrie- und translationsäquivalenten L(i).
Aus den so erhaltenen Größen errechnet man einen über eine exponentielle Funktion
gemittelten Wert für den mittleren fiktiven Ionenradius 1MEFIR:
  FIR(M − L(i) ) 6 
j
 
FIR( M − L(i) j ) ⋅exp1 − 
∑i ∑
FIR( M − L(i)1 ) 

j =1


1
MEFIR(M ) =
6
  FIR( M − L(i) ) 
∞
j
 
exp
1 − 
∑i ∑
FIR(M
−
L(i)

j =1
1 )


∞
(3.7)
Dabei bezeichnet der Index 1 das zu M am dichtesten benachbarte Ion.
Basierend auf der so erhaltenen Größe ist die effektive Koordinationszahl 1ECoN definiert:
  FIR( M − L(i ) )  6 
j
 
ECoN ( M ) = ∑ ∑ exp1 −  1
MEFIR
(
M
−
L
(
i )1 )

i j =1


1
∞
(3.8)
Befinden sich betrachtete Atome in stark verzerrten Koordinationssphären, ist die Berechnung
von 1MEFIR ausgehend von tabellierten Ionenradien nicht willkürfrei. Um in solchen Fällen
zu plausiblen Ergebnissen zu kommen, muß eine von den gewählten Startwerten möglichst
unabhängige Methode angewendet werden. Dazu genügt eine iterative Anwendung von
Gleichung (3.7) in einer leicht modifizierten Form, bei der im ersten Schritt zur Berechnung
von 2MEFIR die Werte für FIR(M - L(i)1) durch 1MEFIR, im n-ten Schritt durch n-1MEFIR
ersetzt werden. Verändert sich der Wert für nMEFIR nicht um mehr als 0,1 pm, kann die
Iteration abgebrochen werden. Für Kationen erhält man einen von Startradien nahezu
unabhängigen Wert für nECoN, wenn in Gl. (3.8) der erhaltene Wert für nMEFIR eingesetzt
wird. Um diejenigen Atome zu ermitteln, die an der Koordination eines Zentralatoms beteiligt
sind, kann jetzt als Maß der jeweilige Anteil an nECoN verwendet werden. Im allgemeinen
werden Ionen, deren Anteil zu nECoN 0,01 unterschreitet, nicht mehr zum
Koordinationspolyeder gezählt [88].
16
Ein geometrisches Verfahren zur Ermittlung von Koordinationspolyedern beruht auf der
Konstruktion von Wirkungsbereichen der Atome in einer Kristallstruktur und wurde
ursprünglich von Dirichlet als geometrisches Hilfsmittel zur Reduktion von quadratischen
Formen entwickelt [90,91]. Die Verwendung dieser auch als Dirichlet-Domänen und
Voronoi-Polyeder bezeichneten Wirkungsbereiche auf kristallographische Problemstellungen
erfolgte erstmals durch Niggli [92], Frank und Kasper schlugen diese Methode zur
Bestimmung von Koordinationssphären vor [93].
Bei der Konstruktion von Wirkungsbereichen wird eine Kristallstruktur durch Flächen in
Bereiche aufgeteilt, in denen jeder Raumpunkt näher an einem bestimmten Atomschwerpunkt
liegt als an allen anderen. Die Flächen der Wirkungsbereiche bilden konvexe Polyeder um
diese Atomschwerpunkte. Zur Konstruktion der Polyederflächen bildet man senkrecht zu
jeder von einem betrachteten Zentralatom auftretenden Bindung eine Ebene, die den
Mittelpunkt des Bindungsvektors enthält. Flächen des Wirkungsbereichs sind dann die
Ebenenteile, die das kleinste konvexe Polyeder bilden, von dem das Zentralatom
eingeschlossen wird. Als ein Zentralatom koordinierend werden diejenigen Atome bezeichnet,
deren Bindungsvektor zur Bildung des Wirkungsbereichs beitragen. Eine graphische
Veranschaulichung der Konstruktion für den zweidimensionalen Fall findet sich in Abb. 3.1.
L3
L4
L2
L5
M
L1
L8
L6
L7
Abb. 3.1
Konstruktion eines Wirkungsbereichs
in einer zweidimensionalen Anordnung
von Atomen. Der Wirkungsbereich ist
grau hinterlegt. Nicht koordiniert ist
Atom L1. Atom L5 ist ein Grenzfall:
hier ist die Fläche, die zum
Wirkungsbereich gehört, unendlich
klein.
In ionischen Strukturen und Strukturen mit ausschließlich polaren Bindungen werden Atome
mit gleicher bzw. gleichsinniger formaler Wertigkeit im allgemeinen nicht als
Koordinationspartner eines Zentralatoms angesehen. Werden Koordinationspolyeder über
Wirkungsbereiche bestimmt, wird man häufig die Beteiligung solcher Atome an dessen
Bildung finden. Zur Behandlung dieser Fälle ist die Unterscheidung zwischen „chemischer“
und „geometrischer Koordination“ vorgeschlagen worden [94]. Als geometrisch koordiniert
gelten danach alle Atome, die zur Bildung des Wirkungsbereichs beitragen, chemisch
koordiniert ist davon die Teilmenge von Atomen mit gegensinniger formaler Wertigkeit.
In der Literatur werden Varianten zur Berechnung von Wirkungsbereichen beschrieben. Ihnen
gemeinsam ist der Versuch, unterschiedliche Radien der beteiligten Atome bei der
17
Konstruktion zu berücksichtigen [86,95-97]. Diese Varianten bleiben in der vorliegenden
Arbeit jedoch unberücksichtigt; zur Anwendung kommt ausschließlich die Bestimmung des
Wirkungsbereichs nach Frank und Kasper.
3.2.2 Bestimmung von Koordinationszahlen
In der Strukturchemie ist es üblich, die Koordinationssphäre eines Atoms durch eine
Koordinationszahl CN zu beschreiben, mit der die Zahl der koordinierten Atome angegeben
wird. Nach „klassischer“ Vorgehensweise [86] ist CN eine ganze Zahl: entweder „berühren“
sich Zentral- und koordinierendes Atom oder sie „berühren“ sich nicht. Grundlage einer
solchen Definition ist, daß Atome sich in Strukturen wie harte Kugeln verhalten, also einen
bekannten Atom- oder Ionenradius besitzen. Atom- und Ionenradien sind aber nicht meßbar die Ergebnisse von Kristallstrukturanalysen liefern lediglich Atomanordnungen - und müssen
durch Strukturvergleiche unter Verwendung von Annahmen ermittelt werden. Dadurch sind
solche Werte stets unsicher; darüber hinaus sind Ionenradien abhängig von der
Koordinationszahl [89].
Die Entwicklung der im vorhergehenden Abschnitt aufgeführten Methoden zur Bestimmung
von Koordinationssphären erlaubt es, die Verwendung der Radien zu umgehen. Mit der
dadurch möglichen Behandelbarkeit von verzerrten Koordinationspolyedern, in denen eine
breit gestreute Verteilung an unterschiedlichen Bindungslängen auftreten kann, tritt aber ein
neues Problem auf: darf man die Koordinationszahl durch einfaches Abzählen der gefundenen
koordinierenden Atome ermitteln? Eine Gleichbehandlung von kurzen und langen Bindungen
erscheint aus der Sicht des Chemikers ungerechtfertigt und verringert den Informationsgehalt
dieser in der Strukturchemie häufig verwendeten Größe, weil z. B. zwischen oktaedrischer
Koordination mit zwei zusätzlichen Bindungen und hexaedrischer Koordination - beide mit
CN 8 - nicht unterschieden wird. Häufig behilft man sich daher mit Formulierungen wie CN
(6+2), muß dabei aber wiederum willkürlich Abstände festlegen, nach denen Bindungen
aufgeteilt werden.
Andere Wege zur Bestimmung von Koordinationszahlen ergeben sich erst, wenn man auf die
Ganzzahligkeit der Koordinationszahl verzichtet. Dann können Größen verwendet werden, die
schon bei der Bestimmung der Zugehörigkeiten zu Koordinationspolyedern berechnet wurden.
Entsprechende Methoden beruhen z.B. auf der Verwendung von Größen des
Wirkungsbereichs wie Polyederflächen [86,96], -teilvolumen [96] und zugehörigen
Raumwinkeln [98]. In der einfachsten Variante [86] wird dazu der Beitrag zur
Koordinationszahl für die größte Polyederfläche gleich 1 gesetzt, für alle anderen auftretenden
Flächen relativ dazu umgerechnet. Bei der Bestimmung der Koordinationssphäre über nECoN
erhält man bereits direkt eine nichtganzzahlige effektive Koordinationszahl. Hier wurde bei
der Konzeption der Methode (durch geeignete Wahl der Potenz im Exponentialterm von Gl.
(3.8)) darauf geachtet, daß für einfache Strukturtypen den „Erfahrungswerten“ entsprechende
Werte für die Koordinationszahl erhalten werden - so z.B 1ECoN = 6,04 für α-Polonium.
18
Sicherlich ist auch eine solche Methode wegen des Informationsgehaltes der errechneten
Werte diskussionswürdig, weil nECoN 5,8 sowohl CN 5+2 (entsprechend fünf kurzen und
zwei geringfügig längeren Bindungen) als auch CN 5+4 (fünf kurze, vier lange Bindungen)
bedeuten kann, analoges gilt für auf geometrischer Basis ermittelte Werte. Dennoch erlaubt
dieser Weg eine zumindest ungefähre Zuordnung von Koordinationspolyedern zu einer für
deren Beschreibung wichtigen Größe und wurde in dieser Arbeit zur Analyse von
Strukturparametern verwendet.
3.2.3 Entwicklung einer Methode zur Behandlung von Polyederverzerrung
Im Fall vieler einfacher Strukturtypen ist die Koordinationszahl eines Zentralatoms eindeutig
bestimmbar. Dennoch kann aus der Koordinationszahl nicht automatisch auf die Form des
Koordinationspolyeders zurückgeschlossen werden. So können sechs gleich lange Bindungen
sowohl in oktaedrischer als auch trigonal-prismatischer Umgebung auftreten. Entsprechend
darf ein systematischer Vergleich von Koordinationspolyedern nicht allein auf
Bindungslängen und Koordinationszahlen beruhen.
Daher wurde in dieser Arbeit eine Methode entwickelt, die sowohl Verzerrungen in
Bindungslängen als auch -winkeln von Koordinationspolyedern berücksichtigt. Grundlage
der Methode ist der Vergleich von Abständen der koordinierenden Atome mit Werten, die für
ein reguläres Koordinationspolyeder erhalten würden. Am Beispiel der oktaedrischen
Koordination soll dieses Verfahren erläutert werden:
Wird ein Zentralatom M durch sechs Liganden L koordiniert, die weitestmöglich voneinander
entfernt sind und ausschließlich gleich lange Bindungen d(M-L) zum Zentralatom aufweisen,
ist das Zentralatom ideal oktaedrisch koordiniert [99]. Dabei treten unterschiedliche Abstände
d(L-L) auf. Für die Abstände zweier cis-ständiger Liganden, die an der Bildung einer
Oktaederkante beteiligt sind, gilt:
d(L-L)cis =
2 d(M-L),
(3.9)
für Abstände zwischen trans-ständigen Liganden, auf deren Verbindungslinie das Zentralatom
liegt:
d(L-L)trans = 2 d(M-L).
(3.10)
Insgesamt treten bei oktaedrischer Koordination zwölf Abstände d(L-L)cis und drei Abstände
d(L-L)trans auf. Für die Summe der reziproken Ligandenabstände 1/d(L-L) gilt dann der
Zusammenhang
1
∑ d(L − L) = 12 ⋅

2
1
1
1
3
1
⋅
+ 3⋅ ⋅
= 6 2 +  ⋅
.
2 d ( M − L)
2 d( M − L) 
2 d( M − L)
(3.11)
19
Die Summe der reziproken Ligandenabstände ist danach über eine Konstante mit der
reziproken Bindungslänge 1/d(M-L) verknüpft:
1
1
∑ d(L − L) = K ⋅ d( M − L)
(3.12)
Da die Abstände der Liganden voneinander im Oktaeder maximal sind, gilt auch, daß die
Summe der reziproken Ligandenabstände gegenüber anderen Anordnungen mit sechs gleichen
Bindungslängen d(M-L) ein Minimum erreicht; bei Verzerrung der oktaedrischen
Koordination unter Beibehaltung der Bindungslängen d(M-L) erhält man für die Summe der
reziproken Ligandenabstände größere Werte. Dann kann das Verhältnis der Summe der
beobachteten reziproken Ligandenabstände zu derjenigen, die für ein ideales Oktaeder
erhalten wird, als Maß für die Verzerrung des Koordinationspolyeders verwendet werden.
Dafür wird ein Verzerrungsparameter ξ definiert:
1
ξ=
mit
K:
d(M-L):
d(L-L)(obs):
∑ d(L − L)
(obs)
1
K⋅
d(M − L)
.
(3.13)
geometrieabhängiger Faktor für die jeweilige Koordinationszahl,
Abstand zwischen Zentral- und koordinierendem Atom,
beobachtete Abstände zwischen den koordinierenden Atomen.
Dabei entsprechen die Werte 1/d(L-L)obs. den beobachteten reziproken Bindungsabständen in
einem gegebenen Koordinationspolyeder, d(M-L) ist der Bindungsabstand zwischen
Zentralatom und Ligand. Erhält man für ξ den Wert 1, liegt ideal oktaedrische Koordination
vor; je stärker die Form des Koordinationspolyeders von der idealen Koordination abweicht,
desto größer ist der Wert für ξ.
In welcher Größenordnung dieser Wert liegt, läßt sich mit einem einfachen Modell zeigen.
Dazu verdreht man in einem Oktaeder eine Dreiecksfläche senkrecht zu einer dreizähligen
Achse. Eine solche Verdrehung führt dann zur Bildung eines trigonal-prismatischen
Polyeders. Berechnet man für jeweilige Verdrehungswinkel die Summe der reziproken
Abstände zwischen den Polyederecken, kann nach Gl. (3.13) der Verzerrungsparameter
berechnet werden. Abb. 3.2 zeigt die Veränderung von ξ in Abhängigkeit vom Drehwinkel.
Der Wertebereich für ξ liegt hier zwischen 1,0 und 1,014; eine Zunahme von ξ um 0,01
bedeutet somit, daß eine bereits beträchtliche Oktaederverzerrung vorliegt.
20
Verlauf des nach Gl. (3.13) berechneten Verzerrungsparameters ξ bei der
Verzerrung eines Oktaeders durch Verdrehung einer Dreiecksfläche. Die erhaltene
Form des Polyeders ist für Verdrehungswinkel 0°, 20°, 40° und 60° dargestellt.
Abb. 3.2
ξ
1,015
1,010
1,005
1
0
10
20
30
40
50
60
Verdrehung einer DreiecksflŠche [Š]
Analoge Überlegungen lassen sich für alle regulären Koordinationspolyeder durchführen, die
die Form eines platonischen Körpers haben. In diesen Fällen sowie bei linearer und trigonalplanarer Koordination ist die Summe der reziproken Abstände zwischen den Liganden
1/d(L-L) entsprechend Gl. (3.12) über eine Konstante mit den reziproken Bindungsabständen
d(M-L) verknüpft. Entsprechend kann auch hier ein Verzerrungsparameter nach Gl. (3.13)
berechnet werden. In Tabelle 3.1 sind die zur Berechnung der Konstanten K notwendigen
Daten aufgelistet.
21
Tabelle 3.1 Zusammenhänge von Bindungslänge d(M-L) = d, Kantenlängen a, auftretenden
Summen reziproker Eckenabstände 1/d(L-L) und Werte für deren
geometrieabhängige Faktoren K für trigonal-planare Koordination sowie einige
platonische Körper.
Körper
Kantenlänge a
Bindungsabstände d(L-L)
trigonal
a = 3d
tetraedrisch
a=
d
6xa
oktaedrisch
a = 2d
12 x a, 3 x
kubisch
a=
4
6
2
3
d
1
d
3 6 1
⋅
2 d
3⋅
3xa
12 x a, 12 x
Σ1/d(L-L) = K/d
2a
2 a, 4 x
3a
K
1,7321
3,6742

3 1
6 2 +  ⋅
2 d

9,9853
(6 3 + 3 6 + 2)⋅ 1d
19,4708
In regulären Koordinationspolyedern gilt ξ = 1. Im Fall von Vierfachkoordination entspricht
das Tetraeder analog zu den Verhältnissen im Oktaeder demjenigen Koordinationspolyeder, in
dem die Liganden untereinander den größtmöglichen Abstand besitzen - entsprechend ist auch
die Summe der reziproken Ligandenabstände minimal. Gleiches gilt für trigonal-planare und
ikosaedrische Koordination; bei Auftreten von Verzerrungen gilt ξ > 1.
Für würfelförmige Koordination sind die Verhältnisse komplexer: für CN = 8 ist das
quadratische Antiprisma die Anordnung, in denen die Abstände zwischen den
koordinierenden Atomen maximal werden. Daher können nach Gl. (3.13) auch Werte für ξ
erhalten werden, die kleiner als 1 sind. Als Konsequenz daraus darf hier nicht als
Umkehrschluß angenommen werden, daß für ξ = 1 tatsächlich würfelförmige Koordination
gefunden wird. Zu qualitativen Vergleichszwecken sollte Gl. (3.13) dennoch genügen.
Liegen im Koordinationspolyeder unterschiedliche Bindungslängen d(M-L) vor, ist der
einfache Zusammenhang zwischen d(M-L) und d(L-L) nach Gl. (3.13) nicht mehr streng
gültig.
Sicherlich
kann
ein
modifizierter
Verzerrungsparameter
explizit
Bindungslängenunterschiede berücksichtigen. Um jedoch die Berechnung des
Verzerrungsparameters so einfach wie möglich zu gestalten, wurde in dieser Arbeit
angenommen, daß in Koordinationspolyedern mit nECoN ≈ 4, 6 oder 8 als erste Näherung statt
der Einzelwerte für d(M-L) auch deren arithmetisches Mittel verwendet werden kann.
3.3 Untersuchungsmethoden
Den in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen zur Analyse von AlkalimetallSauerstoff-Koordinationspolyedern lagen alle in der ICSD [85] bis Ende Januar 1997
22
gespeicherten Strukturen aus Einkristallstrukturanalysen zugrunde, die Alkalimetall- und
formal zweifach negativ geladene Sauerstoffatome enthielten sowie folgenden Kriterien
genügten:
• R-Werte kleiner als 0,1 zum Ausschluß ungenauer Strukturbestimmungen;
• vollständige Angaben von Standardabweichungen zur Abschätzung von Fehlern in
Bindungslängen [100];
• durchschnittliche relative Fehler in Alkalimetall-Sauerstoff-Abständen kleiner als 0,5 %;
• keine Fehlordnung oder Mischpunktlage.
Zur Analyse der Daten wurden im Rahmen dieser Arbeit ANSI-C-Programme [101,102]
erstellt, mit denen die hier diskutierten Größen aus Kristallstrukturdaten berechnet wurden.
Um Verfälschungen der Ergebnisse durch willkürlich gewählte maximale Bindungsabstände
in Koordinationspolyedern zu verhindern, wurde auf die Bestimmung der
Koordinationssphäre besonderer Wert gelegt.
3.3.1 Verwendete Programme
Das Programm findom97 [101] liest ASCII-Dateien mit Kristallstrukturdaten aus der ICSD
ein, berechnet den Inhalt der Elementarzelle aus asymmetrischer Einheit und
Raumgruppensymbol und erstellt, wenn der aktuelle Eintrag die zu untersuchende
„Kationen“-art enthält, eine sortierte Liste von Bindungsabständen mit geschätzten Fehlern
sowie Bindungsvektoren. Aus den Bindungsvektoren werden Voronoi-Polyeder konstruiert,
die Größen der Voronoi-Polyederflächen sowie zugehörige Raumwinkel [98] bestimmt und
eine Liste mit den berechneten Daten ausgegeben. Optional kann auch die Ausgabe einer Liste
der Voronoi-Polyederecken und der Polygonzüge für die Polyederflächen erfolgen.
Das Programm caldom97 [102] wertet die Ausgabe von findom97 aus. Es berechnet
Valenzsummen nach Gl. (3.5) und ermittelt, ob an den gefundenen Wirkungsbereichen neben
der zu untersuchenden „Anionen“-Art weitere gegensinnig zum „Kation“ polarisierte Atome
beteiligt sind. Derartige Fälle können zwar mit der Bond-Valence-Methode behandelt werden,
eine Bestimmung der entsprechenden Parameter kann aber nur an Koordinationspolyedern
erfolgen, in denen das Zentralatom ausschließlich durch eine Sorte von Atomen koordiniert
ist. Als Auswahlkriterium, welche Koordinationspolyeder nicht in die Analyse einbezogen
werden, dient die maximale relative Flächengröße, mit der nicht interessierende „Anionen“
an der Bildung des Wirkungsbereichs beteiligt sind. Daneben werden nECoN-Werte, mittlere
Fehler der Bindungslängen sowie Verzerrungsparameter für die Koordinationszahlen 4, 6 und
8 bestimmt. Die Ausgabe erfolgt in einer Tabelle, die neben den errechneten Werten die
Bezeichnung der betrachteten Zentralatome, Zusammensetzung der Verbindung und
Referenznummer der ICSD enthält. So erhaltene Dateien können mit StandardTabellenkalkulationsprogrammen weiterverarbeitet werden.
23
3.4 Anwendung der Bond-Valence-Methode auf Alkalimetall-SauerstoffBindungen
Im Rahmen dieser Arbeit wurden Valenzsummen in 3293 Alkalimetall-SauerstoffKoordinationspolyedern berechnet. Verwendete Parameter für Gl. (3.5) wurden der Literatur
entnommen [53]. Die Untersuchungen bestätigen für Alkalimetall-Sauerstoffbindungen die
schlechte Übereinstimmung von berechneter Valenzsumme und formaler Ladung. Abb. 3.3
zeigt in Form von Histogrammen die Verteilung der Häufigkeiten der Valenzsummen im
Vergleich zu Valenzsummen, die für C-O-Bindungen in Carbonat-Ionen erhalten werden; zu
erhaltenen Mittelwerten und Standardabweichungen siehe Tabelle 3.2.
Die Ergebnisse zeigen, daß Valenzsummenberechnungen für Alkalimetall-SauerstoffPolyeder zu einem hohen Anteil unplausible Werte ergeben. Dabei ist die Abweichung des
Mittelwerts vom erwarteten Ergebnis 1, die durch Neubestimmung des Parameters ro
verringert werden kann, als weniger problematisch anzusehen als die Streuung der
Einzelwerte, die zu hohen Standardabweichungen der Mittelwerte führt. Für C-OBindungsabstände ist die Übereinstimmung dagegen gut.
Welche Ursachen die Abweichungen bei Alkalimetall-Sauerstoff-Koordinationszahlen haben,
soll in den nächsten Abschnitten untersucht werden. Dazu werden die Einflüsse der Art der
Koordination im Hinblick auf Koordinationszahl und Polyederverzerrung betrachtet.
Tabelle 3.2 Daten zur Berechnung von Valenzsummen für Alkalimetall-SauerstoffKoordinationspolyeder. Aufgelistet sind die empirische Konstante ro für Gl. (3.5)
nach [3-8], die mittlere Valenzsumme Wmittel, die Standardabweichung aus der
Mittelwertbildung σ(Wmittel) sowie der durchschnittliche Fehler δ(Wmittel), jeweils
auch als relative Werte, und die Anzahl der berücksichtigten
Koordinationspolyeder. Zum Vergleich sind entsprechende Daten zu C-OPolyedern mit aufgelistet.
ro
Wmittel
σ(Wmittel)
δ(Wmittel)
σ(Wmittel)rel.
δ(Wmittel)rel.
Anzahl
Li-O
144,6 pm
1,032
0,165
0,107
0,160
0,104
315
Na-O
180,3 pm
1,082
0,179
0,126
0,165
0,116
1368
K-O
213,2 pm
1,080
0,214
0,159
0,198
0,147
1047
Rb-O
226,3 pm
1,086
0,240
0,175
0,221
0,161
234
Cs-O
241,7 pm
1,024
0,220
0,148
0,215
0,144
329
C-O
138,0 pm
4,022
0,182
0,097
0,045
0,024
309
24
Abb. 3.3
Histogramme zur Häufigkeit von Valenzsummen für Alkalimetall-Sauerstoff- und
C(IV)-O-Koordinationspolyeder
Li-O-Koordinationspolyeder
Häufigkeit (absolut)
Na-O-Koordinationspolyeder
Häufigkeit (absolut)
Valenzsumme
K-O-Koordinationspolyeder
Häufigkeit (absolut)
Valenzsumme
Rb-O-Koordinationspolyeder
Häufigkeit (absolut)
Valenzsumme
Valenzsumme
Cs-O-Koordinationspolyeder
CIV-O-Koordinationspolyeder
Häufigkeit (absolut)
Häufigkeit (absolut)
Valenzsumme
Valenzsumme
3.4.1 Einfluß der Koordinationszahl
Der Einfluß der Art der betrachteten Koordinationspolyeder auf die mit der BVM berechneten
Valenzsummen kann aus Zusammenhängen zwischen den erhaltenen Werten und der
Koordinationszahl abgeschätzt werden. Ganzzahlige Koordinationszahlen, die weiter entfernte
koordinierene Atome in einer Formulierung nach „CN X+Y“ (vgl. Abschnitt 3.2.2)
25
berücksichtigen, sind dazu nicht geeignet, weil eine Einteilung zwischen stark und schwach
koordinierenden Liganden nur willkürlich erfolgen kann. Daher wurde die zu
nichtganzzahligen CN führende Größe nECoN nach Hoppe [88] gewählt. Entsprechende
Auftragungen sind in Abb. 3.4-3.8 dargestellt. Anhand der erhaltenen Daten können
Mittelwerte der Valenzsummen in Abhängigkeit von nECoN berechnet werden, zugehörige
Ergebnisse sind in den Abbildungen sowie in Tabelle 3.5 aufgeführt.
Der Einfluß der jeweiligen Koordinationszahl nECoN auf den Wert der nach der BVM
berechneten Valenzsummen ist deutlich erkennbar. Für Mittelwerte der Valenzsummen, die
für kleine Intervalle von nECoN ermittelt werden (Tabelle 3.5), erhält man im Vergleich zu
Daten, die unabhängig von nECoN erhalten wurden, überwiegend niedrigere
Standardabweichungen; höhere Werte treten nur in Fällen auf, in denen die Datenmenge zur
Mittelwertbildung klein ist.
Daraus folgt, daß die Berechnung von Bindungsvalenzen für Alkalimetall-SauerstoffBindungen bei Berücksichtigung von nECoN zu besseren Übereinstimmungen mit der
formalen Wertigkeit führen muß. Dazu sind von der Koordinationszahl abhängige Parameter
roE = roE(nECoN) zu ermitteln, die anstelle von ro in Gl. (3.5) verwendet werden; für den
Parameter b wird unverändert der Wert 37 pm verwendet. Man erhält dann für eine von
n
ECoN abhängig ermittelte Valenzsumme WE den Ausdruck
E
W =
roE − ri 
E
E
s
mit
s
=
exp
.

i
∑i i
 b 
(3.14)
Die Bedeutung der Parameter entspricht der in Gl. (3.5), der Index E kennzeichnet dabei die
Berücksichtigung von nECON.
Die Parameter roE können aus den in Tabelle 3.4 aufgelisteten Mittelwerten von W berechnet
werden, die nach Gl. (3.5) für Bereiche von nECoN erhalten wurden. Dabei gilt der
Zusammenhang
roE ( n ECoN ) = roE = ro − b ⋅ ln(W ( n ECoN ))
mit
(3.15)
r_o, b: tabellierte empirische Konstanten zur Verwendung in Gl. (3.5),
W (nECoN): beobachtete mittlere Valenzsumme bei gegebener Koordinationszahl.
Zu den nach Gl. (3.15) erhaltenen Ergebnissen siehe Tabelle 3.3.
In Abb. 3.9 sind die so erhaltenen Werte für roE gegen nECoN aufgetragen. Danach kann roE
für alle Alkalimetalle über weite Bereiche von nECoN durch eine treppenartige, lineare oder
quadratische Funktion beschrieben werden.
26
Tabelle 3.3 Mittelwerte für Valenzsummen von Alkalimetall-Sauerstoff-Koordinationspolyedern in Abhängigkeit von nECoN [88] mit Standardabweichungen in
Klammern, zugehörige Werte für roE(in pm), berechnet nach Gl. (3.15).
Jeweilige Intervallbreiten wurden so gewählt, daß zur Mittelwertbildung eine
ausreichende Wertemenge zur Verfügung stand. Zum Vergleich sind Mittelwerte
angegeben, die ohne Berücksichtigung von nECoN mit Parametern aus [53]
berechnet wurden (kursiv gesetzte Daten, s. Tabelle 3.2).
ECoN Mittelwerta) Anzahl roE
n
Li-O-Koordinationspolyeder
2,75-3,25
3,25-3,75
3,75-4,25
4,25-4,75
4,75-5,25
5,25-5,75
5,75-6,25
1,03(11)
1,01(10)
1,07(11)
0,94(12)
0,94(10)
0,95(13)
0,93(17)
12
26
186
24
15
13
35
145,7
146,2
144,3
148,8
148,8
148,3
150,1
1,03(17)
315 144,6
Na-O-Koordinationspolyeder
3,7-3,9
3,9-4,1
4,1-4,3
4,3-4,5
4,5-4,7
4,7-4,9
4,9-5,1
5,1-5,3
5,3-5,5
5,5-5,7
5,7-5,9
5,9-6,1
6,1-6,3
6,3-6,5
6,5-6,7
6,7-6,9
6,9-7,1
7,9-8,1
1,00(20)
0,97(19)
1,02(19)
0,97(29)
1,09(14)
1,05(12)
1,04(13)
1,06(16)
1,11(16)
1,10(16)
1,12(9)
1,14(14)
1,10(12)
1,05(19)
1,11(15)
1,09(15)
1,22(19)
0,84(22)
20
83
25
19
27
54
88
68
76
101
219
310
50
33
32
26
28
21
180,6
181,3
179,7
181,3
177,2
178,6
178,8
178,2
176,6
176,6
176,0
175,3
176,8
178,5
176,3
177,0
172,9
186,9
1,08(18) 1368 180,3
n
ECoN Mittelwert Anzahl roE
K-O-Koordinationspolyeder
1,9-2,1
2,5-2,7
2,9-3,1
3,7-3,9
3,9-4,1
4,5-4,7
4,7-4,9
4,9-5,1
5,1-5,3
5,3-5,5
5,5-5,7
5,7-5,9
5,9-6,1
6,1-6,3
6,3-6,5
6,5-6,7
6,7-6,9
6,9-7,1
7,1-7,3
7,3-7,5
7,5-7,7
7,7-7,9
7,9-8,1
8,1-8,3
8,3-8,5
8,5-8,7
8,7-8,9
8,9-9,1
9,1-9,3
9,3-9,5
9,5-9,7
9,7-9,9
9,9-10,1
10,3-10,5
10,5-10,7
11,3-11,5
11,7-11,9
11,9-12,1
0,43(21)
0,58(13)
0,70(11)
0,81(8)
0,82(15)
1,00(14)
1,00(16)
0,99(17)
0,96(19)
1,01(15)
0,97(20)
1,05(20)
1,14(26)
1,08(17)
1,08(17)
1,06(17)
1,12(19)
1,13(18)
1,12(16)
1,13(15)
1,15(14)
1,16(18)
1,14(16)
1,16(20)
1,18(18)
1,14(15)
1,11(19)
1,07(16)
1,09(17)
1,03(16)
1,09(16)
1,08(21)
1,02(13)
0,95(24)
1,06(22)
0,78(11)
1,28(33)
1,13(38)
7
6
7
8
25
13
17
18
11
23
23
29
45
29
10
21
32
44
51
63
47
68
73
65
36
35
40
20
24
30
23
16
10
9
7
6
6
20
244,4
233,5
226,5
219,6
221,2
213,3
212,3
214,4
213,0
213,3
214,3
210,3
209,0
210,3
212,1
210,2
209,0
209,6
208,4
209,4
207,7
208,5
208,6
208,0
207,3
208,0
209,0
210,5
210,1
212,7
209,3
211,4
212,5
215,0
211,0
222,3
204,0
208,8
n
ECoN Mittelwert Anzahl roE
Rb-O-Koordinationspolyeder
4,5-5,5
5,5-6,5
6,5-7,5
7,5-8,5
8,5-9,5
9,5-10,5
0,86(25)
0,96(24)
1,09(15)
1,15(20)
1,14(19)
1,17(13)
1,09(24)
16
15
20
66
49
36
232,0
227,9
223,1
221,1
221,5
220,5
234 226,3
Cs-O-Koordinationspolyeder
5,5-6,5
6,5-7,5
7,5-8,5
8,5-9,5
9,5-10,5
10,5-11,5
11,5-12,5
0,95(30)
1,06(17)
1,00(12)
1,08(15)
1,05(14)
1,12(13)
1,10(18)
1,02(22)
1,08(21) 1047 213,2
a) Die angegebenen Standardabweichungen beziehen sich auf die jeweils letzten Dezimalstellen.
18
12
39
73
71
42
22
243,6
239,5
241,8
239,0
239,8
237,4
238,0
329 241,7
27
Abb. 3.4
Valenzsummen von Li-O-Koordinationspolyedern gegen nECoN. Oben:
Einzelwerte, unten: Mittelwerte für Bereiche von nECoN nach Daten aus Tabelle
3.3. Fehlerbalken repräsentieren die Standardabweichung der Einzelwerte bei der
Berechnung des Mittelwerts.
Valenzsumme
n
ECoN
Valenzsumme
n
ECoN
28
Abb. 3.5
Valenzsummen von Na-O-Koordinationspolyedern gegen nECoN. Oben:
Einzelwerte, unten: Mittelwerte für Bereiche von nECoN nach Daten aus Tabelle
3.3. Fehlerbalken repräsentieren die Standardabweichung der Einzelwerte bei der
Berechnung des Mittelwerts.
Valenzsumme
n
ECoN
Valenzsumme
n
ECoN
29
Abb. 3.6
Valenzsummen von K-O-Koordinationspolyedern gegen nECoN. Oben:
Einzelwerte, unten: Mittelwerte für Bereiche von nECoN nach Daten aus Tabelle
3.3. Fehlerbalken repräsentieren die Standardabweichung der Einzelwerte bei der
Berechnung des Mittelwerts.
Valenzsumme
n
ECoN
Valenzsumme
n
ECoN
30
Abb. 3.7
Valenzsummen von Rb-O-Koordinationspolyedern gegen nECoN. Oben:
Einzelwerte, unten: Mittelwerte für Bereiche von nECoN nach Daten aus Tabelle
3.3. Fehlerbalken repräsentieren die Standardabweichung der Einzelwerte bei der
Berechnung des Mittelwerts.
Valenzsumme
n
ECoN
Valenzsumme
n
ECoN
31
Abb. 3.8
Valenzsummen von Cs-O-Koordinationspolyedern gegen nECoN. Oben:
Einzelwerte, unten: Mittelwerte für Bereiche von nECoN nach Daten aus Tabelle
3.3. Fehlerbalken repräsentieren die Standardabweichung der Einzelwerte bei der
Berechnung des Mittelwerts.
Valenzsumme
n
ECoN
Valenzsumme
n
ECoN
32
Abb. 3.9
Auftragungen der nach Gl. (3.15) berechneten Werte für roE gegen nECoN
(Rauten). Eingezeichnete Linien entsprechen angepaßten Funktionen nach Tabelle
3.4.
a) Li-O-Koordinationspolyeder a)
roE(nECoN)
E n
b) Na-O-Koordinationspolyeder b)
ro ( ECoN)
n
n
ECoN
roE(nECoN)
c) K-O-Koordinationspolyeder
ECoN
d) Rb-O-Koordinationspolyeder
roE(nECoN)
n
ECoN
e) Cs-O-Koordinationspolyeder
roE(nECoN)
n
ECoN
a) gestrichelt: lineare Anpassung. b) gestrichelt: quadratische Anpassung.
n
ECoN
33
Für A = Li in A-O-Koordinationspolyedern wird eine nur geringe Variation von roE gefunden.
An die Daten kann eine Regressionsgerade angepaßt werden (gestrichelte Linie in Abb. 3.8a);
vergleichbare Übereinstimmung erhält man jedoch bei Verwendung von jeweils oberhalb und
unterhalb nECoN = 4,5 konstanter Werte. Mit A = Na kann roE im Bereich nECoN = 4 - 6
durch einen linearen Verlauf beschrieben werden. Vor und nach diesem Bereich treten
Abweichungen auf, die für niedrige nECoN auf einen quadratischen Zusammenhang
hindeuten. Eine entsprechende Anpassung ist in Abb. 3.8b gestrichelt eingezeichnet. Auffällig
sind deutliche Schwankungen für nECoN größer 6, die weder durch lineare noch quadratische
Anpassung erfaßt werden können. Für A = K, Rb und Cs findet man gute Übereinstimmung
von quadratischer Anpassung und beobachteten Mittelwerten für roE. Auch hier treten
Abweichungen bei hohen und niedrigen Werten von nECoN auf; in diesen Bereichen ist
jedoch die Anzahl der Datenpunkte gering, auf denen die Mittelwertbildung beruht (vgl.
Tabelle 3.4). Zu den Zahlenwerten der angepaßten Funktionen siehe Tabelle 3.4.
Tabelle 3.4 Ergebnisse für Anpassungen von roE (in pm) als Funktion von nECoN für A-OBindungen in Alkalimetall-Sauerstoff-Polyedern mit dem jeweiligen zur
Ermittlung verwendetem nECoN-Bereich.
A
Funktionstyp
Li
"
Na
"
K
Rb
Cs
Stufenfunktion
Gerade
Gerade
Parabel
Parabel
Parabel
Parabel
n
Funktion
roE =
roE =
roE =
roE =
roE =
roE =
roE =
145,4 für nECoN < 4,5 und 149,0
140,4 + 1,56 nECoN
190,9 - 2,56 nECoN
209,7 - 10,16 nECoN + 0,760
255,5 - 12,20 nECoN + 0,787
268,5 - 10,06 nECoN + 0,528
261,1 - 3,94 nECoN + 0,168
ECoN-Bereich
für nECoN > 4,5
(nECoN)2
(nECoN)2
(nECoN)2
(nECoN)2
3,0-7,0
3,0-7,0
3,9-6,1
2,9-6,1
2,9-10,1
3,5-10,5
4,5-13,5
3.4.2 Einfluß der Verzerrung des Koordinationspolyeders
Die Art einer Koordinationssphäre wird nicht nur durch die Anzahl von Bindungen zwischen
Zentralatom und Liganden sowie deren Länge bestimmt, sondern auch durch die Anordnung
der Liganden. Diese Anordnung, die für bestimmte Koordinationszahlen durch den in
Abschnitt 3.2.3 definierten Verzerrungsparameter ξ beschrieben werden kann, ist eine weitere
mögliche Ursache für die bei Anwendung der BVM beobachteten Abweichungen zwischen
Valenzsumme und formaler Ladung.
Zur Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Valenzsumme und Ligandenanordnung ist
es zweckmäßig, für jedes betrachtete Koordinationspolyeder individuelle Parameter roind. zu
34
berechnen, für die die BVM streng erfüllt ist. Dazu wird Gl. (3.5) unter Verwendung von W =
1 umgestellt:
ind.
ro
 
r 
= − bln exp∑ − i 
  i b 
(3.16)
Damit kann eine Auftragung von Valenzsumme gegen den unter 3.2.3 definierten
Verzerrungsparameter ξ erfolgen, wenn nECoN annähernd der Koordinationszahl regulärer
Koordinationspolyeder entspricht.
Abb. 3.10 zeigt solche Auftragungen der Valenzsummen für A-O-Koordinationspolyeder mit
A = Li, Na und K und nECoN = 4, 6 oder 8 (je +/- 0,1). Dabei wurde angenommen, daß in den
gewählten Bereichen Einflüsse möglicher zusätzlicher Bindungen vernachlässigbar sind und
Gl. (3.13) anwendbar ist. In allen Auftragungen kann eine Gerade an die Datenpunkte
angepaßt werden; die zugrundegelegte Geradengleichung wurde so gewählt, daß als
Achsenabschnitte mit ξ = 1 die Werte von unverzerrten Koordinationspolyedern erhalten
werden; zugehörige Daten s. Tabelle 3.5. Deutliche Korrelation wird für Li-O-Polyeder mit
n
ECoN = 3,9 - 4,1 und 5,9 - 6,1 und Na-O-Polyeder mit nECoN = 5,9 - 6,1 beobachtet. Für alle
weiteren Fälle erhält man schlechte Korrelationskoeffizienten; die
Steigung der
Regressionsgeraden ist von der gleichen Größenordnung wie der zugehörige bestimmte
Fehler.
Tabelle 3.5 Daten zu Regressionsgeraden aus Abb. 3.10 in der Form
roind.(ξ) = ro(.ξ=1) + mξ (1-ξ) in pm mit Fehlern von Steigung δ(mξ) und
Achsenabschnitt δ(ro(ξ=1)), Standardabweichung der beobachteten Werte σ(roind.)
sowie Korrelationskoeffizient aus der Regression.
n
ECoN
ro(ξ=1)
δ(ro(ξ=1))
m.ξ
δ(mξ)
σ(roind..)
Korrelation
Li
3,9-4,1
142,7
0,3
112
19
3,5
0,45
143
Li
5,9-6,1
146,7
3,0
544
91
6,6
0,76
27
Na
3,9-4,1
183,1
1,1
-41
29
7,0
0,16
83
Na
5,9-6,1
173,8
0,3
106
12
4,0
0,45
310
K
5,9-6,1
209,7
1,1
12
54
8,5
0,04
44
K
7,9-8,1
207,9
0,7
32
34
5,0
0,11
73
Datenpunkte
35
Abb. 3.10
roind.
Auftragungen von nach Gl. (3.16) berechneten Werten für roind. in pm gegen den
Verzerrungsparameter ξ für die jeweilige Koordinationszahl (Rauten).
Eingezeichnete Linien entsprechen angepaßten Geraden.
a) Li-O-Koordinationspolyeder, CN 4
roind.
ξ
roind.
c) Na-O-Koordinationspolyeder, CN 4
ξ
roind.
ξ
roind.
e) K-O-Koordinationspolyeder, CN 6
ξ
b) Li-O-Koordinationspolyeder, CN 6
d) Na-O-Koordinationspolyeder, CN 6
ξ
roind.
f) K-O-Koordinationspolyeder, CN 8
ξ
36
Kennt man für ein gegebenes Koordinationspolyeder den Verzerrungsparameter ξ, kann die
Valenzsumme Wξ mit einer modifizierten Form von Gl. (3.5) berechnet werden:
ξ
W =
roξ − ri 
ξ
ξ
s
mit
s
=
exp

.
i
∑i i
 b 
(3.17)
Der Parameter roξ wird aus den in Tabelle 3.5 aufgelisteten Werten für ro(ξ=1) und mξ nach Gl.
(3.18) ermittelt:
roξ = ro(.ξ=1) + mξ (ξ−1).
(3.18)
Der Index ξ in den Gleichungen (3.17) und (3.18) kennzeichnet, daß bei der Berechnung die
Verzerrung des Koordinationspolyeders berücksichtigt wird. Zur Bedeutung der weiteren
Parameter siehe Gl. (3.5).
3.5 Diskussion
Die durchgeführten Untersuchungen zeigen, daß bei der Berechnung von Bindungsvalenzen
für Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungen nach der bisherigen Definition der BVM von nECoN
abhängige, systematische Abweichungen auftreten. Die in Gl. (3.5) verwendeten Parameter
sind danach nicht unabhängig von der Koordinationszahl. Weiterhin können in einigen Fällen
Zusammenhänge zwischen Valenzsummen und Polyederverzerrungen aufgezeigt werden.
Sowohl der Einfluß der Koordinationszahl als auch die Polyederverzerrung lassen sich aber
durch modifizierte Gleichungen zur Berechnung der Bindungsvalenzen berücksichtigen; die
dazu notwendigen Daten werden im folgenden Abschnitt zusammengefaßt.
3.5.1 Berechnung von Bindungsvalenzen unter Berücksichtigung von
Koordinationszahl oder Polyederverzerrung
Zur Berücksichtigung der Koordinationszahl verwendet man Gl. (3.14) mit Parametern, die
von der effektiven Koordinationszahl nECoN abhängig sind:
roE − ri 
W = ∑ s mit si = exp
.
i
 b 
E
mit
WE:
si E :
ri :
b:
ro E :
E
i
E
(3.14)
unter Berücksichtigung von nECoN berechnete Valenzsumme,
unter Berücksichtigung von nECoN berechnete Bindungsvalenz,
Bindungslänge zwischen Zentralatom und dem i-ten koordinierenden Atom,
Konstante, für alle betrachteten Elementkombinationen gleich 37 pm,
aus empirisch ermitteltem Zusammenhang mit nECoN berechnete, von der
Elementkombination abhängige Größe.
37
Dabei gelten für A-O-Bindungen mit roE in pm die Zusammenhänge:
A = Li:roE = 145,4 für nECoN < 4,5 und 149,0 für nECoN > 4,5
A = Na:
roE = 190,9 - 2,56 nECoN
A = K:
roE = 255,5 - 12,20 nECoN + 0,787 (nECoN)2
A = Rb:
roE = 268,5 - 10,06 nECoN + 0,528 (nECoN)2
A = Cs:
roE = 261,1 - 3,94 nECoN + 0,168 (nECoN)2.
Für A-O-Koordinationspolyeder mit A=Li und CN 4 bzw. 6 sowie A=Na und CN 6 wird ein
Einfluß der Polyederverzerrung auf die Bindungsvalenz gefunden. Verwendet man als Maß
den in Abschnitt 3.2.3 definierten Verzerrungsparameter ξ, kann diese Verzerrung unter
Verwendung von Gl. (3.17) berücksichtigt werden:
roξ − ri 
W = ∑ si mit si = exp
.
i
 b 
ξ
ξ
ξ
(3.17)
roξ ist dabei abhängig von der Verzerrung. Zu seiner Berechnung (in pm) verwendet man die
Zusammenhänge:
Li-O-Bindungen, CN 4:
Li-O-Bindungen, CN 6:
Na-O-Bindungen, CN 6:
roξ = 142,7 + 112(ξ−1)
roξ = 146,7 + 544(ξ−1)
roξ = 173,8 + 106(ξ−1)
Wendet man diese Vorschriften auf die der Ermittlung der Parameter zugrundegelegten
Alkalimetall-Sauerstoff-Polyeder an, erhält man im Mittel Valenzsummen, die sehr gut mit
der formalen Ladung der Alkalimetallionen übereinstimmen, die Standardabweichungen der
Einzelwerte vom Mittel sind dabei geringer als nach Gl. (3.5). Zu den Ergebnissen siehe
Tabelle 3.6, die graphische Darstellung der Ergebnisse erfolgt in Abb. 3.11.
38
Abb. 3.11 Histogramme zur absoluten Häufigkeit von Valenzsummen für AlkalimetallSauerstoff-Koordinationspolyeder bei Berücksichtigung von effektiver
Koordinationszahl und Polyederverzerrung.
Li-O-Koordinationspolyeder
Na-O-Koordinationspolyeder
Häufigkeit
Häufigkeit
Valenzsumme
Valenzsumme
K-O-Koordinationspolyeder
Rb-O-Koordinationspolyeder
Häufigkeit
Häufigkeit
Valenzsumme
Cs-O-Koordinationspolyeder
Häufigkeit
Valenzsumme
Valenzsumme
39
Tabelle 3.6 Mittelwerte der unter Berücksichtigung von nECoN und Polyederverzerrung
berechneten Valenzsummen für A-O-Bindungen mit A = Alkalimetall.
Zugrundegelegt sind die Daten zu Tabelle 3.3. Standardabweichungen der
Einzelwerte aus der Mittelwertbildung sind in Klammern angegeben. Zum
Vergleich sind die über Anwendung der BVM nach Gl. (3.5) erhaltenen Werte
angegeben.
A
Wmittel
Li
Na
K
Rb
Cs
1,00(15)
0,98(15)
1,01(18)
1,00(18)
0,99(14)
Wmittel nach Gl.(3.5)
1,03(16)
1,09(17)
1,08(21)
1,08(23)
1,06(18)
Anzahl der Daten
315
1301
1012
232
291
3.5.2 Zur Interpretation der Ergebnisse für ro und b
Mit der BVM lassen sich für Koordinationspolyeder, in denen jeder Ligand gleich weit vom
Zentralatom entfernt ist, auftretende Bindungslängen berechnen. In diesem Fall entspricht die
BVM der Valenzsummenberechnung nach Pauling, es gilt der Zusammenhang zwischen
Gl. (3.1) und Gl. (3.5):
r − r 
si = W / CN = exp  o i 
 b 
mit
si :
W:
CN:
ro, b:
ri :
(3.19)
Bindungsvalenz,
Valenzsumme,
Koordinationszahl,
empirisch bestimmte Konstanten,
beobachtete Bindungslänge.
Logarithmieren, Setzen von W = 1 und umstellen ergibt den Ausdruck in Gl. (3.20):
ri = ro + b⋅ ln (CN )
(3.20)
Basierend auf dieser Gleichung lassen sich den verwendeten empirischen Parametern
anschauliche Bedeutungen zuweisen: Für CN = 1 sind ri und ro gleich; ro entspricht damit der
Länge einer Einfachbindung bzw. einem für überwiegend ionische Bindungen entsprechenden
Wert. Der Parameter b bestimmt, um welches Maß auftretende Bindungen bei zunehmender
40
Koordinationszahl verlängert werden. Abb. 3.12 zeigt den Verlauf für AlkalimetallSauerstoff-Bindungen.
Die zur Berechnung von Valenzsummen WE unter Berücksichtigung von nECoN verwendete
Gleichung (3.14) läßt sich analog umstellen. Für Koordinationssphären, in denen alle
Abstände der Liganden zum Zentralatom gleich sind, ist nECoN = CN. Man erhält dann:
ri = ro + b ⋅ ln(CN )
E
(3.21)
Wird der Parameter roE durch eine lineare oder quadratische Abhängigkeit von nECoN
beschrieben, läßt sich schreiben:
ri = ro, 0 + ro ,1 ⋅CN + b ⋅ ln(CN )
E
E
(3.22)
bzw.
2
E
ri = ro,E0 + ro,1
⋅CN + ro,E2 ⋅ (CN ) + b⋅ ln(CN )
(3.23)
Für die Parameter ro,iE werden zur Berechnung von ri die Werte aus Tabelle 3.4 eingesetzt.
Hier sind im Gegensatz zu Gl. (3.5) Längen hypothetischer „Einfachbindungen“ nicht direkt
ablesbar, ergeben sich aber mit CN = 1. Der Verlauf der berechneten Bindungslängen in
Abhängigkeit von CN wird durch den Parameter b sowie die Koeffizienten ro,1E und ro,2E
bestimmt, eine Auflistung der berechneten Bindungslängen findet sich in Tabelle 3.7. Bei
quadratischer Abhängigkeit erhält man im Vergleich zur unmodifizierten BVM eine
komplexere Kurve; zur graphischen Darstellung siehe Abb. 3.12. Mit kleinen und sehr großen
CN werden für K, Rb und Cs sowie für Na unter Verwendung einer quadratischen
Abhängigkeit längere, mit mittleren CN kürzere Bindungen berechnet.
Eine Erklärung für diesen Verlauf läßt sich finden, wenn die Abhängigkeit des Ausdrucks von
roE von der Koordinationszahl untersucht wird. Dazu differenziert man die in Tabelle 3.5
angegebenen Parabelgleichungen nach nECoN und untersucht Polyedereigenschaften am
erhaltenen Extremwert. Es zeigt sich, daß die für roE bei quadratischer Abhängigkeit von
n
ECoN erhaltenen Minima mit O-O-Abständen im Koordinationspolyeder korrelieren; die
entsprechenden Daten sind in Tabelle 3.8 aufgeführt. roE wird danach immer dann minimal,
wenn auftretende O-O-Abstände einen Wert von 330-340 pm erreichen. Sind die O-OAbstände größer, werden die Längen der Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungen offensichtlich
zum überwiegenden Teil durch Wechselwirkungen zwischen Alkalimetall- und SauerstoffAtomen bestimmt; unterhalb davon scheinen zusätzlich Abstoßungskräfte zwischen den
Sauerstoff-Atomen auftretende Bindungslängen zu beeinflussen.
Dadurch wird auch verständlich, daß ein Einfluß der Koordinationspolyederverzerrung auf die
Berechnung von Valenzsummen nur für Li-O-Bindungen mit CN 4 und 6 sowie für Na-OBindungen mit CN 6 gefunden wird: nur in diesen Fällen ist der Abstand zwischen den
41
Liganden (vgl. Tabelle 3.8) so klein, daß Ligand-Ligand-Wechselwirkungen die Abstände
zum Zentralatom maßgeblich beeinflussen können, und die Anzahl der Datenpunkte groß
genug, um Aussagen zur Korrelation machen zu können.
Abb. 3.12
A-O-Bindungslängen in Abhängigkeit von der Koordinationszahl, berechnet
über Gl. (3.14) (durchgezogene Kurve)a) bzw. Gl. (3.5) (Punkte). Kreuze
entsprechen Abständen, die aus Radien nach Shannon [89] berechnet wurden.
a) Der Berechnung der Na-O-Bindungslängen liegen sowohl der lineare (schwarze Kurve)
als auch der quadratische Zusammenhang (graue Kurve) zwischen nECoN und roE zugrunde.
42
Tabelle 3.7 Unter Berücksichtigung von nECoN berechnete Alkalimetall-SauerstoffAbstände in pm (a) im Vergleich zu Werten, die nach der BVM (b) erhalten
werden.
CN
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
Li
(a)
197,9
207,7
216,1
223,3
229,8
Na
(b)
197,9
206,1
212,9
218,6
223,5
(a)
232,0
237,7
241,8
245,0
247,4
249,2
250,5
251,5
252,1
K
(b)
231,6
239,8
246,6
252,3
257,2
261,6
265,5
269,0
272,2
(a)
270,6
273,7
276,9
280,7
285,2
290,7
297,4
305,2
314,4
Rb
(b)
264,5
272,7
279,5
285,2
290,1
294,5
298,4
301,9
305,1
Cs
(a)
(b)
(a)
(b)
293,4
296,0
298,8
302,0
305,9
310,5
315,8
321,8
328,8
292,6
298,3
303,2
307,6
311,5
315,0
318,2
321,2
323,9
310,3
314,3
317,8
321,0
324,2
327,3
330,5
333,7
337,0
308,0
313,7
318,6
323,0
326,9
330,4
333,6
336,6
339,3
Tabelle 3.8 Unter Berücksichtigung von nECoN berechnete Alkalimetall-SauerstoffBindungslängen und auftretende O-O-Abstände in pm für reguläre
Koordinationspolyeder, Vergleich mit Minimalwerten der empirischen
Parameter roE sowie zugehörigen Werten für nECoN und d(O-O).
CN
4
6
8
12
Li
d(Li-O) d(O-O)
198,0 323,3
216,1 305,6
229,8 265,4
251,1 264,0
Na
K
d(Na-O) d(O-O)
232,5 379,7
242,4 343,1
254,0 293,9
289,2 304,1
Rb
d(K-O) d(O-O)
270,6 441,9
276,9 391,6
285,2 329,3
314,4 330,6
Cs
d(Rb-O) d(O-O)
288,0 470,3
293,4 414,9
298,8 345,0
315,8 332,1
d(Cs-O) d(O-O)
299,8 489,6
310,3 438,8
317,8 367,0
330,5 347,5
n
ECoN-Wert für roE = min., O-O-Abstände:
roE(min.)
n
ECoN
d(O-O)
Na
K
Rb
Cs
175,7
6,7
326
208,2
7,8
335
220,6
9,5
340
238,0
11,7
349
3.5.3 Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungslängen bei niedrigen Koordinationszahlen
Bei Anwendung der BVM nach Gl. (3.5) auf Alkalimetall-Sauerstoff-Koordinationspolyeder
mit niedriger Koordinationszahl wurden bisher überwiegend zu niedrige Werte für die
43
Valenzsumme berechnet (vgl. Abb. 3.5 - 3.8). Berücksichtigt man in solchen Fällen die
Koordinationszahl über Gl. (3.14), werden Unterschiede zwischen berechneter Valenzsumme
und formaler Ladung des Alkalimetalls geringer. Tabelle 3.9 listet über Gln. (3.5) und (3.14)
berechnete theoretische Werte im Vergleich zu mittleren beobachteten AlkalimetallSauerstoff-Bindungen für CN 2 und 3 auf; der Mittelwertbildung zugrunde liegende Daten
einiger gut belegter ternärer Oxide finden sich in Tabelle 3.10. Die unter Berücksichtigung der
Koordinationszahl erhaltenen Werte stimmen dabei für K, Rb und Cs sehr gut mit den
beobachteten Werten überein. Für A = Na sind Abweichungen bei Verwendung eines
linearen Zusammenhangs zwischen nECoN und roE in Gl. (3.14) zwar geringer als bei der
Anwendung der BVM über Gl. (3.5), jedoch werden hier über die Annahme eines
quadratischen Zusammenhangs bessere Übereinstimmungen erhalten.
Tabelle 3.9
Beobachtete mittlere Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungslängen d(A-O)mittel in
pm, über Gl. (3.14) berechnete Werte d(A-O)calc(neu) mit relativer Abweichung
zum beobachteten Wert ∆ für niedrige Koordinationszahlen. Zum Vergleich
sind entsprechende, nach Gl. (3.5) ohne Berücksichtigung der
Koordinationszahl berechnete Werte d(A-O)calc(alt) angegeben.
A
CN
d(A-O)mittel
Na
2
227,3
Na
3
229,4
K
K
Rb
Cs
Cs
2
3
3
2
3
259,2
266,7
284,3
279,2
308,4
d(A-O)calc(neu)
211,5
218,1*)
223,8
226,7*)
259,9
266,6
283,7
279,6
294,1
∆
7,0%
4,0%*)
2,6%
1,3%*)
0,3%
0,04%
0,2%
0,2%
4,6%
*) berechnet über quadratischen Zusammenhang von roE und nECoN
d(A-O)calc(alt)
∆
206,0
9,4%
221,0
3,8%
238,9
254,9
267,0
267,4
281,8
7,8%
4,4%
6,1%
4,2%
8,6%
44
Tabelle 3.10 Beobachtete Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungslängen (pm, geschätzte
Standardabweichungen in Klammern) in ternären Oxiden mit niedrigen
Koordinationszahlen für Alkalimetallatome
Verbindung
A
d(A-O)
Mittelwert
Lit.
Na4(SnO3)
Na3(AuO2)
Na3(CoO2)
Na
Na
Na
228,3(15)
224,3(25)
228,7(2)
229,7(16)
224,3(25)
228,7(2)
229,0(22)
224,3(25)
228,7(2)
[a]
[b]
[c]
KNa7(PbO4)(PbO3)
Na4(FeO3)
Na4(CoO3)
Na4(CoO3)
Na3(TlO2)
Na3(TlO2)
KNa2(AuO2)
Na4(SnO3)
Na
Na
Na
Na
Na
Na
Na
Na
225,5(22)
220,0(9)
220,9(5)
221,8(7)
232,9(5)
228,2(12)
229,6(13)
224,8(16)
233,9(21)
227,5(10)
226,4(7)
226,8(4)
235,0(9)
234,8(5)
234,8(7)
227,5(16)
231,3(38)
225,3(19)
225,8(11)
226,0(12)
234,5(14)
232,6(14)
233,1(16)
226,7(30)
[d]
[e]
[f]
[f]
[g]
[g]
[h]
[a]
K3(CoO2)
K3(NiO3)
K3(FeO3)
K
K
K
266,3(4)
255,1(5)
254,9(4)
268,9(4)
255,1(5)
254,9(4)
267,6(6)
255,1(5)
254,9(4)
[c]
[i]
[i]
K4(PbO3)
K4(PbO3)
K6(Pb2O5)
K
K
K
258,0(5)
267,5(4)
258,3(10)
262,0(5)
273,9(6)
265,2(8)
268,6(5)
281,3(5)
265,2(8)
262,9(8)
274,2(9)
262,9(15)
[j]
[j]
[j]
Rb4(PbO3)
Rb4(PbO3)
Rb5(Co2O5)
Rb
Rb
Rb
281,7(15)
272,3(14)
282,6(11)
283,7(12)
278,9(14)
286,3(15)
305,2(14)
281,0(15)
287,3(12)
290,2(24)
277,4(25)
285,4(22)
[k]
[k]
[l]
CsK2(AuO2)
Cs
270,9(12)
287,6(13)
279,2(17)
[m]
Cs4(PbO3)
Cs4(PbO3)
Cs4(PbO3)
Cs4(PbO3)
Cs2(Sn2O3)
Cs
Cs
Cs
Cs
Cs
290,2(35)
290,0(37)
321,2(33)
289,6(33)
302,4(14)
303,4(35)
291,2(54)
339,2(38)
300,8(55)
302,4(14)
310,5(64)
293,4(75)
333,8(65)
299,9(73)
304,6(25)
[k]
[k]
[k]
[k]
[n]
Lit.: [a]
[b]
[c]
[d]
[e]
[f]
[g]
[h]
[i]
[j]
[k]
[l]
[m]
[n]
234,4(23)
228,5(14)
230,0(7)
229,3(9)
235,6(9)
234,8(5)
234,8(7)
227,9(21)
337,8(41)
299,0(36)
340,9(41)
309,3(35)
309,0(16)
B. Nowitzki und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 515 (1984) 114
G. Wagner und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 549 (1987) 26
W. Burow, J. Birx, F. Bernhardt und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 619 (1993) 923
H. Stoll und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 549 (1987) 103
H. Rieck und R. Hoppe, Naturwissensch. 61 (1974) 126
W. Burow und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 459 (1979) 59
G. Wagner und R. Hoppe, J. less common Met. 120 (1986) 225
G. Wagner und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 537 (1986) 115
F. Bernhardt und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 619 (1993) 969
R. Brandes und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 620 (1994) 1549
H. Stoll, B. Brazel und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 564 (1988) 45
F. Bernhardt und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 619 (1993) 540
G. Wagner und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 550 (1987) 41
R. M. Braun und R. Hoppe, Z. anorg. allg. Chem. 480 (1981) 81
45
3.5.4 Einfluß von Fehlern in Bindungslängen
Der Einfluß des Fehlers in den verwendeten Bindungslängen auf den Fehler der errechneten
Valenzsumme läßt sich unter der Annahme berechnen, daß Valenzsummen nach Gl. (3.5)
genau den Betrag der formalen Wertigkeit des betrachteten Zentralatoms ergeben, d. h. daß
die verwendeten Werte für ro und b tatsächlich Konstanten sind. Dazu verwendet man Gl.
(3.5) in der Form:
 ro − ri 

b 
n
W=
∑ exp
i =1
(3.5)
mit W: Valenzsumme, ri: Länge der i-ten Bindung im Koordinationspolyeder, n: Zahl der
Bindungen, ro und b: empirisch ermittelte Konstanten. Die Anwendung der
Fehlerfortpflanzung für mittlere Fehler nach Gauß [103] ergibt:
2
 ∂ W
2
∑  ∂ r  (σ (ri ))
i=1
i
n
σ (W) =
(3.24)
mit σ(W) Standardabweichung für die Valenzsumme, σ(ri) Standardabweichung der
Bindungslänge.
Für den Fall der regelmäßigen Koordination mit gleichen Bindungsabständen und
entsprechenden Fehlern kann aus Gl. (3.24) ein einfacher Zusammenhang zwischen dem
Fehler der Bindungslänge und dem Fehler der berechneten Valenzsumme abgeleitet werden.
Mit
r − r 
∂W
1
= − exp  o i  , ri = rj = r und σ(ri) = σ(rj) = σ(r)
∂ ri
b
 b 
(3.25)
sowie n = CN wird aus Gl. (3.24):
2
2
 1  CN 
2
r − r 
σ (W ) =  −
⋅ ∑  exp  o
 (σ (r )) .
 b  i=1 
 b 
(3.26)
In Gl. (3.26) kann die Summe durch ein Produkt ersetzt werden:
2
2

 1
 r − r 
2
σ (W ) =  −  ⋅ CN  exp  o
 (σ (r )) .
 b

 b 
(3.27)
46
Für den Fall regelmäßiger Koordination wird die nach der BVM berechnete Bindungsvalenz
äquivalent zur Definition nach Pauling (Gl.(3.1)). Dann läßt sich schreiben:
r − r  W
exp o
.
=
 b  CN
(3.28)
Einsetzen von Gl. (3.28) in Gl. (3.27) und Vereinfachen führt zu
σ (W ) =
W
b CN
⋅ σ (r) .
(3.29)
Anhand Gl. (3.29) kann der Einfluß des Fehlers in Bindungslängen für regelmäßige
Koordination diskutiert werden. Vergleichbare Ergebnisse sollten auch bei
Koordinationssphären erhalten werden, in denen unterschiedlich lange Bindungen auftreten.
Hier ist die Anwendung von Gl. (3.29) eine erste Näherung.
Danach ist der Fehler der Valenzsumme bei vergleichbaren Fehlern der Bindungslänge direkt
proportional zur formalen Wertigkeit des Zentralatoms und zum Fehler der Bindungslänge
und umgekehrt proportional zur Wurzel der Koordinationszahl - entsprechend ist für kleine
formale Wertigkeiten der Zentralatome und hohe Koordinationszahl mit den besten
Übereinstimmungen zwischen berechneter Valenzsumme und erwartetem Ergebnis zu
rechnen.
Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zur Beobachtung, nach der Elemente mit hoher formaler
Wertigkeit und kleiner Koordinationszahl am besten zur Behandlung mit der BVM geeignet
sind. Entsprechend können Meßungenauigkeiten in den zugrundeliegenden Daten nicht die
Ursache für die Abweichungen der BVM bei Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungen sein.
3.5.5 Zusammenhang zwischen Polyederverzerrung und mittlerem Bindungswinkel bei
Verbindungen mit einsamem Elektronenpaar
Bei der Analyse von überwiegend dreifach durch Schwefel koordiniertem SbIII mit der BVM
stellten Wang und Liebau fest, daß bei der Berechnung der SbIII-Valenzsummen nach Gl. (3.5)
deutliche Abweichungen vom erwarteten Wert der formalen Ladung auftreten [55]. Diese
Abweichungen sind durch Fehler bei der Bestimmung der Daten nicht erklärbar und zeigen
deutliche Korrelation mit dem mittleren S-SbIII-S-Winkel. Bessere Übereinstimmung
zwischen Valenzsumme und formaler Wertigkeit wird erhalten, wenn man zur Berechnung
der Valenzsumme Gl. (3.30) mit einem vom mittleren Winkel abhängigen Parameter
verwendet:
47
ro(α =90° ) + mα cos(α ) − ri 
r α − ri 
si = exp o
 = exp
 mit W = ∑ si
b
i
 b 


_
mit α :
ro(α=90°):
mα:
roα:
(3.30)
mittlerer Winkel (S-SbIII-S)
empirisch ermittelter Wert für α = 90°,
Einfluß des mittleren Winkels,
aus ro(α=90°) und mα berechneter Parameter;
alle weiteren Parameter entsprechen denen in Gl. (3.5). Zur Bestimmung der Parameter
ro(α=90°) und mα berechnet man für jedes beobachtete Koordinationspolyeder einen
individuellen Parameter
roind. nach Gl. (3.31) und trägt erhaltene Werte gegen den Cosinus des
_
mittleren Winkels α auf:
1

r 
roind. = − bln exp∑ − i 
W
 i b 
(3.31)
mit W = 3. Für die jeweilige Elementkombination gültige Parameter können dann durch
lineare Regression ermittelt werden. Eine entsprechende Darstellung, die auf Daten aus [3-12]
basiert, findet sich in Abb. 3.13 a.
Die hier verwendeten Gleichungen entsprechen formal den Gln. (3.14) und (3.17); somit sind
die Berücksichtigung von Polyederverzerrung und mittlerem Winkel vergleichbar. Darüber
hinaus kann auch gezeigt werden, daß der Verzerrungsparameter ξ eine Funktion des Cosinus
eines mittleren Winkels für CN 3 ist. Aus Bindungswinkel und SbIII-S-Bindungslängen lassen
sich S-S-Abstände über Gl. (3.32) berechnen:
d(Si − S j ) = 2d (Sb − S)⋅ sin(1 2α )
(3.32)
Damit erhält man für die Summe der reziproken S-S-Abstände d-1(S-S):
3
1
∑ d(S − S) =
i =1
3
1 
2d (Sb − S) ⋅sin α 
2 
(3.33)
S-S-Abstände in einer idealen trigonal-planaren Koordination von SbIII lassen sich nach Kap.
3.2.3 über mittlere SbIII-S-Bindungslängen berechnen. Für den zu Gl. (3.9) analogen
Verzerrungsparameter ξ erhält man dann:
48
3
1 
2d (Sb − S) ⋅sin α 
2 
ξ=
1
3⋅
d (Sb− S )
(3.34)
Vereinfachung von Gl. (3.34) unter Verwendung des Zusammenhangs in Gl. (3.35)
1 
sin α  =
2 
1− cos(α )
2
(3.35)
führt dann zum von SbIII-S-Bindungslängen unabhängigen Ausdruck:
ξ=
3
2 − 2cos(α )
(3.36)
Im Winkelbereich 90° < α < 120° kann Gl. (3.36) durch einen linearen Zusammenhang
angenähert werden. Dadurch entsprechen sich die Methoden der Valenzsummenberechnung
unter Berücksichtigung von Polyederverzerrung und mittlerem Bindungswinkel.
Analog zur Bestimmung von ro(α=90°) und mα können für SbIII-S-Bindungen vom
Verzerrungsparameter ξ abhängige Parameter ermittelt werden, wenn über Gl. (3.31)
ermittelte Werte roind. gegen ξ aufgetragen und ro(ξ=1) und mξ über lineare Regression bestimmt
werden. Eine entsprechende Auftragung ist in Abb. 3.13b dargestellt. Zum Ergebnis im
Vergleich zu Daten, die zur Berücksichtigung mittlerer Bindungswinkel nach Gl. (3.30)
verwendet werden, vgl. Tabelle 3.9. Die mittlere Abweichung der Einzelwerte für SbIII-SKoordinationspolyeder in Form der ermittelten Standardabweichung ist für beide Fälle gleich.
Damit entsprechen sich diese Methoden auch hinsichtlich der erreichten Genauigkeit.
Tabelle 3.9
Parameter zur Berechnung der Bindungsvalenz von SbIII-S-Bindungen unter
Berücksichtigung von mittlerem Bindungswinkel bzw. Polyederverzerrung
Berücksichtigte Größe:
Polyederverzerrung, Gl. (3.17)
mittlerer Bindungswinkel, Gl. (3.30)
mξ = 51,8(54) pm
mα = 28,2(28) pm
ro(ξ=1) = 233,9(10) pm
ro(α=90°) = 245,5(2) pm
Korrelationskoeffizient
0,75
0,77
Standardabweichung
1,3
1,3
Steigung
Achsenabschnitt
49
Abb. 3.13 Auftragungen von nach Gl. (3.31) berechneten Werten für roind._ gegen
a) Cosinusfunktionen der mittleren S-SbIII-S-Bindungswinkel α und b) den
Verzerrungsparameter ξ für die Koordinationszahl 3 (Rauten, Daten aus [55]) mit
eingezeichneter Regressionsgerade.
(a)
(b)
roind.
roind.
_
cos(α)
ξ
3.6 Möglichkeiten und Grenzen einer erweiterten Bond-Valence-Methode
Die in dieser Arbeit entwickelten Gleichungen für eine modifizierte Bond-Valence-Methode
berücksichtigen durch die Einbeziehung zusätzlicher Größen wesentliche Ursachen, die bei
Verwendung der bisherigen Bond-Valence-Methode nach Brown [53] für AlkalimetallSauerstoff-Koordinationspolyeder zu fehlerhaften Ergebnissen führen. Diese zusätzlichen
Größen beruhen auf Einflüssen, die auf Wechselwirkungen zwischen Sauerstoffatomen
zurückzuführen sind. Dadurch wird die Übereinstimmung zwischen berechneter
Valenzsumme und Betrag der formalen Ladung des Alkalimetallions gegenüber der bisherigen
Methode deutlich verbessert, Abweichungen sind nicht mehr systematisch abhängig von der
Koordinationszahl. Weiterhin erlauben die modifizierten Beziehungen eine genauere
Voraussage von Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungslängen auch für ungewöhnlich niedrige
50
Koordinationszahlen. Dadurch kann die Bond-Valence-Methode in modifizierter Form als ein
Werkzeug verwendet werden, mit dem Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungslängen diskutiert
werden können.
Grenzen dieser Methode ergeben sich vor allem aus der zugrundeliegenden Konzeption, die
allein isolierte Koordinationspolyeder betrachtet; Fernwechselwirkungen, die auftretende
Atomabstände insbesondere bei überwiegend ionischen Bindungsarten beeinflussen können,
bleiben unberücksichtigt. Ebenso wird vernachlässigt, an welchen weiteren Baugruppen die
koordinierten Sauerstoffatome beteiligt sind. Mit zunehmender Elektronenzahl sinkt die
polarisierende Wirkung von Alkalimetallionen auf umgebende Atome und Atomgruppen,
gleichzeitig steigt die Polarisierbarkeit des Alkalimetallions. Daraus kann folgen, daß bei den
schweren Alkalimetallen Rb und Cs die polarisierende Wirkung von Liganden zu
Schwankungen der Atomabstände führt. Diese Schwankungen werden auch durch eine
erweiterte Bond-Valence-Methode nicht erfaßt.
Diese Grenzen müssen bei der Diskussion der erhaltenen Valenzsummen für AlkalimetallSauerstoff-Koordinationspolyeder berücksichtigt werden. Erhält man als Ergebnis der
Valenzsummenberechnung Werte, die um mehr als 10 % vom erwarteten Wert abweichen,
kann dieses Ergebnis auf fehlerhafte Strukturparameter hindeuten. Dann sollten die der
Berechnung zugrundeliegenden Daten gründlich überprüft werden. Jedoch kann nicht
ausgeschlossen werden, daß solche Abweichungen auch bei korrekt bestimmten
Bindungsabständen auftreten und durch unberücksichtigte Effekte verursacht sind. Welche
Effekte im konkret behandelten Einzelfall zu Abweichungen führen, kann erst nach
Sammlung von Erfahrungswerten an einer größeren Anzahl von Strukturdaten abgeschätzt
werden. Auf der Basis solcher Erfahrungswerte kann eine weitergehende Modifizierung der
Bond-Valence-Methode erstellt werden. Bis dahin bleibt das Auftreten von Abweichungen
unverstanden; unerwartet hohe oder niedriege Werte für die errechnete Valenzsumme können
entsprechend ausschließlich als Resultat von ungewöhnlich niedrigen oder hohen Werten für
Atomabstände interpretiert werden.
51
4 Bindungslängen und -winkel in Carbonat- und
Hydrogencarbonat-Ionen
4.1 Bindungslängen
Im Idealfall treten in CO32--Anionen drei gleich lange C-O-Abstände sowie O-C-O-Winkel
von 120° auf. Solche idealen Bindungsverhältnisse werden jedoch nicht in allen CarbonatStrukturen realisiert. Unterschiedliche C-O-Bindungslängen und O-C-O-Winkel, die zu einer
Lagesymmetrieerniedrigung des Carbonat-Ions führen, sind in vielen Kristallstrukturuntersuchungen gut belegt. Die Werte für einzelne Bindungslängen schwanken in der Regel
zwischen 125 und 131 pm [104]. Berechnet man für jedes CO32--Ion den Mittelwert der C-OBindungslängen, erhält man dennoch einen für alle strukturell untersuchten CarbonatVerbindungen annähernd konstanten Wert. Dieser Mittelwert wurde 1981 von Zemann [104]
zu 128,4(4) pm bestimmt; der Bestimmung lagen C-O-Abstände aus 34 CO32--Ionen
zugrunde, für deren Standardabweichungen weniger als 0,5 pm angegeben wurden.
Der Mittelwert der C-O-Bindungen in bereits untersuchten Carbonat- und
Hydrogencarbonationen erschien als geeigneter Standard zur Diskussion entsprechender
Bindungslängen in neuen Strukturen. Eine Neubestimmung dieses Wertes auf der Basis aller
heute bekannten entsprechenden Strukturen war daher wünschenswert.
Als Grundlage dienten alle in der ICSD [85] gespeicherten Strukturdaten. Analog zu [104]
wurden nur Carbonat-Gruppen einbezogen, deren Standardabweichungen in den
Bindungslängen Werte kleiner 0,5 pm aufwiesen. Hydrogencarbonat-Ionen wurden gesondert
behandelt; um hier Aussagen zu Bindungslängen treffen zu können, wurden auch Werte mit
größeren Fehlern einbezogen. Ausgeschlossen wurden Strukturen, in denen nach [51] Zweifel
an der Korrektheit der Daten bestehen; zu weiteren Einschränkungen vgl. Abschnitt 3.4. Nach
diesen Kriterien konnten 90 CO32--Anionen und 13 CO3-Gruppen aus Hydrogencarbonaten
zur Mittelwertbildung verwendet werden. Eine Auftragung der Häufigkeiten einzelner sowie
mittlerer Bindungslängen findet sich in Abb. 4.1.
Als Mittel der Mittelwerte wurden in guter Übereinstimmung mit [104] für Carbonat-Anionen
128,46(3) pm, für CO3-Gruppen aus Hydrogencarbonaten 128,56(8) pm erhalten. Die
Standardabweichung einzelner Mittelwerte von diesen Werten beträgt jeweils 0,3 pm.
52
Abb. 4.1
Häufigkeiten von C-O-Bindungslängen in CO3-Gruppen: a) einzelne Werte, b) für
jede CO3-Gruppe gemittelte Werte. Der jeweilige Anteil von Werten aus
Hydrogencarbonaten ist schwarz markiert.
(a)
Häufigkeit
d(C-O) [pm]
(b)
Häufigkeit
d(C-O) [pm]
53
4.2 Bindungswinkel
Sind C-O-Bindungslängen in CO3-Gruppen unterschiedlich lang, tritt gleichzeitig eine
Abweichung der eingeschlossenen Bindungswinkel vom Idealwert 120° auf. Die Winkel
summieren sich dennoch zu 360° auf. Abweichungen des C-Atoms aus der durch die OAtome festgelegten Ebene sind nur in seltenen Fällen größer als 2 pm (vgl. dazu []).
Zusammenhänge zwischen auftretenden Bindungslängen und -winkeln sind bisher nicht
untersucht worden.
Eine genaue Analyse solcher Zusammenhänge erfordert sicherlich die Berücksichtigung der
näheren Umgebung von jeweils betrachteten CO3-Gruppen. Aufgrund der Komplexität eines
derartigen Ansatzes erscheint es jedoch fraglich, ob so mit vertretbarem Aufwand
allgemeingültige Regeln aufgestellt werden können. Aussichtsreicher erscheint es, empirische
Regeln unter Zugrundelegung eines stark vereinfachten Modells aufzustellen.
Für das zu verwendende Modell wird angenommen, daß die Umgebung von CO3-Gruppen
ausschließlich Bindungslängen beeinflußt; als Maß für die Beeinflussung kann die
Bindungsvalenz verwendet werden. Die mittlere C-O-Bindungslänge bleibt konstant.
Abweichungen der Bindungswinkel stehen dann nur im Zusammenhang mit den Längen der
einzelnen C-O-Bindungen.
Dieser Zusammenhang kann in Anlehnung an die VSEPR-Regeln [99] qualitativ vorhergesagt
werden. Wird eine der drei C-O-Bindungen durch äußere Einflüsse verkürzt, müssen zum
Erhalt der konstanten mittleren Bindungslänge die übrigen länger werden. Ein Verlängern
einer Bindung bedeutet gleichzeitig eine Verringerung der Zahl der an der Bindung beteiligten
Elektronen und umgekehrt. Nimmt man an, daß die Bindungswinkel durch Abstoßungskräfte
zwischen den Bindungselektronen bestimmt werden, erwartet man daher eine Abnahme der
Abstoßungskräfte zwischen den verlängerten Bindungen. Dann resultiert aus der Verkürzung
einer C-O-Bindung die Verringerung des dieser Bindung gegenüberliegenden O-C-OWinkels.
Mit diesem Modell werden die beobachteten Bindungsverhältnisse in Carbonat- und
Hydrogencarbonat-Gruppen gut beschrieben. Entsprechende Auftragungen sind in Abb. 4.2
und 4.3 dargestellt, die dargestellten Werte wurden aus Daten berechnet, die in der ICSD
gespeichert sind und den in Abschnitt 4.1 aufgeführten Kriterien genügen. Dabei zeigt sich,
daß der Zusammenhang zwischen C-O-Bindungslängen und jeweils gegenüberliegenden
Bindungen für Carbonat-Ionen und CO3-Gruppen aus Hydrogencarbonaten in erster Näherung
durch eine lineare Funktion dargestellt werden kann. Zweckmäßig ist es, für CO32--Anionen
und CO3-Gruppen aus Hydrogencarbonaten unterschiedliche Anpassungen zu verwenden.
54
Über lineare Regression erhält man die Zusammenhänge
∠(Oi-C-Oj) = m d(C-Ok) - b
mit
i, j, k:
∠(Oi-C-Oj):
d(C-Ok):
m, b:
(4.1)
Bezeichner der O-Atome mit i ≠ j ≠ k,
Bindungswinkel,
Bindungslänge,
Steigung und Achsenabschnitt.
Zu Werten und Standardabweichungen von m und b vgl. Tabelle 4.1.
Abb. 4.2
Auftragungen von Bindungslängen d(C-Ok) gegen Werte der jeweils
gegenüberliegenden Winkel ∠(Oi-C-Oj) für CO32--Anionen mit eingezeichneter
angepaßter Gerade.
∠(Oi-C-Oj)
d(C-Ok)
55
Auftragungen von Bindungslängen d(C-Ok) gegen Werte der jeweils
gegenüberliegenden Winkel ∠(Oi-C-Oj) für CO3-Gruppen in Hydrogencarbonaten
mit eingezeichneter angepaßter Gerade.
Abb. 4.3
∠(Oi-C-Oj)
d(C-Ok)
Ergebnisse der Geradenanpassung nach Gl. 4.1: Werte für m und b mit
Standardfehlern in Klammern, Standardabweichungen,
Korrelationskoeffizienten und Anzahl der Datenpunkte für a) CO32--Anionen
und b) CO3-Gruppen in Hydrogencarbonaten.
Tabelle 4.1
m
a)
b)
1,34(5)
0,98(6)
b
Standardabweichung
52(7)
6(8)
0,99
1,28
Korrelation
0,84
0,92
Datenpunkte
270
39
56
4.3 Zusammenhang zwischen Bindungsvalenz und mittlerer
Bindungslänge
Die Anwendung der BVM nach Gl. (3.5) auf CIV-O-Bindungen in Carbonat- und
Hydrogencarbonat-Anionen liefert sehr gute Übereinstimmungen zwischen Valenzsumme und
formaler Ladung (vgl. Tabelle 3.2). Dazu korrespondiert die in Abschnitt 4.1 beschriebene
Beobachtung, daß in diesen Anionen zwar deutliche Unterschiede zwischen einzelnen C-OBindungen auftreten können, die jeweiligen mittleren C-O-Bindungslängen aber nur wenig
variieren. Es läßt sich zeigen, daß nach Gl. (3.5) berechnete Valenzsummen in diesem Fall
ebenfalls nur wenig variieren können - woraus die gute Übereinstimmung von berechneter
Valenzsumme und formaler Ladung des Zentralatoms resultiert.
Durch Ausklammern konstanter Terme sowie Ersetzen der Bindungslängen ri durch die
Summe von Mittelwert und Abweichung vom Mittel rm + ∆ri erhält man aus Gl. (3.5) nach
einer Reihenentwicklung:
∆r ∆r 2
r − r 
 ∆r 
r − r 
W = exp  0 m  ∑ exp − i  = exp 0 m  ∑ {1 − i + i 2 − ...}
b 2!b
 b  i
 b 
 b  i
mit
W:
r0, b:
rm:
∆ri:
(4.2)
Valenzsumme ( ^= Betrag der formalen Ladung des Zentralatoms),
empirisch bestimmte Konstanten,
Mittelwert der betrachteten Bindungslängen,
Abweichung der betrachteten Bindungslänge vom Mittelwert.
Weil die Summe der Abweichungen vom Mittelwert der Bindungslängen verschwinden muß
und höhere Glieder der Reihe vernachlässigbar werden, vereinfacht sich Gl. (4.2) zu
r − r 
W = i exp 0 m  mit i = Koordinationszahl.
 b 
(4.3)
Gl. (4.3) ist nur noch von der mittleren Bindungslänge, nicht von individuellen
Bindungslängen abhängig. Der durch Reihenabbruch entstehende Fehler kann durch
Betrachtung der höheren Glieder abgeschätzt werden; er ist für C-O-Bindungen in der
gleichen Größenordnung wie die Abweichung der berechneten Valenzsummen von der
formalen Ladung über Gl. (3.5).
Man kann annehmen, daß in allen anderen Fällen, in denen man ausschließlich eine
Koordinationszahl beobachtet und die mittlere Bindungslänge annähernd konstant ist, über Gl.
(3.5) ebenfalls gute Übereinstimmung erzielt wird. Entsprechend ist die Berücksichtigung von
Koordinationspolyederverzerrungen in solchen Fällen unnötig.
Will man die Plausibilität von C-O-Bindungslängen überprüfen, kann die BVM verwendet
werden. Ein Vergleich von erhaltenen Mittelwerten der C-O-Bindungen erfüllt jedoch den
gleichen Zweck und ist aufgrund der einfacheren Anwendung der BVM vorzuziehen.
57
5 Darstellung von Alkalimetallcarbonaten und
-hydrogencarbonaten über alkalische Hydrolyse von
Dialkylcarbonaten
Zur Darstellung von Alkalimetallcarbonaten und -hydrogencarbonaten für
Einkristallstrukturanalyse wurde bisher eine der folgenden Möglichkeiten verwendet:
die
• Umkristallisieren von industriell hergestellten Verbindungen aus wäßriger Lösung [26],
• Reaktion von CO2 mit der Lösung eines basischen Alkalimetallsalzes [23],
• Kristallisation von Alkalimetallhydrogencarbonaten mit oligomeren HydrogencarbonatIonen aus wäßrigen Lösungen von Alkalimetallcarbonat und -hydrogencarbonat [105],
• Kristallzucht aus Alkalimetallcarbonat-Schmelzen [46].
Nachteile dieser Methoden sind die insbesondere bei den schweren Alkalimetallverbindungen
vorhandene Neigung zu übersättigten Lösungen und die häufige Bildung verzwillingter
Kristalle [22,26,46]. Bei Umsetzungen mit gasförmigem CO2 ist die Bestimmung der
eingesetzten Gasmenge schwierig, so daß sich diese Methode nur für die Darstellung von
Alkalimetallhydrogencarbonaten AHCO3 eignet. Zur Darstellung von Alkalimetallhydrogencarbonaten mit oligomeren Hydrogencarbonat-Ionen muß der Stabilitätsbereich des
angestrebten Produkts genau bekannt sein, um gezielt röntgenreine und gut kristallisierte
Substanz zu erhalten; eine dazu notwendige Analyse der Phasendiagramme
A2CO3/AHCO3/H2O ist bisher nur für A = Na und K [105-107] durchgeführt worden.
Ein in der Arbeitsgruppe von Adam [48] entwickeltes Verfahren zur Darstellung von
Alkalimetallcarbonaten und -hydrogencarbonaten beruht auf der alkalischen Hydrolyse von
Dialkylestern der Kohlensäure, den Dialkylcarbonaten R2CO3 (R = Alkylrest), mit
Alkalimetallhydroxiden in wäßrig-alkoholischer Lösung. Der Reaktionsverlauf ist dabei sehr
komplex: zunächst werden durch Esterverseifung Monoalkylcarbonat-Ionen gebildet, die bei
Anwesenheit von Wasser in Abhängigkeit vom pH-Wert der Lösung über unterschiedliche
Reaktionswege zerfallen [108-110] (vgl. Abb. 5.1).
Mit diesem Verfahren werden Schwierigkeiten, die bei der Darstellung in wäßriger Lösung
auftreten, umgangen. In alkoholischer Lösung sind die Löslichkeiten der angestrebten
Produkte geringer [21], die Bildung von stark übersättigten Lösungen wird vermindert. Durch
Verwendung der flüssigen Dialkylcarbonate als CO2-Quelle kann der Endpunkt der Reaktion
mit Alkalimetallhydroxiden über die eingesetzte Menge von R2CO3 bestimmt werden.
58
Abb. 5.1
Gleichgewichtsreaktionen bei der Umsetzung von Dialkylcarbonaten mit
Alkalimetallhydroxid
R2CO3
+ OH-
- OH-
RCO3+ ROH
+ H2O
- H2O
RO- + CO2
+ ROH
HCO3+ 2 ROH
+ H2O
- H2O
CO2 + OH+ 2 ROH
+ OH-, - H2O
- OH-, + H2O
CO32+ 2 ROH
R = Alklyrest
Dialkylcarbonate lassen sich ebenfalls für Reaktionen in wäßrigen Lösungen verwenden.
Dazu überschichtet man Lösungen basischer Alkalimetallsalze mit Dialkylcarbonat. An der
Phasengrenze zwischen den nicht mischbaren Flüssigkeiten tritt dann langsame Hydrolyse des
Diesters ein, die zur Bildung von Carbonat- bzw. Hydrogencarbonat-Ionen führt. Auf diesem
Weg können Alkalimetallcarbonate und -hydrogencarbonate, die in Alkoholen schlecht löslich
sind, in Form von gut ausgebildeten Kristallen dargestellt werden. Diese Methode eignet sich
bei Verwendung von D2O anstelle von Wasser auch zur Darstellung deuterierter Proben.
5.1 Natriumhydrogencarbonat und Natriumdeuteriumcarbonat
An Natriumhydrogencarbonat NaHCO3 wurden bereits früher auf Filmmethoden beruhende
Einkristallstrukturanalysen durchgeführt [26-28]. In seiner Struktur sind HydrogencarbonatIonen über Wasserstoffbrückenbindungen zu Ketten der Form 1∞[HCO3]- verknüpft.
„Zerschneidet“ man diese Ketten, indem man formal jedes n-te H durch ein Natriumatom
ersetzt, erhält man oligomere Hydrogencarbonat-Ionen, wie sie in Na3[H(CO3)2] * 2 H2O
(„Trona“, n = 2) [13,36-40] und Na5[H3(CO3)4] („Wegscheiderit“, n = 4) [14] auftreten.
Dadurch kann NaHCO3 als Endglied für eine Reihe von Alkalimetallhydrogencarbonaten
aufgefaßt werden.
59
Die in früheren Arbeiten bestimmten Lageparameter für NaHCO3 sind apparativ bedingt nur
ungenau (z. B. R1 = 0,091 für 383 Daten und 46 Parameter, σ(d(C-O)) > 0,8 pm [28]). Eine
Neubestimmung der Kristallstruktur dieser Verbindung war wünschenswert, um zu
Vergleichen mit anderen Hydrogencarbonaten auf genauere Daten zurückgreifen zu können.
Zur Klärung der Bindungsverhältnisse in den auftretenden Wasserstoffbrückenbindungen
waren Neutronenbeugungsexperimente an NaDCO3 notwendig.
5.1.1 Darstellung
Kristalle von NaHCO3 lassen sich durch Umkristallisieren der Verbindung in Wasser
darstellen, wobei jedoch häufig Zwillingsbildung auftritt [26]. Um unverzwillingte Kristalle
zu erhalten, wurde als Darstellungsmethode die alkalische Dialkylcarbonatspaltung mit
wäßriger Na2CO3-Lösung gewählt. Eine Lösung von 9,8 g (185 mmol) getrocknetem Na2CO3
in 50 g H2O wurde mit 20 ml (222 mmol) Dimethylcarbonat (CH3)2CO3 überschichtet.
Innerhalb von drei Tagen bildeten sich Kristalle von NaHCO3. Die Darstellung von NaDCO3
erfolgte bei sonst gleichen Bedingungen in D2O unter trockener N2-Atmosphäre.
Verwendet man eine gesättigte wäßrige Lösung von Na2CO3, entsteht statt NaHCO3 die
Verbindung Na3[H(CO3)2] * 2 H2O, die in gut ausgebildeten Kristallnadeln mit bis zu 10 mm
Länge anfällt. Die Ursache dafür wird klar, wenn man die Löslichkeitsverhältnisse im System
Na2CO3 / NaHCO3 / H2O betrachtet (Abb. 5.2). Bei Vernachlässigung der bei der Umsetzung
mit Dimethylcarbonat verbrauchten Menge an H2O kann die Na+-Konzentration in der
wäßrigen Phase als konstant betrachtet werden. Dagegen steigt der Anteil der
Hydrogencarbonat-Ionen in der Lösung; in Abb. 5.2 entspricht das einer parallel zum
Molenbruch x[(HCO3)22-] verlaufenden Verschiebung der Zusammensetzung. Die maximale
Konzentration an Na+ steigt dabei zunächst an; ein Niederschlag wird nicht gebildet. Oberhalb
x = 0,05 sinkt die maximale Na+-Konzentration wieder ab und erreicht erst dann wieder den
Wert einer gesättigten Na2CO3-Lösung, wenn als stabiler Bodenkörper nur Na3[H(CO3)2] * 2
H2O existieren kann.
Soll als Produkt NaHCO3 entstehen, darf die Na+-Konzentration den Wert 0,37 mol / 100 g
H2O nicht überschreiten. So wird die Löslichkeit des Produkts bei steigendem Anteil an
HCO3- erst dann überschritten, wenn das Beständigkeitsgebiet von NaHCO3 als Bodenkörper
erreicht wird. Bei den in dieser Arbeit angewendeten Darstellungsbedingungen ist das der
Fall.
60
Abb. 5.2
Löslichkeitsverhältnisse im System Na2CO3 / NaHCO3 / H2O bei 25 °C nach
Daten aus [111] mit eingezeichneten Beständigkeitsgebieten der Bodenkörper
Na2CO3 * 10 H2O, Na3[H(CO3)2] * 2 H2O und NaHCO3. Aufgetragen ist die
Konzentration von Na+ in gesättigter Lösung (in mol / 100 g H2O) gegen den
Molenbruch x[(HCO3)22-] = (n[(HCO3)22-]/(n[(HCO3)22-]+n[CO32-]).
c[Na+]
0,6
0,5
0,4
Na 3[H(CO3 )2] * 2 H 2O
0,3
NaHCO 3
0,2
0,1
Na2 CO3 * 10 H2 O
0
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1
x[(HCO3)22-]
5.1.2 Röntgenstrukturanalyse
Für die Röntgenstrukturanalyse geeignete Kristalle von NaHCO3 und NaDCO3 mit
vergleichbarer Größe wurden von Mutterlauge befreit und unter Luft- und
Feuchtigkeitsausschluß in Glaskapillaren geklebt. Die Bestimmung der Gitterkonstanten
erfolgte bei 298 K auf einem Vierkreisdiffraktometer anhand von jeweils 25
Beugungswinkeln, die so gewählt wurden, daß in beiden Fällen der gleiche Satz an
Reflexindizes verwendet wurde. Die ermittelte Zellmetrik von NaHCO3 entspricht im
Rahmen der Fehlergenauigkeit den Angaben aus [28]. Die Gitterkonstanten von NaDCO3 sind
vergleichbar; signifikante Unterschiede finden sich aber bei den Werten für die c-Achse und
den monoklinen Winkel. Eine nach Abschluß der Datensammlungen durchgeführte Analyse
der Auslöschungsbedingungen ergab für NaHCO3 in Übereinstimmung mit früheren
Untersuchungen [26] sowie für NaDCO3 die Raumgruppe P21/c. Die Strukturlösung gelang in
beiden Fällen über Patterson-Methoden, durch die die Lagen aller Na-, C- und O-Atome
bestimmt werden konnten. Nach Verfeinerung mit der Methode der kleinsten Fehlerquadrate
unter Berücksichtigung von anisotropen Temperaturfaktoren konnten durch eine
Differenzfouriersynthese Restelektronendichten lokalisiert werden, die auf H-Atome
61
zurückzuführen waren. Deren Lagen wurden mit isotropen Temperaturfaktoren in eine
abschließende Verfeinerung einbezogen. Weitere Angaben zur Kristallstrukturbestimmung
finden sich in Tabelle 5.1, zu erhaltenen Lageparametern siehe Tabelle 5.2.
Tabelle 5.1
Kristalldaten und Angaben zur Strukturverfeinerung für NaHCO3 und
NaDCO3.
Kristallsystem
Raumgruppe
a [pm]
b [pm]
c [pm]
β [°]
Zellvolumen [106 pm3]
Z
µ (MoKα) [mm-1]
F(000)
Θ-Bereich zur Datensammlung [°]
Indexbereich
Anzahl der gemessenen Reflexe
Unabhängige Reflexe
Daten / Parameter
Goodness-of-Fit mit F2
R-Werte [I>2σ (I)]
R-Werte (alle Daten)
Größte/kleinste
Restelektronendichte [e/106 pm3]
5.1.3
NaHCO3
NaDCO3
monoklin
P21/c (Nr. 14)
347,54(5)
967,17(6)
804,37(13)
112,133(6)
250,45(6)
4
0,360
168
3,0 - 27,5
-6 ≤ h ≤ 6
-17 ≤ k ≤ 17
-14 ≤ l ≤ 14
2240
580 (Rint = 0,0302)
580 / 50
1,050
R1 = 0,0222
wR2 = 0,0497
R1 = 0,0405
wR2 = 0,0550
monoklin
P21/c (Nr. 14)
347,44(10)
966,88(13)
806,4(2)
112,040(10)
251,11(11)
4
0,359
168
3,0 - 27,5
-5 ≤ h ≤ 5
-15 ≤ k ≤ 15
-12 ≤ l ≤ 12
2240
580 (Rint = 0,0312)
580 / 50
1,077
R1 = 0,0279
wR2 = 0,0555
R1 = 0,0479
wR2 = 0,0605
0,163 / -0,222
0,215 / -0,246
Diskussion der Kristallstruktur
Abbildungen 5.3 und 5.4 zeigen Projektionen der Struktur von NaHCO3, NaDCO3 ist _dazu
isotyp. Die Kristallstruktur wird durch Stapel von 1∞[HCO3]--Ketten aufgebaut, die in [201]Richtung verlaufen. Na+ bildet Schichten parallel zur ac-Ebene mit y ≈ 0 und 1/2, die die
Kettenstapel miteinander verknüpfen. Dabei sind diese Na+-Schichten in Form eines verzerrt
hexagonal primitiven Gitters angeordnet. Die Hydrogencarbonat-Ketten sind so orientiert, daß
die C-Atome innerhalb des Na+-Gitters die Position des Arsens im NiAs-Typ einnehmen
(Abb. 5.4).
Na+ wird nach einer Analyse seines Wirkungsbereichs durch acht Sauerstoffatome der
Hydrogencarbonat-Kette koordiniert (Tabelle 5.3). Dabei treten sechs kurze Abstände im
Bereich von 236,8(1)-246,7(1) pm auf, die zugehörigen O-Atome bilden ein verzerrtes
62
Oktaeder. Zwei weitere O-Atome im Abstand von 313,4(1) und 342,7(1) pm können als
schwach wechselwirkend angesehen werden, bleiben aber bei der Strukturdiskussion
unberücksichtigt.
O1 der HCO3--Baueinheit ist an drei Na-O-Koordinationspolyedern beteiligt, O2 an zwei und
O3 an einem. Hier ergibt sich eine Verknüpfung der NaO6-Polyeder zu Oktaederdoppelketten
der Form 1∞[(O3-Na-O22/2)2(O13/3)2], in denen jedes Oktaeder über Kanten mit vier weiteren
Oktaedern verknüpft ist. Eine entsprechende Darstellung findet sich in Abb. 5.5. Analoge
MX3-Oktaederketten in einer vergleichbaren Anordnung werden im NH4CdCl3-Typ [112,113]
gefunden.
Abb. 5.3
Ansicht der Struktur von NaHCO3 entlang a mit eingezeichneter Elementarzelle.
b
O1
C
Na
a
O2
H
O3
c
63
Abb. 5.4
Ansicht der Struktur von NaHCO3 entlang b mit eingezeichneter Elementarzelle. Um Analogien zum NiAs-Typ aufzuzeigen, wurden im rechten Teil der
Zeichnung alle O- und H-Atome entfernt. Zur Bezeichnung der Atome vgl.
Abb. 5.3.
Die Geometrie der HCO3-(DCO3)-Gruppe (Abb. 5.5) weicht durch die Ausbildung von
Wasserstoffbrückenbindungen deutlich von der idealen D3h-Symmetrie des Carbonat-Ions in
z. B. Calcit ab. Dabei ist die Bindung zum Wasserstoffbrückenbindungsdonor d(C-O3) mit
133,6(2) (134,1(2)) pm deutlich länger als die Bindung zum Brückenakzeptor d(C-O2) mit
126,0(2) (126,0(2)) pm. Nach den in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen ist die
Bindungslänge d(C-O1) zum nicht am H-Brückensystem beteiligten Sauerstoffatom mit
125,0(2) (124,9(2)) pm signifikant kürzer als d(C-O2), vgl. [28]. Die mittleren C-OBindungslängen von 128,2 (128,3) pm stimmen trotz deutlicher Abweichungen der
Einzelwerte gut mit dem aus bisher untersuchten CO3-Baugruppen überein.
Das Kohlenstoffatom ist um 0,8(1) (0,9(2)) pm aus der durch O1, O2 und O3 aufgespannten
Ebene ausgelenkt. Die ausgebildeten 1∞[HCO3]--Ketten sind nicht planar; der entlang der
Wasserstoffbrückenbindung ausgebildete Diederwinkel C-O2-O3-C beträgt 174,0(1)°
(173,9(1)°).
64
Abb. 5.5
Perspektivische Darstellung der Struktur von NaHCO3 mit eingezeichneten Na-OKoordinationspolyedern.
5.1.4 Valenzsummen in NaHCO3 und NaDCO3
Die Berechnung der Valenzsumme für Na+ nach Brown mit Parametern aus [53] liefert für
NaHCO3 und NaDCO3 als Ergebnis den Wert 1,15 (Tabelle 5.4). Die Abweichung der
Valenzsummen vom Idealwert 1 ist mit 15 % beträchtlich. Verwendet man die in Kapitel 3
dargestellten Zusammenhänge, findet man dagegen sehr gute Übereinstimungen. Die unter
Berücksichtigung der effektiven Koordinationszahl nECoN [88] bzw. des
Verzerrungsparameters ξ berechneten Werte betragen jeweils 1,01 und 1,00 für NaHCO3
sowie 1,01 und 0,99 für NaDCO3; die Na-O-Bindungslängen entsprechen somit den
erwarteten Werten.
65
Bindungsabstände und -winkel in der 1∞[HCO3]-- und 1∞[DCO3]--Kette (kursiv)
in NaHCO3 und NaDCO3.
Abb. 5.6
306,8(1) pm
307,6(2) pm
xii
O2
O3
126,0(2) pm
126,0(2) pm
C
125,0(2) pm
124,9(2) pm
O1
258,6(1) pm
260,4(2) pm
125,6(1)°
125,9(1)°
133,6(2) pm
134,1(2) pm
119,2(1)°
119,1(1)°
H/D
xii
H/D
115,2(1)°
115,0(1)°
O1
xii
O2
O3
xii
320,4(1) pm
321,5(2) pm
5.1.5 Einfluß der Deuterierung auf Bindungslängen
Die Wasserstoffbrückenbindung in NaHCO3 wird durch Deuterierung signifikant beeinflußt.
In NaDCO3 tritt mit d(O3...O2) = 260,4(2) pm im Vergleich zu 258,8(1) pm in NaHCO3 eine
Verlängerung um 1,6(2) pm auf. Dagegen sind die Unterschiede der C-O-Bindungen nur
gering, die größte Differenz tritt bei der Bindung zu O3 auf und entspricht etwa drei
Standardabweichungen. Mit der Verlängerung der Wasserstoffbrückenbindung verändern sich
auch Abstände zwischen Sauerstoffatomen benachbarter DCO3-Gruppen (vgl. Abb. 5.6), die
in Na-O-Polyedern gemeinsame Kanten bilden (vgl. Tabelle 5.5). Man kann vermuten, daß
diese Änderung letztlich zu den beobachteten unterschiedlichen Lageparametern und einer
Verlängerung der b-Achse in NaDCO3 führt.
66
Tabelle 5.2
Atomkoordinaten und anisotrope (Na, O, C) bzw. isotrope (H)
Auslenkungsparameter (pm2) für NaHCO3 und NaDCO3. Lageparameter, die
sich um mehr als zwei Standardabweichungen unterscheiden, sind kursiv
gesetzt.
x
y
z
U11 /Ueq
U22
U33
U13
U23
U12
Na
C
O1
O2
O3
H
0,4273(2)
0,2120(4)
0,1923(3)
-0,0119(3)
0,4960(3)
0,651(7)
0,00426(5)
0,23763(13)
0,36652(10)
0,16238(10)
0,17036(10)
0,234(2)
0,71430(7)
0,9226(2)
0,92888(13)
0,79501(12)
1,05896(13)
1,130(3)
NaHCO3
202(3)
122(6)
205(5)
186(5)
216(5)
500(70)
157(3)
168(6)
126(4)
158(5)
145(5)
235(3)
126(6)
180(5)
159(5)
172(5)
4(2)
17(5)
-4(4)
-28(3)
10(4)
82(2)
55(5)
42(4)
15(4)
-27(4)
-9(2)
5(5)
7(4)
-12(4)
3(4)
Na
C
O1
O2
O3
D
0,4270(2)
0,2114(5)
0,1922(3)
-0,0107(3)
0,4955(3)
0,649(7)
0,00415(6)
0,23740(14)
0,36622(11)
0,16167(11)
0,16979(11)
0,234(2)
0,71376(8)
0,9228(2)
0,92911(14)
0,79563(14)
1,05923(14)
1,127(3)
NaDCO3
192(3)
121(7)
192(6)
181(5)
205(6)
420(70)
157(3)
149(7)
125(5)
154(5)
143(5)
223(3)
120(6)
177(5)
152(5)
164(5)
2(2)
6(5)
-3(4)
-23(4)
8(4)
74(2)
52(5)
38(4)
13(4)
-30(5)
-10(2)
-5(5)
12(4)
-13(4)
2(4)
Tabelle 5.3
Bindungslängen d [pm], Flächengrößen F [104 pm2] und Raumwinkel φ im
Wirkungsbereich von Na+ in NaHCO3 und NaDCO3.
d
O2ii a)
O2
O1iv
O3xiii
O1xiv
O1xv
Hxiii
Hxv
C
O3
Cvi
Naiii
Naii
Hv
O3v
236,8(1)
241,6(1)
242,3(1)
242,6(1)
244,9(1)
246,7(1)
268(2)
280(2)
306,7(1)
313,5(1)
323,6(1)
347,5(1)
347,5(1)
375(2)
387,8(1)
F
NaHCO3
5,323
4,763
4,703
5,297
5,292
4,180
1,047
0,975
0,087
1,540
0,000
0,041
0,041
0,137
0,389
φ
1,952
1,861
1,827
1,844
1,956
1,656
0,398
0,402
0,028
0,489
0,000
0,010
0,010
0,036
0,094
d
F
NaDCO3
236,7(1)
5,330
241,3(1)
4,796
242,4(1)
4,738
242,5(1)
5,340
245,0(1)
5,317
247,0(1)
4,182
269(2)
0,982
281(2)
0,989
307,2(2)
0,081
314,4(1)
1,492
323,7(2)
0,001
347,4(1)
0,039
347,4(1)
0,039
376(2)
0,132
388,0(1)
0,379
φ
1,956
1,873
1,836
1,866
1,961
1,653
0,366
0,407
0,026
0,474
0,000
0,010
0,010
0,035
0,092
Symmetrietransformationen für die äquivalenten Atome:
i) x+1,y,z; ii) -x,y-1/2,-z+3/2: iii) -x+1,-y,-z+2; iv) -x+1,y-1/2,-z+3/2; v) x,-y+1/2,z-1/2; vi) x-1,y,z; vii) -x,-y,-z+1;
viii) -x+1,-y,-z+1; ix) -x,y+1/2,-z+3/2; x) -x+1,y+1/2,-z+3/2; xi) x,-y+1/2,z+1/2; xii) x+1, y-1/2, z+1/2.
67
Tabelle 5.4
Abstände d(Na-O) in NaHCO3 und NaDCO3 [pm], Anteile zur effektiven
Koordinationszahl nECoNa) [88] sowie Bindungsvalenzen (berechnet nach
Brown [53]b) (sBrown) und unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c) sowie
Verzerrungsparameter ξ (sξ)d)).
d(Na-O)e) nECoN-Anteil sBrown
sE
sξ
d(Na-O)
n
ECoN-Anteil sBrown
NaHCO3
O2ii
O2
O1iv
O3xiii
O1xiv
O1xv
O3
O3 v
236,8(1)
241,6(1)
242,3(1)
242,6(1)
244,9(1)
246,7(1)
313,5(1)
387,8(1)
Σ
sE
sξ
NaDCO3
1,14
1,02
1,01
1,00
0,94
0,90
0,03
0,00
0,217
0,191
0,187
0,186
0,175
0,166
0,027
0,004
0,191
0,167
0,164
0,163
0,153
0,146
0,024
0,003
0,188
0,165
0,162
0,160
0,151
0,143
0,024
0,003
6,04
1,15
1,01
1,00
236,7(1)
241,3(1)
242,4(1)
242,5(1)
245,0(1)
247,0(1)
314,4(1)
388,0(1)
1,14
1,03
1,00
1,00
0,94
0,89
0,02
0,00
0,218
0,192
0,187
0,186
0,174
0,165
0,027
0,004
0,191
0,169
0,164
0,163
0,153
0,145
0,023
0,003
0,188
0,166
0,161
0,160
0,150
0,142
0,023
0,003
6,03
1,15
1,01
0,99
a) Startradius für Na+: 99 pm, r(O2-): 140 pm. b) ro = 180,3 pm. c) roE = 175,4 und 175,5 pm für NaHCO3 bzw.
NaDCO3 d) ξ = 1,0099 und 1,0095, roξ = 174,9 und 174,8 pm. e) Zu den Symmetrieoperatorten vgl. Tabelle 5.3.
Tabelle 5.5
Abstände d(Oi-Oj) in pm und Bindungswinkel <(Oi-Na-Oj) [°] im
Koordinationspolyedera) von Na+.
d(Oi-Oj)
O2ii a)
O2
O1iv
O3xiii
O1xiv
O2
O1iv
O3xii
O1xiv
O1xv
O1iv
O3xiii
O1xiv
O1xv
O3xiii
O1xiv
O1xv
O1xiv
O1xv
O1xv
<(Oi-Na-Oj)
NaHCO3
NaDCO3
NaHCO3
NaDCO3
347,5(1)
476,4(1)
400,7(1)
331,3(1)
320,4(1)
331,3(1)
365,6(1)
483,8(1)
329,1(1)
306,8(1)
347,5(1)
330,3(1)
353,0(1)
483,9(1)
327,2(1)
347,4(1)
476,6(1)
399,5(1)
331,4(1)
321,5(1)
331,4(1)
364,3(1)
483,7(1)
329,7(1)
307,6(1)
347,4(1)
330,6(1)
353,4(1)
484,3(1)
327,7(1)
93,18(4)
167,95(4)
113,42(4)
86,89(4)
82,99(4)
86,41(4)
98,05(4)
168,09(4)
84,73(4)
78,52(4)
91,04(4)
84,99(4)
92,82(4)
163,04(4)
83,46(4)
93,24(4)
168,24(4)
112,91(4)
86,94(4)
83,28(4)
86,52(4)
97,70(4)
168,37(4)
84,94(4)
78,73(4)
90,95(4)
84,99(4)
92,92(4)
163,30(4)
83,54(4)
a) Zu den Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 5.3.
68
5.1.6 Neutronenbeugungsexperimente an NaDCO3
Durch Röntgenstrukturanalyse werden im Fall von Wasserstoffbrückenbindungen statt
Atomlagen für H/D die Ladungsschwerpunkte der kürzesten O-H- bzw. O-D-Bindung
bestimmt. Für diese O-H-Abstände erhält man Werte, die um etwa 15 pm [114] kürzer als
erwartet sind - im Fall von NaHCO3 und NaDCO3 ergeben sich für d(O3-H) und d(O3-D)
jeweils 87(2) pm. Durch den geringen Streubeitrag von H und D sind die entsprechenden, aus
Röntgenbeugungsexperimenten erhaltenen Daten mit hohen Standardabweichungen behaftet.
Aufgrund dieser Unsicherheiten können Aussagen zum Potentialverlauf innerhalb einer HBrücke [115], die auf Röntgenbeugungsdaten basieren, nur als vorläufig betrachtet werden.
Eine aufgrund höherer Streubeiträge von H und D empfindlichere Methode zur Untersuchung
von Wasserstoffbrückenbindungen ist die Neutronenbeugung. Bisher konnten keine Kristalle
von NaHCO3 und NaDCO3 gezüchtet werden, die für Neutronenbeugung am Einkristall
geeignet sind. Deshalb wurden an NaDCO3 Neutronenpulverbeugungsuntersuchungen bei
293 sowie 10 und 1,5 K durchgeführt, über die eine zuverlässige Charakterisierung der
Wasserstoffbrückenbindung möglich war.
Als Startwerte zur Ermittlung der Atomlageparameter dienten die Ergebnisse der
Röntgenbeugungsuntersuchung. Das Probenbehältermaterial Aluminium wurde über „peak
matching“-Methoden in die Verfeinerung einbezogen. Zur Untergrundkorrektur wurde eine
Basislinie über ein Polynom angepaßt. Textureffekte von NaDCO3 wurden in der
Verfeinerung berücksichtigt. Bei der Bestimmung der Punktlagen wurden gleichzeitig alle
Lageparameter und ein für alle Atome verwendeter isotroper Temperaturfaktor verfeinert,
wobei aufgrund der niedrigen Reflexzahl C-O-Bindungsabstände über „constraints“ auf die
über Röntgenmethoden erhaltenen Werte festgelegt wurden. Zur Bestimmung der
Temperaturfaktoren wurden alternierend isotrope Temperaturfaktoren für alle Atome oder
anisotrope Temperaturfaktoren von D freigegeben. Um Bindungsverhältnisse in der
Wasserstoffbrückenbindung zu untersuchen, wurden Modellrechnungen für asymmetrische
und symmetrische „double-“ und „single-minimum“-Potentialverläufe [115] durchgeführt.
Dabei führten nur Berechnungen mit asymmetrischem „single-minimum“-Potential zum
Erfolg. Zu erhaltenen Gitterkonstanten und Zuverlässigkeitsfaktoren siehe Tabelle 5.6, zu
Lageparametern und Temperaturfaktoren Tabelle 5.7 und 5.8. Eine Darstellung der
gemessenen und berechneten Beugungsintensitäten findet sich in Abb. 5.7.
69
Abb. 5.7
Neutronenbeugungsdiagramme für NaDCO3 bei 293 (a) und 1,5 K (b) mit
Darstellung der Differenz zwischen gemessener und berechneter Intensität sowie
markierten Reflexlagen für NaDCO3 (obere Reihe) und Al (untere Reihe). Das
Ergebnis einer Messung bei 10 K entspricht Abb. b. Gemessene Werte: Kreuze,
berechnet: durchgezogene Linie.
a)
Zählrate
NaDCO 3
Al
2Θ [°]
b)
Zählrate
NaDCO 3
Al
2Θ [°]
70
Tabelle 5.6 Gitterkonstanten und Zuverlässigkeitsfaktoren für NaDCO3 aus
Neutronenbeugungsdaten.
T [K]
293
a [pm]
b [pm]
c [pm]
β [°]
λ [pm]
Rp
Rwp
Rexp
Chi2
RBragg
Rf
349,42(6)
971,64(20)
810,38(16)
112,035(9)
201,84 pm
8,01
10,4
4,42
5,53
6,45
5,18
10
343,53(5)
964,88(17)
801,13(11)
111,584(5)
242,0 pm
6,43
8,92
1,71
27,3
3,87
3,62
1,5
343,49(5)
964,66(17)
801,11(11)
111,578(6)
242,0 pm
6,46
9,13
2,06
19,7
3,75
3,37
Tabelle 5.7 Lageparameter und Temperaturfaktoren (pm2) für NaDCO3 bei 1,5, 10 und
293 K.
x
y
z
Uoverall
Uiso
T = 293 K
Na
C
O1
O2
O3
D
0,4218(31)
0,2136(20)
0,1816(28)
-0,0194(20)
0,4894(23)
0,6933(32)
-0,0033(16)
0,2410(4)
0,3690(5)
0,1623(8)
0,1715(9)
0,2384(10)
0,7151(20)
0,9218(7)
0,9363(14)
0,8003(8)
1,0627(9)
1,1451(11)
198(12)
145(32)
149(21)
112(17)
200(23)
195(23)
228(23)
113(18)
79(34)
97(20)
183(22)
129(23)
68(23)
161(21)
115(17)
61(33)
85(21)
172(22)
132(23)
102(24)
164(21)
T = 10 K
Na
C
O1
O2
O3
D
0,4262(29)
0,2120(17)
0,1971(24)
-0,0123(21)
0,4871(24)
0,6923(25)
-0,0005(15)
0,2371(4)
0,3671(4)
0,1588(9)
0,1669(8)
0,2373(8)
0,7159(19)
0,9244(6)
0,9355(13)
0,7987(9)
1,0617(8)
1,1496(9)
T = 1,5 K
Na
C
O1
O2
O3
D
0,4247(28)
0,2149(17)
0,1995(23)
-0,0129(21)
0,4866(24)
0,6933(25)
-0,0014(15)
0,2371(4)
0,3670(4)
0,1585(9)
0,1667(8)
0,2364(8)
0,7142(19)
0,9227(6)
0,9359(12)
0,7982(9)
1,0608(8)
1,1502(9)
71
Abb. 5.8
Darstellung der Schwingungsellipsoide von D in NaDCO3 bei 293 und 1,5 K.
Die Schwingungsellipsoide entsprechen 50 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit.
O1
T = 1,5 K
C
O2
O3xii
O2xii
D
O3
Cxii
Dxii
O1xii
T = 293 K
Nach diesen Daten wurde die O3-D-Bindungslänge in NaDCO3 bei 293, 10 und 1,5 K zu
jeweils 1,010(12), 1,052(10) und 1,054(10) pm bestimmt - solche Abstände treten in
asymmetrischen O-D···O-Brücken auf. Andere mögliche Positionen für D konnten nicht
gefunden werden. Weitere Hinweise zum Potentialverlauf lassen sich den ermittelten
anisotropen Temperaturfaktoren für D entnehmen (Tabelle 5.6). Die Hauptachsen der
thermischen Schwingungsellipsoide (Abb. 5.8) stehen in erster Näherung senkrecht zur OD···O-Bindung. Bei symmetrischen und „double-minimum-potential“-H-Brücken mit dicht
benachbarten Vorzugslagen für D steht die Ellipsoid-Hauptachse parallel zur Bindung [13].
Danach kann in NaDCO3 von einer asymmetrischen Wasserstoffbrückenbindung ausgegangen
werden. Entsprechende Bindungsverhältnisse sind auch für NaHCO3 zu erwarten.
72
Tabelle 5.8
Anisotrope Temperaturfaktoren (pm2) für D in NaDCO3
1,5 K
U11
U22
U33
U23
U13
U12
107(20)
125(25)
225(21)
-69(34)
64(32)
-8(37)
10 K
111(20)
140(25)
209(20)
-41(36)
59(32)
-18(37)
293 K
165(20)
170(25)
256(23)
26(37)
-3(29)
78(35)
5.2 Alkalimetallhydrogencarbonate mit trimerer [H2(CO3)3]4--Baueinheit
In Trona Na3[H(CO3)2] * 2 H2O und Wegscheiderit Na5[H3(CO3)4] liegen
Anionenbaueinheiten der allgemeinen Form [Hn-1(CO3)n](n+1)- mit n = 2 und 4 vor. Eine
entsprechende Verbindung mit n = 3 ist bislang unbekannt. Jedoch existiert im System
K2CO3/KHCO3/H2O [106] ein erstmals 1809 [116] beschriebenes „Doppelsalz“ K2CO3 * 2
KHCO3 * 1,5 H2O (= K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O), das als möglicher Vertreter mit einer solchen
trimeren Anionenbaueinheit angesehen werden kann.
Dieses „Doppelsalz“ kann aus einer gesättigten, wäßrigen Kaliumcarbonat/hydrogencarbonat-Lösung, deren Zusammensetzung auf die Löslichkeitskurve von
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O bei 5 °C fällt, gewonnen werden. Die Verbindung kristallisiert dann
beim Abkühlen aus [106]. Die Reaktion von 1 mol K2CO3 * 1,5 H2O mit 2 mol KHCO3 unter
Druck und Erwärmen auf 60 °C [117] führt ebenso zu K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O wie die
Hydrolyse von Kaliummonomethylcarbonat an feuchter Luft [118].
Die röntgenreine Darstellung von K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O in kristalliner Form gelingt durch
Umsetzen von Dimethylcarbonat mit methanolischer, etwa 5 Gew.-% Wasser enthaltender
KOH-Lösung. Auf diesem Weg werden Kristalle dieser Verbindung erhalten, die für die
Röntgenstrukturanalyse geeignet sind [48].
Im System Rb2CO3/RbHCO3/H2O ist keine zu K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O formelanaloge
Verbindung bekannt. Aufgrund der kristallchemischen Ähnlichkeit von K+ und Rb+ sollte eine
solche Verbindung aber existieren. Daher lag es nahe, die zur Darstellung von K4[H2(CO3)3] *
1,5 H2O angewendete Synthesemethode auf das Rubidium-System zu übertragen. Dabei
wurde eine Verbindung mit der Zusammensetzung Rb4[H2(CO3)3] * H2O erhalten.
73
5.2.1 Darstellung und röntgenographische Charakterisierung von
Rb4[H2(CO3)3] * H2O und K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O
Rb4[H2(CO3)3] * H2O: Zu 25 ml methanolischer 0,8 m RbOCH3-Lösung (entspr. 20 mmol)
wurden 1,8 ml (100 mmol) H2O und 1,35 ml (CH3)2CO3 (15 mmol) gegeben. Nach einer
Woche war die neue Verbindung in Form von farblosen, an der Luft zerfließlichen Plättchen
auskristallisiert. Nach Abfiltrieren erfolgte die Trocknung des Produkts im N2-Strom.
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O: Die Darstellung erfolgte entsprechend der von Rb4[H2(CO3)3] *
H2O, jedoch wurden bei sonst gleichen Mengen 40 ml methanolischer 0,5 m KOCH3-Lösung
eingesetzt. Innerhalb von drei Tagen fiel K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O in Form von farblosen,
linsenförmigen Kristallen an. Nach Filtration wurde die Substanz unter vermindertem Druck
getrocknet.
In beiden Fällen konnten Kristalle der Verbindungen der Mutterlauge entnommen und
röntgenographisch untersucht werden.
Pulverdaten von so dargestelltem K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O entsprechen Literaturwerten [117].
Das für Rb4[H2(CO3)3] * H2O erhaltene Beugungsdiagramm (vgl. Anhang) sowie zur
Bestimmung des Extinktionssymbols angefertigte Filmaufnahmen mit Präzessions-Techniken
(K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O: (hk0), (hk1), (0kl), (1kl), (2kl); Rb4[H2(CO3)3] * H2O: (h0l), (h1l),
(0kl), (1kl), (2kl)) zeigen vergleichbare Reflexmuster. Für K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O treten
jedoch neben scharfen Reflexen diffuse Reflex-Streifen, die auf das Vorliegen einer orderdisorder-Struktur [119] schließen lassen. Zur Bestimmung der Superpositionsstruktur von
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O wurden ausschließlich scharfe Reflexe berücksichtigt, die erhaltenen
Gitterkonstanten stehen über aK ≈ aRb, bK ≈ cRb, cK ≈ 1/4 bRb in Beziehung mit denen der RbVerbindung.
Im Fall von Rb4[H2(CO3)3] * H2O kamen nach einer Auswertung der Filmaufnahmen die
Raumgruppen Pnma und Pna21 in Frage, von denen sich die zentrosymmetrische im Verlauf
der Strukturrechnung als zutreffend erwies. Für K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O ergab eine Analyse
der Auslöschungsbedingungen für die Superpositionsstruktur Pba2 oder Pbam; zur
Strukturermittlung wurde die zentrosymmetrische Variante gewählt. K- und Rb-Lagen wurden
über Patterson-Methoden ermittelt, die Parameter der übrigen Atome durch
Differenzfouriersynthesen. Nach anisotroper Verfeinerung konnten im Fall der RbVerbindung H-Lagen einer Differenzfouriersynthese entnommen und mit isotropen
Temperaturfaktoren in die Verfeinerung einbezogen werden. Weitere Angaben zur
Strukturbestimmung finden sich in Tabelle 5.9. Zu Lageparametern, Temperaturfaktoren und
Bindungslängen siehe Tabellen 5.10-12.
74
Tabelle 5.9 Kristalldaten und Strukturverfeinerung für K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O und
Rb4[H2(CO3)3] * H2O.
Kristallsystem
Raumgruppe
a [pm]
b [pm]
c [pm]
VEZ [106 pm3]
Z
Dichte (ber.) [g/cm3]
Dichte(exp.) [g/cm3]
µ(MoKα) [mm-1]
F(000)
Kristallgröße [mm3]
Absorptionskorrektur
Tmin.
Θ-Bereich zur Datensammlung
hmin, hmax, kmin, kmax, lmin, lmax
Gemessene Reflexe
Unabhängige Reflexe
Variierte Parameter
Goodness-of-fit
R-Werte [I>2σ(I)]
R-Werte (alle Reflexe)
Extinktionskoeffizient
Größte/kleinste
Restelektronendichte [e/106 pm3]
Rb4[H2(CO3)3] * H2O
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O
orthorhombisch
Pnma (Nr. 62)
1218,0(1)
1572,3(6)
615,9(1)
1179,5(5)
4
3,052
16,537
1000
0,15 x 0,25 x 0,35
psi-Scan
0,746
2,5 bis 27,5o
-19, 19, -25, 25, 0, 9
5252
1395 [R(int) = 0,0493]
91
1,092
R1 = 0,0267, wR2 = 0,0547
R1 = 0,0708, wR2 = 0,0651
0,0028(2)
orthorhombisch
Pbam (Nr. 55)
1161,8(1)
597,0(1)
383,85(3)
266,25(6)
1
2,28
2,26
1,720
183
0,1 x 0,15 x 0,2
2,5 bis 35,0o
-18, 18, -9, 9, 0, 6
2528
659 [R(int) = 0,0434]
70
1,109
R1 = 0,0347, wR2 = 0,0738
R1 = 0,0651, wR2 = 0,0802
-
0,714; -0,664
0,300; -0,253
5.2.2 Diskussion der Kristallstrukturen
In der Kristallstruktur von Rb4[H2(CO3)3] * H2O (Abb. 5.9 - 5.10) liegt eine trimere, nahezu
planare [H2(CO3)3]4--Anionenbaugruppe mit Cs-Symmetrie vor (C1-O1-Bindung in der
Spiegelebene, vgl. Abb. 5.11). Die mittlere Abweichung der Atome von der Planarität beträgt
9,9 pm, die maximale 14,3(3) pm (O1). Die durch O1, O2 und O2iv) sowie O3-O5
aufgespannten Ebenen schließen einen Winkel von 10,0(3)° ein. Durch die Ausbildung von
kurzen Wasserstoffbrückenbindungen (d(O2-O3) = 252,3(5) pm) treten wie in NaHCO3 (vgl.
Kapitel 5.1) unterschiedliche C-O-Bindungslängen auf. Die C1-O-Bindungslängen sowie OC1-O-Winkel unterscheiden sich deutlich von denjenigen eines CO32--Ions mit D3hSymmetrie. Die Bindungslängen und -winkel an C2 sind mit denen in anderen
75
Hydrogencarbonat-Anionen, z.B. in Na3[H(CO3)2] * 2 H2O [40], vergleichbar. Die
Mittelwerte der C-O-Bindungslängen entsprechen mit 128,4 pm (C1) und 128,1 pm (C2) den
erwarteten Werten. C1 ist aus der durch O1, O2 und O2iv festgelegten Ebene um 1,7(4) pm
ausgelenkt, während die Auslenkung von C2 aus der O3-O4-O5-Ebene mit 0,6(4) pm nur
gering ist.
Für die Wasserstoffbrückenbindung d(O2-O3) = 252,3(5) pm sind symmetrische bzw.
asymmetrische 'single-' und 'double-minimum'-Potentialkurven möglich [115]. Die
Strukturanalyse impliziert mit d(O3-H1) = 78(5) pm und d(O2-H1) = 177(5) pm
asymmetrischen Charakter. In einer abschließenden Differenzfouriersynthese wurde zwischen
O2 und O3 ein weiteres geringes Elektronendichtemaximum erkennbar (0,44 e/106 pm3,
Abstände zu O2 bzw. O3: 112 bzw. 148 pm). Verfeinerungsversuche mit zwei statistisch
besetzten Protonenlagen führten nicht zum Erfolg. Jedoch kann die auftretende
Restelektronendichte als Hinweis auf das Vorliegen eines asymmetrischen 'double-minimum'Potentials gedeutet werden. Zur entgültigen Klärung der Bindungsverhältnisse sind
Neutronenbeugungsuntersuchungen notwendig, die im Rahmen dieser Arbeit nicht
durchgeführt werden konnten.
Abb. 5.9
Projektion der Kristallstruktur von Rb4[H2(CO3)3] * H2O auf die ab-Ebene.
a
O1
O3
H1
C1
C2
O5
H2
Rb1
O2
O4
O6
Rb2
c
b
76
Abb. 5.10
Projektion der Kristallstruktur von Rb4[H2(CO3)3] * H2O auf die ac-Ebene. Zur
Bezeichnung der Atome vgl. Abb. 5.9.
a
b
c
Nach einer Analyse der Wirkungsbereiche sind Rb1 und Rb2 durch 10 Sauerstoffatome
koordiniert (Tabelle 5.12). Dabei treten je sieben kurze Bindungen auf (d(Rb1-O): 288,3(3) 313,4(4) pm; d(Rb2-O): 287,8(3) - 313,2(5) pm). Für Rb1 können zwei, für Rb2 drei
Sauerstoffatome mit d(Rb-O) > 340 pm als schwach wechselwirkend angesehen werden. Mit
d(Rb1-O5iii) = 330,8(3) pm nimmt ein Rb1-O-Abstand eine Mittelstellung ein. Damit können
die Rb-O-Koordinationspolyeder als unregelmäßige 7+1(+2)- (Rb1) bzw. 7(+3)-Koordination
(Rb2) beschrieben werden. Die sich ergebenden Rb-O-Koordinationspolyeder (Abb. 5.11)
sind einander ähnlich, unterscheiden sich aber bezüglich der Anordnung der umgebenden
Anionen. Als Summe der Rb-O-Bindungsvalenzen erhält man unter Berücksichtigung von
n
ECoN [88] für Rb1 und Rb2 die Werte 0,95 und 1,07; entsprechend sind die Rb1-OBindungen etwas länger, die Rb2-O-Bindungen dagegen kürzer als erwartet.
77
Abb. 5.11
Koordination von Rb+ in Rb4[H2(CO3)3] * H2O. Zu den Indizierungen der
Atome vgl. Tabelle 5.12. Bindungen d(Rb-O) > 320 pm sind dünn eingezeichnet.
O2
O2
O3
iv
O3 viii
O1
O4
O3
O1 vii
vi
O5
Rb2
Rb1
O3 i
iii
O5 vi
O5
O5 iii
i
O4
Abb. 5.12
O6 v
iii
vii
O4 iii
O6
v
ii
O2
O4 iv
ii
O2
iv
Koordination der [H2(CO3)3]4--H2O-Kette in Rb4[H2(CO3)3] * H2O. Zu den
Indizierungen der Atome vgl. Tabelle 5.12.
Rb2x
Rb2ix
O1
Rb1
xii
Rb1
iv
Rb1
Rb2xiv
O3
C1
C2
H1
O2
Rb1xi
Rb2
H2
O5
Rb2xiii
O4
iv
Rb2
O6
xiii
Rb1
Das [H2(CO3)3]4--Anion ist von insgesamt 16 Rb+ umgeben. C1 und C2 sind in der Nähe der
Raummitte von verzerrten, flächenverknüpften Rb+-Würfeln angeordnet. O6 des
Wassermoleküls koordiniert vier Rb+, befindet sich jedoch ebenfalls in einem verzerrten Rb+Würfel. Es bildet Wasserstoffbrückenbindungen zu zwei Anionen (d(O(W)6-O5): 273,3(4)
pm, d(O(W)6-H2): 90(5) pm), so daß Stränge von alternierend angeordneten H2O-Molekülen
und Anionen parallel zu [010] vorliegen, die von flächenverknüpften Rb+-Würfeln umgeben
78
sind (Abb. 5.12). Diese Stränge sind so angeordnet, daß die terminalen „Carbonat“-gruppen
der Anionen ausschließlich in "Würfel"-schichten parallel zur ac-Ebene mit y = 0 und 1/2
liegen; bei y = 1/4 und 3/4 finden sich die mittleren „Carbonat“-gruppen des trimeren Anions
und die Wasser-Moleküle. Dabei erfolgt die Verknüpfung der Rb+-Polyeder um C1 über
Kanten, mit ihnen flächenverknüpft sind die Rb+-Polyeder um H2O.
Abb. 5.13
Projektion der OD-Struktur von K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O auf die ac-Ebene. Die
schrägliegenden Dreiecke symbolisieren die fehlgeordneten Lagen der
terminalen CO3-Gruppen der [H2(CO3)3]4--Baugruppe, die gerade liegenden
Dreiecke die mittlere CO3-Gruppe. Große, helle Kugeln: K; kleine dunkle
Kugeln: C (fehlgeordnet); kleine helle Kugeln: O6 (fehlgeordnet). Mittlere
Kugeln: Willkürlich ausgewählte, mögliche Lagen von Ketten aus [H2(CO3)3]4und H2O. Die Projektion auf die ab-Ebene ist mit Abb. 5.10 vergleichbar.
79
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O (Abb. 5.13, Lageparameter und Temperaturfaktoren s. Tab. 5.11)
kristallisiert strukturverwandt, aber mit vollständiger Fehlordnung der trimeren Anionen und
Kristallwassermoleküle (‘order-disorder’-Struktur, vgl. [119]). Die aus den scharfen Reflexen
ermittelte Superpositionsstruktur läßt sich jedoch aus der Struktur der Rubidiumverbindung
herleiten. Projiziert man vier Elementarzellen von Rb4[H2(CO3)3] * H2O um je ein Viertel der
b-Achse versetzt aufeinander, erhält man (nach Viertelung der b-Achse, Verschiebung des
Ursprungs um 1/2 b und Transformation der Gittervektoren von Pnma nach Pbam) ein
Strukturbild, das die vorgefundenen Elektronendichten in K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O gut
beschreibt. In der verfeinerten Superpositionsstruktur werden keine kristallographisch
unterscheidbaren K+-Lagen beobachtet. Die Lagen der C- und O-Atome sind jeweils zu einem
Viertel besetzt. Der Strukturaufbau kann dadurch erklärt werden, daß auch hier unendlich
lange Ketten aus alternierenden [H2(CO3)3]4--Baugruppen und Wassermolekülen vorliegen.
Beim Aufbau der dreidimensionalen Struktur aus diesen Ketten existieren jedoch für je zwei
Stränge vier verschiedene relative Anordnungsmöglichkeiten. Daraus ergibt sich die
beobachtete Superpositionsstruktur.
Wegen der Superposition können hier weder Protonen noch weiteres Kristallwasser (H1H3/4(?), O7(H2O)) gefunden werden. Mögliche Lagen werden durch die fehlgeordneten
Anion-Wasser-Stränge überdeckt.
Die Bindungslängen innerhalb des Anions (Tabelle 5.14) sind bei K4H2(CO3)3 * 1,5 H2O
etwas kürzer als in der entsprechenden Rubidiumverbindung. Mögliche Ursache ist, daß die
im
Vergleich
zur
Rubidium-Verbindung
höheren
Temperaturfaktoren
eine
Bindungsverkürzung vortäuschen können (vgl. [81]).
Tabelle 5.10 Lageparameter und anisotrope (Rb, C, O) sowie isotrope (H)
Temperaturfaktoren für Rb4[H2(CO3)3] * H2O.
x
Rb1
Rb2
O1
O2
C1
O3
O4
O5
C2
O6
H1
H2
0,37360(3)
0,14699(3)
0,4705(3)
0,3714(3)
0,4074(4)
0,4358(2)
0,3043(2)
0,3960(2)
0,3749(3)
0,3140(4)
0,403(4)
0,341(4)
y
0,12155(3)
0,12608(3)
0,25
0,3197(2)
0,25
0,4647(2)
0,5053(2)
0,5998(2)
0,5258(3)
0,75
0,425(3)
0,702(3)
z
0,68661(8)
0,17829(7)
0,3802(7)
0,1317(5)
0,217(1)
0,2534(6)
0,0226(6)
0,2222(5)
0,1613(7)
0,0688(10)
0,215(8)
0,129(9)
U11/Uiso
0,0227(2)
0,0209(2)
0,020(2)
0,039(2)
0,016(3)
0,024(1)
0,019(2)
0,034(2)
0,015(2)
0,044(3)
0,033(15)
0,063(21)
U22
0,0272(3)
0,0247(2)
0,025(2)
0,022(2)
0,018(3)
0,024(2)
0,026(2)
0,023(2)
0,026(2)
0,033(3)
U33
U23
U13
U12
0,0244(3) 0,0028(2) 0,0001(2)-0,0037(2)
0,0268(3) 0,0008(3)-0,0004(2) 0,0035(2)
0,021(3) 0
-0,006(2) 0
0,036(2) 0,005(2) -0,008(1) 0,003(1)
0,024(4) 0
0,005(3) 0
0,030(2) 0,002(2) -0,008(1) 0,004(1)
0,019(2) 0,001(1) -0,005(1) -0,001(1)
0,032(2) -0,003(1) -0,003(2) -0,004(1)
0,015(2) 0,001(1) 0,003(2) -0,001(2)
0,053(4) 0
-0,012(3) 0
80
Tabelle 5.11 Lageparameter und anisotrope Temperaturfaktoren für
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O.
x
K
O1
O2
C1
O3
O4
O5
C2
O6
y
0,13711(4)
0,0404(5)
0,1422(4)
0,1068(11)
0,0671(4)
0,1939(7)
0,0949(4)
0,1223(6)
0,1683(16)
z
0,17374(9)
0,8647(11)
0,6125(9)
0,7016(22)
0,7566(8)
0,5120(19)
0,7308(9)
0,6583(14)
0,5407(44)
U11
0
0,5
0,2166(16)
0,5
0,6507(14)
0,4535(40)
0,0898(11)
0,3863(28)
0,5
0,0306(2)
0,030(3)
0,039(2)
0,014(4)
0,021(3)
0,030(2)
0,022(2)
0,032(2)
0,041(10)
U22
0,0338(2)
0,029(3)
0,036(2)
0,019(7)
0,018(3)
0,030(2)
0,024(2)
0,037(2)
0,045(9)
U33
U23
0,0422(3) 0
0,031(3) 0
0,030(2) -0,09(2)
0,024(7) 0
0,030(5) -0,03(3)
0,032(2) 0,00(2)
0,031(8) 0,01(2)
0,027(3) 0,02(2)
0,049(10) 0
U13
0
0
0,07(2)
0
0,05(3)
0,03(2)
0,03(3)
-0,05(2)
0
U12
0,007(2)
0,03(2)
0,07(2)
0,09(4)
0,06(2)
0,05(2)
0,08(2)
0,02(2)
0,016(7)
Tabelle 5.12 Bindungslängen d [pm], Flächengrößen F [104 pm2] und Raumwinkel φ im
Wirkungsbereich von Rb+ in Rb4[H2(CO3)3] * H2O.
d
F
d
φ
Wirkungsbereich von Rb1
i
Rb1-O5
Rb1-O2ii
Rb1-H2iii
Rb1-O4ii
Rb1-O1
Rb1-O4iii
Rb1-H1iv
Rb1-O3iv
Rb1-O6v
Rb1-O5iii
Rb1-H1ii
Rb1-C2iii
Rb1-O3i
Rb1-O2iv
Rb1-C1
Rb1-H2v
Rb1-Rb2xvi
Rb1-Rb2ix
Rb1-Rb1iv
Rb1-Rb2xvii
Rb1-Rb2
288,3(3)
289,2(3)
292(5)
299,5(3)
300,5(3)
301,0(3)
302(5)
308,7(4)
313,4(4)
330,8(3)
335(5)
338,4(4)
340,8(3)
354,0(3)
354,9(6)
387(5)
390,2(1)
401,8(1)
403,9(1)
409,8(1)
417,4(1)
5,325
6,016
3,676
4,086
5,034
3,739
2,564
2,670
2,280
1,175
0,859
0,192
2,184
0,621
0,090
0,626
0,768
0,123
1,367
0,125
0,080
F
φ
Wirkungsbereich von Rb2
1,598
1,669
1,155
1,259
1,436
1,169
0,829
0,756
0,599
0,346
0,249
0,058
0,594
0,161
0,023
0,115
0,187
0,030
0,286
0,029
0,018
iv
Rb2-O2
Rb2-O5vi
Rb2-O4iii
Rb2-O1vii
Rb2-O3viii
Rb2-O4iv
Rb2-H2iii
Rb2-O6v
Rb2-H1vii
Rb2-H1iv
Rb2-C2iii
Rb2-O5iii
Rb2-C2vi
Rb2-C1v
Rb2-H2vi
Rb2-O2v
Rb2-O3vi
Rb2-Rb2vi
Rb2-Rb1xviii
Rb2-Rb1vii
Rb2-Rb1xix
Rb2-Rb1
287,8(3)
288,7(3)
290,8(3)
292,4(3)
297,2(3)
297,6(3)
303(5)
313,2(5)
315(5)
323(5)
337,7(4)
341,6(3)
356,3(4)
356,7(5)
359(5)
365,6(3)
378,2(3)
389,7(1)
390,2(1)
401,8(1)
409,8(1)
417,4(1)
5,564
5,226
4,246
5,345
4,135
3,886
2,997
2,496
1,320
1,221
0,263
0,805
0,013
0,076
1,829
0,356
0,697
1,628
0,768
0,123
0,125
0,080
1,589
1,586
1,355
1,573
1,241
1,217
0,925
0,705
0,388
0,377
0,074
0,229
0,003
0,017
0,406
0,088
0,168
0,359
0,187
0,030
0,029
0,018
a) Atome, die nicht zur gewählten asymmetrischen Einheit gehören, sind indiziert. Die Indices entsprechen dabei folgenden
Symmetrieoperationen: i) -x+1,y-1/2,-z+1; ii) x,-y+1/2,z+1; iii) -x+1/2,y-1/2,z+1/2; iv) x,-y+1/2,z; v) -x+1/2,-y+1,z+1/2; vi)
-x+1/2,y-1/2,z-1/2; vii) x-1/2,y,-z+1/2; viii) x-1/2,-y+1/2,-z+1/2; ix) x+1/2,y,-z+1/2;x) -x+1/2,y+1/2,z+1/2; xi) x, -y+1/2, z-1;
xii) -x+1, y+1/2, -z+1; xiii) -x+1/2,y+1/2, z-1/2; xiv) -x+1/2, y+1/2, z+1/2; xv) -x+1/2, y+1/2, z+1/2 xvi) -x+1/2, -y, z+1/2;
xvii) x, y, z+1; xviii) -x+1/2, -y, z-1/2; xix) x, y, z-1.
81
Tabelle 5.13 Abstände d(Rb-O) in Rb4[H2(CO3)3] * H2O [pm], Anteile zur effektiven
Koordinationszahl nECoNa) [88] und Bindungsvalenzen (berechnet nach Brown
[53]b) (sBrown) und unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c)).
sE
d(Rb-O) nECoN-Anteil sBrown
d(Rb-O) nECoN-Anteil sBrown
Rb1
O5i
O2ii
O4ii
O1
O4iii
O3iv
O6v
O5iii
O3i
O2iv
288,3(3)
289,2(3)
299,5(3)
300,5(3)
301,0(3)
308,7(4)
313,4(4)
330,8(3)
340,8(3)
354,0(3)
Σ
sE
Rb2
1,31
1,29
1,09
1,07
1,06
0,91
0,82
0,51
0,37
0,22
0,188
0,182
0,138
0,134
0,133
0,108
0,095
0,059
0,045
0,032
0,160
0,155
0,118
0,115
0,113
0,092
0,081
0,050
0,039
0,027
8,66
1,12
0,95
O2iv
O5vi
O4iii
O1vii
O3viii
O4iv
O6v
O5iii
O2v
O3vi
287,8(3)
288,7(3)
290,8(3)
292,4(3)
297,2(3)
297,6(3)
313,2(5)
341,6(3)
365,6(3)
378,2(3)
1,19
1,17
1,13
1,09
1,00
0,99
0,69
0,27
0,08
0,04
0,190
0,185
0,175
0,168
0,147
0,145
0,096
0,044
0,023
0,016
0,169
0,165
0,156
0,149
0,131
0,129
0,085
0,039
0,021
0,015
7,65
1,20
1,07
a) Startradius für Rb+: 161 pm, r(O2-): 140 pm. b) ro = 226,3 pm. c) roE = 220,4 (Rb1) bzw. 222,0 pm. (Rb2).
d) Zu den Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 5.12.
Tabelle 5.14 Weitere Bindungslängen [pm] und -winkel [°] in Rb4[H2(CO3)3] * H2Oa).
[H2(CO3)3] 4--Anion
C1-O1
C1-O2
C1-O2 iv
C2-O3
C2-O4
C2-O5
O3-H1
O2-H1
O2-O3
126,3(7)
129,4(4)
129,4(4)
134,0(5)
125,5(5)
124,8(5)
78(5)
177(5)
252,3(5)
O3-C2-O4
O3-C2-O5
O4-C2-O5
O1-C1-O2
O2-C1-O2iv
118,8(4)
115,3(4)
125,8(4)
122,0(3)
115,9(6)
90(5)
H2x-O6-H2
114(7)
Wasser-Molekül
O6-H2
H-Brücke zwischen [H2(CO3)3] 4--Einheit und Wasser-Molekül
O5-H2
183(5)
a) Zu den Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 5.12.
O5-O6 273,3(4)
82
Tabelle 5.15 Bindungslängen [pm] und -winkel [°] in K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2Oa).
Koordinationssphäre von K
K-O5i
K-O2iii
K-O2
K-O4
K-O3vi
K-O5viii
Kxiii-O4
271,1(5)
272,0(5)
274,9(5)
275(1)
275,7(5)
277,7(4)
280(1)
Kvii-O1
Kxi-O1
Kxiv-O6
Kxi-O3
Kxiv-O4
Kxv-O4
Kxv-O6
282,6(5)
289,0(5)
294(2)
294,3(5)
299(1)
303(1)
307(2)
124(2)
128(1)
128(1)
133,7(9)
123(1)
126(1)
249,4(7)
O1-C1-O2
O1-C1-O2xv
O2-C1-O2xv
O3-C2-O4
O3-C2-O4
O4-C2-O5
121,7(6)
121,7(6)
117(1)
118(1)
114,4(6)
127(1)
[H2(CO)3] 4--Einheit
O1-C1
O2-C1
C1-O2x
C2-O3
C2-O4
C2-O5
O2-O3xiv
H-Brücke zwischen H2O und der [H2(CO)3] 4--Einheit
O5-O6xvi
267(1)
a) Atome, die nicht zur gewählten asymmetrischen Einheit gehören, sind indiziert. Die Indices entsprechen dabei
folgenden Symmetrieoperationen:
i) x,y-1,-z; ii) x,y-1,z; iii) -x+1/2,y-1/2,z; iv) -x+1/2,y-1/2,-z; v) x,y,-z; vi) -x,-y+1,z-1; vii) -x,-y+1,-z+1; viii) -x,y+1,-z; ix) -x,-y+1,z; x) x,y,-z+1; xi) x,y+1,z+1; xii) x,y+1,z; xiii) -x+1/2,y+1/2,-z; xiv) x,y,z+1;
xv) -x+1/2,y+1/2,-z+1; xvi) x,y,z-1.
5.2.3 Thermische Zersetzung
Die DTA/TG-Messungen an K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O und Rb4[H2(CO3)3] * H2O zeigen
jeweils zwei endotherme Effekte (Abb. 5.14 und 5.15, Tabelle 5.16). Die bei höherer
Temperatur auftretenden Signale weisen eine Schulter auf. Nach diesen Messungen beginnt
die Zersetzung von K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O und Rb4[H2(CO3)3] * H2O bei 108 bzw. 147 °C
und ist bei 164 bzw. 197 °C beendet. Als Zersetzungsprodukte lassen sich röntgenographisch
die wasserfreien Alkalimetallcarbonate nachweisen.
Zur Interpretation der Signale wurde die Zersetzung mit Hilfe der Guinier-Simon-Technik
untersucht. Die Zersetzung der Kaliumverbindung verläuft über mindestens eine
Zwischenstufe, deren Röntgenbeugungsdiagramm keine Übereinstimmung mit bekannten
Kaliumcarbonaten bzw. -hydrogencarbonaten zeigt. Das jeweils erste endotherme Signal der
DTA/TG-Kurve ist auf die Bildung dieses Zwischenproduktes zurückzuführen.
83
Aufgrund der Daten kann eine zweistufige Zersetzungsreaktion angenommen werden. In der
ersten Reaktion verlieren die Substanzen Kristallwasser (1), in einer zweiten Reaktion bilden
sich die wasserfreien Carbonate (2):
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O
→
„K4[H2(CO3)3] * 0,5 H2O“ + H2O
(1a)
Rb4[H2(CO3)3] * H2O
→
„Rb4[H2(CO3)3]“ + H2O
(1b)
„K4[H2(CO3)3] * 0,5 H2O“
→
2 K2CO3 + 1,5 H2O + CO2
(2a)
„Rb4[H2(CO3)3]“
→
2 Rb2CO3 + H2O + CO2
(2b)
Die Kaliumverbindung gibt ihr Kristallwasser zunächst nicht vollständig ab. Hier kann die
Bildung einer Zwischenstufe mit der Zusammensetzung „K4[H2(CO3)3] * 0,5 H2O“
angenommen werden. Die Bildung eines Gemischs aus K2CO3 * 0,5 H2O und KHCO3 tritt
nicht auf.
Abb. 5.14 DTA/TG-Diagramm zur thermischen Zersetzung von K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O.
84
Abb. 5.15 DTA/TG-Diagramm zur thermischen Zersetzung von Rb4[H2(CO3)3] * H2O.
Tabelle 5.16 Angaben zur thermischen Zersetzung von K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O und
Rb4[H2(CO3)3] * H2O. ∆m: Massenverlust. Die berechneten Daten beziehen
sich auf die im Text beschriebenen Reaktionen.
Reaktion
Tonset
Tpeak
∆mobs.
∆mber.
5
28
5
29,4
33
34,4
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O
(1a)
(2a)
108
126
115
157
Σ
Rb4[H2(CO3)3] * H2O
(1b)
(2b)
Σ
147
168
158
192
5
9,4
3,3
11,5
14,4
14,8
85
5.3 Rubidiumhydrogencarbonat
Rubidiumhydrogencarbonat RbHCO3 wurde erstmals 1969 mit röntgenstrukturanalytischen
Methoden untersucht [45]. Dabei erfolgte die Ermittlung der Reflexintensitäten über
Filmmethoden, Lagen von H-Atomen wurden nicht bestimmt.
Eine kritische Analyse der Daten aus [45] zeigt, daß zur Strukturbestimmung mit der vom
Autor gewählten azentrischen Raumgruppe C2 offensichtlich eine zu niedrige Symmetrie
angenommen wurde (vgl. Tabelle 5.17); ein nicht berücksichtigtes Inversionszentrum befindet
sich dabei im Elementarzellenursprung. Daneben sind die ermittelten C-O-Abstände mit 132
bzw. 133 pm ungewöhnlich lang.
Eine Neubestimmung der Kristallstruktur von RbHCO3 war insbesondere im Zusammenhang
mit neueren Untersuchungen zu auftretenden Phasenumwandlungen in KHCO3 [15,18], IRspektroskopischen Analysen [10,11] und Strukturvergleichen zwischen Alkalimetallhydrogen- und -monoalkylcarbonaten [49] notwendig.
Tabelle 5.17 Lageparameter für RbHCO3 nach Daten aus [45] (monoklin (C2); a = 1505 pm,
b = 583 pm, c = 402 pm, β = 107°; R1: 0,15). Standardabweichungen,
Temperaturfaktoren und H-Lagen wurden nicht bestimmt.
x
Rb
C
O1
O2
O3
0,162
0,115
0,195
0,075
0,075
y
0
0,5
0,5
0,697
0,303
z
0,025
0,383
0,306
0,481
0,418
5.3.1 Darstellung und röntgenographische Charakterisierung
Einkristalle von RbHCO3 wurden analog zu Rb4[H2(CO3)3] * H2O (Abschnitt 5.2) aus
methanolischer RbOH-Lösung dargestellt. Dazu wurde bei sonst gleichen Bedingungen pro
mol RbOH ein mol Dimethylcarbonat eingesetzt.
Pulveraufnahmen des erhaltenen Produkts lassen sich mit den in [45] angegebenen
Gitterkonstanten widerspruchsfrei indizieren.
Röntgenographische Untersuchungen mit der Präzessionstechnik bestätigten die in [45]
angegebenen Auslöschungsbedingungen. Für die Neubestimmung der Struktur wurde die
zentrosymmetrische Raumgruppe C2/m gewählt. Die Aufstellung der Elementarzelle wurde
so gewählt, daß Strukturvergleiche mit KHCO3 [5] vereinfacht wurden. Eine Transformation
der Gittervektoren nach
86
 1 0 2
r
r
ai (neu) =  0 1 0 ⋅ ai


 0 0 1
führt zu den in [45] angegebenen Werten für die Metrik. Die Strukturlösung gelang durch
Patterson-Methoden, denen die Lagen aller Rb-, C- und O-Atome entnommen werden
konnten. Nach Verfeinerung der Lageparameter unter Verwendung anisotroper
Auslenkungsparameter wurden Lagen für H einer Differenzfourieranalyse entnommen und
mit isotropen Temperaturfaktoren in die Verfeinerung einbezogen. Zu weiteren Angaben für
die Strukturanalyse siehe Tabelle 5.18, zu Lage- und Auslenkungsparametern sowie
Bindungslängen und -winkeln vgl. Tabellen 5.19-5.22.
Tabelle 5.18 Kristalldaten und Angaben zur Strukturverfeinerung für RbHCO3.
Kristallsystem, Raumgruppe
a [pm]
b [pm]
c [pm]
β [°]
Zellvolumen [10 6 pm3], Z
Dichte (ber.) [g/cm3]
µ ( MoKα ) [mm-1]
F(000)
Kristallgröße [mm3]
Θ-Bereich zur Datensammlung [°]
Indexbereich
Anzahl der gemessenen Reflexe
Absorptionskorrektur
min. Transmissionskoeffizient
Extinktionskoeffizient
Unabhängige Reflexe
Daten / Parameter / Goodness-of-Fit
R-Werte [I>2σ (I)]
R-Werte (alle Daten)
Größte / kleinste
Restelektronendichte [e/106 pm3]
monoklin, C2/m (Nr. 12)
1473,5(3)
582,02(8)
403,67(9)
104,408(10)
335,29(11) , 4
2,902
14,566
272
0,1 x 0,12 x 0,23
2,5 - 27,5
-22 ≤ h ≤ 22, -8 ≤ k ≤ 8, -6 ≤ l ≤ 6
1548
psi-Scan
0,8435
0,052(3)
427(R int = 0,0281)
423 / 33 / 1,182
R1 = 0,0169, wR2 = 0,0393
R1 = 0,0219, wR2 = 0,0411
0,427 / -0,662
87
Tabelle 5.19 Atomkoordinaten und anisotrope (Rb, O, C) bzw. isotrope (H)
Auslenkungsparameter (10-4 pm2) für RbHCO3.
x
Rb
O1
O2
C
Ha)
0,16091(2)
0,6877(2)
0,5767(2)
0,6152(2)
0,531(4)
y
0
0
0,1921(3)
0
0,167(11)
z
0,29526(6)
1,1003(6)
0,7363(4)
0,8632(7)
0,585(15)
U11 /Ueq
0,0433(2)
0,033(1)
0,045(1)
0,031(1)
0,050(17)
0,0282(2)
0,044(1)
0,0257(8)
0,027(1)
U22
U33
0,0271(2)
0,038(1)
0,0389(9)
0,027(1)
U13
U23
U12
0
0,0039(1) 0
0
-0,0046(9) 0
0,0011(6) -0,0038(7) -0,0026(6)
0
0,008(1)
0
a) H-Lage halbbesetzt.
Tabelle 5.20
Atomabstände d(Rb-L)a) (pm), Flächengrößen F (10-4 pm2) und
Raumwinkel φ im Wirkungsbereich von Rb in RbHCO3.
L
d(M-L)
F
φ
O1i
O2ii
O2iii
O2iv
O2v
O1vi
O1ii
O1vii
Hv
Hxvii
Cviii
286,7(2)
290,7(2)
290,7(2)
300,4(2)
300,4(2)
304,9(3)
306,6(1)
306,6(1)
315(6)
315(6)
351,4(3)
6,389
4,771
4,771
3,759
3,759
4,618
3,713
3,713
1,780
1,780
0,863
1,821
1,423
1,423
1,131
1,131
1,352
1,093
1,093
0,516
0,516
0,211
L
d(M-L)
F
φ
Hix
Hxviii
O2ix
O2xviii
Rbix
Rbxviii
Rbxiii
Rbxiv
O2vi
O2viii
Rbxx
356(6)
356(6)
390,6(2)
390,6(2)
399,2(1)
399,2(1)
403,7(2)
403,7(2)
405,8(2)
405,8(2)
474,8(1)
0,696
0,696
0,373
0,373
0,657
0,657
0,100
0,100
0,107
0,107
0,060
0,157
0,157
0,068
0,068
0,151
0,151
0,024
0,024
0,022
0,022
0,011
a) Symmetrietransformationen für die äquivalenten Atome:
i) -x+1,-y,-z+2; ii) x-1/2,y-1/2,z-1; iii) x-1/2,-y+1/2,z-1; iv) x-1/2,-y+1/2,z; v) x-1/2,y-1/2,z;
vi) -x+1,y,-z+1; vii) x-1/2,y+1/2,z-1; viii) -x+1,-y,-z+1; ix) -x+1/2,-y+1/2,-z+1; x) x+1/2,y+1/2,z+1;
xi) x+1/2,y-1/2,z+1; xii) x+1/2,y+1/2,z; xiii) x,y,z+1; xiv) x,y,z-1; xv) x,-y,z; xvi) -x,-y+1,-z-1;
xvii) x-1/2,-y+1/2,z; xviii) -x+1/2,y-1/2,-z+1; xix) x-1/2,y+1/2,z; xx) -x,-y,-z; xxi) x+1/2,y-1/2,z;
xxii) -x+1/2,y-1/2,-z; xxiii) -x+1/2,y+1/2,-z.
5.3.2 Diskussion der Kristallstruktur
_
In RbHCO3 bildet das Rb+-Kation Schichten senkrecht zu [201], die sich als verzerrte
Sechsecknetze beschreiben lassen und in Projektion entlang a deckungsgleich angeordnet
sind. In den zwischen solchen Schichten liegenden verzerrt hexagonal-prismatischen Lücken
befinden sich zyklische dimere [H2(CO3)2]2--Anionen (Abb. 5.16, 5.17).
Ein Vergleich von Projektionen der Kristallstrukturen von RbHCO3 mit der von KHCO3 [5],
das in der Raumgruppe P21/a und mit vergleichbarer Metrik kristallisiert (Abb. 5.16), zeigt die
88
strukturelle Verwandtschaft. Offensichtlich gehorchen beide Verbindungen dem gleichen
Bauprinzip.
Nach einer Analyse des Wirkungsbereichs von Rb+ (Tabelle 5.20, 5.21) wird das Kation durch
acht nahe (d(Rb-O): 287-307 pm) sowie vier weiter entfernte Sauerstoffatome (d(Rb-O): 391406 pm) umgeben (Abb. 5.19). Die Berechnung der Rb-O-Valenzsummen ergibt bei
Berücksichtigung von nECoN den Wert 1,05; danach entsprechen die auftretenden
Bindungslängen den erwarteten Werten. Betrachtet man nur diejenigen Bindungen, deren
Beitrag zu nECoN größer als 0,5 ist, kann das sich ergebende Koordinationspolyeder als
zweifach über quadratische Flächen überkapptes trigonales Prisma beschrieben werden. Ein
ähnliches Koordinationspolyeder wird auch in KHCO3 gefunden.
Projektion der Kristallstrukturen von RbHCO3 (a) und KHCO3 [5] (b) mit
Blick entlang a und eingezeichneter Elementarzelle. H-Lagen in RbHCO3 sind
halb besetzt.
Abb. 5.16
a)
b)
a
a
O1
C
O2
H
Rb
K
b
O2
O1
C
O3
H
b
89
Abb. 5.17
Projektion der Struktur von RbHCO3 mit Blick entlang b. Zur Bezeichnung der
Atome vgl. Abb. 5.16.
c
b
a
Abb. 5.18
Ausschnitt der Struktur von RbHCO3: Umgebung des dimeren [H2(CO3)2]2-Anions. Rb-O-Abstände < 320 pm sind dick, > 320 pm dünn eingezeichnet,
H-Lagen sind halb besetzt.
xiv
Rb
Rb
xxii
xxiii
vi
Rb
Rb
O1
C
xviii
vi
ix
Rb
viii
Rb
vi
O2
viii
H Hvi
O2
xv
H H
xv
O2 O2
xii
Rb
xxi
Rb
C
x
Rb
xi
Rb
vi
O1
Rb
i
Rb
90
Tabelle 5.21 Abstände d(Rb-O) in RbHCO3 [pm], Anteile zur effektiven Koordinationszahl
n
ECoN a) [88] sowie Bindungsvalenzen (berechnet nach [53] (sBrown)b) und
unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c).
L
O1i a)
O2ii
O2iii
O2iv
O2v
O1vi
O1ii
d(Rb-L)d
286,7(2)
290,7(2)
290,7(2)
300,4(2)
300,4(2)
304,9(3)
306,6(1)
Anteil
zu nECoN
1,22
1,14
1,14
0,95
0,95
0,86
0,83
sBrown
sE
0,195
0,175
0,175
0,135
0,135
0,119
0,114
0,171
0,154
0,154
0,118
0,118
0,105
0,100
L
d(M-L)
O1ii
O2ix
O2xviii
O2vi
O2viii
sBrown
sE
0,83
0,02
0,02
0,00
0,00
0,114
0,012
0,012
0,008
0,008
0,100
0,010
0,010
0,007
0,007
7,9
1,20
1,05
Anteil
zu nECoN
306,6(1)
390,6(2)
390,6(2)
405,8(2)
405,8(2)
Σ
a) Startradius für Rb+: 161 pm. b) ro = 226,3 pm. c) roE = 221,4 pm. d) Zu Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle
5.20.
Abb. 5.19
Koordination von Rb+ durch O in RbHCO3. H-Atomlagen sind halb besetzt.
Indizes entsprechen Symmetrieoperatoren, vgl. Tabelle 5.20. Abstände
d(Rb-O) > 310 pm sind als dünne Linien eingezeichnet.
O2
vii
O2vi
O1
i
O1
O1
vii
O2
O1
Rb
O2
iv
O2
O2ix
vi
iii
v
O2
O1
xvii
ii
ii
91
Abb. 5.20
Dimere [H2(CO3)2]2--Anionen in RbHCO3 (oben, H-Lagen halb besetzt) und
KHCO3. Zu den Symmetrieoperationen vgl. Tabelle 5.20.
O2
H
H
vi
O2
vi
O1
O1
Cvi
C
O2xv
vi
H
xv
Hviii
O2
viii
O2xvi
O3
H
O1
O1
Cxvi
C
O2
xvi
Hxvi
O3xvi
Die Strukturen von RbHCO3 und KHCO3 unterscheiden sich vor allem in den
Bindungsverhältnissen im dimeren Anion (vgl. Abb. 5.20). In RbHCO3 bildet das
Kohlenstoffatom des Anions eine Bindung zu O1 sowie zwei symmetrieäquivalente
Bindungen zu O2 aus (d(C-O1): 124,5(2)pm, d(C-O2): 130,0(2) pm). Die Verknüpfung
zweier solcher CO3-Gruppen durch Wasserstoffbrückenbindungen erfolgt über O2 (d(O2-O2):
256,8(3) pm). Eine Einteilung der Sauerstoffatome in Wasserstoffbrückendonoren und
-akzeptoren kann nicht erfolgen. In KHCO3 [] sind die an C gebundenen Sauerstoffatome
symmetrieunabhängig. Hier werden drei unterschiedliche C-O-Bindungslängen beobachtet:
die längste ist dem H-Brückendonor zuzuordnen, die zwischen dem H-Brückenakzeptor und
C auftretende Bindungslänge nimmt eine Mittelstellung ein. Insgesamt ergibt sich für das
dimere Anion in RbHCO3 die im Vergleich zu KHCO3 (Ci) höhere Lagesymmetrie C2h.
Die höhere Symmetrie in RbHCO3 spiegelt sich auch bei den ermittelten Lagen für H wieder.
Hier werden in einer Differenzfouriersynthese (vgl. Abb. 5.21) entlang der
Wasserstoffbrückenbindung je zwei symmetrieäquivalente Restelektronendichten beobachtet,
die auf eine zur Hälfte besetzte H-Lage (d(O2-H): 80 (5) pm, d(H-H): 100(11) pm)
zurückzuführen sind und einen symmetrischen „double minimum“-Potentialverlauf
nahelegen.
In den CO3-Baugruppen des Anions in RbHCO3 kann keine signifikante Auslenkung der C(0,2(3) pm) und H-Atome (0(6) pm) aus der durch O1, O2 und O2vi definierten Ebene
92
festgestellt werden. Insgesamt ist das [H2(CO3)2]2--Anion jedoch nicht planar, der Abstand der
durch jeweils drei Sauerstoffatome gebildeten Ebenen beträgt für RbHCO3 10,0(7) pm. In
KHCO3 sind deutlichere Abweichungen von der Planarität festgestellt worden [5,6]. Der
Mittelwert der C-O-Bindungslängen (RbHCO3: 128,2 pm, KHCO3: 128,4 pm) liegt für beide
Verbindungen im erwarteten Bereich.
Tabelle 5.22 Bindungslängen (pm) und -winkel (°) von [H2(CO3)2]2--Anionen in RbHCO3
und KHCO3 [5]. Zu den Symmetrieoperationen vgl. Tabelle 5.20.
RbHCO3
C
C
C
O2
O2
O2
H
-
O1
O2
O2xv
O2 vi
H
Hvi
Hvi
O1
O1
O2
C
-
C
C
C
O2
-
O2
O2xv
O2xv
H
KHCO3
124,5(3)
130,0(2)
130,0(2)
256,8(3)
80(5)
179(6)
100(11)
C
C
C
O3
O3
O2
-
O1
O2
O3
O2
H
Hxvi
120,68(13)
120,68(13)
118,6(3)
110(5)
O1
O1
O2
C
-
C
C
C
O3
124,0(3)
127,4(2)
133,7(2)
258,5(2)
109(3)
170(6)
-
O2
O3
O3
H
124,12(17)
117,74(16)
118,14(18)
111(3)
5.3.3 Vergleich der Strukturdaten von RbHCO3 mit schwingungsspektroskopischen
Untersuchungen
In jüngster Zeit sind in unserem Arbeitskreis von Dahm [10,11] an
Alkalimetallhydrogencarbonaten AHCO3 schwingungsspektroskopische Untersuchungen
durchgeführt worden, bei denen Bandenzuordnungen mit Hilfe von quantenmechanischen ab
initio-Berechnungen erfolgten. Dabei zeigte sich, daß Schwingungsspektren von KHCO3,
RbHCO3 und CsHCO3 im Bereich von 4000 bis 400 cm-1 nahezu identische Bandenlagen und
-intensitäten aufweisen. Man kann annehmen, daß die erhaltenen Spektren durch das
Schwingungsverhalten der in diesen Verbindungen vorliegenden dimeren [H2(CO3)2]2-Anionen bestimmt werden.
Diese Anionen sind in KHCO3 und CsHCO3 unterschiedlich angeordnet [5,23], besitzen aber
die gleiche Lagesymmetrie. Entsprechend ist die Zahl der möglichen Grundschwingungen und
damit auch die Zahl der Banden identisch. In RbHCO3 ergibt sich nach den in Kapitel 5.3.2
beschriebenen Ergebnissen der Röntgenstrukturanalyse eine höhere Symmetrie des Anions.
93
Die Zahl der hier möglichen Grundschwingungen sollte dadurch niedriger sein, für RbHCO3
wäre ein bandenärmeres Spektrum zu erwarten.
Daß dennoch für RbHCO3 die gleiche Zahl von Banden wie für KHCO3 und CsHCO3
beobachtet werden, kann durch ein in Abb. 5.22 skizziertes Fehlordnungsmodell für RbHCO3
erklärt werden. Danach entsteht das über die Röntgenbeugung erhaltene Strukturbild durch die
Überlagerung von zwei dimeren Anionen mit einer zu KHCO3 analogen Lagesymmetrie Ci,
die zueinander spiegelsymmetrisch sind (Abb. 5.22 a und b). Die sich so ergebende
Superpositionsstruktur (Abb. 5.22 c) läßt sich, wenn Abstände zwischen zwei dicht
benachbarten Atomlagen zu gering werden, röntgenographisch nicht mehr von der ermittelten
Struktur des Anions (Abb. 5.22 d) unterscheiden. Weil für schwingungsspektroskopische
Untersuchungen an Pulvern die Orientierung des Anions innerhalb des kristallographischen
Koordinatensystems keinen Einfluß auf die Bandenzahl hat, wird dann für KHCO3 und
RbHCO3 ein vergleichbares Schwingungsspektrum erhalten.
Neutronenbeugungsuntersuchungen an KHCO3 [6] liefern Hinweise darauf, daß ein solches
Fehlordnungsmodell zutreffen kann. Hier wurden im Anion zwei kristallographisch
unterschiedliche Wasserstofflagen bestimmt, die im Verhältnis 4:1 besetzt sind und durch
fehlgeordnete Anionen erklärt wurden. Die für RbHCO3 erhaltene Struktur ergibt sich dann
aus der Struktur von KHCO3 durch Besetzung der Punktlagen im Verhältnis 1:1 und einer
damit einhergehenden Kristallsymmetrieerhöhung von P21/a zu C2/m.
Abb. 5.21
Fourier- (a) und Differenzfouriersynthese (b) für RbHCO3, Schnitt entlang der
durch O2, O2vi und O2vii des [H2(CO3)2]2--Anions gebildeten Ebene. Die
Schichtlinienabstände entsprechen 2 (a) bzw. 0,25 e/106 pm3 (b), die Nullinie
ist gestrichelt eingezeichnet.
(a)
(b)
94
Abb. 5.22
Abbildung des dimeren [H2(CO3)2]2--Anions aus KHCO3 (a) und eines dazu
spiegelsymmetrischen Anions (b). Durch Übereinanderlegen von (a) und (b)
erhält man eine Superpositionsstruktur (c), die mit der ermittelten Struktur des
Anions in RbHCO3 (d) vergleichbar ist.
a)
c)
b)
d)
5.3.4 Zu einer Phasenumwandlung von RbHCO3
Bei Messungen der elastischen Konstanten von KHCO3 wurde von Haussühl [15] eine
Phasenumwandlung von KHCO3 bei 318 K nachgewiesen. Röntgenographische
Einkristalluntersuchungen zeigten, daß die Phasenumwandlung mit einer Symmetrieerhöhung
von P21/a nach C2/m beschrieben werden kann. In einer durchgeführten Strukturanalyse [16]
wurde ein Modell mit fehlgeordneten dimeren Anionen entsprechend Abb. 5.22 c ermittelt,
jedoch sind die angegebenen Temperaturfaktoren physikalisch unsinnig. Nach neueren
Untersuchungen, bei denen auch eine druckinduzierte Phasenumwandlung detektiert wurde,
scheint die in der Raumgruppe C2/m kristallisierende Hochtemperaturphase von KHCO3
isotyp zum in Abschnitt 5.3.2 beschriebenen RbHCO3 zu sein [120]. Wegen der
kristallchemischen Ähnlichkeit von K- und Rb-Verbindungen ist wahrscheinlich, daß auch
RbHCO3 eine Phasenumwandlung eingeht und bei Raumtemperatur bereits in einer
Hochtemperaturphase vorliegt. Messungen am System RbHCO3 / Wasser in Abhängigkeit
von der Temperatur [121] legen ebenfalls eine Phasenumwandlung nahe; die
Umwandlungstemperatur wurde zu 269,5 K bestimmt.
95
Im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Versuche, die Struktur einer möglichen
Tieftemperaturphase zu bestimmen, scheiterten: nach Abkühlen eines Kristalls von RbHCO3
auf 263 K auf einem Vierkreisdiffraktometer konnten die ermittelten Reflexlagen nicht
eindeutig indiziert werden. Mögliche Ursachen sind, daß die Phasenumwandlung nicht
vollständig eintrat oder Zwillingsbildung auftrat. Hier müssen weitere Untersuchungen
durchgeführt werden, um die mögliche Existenz einer Tieftemperaturphase zu verifizieren.
Dazu bietet sich die Kristallzucht unterhalb der Umwandlungstemperatur an, die in dieser
Arbeit nicht durchgeführt werden konnte.
5.3.5 Mischkristallbildung von RbHCO3 und KHCO3
Zur weiteren Untersuchung von Zusammenhängen zwischen den Strukturen von RbHCO3 und
KHCO3 wurden Mischkristalle mit der Zusammensetzung K1-xRbxHCO3 dargestellt und
röntgenographisch charakterisiert.
Zur Darstellung von Mischkristallen mit niedrigem Rubidiumgehalt wurde aus methanolischer
KOCH3-Lösung (etwa 1 mol/l K+), RbOCH3-Lösung (etwa 2 mol/l Rb+) und Wasser (5
Vol.-%) eine methanolische Alkalimetallhydroxid-Lösung mit einem RbOH:KOHMolverhältnis 1:3 hergestellt und mit einer zum OH--Gehalt äquimolaren Menge
Dimethylcarbonat umgesetzt. Nach drei Tagen wurde ein entstandener Niederschlag
abfiltriert. Aus der Mutterlauge fielen innerhalb einer weiteren Woche zur
Röntgenstrukturanalyse geeignete Kristalle aus.
Mischkristalle mit hohem Rubidiumgehalt wurden aus einer bei 40 °C gesättigten wäßrigen
Lösung von RbHCO3 und KHCO3 (Molverhältnis 1:3) durch langsames Abkühlen erhalten.
Versuche, Mischkristalle mit einem Rb-Gehalt von 0,1 darzustellen, führten nicht zum Erfolg.
Hier wurde das aus einer entsprechend zusammengesetzten wäßrigen KHCO3/RbHCO3Lösung ausgefallene Produkt als KHCO3 identifiziert.
Einkristalluntersuchungen mit Präzessionsmethoden deuteten auf Isotypie der Mischkristalle
mit RbHCO3, Überstrukturreflexe konnten auch bei Langzeitbelichtungen nicht nachgewiesen
werden. Die Ermittlung der Gitterkonstanten und Beugungsintensitäten erfolgte auf einem
Vierkreisdiffraktometer. Eine statistische Analyse der Existenzbedingungen deutete analog zu
RbHCO3 auf die Raumgruppen C2, Cm und C2/m, von denen die zentrosymmetrische gewählt
wurde. Die Bestimmung der Zusammensetzung erfolgte während der Strukturbestimmung
durch Freigabe des Besetzungsverhältnisses von K und Rb, die eine Mischpunktlage bilden.
Das Ergebnis der Strukturermittlung bestätigte die vermutete Isotypie zu RbHCO3. Danach
lassen sich die erhaltenen Mischkristalle als K1-xRbxHCO3 mit x = 0,332(4) bzw. x = 0,794(7)
formulieren (Standardabweichungen aus der Strukturverfeinerung). Für weitere Daten zur
Strukturbestimmung vgl. Tabelle 5.23, zu Lageparametern und Temperaturfaktoren siehe
Tabelle 5.24. Eine Auftragung der erhaltenen Gitterkonstanten in Abhängigkeit von der
Zusammensetzung findet sich in Abb. 5.24.
96
Tabelle 5.23 Kristalldaten und Strukturverfeinerung für K1-xRbxHCO3 mit x = 0,33 und
x = 0,79.
x
Kristallsystem
Raumgruppe
a [pm]
b [pm]
c [pm]
β [°]
Zellvolumen[106 pm] / Z
Dichte (ber.) [g/cm3]
µ (MoKα) [mm-1]
Kristallgröße [mm3]
Θ-Bereich [°]
hmin., hmax., kmin., kmax., lmin., lmax.
Gemessene Reflexe
Unabhängige Reflexe
Tmin.
Daten / Parameter / Goodnes-of-Fit
R-Werte [I>2σ (I)]
R-Werte (alle Daten)
Größte/kleinste
Restelektronendichte [e/pm6]
0,332(4)
monoklin
C2/m (Nr. 12)
1514,3(8)
569,21(10)
380,2(2)
104,79(2)
316,9(2) / 4
2,342
4,951
0,08 x 0,1 x 0,15
2,5 - 27,5
-24, 24, -9, 9, -6, 6
1452
400 (Rint = 0,0150)
0,7392
392 / 33 / 1,075
R1 = 0,0150, wR2 = 0,0366
R1 = 0,0185, wR2 = 0,0379
0,794(7)
monoklin
C2/m (Nr. 12)
1498,1(4)
578,54(9)
394,64(10)
104,584(12)
331,02(13) / 4
2,242
4,793
0,1 x 0,12 x 0,18
2,5 - 27,5
-22, 22, 0, 8, -5, 5
835
419 (Rint = 0,0189)
0,7848
405 / 33 / 1,058
R1 = 0,0164, wR2 = 0,0342
R1 = 0,0277, wR2 = 0,0366
0,201 / -0,228
0,318 / -0,247
Tabelle 5.24 Atomkoordinaten und anisotrope (Rb, O, C) bzw. isotrope (H)
Auslenkungsparameter (pm2) für K1-xRbxHCO3 mit x = 0,33 und x = 0,79.
x
y
z
U11 /Ueq U22
U33
U13
U23
U12
247(2)
365(8)
417(6)
263(9)
0
0
13(4)
0
35(1)
-14(6)
-32(4)
75(7)
0
0
-16(4)
0
270(2)
410(12)
427(9)
305(13)
0
0
17(7)
0
48(1)
-44(9)
-21(7)
100(11)
0
0
-15(7)
0
K1-xRbxHCO3 mit x = 0,332(4)
K, Rb
O1
O2
C
H
0,16329(2)
0,69201(10)
0,57909(7)
0,61844(12)
0,531(4)
0
0
0,1965(2)
0
0,167(11)
0,29610(8)
1,0925(4)
0,7285(3)
0,8570(5)
0,585(15)
369(2)
302(7)
356(6)
266(9)
440(110)
302(2)
463(9)
289(6)
299(10)
K1-xRbxHCO3 mit x = 0,794(7)
K, Rb
O1
O2
C
H
0,16184(2)
0,6894(2)
0,57765(10)
0,6164(2)
0,531(3)
0
0
0,1928(3)
0
0,181(8)
0,29595(8)
1,0938(6)
0,7325(3)
0,8594(7)
0,572(11)
420(2)
340(12)
414(9)
282(15)
390(130)
295(2)
464(14)
280(9)
310(2)
97
Abhängigkeit der Gitterkonstanten von K1-xRbxHCO3 von der
Zusammensetzung x. Fehlerbalken repräsentieren die ermittelten
Standardabweichungen. Zu Werten von RbHCO3 vgl. Abschnitt 5.3.1, Daten
zu KHCO3 sind [5] entnommen.
Abb. 5.23
a [pm]
β [°]
105
1520
1515
104,8
1510
1505
104,6
1500
1495
104,4
1490
1485
1480
104,2
1475
1470
104
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
0,2
0
x
6
0,4
3
x
0,6
0,8
1
0,6
0,8
1
VEZ [10 pm ]
b [pm]
340
584
582
335
580
578
330
576
325
574
572
320
570
315
568
566
310
564
562
305
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
x
c [pm]
400
395
390
385
380
375
370
0,2
0,4
0,6
x
0,2
0,4
x
405
0
0
0,8
1
98
Eine Analyse des Verlaufs der Gitterkonstanten in Abhängigkeit vom K-Gehalt (Abb. 5.23)
zeigt, daß die Mischkristallreihe KHCO3/RbHCO3 die Vegardsche Regel nicht streng erfüllt.
Abweichungen treten dabei auch in demjenigen Bereich auf, in dem nach den
Strukturuntersuchungen mit 0,32 < x < 1 isotype Verbindungen entstehen. Mögliche Ursache
dafür ist, daß die Fehler der über die Strukturverfeinerung erhaltenen Besetzungsverhältnisse
höher sind, als der Standardabweichung entnommen werden kann. Ebenso können Details der
RbHCO3-Struktur bei zunehmendem K-Gehalt so verändert werden, daß Auswirkungen dieser
Veränderungen durch einen nichtlinearen Verlauf der Metrik-Daten kompensiert werden
müssen und letztlich zu einem „Umkippen“ in die Struktur von KHCO3 führen.
Der Wirkungsbereich des Alkalimetallions bzw. der K/Rb-Mischpunktlage, dessen Form
offensichtlich mit der Zusammensetzung der Mischkristalle korelliert, ist ein solches
strukturelles Detail. Eine Darstellung der entsprechenden Polyeder für RbHCO3, KHCO3 [5]
und die dargestellten Mischkristalle findet sich in Abb. 5.24. Auffällig ist, daß insbesondere
kleine Polyederflächen deutlich mit der Zusammensetzung variieren. Daneben treten bei
zunehmendem K-Gehalt zusätzliche Flächen auf, die im Wirkungsbereich von K+ in KHCO3,
aber nicht in RbHCO3 beobachtet werden. Hier deutet sich ein fließender Übergang zwischen
den Strukturen von RbHCO3 und KHCO3 an, der im Widerspruch zur Einordnung von
RbHCO3 und K1-xRbxHCO3-Mischkristallen als isotype Verbindungen steht.
Die C-O-Bindungslängen und -winkel im [H2(CO3)2]2--Anion (Tabelle 5.26) entsprechen für
die Mischkristalle im Rahmen der Standardabweichungen den Werten aus RbHCO3. Hier
wird kein signifikanter Einfluß vom K-Gehalt festgestellt. Wie in RbHCO3 treten keine
signifikanten Aplanaritäten der CO3-Baugruppen des dimeren Anions auf. Jedoch steigt der
Abstand zwischen den Ebenen, die durch die jeweiligen drei Sauerstoffatome der CO3Baugruppen gebildet werden, von 10,0(7) pm (RbHCO3) auf 12,4(6) pm (x = 0,79) bzw.
17,5(4) pm (x = 0,33). In KHCO3 beträgt der entsprechende Wert 33 pm.
Abb. 5.24
a)
Wirkungsbereiche des Kations in RbHCO3 (a), KHCO3 (d, nach Daten aus [5])
und den Mischkristallen K1-xRbxHCO3 mit x = 0,79 und x = 0,33 (b und c). Zu
den zugehörigen Bindungslängen, Flächengrößen und Raumwinkeln siehe
Tabellen 5.25 und 5.19.
b)
c)
d)
99
Tabelle 5.25 Bindungslängen d(A-L)a) (A = Alkalimetall, pm) sowie Eckenzahl N,
Flächengrößen F (104 pm2) und Raumwinkel φ zugehöriger
Wirkungsbereichsflächen in K1-xRbxHCO3 mit x = 0,79 und x = 0,33. Zum
Vergleich sind entsprechende Werte in KHCO3 (x = 0, nach Daten aus [5])
angegeben.
L
d(A-L)
N
F
φ
x = 0,79
O1i
O2ii
O2iii
O2iv
O2v
O1vi
O1ii
O1vii
H1v
H1xvii
C1ii
C1vii
C1viii
H1ix
H1xviii
O2iv
O2xviii
Rbix
Rbxviii
Rbviii
Rbxix
O2vi
O2viii
O1xxi
O1iv
Rbxx
d(A-L)
N
F
φ
L
x = 0,33
283,9(2)
287,8(2)
287,8(2)
296,9(2)
296,9(2)
300,9(3)
305,6(1)
305,6(1)
310(5)
310(5)
8
8
8
6
6
8
6
6
5
5
6,408
4,760
4,760
3,701
3,701
4,808
3,621
3,621
1,955
1,955
1,846
1,440
1,440
1,132
1,132
1,419
1,076
1,076
0,574
0,574
352,7(3)
356(5)
356(5)
398,0(2)
398,0(2)
397,4(1)
397,4(1)
394,7(2)
394,7(2)
408,7(2)
408,7(2)
4
4
4
4
4
4
4
3
3
5
5
0,609
0,625
0,625
0,145
0,145
0,646
0,646
0,165
0,165
0,052
0,052
0,145
0,129
0,129
0,024
0,024
0,149
0,149
0,042
0,042
0,011
0,011
482,4(1) 4 0,033 0,006
275,8(2)
280,4(2)
280,4(2)
289,5(2)
289,5(2)
293,9(2)
301,0(1)
301,0(1)
312(4)
312(4)
328,2(2)
328,2(2)
349,9(3)
354(4)
354(4)
403,6(2)
403,6(2)
391,4(1)
391,4(1)
380,2(4)
380,2(4)
408,2(2)
408,2(2)
409,7(3)
409,7(3)
488,3(3)
10
9
9
7
7
10
6
6
6
6
3
3
4
4
4
4
4
6
6
3
3
4
4
3
3
4
6,340
4,662
4,662
3,971
3,971
4,834
3,473
3,473
1,337
1,337
0,002
0,002
0,337
0,759
0,759
0,001
0,001
0,564
0,564
0,235
0,235
0,006
0,006
0,002
0,002
0,005
d(A-L)
N
F
φ
x=0
1,899
1,475
1,475
1,270
1,270
1,470
1,067
1,067
0,388
0,388
0,000
0,000
0,081
0,160
0,160
0,000
0,000
0,134
0,134
0,064
0,064
0,001
0,001
0,000
0,000
0,001
O1ix
O3xxi
O2
O3xxii
O2viii
O1xxiii
O1
O1xxi
H1xxii
H1xxiv
C1
C1xxi
C1xxiii
269,8(2)
278,4(2)
274,2(2)
288,5(2)
282,6(2)
287,6(2)
300,8(2)
292,9(2)
350(5)
351(4)
320,5(1)
369,9(1)
344,8(2)
8
8
8
10
8
8
5
6
4
4
3
4
4
6,224
4,715
4,703
4,989
4,853
4,792
3,176
3,585
0,379
0,635
0,027
0,004
0,252
1,928
1,481
1,536
1,532
1,552
1,505
0,998
1,142
0,078
0,156
0,007
0,001
0,062
O2xx
O3xxiv
Kix
Kxviii
Kviii
Kxix
420,2(2)
395,0(2)
385,4(1)
385,4(1)
371,1(1)
371,1(1)
3
6
5
5
3
3
0,134
0,729
0,514
0,514
0,280
0,280
0,025
0,143
0,126
0,126
0,080
0,080
O2xxiii
O1xxi
401,6(2) 5
400,4(2) 4
0,008 0,002
0,045 0,010
a) Symmetrietransformationen für die äquivalenten Atome:
i) -x+1,-y,-z+2; ii) x-1/2,y-1/2,z-1; iii) x-1/2,-y+1/2,z-1; iv) x-1/2,-y+1/2,z; v) x-1/2,y-1/2,z;
vi) -x+1,y,-z+1; vii) x-1/2,y+1/2,z-1; viii) -x+1,-y,-z+1; ix) -x+1/2,-y+1/2,-z+1; x) x+1/2,y+1/2,z+1;
xi) x+1/2,y-1/2,z+1; xii) x+1/2,y+1/2,z; xiii) x,y,z+1; xiv) x,y,z-1 xv) x,-y,z; xvi) -x,-y+1,-z-1;
xvii) x-1/2,-y+1/2,z; xviii) -x+1/2,y-1/2,-z+1; xix) x-1/2,y+1/2,z; xx) -x,-y,-z xxi) x,y-1,z; xxii) x,y-1,z+1;
xxiii) -x+1/2,y-1/2,-z; xxiv) -x,-y+1,-z.
100
Tabelle 5.26 Bindungslängen [pm] und -winkel [°] in [H2(CO3)2]2--Anionen in
K1-xRbxHCO3 mit x = 0,332(4) und x = 0,794(7).
K1-xRbxHCO3
C
C
C
O2
O2
O2
H
-
O1
O2
O2xv
O2vi
H
Hvi
Hvi
O1
O1
O2
C
-
C
C
C
O2
-
O2
O2xv
O2xv
H
x = 0,332(4)
x = 0,794(7)
123,8(2)
130,2(1)
130,2(1)
257,5(2)
80(3)
178(4)
99(7)
124,3(3)
129,8(2)
129,8(2)
257,5(3)
82(4)
176(4)
95(8)
120,82(8)
120,82(8)
118,4(2)
117(3)
120,76(12)
120,76(12)
118,5(2)
116(4)
5.4 Rb2CO3 * 1,5 H2O
Alkalimetallcarbonate M2CO3 mit M = Na, K, Rb, Cs bilden bei der Darstellung aus wäßriger
Lösung Hydrate, die je nach Kristallisationstemperatur unterschiedliche Kristallwassergehalte
aufweisen. Natriumcarbonat-Hydrate Na2CO3 * n H2O mit n = 1, 7 und 10 sind seit langem
bekannt und strukturell charakterisiert [30-35], ebenso K2CO3 * 1,5 H2O [44] und
KNaCO3 * 6 H2O [47]. Von Rb2CO3 * 1,5 H2O wurden bisher nur die Gitterkonstanten
bestimmt [122].
Neuere Angaben zu den Carbonat-Hydraten von Rb entstammen thermischen Untersuchungen
an Lösungen [123,124] sowie aus TG/DTA-Daten [125,126]. Aufgrund unterschiedlicher
Angaben zum Kristallwassergehalt und fehlender Strukturuntersuchungen sind vergleichende
Betrachtungen der Alkalimetallcarbonat-Hydrate bisher nicht möglich.
5.4.1 Darstellung und röntgenographische Untersuchungen
Zur Darstellung von Rb2CO3 * 1,5 H2O in Pulverform wurde eine übersättigte wäßrige
Rb2CO3-Lösung hergestellt. Ein Tropfen dieser Lösung wurde über P4O10 bis zur Trockne
eingeengt und der Rückstand zerrieben. Nach Zugabe des Rückstands zur Lösung bei
Raumtemperatur fiel das gewünschte Produkt aus. Es wurde scharf abgesaugt und nach
mehrmaligem Zerreiben unter CO2-Ausschluß über P4O10 getrocknet.
Rb2CO3 * 1,5 H2O ließ sich auch analog zur Darstellung von Rb4[H2(CO3)3] * H2O und
RbHCO3 (vgl. Abschnitt 5.2 und 5.3) über alkalische Dialkylcarbonathydrolyse gewinnen.
101
Dazu wurden unter sonst gleichen Bedingungen je mol RbOH 0,5 mol Dimethylcarbonat
verwendet. Nach einer Woche war das Produkt ausgefallen. Einkristalle von
Rb2CO3 * 1,5 H2O konnten der Mutterlauge entnommen werden. Übriges Produkt wurde
abfiltriert, zerrieben und unter vermindertem Druck getrocknet.
Ein Vergleich der Röntgenpulverdaten von so dargestellten Proben mit Literaturdaten [122]
zeigte, daß nach beiden Methoden identische Produkte erhalten wurden.
Ein ausgesuchter Kristall wurde unter trockenem Ar-Strom in eine Glaskapillare eingebracht.
Die Bestimmung der Metrik erfolgte auf einem Vierkreisdiffraktometer mit je 25 genau
zentrierten Reflexen. Pulveraufnahmen ließen sich mit den ermittelten Werten
widerspruchsfrei indizieren. Die Auslöschungsbedingungen wurden Präzessionsaufnahmen
entnommen. Zur Berücksichtigung von Absorptionseffekten wurde eine empirische
Absorptionskorrektur durchgeführt. Für Rb2CO3 * 1,5 H2O kamen als Raumgruppen C2/c und
Cc in Frage, von denen sich im Verlauf der Strukturanalyse die zentrosymmetrische als
zutreffend erwies. Die Ermittlung der Schweratomlagen gelang durch Pattersonmethoden,
weitere C- und O-Lagen wurden durch Fouriersynthesen ermittelt. Nach Verfeinerung der
Lageparameter unter Verwendung anisotroper Temperaturfaktoren konnten auf H-Atome
zurückzuführende Restelektronendichten einer Differenzfouriersynthese entnommen und als
H-„Lagen“ mit isotropen Temperaturfaktoren verfeinert werden. Weitere Angaben zur
Strukturbestimmung finden sich in Tabelle 5.27.
Tabelle 5.27 Kristalldaten und Daten zur Strukturverfeinerung für Rb2CO3 *1,5 H2O.
Kristallsystem / Raumgruppe
a [pm]
b [pm]
c [pm]
β [°]
Zellvolumen [106 pm3], Z
Dichte (ber.) [g/cm3]
µ ( MoKα ) [mm -1]
F(000)
Kristallgröße [mm3]
Θ-Bereich zur Datensammlung [°]
hmin, hmax, kmin, kmax, lmin, lmax
Anzahl der gemessenen Reflexe
Unabhängige Reflexe
min. Transmission
Daten / Parameter / Goodness-of-Fit
Extinktionskoeffizient
R-Werte [I>2σ(I)]
R-Werte (alle Daten)
Größte/kleinste Restelektronendichte [e/106 pm3]
monoklin / C 2/c (Nr. 15)
1237,7(2)
1385,94(7)
747,7(4)
120,133(8)
1109,3(6), 8
3,089
17,567
952
0,1 x 0,15 x 0,2
2,5 - 27,5
-19, 19, 0, 22, -12, 12
2538
1274 (Rint = 0,0491)
0,60
1222 / 83 / 1,005
0,00318(8)
R1 = 0,0235, wR2 = 0,0378
R1 = 0,0498, wR2 = 0,0424
0,870 / -0,582
102
Abb. 5.25
Projektion der Struktur von Rb2CO3 * 1,5 H2O entlang c.
a
O5
H3
O1
O3
Rb3
C
H2
H1 O2
O4
Rb1
b
Rb2
5.4.2 Diskussion der Kristallstruktur
Rb2CO3 * 1,5 H2O kristallisiert isotyp zu K2CO3 * 1,5 H2O [44]. Die ermittelte Metrik
entspricht im Rahmen der Fehlergenauigkeit den Angaben aus [122]. Die Elementarzelle gibt
Abb. 5.25, ausgewählte Bindungslängen und -winkel sowie effektive Koordinationszahlen
n
ECoN [88] Tabellen 5.28-5.31 wieder. Zur Diskussion hier nicht behandelter
Strukturmerkmale vgl. [44].
In dieser Struktur werden CO32--Anionen und H2O über Wasserstoffbrückenbindungen
verknüpft und bilden Ketten von [(CO32-)(H2O)]n parallel [001], die über O(W)4 zu
1
2∞{[(CO3 )(H2O)])2(H2O)}-Doppelsträngen verbunden sind (Abb. 5.25). Innerhalb dieser
Stränge wird Rb1 eingelagert. Rb2 und Rb3 bilden senkrecht zu [001] nahezu planare 63-
103
Netze (Seitenlänge ≈ 1/3 b), die annähernd "auf Deckung" gestapelt sind. In den sich so
ergebenden verzerrt hexagonalen Prismen befinden sich CO32--H2O-Doppelstränge und Rb1.
O2 des CO32--Anions (Abb. 4a) ist Akzeptor einer, O3 von zwei H-Brückenbindungen. O1 ist
nicht in das H-Brücken-System einbezogen. Die Längen der Wasserstoffbrücken (d(O-O):
266,4(4) - 272,0(4) pm) sind ebenso wie die Längen der C-O-Bindungen im CO32--Anion
(d(C-O): 126,8(4) - 129,2(5) pm, Mittelwert: 128,3 pm) vergleichbar mit denen in K2CO3 *
1,5 H2O [44]. Ursache für die unterschiedlichen C-O-Bindungslängen ist offensichtlich die
Beteiligung von O2 und O3 an den H-Brücken. Die Bindungswinkel im Anion weichen vom
idealen 120o-Winkel ab (< O-C-O: 119,2(3) - 120,6(3)o). Erwartungsgemäß liegt der kleinste
Winkel gegenüber der kürzesten C-O-Bindung (vgl. Abschnitt 4.2). Insgesamt ist das
Carbonat-Anion im Rahmen der Meßgenauigkeit planar.
Nach einer Analyse der Wirkungsbereiche von Rb+ hat Rb1 neun, Rb2 zehn und Rb3 acht
Kontakte zu Sauerstoffatomen (d(Rb-O): 287,1(3) - 345,6(2) pm), wobei sich unregelmäßige
Koordinationspolyeder ergeben (Tabellen 5.28 und 5.29, Abb. 5.28). Das CO32--Anion dient
sowohl als ein- als auch als zweizähniger Ligand. Die Berechnung der Valenzsummen ergibt
bei Berücksichtigung von nECoN für Rb1, Rb2 und Rb3 die Werte 0,93, 1,01 und 1,11. Die
Abstände d(Rb1-O) sind danach länger, die von Rb3 kürzer als erwartet.
Abb. 5.26
Verknüpfung von CO32--Anionen und H2O zu 1∞{[(CO32-)(H2O)])2(H2O)}Doppelsträngen. Zur Bezeichnung der Atome vgl. 5.25.
104
Abb. 5.27
Umgebung des CO32--Anions und der Wassermoleküle in Rb2CO3 * 1,5 H2O.
Rb3
Rb1
Rb1
vii
ii
Rb2
iv
O1
Rb1
C
H3
O3
xiii
O3
Rb3
O2
ii
H2
H1
H3
Rb1
xi
xi
H1
O4 xi
O4
H2
Rb2
Rb3 iv
Rb1
iv
Rb2
O4
O3 xvi
H2
H1
xvi
C
O2
xvi
O1
O2
Rb3 xii
O1 xvi
Rb1
C
O3
Rb1
xiv
xv
O5
H3 xiii
H3
O3 xiii
O3
O2
O2
Rb1
C
O1
iv
Rb1 vii
Cxiii
O1 xiii
xiii
iv
105
Abb. 5.28
Umgebung von Rb+ in Rb2CO3 * 1,5 H2O.
i
iv
O1
i
O3
i
H3
iv
O5
iv
H3
O2
iii
H3
iv
O3
iii
O5
i
O1
x
H3
iv
H2
iv
iv
O2
H1
Rb1
iv
O4
ii
O1
O2
O3
ii
C
C
ii
ii
O3
O2
O1
i
O2
i
O3
i
C
v
O1
i
O1
v
C
v
O3
iv
O2
iv
O1
iv
C
v
O2
v
H1
iv
O3
v
O2
Rb2
v
O4
O1
H2
H1
C
O4
O3
H2
vii
O1
vii
O3
vii
C
vi
O2
ix
vii
H2 O4ix
O2
vi
C
vi
O3
ix
H1
viii
H1
vi
O1
viii
H2
viii
O4
Rb3
O1
iv
O4
iv
H2
O3
iv
H1
C
x
O4
ii
O2
O2
x
H2
ii
C
ii
ii
O1
O3
x
H1
106
Tabelle 5.28 Atomkoordinaten und anisotrope (Rb, O, C) bzw. isotrope (H)
Auslenkungsparameter (pm2) für Rb2CO3 * 1,5 H2O.
x
Rb1
Rb2
Rb3
O1
O2
O3
C
O4
O5
H1
H2
H3
y
0,14481(3)
0
0,5
0,3912(2)
0,2046(2)
0,3151(2)
0,3044(3)
0,1486(2)
0,5
0,194(3)
0,170(4)
0,445(3)
Tabelle 5.29
Ld)
z
0,86067(3)
0,68935(4)
0,88024(4)
0,7200(2)
0,6511(2)
0,6352(2)
0,6692(2)
0,5385(2)
0,5152(3)
0,559(3)
0,481(4)
0,547(3)
0,04328(5)
0,25
0,25
0,3466(3)
0,1678(4)
0,5102(4)
0,3411(5)
0,5720(5)
0,75
0,525(6)
0,616(8)
0,688(6)
Σ
U22
U33
U13
U23
U12
24(1)
26(1)
20(1)
23(1)
19(1)
31(1)
19(1)
28(1)
44(3)
20(10)
80(20)
20(10)
30(1)
27(1)
24(1)
31(2)
26(1)
43(2)
15(2)
26(2)
27(3)
21(1)
19(1)
18(1)
24(1)
21(1)
26(1)
20(2)
39(2)
49(3)
-2(1)
0
0
-6(1)
-3(1)
13(1)
0(2)
2(2)
0
11(1)
13(1)
8(1)
13(1)
5(1)
14(1)
10(1)
18(1)
2(2)
-2(1)
0
0
-7(1)
-2(1)
-2(1)
3(1)
0(1)
0
Abstände d(Rb-O) in Rb2CO3 * 1,5 H2O [pm], Anteile zur effektiven
Koordinationszahl nECoN a) sowie Bindungsvalenzen (berechnet nach [53]
(sBrown)b) und unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c)).
d(Rb-L)
Anteil
zu nECoN
sBrown
sE
Rb1
O1i
O1ii
O5iii
O2ii
O2
O4iv
O3iv
O1
O5iv
O3x
U11 /Ueq
L
d(M-L)
Anteil
zu nECoN
sBrown
sE
Rb2
293,0(2)
294,0(3)
294,2(3)
298,5(3)
302,6(3)
306,0(3)
312,0(3)
335,6(2)
336,3(2)
388,3(3)
1,21
1,19
1,18
1,10
1,01
0,95
0,83
0,43
0,42
0,03
8,36
0,165
0,160
0,160
0,142
0,127
0,116
0,099
0,052
0,051
0,013
1,08
0,142
0,138
0,137
0,122
0,109
0,100
0,085
0,045
0,044
0,011
0,93
O1i, O1ii
O2, O2v
O4, O4v
O3i, O3iv
O3, O3v
290,0(2)
293,0(3)
301,6(3)
319,8(2)
344,5(2)
Σ
1,23
1,17
1,00
0,66
0,30
0,179
0,165
0,131
0,080
0,041
0,152
0,140
0,111
0,068
0,035
8,72
1,19
1,01
1,15
1,09
0,93
0,72
0,195
0,179
0,146
0,108
0,172
0,158
0,129
0,095
7,79
1,26
1,11
Rb3
O1, O1vi
O2ii, O2vii
O4iv, O4viii
O4ix, O4x
Σ
286,9(3)
289,9(2)
297,5(4)
308,8(3)
a) Startradius für Rb+: 161 pm, r(O2-): 140 pm. b) ro = 226,3 pm. c) roE = 220,7 (Rb1), 220,3 (Rb2) und 221,7 pm
(Rb3). d) Zu Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 5.30.
107
Tabelle 5.30
L
d(M-L)
Atombstände d(Rb-L)a) (pm), Flächengrößen F (104 pm2) und
Raumwinkel φ in den Wirkungebereichen von Rb in Rb2CO3 * 1,5 H2O.
F
φ
Wirkungsbereich von Rb1
O1i
O1ii
O5iii
O2ii
H3x
H3iv
O2
H1iv
O4iv
O3iv
Cii
H2iv
O1
O5iv
C
H3i
H2x
H1x
Rb2
Rb3
O3x
Rb3ii
Rb1v
293,0(2)
294,0(3)
294,2(3)
298,5(3)
299(4)
303(5)
302,6(3)
303(4)
306,0(3)
312,0(3)
326,1(5)
327(5)
335,6(2)
336,3(2)
338,7(3)
340(4)
349(6)
357(4)
374,0(1)
385,5(1)
388,3(3)
390,1(1)
403,3(1)
5,158
4,048
3,423
3,629
2,758
3,106
4,291
1,637
2,077
2,285
0,280
1,401
2,289
0,191
0,505
0,949
0,915
0,989
1,015
0,696
0,014
0,241
0,069
L
d(M-L)
F
φ
Wirkungsbereich von Rb2
1,549
1,259
1,045
1,122
0,813
0,981
1,279
0,567
0,641
0,703
0,075
0,379
0,645
0,047
0,143
0,257
0,258
0,279
0,266
0,177
0,003
0,062
0,017
H1, H1v
O1i, O1ii
O2, O2v
O4, O4v
O3i, O3iv
Ci, Civ
O3, O3v
C, Cv
H2xiv, H2xi
H3i, H3iv
Rb1, Rb1v
Rb3i, Rb3ii
Rb3xv
288(3)
290,0(2)
293,0(3)
301,6(3)
319,8(2)
340,7(3)
344,5(2)
347,5(4)
362(6)
370(4)
374,0(1)
386,1(1)
428,4(1)
3,108
4,380
4,322
2,623
2,848
0,027
0,653
0,147
0,723
0,577
1,015
0,363
0,044
1,037
1,383
1,357
0,737
0,840
0,006
0,184
0,038
0,186
0,150
0,266
0,094
0,010
Wirkungsbereich von Rb3
H2ix, H2x
O1, O1vi
O2ii, O2vii
O4iv, O4viii
O4ix, O4x
H1ix, H1x
H2iv, H2viii
Rb1, Rb1vi
Rb2iv, Rb2ii
Rb1iv, Rb1vii
Rb2ix
284(5)
286,9(3)
289,9(2)
297,5(4)
308,8(3)
334(4)
335(6)
385,5(1)
386,1(1)
390,1(1)
428,4(1)
2,861
5,317
3,969
4,344
1,564
0,766
0,525
0,696
0,363
0,241
0,044
1,000
1,624
1,231
1,340
0,423
0,199
0,128
0,177
0,094
0,062
0,010
a) In dieser Tabelle verwendete Symmetrietransformationen für die äquivalenten Atome:
i) x-1/2,-y+3/2,z-1/2; ii) -x+1/2,-y+3/2,-z; iii) x-1/2,y+1/2,z-1; iv) -x+1/2,-y+3/2,-z+1; v) -x,y,-z+1/2;
vi) x+1,y,-z+1/2; vii) x+1/2,-y+3/2,z+1/2; viii) x+1/2,-y+3/2,z-1/2; ix) x+1/2,y+1/2,z;
x) -x+1/2,y+1/2,-z+1/2; xi) x,-y+1,z-1/2; xii) -x+1,y,-z+3/2; xiii) x,-y+1,z+1/2; xiv) -x,-y+1,-z+1;
xv) x-1/2,y-1/2,z.
108
Tabelle 5.31 Bindungslängen [pm] und -winkel [°] im CO32--Anion und in den
Kristallwassermolekülen für Rb2CO3 * 1,5 H2Oa).
C
-O1
-O2
-O3
126,8(4)
128,9(3)
129,2(5)
∠
∠
∠
O1-C-O2
O1-C-O3
O2-C-O3
120,6(3)
120,1(3)
119,2(3)
O4 -H1
-H2
O5 -H3, H3xii
85(4)
85(5)
74(3)
∠
∠
H1-O4-H2
H3-O5-H3xiii
109(4)
107(6)
272,0(4)
268,7(4)
266,4(4)
∠
∠
O3-O4-O2xiii
O3-O5-O3xii
114,3(1)
102,7(2)
O2 -O4xi
O3 -O4
-O5
a) Zu Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 5.30.
5.4.3 Thermische Zersetzung
Zur analytischen Absicherung des Kristallwassergehalts wurden
TG/DTA-Analysen
durchgeführt. Die Zersetzung von Rubidiumcarbonat-Hydrat beginnt danach bei etwa 100 oC
und ist bei 200 oC mit Bildung von wasserfreiem Rb2CO3 abgeschlossen. Die
Gewichtsabnahme beträgt 10,8 % (∆mber. für Rb2CO3 * 1,5 H2O: 10,5 %). Damit können
Angaben in [123] zum Kristallwassergehalt dieser Substanzen bestätigt werden. Messungen,
bei denen der Kristallwassergehalt zu 1,75 bzw. 2 mol H2O je mol Rb2CO3 ermittelt wurde
[125,126], waren wahrscheinlich durch anhaftende oder eingeschlossene Mutterlauge
verfälscht.
Zu Beginn der Zersetzung wird ein breites, schwaches DTA-Signal (Tonset/Tpeak: 100/112 oC)
beobachtet, auf das ein zweiter, starker Peak folgt (Tonset/Tpeak: 155/158 oC). Ein drittes Signal
(Tonset/Tpeak: 166/173 oC) kennzeichnet das Ende der Zersetzung. In der Gewichtskurve wird
bei 168 °C ein Knick beobachtet (∆m: ≈ 5,3 %), der auf die Ausbildung einer Zwischenstufe
mit der Zusammensetzung „Rb2CO3 * 0,75 H2O“ hindeutet.
Um die Existenz einer solchen Zwischenstufe zu überprüfen, wurde zerriebenes Rb2CO3 * 1,5
H2O in einer Petrischale auf 120 °C erhitzt und über vier Wochen bei dieser Temperatur
stehengelassen. Eine anschließende röntgenographische Unersuchung ergab, daß sich bereits
wasserfreies Rb2CO3 gebildet hatte. Damit kann die Bildung eines stabilen niedrigeren
Hydrats aus Rb2CO3 * 1,5 H2O nicht bestätigt werden. Das Auftreten der endothermen
Signale bei 155 und 168 °C kann entsprechend nicht auf Zersetzungen von Zwischenstufen
zurückgeführt werden. Möglich ist, daß bei 155 °C noch unzersetztes Rb2CO3 * 1,5 H2O
schmilzt und die gebildete Rb2CO3-Lösung bei 168 °C siedet. Der beobachtete Knick in der
109
Gewichtsabnahme kann dann mit unterschiedlichen Verdampfungsgeschwindigkeiten von
freiwerdendem Wasser erklärt werden.
Abb. 5.29
DTA/TG-Diagramm zur thermischen Zersetzung von Rb2CO3 * 1,5 H2O
5.5 Cs2CO3 * 3 H2O
Entsprechend zu den Hydraten von Rb2CO3 entstammen neuere Angaben zu CäsiumcarbonatHydraten thermischen Untersuchungen an wäßrigen Cs2CO3-Lösungen [124] sowie DTA/TGDaten [125]. Danach existiert unterhalb von -15,6 °C Cs2CO3 * 8 H2O, im Bereich von -38
bis -18 °C kann als metastabile Verbindung Cs2CO3 * 5 H2O entstehen [124]. Dem bei
Raumtemperatur aus wäßriger Lösung kristallisierenden Hydrat werden die
Zusammensetzungen Cs2CO3 * 3,5 H2O [125] und Cs2CO3 * 3 H2O [124] zugeordnet.
Zwischen 89 und 103 °C wurde Cs2CO3 * 1,5 H2O, oberhalb 103 °C Cs2CO3 * 0,5 H2O
nachgewiesen, wovon sich letzteres bei 151 °C unter CO2-Abgabe zersetzten soll [124]. Über
Kristallstrukturen ist nichts bekannt.
Nach der Strukturaufklärung von Rb2CO3 * 1,5 H2O war eine eingehendere Untersuchung von
Cs2CO3 * 3 H2O von Interesse, da wegen des höheren H2O/CO32--Verhältnisses ein bisher bei
Alkalimetallcarbonat-Hydraten unbekanntes Carbonat-Wasser-Verknüpfungsmuster zu
erwarten war.
110
5.5.1 Darstellung und röntgenographische Charakterisierung
Zur Darstellung von Pulverproben wurde aus Cs2CO3 eine übersättigte wäßrige Lösung
hergestellt. Ein Tropfen dieser Lösungen wurde über P4O10 bis zur Trockne eingeengt und der
Rückstand zerrieben. Nach Zugabe des Rückstands zur Lösung bei RT fiel das Produkt in
Form von großen, farblosen Kristallen aus. Es wurde scharf abgesaugt und nach mehrmaligem
Zerreiben unter CO2-Ausschluß über P4O10 getrocknet.
Cs2CO3 * 3 H2O konnte auch analog zur Darstellung von Rb2CO3 * 1,5 H2O aus einer
wasserhaltigen ethanolischen Cäsiumhydroxidlösung (Lösung aus 20 g Cs / 100 g Ethanol mit
5 Gew.-% bidest. H2O) dargestellt werden, die mit 0,5 mol Diethylcarbonat pro mol CsOH
versetzt wurde. Das in langen Nadeln mit deutlichen Lösungsmitteleinschlüssen anfallende
Produkt wurde nach dem Abfiltrieren zerstoßen und unter vermindertem Druck getrocknet.
Zur Gewinnung von Cs2CO3 * 3 H2O-Einkristallen wurden Tropfen von gesättigter, wäßriger
Cs2CO3-Lösung in den Deckel einer Petrischale gegeben, in der sich von Mutterlauge
bedecktes Cs2CO3 * 3 H2O befand. In den so aufgehängten Tropfen trat langsame
Kristallisation ein.
Cs2CO3 * 3 H2O zerfließt an der Luft innerhalb weniger Minuten und muß unter CO2- und
Feuchtigkeitsausschluß gelagert werden.
Von Pulverproben angefertigte Röntgenpulveraufnahmen (vgl. Anhang) ließen sich mit auf
einem Vierkreisdiffraktometer ermittelten Werten zur Metrik widerspruchsfrei indizieren. Zur
Bestimmung der möglichen Raumgruppen erfolgten Einkristallpräzessionsaufnahmen. Nach
den dort entnommenen Auslöschungsbedingungen kamen die Raumgruppen Pc und P2/c in
Frage, von denen sich im Verlauf der Strukturbestimmung die zentrosymmetrische als
zutreffend erwies. An den gemessenen Reflexintensitäten wurde eine numerische
Absorptionskorrektur durchgeführt. Die Strukturlösung erfolgte über direkte Methoden, die
die Lagen von Cs, C und O ergaben. Nach Verfeinerung der Lageparameter unter
Verwendung von anisotropen Temperaturfaktoren konnten einer Differenzfourieranalyse
Restelektronendichten, die auf H-Atome zurückzuführen waren, entnommen und mit
isotropen Temperaturfaktoren in die Verfeinerung einbezogen werden. Um unplausible O-HAbstände und H-O-H-Winkel zu vermeiden, wurden in einer weiteren Verfeinerung O-H- und
H-H-Abstände über „restraints“ auf chemisch sinnvolle Werte gesetzt (d(O-H): 90 pm;
d(H-H): 146 pm). Weitere Angaben zur Strukturbestimmung finden sich in Tabelle 5.32, zu
erhaltenen Lageparametern und Temperaturfaktorten siehe Tabelle 5.33.
111
Tabelle 5.32 Kristalldaten und Daten zur Strukturverfeinerung für Cs2CO3 * 3 H2O.
Kristallsystem, Raumgruppe
monoklin, P 2/c (Nr. 13)
a [pm]
654,5(2)
b [pm]
679,06(6)
c [pm]
886,4(2)
β [°]
90,708(14)
6
3
Zellvolumen [10 pm ], Z
393,9(2), 2
3
3,203
-1
µ ( MoK α ) [mm ]
9,226
F(000)
340
Dichte (ber.) [g/cm ]
3
Kristallgröße [mm ]
0,002
Θ-Bereich zur Datensammlung [°]
3 - 27,5
hmin, hmax, kmin, kmax, lmin, lmax
-11, 11, 0, 12, -16, 0
Anzahl der gemessenen Reflexe
971
Unabhängige Reflexe
912(Rint = 0,0188)
max./min./ mittlere Transmission
0,56/0,34/0,50
Daten / Parameter / Goodness-of-Fit
898 / 56 / 1,183
Extinktionskoeffizient
0,075(23)
R-Werte [I>2σ(I)]
R1 = 0,0205, wR2 = 0,0503
R-Werte (alle Daten)
R1 = 0,0249, wR2 = 0,0523
6
3
Größte/kleinste Restelektronendichte [e/10 pm ]
1,057 / -1,020
Tabelle 5.33 Atomkoordinaten und anisotrope (Cs, O, C) bzw. isotrope (H)
Auslenkungsparameter (10-4 pm2) für Cs2CO3 * 3 H2O.
x
Cs
O1
O2
C
O3
O4
H1
H2
H3
H1a)
H2a)
H3a)
0,24750(3)
0,5000
0,3342(4)
0,5000
0,2367(5)
0,0000
0,278(8)
0,273(8)
0,082(9)
0,269(7)
0,273(7)
0,110(2)
y
0,15698(3)
0,8570(5)
0,5754(4)
0,6715(7)
0,2913(6)
0,8258(6)
0,347(7)
0,387(8)
0,713(9)
0,338(5)
0,384(4)
0,746(3)
z
0,07441(2)
0,2500
0,2208(3)
0,2500
0,4254(4)
0,2500
0,516(7)
0,370(7)
0,253(8)
0,518(2)
0,358(3)
0,262(9)
U11 /Ueq
0,0327(2)
0,037(2)
0,032(1)
0,025(2)
0,068(2)
0,033(2)
0,03(1)
0,04(1)
0,07(2)
0,03(1)
0,04(1)
0,09(2)
a) Lageparameter bei Verwendung von „restraints“
U22
0,0284(2)
0,026(2)
0,033(1)
0,028(2)
0,036(2)
0,037(2)
U33
0,0262(2)
0,053(3)
0,039(14)
0,018(2)
0,029(2)
0,037(2)
U13
U23
U12
0,00006(8) -0,00018(9) -0,00113(8)
0
-0,050(2)
0
0,004(1) -0,006(1) -0,006(1)
0
0,003(2)
0
0,03(1)
-0,001(1) -0,016(1)
0
0,004(2)
0
112
5.5.2 Diskussion der Kristallstruktur
In Cs2CO3 * 3 H2O (Abb. 5.30) bildet Cs gewellte Schichten parallel zur (101)-Ebene mit y =
0. Zwischen diesen Schichten befinden sich über H-Brücken verknüpfte CO32--Anionen und
Kristallwassermoleküle. Dabei werden [(CO32-)(H2O)]n-Ketten ausgebildet, die parallel [100]
verlaufen. Weiteres Kristallwasser verknüpft diese Ketten zu Schichten der Zusammensetzung
2
2∞{[(CO3 )(H2O)](H2O)2} (Abb. 5.31).
Die Koordination von Cs durch O ist stark verzerrt (Abb. 5.32). Eine Analyse des
Wirkungsbereichs zeigt, daß zur Betrachtung des Koordinationspolyeders zehn Cs-OAbstände von 304,0(2) bis 367,3(3) pm berücksichtigt werden müssen (nECoN: 9,2). Danach
wird Cs durch sechs H2O-Moleküle und vier Sauerstoffatome dreier Anionen koordiniert. Als
Valenzsumme erhält man bei Berücksichtigung von nECoN den Wert 0,93; die Cs-OBindungen sind demnach länger als erwartet. Bei Berechnung der Valenzsumme nach Brown
[53] wird mit 0,99 ein besserer Wert erhalten.
Abb. 5.30
Perspektivische Darstellung der Struktur von Cs2CO3 * 3 H2O mit Blick
entlang b.
a
O1
C
Cs
H1 H2
O2
O3
c
H3
O4
b
113
Abb. 5.31
Abb. 5.32
Die Verknüpfung von CO32- und H2O in Cs2CO3 * 3 H2O zu Schichten der
Zusammensetzung 2∞{[(CO32-)(H2O)](H2O)2}. Zur Bezeichnung der Atome vgl.
Abb. 5.30.
Die Umgebung von Cs in Cs2CO3 * 3 H2O.
iii
O3
i
O4
iv
O3
ii
O4
O3
i
O1
vii
O2
O2
v
O1
x
O3
vi
O3
114
Die Längen der C-O-Bindungen im Anion (Abb. 5.33) unterscheiden sich deutlich (d(C-O):
125,9(6) bzw. 129,0(3) pm). Die Bindungswinkel entsprechen innerhalb von zwei
Standardabweichungen einem idealen 120°-Winkel; erwartete Werte waren 117(1)° für <(O2C-O2) und 121(1)° für <(O1-C-O2) (vgl. Abschnitt 4.2). O1, das nicht an HBrückenbindungen beteiligt ist, hat Kontakt zu vier Cs (304,0(2) - 333,57(8) pm). O2 des
Anions ist Akzeptor von drei Wasserstoffbrückenbindungen (d(O2-O(W)): 278,5(4) 283,5(4) pm) und wird außer von H durch ein dicht benachbartes sowie ein weiter entferntes
Cs umgeben (d(O2-Cs): 317,2(3) und 367,4(3) pm).
O(W)3 und O(W)4 (Abb. 7b und 7c) koordinieren je vier Cs (d(O3-Cs): 324,4(3) - 349,7(4)
pm; d(O4-Cs): 318,9(3) - 328,51(8) pm). Die sich bei Einbeziehung der H-Brückenbindungen
ergebenden "Koordinationssphären" der Kristallwassermoleküle sind verzerrt oktaedrisch.
Die Temperaturfaktoren der Atome in Cs2CO3 * 3 H2O sind im Vergleich mit z.B.
CsHCO3Ê[23] ungewöhnlich hoch. Mögliche Ursachen für dieses Verhalten sind der hohe
Kristallwassergehalt der Verbindung sowie der schichtartige Aufbau der Struktur. Das
Schwingungsverhalten von O3 ist stark anisotrop, die Hauptachse des Schwingungsellipsoids
liegt parallel zu der Ebene, die durch die drei dichtest benachbarten Cs-Atome aufgespannt
wird. Hier ist die Ursache also in der ungleichmäßigen Verteilung der koordinierenden CsAtome zu suchen.
Tabelle 5.34
Atomabstände d(Cs-L)a) (pm), Flächengrößen F (104 pm2) und
Raumwinkel φ im Wirkungsbereich von Cs in Cs2CO3 * 3 H2O.
L
d(M-L)
F
φ
L
d(M-L)
F
φ
O1i
H2
H3vii
O2
O4i
O3
O4ii
O3iii
O3iv
O1v
H1vii
H1vi
304,0(2)
305(6)
316(7)
317,2(3)
318,8(3)
324,4(4)
328,5(1)
329,8(3)
331,9(4)
333,6(1)
342(4)
346(5)
5,276
3,388
2,769
2,591
4,632
2,209
2,362
5,284
3,646
3,107
2,123
1,691
1,478
0,992
0,838
0,771
1,261
0,557
0,625
1,327
0,967
0,850
0,569
0,473
H1iv
O3vi
C1v
H2iii
H3i
H2vii
O2vii
O3x
H2iii
Csxvii
Csxviii
Csiii
347(4)
349,7(3)
353,2(2)
353(5)
358(6)
359(6)
367,3(3)
397,3(4)
379(5)
408,4(1)
416,1(1)
452,1(1)
0,779
1,479
0,819
1,379
0,025
0,880
0,168
0
0,019
0,861
0,697
0,027
0,224
0,385
0,233
0,362
0,007
0,242
0,048
0
0,003
0,196
0,154
0,005
In dieser Tabelle verwendete Symmetrietransformationen für symmetrieäquivalente Atome:
i) x,y-1,z; ii) -x,-y+1,-z; iii) -x,y,-z+1/2; iv) x,-y,z-1/2; v) -x+1,-y+1,-z; vi) -x+1,y,-z+1/2; vii) x,-y+1,z-1/2;
viii) -x+1,y+1,-z+1/2; ix) x,y+1,z; x) x,-y+1,z+1/2; xi) x,-y,z+1/2; xii) -x,y+1,-z+1/2; xiii) -x,y-1,-z+1/2;
xiv) x+1,y,z; xv) -x,y+1,-z+1; xvi) x-1,y,z; xvii)-x,-y,-z; xviii) -x+1,-y,-z.
115
Abb. 5.33 Umgebung des CO32--Anions und der Kristallwassermoleküle in Cs2CO3 * 3 H2O
Cs
Cs
ix
Cs
viii
x
xv
O4
O3
O1
Cs
vi
O4
v
C
vii
O3
vi
O2
O2
O3
vi
O3
Cs
Cs
Cs
vi
Cs
xi
iii
Cs
O3
H2
H1
x
O2
O2
Cs
Cs
Cs
vi
Cs
x
ii
ix
O4
H3
O2
Cs
xii
iii
H3
iii
O2
116
Tabelle 5.35
Abstände d(Cs-O) in Cs2CO3 * 3 H2O [pm], Anteile zur effektiven
Koordinationszahl nECoN a) sowie Bindungsvalenzen (berechnet nach
Brown (sBrown)b) und unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c)).
L
d(Rb-L)
O1i
O2
O4i
O3
O4ii
O3iii
304,0(2)
317,2(3)
318,8(3)
324,4(4)
328,5(1)
329,8(3)
Anteil
zu nECoN
1,40
1,15
1,12
1,02
0,94
0,92
sBrown
sE
0,186
0,130
0,124
0,107
0,096
0,093
0,173
0,121
0,116
0,100
0,089
0,086
L
d(M-L)
O3iv
O1v
O3vi
O2vii
Anteil
zu nECoN
331,9(4)
333,6(1)
349,7(3)
367,3(3)
Σ
sBrown
sE
0,88
0,85
0,58
0,34
0,087
0,084
0,054
0,034
0,081
0,078
0,050
0,031
9,22
0,99
0,93
a) Startradius für Cs+: 176 pm, r(O2-): 140 pm. b) ro = 241,7 pm. c) roE = 239,1 pm. d) Zu Symmetrieoperatoren
vgl. Tabelle 5.34.
Tabelle 5.36 Weitere Bindungslängen [pm] und -winkel [°] für Cs2CO3 * 3 H2Oa).
C -O1
125,9(6)
∠ O1-C-O2
C -O2, O2vi
129,0(3)
∠ O2-C-O2
O2 -O3
273,0(4)
∠ O(2)-O(3)-O(2)x
O2 -O3
vii
283,5(4)
120,4(2)
vi
∠ O(2)-O(4)-O(2)
119,2(4)
iii
109,7(1)
104,8(2)
O2 -O4
278,5(4)
O3 -H1
92(6) b)
∠ H1-O3-H2
96(5) b)
85(6) b)
∠ H3-O4-H3iii
70(7) b)
O3 -H2
O4 -H3, H3
iii
93(6)
b)
a) Zu Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 5.34.
b) Abstände und Winkel aus Strukturbestimmung mit freien H-Lagen.
5.5.3 Thermische Zersetzung von Cs2CO3 * 3 H2O
Cäsiumcarbonat-Hydrat zersetzt sich oberhalb von 90 oC, bei 250 oC ist die Zersetzung
beendet. Der Massenverlust von 14,5 % entspricht einer Zusammensetzung von
Cs2CO3 * 3 H2O (∆mber.: 14,2 %). Damit können die Angaben in [124] zum
Kristallwassergehalt dieser Substanzen bestätigt werden. Als Produkt der Zersetzung konnte
röntgenographisch wasserfreies Cs2CO3 nachgewiesen werden.
117
Das DTA-Signal (Abb. 5.34) weist zwei exotherme Signale auf (Tonset/Tpeak: 85 / 90 °C bzw.
208 / 212 oC). Dem ersten Signal folgt eine schwache, breite Schulter (Tpeak: 135 °C). Die
Gewichtskurve nimmt oberhalb von 85 °C ab und scheint sich unterhalb von 208 °C einem
Plateau zu nähern, dem aufgrund des Massenverlusts die Zusammensetzung „Cs2CO3 * 1,6
H2O“ zukommt.
Der Verlauf der thermischen Zersetzung von Cs2CO3 * 3 H2O legt damit die Existenz eines
weiteren Hydrats nahe. Um das Produkt der Zersetzung abzufangen, wurde getrocknetes
Cs2CO3 * 3 H2O über vier Wochen bei 120 °C stehengelassen. Dabei schmolz die Substanz;
die gebildete Cs2CO3-Lösung überzog sich mit einer Schicht aus farblosen Kristallen, deren
Metrik bestimmt werden konnte. Durch Vergleich mit Literaturdaten [127] zeigte sich, daß es
sich bei der unter diesen Bedingungen gebildeten Verbindung nicht um ein weiteres
Cäsiumcarbonat-Hydrat, sondern um wasserfreies Cs2CO3 handelt. Damit kann auf diese
Weise kein Cäsiumcarbonat-Hydrat mit niedrigerem Wassergehalt dargestellt werden.
Danach können den im DTA-Diagramm beobachteten Signalen analog zur Zersetzung von
Rb2CO3 * 1,5 H2O ein inkongruentes Schmelzen von Cs2CO3 * 3 H2O sowie der Siedepunkt
der entstandenen wäßrigen Cs2CO3-Lösung zugeordnet werden. Die beobachtete Annäherung
der Gewichtskurve an ein Plateau kann durch die Bildung einer festen Kristallschicht erklärt
werden, die beim Siedepunkt der Lösung aufplatzte. Aufgrund der Daten kann jedoch nicht
ausgeschlossen werden, daß ein weiteres Cäsiumcarbonat-Hydrat mit weniger als 3 mol
Kristallwasser pro Formeleinheit (vgl. [124]) in Kontakt mit Mutterlauge existiert.
Abb. 5.34
DTA/TG-Diagramm zur Zersetzung von Cs2CO3 * 3 H2O.
118
5.6 Cäsiumcarbonat
Die Kristallstruktur von Cs2CO3 wurde erstmals 1980 von Ehrhardt, Schweer und Seidel
[127] anhand von Röntgenpulveraufnahmen untersucht. Die auf diese Weise erhaltenen Daten
sind besonders bezüglich der Lage des CO32--Ions ungenau und führen zu unrealistisch kurzen
Cs-O-Abständen (d(Cs-O)min: 250 pm). Bessere, bisher unveröffentlichte Daten wurden von
Hoppe und Mitarbeitern [128] ermittelt, die als Nebenprodukt bei der Darstellung von
ternären Oxiden kristallines Cs2CO3 fanden. Zur Absicherung der Daten war die Entwicklung
eines reproduzierbaren Synthesewegs notwendig, mit dem gezielt kristallines Material
Cäsiumcarbonat hergestellt werden konnte.
5.6.1 Darstellung und röntgenographische Charakterisierung
Untersuchungen zur thermischen Zersetzung von Cs2CO3 * 3 H2O (vgl. Abschnitt 5.5)
ergaben, daß sich wasserfreies Cs2CO3 in kristalliner Form auf einfache Weise und
reproduzierbar durch Schmelzen des Hydrats bei 120 °C darstellen läßt. Bei langsamem
Verdampfen der entstandenen Cs2CO3-Lösung bildet sich eine Kristallhaut, aus der für die
Röntgenstrukturanalyse geeignete Kristalle präpariert werden können.
Tabelle 5.37 Kristalldaten und Angaben zur Strukturverfeinerung für Cs2CO3.
Kristallsystem / Raumgruppe
a [pm]
b [pm]
c [pm]
β [°]
Zellvolumen [106 pm3] / Z
Dichte (ber.) [g/cm3]
µ (MoKα) [mm-1]
F(000)
Kristallgröße [mm3]
Tmin.
Θ-Bereich zur Datensammlung [°]
hmin, hmax, kmin, kmax, lmin, lmax
Anzahl der gemessenen Reflexe
Unabhängige Reflexe
Daten / Parameter
Goodness-of-Fit
R-Werte [I>2σ(I)]
R-Werte (alle Daten)
Größte/kleinste
Restelektronendichte [e/106 pm3]
monoklin / P21/c (Nr. 14)
609,30(9)
1023,42(9)
810,60(14)
95,787(7)
502,89(12) / 4
4,304
14,372
560
0,07 x 0,1 x 0,12
0,8668
3 - 27,5
-9, 9, 0, 15, -12, 12
2296
1151(Rint. = 0,0631)
1122 / 0 / 55
1,304
R1 = 0,0532, wR2 = 0,1691
R1 = 0,0619, wR2 = 0,1786
2,641 / -1,973
119
Die Neubestimmung der Struktur erfolgte anhand von Vierkreisdiffraktometerdaten unter
empirischer Berücksichtigung der Absorption. Die Strukturlösung gelang durch PattersonMethoden in der Raumgruppe P21/c, denen die Lagen der Cs-Atome entnommen werden
konnten. Anschließende Fourier-Synthesen ergaben die Lagen der C- und O-Atome. Die
Verfeinerung der Lageparameter erfolgte unter Einbeziehung von anisotropen
Temperaturfaktoren. Die erhaltenen Ergebnisse bestätigen die Daten aus [127,128]. Weitere
Angaben zur Strukturbestimmung finden sich in, Tabelle 5.37, zu Lageparametern und
Temperaturfaktoren vgl. Tabelle 5.38.
Tabelle 5.38 Atomkoordinaten und anisotrope (Cs, O, C) bzw. isotrope (H)
Auslenkungsparameter (10-4 pm2) für Cs2CO3.
x
Cs1
Cs2
C
O1
O2
O3
y
0,24498(15)0,08695(9)
0,7432(2) 0,20727(10)
0,235(3)
0,4236(14)
0,2556(18) 0,5427(12)
0,073(2)
0,3520(12)
0,375(4)
0,3834(17)
z
0,17530(13)
0,48353(12)
0,2601(19)
0,3214(14)
0,2867(17)
0,171(3)
U11 /Ueq
U22
0,0213(5)
0,0392(6)
0,026(7)
0,027(6)
0,044(7)
0,106(15)
0,0213(5)
0,0295(6)
0,019(7)
0,035(6)
0,023(6)
0,043(9)
U33
U13
0,0474(7)-0,0029(4)
0,0311(5)-0,0048(4)
0,032(7) 0,001(6)
0,033(6) -0,008(5)
0,057(8) -0,008(5)
0,18(2) -0,056(11)
U23
0,0061(4)
0,0117(4)
0,005(6)
0,009(4)
0,019(6)
0,120(16)
U12
-0,0005(4)
-0,0082(4)
0,002(6)
-0,003(5)
-0,002(5)
-0,033(10)
5.6.2 Diskussion der Kristallstruktur
Cs2CO3 (Abb. 5.35) läßt sich analog zum isotyp kristallisierenden γ-K2CO3 [22] als verzerrte
Variante eines hexagonalen Idealtyps [104] in der Raumgruppe P63/mmc auffassen, der in
Abb. 5.36 im Vergleich zur beobachteten Struktur von Cs2CO3 dargestellt ist. In diesem
Idealtyp bildet eines von zwei kristallographisch unabhängigen Alkalimetallionen A ein
hexagonal-primitives Gitter, in dessen trigonal-prismatischen Lücken sich CO32--Anionen
sowie weitere Alkalimetallionen befinden. Die Schwerpunkte der Carbonat-Ionen sind in
Form einer hexagonal dichtesten Packung angeordnet. Alkalimetallionen liegen sowohl in als
auch zwischen den gebildeten Carbonat-Schichten. Für eine Alkalimetallionenlage zwischen
zwei Schichten ergibt sich eine oktaedrische Koordination durch Sauerstoffatome von
einzähnig koordinierenden CO3-Gruppen; durch Flächenverknüpfung mit je zwei weiteren
AO6-Polyedern resultieren Oktaederstränge entlang der 63-Achse. Alkalimetalle innerhalb der
Schichten sind von fünf CO32--Ionen in Form einer trigonalen Bipyramide umgeben; drei
Anionen sind als zweizähnige Liganden, zwei davon dreizähnig gebunden.
Die Struktur von Cs2CO3 leitet sich von diesem Idealtyp durch monokline Verzerrung des
hexagonal primitiven Gerüsts unter „Abkippen“ der CO32--Ionen von einer dreizähligen Achse
ab. Scheinbare Ursache dafür ist, daß die Struktur einem Aufbau mit deutlich unterschiedlich
120
koordinierten Anionen sowie einer dreizähnigen Bindung von Carbonat-Gruppen an
Alkalimetallionen ausweicht, die zu hohen elektrostatischen Abstoßungskräften zwischen A+
und positiv polarisierten C-Atomen führen würde.
Abb. 5.35
Projektion der Struktur von Cs2CO3 entlang a.
c
Cs2
O1
Cs1
O2
C
O3
a
b
Die Koordinationssphären von Cs1 und Cs2 (Abb. 5.37) weisen noch gemeinsame Merkmale
mit denen des Idealtyps auf. Cs1 ist verzerrt trigonal-bipyramidal von CO32--Anionen
umgeben. Entsprechend zum Idealtyp sind drei in einer Ebene angeordnete Anionen
zweizähnig gebunden (d(Cs-O): 308-326 pm). Die jeweils an den Spitzen der Bipyramide
angeordneten CO32--Anionen können wegen der im Vergleich zum Idealtyp „verkippten“
Anordnung nicht dreizähnig gebunden werden. Eines davon koordiniert Cs1 zweizähnig
(d(Cs-O): 316 bzw. 328 pm), das zweite ist weiter von Cs1 entfernt und koordiniert mit
d(Cs-O) = 404 pm schwach als einzähniger Ligand (zu Bindungslängen und Flächen des
Wirkungsbereichs vgl. Tabellen 5.39 und 5.41).
121
Abb. 5.36
Vergleich der Kristallstruktur von Cs2CO3 (oben, in Projektion entlang c) mit
dem hexagonalen Idealtyp für Alkalimetallcarbonate nach [104] (P63/mmc mit
Cs1 auf 2a (0, 0, 0), Cs2 auf 2d (1/3, 2/3, 3/4), C auf 2c (1/3, 2/3, 1/4) und O auf
6h (x, 2x, 1/4 mit x ≈ 0,21)). Im Idealtyp wird Cs1 von zwölf, Cs2 oktaedrisch
von sechs O koordiniert. Zur Bezeichnung der Atome vgl. Abb. 5.35.
a
Cs2
O3
O1
Cs1
c
O2
b
122
Abb. 5.37
Umgebung von Cs1 und Cs2 in Cs2CO3 mit eingezeichneten
Bindungsabständen d(Cs-O) < 410 pm.
O1
C
O3
O2
O2
iv
O2
O3iv
O3
Cs1
O1
C iv
O1
O1
C
iv
i
C
C iii
ii
O1
O2
O2i
ii
iv
C
vii
O2
C
iv
O3v
iv
O3iv
vii
vii
O3
O1
Cv
v
O2v
Cs2
vii
O2
O3 ii
O1
C
O3
C ii
O2
ii
iii
O3ii
O2
O1
ii
i
O3 i
O1
iii
O1
ii
O2
vi
O1vi
C vi
O3
vi
iii
123
Cs2 nimmt eine dem oktaedrisch koordinierten Kation im Idealtyp entsprechende Lage ein.
Dabei treten fünf kurze Cs-O-Abstände (d(Cs-O): 299 - 307 pm) zu je fünf CO32--Ionen auf,
ein sechster, verlängerter Abstand zu einem weiteren Anion (d(Cs-O): 359 pm) ergibt
zusammen mit den fünf kurzen Bindungen ein verzerrtes Oktaeder. Durch das „Abkippen“ der
Anionen tritt ein weiterer, verlängerter Cs2-O-Abstand (d(Cs-O): 359 pm) zu einem bereits
koordinierten Anion auf. Nach einer Analyse des Wirkungsbereichs von Cs2 (vgl. Tabellen
5.39, 5.41) sind zwei weitere Sauerstoffatome der koordinierenden Anionen (d(Cs2-O): 410
und 450 pm) als schwach mit Cs2 wechselwirkend anzusehen. Daraus ergibt sich für Cs1 und
Cs2 die gleiche Zahl von Sauerstoffatomen, die als chemisch koordiniert anzusehen sind.
Entsprechend kann relativ zum Idealtyp eine Annäherung der Koordinationsverhältnisse
beobachtet werden, die jedoch nicht vollständig erfolgt: die beobachteten
Bindungslängenverteilungen führen mit nECoN = 7,9 und 5,7 zu deutlich unterschiedlichen
effektiven Koordinationszahlen für Cs1 und Cs2.
Die Berechnung der Valenzsummen für Cs1 und Cs2 ergibt unter Berücksichtigung von
n
ECoN [88] mit 1,10 und 1,14 sehr hohe Werte, die auf ungewöhnlich kurze Cs-OBindungslängen deuten; Ergebnisse von Berechnungen nach Brown [53] sind entsprechend
(Tabelle 5.41).
Aufgrund der verzerrten Struktur koordinieren O1-O3 des Anions eine unterschiedliche Zahl
von Kationen (Abb. 5.38). O1 und O2 haben Kontakte zu fünf Cs (d(O1-Cs): 299 - 316 pm,
d(O2-Cs): 308 - 328 pm). Der Wirkungsbereich von O2 besitzt eine weitere gemeinsame
Fläche mit Cs2, der ein Abstand von 450 pm zugeordnet ist. Für O3 treten drei kurze (d(O3Cs): 299 - 314 pm) sowie drei lange Bindungen (d(O3-Cs): 368 - 410 pm) auf. Insgesamt
wird das CO32--Anion von elf Cs+ in Form eines verzerrten Würfels umgeben, wobei über drei
kantenverknüpfte Flächen weitere Cs+ angeordnet sind.
Die C-O1-Bindung (vgl. Tabelle 5.40) ist offensichtlich wegen der kurzen Abstände zwischen
O1 und Cs mit d(C-O1) = 133 pm deutlich länger als erwartet. d(C-O2) und d(C-O3) sind mit
126 und 124 pm im Rahmen der Standardabweichung gleich. Der Mittelwert der C-OAbstände entspricht mit 126(3) pm dem einer durchschnittlichen Carbonat-Gruppe. Die
Winkel im Anion weichen trotz unterschiedlicher Bindungslängen nicht signifikant vom 120°Idealwert eines unverzerrten CO32--Ions ab. Mögliche Unterschiede werden durch hohe
Standardabweichungen überdeckt, die bei der röntgenographischen Lageparameterbestimmung von C und O neben Cs auftreten. Für O3 ergibt sich ein deutlich erhöhter
Temperaturfaktor, der auf die im Vergleich zu O1 und O2 geringere Koordination an Cs
zurückzuführen ist.
Neben der Ableitung der Cs2CO3-Struktur von einem hexagonalen Idealtyp kann ein weiterer,
bislang unbeachteter Zugang zur Beschreibung der Struktur verwendet werden. Betrachtet
man deren Projektion entlang [011], wird ein Aufbau der Struktur über ein aufgefülltes,
verzerrt kubisch-primitives Gitter von Alkalimetallionen erkennbar (Abb. 5.39). In je zwei
von drei kubischen Lücken befinden sich CO32--Anionen, in den restlichen weiteres Cs+.
124
Entsprechend läßt sich diese Struktur auch als CsCl-Variante betrachten; gleiches gilt für
Na2CO3, K2CO3 und - sofern sich in [127] aus Pulveraufnahmen erhaltene Daten als
zutreffend erweisen - für Rb2CO3.
Abb. 5.38
Umgebung des CO32--Anions in Cs2CO3 mit eingezeichneten Cs-O-Abständen.
Abstände d(Cs-O) > 360 pm sind dünner eingezeichnet.
V
Cs2
I
Cs1
IV
Cs1
X
Cs2
VI
O1
X
Cs1
C
Cs2
O2
Cs2
O3
XI
Cs2
III
Cs2
III
Cs1
Abb. 5.39
Cs1
Projektion der Struktur von Cs2CO3 entlang [011]. Deutlich erkennbar sind ein
verzerrt kubisch-primitives Cs+-Gitter und die Besetzung der kubischen Lücken
durch CO32- bzw. weiteres Cs+. Zur Bezeichnung der Atome vgl. Abb. 5.35.
b
a
c
125
Tabelle 5.39
L
d(M-L)
Atombstände d(Cs-L)a) (pm), Flächengrößen F (104 pm2) und Raumwinkel φ
im Wirkungebereich von Cs in Cs2CO3.
F
φ
L
Wirkungsbereich von Cs1
O1i
O1ii
O2
O2i
O3
O1iii
O3ii
O2iii
Ciii
Ci
C
Cii
Cs2xi
Cs2
O3iv
Cs2viii
Cs2ii
Cs2iii
Cs1xiii
Cs2xii
308(1)
308(1)
308(1)
311(1)
314(2)
316(1)
326(2)
328(1)
336(2)
345(2)
351(1)
359(2)
390,4(2)
393,0(2)
404(3)
408,3(1)
409,6(1)
412,6(2)
429,4(2)
431,8(2)
4,788
5,169
5,227
4,963
4,967
4,463
4,539
3,704
1,508
0,429
0,000
0,003
0,954
1,945
3,677
1,395
0,764
0,785
0,118
0,705
1,311
1,400
1,374
1,312
1,292
1,193
1,138
0,965
0,359
0,066
0,000
0,000
0,230
0,433
0,727
0,283
0,169
0,164
0,025
0,123
d(M-L)
F
φ
Wirkungsbereich von Cs2
O3iv
O1ii
O1v
O2vi
O2vii
Cii
O3ii
O3
Cvii
Cs1vii
Cs1
Cs1viii
C
Cs1x
O3vii
Cs1iv
Cs2iv
Cs2iii
Cs1vi
O2
299(3)
299(1)
301(1)
306(2)
307(1)
353(2)
359(2)
368(2)
379(2)
390,4(2)
393,0(2)
408,3(1)
409(2)
409,6(1)
410(2)
412,6(2)
414,6(1)
414,6(1)
431,8(2)
450(1)
7,662
5,799
6,578
6,649
6,581
1,444
2,824
4,044
0,874
0,954
1,945
1,395
0,913
0,764
1,020
0,785
0,357
0,357
0,705
0,111
1,933
1,596
1,746
1,714
1,698
0,252
0,628
0,931
0,129
0,230
0,433
0,283
0,177
0,169
0,182
0,164
0,079
0,079
0,123
0,020
a) In dieser Tabelle verwendete Symmetrieoperatoren für symmetrieäquivalente Atome:
i) -x,y-1/2,-z+1/2; ii) -x+1,y-1/2,-z+1/2; iii) x,-y+1/2,z-1/2; iv) x,-y+1/2,z+1/2; v) -x+1,-y+1,-z+1;
vi) x+1,y,z; vii) x+1,-y+1/2,z+1/2; viii) -x+1,-y,-z+1; ix) -x,y+1/2,-z+1/2; x) -x+1,y+1/2,-z+1/2;
xi) x-1,-y+1/2,z-1/2; xii) x-1,y,z; xiii) -x,-y,-z.
Tabelle 5.40 Bindungslängen [pm] und -winkel [°] im CO32--Anion für Cs2CO3a).
C -O3
124(2)
∠ O3-C-O2
121(2)
C -O2
126(2)
∠ O3-C-O1
118(2)
C -O1
133(2)
∠ O2-C-O1
121(2)
a) Zu Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 5.39.
126
Tabelle 5.41
Ld)
Bindungslängen d(Cs-O) in Cs2CO3 (pm), Anteile zur effektiven
Koordinationszahl nECoN a) [88] sowie Bindungsvalenzen (berechnet nach
[53] (sBrown)b) und unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c)).
d(Rb-L)
Anteil
zu nECoN
sBrown
sE
Cs1
O1i
O1ii
O2
O2i
O3
O1iii
O3ii
O2iii
O3iv
Summe
L
d(M-L)
Anteil
zu nECoN
sBrown
sE
Cs2
308(1)
308(1)
308(1)
311(1)
314(2)
316(1)
326(2)
328(1)
404(3)
1,12
1,12
1,12
1,06
1,01
0,96
0,78
0,74
0,03
0,167
0,166
0,166
0,152
0,142
0,132
0,102
0,097
0,013
0,161
0,161
0,160
0,147
0,137
0,128
0,098
0,093
0,012
O3iv
O1ii
O1v
O2vi
O2vii
O3ii
O3
O3vii
O2
7,93
1,14
1,10
Summe
299(3)
299(1)
301(1)
306(2)
307(1)
359(2)
368(2)
410(2)
450(1)
1,14
1,12
1,10
0,99
0,98
0,20
0,13
0,01
0,00
0,214
0,210
0,204
0,176
0,173
0,042
0,033
0,011
0,004
0,229
0,225
0,218
0,188
0,185
0,045
0,035
0,011
0,004
5,67
1,07
1,14
a) Startradius für Cs+: 176 pm; r(O2-): 140 pm. b) ro = 241,7 pm. c) roE = 240,4 (Cs1) und 244,2 pm (Cs2). d) Zu
Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 5.39.
5.7 Lithiummonomethylcarbonat
Lithiumhydrogencarbonat LiHCO3 ist bisher nicht als reiner Feststoff dargestellt worden. Ein
Nachweis dieser Verbindung erfolgte ausschließlich durch Messung der Löslichkeit von
Li2CO3 in CO2-haltigem Wasser [129]. Darüber hinaus kennt man im System Li+/CO32-/H2O
als Bodenkörper kein kristallwasserhaltiges Lithiumcarbonat. Man erhält hier ausschließlich
wasserfrei kristallisierendes Li2CO3, dessen Struktur von Zemann [24,25] aufgeklärt wurde.
Die in dieser Arbeit verwendete alkalische Dialkylcarbonatspaltung mit wäßrigmethanolischer Alkalimetallhydroxidlösung eignet sich nicht zur Darstellung von
Lithiumhydrogencarbonaten. Vorversuche ergaben, daß stets wasserfreies Li2CO3 erhalten
wird. Jedoch gelang die Synthese von Lithiummonomethylcarbonat LiCH3CO3 in kristalliner
Form. Dessen Kristallstruktur war nach früheren Untersuchungen zu Strukturanalogien
zwischen KHCO3 und KCH3CO3 [48,49] von Interesse. Daneben ist LiCH3CO3 eine mögliche
Vorstufe für die Darstellung von LiHCO3.
127
5.7.1 Darstellung und röntgenographische Charakterisierung
Lithiummonomethylcarbonat konnte in Analogie zu KCH3CO3 [48,49] durch Umsetzen von
methanolischer 3 M LiOCH3-Lösung mit Wasser (0,1 mol H2O pro mol LiOCH3) und
Dimethylcarbonat (1 mol (CH3)2CO3 pro mol LiOCH3) hergestellt werden. Das Produkt fiel
als feinkristalines, nach röntgenographischen Untersuchungen deutlich mit Li2CO3
verunreinigtes Pulver an. Die Darstellung von reinem Produkt erfolgte nach Beilstein [130]
durch Einleiten von trockenem CO2 in eine methanolische 3 m LiOCH3-Lösung unter
Eiskühlung. Nach Bildung eines Niederschlags wurde die Lösung auf 40 °C erwärmt und bei
dieser Temperatur unter CO2-Atmosphäre filtriert. Der abgetrennte Bodenkörper wurde unter
vermindertem Druck getrocknet und konnte röntgenographisch durch Vergleich mit
Literaturdaten [131] als LiCH3CO3 identifiziert werden. Beim Abkühlen der Mutterlauge auf
Raumtemperatur fiel das Produkt in Form von farblosen, quaderförmigen Kristallen aus.
LiCH3CO3 wird bei Raumtemperatur bereits durch Spuren von Feuchtigkeit zu Li2CO3
zersetzt. In methanolischer Lösung unter CO2-Atmosphäre ist es einige Tage haltbar.
Ein Einkristall von LiCH3CO3 wurde auf einem Vierkreisdiffraktometer untersucht. Mit den
erhaltenen Daten für die Metrik ließen sich die Pulveraufnahmen [131] widerspruchsfrei
indizieren. Eine Analyse der Auslöschungsbedingungen ergab die Raumgruppe P21/c; die
Strukturlösung gelang über direkte Methoden, die die Lagen aller Li-, C- und O-Atome
ergaben. Nach Verfeinerung der Lageparameter mit anisotropen Temperaturfaktoren konnten
Lagen von H-Atomen einer Differenzfourieranalyse entnommen und mit isotropen
Temperaturfaktoren in die Verfeinerung einbezogen werden. Weitere Angaben zur
Strukturbestimmung vgl. Tabelle 5.42.
In der Struktur liegen zwei kristallographisch unabhängige, aber chemisch äquivalente
Anionen und Kationen vor (Tabelle 5.43). Eine Zusammenfassung der Lagen gelingt unter der
Annahme einer fehlgeordneten Methylgruppe durch Halbieren der b-Achse, jedoch müssen
dazu signifikante Reflexintensitäten vernachlässigt werden. Entsprechend muß die Struktur in
der angegebenen Metrik beschrieben werden. Hier auftretende, hohe Korrelationen zwischen
einem Teil der Lageparameter und Temperaturfaktoren sind eine mögliche Ursache für die nur
befriedigende Güte der Übereinstimmung zwischen gemessenen und beobachteten
Strukturfaktoren (wR2 für alle Reflexe: 0,16). Weiterhin ist in der erhaltenen, schichtartig
aufgebauten Struktur mit Stapelfehlern zu rechnen.
128
Tabelle 5.42 Kristalldaten und Angaben zur Strukturverfeinerung für LiCH3CO3.
Kristallsystem
a [pm]
b [pm]
c [pm]
β [°]
Zellvolumen [106 pm3] / Z
Dichte (ber.) [g/cm3]
µ(MoKα) [mm-1]
F(000)
Kristallgröße [mm3]
Θ-Bereich zur Datensammlung [°]
hmin, hmax, kmin, kmax, lmin, lmax
Anzahl der gemessenen Reflexe
Unabhängige Reflexe
Daten / Parameter
Goodness-of-Fit
R-Werte [I > 2σ(I)]
R-Werte (alle Daten)
Größte/kleinste
Restelektronendichte [e/106 pm3]
monoklin / P21/c (Nr. 14)
1041,3(3)
648,91(9)
1002,1(3)
91,388(14)
677,0(3) / 8
1,609
0,147
336
0,15 x 0,2 x 0,35
1,5 - 26,0
-14, 14, 0, 9, -14, 14
2642
1323(Rint = 0,0487)
1323 / 134
0,934
R1 = 0,0628, wR2 = 0,1345
R1 = 0,1529, wR2 = 0,1603
0,839 / -0,320
Tabelle 5.43 Atomkoordinaten und anisotrope (Li, O, C) bzw. isotrope (H)
Auslenkungsparameter (10-4 pm2) für LiCH3CO3.
x
O1
O2
O3
C1
C2
O4
O5
O6
C3
C4
Li1
Li2
H1
H2
H3
H4
H5
H6
0,3556(3)
0,3946(3)
0,2048(2)
0,3247(4)
0,1159(4)
0,6331(3)
0,6109(3)
0,7966(2)
0,6729(4)
0,8520(4)
0,5821(8)
0,4210(7)
0,036(4)
0,152(4)
0,100(5)
0,940(4)
0,820(5)
0,840(6)
y
0,8503(5)
0,8953(6)
0,7888(6)
0,8501(6)
0,7547(11)
0,6483(5)
0,6085(6)
0,7179(6)
0,6533(6)
0,7182(11)
0,9043(13)
0,8980(13)
0,694(6)
0,665(8)
0,875(11)
0,797(8)
0,805(9)
0,586(11)
z
0,5424(3)
0,3274(3)
0,3839(2)
0,4221(4)
0,4899(5)
0,4554(3)
0,6742(3)
0,5885(2)
0,5749(4)
0,7208(4)
0,3620(7)
0,1378(6)
0,443(4)
0,554(5)
0,536(6)
0,702(4)
0,777(6)
0,761(6)
U11 /Ueq U22
0,033(2)
0,032(2)
0,025(2)
0,027(2)
0,026(2)
0,037(2)
0,027(2)
0,023(1)
0,024(2)
0,031(2)
0,039(5)
0,025(4)
0,027(10)
0,036(13)
0,073(20)
0,045(13)
0,055(16)
0,074(20)
0,023(2)
0,031(2)
0,044(2)
0,015(3)
0,052(3)
0,031(2)
0,034(2)
0,049(2)
0,013(3)
0,065(4)
0,027(5)
0,034(5)
U33
0,019(2)
0,022(2)
0,027(2)
0,023(2)
0,044(3)
0,017(2)
0,020(2)
0,022(1)
0,024(2)
0,024(2)
0,021(4)
0,018(4)
U13
-0,002(1)
0,005(1)
-0,005(1)
-0,001(2)
-0,004(3)
0,001(1)
0,001(1)
-0,002(1)
-0,003(2)
-0,009(3)
-0,004(3)
0,000(3)
U23
U12
-0,003(1)
0,007(1)
-0,000(1)
-0,005(2)
0,009(2)
-0,004(1)
0,000(1)
0,002(1)
0,006(2)
-0,007(2)
-0,007(3)
-0,001(3)
-0,001(1)
-0,005(2)
-0,009(2)
0,003(2)
-0,001(2)
-0,001(2)
-0,000(2)
-0,003(2)
-0,001(2)
-0,003(3)
0,003(4)
0,001(4)
129
5.7.2 Diskussion der Kristallstruktur
In der Struktur von LiCH3CO3 (Abb. 5.40) sind Lithium-Kationen und MonomethylcarbonatAnionen in Schichten angeordnet, die über van-der-Waals-Wechselwirkungen zwischen CH3Gruppen zusammengehalten werden.
In der Umgebung von Li1 und Li2 (Abb. 5.41, Tabellen 5.44 und 5.45) treten je vier kurze LiO-Abstände auf (d(Li-O): 192 - 200 pm). Daneben tragen weiter entfernte Sauerstoffatome
zum Wirkungsbereich der Li-Atome bei, die mit d(Li-O) > 290 pm als schwach
wechselwirkend (Anteil zu nECoN < 0,01, vgl. Tabelle 5.45) angesehen werden können. Dann
lassen sich die Koordinationspolyeder um Li1 und Li2 als verzerrte Tetraeder beschreiben (zu
Bindungswinkeln vgl. Tabelle 5.46). Die Bindungslängen d(Li-O) liegen im erwarteten
Bereich; als Valenzsumme für Li1 und Li2 erhält man bei Berücksichtigung der
Tetraederverzerrung die Werte 1,01 und 0,99 (Tabelle 5.45).
Abb. 5.40
Projektion der Struktur von LiCH3CO3 auf die ac-Ebene mit vereinfachten
Koordinationspolyedern von Li1 und Li2.
c
O5 C4
C2
O6
C3
O2
C1
O3 O1
O4
Li1
Li2
b
a
130
Abb. 5.41
Die Umgebung von Li1 und Li2 in LiCH3CO3.
H1
H2
C2
H3
O3
O1
O5
H3
C1
iv
C2
H6
C3
O1
O2
O4
iv
iv
H2 iv
H1 iv
O6
H5
O2 i
C4
Li1
C1
Li2
O2 iv
O1 i
H4
O3 i
C1
C2
H3
O5
iv
H1
C4
i
H4
i
H2
O6
i
H5
i
O3
iv
iv
H6
O4
C3 iv
O6
iv
ii
H6
ii
H4
ii
iv
iv
iv
iv
O4
iv
ii
C3
O5
ii
ii
C4 ii
H5 ii
i
O3 und O6 der Monomethylcarbonat-Anionen, die an je zwei Kohlenstoffatome gebunden
sind, tragen nicht zur Bildung der LiO4-Tetraeder bei. Die übrigen Sauerstoffatome
koordinieren je zwei Kationen. O2 und O5 bilden eine gemeinsame Kante von zwei LiO4Polyedern, O1 und O4 je eine gemeinsame Ecke. Daraus resultieren Stränge von
kantenverknüpften Tetraedern der Zusammensetzung 1∞{O2/2(LiO2/2Li)O2/2}, wobei zwischen
den Tetraedern verzerrt oktaedrische Lücken entstehen (Abb. 5.42). C1 und C3 verknüpfen
diese Stränge zu Schichten parallel zur bc-Ebene (Abb. 5.43).
Die Bildung kantenverknüpfter Koordinationspolyeder ist nach den kristallchemischen Regeln
von Pauling [132] ungünstiger als eine Eckenverknüpfung. Dennoch ist ein solches Baumotiv
für Li-O-Koordinationspolyeder nicht ungewöhnlich und tritt auch in Li2CO3 [24,25] auf.
Eine zu LiCH3CO3 analoge Eckenverknüpfung tritt nicht auf, stattdessen wird ein komplexes
Raumnetz aufgebaut.
Die Bindungswinkel innerhalb der LiO4-Polyeder (∠(O-Li-O): 89 - 117°, vgl. Tabelle 5.46)
weichen deutlich vom Idealwert ab. Der kleinste auftretende Wert wird für die kantenverknüpfenden Sauerstoffatome gefunden und resultiert offensichtlich aus einer Abstoßung
zwischen den beteiligten Li+-Kationen. Ungewöhnlich ist, daß kantenverknüpfende Sauerstoffatome ebenfalls an den jeweils kürzesten Li-O-Abständen beteiligt sind.
131
Abb. 5.42 Verknüpfung der LiO4-Oktaeder zu Strängen in LiCH3CO3.
Abb. 5.43 Verknüpfung der -Stränge in LiCH3CO3 zu Schichten. LiO4-Polyeder sind hell,
CO3-Baugruppen der Anionen als dunkle Dreiecke dargestellt.
132
Tabelle 5.44
L
d(M-L)
Atomabstände d(Li-L)a) (pm), Flächengrößen F (10-4 pm2) und
Raumwinkel φ im Wirkungsbereich von Li in LiCH3CO3.
F
φ
L
Wirkungsbereich von Li1
O5v
O1iv
O4
O2
Li2
C1
C3
C1i
H6iv
H5iv
O1
Li2v
Li2iii
O6
O2i
Li1i
O2v
O5i
191,5(7)
196,1(9)
197,3(9)
197,6(8)
277,3(10)
278,2(9)
282,9(8)
283,9(8)
289(6)
297(5)
302,5(8)
320,4(12)
328,6(12)
337,1(8)
337,7(8)
351,1(10)
372,0(9)
375,9(9)
6,044
6,974
6,338
6,097
0,068
0,004
0,242
0,068
1,582
0,684
1,275
0,676
0,313
0,135
0,225
0,238
0,133
0,054
2,636
2,820
2,681
2,575
0,017
0,001
0,064
0,018
0,583
0,277
0,425
0,177
0,076
0,036
0,061
0,073
0,035
0,014
d(M-L)
F
φ
Wirkungsbereich von Li2
O2
O4v
O1iv
O5iv
C3iv
Li1
C3v
C1iv
O4iv
H2iv
Li1iii
Li1v
H5i
O5v
O3
O5i
O2v
192,6(7)
195,0(8)
198,6(8)
200,2(7)
273,2(8)
277,3(10)
285,5(8)
285,8(8)
291,4(7)
294(4)
320,3(12)
328,6(12)
330(5)
342,1(7)
345,1(7)
373,4(9)
376,7(9)
6,891
6,727
6,313
5,883
0,072
0,068
0,051
0,168
1,750
1,737
0,676
0,313
0,569
0,122
0,025
0,091
0,126
a) In dieser Tabelle verwendete Symmetrieoperatoren für die äquivalenten Atome:
i) -x+1,-y+2,-z+1; ii) x,-y+3/2,z+1/2; iii) -x+1,y-1/2,-z+1/2; iv) x,-y+3/2,z-1/2;
vi) -x+1,-y+2,-z.
2,792
2,787
2,654
2,490
0,021
0,017
0,013
0,041
0,608
0,610
0,177
0,076
0,187
0,032
0,006
0,023
0,032
v) -x+1,y+1/2,-z+1/2;
Die Bindungslängen und -winkel in den Monomethylcarbonat-Anionen stimmen gut mit
denen in KCH3CO3 [48,49] überein. C1 und C3 sind annähernd trigonal-planar von
Sauerstoffatomen umgeben (d(C-O): 124 - 136 pm; ∠(O-C-O): 113 - 127°, vgl. Tabelle 5.46).
Durch die Beteiligung von O3 und O6 an Bindungen zu Methylgruppen sind die C1-O3- und
C3-O6-Abstände gegenüber einer C-O-Bindung in Carbonat-Ionen deutlich verlängert,
erreichen jedoch nicht den Wert einer C-O-Einfachbindung. Dadurch muß angenommen
werden, daß diese Bindungen an der Delokalisierung der Anionenladung beteiligt sind.
Entsprechend deuten C1-O3-C2- und C3-O4-C4-Winkel von 116 bzw. 117° auf eine
zumindest partielle sp2-Hybridisierung an O3 und O6 hin.
Auslenkungen der C-Atome aus den durch O1, O2 und O3 bzw. O4, O5 und O6
aufgespannten Ebenen sind für C1 und C3 gering bzw. nicht signifikant (berechnete
Abstände: 1,5(5) pm für C1, 0,5(4) pm für C3). Die Methylgruppen der Anionen werden
deutlicher ausgelenkt. Als Abstände von den Sauerstoff-Ebenen werden für C2 und C4
133
15,3(9) bzw. 7,5(9) pm erhalten, die Werte der O1-C1-O3-C2- und O5-C3-O6-C4Diederwinkel betragen 8,2(6) bzw. 3,8(6)°. Die H-Atome der Methylgruppen (d(C-H): 92 107 pm) sind so zu den CO3-Baugruppen der Anionen angeordnet, daß die jeweils längste CH-Bindung in anti-Stellung zur O3-C1- bzw. O6-C3-Bindung steht.
In der Elementarzelle von LiCH3CO3 werden zwei kristallographisch unabhängige
Formeleinheiten gefunden. Dabei liegen zwischen einem Teil der Atome
Symmetriebeziehungen vor. So lassen sich die angegebenen Lageparameter für C3, O4, O5
und O6 durch die Symmetrieoperation -x+1,-y+3/2,-z+1 in zu C1, O1, O2 und O3
vergleichbare Werte transformieren; zwischen den Lagen für Li1 und Li2 besteht die
genäherte Beziehung -x+1,y,-z+1/2. Beide Symmetrieoperationen sind keine Elemente der
Raumgruppe P21/c und deuten auf eine Halbierung der b-Achse hin. Dagegen können C- und
H-Lagen der Methylgruppen nicht durch solche Symmetrieoperatoren ineinander überführt
werden, sodaß die Verwandtschaft der übrigen Lageparameter als Pseudosymmetrie gewertet
werden muß. Die Methylgruppen der Anionen sind in der Kristallstruktur in Schichten parallel
zur bc-Ebene dicht gepackt, ihre Anordnung entspricht einem Ausschnitt aus einer kubisch
flächenzentrierten Struktur (Abb. 5.44). Diese Anordnung kann im Gegensatz zur übrigen
Struktur bei Halbierung der Metrik nicht in geordneter Form realisiert werden.
Abb. 5.44
Anordnung der Methylgruppen zu Schichten in LiCH3CO3. Li+ und CO3Baugruppen wurden nicht eingezeichnet. C2 und C4: große Kugeln, H: kleine
Kugeln. x-Parameter für C: etwa 1/8 (hell) bzw. -1/8 (dunkel). Die Anordnung
entspricht einem Ausschnitt der kubisch dichtesten Packung
b
a
c
134
Bindungslängen d(Li-O) in LiCH3CO3 [pm], Anteile zur effektiven
Koordinationszahl nECoN a) [88] sowie Bindungsvalenzen (berechnet nach
[53] (sBrown)b) und unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c) bzw.
Verzerrungsparameter ξ (sξ)d)).
Tabelle 5.45
d(Li-O)e) nECoN-Anteil sBrown
sE
sξ
d(Li-O)
n
ECoN-Anteil sBrown
Li1
O5v
O1iv
O4
O2
O1
O6
O2i
O2v
O5i
191,5(7)
196,1(9)
197,3(9)
197,6(8)
302,5(8)
337,1(8)
337,7(8)
372,0(9)
375,9(9)
Σ
sE
sξ
Li2
1,12
0,98
0,94
0,94
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,297
0,262
0,254
0,252
0,015
0,006
0,006
0,002
0,002
0,288
0,254
0,246
0,244
0,014
0,006
0,006
0,002
0,002
0,275
0,243
0,235
0,233
0,014
0,005
0,005
0,002
0,002
3,98
1,10
1,06
1,01
O2
O4v
O1iv
O5iv
O4iv
O5v
O3
O5i
O2v
192,6(7)
195,0(8)
198,6(8)
200,2(7)
291,4(7)
342,1(7)
345,1(7)
373,4(9)
376,7(9)
1,12
1,04
0,93
0,88
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,289
0,270
0,245
0,235
0,020
0,005
0,005
0,002
0,002
0,279
0,261
0,237
0,227
0,019
0,005
0,005
0,002
0,002
0,267
0,250
0,227
0,217
0,018
0,005
0,004
0,002
0,002
3,97
1,07
1,04
0,99
a) Startradius für Li+: 58 pm, r(O2-): 140 pm. b) ro = 146,6 pm. c) roE = 145,4 pm. d) ξ = 1,0090; roξ = 143,7 pm.
e) Zu den Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 5.44
Tabelle 5.46 Weitere Bindungslängena) [pm] und -winkel [°] für LiCH3CO3.
C1 C1 C1 -
O1
O2
O3
124,0(5)
124,5(5)
135,7(5)
C3 C3 C3 -
O1 - C1 - O2
O1 - C1 - O3
O2 - C1 - O3
126,8(4)
119,3(4)
113,8(3)
O5 - C3 - O4
O5 - C3 - O6
O4 - C3 - O6
126,5(4)
120,4(4)
113,1(3)
C2 C2 C2 C2 -
O3
H1
H2
H3
144,4(5)
103(4)
94(5)
92(7)
C4 C4 C4 C4 -
O6
H4
H5
H6
143,3(5)
107(5)
87(6)
95(7)
C1 O3 O3 O3 H1 H1 H2 -
O3 C2 C2 C2 C2 C2 C2 -
116,1(3)
104(2)
111(3)
111(4)
113(4)
113(4)
105(5)
C3 O6 O6 O6 H4 H4 H5 -
O6 C4 C4 C4 C4 C4 C4 -
196,1(8)
198,6(8)
197,5(8)
192,6(7)
O4 O4 O5 O5 -
Li1i
Li2ii
Li1
Li2
O1 O1 O2 O2 O5iv
O5iv
O5iv
O1i
O1i
O4
C2
H1
H2
H3
H2
H3
H3
-
Li1
Li1
Li1
Li1
Li1
Li1
-
O1i
O4
O2
O4
O2
O2
117,2(4)
112,5(4)
90,2(3)
111,7(3)
115,1(4)
108,2(4)
O2
O2
O2
O4v
O4v
O1iv
O4
O5
O6
125,8(5)
123,4(4)
135,8(5)
C4
H4
H5
H6
H5
H6
H6
Li1
Li2iii
Li1ii
Li2ii
-
a) zu den Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 5.44.
Li2 Li2 Li2 Li2 Li2 Li2 -
116,9(3)
100(2)
117(4)
109(4)
98(4)
129(5)
105(5)
197,3(8)
195,0(9)
191,5(7)
200,2(7)
O4iv
O1iv
O5iv
O1iv
O5iv
O5iv
115,7(4)
114,3(4)
89,1(3)
110,7(3)
112,2(4)
113,4(4)
135
5.7.3 Ableitung eines Strukturmodells für LiHCO3
Kaliummonomethylcarbonat KCH3CO3 [48,49] kristallisiert in einer Struktur, die eine
weitestgehende Analogie zu der von KHCO3 [5] aufweist. So bleiben beim formalen Ersatz
des Protons in KHCO3 durch eine Methylgruppe die Art sowie die Verknüpfung der K-OKoordinationspolyeder erhalten, daneben ordnen sich je zwei Monomethylcarbonat-Anionen
trotz Wegfalls von Wasserstoffbrückenbindungen in einer zum zyklischen [H2(CO3)2]2--Anion
vergleichbaren Art an (vgl. Abb. 5.45). Entsprechend erlaubt die Struktur von KCH3CO3
Rückschlüsse auf die von KHCO3. Ersetzt man in KCH3CO3 Methylgruppen durch H-Atome
und schiebt die entstandenen KHCO3-Schichten so zusammen, daß zwischen diesen Schichten
Wasserstoffbrückenbindungen möglich werden, erhält man eine der tatsächlichen Struktur
von KHCO3 ähnlichen Stapelvariante, in der wesentliche Strukturelemente erhalten bleiben.
Abb. 5.45
Projektionen der Strukturen von a) triklinem KCH3CO3 [49] und b) monoklinem
KHCO3 [5] mit Blick jeweils entlang a. Die höhere Symmetrie von KHCO3 führt
zu Unterschieden in der Stapelfolge von Schichten, die entweder durch
Wasserstoffbrückenbindungen oder durch van der Waals-Kräfte verbunden sind.
(a)
(b)
a
c
C2
K
a
O3
C1 O2
O1
K
b
O2
c
O1
O3
C
H b
136
Bisher ist unbekannt, ob ein solcher Zusammenhang zwischen Alkalimetallhydrogen- und
-monomethylcarbonaten grundsätzlich besteht. Dennoch erscheint es reizvoll, aus der Struktur
von LiCH3CO3 ein LiHCO3-Strukturmodell zu konstruieren, in der das vorgefundene Li-OGerüst erhalten bleibt.
Zur Generierung dieses Strukturmodells muß die Struktur von LiCH3CO3 nach Ersatz der
Methylgruppen durch H-Atome (für d(O-H) = 100 pm berechnet) entlang a gestaucht werden.
Damit Li-O- und C-O-Bindungsabstände innerhalb der Li-CO3-Schichten sowie die
Symmetrie der Raumgruppe P21/c erhalten bleiben, werden die x-Werte der Lageparameter
entsprechend der Stauchung der Elementarzelle umgerechnet. Dazu genügt der
Zusammenhang
xneu = (x - 1/2) * |a| / |aneu| + 1/2
mit
(5.1)
x: Für LiCH3CO3 erhaltene x-Komponenten der Lageparameter,
|a|: Länge der a-Achse für LiCH3CO3,
|aneu|: gewählte Länge der a-Achse für das LiHCO3-Strukturmodell,
xneu: x-Komponente des Lageparameters im Strukturmodell.
Verwendet man als Wert für die neue a-Achse 975 pm, erhält man das in Abb. 5.46
dargestellte Strukturmodell.
Abb. 5.46 Strukturmodell für LiHCO3, generiert aus Strukturelementen von LiCH3CO3. Zur
Bezeichnung der Atome vgl. Abb. 5.40.
137
Durch diese Konstruktion entstandene neue Strukturelemente sind 1∞[HCO3]--Ketten, in denen
ausschließlich ein Sauerstoff je HCO3- an der Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen
beteiligt ist und gleichzeitig als Brückendonor und -akzeptor dient (Abb. 5.47). Eine solche
Verknüpfung ist in Hydrogencarbonaten noch nicht beobachtet worden, tritt aber z.B. in
kristallisierten Alkoholen auf. Für Hydrogencarbonate kann eine solche Anordnung ungünstig
sein, weil durch Verschieben der H-Atome entlang der Wasserstoffbrückenbindungen neutrale
„O2C-OH2“-Baugruppen entstehen können. In diesen Baugruppen wären die
Zersetzungsprodukte von Hydrogencarbonaten CO2 und H2O bereits vorgebildet. Dies kann
eine Ursache dafür sein, daß LiHCO3 bisher nicht als Reinsubstanz bekannt ist.
Abb. 5.47
Ausschnitt einer 1∞[HCO3]--Kette im Strukturmodell für LiHCO3
O1
C
O2
O3
H
138
6 Formale und strukturelle Systematik der Alkalimetallcarbonate
und -hydrogencarbonate
Mit den in Kapitel 5 vorgestellten Strukturanalysen an Alkalimetallcarbonaten und
-hydrogencarbonaten konnten wesentliche Lücken im Kenntnisstand zu diesen
Verbindungsklassen geschlossen werden. Nach der Strukturaufklärung an Rb2CO3 * 1,5 H2O
und Cs2CO3 * 3 H2O liegen jetzt Strukturdaten zu allen Alkalimetallcarbonat-Hydraten vor,
die bei Raumtemperatur aus wäßriger Lösung kristallisieren. Durch Untersuchungen an
NaHCO3
bzw.
NaDCO3
und
RbHCO3
existieren
für
alle
bekannten
Alkalimetallhydrogencarbonate AHCO3 Strukturanalysen, die auf Einkristalldiffraktometerdaten beruhen. Mit der Absicherung der Struktur von Cs2CO3 fehlen in der Reihe der
wasserfreien Alkalimetallcarbonate nur noch Einkristalldaten zu Rb2CO3. Untersuchungen am
früher als „Doppelsalz“ bezeichneten K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O („2 KHCO3 * K2CO3 * 1,5
H2O“) sowie der strukturell verwandten Verbindung Rb4[H2(CO3)3] * H2O belegen die
Existenz einer komplexen [H2(CO3)3]4--Anionenbaueinheit, die zwischen den [H(CO3)2]3-und [H3(CO3)4]5--Baueinheiten in Na3[H(CO3)2] * 2 H2O bzw. Na5[H3(CO3)4] eingeordnet
werden kann.
Eine bloße Beschreibung der Strukturen dieser Verbindungen kann jedoch nicht der
Schlußpunkt dieser Untersuchungen sein. Ziel der folgenden Abschnitte ist daher, aus den
erhaltenen Daten Gesetzmäßigkeiten zur Zusammensetzung sowie Regeln zum strukturellen
Aufbau dieser Verbindungen abzuleiten.
6.1 Homologe Reihen der Hydrogencarbonate
[H(CO3)2]3-- und [H3(CO3)4]5--Baueinheiten aus Na3[H(CO3)2] und Na5[H3(CO3)4] können
durch die allgemeine Form [H(n-1)(CO3)n](n+1)- mit n = 2 bzw. 4 beschrieben werden (vgl.
Abschnitt 5.2). Entsprechendes gilt mit n = 3 auch für die [H2(CO3)3]4--Anionenbaueinheit in
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O und Rb4[H2(CO3)3] * H2O. Diese Baueinheiten können somit als
Glieder einer homologen Reihe aufgefaßt werden.
Für eine derartige Reihe sind neben den beschriebenen Gliedern mit n = 2, 3 und 4 auch
diejenigen mit n = 1 und n = ∞ von Interesse. Setzt man diese Werte in die allgemeine Form
ein, erhält man mit n = 1 den Ausdruck [H(1-1)(CO3)1](1+1)- = CO32-. Entsprechend ist das
Carbonat-Ion das Anfangsglied der Reihe. Mit n = ∞ ergibt sich [H(∞-1)(CO3)∞](∞+1)- und
daraus (mit ∞ + 1 = ∞ - 1 = ∞) [H∞(CO3)∞]∞- bzw. 1∞[HCO3]-. Dieser Ausdruck beschreibt eine
unendlich lange Kette von Hydrogencarbonat-Ionen, wie sie z.B. in NaHCO3 vorliegt (zur
graphischen Darstellung siehe Abb. 6.1).
Die Anionenbaugruppen mit n = 2, 3 und 4 können somit als Intermediate zwischen CO32-Anionen und einer unendlich langen Hydrogencarbonat-Kette aufgefaßt werden. Sie sind
139
formal durch sukzessive Anlagerung von n-1 HCO3--Anionen an ein Carbonat-Ion ableitbar.
Eine ebenso gültige Beschreibung ist der formale Ersatz jedes n-ten H-Atoms in einer
unendlich langen Hydrogencarbonat-Ionenkette durch ein Alkalimetallion, der bildhaft als
„Zerschneiden“ dieser Kette beschrieben werden kann.
Für Alkalimetallhydrogencarbonate mit zyklischen [H2(CO3)2]2--Dimeren läßt sich eine
entsprechende homologe Reihe mit der allgemeinen Form [Hn(CO3)n]n- postulieren [51]. Mit
n = ∞ erhält man analog zur Form [H(n-1)(CO3)n](n+1)- eine zu einer unendlich langen Kette von
Hydrogencarbonat-Ionen entartete Baugruppe, wie sie in NaHCO3 vorliegt. Mit n = 1 ergibt
sich ein isoliertes, d.h. nicht über H-Brücken an andere CO3-Baugruppen gebundenes HCO3-Ion. Kristallstrukturen, in denen ein solches isoliertes HCO3--Ion vorliegen soll, sind in der
Literatur erwähnt. Jedoch bleiben aufgrund von sehr ungewöhnlichen Bindungsverhältnissen
Zweifel; zur Diskussion solcher Verbindungen vgl. [51]. Weiterhin sind Glieder dieser
homologen Reihe mit 2 < n < ∞ bisher unbekannt.
Dennoch lassen sich alle bisher bekannten, gut belegten Anionenbaugruppen in
Hydrogencarbonaten in die homologen Reihen [H(n-1)(CO3)n](n+1)- und [Hn(CO3)n]n- einordnen.
Damit existiert erstmals eine Methode, mit der eine gemeinsame Klassifizierung von
Carbonaten und Hydrogencarbonaten möglich ist.
Die Formulierung von homologen Reihen ist ein Werkzeug der organischen Chemie (vgl.
[133]) und findet in der anorganischen Chemie nur wenig Verwendung. Ursache dafür ist, daß
z.B. die in dieser Arbeit vorgestellten Anionenbaugruppen bislang nur in unendlich
ausgedehnten Atomverbänden gefunden wurden. Hier liegen keine abgrenzbaren Moleküle
vor, die über nur schwache Wechselwirkungen miteinander verknüpft sind und ohne
grundlegende Änderung der Bindungsverhältnisse in allen Aggregatzuständen existieren. Die
Glieder der homologen Reihen [H(n-1)(CO3)n](n+1)- und [Hn(CO3)n]n- liegen möglicherweise
bereits in wäßriger Lösung vor; um Verbindungen mit solchen Gliedern als Festkörper zu
erhalten, muß jedoch eine energetisch günstige Anordnung der Glieder gemeinsam mit den
zum Ladungsausgleich notwendigen Kationen eingenommen werden können. Dabei muß eine
möglichst hohe Gitterenergie erreicht werden; Fernwechselwirkungen, die bei organischen
Verbindungen eine nur untergewordnete Rolle spielen, sind nicht vernachlässigbar. Daraus
kann eine der Ursachen dafür abgeleitet werden, daß in Natriumhydrogencarbonat unendlich
lange 1∞[HCO3]--Ketten, aber keine zyklischen dimeren oder tetrameren Anionenbaugruppen
gebildet werden, während man in KHCO3 keine unendlichen Ketten, sondern ausschließlich
zyklische Dimere beobachtet.
Auffällig an den bisher beobachteten Hydrogencarbonat-Baugruppen ist, daß bisher keine
verzweigten
Ketten
gefunden
wurden
und
O-Atome niemals gleichzeitig
Wasserstofbrückenbindungsdonor und -akzeptor sind.
140
Abb. 6.1
Schema der homologen Reihen von Anionenbaueinheiten in Hydrogencarbonaten [51].
[Hn(CO3)n]n-
[H(n-1)(CO3)n](n+1)-
n = 1: HCO3-
n = 1: CO32-
n = 2: [H2(CO3)2]2-
n = 2: [H(CO3)2]3-
n = 3: [H2(CO3)3]4-
n = 4: [H3(CO3)4]5-
n → ∞: ∞1[HCO3]--Kette
141
6.2 Strukturmotive in Alkalimetallcarbonat-Hydraten
In A2CO3 * 1,5 H2O (A = K [44], Rb) und Cs2CO3 * 3 H2O werden als gemeinsames
Strukturmotiv anionische [(CO32-)(H2O)]n-Ketten gefunden, die über weitere
Kristallwassermoleküle zu Strängen (A2CO3 * 1,5 H2O) oder Schichten (Cs2CO3 * 3 H2O)
verknüpft werden (Abb. 6.2). Dementsprechend liegen in Na2CO3 * H2O [32] isolierte
1
2∞[(CO3 )(H2O)]-Ketten vor (Abb. 6.2a). Somit besitzen diese Alkalimetallcarbonat-Hydrate
als gemeinsames Bauprinzip eine [(CO32-)x(H2O)y]-„Matrix“, in der Alkalimetallionen
eingelagert sind.
Strukturen höherer Hydrate sind nur bei Natrium-haltigen Alkalimetallcarbonaten bekannt.
Dort wird eine Matrix aus Na(H2O)6-Oktaedern gebildet, deren jeweilige Verknüpfungen mit
der Zusammensetzung variieren. Während in Na2CO3 * 7 H2O [33] Schichten aus kanten- und
eckenverknüpften Na(H2O)6-Oktaedern und in Na2CO3 * 10 H2O [34] isolierte
kantenverknüpfte Doppeloktaeder verwirklicht werden, liegen in NaKCO3 * 6 H2O [47]
isolierte Na(H2O)6-Oktaeder vor. Die CO32--Anionen werden in diese Matrix eingebaut.
Verknüpfung von CO32--Ionen und H2O in a) Na2CO3 * H2O [32],
b) A2CO3 * 1,5 H2O (A = K [44], Rb) und c) Cs2CO3 * 3 H2O.
Abb. 6.2
a)
b)
O3
O2
C
c)
O2
O1
O1
H1
C
O4
H2
H1
O4
O5
O3
H3
O4
O2
H3
O3
H1
H2
O1
H2
C
142
6.3 Strukturelle Gemeinsamkeiten von NaHCO3, Na3[H(CO3)2] * 2 H2O
und Na5[H3(CO3)4]
Na3[H(CO3)2] * 2 H2O („Trona“, [40]) und Na5[H3(CO3)4] („Wegscheiderit“, [14]) sind
aufgrund der in Abschnitt 6.1 dargestellten homologen Reihen als formal mit NaHCO3
verwandte Verbindungen aufzufassen. Daneben können auch strukturelle Gemeinsamkeiten
aufgezeigt werden (zur Diskussion der Struktur von NaHCO3 siehe Abschnitt 5.2):
In diesen Verbindungen sind Schichten von Na+ und solche mit über Wasserstoffbrückenbindungen verknüpften CO3-Baugruppen alternierend angeordnet (vgl. Abb. 5.2, 6.3 und 6.4).
Die Anordnung von Na+ innerhalb der Schichten ist jeweils verzerrt hexagonal. Die Stapelung
der Na+-Schichten erfolgt so, daß sich verzerrt trigonal-prismatische Lücken bilden; in einem
Teil dieser Lücken befinden sich CO3-Baugruppen (Abb. 6.5 und 6.6). Bedingt durch die
unterschiedliche Stöchiometrie der Verbindungen treten in Na5[H3(CO3)4] im Vergleich zu
NaHCO3 zusätzliche unbesetzte Lücken auf, in Na3[H(CO3)2] * 2 H2O werden Lücken durch
H2O-Moleküle besetzt. Diese nicht durch CO3-Baugruppen besetzten Lücken sind entlang der
Stapelrichtung der Schichten deckungsgleich angeordnet. Innerhalb der Schichten werden so
Bereiche gebildet, deren Aufbau mit dem in NaHCO3 vergleichbar ist. Dadurch lassen sich die
Strukturen von Na5[H3(CO3)4] und Na3[H(CO3)2] * 2 H2O in NaHCO3-analoge Bereiche
aufteilen, die durch neue Bauelemente voneinander getrennt sind.
Abb. 6.3
Projektion der Struktur von Na5[H3(CO3)4] [14] entlang a.
b
H
C
O
Na
a
c
143
Projektion der Struktur von Na3[H(CO3)2] * 2 H2O [39] entlang b.
Abb. 6.4
c
Na
H
O
b
C
a
Unterschiede in den Strukturen resultieren aus der Anordnung der Anionen zum Na+-Gerüst.
In NaHCO3 sind lineare ∞1[HCO3-]-Ketten in der gesamten Struktur antiparallel und annähernd
koplanar ausgerichtet. In Na5[H3(CO3)4] ist die Ausrichtung der Längsachsen der
[H3(CO3)4]5--Anionenbaueinheiten innerhalb einer Schicht identisch, die Längsachsen der
Anionen benachbarter Schichten sind um etwa 60° verkippt. Für Na3[H(CO3)2] * 2 H2O ergibt
sich innerhalb der Schichten eine gewellte Anordnung. Analog zu Na5[H3(CO3)4] sind die
Anionen aus benachbarten Schichten nicht parallel ausgerichtet (Abb. 6.5 und 6.6).
Abb. 6.5
Ausschnitte der Struktur von Na5[H3(CO3)4] [14]: Schicht aus CO3-Baugruppen
mit benachbarten Schichten aus verzerrt hexagonal angeordneten Na+ (links);
Stapelung der Schichten (rechts). Zur anschaulicheren Darstellung des Strukturaufbaus sind Na+-Lagen idealisiert dargestellt.
c
Na
O
H
C
b
a
144
Abb. 6.6
Ausschnitte der Struktur von Na3[H(CO3)2] * 2 H2O [39]: Schicht aus CO3Baugruppen und H2O mit benachbarten Schichten aus verzerrt hexagonal
angeordneten Na+ (links); Stapelung der Schichten (rechts). Zur anschaulicheren
Darstellung des Strukturaufbaus sind Na+-Lagen idealisiert dargestellt.
b
C
O
H
Na
c
a
6.4 Ableitung einer Strukturaufbauregel für Verbindungen des Typs
A(n+1)[H(n-1)(CO3)n] * x H2O
Neben den in dieser Arbeit vorgestellten vergleichenden Betrachtungen von NaHCO3,
Na3[H(CO3)2] * 2 H2O und Na5[H3(CO3)4] (Abschnitt 6.3) existieren nur wenige, auf
Strukturen der wasserfreien Alkalimetallcarbonate beschränkte Versuche, Verbindungen
dieser Substanzklasse von einfachen Strukturtypen abzuleiten. Hervorzuheben sind dabei
Arbeiten, die den Strukturen von A2CO3 mit A = Na, K, Rb und Cs einen Idealtyp mit
hexagonaler Schwerpunktsanordnung der CO32--Anionen zuordnen (vgl. Abschnitt 5.6) [104];
das Modell versagt aber bei der Beschreibung der Struktur von Li2CO3.
Jedoch lassen sich weiterreichende Strukturverwandtschaften aufzeigen, die alle wasserfreien
Alkalimetallcarbonate einschließlich Li2CO3 umfassen und sich darüber hinaus auch zur
Beschreibung von Alkalimetallhydrogencarbonaten der homologen Reihe A(n+1)[H(n-1)(CO3)n]
* x H2O eignen.
Nach Henseler und Jansen [134] ist Li2CO3 mit dem anti-CaF2-Typ verwandt (vgl. Abb. 6.7).
Li+ nimmt dabei die F--Position ein und bildet ein verzerrt kubisch-primitives Gitter. Die
Hälfte der verzerrt kubischen Lücken wird durch CO32--Anionen besetzt, so daß jedes Li+
annähernd tetraedrisch durch Anionen umgeben ist. In den Strukturen von A2CO3 mit A = Na
- Cs (Abb. 5.39, 6.8; vgl. Abschnitt 5.6.2) bilden Alkalimetallionen ebenfalls ein verzerrt
kubisch-primitives Gitter. Hier werden keine unbesetzten Lücken gefunden; in zwei von drei
145
Lücken befinden sich CO32--Anionen, in den übrigen weitere Kationen. Demnach zeigen alle
hier vorliegenden Strukturen Analogien zu Besetzungsvarianten des CsCl-Typs.
Daß diese Analogien nicht nur bei wasserfreien Alkalimetallcarbonaten gefunden werden,
zeigen die Strukturen von K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O und Rb4[H2(CO3)3] * H2O (Abschnitt
5.2). Hier werden CO3-Baugruppen der Anionen sowie H2O ebenfalls annähernd
würfelförmig durch Kationen umgeben. Zur entsprechend aufgebauten Struktur von Na2CO3 *
H2O siehe Abb. 6.9.
Faßt man den NiAs-Typ als verzerrte CsCl-Variante auf, können auch NaHCO3 sowie
Na3[H(CO3)2] * 2 H2O und Na5[H3(CO3)4] als dazu verwandte Strukturen aufgefaßt werden.
Abb. 6.7
Projektion der Struktur von Li2CO3 [24,25] entlang [100] (a) im Vergleich zum
anti-CaF2-Typ (b) in Projektion entlang [011].
(a)
(b)
a
O C
Li
c
b
146
Abb. 6.8
Projektion der gemittelten Struktur von Na2CO3 [29] entlang [101] zur
Verdeutlichung der Verwandtschaft zum CsCl-Typ.
Na
b
a
C
O
c
Abb. 6.9
Projektion der Struktur von Na2CO3 * H2O [32] entlang [100]. Na+ bildet ein
verzerrt kubisches Gitter, CO32--Anionen befinden sich in verzerrt kubischen
Lücken. H2O wird bedingt durch die Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen aus der Mitte der übrigen Lücken ausgelenkt.
c
O
C
Na
a
b
147
Basierend auf diesen Strukturen können Regeln zum Strukturaufbau von Alkalimetallcarbonaten und -hydrogencarbonaten aufgestellt werden, mit denen eine vereinheitlichte
Strukturbeschreibung möglich wird:
1.
CO3-Baugruppen werden von acht Alkalimetallionen umgeben und bilden so (verzerrt)
würfelförmige Bauelemente. Treten zwischen CO3-Gruppen Wasserstoffbrückenbindungen auf, bilden die diese Gruppen umgebenden Alkalimetallionen flächenverknüpfte Würfel; die Wasserstoffbrückenbindungen schneiden annähernd die Mitten
der gemeinsamen Würfelflächen. Für solche Würfel bzw. Würfelgruppen kann eine
Ladungsbilanz berechnet werden, aus der abgelesen werden kann, ob zusätzliche
Bauelemente zum Aufbau einer elektroneutralen Struktur notwendig sind.
Abb. 6.10 zeigt die nach der ersten Regel möglichen Bauelemente. Zur Berechnung der
Ladungsbilanz berücksichtigt man, daß jedes Alkalimetallion am Aufbau von acht
Alkalimetallionen-„Würfeln“ beteiligt ist. Der Ladungsanteil der Alkalimetallionen beträgt
dann +1. Treten Wasserstoffbindungen auf, werden die positiven Ladungen je einem „Würfel“
zugeordnet; dem entspricht ein A-HCO3-Würfel mit ausgeglichener Ladungsbilanz. Aus
solchen „Würfeln“ kann eine elektroneutrale Struktur aufgebaut werden. Dieser Fall wird in
NaHCO3 realisiert. Befinden sich in den Alkalimetallionen-„Würfeln“ CO32--Ionen, ist die
Elektroneutralität nicht erreicht; hier ergibt sich eine Überschußladung von -1. Entsprechendes gilt für die Fälle, in denen CO3-Gruppen über H-Brücken nur zu endlichen Ketten
verknüpft werden. Nach Zuordnung aller H-Atome zu „Würfeln“ erhält man jeweils einen
Alkalimetallionen-„Würfel“, in dem sich ein formales CO32--Ion befindet. Danach erhält man
auch hier für jede der „Würfel“-gruppen eine überschüssige negative Ladung.
2.
Die zum Ladungsausgleich notwendigen Strukturelemente bestehen aus acht ebenfalls
in Form eines verzerrten Würfels angeordneten Alkalimetallionen. Das Zentrum dieser
„Würfel“ kann durch (ein oder zwei) H2O oder ein weiteres Alkalimetallion besetzt
sein, aber auch unbesetzt bleiben.
Die möglichen Strukturelemente sind in Abb. 6.11 dargestellt.
148
Abb. 6.10
Mögliche Strukturelemente in Strukturen von Verbindungen des Typs
A(n+1)[H(n-1)(CO3)n] * x H2O für beobachtete Werte von n mit Angabe der
Zusammensetzung des Anions
n=1
CO32-
n=2
[H(CO3)2]3-
n=3
[H2(CO3)3]4-
n=4
[H3(CO3)4]5-
n →∞
1
∞ [HCO3 ]
Abb. 6.11
Strukturelemente zum Ladungsausgleich in Strukturen von Verbindungen des
Typs A(n+1)[H(n-1)(CO3)n] * x H2O: Alkalimetallionen-„würfel“, die mit
Wassermolekülen besetzt sind oder frei bleiben, sowie solche, die mit einem
weiteren Alkalimetallion besetzt sind.
149
Für die nach der zweiten Regel möglichen Strukturelemente ergibt eine Berechnung der
Ladungsbilanz in den Fällen, in denen die Alkalimetallionen-Würfel durch Wassermoleküle
besetzt sind oder freibleiben, eine Ladung von +1; im Fall des durch ein Alkalimetallion
zentrierten Würfels erhält man den Wert +2.
Aus diesen Bauelementen lassen sich bei vorgegebener Stöchiometrie unterschiedliche
Zusammenstellungen wählen, mit denen elektroneutrale Strukturen aufgebaut werden können.
Abb. 6.12 zeigt die zu elektroneutralen Strukturen führenden Kombinationen für wasserfreie
Alkalimetallcarbonate, Abb. 6.13 für Alkalimetallhydrogenbis(carbonat)-Verbindungen. Für
Alkalimetallcarbonate sind nach den vorgestellten Regeln zwei unterschiedliche Strukturen
möglich, beide werden tatsächlich realisiert. Im Fall der Hydrogenbis(carbonat)-Strukturen
kennt man bislang nur eine der aufgeführten Kombinationen.
Abb. 6.12
Kombinationsmöglichkeiten von Strukturelementen für wasserfreie
Alkalimetallcarbonate A2CO3. Eine Kombination mit von H2O-Molekülen
zentrierten Alkalimetall-Würfeln ist ebenfalls denkbar und wird in Na2CO3 *
H2O realisiert (vgl. Abb. 6.9).
a)
+
→ Li2CO3
b)
+
+
→ A2CO3, A = Na, K, ...
In einer dritten Regel wird der Strukturaufbau aus den Bauelementen nach den Regeln 1 und 2
beschrieben:
3.
Jedes Alkalimetallion ist
Strukturelementen beteiligt.
am
Aufbau
von
acht
verzerrt
würfelförmigen
Diese Regel wurde bereits bei der Berechnung der Ladungsbilanz impliziert. Sie erlaubt den
Aufbau von komplexen Strukturen durch Scherung der beschriebenen Strukturelemente, wie
sie in Na3[H(CO3)2] * 2 H2O und Na5[H3(CO3)4] realisiert werden (vgl. Abschnitt 6.3). In der
Mehrzahl der Strukturen, für die diese Regeln erstellt wurden, werden jedoch einfache
Verknüpfungen gefunden, die sich in Verwandtschaft zum CsCl-Typ beschreiben lassen.
150
Abb. 6.13
Kombinationsmöglichkeiten von Strukturelementen für Alkalimetallhydrogenbis(carbonat)-Strukturen A3[H(CO3)2] * x H2O mit x = 0 und 1 bzw. 2. Im
letzteren Fall befinden sich in einem Alkalimetallwürfel zwei Wassermoleküle;
diese Strukturelemente werden in Na3[H(CO3)2] * 2 H2O gefunden (vgl. c und
Abb. 6.4 und 6.6).
a)
+
→ A3[H(CO3)2)]
b)
+
+
→ A3[H(CO3)2)]
c)
+
→ A3[H(CO3)2)] * x H2O
Anhand dieser Regeln wird deutlich, daß sich die formal über eine homologe Reihe der Form
[H(n-1)(CO3)n](n+1)- verwandten Alkalimetallcarbonate und -hydrogencarbonate auch strukturell
ähneln. Ausnahme sind jedoch die wasserreichen Alkalimetallcarbonat-Hydrate A2CO3 * n
H2O mit n = 7 und 10 für A = Na sowie A = K, Rb und Cs. Hier führt der höhere
Wassergehalt der Verbindungen dazu, daß miteinander verknüpfte Alkalimetallionen-Würfel
nicht mehr ausgebildet werden können. Dadurch können in diesen Fällen strukturelle
Gemeinsamkeiten nur bei der CO32--H2O-Verknüpfung gefunden werden (vgl. Abschnitt 6.2).
Bisher unbekannt ist, ob weitere Faktoren dazu führen können, daß die in den aufgeführten
Regeln beschriebenen Strukturelemente nicht mehr aufgebaut werden.
151
6.5 Strukturverwandtschaft von Alkalimetallhydrogencarbonaten mit
zyklisch-dimerem [H2(CO3)2]2--Anion
Die Struktur von Rubidiumhydrogencarbonat RbHCO3 (vgl. Abschnitt 5.3) zeigt hohe
Ähnlichkeiten zu der von KHCO3 [5]. CsHCO3, dessen Struktur 1993 von Kaduk [23]
aufgeklärt wurde, ist nicht isotyp mit den entsprechenden K- und Rb-Verbindungen. Ein
Vergleich der Strukturen zeigt jedoch, daß alle drei Verbindungen dem gleichen
Aufbauprinzip gehorchen.
Abb. 6.14 und 6.15 zeigen die Strukturen von KHCO3 [5], RbHCO3 und CsHCO3 [23]. Ihnen
gemeinsam ist, daß Alkalimetallionen annähernd planare 63-Netze ausbilden, die entlang
(100) deckungsgleich gestapelt sind. Innerhalb der sich ergebenden hexagonalen Prismen
befinden sich die [H2(CO3)2]2--Anionen. Danach sind diese Strukturen mit dem anti-AlB2-Typ
verwandt; das Alkalimetallion besetzt die Lage von B, das dimere Anion diejenige von Al
(vgl. Abb. 6.15 b).
Abb. 6.14 Projektion der Strukturen von (a) KHCO3 [5] und (b) RbHCO3.
a)
b)
a
a
O1
C
O2
H
K
O2
c
O1
C
Rb
O3
H
b
c
b
152
Abb. 6.15 Projektion der Struktur von CsHCO3 [23] (a) im Vergleich zum
anti-AlB2-Typ (b).
a)
b)
c
O
Cs
b
H
C
a
Unterschiede zwischen den Strukturen ergeben sich aus der unterschiedlichen Orientierung
der Anionen in den hexagonal-prismatischen Lücken. In KHCO3 und RbHCO3 sind die
längsten Bindungsvektoren innerhalb der dimeren [H2(CO3)2]2--Anionen annähernd (KHCO3)
bzw. exakt (RbHCO3) parallel angeordnet; in CsHCO3 ist jedes zweite Anion verdreht.
Eine Beschreibung dieser Strukturen in Analogie zu denen von Verbindungen der Form
A(n+1)[H(n-1)(CO3)n] * x H2O (vgl. Abschnitt 6.4) ist nicht möglich. Hier wird demnach neben
einer formalen Unterteilung der Alklalimetallcarbonate und -hydrogencarbonate in zwei
homologe Reihen (Abschnitt 6.1) auch eine strukturelle Unterscheidung beobachtet.
153
7 Untersuchungen im System Na+/A+/CO32-/HCO3-/H2O mit
A = K, Rb
Über Alkalimetallcarbonate und -hydrogencarbonate mit unterschiedlichen Kationen ist wenig
bekannt. Strukturanalysen sind bisher nur an den Verbindungen NaKCO3 * 6 H2O [47] und
LiNaCO3 [46] sowie zur Mischkristallbildung von KHCO3 und RbHCO3 (vgl. Abschnitt 5.3)
durchgeführt worden. Eingehendere Untersuchungen an solchen Verbindungen sind
insbesondere im Hinblick auf die formale und strukturelle Systematik der Alkalimetallhydrogencarbonate von Interesse. Neben der Suche nach möglichen, bisher noch nicht
beobachteten Verknüpfungstypen zwischen CO3-Baugruppen kann hier der Einfluß der
Alkalimetallionen auf den Aufbau der Strukturen untersucht werden. Die in Abschnitt 6.4
vorgestellten Regeln zur strukturellen Systematik wurden aus Strukturen abgeleitet, in denen
ausschließlich eine Alkalimetallkationensorte auftritt. Bisher unklar ist, ob diese Regeln auch
beim Einbau unterschiedlicher Alkalimetallionen in die Struktur erfüllt werden können.
Der älteren Literatur können Hinweise auf zwei bisher nicht näher charakterisierte
Verbindungen entnommen werden, denen die Zusammensetzungen „NaHCO3 * K2CO3 *
H2O“ [111] und „NaHCO3 * KHCO3 * 2 K2CO3 * H2O“ [135] zugewiesen wurden. Beide
Verbindungen sind entsprechend der Formulierungen NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O bzw.
NaK5[H(CO3)2]2 * H2O mögliche Vertreter der Gruppe von Hydrogencarbonaten mit dimerem
[H(CO3)2]3--Anion. Wegen des kristallchemisch unterschiedlichen Verhaltens von Na+ und
K+, das durch die Verhältnisse der „Ionenradien“ erklärt werden kann (vgl. dazu Kapitel 3),
sind die Kristallstrukturen dieser Verbindungen insbesondere im Zusammenhang mit den
Regeln zum Strukturaufbau von Alkalimetallcarbonaten und -hydrogencarbonaten von
Interesse.
7.1 Bodenkörper gesättigter Lösungen von A2CO3 und AHCO3 mit
A = Na, K
Das Phasendiagramm des Systems Na+/K+/CO32-/HCO3-/H2O wurde bereits 1929 unabhängig
voneinander durch Hill und Smith [111] sowie de Ropp und Burke [136] untersucht. Über die
Zusammensetzung des Bodenkörpers werden dabei widersprüchliche Angaben gemacht. So
wird für einen Bereich des Phasendiagramms bei 25° C als Bodenkörper sowohl die
Verbindung K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O [136] (vgl. Abschnitt 5.3) als auch ein Hydrogencarbonat der Zusammensetzung „NaHCO3 * K2CO3 * H2O“ [111] angegeben. Die Existenz
der letzteren Verbindung ist bisher nicht bestätigt worden. Entsprechendes gilt für die
Verbindung „NaHCO3 * KHCO3 * 2 K2CO3 * H2O“ [135], die in diesem System bei 50° C
als Bodenkörper vorliegen soll.
154
Abb. 7.1
Diagramm zur Zusammensetzung von Bodenkörpern gesättigter Lösungen im
System Na+/K+/CO32-/HCO3-/H2O in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der
Lösungen bei 25° C (berechnet nach Angaben aus [106] und [111]). Aufgetragen
sind der Molenbruch x[Na+] = n[Na+]/(n[Na+]+n[K+]) gegen den Molenbruch
x[H2(CO3)22-] = n[H2(CO3)22-]/(n[H2(CO3)22-]+n[CO32-]). Eine Ausschnittsvergrößerung ist grau unterlegt.
x[Na+]
Na2CO3 * 10 H2O
NaHCO3
0,8
0,15
NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O
Na2CO3 * 7 H 2O
0,1
0,6
K2CO3 * 1,5 H2O
Na3[H(CO3)2] * 2 H 2O
0,05
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O
0,4
0
K2-xNaxCO3 * 6 H 2O
0,05
0,1
0,15
0,2
KHCO3
0
0,2
0,4
0,6
0,8
x[H2(CO3)22-]
Zur Überprüfung der Angaben aus [106,111] (vgl. Abb. 7.1) wurden in einem geschlossenen
Gefäß gesättigte, wäßrige Lösungen von K2CO3, Na2CO3 und NaHCO3 hergestellt, deren
Zusammensetzung auf die Grenzen des Beständigkeitsgebiets von „NaHCO3 * K2CO3 * H2O“
fiel (vgl. Tabelle 7.1). Um eine ausreichende Menge dieser Verbindung zu erhalten, wurde so
viel NaHCO3, Na2CO3 und K2CO3 zugegeben, daß sich aus 30 g der Lösung etwa 1 g
Bodenkörper bilden konnte. Nach Erwärmen auf 40 °C wurde die klare Lösung bei 27±2° C
stehengelassen. Das Produkt wurde nach fünf Tagen über eine Glasfritte abgesaugt, mit wenig
kaltem Ethanol gewaschen und über P4O10 getrocknet.
155
Tabelle 7.1 Zusammensetzung der Lösungen zur Überprüfung von Daten aus [106,111]:
Eingesetzte Mengen von NaHCO3, Na2CO3, K2CO3 und H2O (g) sowie
Molenbrüche x[Na+] = n[Na+]/(n[Na+]+n[K+]) und x[H2(CO3)22-] =
n[H2(CO3)22-]/(n[H2(CO3)22-]+n[CO32-]).
Probe
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
NaHCO3
0,95
0,94
0,96
0,91
0,82
0,69
0,66
0,93
0,55
0,50
0,46
0,52
0,54
0,55
0,25
0,60
0,72
Na2CO3
1,46
1,41
1,16
1,43
1,48
1,49
1,53
1,16
1,64
1,69
1,76
1,24
1,07
1,06
1,11
0,78
0,14
K2CO3
H2O
15,15
15,29
13,52
15,45
15,98
16,95
17,16
15,87
18,13
18,93
19,56
19,99
20,13
20,12
20,55
20,34
20,84
18,14
18,13
13,76
18,14
18,14
18,14
18,15
18,15
18,14
18,13
18,15
18,13
18,16
18,13
18,14
18,13
18,13
x[Na+]
0,150
0,146
0,145
0,145
0,140
0,129
0,128
0,125
0,125
0,121
0,120
0,093
0,084
0,084
0,074
0,069
0,036
x[H2(CO3)22-]
0,044
0,043
0,050
0,041
0,036
0,029
0,027
0,042
0,022
0,019
0,017
0,019
0,020
0,021
0,009
0,022
0,027
Produkta)
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
B
B
B
B
B
B
a) A: NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O; B: NaK5[H(CO3)2]2 und K2CO3 * 1,5 H2O.
Von den dargestellten Proben wurden Röntgenpulveraufnahmen angefertigt. Die erhaltenen
Beugungswinkel der Proben 1 - 11 waren identisch und konnten keiner bekannten Verbindung
zugeordnet werden. In den Proben 12 - 17 wurde K2CO3 * 1,5 H2O [44] nachgewiesen.
Daneben traten Reflexe auf, die auf eine zweite unbekannte Verbindung zurückzuführen
waren.
Eine Reindarstellung der zweiten Verbindung gelang aus Lösungen entsprechender
Zusammensetzung, die über P4O10 und unter N2-Atmosphäre eingeengt wurden. Unter diesen
Bedingungen bildeten sich Kristalle mit gut ausgeprägtem, unterscheidbarem Habitus. Große
Kristallplättchen mit verzerrt hexagonalem Querschnitt wurden als K2CO3 * 1,5 H2O
identifiziert. Die daneben vorliegende Verbindung bildete kleine, abgeflachte Kristallnadeln
aus, die mit einer Pinzette aus der Mutterlauge entnommen und auf Filterpapier von
anhaftender Lösung befreit wurden.
Die beiden unbekannten Verbindungen wurden röntgenographisch und differenzthermoanalytisch untersucht. Danach entstand bei den Proben 1 - 11 die nach Angaben aus [111]
erwartete Verbindung NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O. Für die Verbindung, die in den Proben 12 - 17
neben K2CO3 * 1,5 H2O entstand, wurde die Zusammensetzung NaK5[H(CO3)2]2 ermittelt.
156
Diese Verbindung wurde bisher im Temperaturbereich von 25 - 35 °C [106,111] nicht
beobachtet. Sie entspricht wahrscheinlich dem in [135] beschriebenen, bei 50° C dargestellten
„NaHCO3 * KHCO3 * 2 K2CO3 * H2O“; das hier in der Formeleinheit enthaltene Kristallwasser kann durch anhaftende Mutterlauge vorgetäuscht sein, die zu verfälschten Analysenergebnissen führt (vgl. [111]). Das Existenzgebiet dieser Verbindung ist im Diagramm zur
Zusammensetzung der Bodenkörper (Abb. 7.1) zwischen denen von K2CO3 * 1,5 H2O und
NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O einzuordnen. Kristallzucht und Charakterisierung der Substanzen
sind in Kapitel 7.2 und 7.3 beschrieben.
Die erhaltenen Ergebnisse zeigen, daß die bisherigen Kenntnisse zum Phasendiagramm des
Systems Na+/K+/CO32-/HCO3-/H2O unvollständig sind. Das im Rahmen dieser Arbeit
gesammelte Datenmaterial genügt jedoch nicht zur Neubestimmung der Existenzbereiche von
Bodenkörpern. Eine weitergehende Untersuchung dieses Systems, die auch die dazu
notwendigen Analysen der erhaltenen Mutterlaugen umfaßt, bleibt späteren Arbeiten
vorbehalten.
7.2 NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit A = K, Rb
7.2.1 Kristallzucht und röntgenographische Charakterisierung
Einkristalle von NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O wurden aus einer wäßrigen Lösung gewonnen, die
3,27 Gew.-% NaHCO3 (1,29 mol-%), 3,93 Gew.-% Na2CO3 (1,23 mol-%) und 46,0 Gew.-%
K2CO3 (11,1 mol-%) enthielt (vgl. Tabelle 7.1, Probe 4). Nach Abfiltrieren des entstandenen
Niederschlags wurde die Mutterlauge über P4O10 unter N2-Atmosphäre eingeengt. Die
Darstellung von NaRb2[H(CO3)2] * 2 H2O erfolgte mit einer entsprechenden molaren
Zusammensetzung der Lösung. Hier wurde jedoch bisher kein reines Produkt erhalten.
Beide Verbindungen fallen in Form von flachen, quaderförmigen Kristallen an. An der Luft
verwittert NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O langsam. NaRb2[H(CO3)2] * 2 H2O zersetzt sich bei
gleichen Bedingungen innerhalb weniger Stunden unter Zerfließen.
Vierkreisdiffraktometermessungen erfolgten an ausgewählten, unter N2-Atmosphäre in
Markröhrchen befestigten Kristallen, die Metrik wurde anhand von 25 ausgewählten
Beugungswinkeln bestimmt. Mögliche Raumgruppen wurden über Präzessionsaufnahmen
ermittelt. Aufgrund der beobachteten Auslöschungen waren Pna21 und Pnma möglich.
Letztere erwies sich im Verlauf der Rechnung als zutreffend. Die Strukturlösung gelang über
Patterson-Methoden (K/Rb) und Fouriersynthesen (Na,C,O). Nach Verfeinerung von Na, C, O
und K bzw. Rb mit anisotropen Temperaturfaktoren konnten die H-Lagen einer
Differenzfouriersynthese entnommen werden. Bezüglich weiterer Daten zu den
röntgenographischen Messungen vgl. Tabelle 7.2, zu Lageparametern und Temperaturfaktoren
vgl. Tabellen 7.3 und 7.4.
157
Guinieraufnahmen von NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O ließen sich widerspruchsfrei mit den aus
Einkristallmessungen gewonnenen Gitterkonstanten indizieren. Anhand von Pulverdaten
verfeinerte Gitterkonstanten (a = 934,8(1) pm, b = 789,5(1) pm, c = 1142,7(1) pm) stehen in
guter Übereinstimmung mit den am Einkristall ermittelten Parametern. Zu den erhaltenen
Beugungswinkeln und -intensitäten vgl. Anhang.
Tabelle 7.2 Angaben zur Strukturbestimmung an NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit A = K, Rb.
NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O
Molmasse [g/mol]
Kristallsystem
Raumgruppe
a [pm]
b [pm]
c [pm]
Zellvolumen [106 pm3] / Z
Dichte (ber.) [g/cm3]
µ( MoKα ) [mm-1]
F(000)
Kristallgröße [mm3]
Θ-Bereich der Datensammlung [°]
Indexbereich
Anzahl der gemessenen Reflexe
unabhängige Reflexe
davon verwendet (I>-1σ)
Absorptionskorrektur
min. Transmissionskoeff.
Extinktionskoeffizient
Verfeinerte Parameter
Goodness-of-Fit mit F2
R-Werte [I > 2σ(I)]
R-Werte (alle Daten)
Größte/kleinste
Restelektronendichte [e/106 pm3]
NaRb2[H(CO3)2] * 2 H2O
258,25
orthorhombisch
Pnma (Nr. 62)
934,07(13)
789,31(10)
1142,1(5)
842,0(4) / 4
2,037
1,189
520
1,0 x 1,5 x 2,0
2,5 - 27,5
0 ≤ h ≤ 15
-12 ≤ k ≤ 12
-18 ≤ l ≤ 0
1924
1033 (R int = 0,017)
989
84
1,077
R1 = 0,023, wR2 = 0,060
R1 = 0,038, wR2 = 0,066
350,99
orthorhombisch
Pnma (Nr. 62)
948,24(11)
811,37(9)
1189,0(2)
914,8(2) / 4
2,548
10,757
664
1,0 x 1,5 x 2,5
2,5 - 27,5
-12 ≤ h ≤ 12
-10 ≤ k ≤ 10
0 ≤ l ≤ 15
4066
1125 (R int = 0,060)
1063
empirisch (Psi-Scan)
56,55
0,038(2)
85
1,048
R1 = 0,031, wR2 = 0,065
R1 = 0,062, wR2 = 0,077
0,374 / -0,367
0,877 / -0,863
158
Tabelle 7.3
x
Atomkoordinaten und anisotrope (Na, K, Rb, C, O) bzw. isotrope (H)
Auslenkungsparameter [10-4 pm2] für NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O und
NaRb2[H(CO3)2] * 2 H2O.
y
z
U11 /Ueq
U22
U33
U13
U23
U12
NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O
Na
K
O1
O2
O3
C1
O4
O5
O6
C2
O7
H1
H2
H3
0,0398(1)
0,20152(4)
0,2563(2)
0,3009(2)
0,4811(2)
0,3390(2)
0,5240(2)
0,7585(2)
0,6752(2)
0,6554(2)
0,4723(2)
0,499(4)
0,413(2)
0,528(2)
0,25
0,51023(4)
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
0,0396(2)
0,25
0,095(3)
0,103(3)
0,33748(8)
0,11593(3)
0,4433(1)
0,2511(1)
0,3768(1)
0,3569(2)
0,5893(1)
0,5542(1)
0,7373(1)
0,6273(2)
0,8429(1)
0,458(4)
0,878(2)
0,810(2)
0,0265(5)
0,0296(2)
0,0173(8)
0,0237(8)
0,0161(8)
0,019(1)
0,0179(8)
0,0203(8)
0,0251(9)
0,020(1)
0,0350(7)
0,09(1)
0,038(6)
0,048(6)
0,0209(4)
0,0224(2)
0,0365(8)
0,0290(7)
0,047(1)
0,0159(8)
0,069(1)
0,0365(8)
0,0355(8)
0,0182(9)
0,0213(5)
0,0372(5)
0,0237(2)
0,0186(8)
0,0156(7)
0,0189(7)
0,020(1)
0,0217(8)
0,0198(8)
0,0154(7)
0,017(1)
0,0521(8)
0
0,0021(1)
0
0
0
0
0
0
0
0
0,014(6)
-0,0102(4)
-0,0041(1)
0,0016(6)
-0,0040(6)
-0,0006(6)
-0,0018(8)
-0,0047(7)
0,0006(6)
-0,0030(6)
-0,0035(8)
0,0163(7)
0
-0,0008(1)
0
0
0
0
0
0
0
0
0,0011(5)
0
0,0024(2)
0
0
0
0
0
0
0
0
0,001(1)
-0,007(1) 0
-0,0041(2) -0,0006(2)
0,01(1)
0
-0,005(2) 0
-0,001(2) 0
-0,003(2) 0
-0,003(2) 0
-0,000(1) 0
-0,002(2) 0
-0,001(2) 0
0,012(2)
0,004(1)
NaRb2[H(CO3)2] * 2 H2O
Na
Rb
O1
O2
O3
C1
O4
O5
O6
C2
O7
H1
H2
H3
0,0604(2)
0,21948(4)
0,2625(4)
0,3216(4)
0,4885(4)
0,3509(5)
0,5157(4)
0,7483(4)
0,6490(4)
0,6407(6)
0,4539(4)
0,502(7)
0,405(4)
0,507(4)
0,25
0,51017(3)
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
0,0376(4)
0,25
0,075(5)
0,105(5)
0,3196(2)
0,10679(3)
0,4311(3)
0,2499(3)
0,3793(3)
0,3530(4)
0,5866(3)
0,5681(3)
0,7375(3)
0,6317(4)
0,8342(3)
0,486(6)
0,852(4)
0,785(4)
0,023(1)
0,0302(3)
0,015(2)
0,024(2)
0,017(2)
0,017(3)
0,017(2)
0,019(2)
0,024(2)
0,024(3)
0,031(2)
0,11(4)
0,02(1)
0,05(1)
0,0248(9)
0,0226(2)
0,039(2)
0,031(2)
0,043(2)
0,015(2)
0,063(3)
0,039(2)
0,037(2)
0,018(2)
0,02(1)
0,028(1)
0,0239(2)
0,016(2)
0,015(2)
0,020(2)
0,022(3)
0,019(2)
0,019(2)
0,015(2)
0,017(3)
0,047(2)
7.2.2 Diskussion der Kristallstrukturen
Die Kristallstrukturen der isotypen Verbindungen NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit A = K, Rb (s.
Abb. 7.2 und 7.3) zeigen eine verzerrt hexagonal-primitive Anordnung der schweren
Kationen. Zwischen den A-Schichten befinden sich Na, H2O sowie planare [H(CO3)2]3--
159
Baueinheiten. Letztere zeigen - im Gegensatz zu bisher untersuchten Hydrogencarbonaten mit
diesem Anion [13,14,51] - keine Inversionssymmetrie. Die C-O-Abstände (125,1(6) 134,6(3) pm) und O-C-O-Winkel (116,1(2) - 125,5(2)°) sind aber vergleichbar (Tabelle 7.4).
Auslenkungen von C aus der durch O1-O3 bzw. O4-O6 aufgespannten Ebenen liegen
symmetriebedingt nicht vor. Die Umgebung der CO3-"Hälften" unterscheiden sich
voneinander (Abb. 7.3): O1, O2 und O3 haben Kontakte zu Na+; H2O bildet Wasserstoffbrückenbindungen zu O5 und O6 aus.
Abb. 7.2
Projektion der Strukturen von NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit A = K (a), Rb (b)
entlang [010].
a
O5
C2
Na
O3
H1
H2
O7
O4
C1
O2
O6
H3
K
O1
b
c
a
O5
C2
Na
O3
C1
O2
b
O6
H1
H2
O4
O7
H3
O1 Rb
c
160
Abb. 7.3
Umgebung des [H(CO3)2]3--Anions in NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O.
iv
H2
iv
O7
x
iv
H3
vii
K
K
H2
O7
O1
H3
xv
K
O6
ix
Na
xi
K
C2
H1
O3
O4
ix
O7 H2
O2
K
C1
ix
H3
O5
xiv
xiv
H3
xiv
O7
H2
iv
K
xii
K
xiii
K
Tabelle 7.3
xii
Na
Bindungslängen (pm) und -winkel (°) im [H(CO3)2]3--Anion in
NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit A = K, Rb sowie zum Vergleich
Na3[H(CO3)2] * 2 H2O [40].
NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit
CO3-Baugruppen
d(C1-O1)
d(C1-O2)
d(C1-O3)
d(C2-O6)
d(C2-O5)
d(C2-O4)
_
d(C-O)
∠ (O1-C1-O2)
∠ (O1-C1-O3)
∠ (O2-C1-O3)
∠ (O6-C2-O5)
∠ (O5-C2-O4)
∠ (O6-C2-O4)
H-Brückenbindung
d (O3-O4)
d (O3-H1)
d (O4-H1)
∠ (O-H-O)
A = Na
A=K
A = Rb
126,2(2)
128,0(2)
131,7(1)
125,3(3)
126,0(3)
134,6(3)
126,9(3)
127,4(3)
130,2(3)
128,6/128,2
125,1(6)
125,7(6)
134,2(6)
126,0(6)
127,0(7)
130,1(6)
128,3/127,7
123,9(1)
120,1(1)
116,1(1)
125,5(2)
118,4(2)
116,1(2)
122,6(2)
119,6(2)
117,8(2)
125,2(5)
118,5(5)
116,2(5)
122,9(5)
119,2(5)
117,9(5)
247,9(2)
80(3)/169(3)a)
246,1(2)
94(4)
152(4)
178(4)
247,8(5)
127(7)
121(7)
179(6)
128,6
180
a) Symmetrisches Double-Minimum-Potential [115] mit halbbesetzten H-Lagen.
161
K+ bzw. Rb+ sind annähernd trigonal-prismatisch von Sauerstoffatomen der Liganden
umgeben (d(K-O): 273,2(1) - 291,0(1) pm; d(Rb-O): 286,0(3) - 304,6(2) pm), zwei
zusätzliche Bindungen treten zu O7(H2O) (d(K-O7): 306,8(2), 309,1(2) pm; d(RbO7): 317,2(4) - 318,4(4) pm) auf (Tabellen 7.4-7.7). Eine Analyse der Wirkungsbereiche
zeigt, daß ein zusätzliches, weiter entferntes Sauerstoffatom (d(K-O4): 353,1(1) pm, d(RbO4): 367,1(2) pm) zum Koordinationspolyeder beiträgt. Es resultiert eine 6+2+1-Koordination
(Abb. 7.4). Die Na+ koordinierenden Sauerstoffe bilden ein verzerrtes trigonales Prisma (Abb.
7.5, d(Na-O): 228,9(1) - 263,1(2) pm (A = K), 233,0(4) - 261,2(4) pm (A = Rb)). Dabei
befindet sich das Natriumatom jedoch nahezu auf einer Seitenfläche (Abstand von der Ebene
der beteiligten Sauerstoffatome: 12,1(1) pm (A = K), 25,9(3) pm (A = Rb)). Ein weiter
entferntes Sauerstoffatom (d(Na-O): 361,0(2) (A=K) bzw. 418,2(4) pm (A=Rb))
vervollständigt das Koordinationspolyeder.
Abb. 7.4
Koordination von K bzw. Rb in NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O.
iii
O5
O3
iii
O6
O2
C1
H1
iii
C2
iii
O4
iii
H1
O1
viii
H2
iii
C1
iii
O3
viii
O7
iii
O1
vi
O2
K (Rb)
iii
O2
viii
H3
vi
C1
vii
vii
O4
ii
O6
O7
vi
O1
vi
O3
vi
ii
H3
vii
C2
H1
ii
H2
vii
O5
vii
O4
vi
C2
vi
O5
vi
O6
Mit der Röntgenstrukturanalyse ist die genaue Lage von an O gebundenen Protonen nicht
bestimmbar. Hier werden lediglich Maxima der Elektronendichte entlang der O-H-Bindung
gefunden. Dennoch kann in einigen Fällen aus Röntgendaten eine Zuordnung der
Wasserstoffbrückenbindung zu theoretisch ermittelten Potentialverläufen getroffen werden
(vgl. [115]; s. a. [137] und dort zitierte Literatur). Bei NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O wurde d(O3O4) zu 246,1(2) pm bestimmt. Hier befindet sich ein auf H zurückzuführendes
Restelektronendichtemaximum deutlich näher an O3 (vgl. Abb. 7.6).
162
Koordination von Na+ in NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O.
Abb. 7.5
K(Rb)
K(Rb)
iii
H1
ii
ii
H3
H2
ii
O7
iii
K(Rb)
O2
iii
O3
C1
O3
iii
O1
iii
C1
H1
O1
iii
O2
xv
O5
K(Rb)
iv
xv
C2
i
O7
xv
O4
K(Rb)
K(Rb)
Abb. 7.6
x
v
xi
i
i
H2
H3
Elektronendichte- (a) und Differenzelektronendichteverteilung (b) in
NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O, berechnet ohne H1. Schnitt durch das Anion bei y = 1/4.
Höhenschichtlinien im Abstand von 2,5 (a) bzw. 0,1 (b) e-/106 pm3, Nullinie
gestrichelt. Das auf H1 zurückgeführte Restelektronenmaximum ist deutlich aus
der Mitte der O...O-Bindung herausgelenkt.
a)
b)
163
Tabelle 7.4
A=K
Bindungslängen d (pm)a), Flächengrößen F (104 pm2) und Raumwinkel φ im
Wirkungsbereich von Na+ in NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O.
d
F
φ
Na-O7i
Na-O7ii
Na-O1
Na-O2iii
Na-O3iii
Na-O2
Na-H2i
Na-H2ii
228,9(2)
228,9(2)
235,6(2)
245,0(2)
250,7(2)
263,1(2)
279(2)
279(2)
6,120
6,120
5,306
4,398
3,807
3,461
0,131
0,131
2,274
2,274
1,961
1,674
1,497
1,295
0,032
0,032
Na-A
Na-Aiv
Na-Aiii
Na-Av
Na-O5xv
Na-H2xvi
Na-H2xiv
359,2(1)
359,2(1)
380,6(1)
380,6(1)
361,0(2)
367(2)
367(2)
0,240
0,240
0,158
0,158
1,756
1,592
1,592
0,073
0,073
0,039
0,039
0,471
0,417
0,417
A = Rb
Na-O7i
Na-O7ii
Na-O1
Na-O2iii
Na-O3iii
Na-O2
Na-H2i
Na-H2ii
Na-H3i
Na-H3ii
Na-A
Na-Aiv
Na-Aiii
Na-Av
Na-O5xv
Na-H2xvi
Na-H2xiv
d
234,4(3)
234,4(3)
233,0(4)
241,0(4)
246,1(4)
261,2(4)
268(4)
268(4)
298(4)
298(4)
362,4(2)
362,4(2)
395,9(2)
395,9(2)
418,2(4)
441(4)
441(4)
F
φ
6,440
6,440
5,970
4,994
4,272
3,776
0,325
0,325
0,002
0,002
0,379
0,379
0,240
0,240
1,684
1,019
1,019
2,222
2,222
2,052
1,803
1,638
1,378
0,096
0,096
0,001
0,001
0,112
0,112
0,049
0,049
0,346
0,196
0,196
a) Atome, die nicht zur gewählten asymmetrischen Einheit gehören, sind indiziert. Die Indices entsprechen dabei
folgenden Symmetrieoperationen: i) -x+1/2,-y,z-1/2; ii) -x+1/2,y+1/2,z-1/2; iii) x-1/2,y,-z+1/2; iv) x,-y+1/2,z;
v) x-1/2,-y+1/2,-z+1/2; vi) -x+1/2,-y+1,z-1/2; vii) -x+1,-y+1,-z+1; viii) -x+1,y+1/2,-z+1;
ix) x+1/2,-y+1/2,-z+3/2; x) -x+1/2,-y+1,z+1/2; xi) -x+1/2,y-1/2,z+1/2; xii) x+1/2,y,-z+1/2;
xiii) x+1/2,-y+1/2,-z+1/2; xiv) x+1/2,y,-z+3/2; xv) -x+1,y-1/2,-z+1; xv) x-1,y,z; xvi) x-1/2,-y+1/2,-z+3/2;
xvii) x,-y+1/2,z-1; xviii) x,-y+3/2,z.
Damit liegt in NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O die bisher kürzeste beobachtete asymmetrische HBrückenbindung in der Substanzklasse der Hydrogencarbonate vor. Für A = Rb wurde
(obwohl die H-Brückenbindung mit d(O3...O4) = 247,8(5) pm vergleichbar mit der bei A = K
ist) ein entsprechendes Maximum innerhalb der Standardunsicherheiten in der Mitte zwischen
O3 und O4 gefunden. Dieses Ergebnis deutet auf einen (pseudo-)symmetrischen Potentialverlauf in der H-Brücke hin. Zur weiteren Untersuchung sind Neutronenbeugungsexperimente
an deuterierten Proben notwendig.
Die Längen der H-Brückenbindungen von H2O entsprechen mit d(O...O) = 277,8(4) - 285,1(2)
pm denen in anderen Alkalimetallcarbonat-Hydraten (vgl. [30-35,40] sowie Kapitel 5). Dabei
werden die dimeren Anionen über O5 und O6 durch je zwei Wassermoleküle verbrückt. Dem
entspricht eine [[H(CO3)2]3--(H2O)2]n Kette mit 21-Symmetrie entlang a.
164
Tabelle 7.5
Bindungslängen d (pm)a), Flächengrößen F (104 pm2) und Raumwinkel φ im
Wirkungsbereich von K+ bzw. Rb+ in NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O.
A=K
A-O2
A-O1vi
A-H3viii
A-O6viii
A-O4vi
A-O5v
A-O3v
A-H1v
A-O7ii
A-O7viii
A-H3ii
A-H1vi
A-H2ii
A-H2xviii
A-C2v
A-O4v
A-C1vi
A-Na
A-Axviii
A-Naxiii
d
273,2(1)
276,1(1)
277(2)
277,8(1)
284,8(1)
287,7(1)
290,9(1)
292(3)
306,8(2)
309,1(2)
317(2)
322(3)
325(2)
346(2)
348,2(2)
353,1(1)
353,2(2)
359,2(1)
378,5(1)
380,6(1)
F
φ
A = Rb
4,846
4,953
3,120
3,806
3,966
4,037
2,662
2,462
1,874
1,219
1,285
1,279
0,807
1,302
0,299
0,374
0,053
0,240
0,138
0,158
1,620
1,600
1,126
1,282
1,307
1,314
0,882
0,802
0,641
0,319
0,404
0,351
0,242
0,363
0,066
0,087
0,010
0,073
0,038
0,039
A-O2
A-O1vi
A-H3viii
A-O6viii
A-O4vi
A-O5v
A-O3v
A-H1v
A-O7ii
A-O7viii
A-H3ii
A-H1vi
A-H2ii
A-H2xviii
A-C2v
A-O4v
A-C1vi
A-Na
A-Axviii
A-Naxiii
d
287,9(2)
286,0(3)
300(4)
296,1(3)
296,9(3)
297,6(3)
304,6(3)
315(5)
317,2(4)
318,3(4)
311(4)
320(5)
319(4)
357(4)
361,3(4)
367,1(3)
365,2(4)
362,4(2)
389,2(1)
395,9(2)
F
φ
5,085
5,719
2,465
3,874
3,551
4,741
3,136
2,104
0,951
2,712
2,026
1,477
1,449
1,863
0,230
0,188
0,040
0,379
0,319
0,240
1,558
1,653
0,799
1,181
1,112
1,389
0,975
0,619
0,306
0,675
0,653
0,402
0,448
0,463
0,046
0,038
0,007
0,112
0,082
0,049
a) Zu den Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 7.4.
Tabelle 7.6
Abstände d(Na-O) in NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O (pm) sowie Anteile zur
effektiven Koordinationszahl nECoNa) [88], Bindungsvalenzen nach [53]b)
(sBrown) und unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c).
A=K d(Na-O) nECoN-Anteil sBrown
O7i
O7ii
O1
O2iii
O3iii
O2
O5xv
Σ
228,9(2)
228,9(2)
235,6(2)
245,0(2)
250,7(2)
263,1(2)
361,0(2)
sE
A=Rb
d(Na-O) nECoN-Anteil sBrown
O7i
O7ii
O1
O2iii
O3iii
O2
O5xv
234,4(3)
234,4(3)
233,0(4)
241,0(4)
246,1(4)
261,2(4)
418,2(4)
1,23
1,23
1,06
0,83
0,70
0,44
0,00
0,269
0,269
0,224
0,174
0,149
0,107
0,008
0,244
0,244
0,204
0,159
0,136
0,097
0,007
5,50
1,20
1,09
sE
1,12
1,12
1,16
0,96
0,83
0,50
0,00
0,232
0,232
0,240
0,194
0,169
0,112
0,002
0,208
0,208
0,216
0,174
0,152
0,101
0,001
5,69
1,18
1,06
a) Startradius für Na +: 102 pm, r(O2-): 140 pm. b) ro = 180,3 c) roE = 176,1 bzw. 176,3 pm für A = K bzw. Rb.
d) Zu den Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 7.4.
165
Tabelle 7.7
Abstände d(A-O) in NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit A = K bzw. Rb (pm) sowie
Anteile zur effektiven Koordinationszahl nECoNa) [88], Bindungsvalenzen nach
[53]b) (sBrown) und unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c).
d(K-O) nECoN-Anteil sBrown
O2
O1vi
O6viii
O4vi
O5v
O3v
O7ii
O7viii
O4v
Σ
273,2(1)
276,1(1)
277,8(1)
284,8(1)
287,7(1)
290,9(1)
306,8(2)
309,1(2)
353,1(1)
sE
1,26
1,20
1,17
1,02
0,96
0,89
0,59
0,54
0,08
0,198
0,183
0,174
0,144
0,133
0,122
0,080
0,075
0,023
0,173
0,160
0,152
0,126
0,117
0,107
0,070
0,065
0,020
7,70
1,13
0,99
d(Rb-O) nECoN-Anteil sBrown
O2
O1vi
O6viii
O4vi
O5v
O3v
O7ii
O7viii
O4v
287,9(2)
286,0(3)
296,1(3)
296,9(3)
297,6(3)
304,6(3)
317,2(4)
318,3(4)
367,1(3)
sE
1,22
1,26
1,05
1,04
1,02
0,88
0,65
0,63
0,09
0,189
0,199
0,151
0,148
0,146
0,120
0,086
0,083
0,022
0,166
0,175
0,133
0,130
0,128
0,106
0,075
0,073
0,020
7,85
1,15
1,01
a) Startradius für K+ und Rb+: 151 und 161 pm, r(O2-): 140 pm. b) ro = 213,2 (K+) und 226,3 pm (Rb+). c) roE =
208,2 (K) bzw. 221,6 pm (Rb) d) Zu den Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 7.4.
7.2.3 Thermische Zersetzung von NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O
Das DTA/TG-Diagramm der thermischen Zersetzung von NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O (Abb. 7.7,
Tabelle 7.8) zeigt drei Abbaustufen. Während der ersten endothermen Reaktionsstufe
zwischen 70 und 135 °C wird ein Massenverlust von 14 % verzeichnet. Zwischen 135 und
200 °C treten zwei weitere endotherme Signale auf. Bei 200 °C ist die Zersetzung mit einem
Gesamtmassenverlust von 25 % abgeschlossen (Berechnet für die Zersetzung
NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O → „1/2 Na2CO3 + K2CO3“ + 1/2 CO2 + 5/2 H2O: 26 %).
Zersetzungsprodukt ist die oberhalb von 142 °C beständige, hexagonale Phase NaxK2-xCO3
mit x = 2/3 [138].
Die Zusammensetzung der Substanz nach der ersten Zersetzungsstufe konnte bisher nicht
eindeutig geklärt werden. Eine nach Abfangen des Produkts erstellte Pulveraufnahme weist
neben dem Beugungsmuster der Verbindung NaKCO3 [139] weitere Reflexe auf, die nicht
zugeordnet werden konnten. Aufgrund der niedrigen Zersetzungstemperatur kann hier ein
inkongruentes Schmelzen der Substanz angenommen werden. Somit können zum jetzigen
Zeitpunkt noch keine Aussagen über die weitere Zersetzungsreaktion getroffen werden.
166
Abb. 7.7
DTA/TG-Diagramm des thermischen Abbaus von NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O.
Tabelle 7.8
DTA/TG-Daten zur thermischen Zersetzung von NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O.
Zersetzungsstufe
1
2
3
Tonset [°C]
Tpeak [°C]
68,1
145,7
177,6
84,5
165,5
191,2
∆M [%]
14,3
6,7
4,0
7.3 NaK5[H(CO3)2]
7.3.1 Röntgenographische Charakterisierung
Kristalle von NaK5[H(CO3)2]2 konnten einer der in Abschnitt 7.1 beschriebenen Lösungen
entnommen werden (vgl. Tabelle 7.1, Probe 11). Die Verbindung bildet nadelförmige,
farblose Plättchen und ist in Kontakt mit Mutterlauge mehrere Wochen, unter Schutzgas
einige Tage haltbar. An der Luft zersetzt sie sich unter Zerfließen.
Die Bestimmung der Metrik und Sammlung von Intensitätsdaten erfolgten auf einem
Vierkreisdiffraktometer, die Ermittlung der möglichen Raumgruppen über eine statistische
Analyse der Auslöschungen. Möglich waren Cc und C2/c, von denen sich die
167
zentrosymmetrische im Verlauf der Strukturrechnung als zutreffend erwies. Die
Strukturlösung gelang über direkte Methoden (K) und Fouriersynthesen (Na, C, O). Nach
Verfeinerung
mit
anisotropen
Temperaturfaktoren
konnten
H-Lagen
einer
Differenzfouriersynthese entnommen werden und mit isotropen Temperaturfaktoren in die
Verfeinerung einbezogen werden. Eine unter Berücksichtigung der Wirkungsbereiche und
jeweiligen Werte für nECoN [88] (vgl. Kapitel 3) durchgeführte Bestimmung der
Valenzsummen für Na+ und K+ zeigte, daß für K+ ungewöhnlich hohe Werte (1,06 - 1,22)
angenommen werden. Eine deshalb vermutete partielle Besetzung der K+-Lagen durch Na+
wurde in der Strukturverfeinerung durch Einführung von Mischpunktlagen berücksichtigt. Die
Berechnung der Besetzungsparameter, die für die K-Lagen einen Na+-Anteil von 6,9(8), 6,0(7)
und 5,8(7) % ergaben, bestätigte die Vermutung.
Zu weiteren Angaben zur Kristallstrukturbestimmung sowie den erhaltenen Lageparametern
und Temperaturfaktoren siehe Tabellen 7.9 und 7.10, zur Berechnung der Valenzsummen vgl.
Tabellen 7.11 bis 7.14.
Tabelle 7.9
Kristalldaten und Angaben zur Strukturverfeinerung für NaK5[H(CO3)2]2.
Kristallsystem
Raumgruppe
a [pm]
b [pm]
c [pm]
β [°]
Zellvolumen [106 pm3] / Z
Dichte (ber.) [g/cm3]
µ (MoKα) [mm-1]
F(000)
Kristallgröße [mm3]
Θ-Bereich zur Datensammlung [°]
Indexbereich
Anzahl der gemessenen Reflexe
Unabhängige Reflexe
Absorptionskorrektur
min. Transmissionskoeffizient
Extinktionskoeffizient
Daten / Parameter
Goodness-of-Fit an F2
R-Werte [I>2σ (I)]
R-Werte (alle Daten)
Größte/kleinste
Restelektronendichte [e/106 pm3]
monoklin
C2/c (Nr. 15)
1672,4(5)
560,1(6)
1388,6(5)
103,943(14)
1262(2) / 4
2,423
1,839
912
0,11 x 0,14 x 0,32
2,5 - 27,5
-23 ≤ h ≤ 23, 0 ≤ k ≤ 7, -19 ≤ l ≤ 19
3046
1459 (Rint = 0,0340)
Psi-Scan
0,8712
0,00175(13)
1384 / 110
0,990
R1 = 0,0250, wR2 = 0,0457
R1 = 0,0615, wR2 = 0,0526
0,265 / -0,339
168
Tabelle 7.10 Atomkoordinaten und anisotrope (Na, K, Rb, C, O) bzw. isotrope (H)
Auslenkungsparameter [10-4 pm2] für NaK5[H(CO3)2]2a).
x
K1
K2
K3
Na
C1
O1
O2
O3
C2
O4
O5
O6
H
0
0,39303(3)
0,19952(3)
0
0,0785(1)
0,0611(1)
0,06269(9)
0,1138(1)
0,1810(1)
0,19438(9)
0,11338(8)
0,23515(9)
0,143(2)
y
z
0
0,02745(9)
0,0229(1)
0,0259(3)
0,5152(4)
0,3179(3)
0,7153(3)
0,5132(3)
0,9940(4)
0,8773(3)
0,9600(3)
1,1363(3)
0,670(8)
U11 /Ueq
0
0,29271(3)
0,39136(3)
0,25
0,4176(1)
0,3735(1)
0,3727(1)
0,5123(1)
0,6560(1)
0,5779(1)
0,6803(1)
0,6995(1)
0,535(3)
0,0243(4)
0,0203(3)
0,0191(3)
0,0178(6)
0,0145(8)
0,027(1)
0,023(1)
0,044(1)
0,0166(9)
0,0290(9)
0,0151(8)
0,0196(8)
0,13(2)
U22
U33
0,0331(5)
0,0150(3)
0,0249(4)
0,0210(7)
0,017(1)
0,0134(8)
0,0146(8)
0,025(1)
0,011(1)
0,028(1)
0,0221(9)
0,0174(9)
0,0135(3)
0,0183(3)
0,0227(3)
0,0212(6)
0,0156(9)
0,026(1)
0,0180(9)
0,0154(7)
0,0146(9)
0,0180(8)
0,0227(7)
0,0297(9)
U13
-0,0004(4)
0,0006(2)
0,0070(3)
0
0,001(1)
-0,0040(7)
0,0019(6)
-0,0004(8)
0,0028(9)
-0,0044(7)
0,0009(7)
-0,0020(7)
U23
U12
0,0048(3)
0,0072(2)
0,0067(2)
0,0085(5)
0,0063(7)
0,0078(8)
0,0060(7)
0,0000(7)
0,0023(7)
0,0117(7)
0,0076(6)
0,0024(7)
-0,0097(4)
0,0001(2)
0,0012(3)
0
-0,0002(9)
-0,0025(7)
0,0037(7)
-0,0058(9)
0,001(1)
0,0003(8)
-0,0001(7)
-0,0054(7)
a) Lagen von K1, K2 und K3 sind zu 6,9(8), 6,0(7) und 5,8(7) % mit Na+ besetzt.
Tabelle 7.11 Bindungslängen d [pm]a), Flächengrößen F [104 pm2] und Raumwinkel φ im
Wirkungsbereich von Na+ in NaK5[H(CO3)2]2.
d
Na-O5i
Na-O5x
Na-O1
Na-O1iv
Na-O2ii
Na-O2ix
Na-K3
232,9(2)
232,9(2)
241,2(2)
241,2(2)
248,5(2)
248,5(2)
344,0(1)
F
φ
5,211
5,211
4,957
4,957
4,888
4,888
0,383
2,065
2,065
1,925
1,925
1,847
1,847
0,125
d
Na-K3iv
Na-K2xi
Na-K2vi
Na-K2xv
Na-K2xiv
Na-K1
Na-K1iv
344,0(1)
344,4(3)
344,4(3)
345,7(3)
345,7(3)
347,5(1)
347,5(1)
F
φ
0,383
0,457
0,457
0,332
0,332
0,207
0,207
0,125
0,147
0,147
0,107
0,107
0,067
0,067
a) Symmetrietransformationen für die äquivalenten Atome:
i) x,-y+1,z-1/2; ii) -x,y-1,-z+1/2; iii) x,-y,z-1/2; iv) -x,y,-z+1/2; v) -x+1/2,-y+1/2,-z+1;
vi) -x+1/2,y-1/2,-z+1/2; vii) -x+1/2,-y+3/2,-z+1; viii) x+1/2,y-1/2,z; ix) x,y-1,z; x) -x,-y+1,-z+1;
xi) x-1/2,y-1/2,z; xii) x+1/2,y+1/2,z; xiii) -x,-y,-z; xiv) -x+1/2,y+1/2,-z+1/2; xv) x-1/2,y+1/2,z;
xvi) -x,y+1,-z+1/2; xvii) x,y+1,z; xviii) x,-y+1,z+1/2; xix) -x+1/2,-y+1/2,z-1/2; xx) -x+1,y,-z+1/2.
169
Tabelle 7.12 Bindungslängen d [pm]a), Flächengrößen F [104 pm2] und Raumwinkel φ in den
Wirkungsbereichen von K+ in NaK5[H(CO3)2]2.
d
F
φ
d
F
φ
K1-O5ii
K1-O5i
K1-O2ii
K1-O2i
K1-O1iv
K1-O1iii
K1-Hii
K1-Hi
K1-O4ii
K1-O4i
K1-C2ii
K1-C2i
K1-O3ii
276,2(2)
276,2(2)
276,8(2)
276,8(2)
285,7(2)
285,7(2)
297(4)
297(4)
324,3(2)
324,3(2)
327,0(2)
327,0(2)
330,5(3)
3,961
3,961
4,083
4,083
4,313
4,313
2,098
2,098
1,262
1,262
0,385
0,385
0,581
1,379
1,379
1,392
1,392
1,400
1,400
0,751
0,751
0,364
0,364
0,102
0,102
0,155
K1-O3i
K1-C1ii
K1-C1i
K1-O3iv
K1-O3iii
K1-Na
K1-Naxiii
K1-C1iv
K1-C1iii
K1-K3iv
K1-K3iii
K1-K2vi
K1-K2xix
330,5(3)
333,6(3)
333,6(3)
342,8(3)
342,8(3)
347,5(1)
347,5(1)
347,6(3)
347,6(3)
398,1(1)
398,1(1)
400,1(2)
400,1(2)
0,581
0,213
0,213
2,105
2,105
0,207
0,207
0,046
0,046
0,047
0,047
0,114
0,114
0,155
0,053
0,053
0,569
0,569
0,067
0,067
0,011
0,011
0,012
0,012
0,028
0,028
K2-O3v
K2-O5v
K2-O2vi
K2-O6i
K2-Hvi
K2-O1vi
K2-O6vii
K2-O5vii
K2-O2viii
K2-O1viii
K2-C1vi
K2-C2vii
274,7(2)
276,1(3)
278,4(2)
280,1(2)
283(4)
285,5(2)
287,5(2)
290,0(3)
297,9(2)
300,2(2)
307,2(2)
310,6(3)
3,769
3,669
3,956
4,821
2,113
3,340
3,360
3,259
3,124
2,778
0,615
0,477
1,244
1,319
1,324
1,550
0,732
1,133
1,128
1,089
1,016
0,920
0,172
0,154
K2-C1viii
K2-C2v
K2-O4v
K2-Naxii
K2-Naviii
K2-K3
K2-K3xiv
K2-K3vi
K2-O4i
K2-K1xiv
K2-K2xx
316,8(2)
331,6(3)
343,0(2)
344,4(3)
345,7(3)
380,7(1)
383,7(2)
387,5(2)
393,0(2)
400,1(2)
403,1(1)
0,642
0,133
0,073
0,457
0,332
0,183
0,490
0,037
0,225
0,114
0,025
0,205
0,040
0,021
0,147
0,107
0,050
0,123
0,010
0,050
0,028
0,006
K3-O6vii
K3-O4ix
K3-O1
K3-Hv
K3-O4v
K3-O2ix
K3-O5i
K3-O6i
K3-O3v
K3-Hix
266,5(2)
273,6(2)
280,7(2)
282(4)
282,6(3)
282,6(2)
294,0(2)
300,2(2)
309,4(2)
312(4)
5,533
5,215
4,911
2,526
3,499
4,291
2,967
2,920
2,087
0,929
1,807
1,635
1,575
0,909
1,143
1,406
1,014
0,953
0,554
0,308
K3-C2i
K3-Na
K3-C1
K3-O3
K3-O4vii
K3-K2
K3-K2vi
K3-K2xiv
K3-K1iv
K3-K3v
321,0(2)
344,0(1)
349,2(3)
368,5(3)
377,6(4)
380,7(1)
383,7(2)
387,5(2)
398,1(1)
399,6(2)
0,143
0,383
0,259
1,290
0,802
0,183
0,490
0,037
0,047
1,543
0,051
0,125
0,056
0,306
0,178
0,050
0,123
0,010
0,012
0,353
a) Zu den Symmetrietransformationen vgl. Tabelle 7.11.
170
Tabelle 7.13 Abstände d(Na-O) in NaK5[H(CO3)2]2 [pm] sowie Anteile zur effektiven
Koordinationszahl nECoNa) [88], Bindungsvalenzen nach [53]b) (sBrown) und
unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c) bzw. Verzerrungsparameter ξ (sξ)d),
für den sich der Wert 1,0008 ergibt.
d(Na-O)e) nECoN-Anteil sBrown
O5i
O5x
O1
O1iv
232,9(2)
232,9(2)
241,2(2)
241,2(2)
1,18
1,18
0,97
0,97
0,241
0,241
0,193
0,193
sE
sξ
0,214
0,214
0,171
0,171
0,203
0,203
0,162
0,162
d(Na-O)
O2ii 248,5(2)
O2ix 248,5(2)
Σ
sE
n
ECoN-Anteil sBrown
sξ
0,79
0,79
0,158
0,158
0,141
0,141
0,133
0,133
5,86
1,18
1,05
1,00
a) Startradius für Na+: 102 pm, r(O2-): 140 pm. b) ro = 180,3 pm. c) roE = 175,9 pm. d) roξ = 173,9 e) Zu den
Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 7.11.
Tabelle 7.14 Abstände d(K-O) in NaK5[H(CO3)2]2 [pm] sowie Anteile zur effektiven
Koordinationszahl nECoNa) [88], Bindungsvalenzen nach [53]b) (sBrown) und
unter Berücksichtigung von nECoN (sE)c).
d(K-O)d nECoN-Anteil sBrown
sE
d(K-O) nECoN-Anteil sBrown
K1-O5ii
K1-O5i
K1-O2ii
K1-O2i
K1-O1iv
K1-O1iii
K1-O4ii
276,2(2)
276,2(2)
276,8(2)
276,8(2)
285,7(2)
285,7(2)
324,3(2)
1,26
1,26
1,25
1,25
1,06
1,06
0,36
0,182
0,182
0,179
0,179
0,141
0,141
0,050
0,163
0,163
0,160
0,160
0,126
0,126
0,044
K1-O4i
K1-O3ii
K1-O3i
K1-O3iv
K1-O3iii
K2-O3v
K2-O5v
K2-O2vi
K2-O6i
K2-O1vi
K2-O6vii
K2-O5vii
274,7(2)
276,1(3)
278,4(2)
280,1(2)
285,5(2)
287,5(2)
290,0(3)
1,22
1,19
1,14
1,10
0,99
0,95
0,89
0,190
0,182
0,172
0,164
0,142
0,134
0,125
0,172
0,165
0,155
0,148
0,128
0,121
0,113
K2-O2viii
K2-O1viii
K2-O4v
K2-O4i
K3-O6vii
K3-O4ix
K3-O1
K3-O4v
K3-O2ix
K3-O5i
266,5(2)
273,6(2)
280,7(2)
282,6(3)
282,6(2)
294,0(2)
1,35
1,20
1,04
1,00
1,00
0,77
0,237
0,195
0,161
0,153
0,153
0,113
0,207
0,171
0,141
0,134
0,134
0,099
K3-O6i
K3-O3v
K3-O3
K3-O4vii
324,3(2)
330,5(3)
330,5(3)
342,8(3)
342,8(3)
Σ
297,9(2)
300,2(2)
343,0(2)
393,0(2)
Σ
Σ
300,2(2)
309,4(2)
368,5(3)
377,6(4)
sE
0,36
0,29
0,29
0,16
0,16
0,050
0,042
0,042
0,030
0,030
0,044
0,038
0,038
0,027
0,027
8,77
1,25
1,12
0,74
0,69
0,13
0,00
0,101
0,095
0,030
0,008
0,092
0,086
0,027
0,007
9,03
1,34
1,22
0,65
0,49
0,02
0,01
0,095
0,074
0,015
0,012
0,083
0,065
0,013
0,010
7,53
1,21
1,06
a) Startradius für K+: 151 pm, r(O2-): 140 pm. b) ro = 213,2 pm. c) roE = 209,0 (K1), 209,5 (K2) und 208,3 pm
(K3). d) Zu den Symmetrieoperatoren vgl. Tabelle 7.11.
171
7.3.2 Diskussion der Kristallstruktur
In der Kristallstruktur von NaK5[H(CO3)2]2 (Abb. 7.8, 7.9) liegen dimere [H(CO3)2]3-Anionen vor, in der die Ebenen der CO3-Baugruppen einen Winkel von 80,3(1)° einschließen
(C1-O3-O4-C2-Diederwinkel: 127,4(2)°). Eine derartige Anordnung ist bisher bei keiner
anderen Verbindung mit diesem Anion beobachtet worden; dort liegen die O-Atome des
Anions näherungsweise (wie in z.B. Na3[H(CO3)2] * 2 H2O [40]) bzw. exakt (wie in z.B.
NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O, vgl. Abschnitt 7.2) in einer Ebene. C-O-Bindungslängen (124,8(2) 133,4(3) pm) und O-C-O-Bindungswinkel (117,7(2) - 123,7(2)°, vgl. Tabelle 7.15) sind mit
denen in anderen Verbindungen mit [H(CO3)2]3--Anionen vergleichbar (s. Tabelle 7.3).
Zwischen den CO3-Baugruppen wird eine kurze Wasserstoffbrückenbindung ausgebildet
(d(O3...O4): 249,3(3) pm), der nach den Ergebnissen der Röntgenstrukturanalyse ein
asymmetrischer Potentialverlauf zukommt (d(O3-H): 102(4) pm, d(H...O4): 148(4) pm; ∠(O3H-O4): 171(4)°).
Abb. 7.8
Projektion der Struktur von NaK5[H(CO3)2]2 entlang [010].
c
O6
C1
O4
O5
H1 O3
a
K2
K3
C1
O2 O1
Na
K1
b
172
Abb. 7.9
Umgebung des [H(CO3)2]2--Anions in NaK5[H(CO3)2]2.
x
Na
ii
K1
xv
K2
vii
iv
K1
K2
xvii
Na
O2
Na
O1
K2
v
xviii
K3
O5
O3
H
C2
C1
O6
O4
xiv
K2
xvii
vii
K3
K3
K3
xviii
K2
v
K3
Tabelle 7.15 Bindungslängen (pm) und -winkel (°) im [H(CO3)2]3--Anion in
NaK5[H(CO3)2]2.
d(C1-O1)
d(C1-O2)
d(C1-O3)
_
d(C-O)
126,3(3)
127,9(3)
130,4(2)
∠ (O1-C1-O2)
∠ (O1-C1-O3)
∠ (O2-C1-O3)
122,2(2)
118,5(2)
119,3(2)
∠ (O6-C2-O5)
∠ (O6-C2-O4)
∠ (O5-C2-O4)
123,7(2)
117,7(2)
118,6(2)
∠ (C1-O3-H1)
∠ (C2-O4-H1)
∠ (O3-H-O4)
112(2)
121(1)
171(4)
128,2
d(C2-O6)
d(C2-O5)
d(C2-O4)
_
d(C-O)
124,8(3)
127,0(2)
133,0(2)
128,3
d(O3-H1)
d(O4-H1)
d(O3-O4)
102(4)
148(4)
249,3(3)
Der Aufbau der Struktur von NaK5[H(CO3)2]2 erfolgt entsprechend den Regeln zum
Strukturaufbau von Alkalimetallhydrogencarbonaten (vgl. Kapitel 6): Kalium-Ionen (K-Lagen
zu etwa 6 % mit Na+ besetzt) bilden ein leicht verzerrtes kubisch-primitives Gitter. Das K+Gerüst ist so orientiert, daß eine Flächendiagonale der kubischen Lücken entlang (010)
verläuft. In den kubischen Lücken befinden sich die CO3-Gruppen des Anions und Na+ (vgl.
Abb. 6.13b und Abb. 7.16).
173
Abb. 7.16
Ausschnitt der Struktur von NaK5[H(CO3)2]2: Perspektivische Darstellung einer
K+-Würfelschicht. Zur Bezeichnung der Atome vgl. Abb. 7.14.
Na+ (Tabellen 7.11 und 7.13, Abb. 7.17) wird verzerrt oktaedrisch durch sechs
Sauerstoffatome von sechs Anionen koordiniert. Die Na-O-Abstände (d(Na-O): 232,9(2) 248,4(2) pm) liegen mit einer Bindungsvalenzsumme von WE = 1,05 bzw. Wξ = 1,00 im
erwarteten Bereich. K1, K2 und K3 bilden mit Sauerstoffatomen voneinander verschiedene,
unregelmäßige Koordinationspolyeder (Tabellen 7.12 und 7.14, Abb. 7.17). Für K1 treten
sechs kurze K1-O-Abstände auf (d(K1-O): 276,1(2) - 285,7(2) pm); eine Analyse des
Wirkungsbereichs ergibt, daß sechs weitere Sauerstoffatome (d(K1-O): 324,3(2) - 342,8(3)
pm) zum Koordinationspolyeder beitragen. Es ergibt sich eine 6+6-Koordination. K2 hat neun
kurze (d(K2-O): 274,7(2) - 300,2(2) pm) sowie zwei lange Kontakte (d(K2-O): 343,0(2) und
393,0(2) pm) zu Sauerstoffatomen (CN 9+1+1), K3 acht kurze (d(K3-O): 266,5(2) - 309,4(2)
pm) und zwei lange (d(K3-O): 368,5(3) und 377,6(4) pm).
Bei Berücksichtigung der Besetzungsparameter erhält man für den untersuchten Kristall die
Zusammensetzung Na(K1-xNax)5[H(CO3)2]2 mit x = 0,06(1). Für diese Verbindung muß somit
eine Phasenbreite angenommen werden. Der maximale Grad der Substitution von K+ durch
Na+ ist noch unbekannt. Diesbezügliche Untersuchungen wurden im Rahmen dieser Arbeit
174
nicht durchgeführt, sind aber im Hinblick auf die mögliche Synthese eines bisher
unbekannten, wasserfreien Na3[H(CO3)2] (x=1) von Interesse.
Koordinationssphären von Na, K1, K2 und K3 in NaK5[H(CO3)2]2.
Abb. 7.17
x
O4
i
C1
i
x
O6
O1
x
C2
i
iv
C1
O2
iv
iv
O5
O2
K1
iv
H
H
O1
O2
ii
O2
ii
ii
O3 C1
ii
Na
O1
i
iii
O1
iv
iv
ix
O3
ix
O3 H
ix
ixC1
ii
iii
O3
iv
ix
O3
H
i
iv
O2 C1 O3
O1
O1
iv
H
C1
iii
ii
O5
O1
O2
O6
ii
ii
O4
i
i
O6
ix
v
v
O5
i
O4
v
v
O2
H
O6
O3
v
i
i
O3
K2
O2
C2
v
viii
vii
O1
O6
vi
vii
vi
O2
viii
C2
O2
vii
O1
v
vii
H
vii
K3
i
viii
ix
H
O6
O5
H
O4
O3
O3
viii
C1
vi
C1
C1
O2
ix
v
viii
O3
vi
vii
O1
vi
O1
H
C1
ix
O5
v
vii
O5
v
C2
ix
C2
v
C1
vii
O4
v
O4
O1
O6
v
O1
H
C2
i
ii
O3
v
O6
O5
ii
C1
ii
H
C2
ii
i
O2
ii
ii
C2
iii
H
iii
C1
O5
O4
i
O6
i
x
O2
i
O4
i
H
C2
O5
iv
i
O3
i
O4
O4
i
C2
v
v
O4
C2
ix
ix
O5
i
O6
ix
O3
v
O2
v
O6
C1
ix
O1
O5
7.3.3 Thermische Zersetzung von NaK5[H(CO3)2]2
Das DTA/TG-Diagramm der thermischen Zersetzung von NaK5[H(CO3)2]2 (Abb. 7.18) zeigt
zwei ineinander übergehende endotherme Zersetzungsreaktionen, von denen die erste bei 192
°C einsetzt (Tpeak: 205 °C). Das Signal der zweiten Reaktion wird als Schulter des ersten
Peaks registriert, Tonset und Tpeak sind nicht bestimmbar. Bei 280 °C ist die Zersetzung mit
einem Massenverlust von 13,2 Gew.-% abgeschlossen (Berechnet für die Reaktion
NaK5[H(CO3)2]2 → „1/2 Na2CO3 + 5/2 K2CO3“ + CO2 + H2O: 13,5 Gew.-%). Während der
Zersetzung ist in der TG-Kurve bei 210 °C ein Knick erkennbar.
175
Das Auftreten von zwei DTA-Signalen deutet auf die Bildung einer Zwischenstufe hin.
Jedoch lassen sich aufgrund des Verschmelzens der Signale weder Zersetzungstemperatur der
Zwischenstufe noch ihre Masse bestimmen. Zur weiteren Klärung der Zersetzungsreaktion
sind zusätzliche Untersuchungen notwendig.
Abb. 7.18
DTA/TG-Diagramm der thermischen Zersetzung von NaK5[H(CO3)2]2
7.4 Anwendbarkeit der Regeln zum Strukturaufbau bei gemischten
Alkalimetallhydrogencarbonaten
Die in Abschnitt 6.4 aufgestellten Strukturaufbauregeln für Alkalimetallverbindungen des
Typs An+1[Hn-1(CO3)n] * x H2O erlauben für wasserfreie Alkalimetallhydrogen-bis-carbonate
A3[H(CO3)2] zwei unterschiedlich aufgebaute Strukturen (vgl. Abb. 6.13); eine davon wird in
NaK5[H(CO3)2]2 unter Ausbildung eines Strukturelements realisiert, in dem Na+ sich in einer
kubischen Lücke des K+-Gerüstes befindet. Für kristallwasserhaltige Verbindungen
A3[H(CO3)2] * x H2O existiert nur eine Möglichkeit der Kombination von Strukturelementen.
Um eine Struktur mit diesen Strukturelementen realisieren zu können, müssen alle A+ ein
zumindest in Strukturausschnitten kubisch primitives Gitter aufbauen, in dessen Lücken
Anionen und Kristallwasser angeordnet sind. Diese Möglichkeit wird in der Struktur von
Na3[H(CO3)2] * 2 H2O [40] realisiert. Die dazu formelanalogen Verbindungen
NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O und NaRb2[H(CO3)2] * 2 H2O kristallisieren jedoch in einer
176
Struktur, die nicht durch die Strukturaufbauregeln beschrieben werden kann: CO3-Baugruppen
werden nicht von acht, sondern nur sechs Alkalimetallionen umgeben, Na+ und H2O befinden
sich in trigonal-prismatischen Lücken eines hexagonal-primitiven Gerüsts aus Kaliumanionen
(vgl. Abschnitt 7.2). Na+ nimmt offensichtlich nicht an der Ausbildung eines primitiven
Alkalimetallionengitters teil, stattdessen ordnet es sich in einer Lücke des K+- bzw. Rb+Gitters an. Weil auch Kristallwassermoleküle in Lücken des Gitters angeordnet werden
müssen, bietet eine kubisch-primitive Gitteranordnung nicht mehr genügend Lücken, in denen
neben Na+ und Kristallwasser auch die CO3-Gruppen des Anions eingebaut werden können entsprechend wird die Ausbildung eines hexagonal-primitiven Alkalimetallionengerüsts
verständlich, in der die doppelte Anzahl an Lücken im Gerüst vorhanden ist.
Aus den Strukturen von NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit A = K, Rb und NaK5[H(CO3)2]2 können
somit Bedingungen beschrieben werden, über die der Gültigkeitsbereich der
Strukturaufbauregeln für Alkalimetallverbindungen des Typs An+1[Hn-1(CO3)n] * x H2O
festgelegt werden kann: sind unterschiedliche Alkalimetallionen am Aufbau der Verbindung
beteiligt, strebt das leichtere Alkalimetallion eine Anordnung in einer Lücke des Gitters an,
welches durch die schwereren Alkalimetallionen gebildet wird. In Anwesenheit von Kristallwasser, das eine analoge Anordnung erfordert, kann somit keine nach den Strukturaufbauregeln mögliche Struktur eingenommen werden.
177
8 Zusammenfassung
Folgende Alkalimetallcarbonate, -hydrogencarbonate und -monomethylcarbonate wurden
dargestellt und strukturell untersucht:
β [°]
Raumgruppe
a [pm]
b [pm]
c [pm]
NaHCO3a)
P21/c (Nr. 14)
347,54(5)
967,17(6)
804,37(13)
112,133(6)
NaDCO3
P21/c (Nr. 14)
347,44(10)
966,88(13)
806,4(2)
112,040(10)
Rb4[H2(CO3)3] * H2O
Pnma (Nr. 62)
1218,0(1)
1572,3(6)
615,9(1)
K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O
Pbam (Nr. 55)
1161,8(1)
597,0(1)
383,85(3)
RbHCO3a)
C2/m (Nr. 12)
1473,5(3)
582,02(8)
403,67(9)
104,408(10)
Rb0,79K0,21HCO3
C2/m (Nr. 12)
1498,1(4)
578,54(9)
394,64(10)
104,584(12)
Rb0,33K0,67HCO3
C2/m (Nr. 12)
1514,3(8)
569,21(10)
380,2(2)
104,79(2)
Rb2CO3 * 1,5 H2O
C2/c (Nr. 15)
1237,7(2)
1385,94(7)
747,7(4)
120,133(8)
Cs2CO3 * 3 H2O
P2/c (Nr. 13)
654,5(2)
679,06(6)
886,4(2)
90,708(14)
Cs2CO3a)
P21/c (Nr. 14)
609,30(9)
1023,42(9)
810,60(14)
95,787(7)
LiCH3CO3
P21/c (Nr. 14)
NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O
Pnma (Nr. 62)
934,07(13)
789,31(10) 1142,1(5)
NaRb2[H(CO3)2] * 2 H2O
Pnma (Nr. 62)
948,24(11)
811,37(9)
1189,0(2)
NaK5[H(CO3)2]2
C2/c (Nr. 15)
560,1(6)
1388,6(5)
1041,3(3)
1672,4(5)
648,91(9)
1002,1(3)
91,388(14)
103,943(14)
a) Neubestimmung
Die Struktur von NaHCO3 wurde neu, die von NaDCO3 erstmals bestimmt. Die Deuterierung
führt zu einer Verlängerung der Wasserstoffbrückenbindung von 258,8(1) pm auf 260,4(2)
pm. Strukturelle Analogien zum anti-NiAs- und NH4CdCl3-Typ lassen sich aufzeigen.
Neutronenbeugungsuntersuchungen an NaDCO3 bei 293, 10 und 15 K belegen die Ausbildung
einer Wasserstoffbrückenbindung mit asymmetrischem single-minimum-Potentialverlauf.
Die Verbindungen Rb4[H2(CO3)3] * H2O und K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O kristallisieren
strukturverwandt. Hier gelang der erstmalige Nachweis eines oligomeren HydrogencarbonatIons der Zusammensetzung [H2(CO3)3]4-. In der Kaliumverbindung sind Anionen und
Kristallwassermoleküle im Sinne einer order-disorder-Struktur fehlgeordnet.
Durch die Neubestimmung der Struktur von RbHCO3 konnten frühere Angaben zu
Raumgruppe und Lageparametern korrigiert werden. In dieser Verbindung liegen zyklische,
dimere [H2(CO3)2]2--Anionen vor; die Struktur ist verwandt mit der von KHCO3, jedoch nicht
isotyp. In Mischkristallen der Zusammensetzung RbxK1-xHCO3 zeigt eine Analyse der
178
Wirkungsbereiche des Kations einen fließenden Übergang zwischen den Strukturen von
RbHCO3 und KHCO3.
Mit der Strukturaufklärung von Rb2CO3 * 1,5 H2O und Cs2CO3 * 3 H2O sind nun die
Strukturen aller bei Raumtemperatur kristallisierenden Alkalimetallcarbonat-Hydrate bekannt.
Rb2CO3 * 1,5 H2O kristallisiert isotyp zu K2CO3 * 1,5 H2O. In Cs2CO3 * 3 H2O liegen
2
2∞{[(CO3 )(H2O)](H2O)2}-Schichten vor.
Cs2CO3 läßt sich durch Schmelzen von Cs2CO3 * 3 H2O bei 120 °C in kristalliner Form
darstellen und kristallisiert isotyp zu K2CO3. Die Ergebnisse der Kristallstrukturbestimmung
bestätigen frühere, bislang unveröffentlichte Daten.
In LiCH3CO3 wird eine Struktur ausgebildet, in der Schichten aus Li+ und CO3-Baugruppen
des Anions über van-der-Waals-Wechselwirklungen zwischen Methylgruppen verknüpft sind.
Aus den erhaltenen Daten läßt sich in Analogie zu Strukturbeziehunen zwischen KHCO3 und
KCH3CO3 ein Strukturmodell für das bisher als Festkörper nicht bekannte LiHCO3 ableiten.
In den isotypen Verbindungen NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O und NaRb2[H(CO3)2] * 2 H2O sowie
in NaK5[H(CO3)2]2 liegen dimere, nicht inversionssymmetrische [H(CO3)2]3--Anionen vor. In
der Struktur von NaK5[H(CO3)2]2 sind die am Aufbau des Anions beteiligten CO3Baugruppen stark gegeneinander verdreht. Eine derartige Abweichung von der Planarität
wurde an oligomeren Hydrogencarbonat-Ionen noch nie beobachtet.
Durch den Nachweis der Existenz eines Bis-hydrogen-tris-carbonat-Anions wird eine
homologe Reihe der oligomeren Hydrogencarbonat-Ionen mit der allgemeinen Form
[H(n-1)(CO3)n](n+1)- bestätigt. Mit n = 1 umfaßt diese homologe Reihe auch Verbindungen mit
CO32--Ionen, mit n → ∞ die 1∞[HCO3]--Kette aus NaHCO3. Alkalimetallhydrogencarbonate
mit zyklischen dimeren [H2(CO3)2]2--Anionen lassen sich nicht in diese Reihe einordnen; für
diese Verbindungen kann jedoch eine weitere homologe Reihe der Form [Hn(CO3)n]npostuliert werden.
Die Strukturen der dargestellten Alkalimetallcarbonate und -hydrogencarbonate können
aufgrund spezifischer Strukturmerkmale unterschieden werden. Die zahlenmäßig größte
Gruppe bilden dabei Verbindungen mit Anionen der homologen Reihe [H(n-1)(CO3)n](n+1)-.
Enthält eine zugehörige Struktur kein oder nur wenig Kristallwasser, gehorcht der
Strukturaufbau einfachen Regeln:
• CO32--Anionen bzw. CO3-Baugruppen der Hydrogencarbonat-Ionen befinden sich in
(verzerrt) kubischen Lücken eines primitiven Alkalimetallionengitters.
• Zum Ladungsausgleich notwendige Strukturelemente werden durch Ausfüllen weiterer
kubischer Lücken mit Kristallwassermolekülen oder weiteren Alkalimetallionen gebildet;
ein Ladungsausgleich kann jedoch auch durch Bildung unbesetzter Lücken erfolgen.
• Jedes am Aufbau des primitiven Gerüsts beteiligte Alkalimetallion ist am Aufbau von acht
Strukturelementen beteiligt.
179
Für die Mehrzahl der untersuchten Verbindungen ergibt sich so eine Struktur, die als
Besetzungsvariante des CsCl-Typs aufgefaßt werden kann. Die Randbedingungen, die für die
Erfüllbarkeit dieser Regel eingehalten werden müssen, wurden untersucht.
Strukturen von Alkalimetallcarbonat-Hydraten lassen sich in zwei Gruppen unterteilen. In
wasserarmen Hydraten wie K2CO3 * 1,5 H2O und Cs2CO3 * 3 H2O werden Ketten der Form
1
2∞[(CO3 )(H2O)] gebildet, die bei Anwesenheit weiteren Kristallwassers zu Strängen oder
Netzen verknüpft werden; in die sich aus der Anordnung dieser Strukturelemente ergebende
CO32--H2O-Matrix werden Alkalimetallionen eingelagert. In den wasserreichen
Alkalimetallcarbonat-Hydraten wie Na2CO3 * n H2O mit n = 7 und 10 wird eine Matrix aus
verknüpften, oktaedrischen Na+-(H2O)6-Koordinationspolyedern ausgebildet, in die das Anion
eingelagert wird.
Eine weitere Gruppe bilden Strukturen von Alkalimetallcarbonaten mit zyklischen dimeren
[H2(CO3)2]2--Anionen, die in Analogie zum anti-AlB2-Typ beschrieben werden können.
Zur Diskussion von C-O-Bindungslängen und O-C-O-Winkeln in Carbonat- und
Hydrogencarbonationen wurde auf der Basis von bekannten Strukturen der mittlere C-OAbstand neu bestimmt. Für CO32--Gruppen wurde der Wert 128,46(3) pm, für CO3-Gruppen
aus Hydrogencarbonaten 128,56(8) pm erhalten. O-C-O-Bindungswinkel können in guter
Näherung als eine lineare Funktion des gegenüberliegenden C-O-Abstands beschrieben
werden.
Für die Diskussion von Alkalimetall-Sauerstoff-Abständen in unregelmäßigen
Koordinationspolyedern wurde die Bond-Valence-Methode gewählt. Diese Methode setzt die
in Koordinationspolyedern auftretenden Bindungslängen in Relation zu Bindungsvalenzen,
deren Summe dem Betrag der formalen Ladung des Zentralatoms entspricht. Bei ihrer
bisherigen Verwendung werden für die hier behandelten Verbindungen schlechte
Übereinstimmungen zwischen Valenzsumme und formaler Ladung erzielt. Bei einer
statistischen Analyse von 3293 Alkalimetall-Sauerstoff-Koordinationspolyedern wurde als
Ursache die zu geringe Berücksichtigung von Sauerstoff-Sauerstoff-Abständen festgestellt.
Zur Verbesserung wurden in modifizierten Beziehungen zwischen Bindungslängen und
-valenzen Einflüsse von effektiver Koordinationszahl und Koordinationspolyederverzerrung
einbezogen.
Neben
der
Verbesserung
der
Übereinstimmung
zwischen
Bindungsvalenzsummen und formaler Ladung werden durch die modifizierte Bond-ValenceMethode Voraussagen zu Alkalimetall-Sauerstoff-Abständen auch bei ungewöhnlich kleinen
Koordinationszahlen möglich.
180
Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
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Anhang
Anhang: Pulverdaten
Guinierdaten für Rb4[H2(CO3)3] * H2O (λ = 1,5406, Graphit-Monochromator, Si-Standard)
H
K
L
Dber.
Dobs.
Differenz
0
2
0
3
2
2
1
0
1
1
2
3
1
2
3
2
3
3
4
1
5
2
4
4
0
3
1
6
0
0
2
6
5
4
2
1
3
6
2
0
3
1
3
4
4
0
5
0
4
3
5
2
4
5
0
1
4
4
0
4
4
0
7
4
0
1
6
8
0
0
0
4
8
8
0
3
0
1
1
0
1
0
1
2
0
2
1
1
1
2
1
1
2
2
0
2
1
2
1
2
1
2
3
0
2
0
3
1
2
2
0
1
3
1
7,8616
4,3340
3,9924
3,9351
3,3400
3,3037
3,1980
3,0811
3,0450
2,9873
2,9116
2,8482
2,7300
2,5957
2,5684
2,5452
2,4554
2,4260
2,4089
2,3784
2,2676
2,2533
2,2436
2,1670
2,1103
2,0825
2,0256
2,0155
1,9962
1,9654
1,9466
1,9300
1,9122
1,8977
1,8706
1,8508
1,8333
1,8111
7,8548
4,3344
3,9911
3,9380
3,3390
3,3041
3,1988
3,0792
3,0458
2,9876
2,9130
2,8458
2,7307
2,5963
2,5682
2,5463
2,4557
2,4265
2,4089
2,3798
2,2669
2,2545
2,2442
2,1672
2,1127
2,0830
2,0252
2,0166
1,9963
1,9687
1,9469
1,9302
1,9114
1,8981
1,8737
1,8533
1,8335
1,8115
0,0068
0,0004
0,0013
0,0029
0,0010
0,0004
0,0008
0,0019
0,0008
0,0003
0,0014
0,0024
0,0007
0,0006
0,0002
0,0011
0,0003
0,0005
0,0000
0,0014
0,0007
0,0012
0,0006
0,0002
0,0024
0,0005
0,0004
0,0011
0,0001
0,0033
0,0003
0,0002
0,0008
0,0004
0,0031
0,0025
0,0002
0,0004
Iber.
Iobs.
3,7
34,4
2,9
31,4
2,2
1,0
11,6
20,5
42,1
35,1
100,0
0,7
7,6
1,1
19,9
3,3
7,9
18,7
31,7
16,1
0,9
2,4
2,6
14,2
1,1
8,1
5,8
0,3
0,4
11,5
1,1
8,1
11,3
12,4
0,6
2,4
7,9
1,8
vw
m
vw
m
vw
vw
w
w
m
m
vs
vw
w
vw
w
vw
vw
w
m
w
vw
vw
vw
w
vw
m
m
vw
vw
w
vw
w
w
w
vw
vw
w
vw
Anhang
Guinierdaten für Rb4[H2(CO3)3] * H2O (Fortsetzung)
H
K
L
Dber.
Dobs.
Differenz
Iber.
Iobs.
1
2
2
6
5
3
7
3
4
1
7
4
6
7
3
1
7
5
8
6
5
4
3
1
8
6
1
8
6
5
8
6
3
7
5
8
7
7
7
2
9
5
4
8
4
4
4
8
0
4
8
8
3
8
4
4
8
0
0
8
0
7
4
8
0
4
4
8
8
4
8
8
0
4
8
0
0
4
3
8
4
12
0
4
3
1
3
1
2
1
1
3
0
2
1
1
2
1
2
4
2
1
1
1
3
2
4
4
0
0
3
1
1
2
2
3
3
3
4
2
3
1
3
1
2
4
1,8006
1,7899
1,7444
1,7324
1,7195
1,7007
1,6762
1,6614
1,6518
1,6419
{1,5966
{1,5955
1,5576
1,5419
1,5344
1,5284
1,5164
1,4852
1,4796
1,4638
1,4588
1,4558
1,4406
1,4245
1,4211
1,4128
1,4105
1,3847
1,3771
1,3706
1,3666
1,3560
1,3406
1,3285
1,3025
1,2904
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1,2754
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vw
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"
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{1,2071
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vw
w
"
"
vw
vw
vw
vw
vw
vw
vw
vw
vw
vw
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w
w
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s
m
s
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m
m
vs
vs
s
vs
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vw
vw
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vw
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vw
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Anhang
Guinierdaten für NaK2[H(CO3)2] * 2 H2O (Fortsetzung)
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1,1530
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1,6697
1,6494
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1,5499
1,5278
1,5083
1,4472
1,4424
1,4370
1,4027
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1,7
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Danke
Herrn Priv.-Doz. Dr. A. Adam gilt mein Dank für die Betreuung dieser Arbeit, die finanzielle
Unterstützung und für die von ihm für mich durchgeführten Guinier- und Vierkreisdiffraktometermessungen sowie sein Engagement, seine stete Bereitschaft zu eingehenden
Diskussionen und für all das, was ich im Verlauf dieser Arbeit von ihm gelernt habe.
Ich danke allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Institutes für die kollegiale und freundschaftliche Zusammenarbeit. Besonders bedanken möchte ich mich bei:
Frau Regina Schulze für ihre stete Hilfsbereitschaft, ihre Fürsorge und für die familiäre
Atmosphäre in unserem Arbeitskreis
Herrn Dr. Ralf Müller für seine moralische Unterstützung in Zeiten des Selbstzweifels
und die für mich durchgeführten Messungen
Frau Ursula Eibenstein für viele interessante Diskussionen und für ihre unersetzliche
Hilfe beim Schreiben dieser Arbeit
Herrn Dr. Jörg Wittrock für die DTA/TG-Messungen, zahlreiche Hilfestellungen und
fruchtbare Diskussionen
Herrn Dr. Joachim Dünner für zahlreiche Tips, Tricks und Hilfestellungen. Seine
Faszination für die Arbeit war für mich stets Motivation und Vorbild
Herrn Dr. Reiner Kessens für seine Hilfe beim Kampf mit VMS sowie für die vom ihm
durchgeführten Diffraktometermessungen
Frau Dr. Angela Möller und Herrn Dr. Mathias Wickleder für ihre
Diskussionsbereitschaft
Herrn Uwe Hoppe für die Hilfe nicht nur bei der Formulierung mathematischer
Zusammenhänge
Frau Dr. Andrea Hellmann für die vielen wüsten Diskussionen über kristallographische
Probleme
Herrn Dr. Paul Müller für die Neutronenbeugungsmessungen und seine Hilfestellung bei
der Auswertung der Daten
und all den hier nicht namentlich erwähnten Mitarbeitern des Instituts, die durch
Gespräche, Messungen und sonstige Hilfestellungen zum Gelingen dieser Arbeit
beigetragen haben
Mein Dank gilt Herrn Professor G. Meyer für die Förderung dieser Arbeit und seine
Bereitschaft zur Gutachtertätigkeit.
Für die fachliche sowie persönliche Förderung durch Professor Dr. H.-U. Schuster (†) zu
Beginn meiner Doktorarbeit möchte ich an dieser Stelle meine Dankbarkeit ausdrücken.
Ein Teil der Versuche zur Darstellung der Verbindungen sowie deren röntgenographische
Untersuchungen wurde unter meiner Anleitung von Chemiestudenten - von denen die Herren
cand. chem. Mathias Mehta und Dirk Pawlowski an dieser Stelle besonders erwähnt werden
sollen - im Rahmen ihrer Fortgeschrittenenpraktika durchgeführt.
Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit Personal- und
Sachmitteln unterstützt.
Erklärung
Ich versichere, daß ich die von mir vorgelegte Dissertation selbständig angefertigt, die
benutzten Quellen und Hilfsmittel vollständig angegeben und die Stellen der Arbeit einschließlich Tabellen, Karten und Abbildungen -, die anderen Werken im Wortlaut oder
dem Sinn nach entnommen sind, in jedem Einzelfall als Entlehnung kenntlich gemacht habe;
daß diese Dissertation noch keiner anderen Fakultät oder Universität zur Prüfung vorgelegen
hat; daß sie - abgesehen von unten angegebenen Teilpublikationen - noch nicht veröffentlicht
worden ist sowie, daß ich eine solche Veröffentlichung vor Abschluß des Promotionsverfahrens nicht vornehmen werde.
Die Bestimmungen dieser Promotionsordnung sind mir bekannt. Die von mir vorgelegte
Dissertation ist von Priv.-Doz. Dr. A. Adam betreut worden.
Zur Wahrung der Priorität wurden Teile dieser Arbeit bereits publiziert:
V. Cirpus und A. Adam,
„Zur Strukturchemie der Alkalimetallcarbonate und -hydrogencarbonate“,
Z. Kristallogr., Suppl. Issue 9 (1995) 150.
V. Cirpus und A. Adam,
„Die ersten Hydrogencarbonate mit einer trimeren [H2(CO3)3]4--Baugruppe: Zur Darstellung und Kristallstruktur
von Rb4[H2(CO3)3] * H2O und K4[H2(CO3)3] * 1,5 H2O“,
Z. anorg. allg. Chem. 621 (1995) 1197-1204.
V. Cirpus und A. Adam,
„Zur Darstellung und Strukturchemie von RbHCO3 und Rb2CO3 * 1,5 H2O“,
25. GDCh-Hauptversammlung, Münster, Coll. Abstr. (1995) 482.
A. Adam und V. Cirpus,
„Die ersten gemischten Alkalimetallhydrogencarbonate: NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit A = K, Rb“,
25. GDCh-Hauptversammlung, Münster, Coll. Abstr. (1995) 483.
V. Cirpus und A. Adam,
„Die Kristallstrukturen von NaHCO3 und NaDCO3“,
Z. Kristallogr., Suppl. Issue 11 (1996) 77.
A. Adam und V. Cirpus,
„Darstellung und Struktur der ersten gemischten Alkalimetallhydrogencarbonate: NaA2[H(CO3)2] * 2 H2O mit
A = K, Rb“,
Z. anorg. allg. Chem. 622 (1996) 2023-2030.
V. Cirpus und A. Adam,
„Anwendung der Bindungslänge-Bindungsvalenz-Methode auf Alkalimetall-Sauerstoff-Bindungen“,
Z. Kristallogr., Suppl. Issue 12 (1997) 156.
V. Cirpus, J. Wittrock und A. Adam,
„Carbonat-Hydrate der schweren Alkalimetalle: Darstellung und Strukturen von Rb2CO3 * 1,5 H2O und
Cs2CO3 * 3 H2O“,
Z. anorg. allg. Chem. (1997), zur Veröffentlichung angenommen.
Lebenslauf
Persönliche Daten
Name:
Geburtstag:
Geburtsort:
Eltern:
Familienstand:
Vytas Cirpus
2.3.1967
Bocholt
Stasys und Elisabeth Cirpus
ledig
Schulbesuch
1972-1976
1976-1985
Diepenbrock-Grundschule, Bocholt
Euregio-Gymnasium, Bocholt
Abschluß: Abitur
Zivildienst
1986-1987
AWO-Seniorenheim, Voerde
Studium
WS 1987/88
SS 1990
WS 1993/94
1993-1994
seit 1994
Beginn des Chemiestudiums an der Universität zu Köln
Diplom-Chemiker-Vorprüfung
Diplom-Chemiker-Hauptprüfung
Diplomarbeit
Leitung: Professor Dr. H.-U. Schuster
Dissertation
Leitung: Priv.-Doz. Dr. A. Adam
Meine akademischen Lehrer waren die Damen und Herren Professoren und Dozenten:
Adam, Baudler, Bohaty, Borchert, Budzikiewicz, Hahn, Hohlneicher, Hummel, Ilgenfritz,
Jung, Kann, Kruck, Mewis, Naumann, Schneider, Schuster, Wasgestian, Taraz, Trafara,
Vogel, Woermann.
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