s. Kap.

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Kap. 3: Injektor
3.
Injektor
von J. Voigtländer
Die sehr unterschiedlichen Anforderungen an den Elektronenstrahl (s. Kap. 1.2., Tabelle 1-1) werden mit zwei alternativ zu betreibenden Injektoren erreicht. Für Anwendungen mit hohen Peakströmen im Bunch (Bunchladung bis zu 100pC) wird eine gepulste Gun verwendet. Für Anwendungen mit möglichst kleiner transversaler Emittanz (εn(90%) < 1 π⋅mm⋅mrad) und mittleren Strahlströmen <200µA wird eine Hochfrequenz-Gun eingesetzt.
3.1. Gepulster Injektor
von Dr. A. Büchner
Der gepulste Injektor dient der Erzeugung eines gepulsten Elektronenstrahls, der
nach einer Beschleunigung in supraleitenden Kavitäten für den Betrieb der FEL‘s
verwendet wird.
Der vom Injektor gelieferte Elektronenstrahl besitzt eine Energie von 250keV bei einer Bunchladung von 85pC und eine Wiederholfrequenz von 11,8MHz, was einem
mittleren Strahlstrom von 1mA entspricht. Die Wiederholfrequenz ist der 110. Teil der
Arbeitsfrequenz des Beschleunigers von 1,3GHz (s.a. Kap. 2.3.4. „Zeitstruktur“). Der
Strahl kann mit einer Makropulsung beaufschlagt werden. Am Eingang der ersten
supraleitenden Cavity (dem Ausgang des Injektors) beträgt die transversale Emittanz
ca. 10π⋅mm⋅mrad(90%) und die longitudinale Emittanz ca. 50π⋅keV⋅deg(90%).
Der Injektor (Bild 3-1) besteht aus einer elektronisch gepulsten thermischen Elektronenquelle (Triode) mit nachfolgender elektrostatischer Beschleunigung auf eine
Energie von 250keV. Die Elektronenquelle liefert Bunche mit einer Länge von ca.
600ps. Diese Elektronenbunche gelangen in den subharmonischen Prebuncher, der
bei einer Frequenz von 260MHz arbeitet (ein Fünftel der Arbeitsfrequenz). Die
Bunchlänge entspricht 56° einer Periode der Buncherfrequenz. Die Bunche werden
durch die im Buncher erfolgte Energiemodulation in der nachfolgenden Driftstrecke
komprimiert. Im anschließenden 1,3GHz-Fundamental-Buncher werden die Elektronenbunche nochmals moduliert, ehe sie in die erste supraleitende Cavity eingeschossen werden.
Fünf Magnetlinsen und mehrere Steerer sorgen für die notwendige Strahlfokussierung. Ein Makropulsgenerator kann Makropulse einer Länge bis zu 1ms bei Wiederholraten bis zu 100Hz erzeugen. Diagnoseelemente dienen der Justage des Strahles
sowie der Überwachung und Optimierung während des laufenden Betriebes.
3.1.1. Berechnungen
Die Berechnungen zum Injektor basieren auf einem Entwurf vom Hansen Experimental Physics Laboratory der Stanford Universität in Kalifornien (USA). In diesem
Entwurf wurde versucht, trotz dem durch die hohe Bunchladung bedingten negativen
DesignReport3.doc
3-1
28.10.98
Kap. 3: Injektor
Effekt der Raumladung auf die Strahlqualität möglichst geringe Emittanzen des
Strahles zu erreichen. Dazu wurden die Magnetlinsen so angeordnet und eingestellt,
daß der Strahldurchmesser auf 1cm begrenzt und dabei nicht zu stark fokussiert
wird. Durch den Einsatz von zwei Bunchern wird in etwa eine um den Faktor 3 geringere longitudinale Emittanz als bei Verwendung nur eines Bunchers erreicht. Der
longitudinale Fokus der Buncher liegt bei ca. 11cm innerhalb der ersten supraleitenden Cavity. Demzufolge beträgt die Bunchlänge am Ausgang des Injektors noch ca.
45ps. Ebenso liegt der transversale Fokus, der mit der letzten Magnetlinse eingestellt
wird, innerhalb der ersten supraleitenden Cavity.
Gun
0
Steerer 1
VakuumPumpe
Ventil
Solenoid 1
260MHz
Subharmonic Buncher
1m
View Screen 1
Solenoid 2
2m
Steerer 2
Blende 1
Steerer 3
Blende 2
MakropulsGenerator
3m
Ventil
Solenoid 3
Steerer 4
VakuumPumpe
4m
View Screen 2
1,3GHz
Fundamental Buncher
Solenoid 4
Ventil
VakuumPumpe
Solenoid 5
5m
Kryostat mit
TESLA-Kavität
Bild 3-1: Aufbau des Injektors
DesignReport3.doc
3-2
28.10.98
Kap. 3: Injektor
Bild 3-2: longitudinaler Phasenraum vor Eintritt in Linac 1
Bild 3-3: transversaler Phasenraum vor Eintritt in Linac 1
Die erste Cavity wird neben der Beschleunigung des Strahls auch dazu benutzt, die
Bunchlänge deutlich zu verkleinern. Dabei wird in Kauf genommen, daß damit nicht
DesignReport3.doc
3-3
28.10.98
Kap. 3: Injektor
die volle Energie auf den Bunch übertragen wird. Nach der ersten Beschleunigersektion beträgt die Bunchlänge in etwa 5ps. Die transversale Emittanz beträgt dann ca.
20 π⋅mm⋅mrad(90%) und die longitudinale Emittanz ca. 60 π⋅keV⋅deg(90%).
Bild 3-4: logitudinaler Phasenraum nach Linac 1
Bild 3-5: transversaler Phasenraum nach Linac 1
DesignReport3.doc
3-4
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Kap. 3: Injektor
3.1.2. Gun
Der Elektronenstrom wird durch eine konventionelle Triode vom Pierce-Typ erzeugt.
Es wird eine Kathoden-Gitter-Anordnung verwendet, die auf einem 2¾“-ConflatFlansch montiert und somit austauschbar ist. Der Kathodenanordnung folgt eine
zweistufige elektrostatische Beschleunigungsstrecke, die den Elektronenstrahl auf
max. 300keV beschleunigt. Kathoden- und Anodenanordnungen sind in einem zweiteiligen Isolator untergebracht. Dessen Kathodenseite liegt auf einer Hochspannung
von -300kV. Der Mittelring mit der 1. Anode erhält -150kV und die 2. Anode befindet
sich auf Erdpotential. Bild 3-6 zeigt den Aufbau der Gun.
Bild 3-6: Aufbau der Gun
Eine Poisson-Simulation (nach Konstruktion und Bau der Gun) ergab die in Bild 3-7
dargestellte Verteilung des elektrostatischen Feldes und den in Bild 3-8 gezeigten
Feldstärkeverlauf auf der Strahlachse.
Bild 3-7: Feldverteilung in der Gun
DesignReport3.doc
3-5
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Kap. 3: Injektor
Bild 3-8: Feldverlauf entlang der Strahlachse
Der Feldverlauf nach Bild 3-8 diente als Input zur Simulation des Elektronenstrahls in
der Gun. Ohne Berücksichtigung des Gitters ergibt sich der Fokus des Strahls in etwa am Ende der Gun (ca. 20-22cm nach der Kathode). Die Simulationsergebnisse
hängen sehr stark von dem verwendeten Simulationsverfahren und –programmen
sowie deren Einstellungen ab. Dies trifft besonders auf den Strahldurchmesser und
die longitudinale Emittanz zu, die in diesem Fall dem effektiven ∆E entspricht (0,02
bis 0,06%). Der Strahldurchmesser beträgt im Fokuspunkt 1,5mm bis 2,5mm und die
transversale Emittanz ist kleiner als 11π⋅mm⋅mrad(90%). Der Wert für die longitudinale
Emittanz liegt zwischen 12 und 26π⋅keV⋅deg(90%).
3.1.3. 260MHz Subharmonic Buncher
Der erste Buncher ist als Koaxial-Resonator im TM010-Mode ausgeführt. Die Form
der Cavity gestattet eine möglichst einfache mechanische Fertigung bei hoher statischer und dynamischer Stabilität des Gefäßes. Die Strahlrohre im Buncher sind vollständig aus Kupfer, während das eigentliche Gefäß aus Edelstahl ausgeführt wird.
So ergeben sich eine verhältnismäßig einfache Fertigung und moderate HF-Verluste
im Vergleich zu einem vollständig aus Kupfer bestehendem Buncher. Der Buncher
besteht aus einem Rohr, den beiden Seitenwänden und den beiden Strahlrohren. Die
Oberflächen haben spiegelnde Qualität. In die Strahlrohre sind Kühlschlangen eingearbeitet. An den Seitenwänden und auf dem Umfang sind jeweils zweimal zwei
Kühlrohre zur Wasserkühlung montiert. Die inneren Abmessungen sind 400mm
Durchmesser und 400mm Länge. Der Innendurchmesser der Strahlrohre ist 25,4mm
und der Spalt ist ca. 40,2mm groß.
Die vorgesehene Arbeitsspannung über dem Spalt ergibt sich aus den PARMELASimulationen zu etwa 30kV. Die Berechnungen mit SUPERFISH liefern eine theoretische Güte von 12200 und eine charakterische Impedanz r/Q von 225Ω. Die maximale elektrische Feldstärke beträgt 1,25MV/m. Unter Berücksichtigung des TransitTime-Faktors von 0,9927 und der Verluste durch Tuner und Antennen ergibt sich
theoretisch eine benötigte HF-Leistung von 163W.
DesignReport3.doc
3-6
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Kap. 3: Injektor
Die Temperaturabhängigkeit von ca. 3,2kHz/°C und die durch Fertigungstoleranzen
verursachte Verstimmung der Cavity (ca. 36kHz/10µm) werden über ein zweistufiges
Abstimmsystem korrigiert. Die Grobabstimmung wird durch eine Veränderung des
Spaltes zwischen den beiden Strahlrohren bei der Inbetriebnahme des Bunchers fest
vorgenommen. Die Feinabstimmung wird mit einem Stempel, der von einem Antrieb
verstellt werden kann, erreicht. Es wurde ein Abstimmbereich von maximal ±267kHz
(0,1%) für den Fein-Tuner vorgesehen. Der Antrieb gestattet einen Hub von
±25,4mm.
X
1:1
Bild 3-9: Aufbau des 260MHz Subharmonic Bunchers
3.1.4. 1,3GHz Fundamental Buncher
Als zweiter Buncher wird ebenfalls ein Resonator im TM010-Mode verwendet. Die
Form der Cavity und das Durchmesser zu Länge-Verhältnis wurden auf minimale
Verlustleistung hin optimiert. Die inneren Abmessungen sind ca. 131mm Durchmesser und 60mm Länge. Der Innendurchmesser der Strahlrohre ist 25,4mm und der
Spalt ist 20mm groß.
Die vorgesehene Arbeitsspannung über dem Spalt ergibt sich aus den PARMELASimulationen zu ca. 12kV. Die Berechnungen mit SUPERFISH liefern eine theoretische Güte von 13750 und eine charakterische Impedanz r/Q von 103Ω. Die maximale elektrische Feldstärke beträgt 1,2MV/m. Unter Berücksichtigung des TransitTime-Faktors von 0,92 und der Verluste durch Tuner und Antennen ergibt sich theoretisch eine benötigte HF-Leistung von 50W.
Die Cavity wird vollständig aus Kupfer mit spiegelnder Oberfläche gefertigt. Sie besteht aus einem Topf-förmigen Gefäß und einer Seitenwand. An einer Seitenwand ist
ein Kühlring zur Wasserkühlung eingearbeitet. Die durch die Temperaturabhängigkeit
von ca. –10kHz/°C und die durch Fertigungstoleranzen verursachten Verstimmungen
der Cavity (ca. 520kHz/10µm) werden über ein zweistufiges Abstimmsystem korrigiert. Es wurde ein Abstimmbereich von maximal ±1,5MHz für den Grob-Tuner und
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3-7
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Kap. 3: Injektor
von maximal ±3,75MHz (0,3%) für den Fein-Tuner vorgesehen. Der Grob-Tuner wird
bei der Inbetriebnahme des Bunchers fest eingestellt, während der Fein-Tuner mit
einem handelsüblichen Antrieb online eingestellt wird. Der Antrieb gestattet einen
Hub von ±12,7mm.
X
2:1
Bild 3-10: Aufbau des 1,3GHz Fundamental Bunchers
3.1.5. Solenoide
Zur Strahlfokussierung werden fünf baugleiche Magnetlinsen (Solenoide) eingesetzt.
Sie bestehen jeweils aus zwei entgegengesetzt gepolten Spulen (Doppelsolenoide),
so daß keine Drehung des Strahles bewirkt wird. Die Linsen sind magnetisch vollständig geschirmt. Die minimale Fokuslänge beträgt 25cm bei 300 keV.
Bild 3-11: Aufbau des Solenoids
DesignReport3.doc
3-8
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Kap. 3: Injektor
Die Berechnung des Solenoides erfolgte mit dem Programm POISSON. Bild 3-12
zeigt den gemessenen Feldstärkeverlauf auf der Strahlachse. Die Hauptkennwerte
der Magnetlinsen sind Tabelle 3-1 zu entnehmen.
0.05
0.04
0.03
B / Tesla
0.02
0.01
0.00
-0.01
-0.02
-0.03
900 Wdg. 1,36 A
-0.04
0
50
100
150
200
250
300
z / mm
Bild 3-12: Feld entlang der Strahlachse
max. Feldstärke
fokussierende Stärke
Amperewindungen
max. Strom
max. Verlustleistung
Gap
Länge
Innendurchmesser
Außendurchmesser
0,04 Tesla
76⋅10-6 Tesla2 m
1224 Aw
2A
40 W
18 mm
100 mm
44 mm
240 mm
Tabelle 3-1: Kennwerte der Solenoide
3.1.6. Makropuls-Generator
Der Makropulsgenerator dient der Erzeugung einer Folge von Makropulsen durch periodische Unterbrechung des Elektronenstrahls. Dabei sind die Länge der Makropulse sowie die Pausenzeit zwischen den Pulsen in weiten Grenzen einstellbar (s. Tabelle 1-1).
Kernstück des Makropulsgenerators ist eine Parkeinrichtung (beam parking circuit,
Bild 3-13), die den Strahl während der Pulspausen so ablenkt, daß er nicht in den
nachfolgenden Teil des Beschleunigers gelangen kann.
2
A-A
6
11,12
1
15,18
16
17
4
7
6
5
10
Abstand A kann durch Verkuerzung der Steererspulen
auf ca. 300 vergroeßert werden
Bild 3-13: Parkeinrichtung
DesignReport3.doc
3-9
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Kap. 3: Injektor
Zwei orthogonal angeordnete Spulenpaare werden während der Pausen zwischen
den Makropulsen von je einem sinus- und einem cosinusförmigen Strom gespeist.
Die so erzeugten, um 90° gegeneinander phasenverschobenen Magnetfelder bewirken, daß der Elektronenstrahl auf einer Kreisbahn rotiert und so von einer wassergekühlten Blende aufgefangen wird.
Während des Makropulses sind die Spulen abgeschaltet und der Strahl kann durch
die Blendenöffnung in den Beschleuniger gelangen. Die Ablenkspulen sind induktivitätsarm aufgebaut, um schnelle Ein- und Ausschaltvorgänge zu ermöglichen.
Der Makropulsgenerator besitzt eine interne Funktionsberwachung, die mit dem Interlocksystem verbunden ist. Im Fehlerfall wird der Beschleuniger abgeschaltet, um
Beschädigungen z.B. durch Überlastung nachfolgender Komponenten zu verhindern.
3.1.7. Hochspannungsplattform und Steuerung
3.1.7.1. Hochspannungsplattform
Alle Elemente zur Steuerung des Strahlstromes befinden sich in einem geschlossenen Behälter auf dem Potential von maximal –300kV. Die Betriebsspannung 230V AC
wird über einen Trenntrafo 3kVA mit einer Isolierspannung von 300kVDC und die
Steuersignale über Glasfaser-Lichtwellenleiter zugeführt. Der Aufbau des Hochspannungsteils ist in Bild 3-14, die Anordnung der Baugruppen auf der Hochspannungsplattform ist in Bild 3-15 dargestellt.
Injektor
Hochspannungsplattform
Umax / 2
LWL zur SIMATIC,
LWL für HF-Signale
Stützer + Spannungsteiler
Umax = -300kV
Trenntrafo
230 / 230V
3kVA
HV-Gerät -300kV
300kV DC
Bild 3-14: Hochspannungsteil (schematisch)
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Bedienelemente (Leist.-Verst.)
Bedienelemente
Kap. 3: Injektor
Impulsgenerator
19" 3HE Aufnahme
19" 3HE Aufnahme
Opt.-Link Taktfr.
SV +/- 0...48V
SV +/- 0...48V
Opt.-Link TTL-St.
SV -5V + sonstige
11,8 --> 118MHz
A007-TAN.PRK2
BreitbandLeistungsVerstärker
Impulsgenerator
für Testzwecke
SIMATIC ET200M +12V/6A, +5V/3,6A
Stromversorgung +48V/0,4A, -48V/0,4A
Zum Injektor
Bild 3-15: Hochspannungsplattform –300kV (Ansicht von oben)
3.1.7.2. Steuerung
Zur Steuerung der auf der Plattform angeordneten Geräte ist eine SIMATIC ET200M
vorgesehen. Diese ist über den Profibus DP seriell mit der zentralen SPS (S7-400)
mittels Lichtwellenleiter (LWL) verbunden. Damit ist es möglich, auf einfache Art Befehle und analoge Sollwerte auf das Hochpannungspotential zu übertragen bzw.
Statuswerte und analoge Istwerte auszulesen. Schnelle Triggersignale müssen unmittelbar über weitere LWL übertragen werden. Durch das Einbinden der Steuerung
in das allgemeine Steuerungssystem ist die Bedienung vom Operatorpanel im Raum
106 sowie von der Leitstelle möglich.
3.1.7.3. Mikroimpulserzeugung
Die Erzeugung des Elektronenstrahls erfolgt mittels einer Glühkathode. Der kontinuierliche Elektronenstrom wird durch das Steuergitter in Bunche mit einer Länge
von ca. 600ps unterteilt. Die Ansteuerung des Gitters ist phasenstarr mit der Hochfrequenz für die Beschleunigungskavitäten gekoppelt, s. Kap. 8.2, Bild 8-2. Das
Blockschaltbild für die Erzeugung der Gitterimpulse ist in Bild 3-16 dargestellt.
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3 - 11
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Kap. 3: Injektor
5ns
600ps
100V
118MHz
LWL
PLL / VCO
Mischer
Gitter
Impulsformer
11,8MHz
(23,6MHz)
Kathode
Empfänger
Verstärker
ImpulsGenerator
-Ug
5ns
84,6ns
(42,3ns)
Bild 3-16: Prinzip der Erzeugung des Gitterimpulses
Die Grundfrequenz für die Mikropulse von 11,8MHz (23,6MHz bei Arbeit mit Beamseparator) wird mittels Lichtwellenleiter auf das Hochspannungspotential übertragen.
Aus dieser Grundfrequenz werden einerseits ca. 5ns breite Impulse abgeleitet und
andererseits eine Frequenz von 118MHz erzeugt. Beide Signale gelangen zu einem
Mischer, an dessen Ausgang ein Signal mit der Periodizität von 11,8MHz entsteht
und das den steilsten Teil (Nulldurchgang) der 118MHz-Schwingung beinhaltet. Nach
entsprechender Verstärkung wird in der Impulsformerstufe mittels schneller Schaltdioden ein ca. 600ps breiter und 100V hoher Spannungsimpuls erzeugt. Die nachfolgende kapazitive Trennung ermöglicht das Anlegen einer Gittervorspannung zum
Einstellen des Arbeitspunktes.
DesignReport3.doc
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Kap. 3: Injektor
3.2. HF-Injektor
von Dr. D. Janssen
3.2.1. Konzeption des Glühkathoden HF-Injektors
Für kern- und strahlungsphysikalische Experimente wurde im Rahmen des Projekts
ELBE ein Glühkathoden HF-Injektor entwickelt. Diese beiden Experimente benötigen
hohe mittlere Strahlströme zur Erzeugung der notwendigen Zählraten, können aber
auf hohe Bunchladungen verzichten. Eine zusätzliche Bedingung der kernphysikalischen Experimente ist eine hohe Energieauflösung des Elektronenstrahls von
∆E/E=5⋅10-4 . Daraus folgt eine Energieschärfe von 10keV bei einer Gesamtenergie
von 20MeV. Die strahlungsphysikalischen Experimente erfordern zusätzlich eine
Emittanz < 1π⋅mm⋅mrad.
Tabelle 3-2: geforderte Strahlparameter des ELBE-Beschleunigers
für die Kern- und Strahlungsphysik
Endenergie
mittl.Strahlstrom
norm. Emittanz
Energieschärfe
20 MeV
200µA (1mA)
< 1π⋅mm⋅mrad
10 keV
Diese Strahlparametervorgaben erlauben es, den mittleren Strahlstrom auf eine hohe
Repetitionsrate zu verteilen. Da der ELBE-Beschleuniger bei einer Grundfrequenz
von 1,3GHz arbeitet, wurde diese auch für den Glükathoden HF-Injektor verwendet.
Dabei arbeitet der Injektor im cw-Betrieb und besetzt jede HF-Periode mit einem
Elektronenbunch. Die daraus resultierende Bunchladung Q = Iav/frep liegt damit selbst
bei 1mA Strahlstrom noch deutlich unter 1pC. Somit sind Raumladungseffekte zu
vernachlässigen.
Die Forderung nach einem relativ hohen mittleren Strahlstrom wirft einige grundlegende Fragen zum Injektordesign auf. Die konventionelle Strategie der Hochfrequenz-Elektronenquellen, den Elektronenbunch innerhalb weniger Resonatoren auf
relativistische Energien zu beschleunigen, lässt sich im cw-Betrieb aufgrund des HFLeistungsbedarfs im Megawatt-Bereich mit normalleitenden Resonatoren nicht
durchführen.
Allerdings ist bei den gegebenen Strahlparametern mit ihren vernachlässigbaren
Raumladungskräften die Beschleunigung im Injektorbereich auf solch hohe Energien
gar nicht notwendig. Daher wurde der Injektor so konzipiert, daß die Elektronenbunche mit einer Energie von 340 keV direkt in den Hauptbeschleuniger (Linac 1) eingeschossen werden können.
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3 - 13
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Kap. 3: Injektor
Bild 3-17: Aufbau des HF-Injektors für ELBE
Zur Erzielung eines hohen Strahlstroms wurde für den Injektor eine spezielle Lösung
gefunden, die es gestattet, daß mehr als 50% der von der Kathode emittierten Elektronen dem Beschleuniger zugeführt werden [1]. Konventionelle Shopper, die mittels
eines deflektierenden Resonators einen Elektronenstrahl über ein Blendensystem
wedeln, schneiden die gewünschte Phasenlänge aus dem DC-Strahl heraus. Der
Strahlverlust kann dabei mehr als 90% betragen. Durch den geringen Strahlverlust
des Glühkathoden HF-Injektors können die Anforderungen an die Kathode verringert
werden, so daß zugunsten einer kleinen Emittanz auf den Einsatz großflächiger Dispenserkathoden verzichtet werden kann.
Die Konzeption des HF-Injektors besteht aus einer Kombination sowohl von HFBeschleunigungsresonatoren als auch von Hochspannungsbeschleunigungsstrecken. In Bild 3-17 ist eine schematische Skizze sowohl der HF-Elektronenquelle
als auch der nachfolgenden Hauptbeschleunigersektion ohne Details der dazwischen
liegenden Strahlführung gegeben. Die Elektronenquelle bildet ein 1,3GHz Resonator
mit eingebauter LaB6 Kathode. Darauf folgt eine elektrostatische Immersionslinse,
die den Elektronenpuls auf eine mittlere Energie von ca. 65 keV beschleunigt. Neben
dem Energiegewinn bewirkt diese Linse eine transversale Fokussierung, die den
Strahldurchmesser innerhalb der Apertur des Resonators hält. Direkt darauf folgt der
Buncher, der für die longitudinale Phasenfokussierung des Bunches sorgt. Unmittelbar hinter dem Buncher ist eine Solenoidlinse angebracht, die den Strahl wiederum
fokussiert, so daß er das nachfolgende elektrostatische Beschleunigungsrohr passieren kann. Hier durchläuft der Strahl nochmals eine Spannugsdifferenz von 250 bis
300kV. Die Hauptbeschleunigungssektion besteht aus zwei supraleitenden, neunzelligen Resonatoren, deren Design ursprünglich für das TESLA Projekt entwickelt wurde. Zwischen dem Injektor und den neunzelligen Resonatoren befindet sich neben
den Strahlführungselementen ein einzelliger, normalleitender Resonator. Dieser Resonator bewirkt nochmals eine Modellierung des longitudinalen Phasenraums um die
Anforderungen der Energiebreite erfüllen zu können.
DesignReport3.doc
3 - 14
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Kap. 3: Injektor
3.2.2. Die Optimierung der longitudinalen Strahlparameter
Bei der Optimierung der longitudinalen Strahlparameter kann man sich auf die eindimensionale Dynamik mit wenigen Teilchen entlang der Achse beschränken. Durch
diese Beschränkung werden die Bahnverfolgungsrechnungen entlang des Beschleunigers sehr schnell. Das erlaubt es, die Ergebnisse wiederum als Input einer numerischen Optimierungsroutine zu verwenden und sich so durch Variation der Eingangsparameter dem Optimum zu nähern. Diese Optimierungsrechnungen wurden mit
dem Programm TEGUN durchgeführt. Als zu optimierende Grösse wurde die rmsEnergiebreite gewählt.
∆E =
1
N
N
∑ (E − E
n =1
n
)2
(3.2.1)
Dabei ist allerdings darauf zu achten, daß diese Definition bei einem instabilen Verhalten des Elektronenbunches die Konvergenz auf das Optimum verhindern kann.
Sollte der Bunch einen langen Schwanz haben, so haben die wenigen Teilchen im
Schwanz einen sehr großen Einfluß auf die Energiebreite. Daher wurden zur Optimierung nur 90% der Teilchen verwendet, die die geringste Abweichung von der
mittleren Energie haben. Dieser Prozentsatz wurde für diese spezielle Anwendung
rein heuristisch ermittelt. Neben der Energiebreite läßt sich natürlich auch die Phasenbreite als Optimierungsparameter verwenden, was für Anwendungen, die eine
kurze Bunchlänge erfordern, von Interesse ist. Hierzu wurden Rechnungen unternommen, um festzustellen, ob am ELBE-Beschleuniger die Erzeugung kohärenter
Undulatorstrahlung möglich ist.
Als Variationsparameter stehen prinzipiell die Amplituden, Phasen und Abstände der
einzelnen Resonatoren zur Verfügung. Dabei ist eine Randbedingung, daß die geforderte Endenergie erreicht wird, wobei die Gradienten in den Beschleunigerresonatoren innerhalb realisierbarer Werte bleiben müssen. Die dazugehörigen Feldverteilungen der Resonatoren wurden mit dem Programm SUPERFISH [2] numerisch berechnet.
Bild 3-18: Aufbau der Glühkathoden HF-Elektronenquelle
DesignReport3.doc
3 - 15
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Kap. 3: Injektor
Die auf diese Weise ermittelten Werte der Resonatoren dienen als Ausgangspunkt
für dreidimensionale Strahldynamikrechnungen mit dem Programm PARMELA. Es
zeigt sich, daß dabei die bei der eindimensionalen Optimierung ermittelte Energiebreite mit einer Abweichung von wenigen Prozenten reproduziert werden kann.
3.2.3. HF-Elektronenquelle und Buncher
Wie schon zuvor erwähnt, basiert die Konzeption des Injektors auf einer Kombination
von DC- und HF-Beschleunigungselementen. Durch die Verwendung einer elektrostatischen Beschleunigungsstrecke befinden sich sowohl der HF-Quellenresonator
als auch der Buncher auf einer Hochspannungsplattform. Da dadurch die zur Verfügung stehende HF-Leistung und Kühlkapazität sehr limitiert ist, muß sich das Design
der Resonatoren durch eine hohe Shuntimpedanz auszeichnen. Es wurde daher für
beide Resonatoren die sogenannte Reentrant Geometrie gewählt (Bild 3-18), bei der
sich die Beschleunigungsstrecke des Resonators zwischen zwei in den Resonatorraum ragenden Nasen auf einen kleinen Spalt reduziert. Der Leistungsbedarf des
Quellenresonators beschrängt sich für eine integrale Beschleunigungsspannung von
10kV auf 60W. Die lokale Feldstärke an der Kathode beträgt dabei 3 MV/m. Desgleichen liegt der Leistungsbedarf des Bunchers für eine integrale Beschleunigungsspannung von 13.5kV bei ca. 80W. Hierbei beträgt die vom Strahl dissipierte Leistung ca. 2W. Sie läßt sich gegenüber der thermischen Verlustleistung im Resonator
vernachlässigen.
Der geringe HF-Leistungsbedarf ermöglicht es, die HF-Verstärker direkt auf der
Hochspannungsplattform zu betreiben. Dafür werden zwei Halbleiterverstärker eingesetzt, die eine maximale Ausgangsleistung von je 100W erlauben. Da HFQuellenresonator und Buncher aufgrund der dazwischen geschalteten Imersionslinse
sich auf unterschiedlichen Potentialen befinden, muß die Phasensynchronisation
über Lichtwellenleiter erfolgen.
3.2.3.1. Feldverteilung und Strahldynamik im HF–Quellenresonator
Im Gegensatz zur Photokathoden HF-Elektronenquelle erfolgt die Pulsung des Elektronenstrahls nicht direkt durch einen externen Laserpuls, sondern indirekt durch das
Hochfrequenzfeld des Hf-Quellenresonators.
Die von der Glühkathode emittierten Elektronen werden nur in der positiven Halbwelle des sinusförmig oszillierenden Beschleunigungsfeldes von der Kathode extrahiert. Von diesen zwischen 00 und 1800 der HF-Phase extrahierten Elektronen können allerdings nicht alle den HF-Quellenresonator verlassen. Die im Phasenbereich
zwischen 1170 und 1800 emittierten Elektronen werden wieder zur Kathode zurückbeschleunigt. In Bild 3-19 ist die Abhängigkeit der Austrittsphase von der Startphase
der Elektronen wiedergegeben. In der Nähe des Umkehrpunktes bei 1170 steigt die
Austrittsphase der Elektronen sprunghaft an. Da dies nur in einem kleinen Intervall
von ca. 200 der Eintrittsphase geschieht, bildet sich ein langgestreckter Schwanz am
Elektronenbunch aus, der aber nur einen geringen Anteil an der Gesamtladung enthält. Diese Elektronen in der Nähe der Umkehrpunkte bewirken die zuvor erwähnten
Probleme bei der numerischen Optimierung der longitudinalen Strahldynamik. Im Beschleuniger werden solche Elektronen in den darauffolgenden BeschleunigungsresoDesignReport3.doc
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Kap. 3: Injektor
natoren auf Grund Ihrer Abweichung von der Sollbahn stark defokussiert und am
Strahlrohr abgestreift.
Tabelle 3-3: HF-Parameter des Quellenresonators und des Buncherresonators
Frequenz
Shuntimpedanz
unbel. Güte (SUPERFISH)
unbel. Güte (gemessen)
Leistungsbedarf
Durchmesser
Spaltweite
Strahlrohrweite
Quellenresonator
1300 MHz
1.3 MΩ
11160
7220 ± 210
80W
122 mm
3.0 mm
4.0 mm
Buncher
1300 MHz
2.3 MΩ
11700
9960 ± 82
80W
110 mm
4.0 mm
6.0 mm
Die Kathode sebst ist innerhalb des Wehneltzyliders angeordnet (Bild 3-18). Dabei ist
sie von ihrer Umgebung isoliert und kann auf ein separates Gleichspannungspotential zwischen 0V und 500V gelegt werden. Diese Potential erzeugt einen negativen
Gradienten gegenüber dem Wehneltzylinder und bewirkt somit eine Strahlfokussierung. Daher sind für die Strahldynamik zwei unterschiedliche Felder an der Kathode
zu berücksichtigen. Erstens das DC-Feld zwischen der Kathode und dem Wehneltzylinder und zweitens das HF-Feld des Resonators. An der Kathodenspitze mit einem
Durchmesser von nur 100µm kommt es dabei zu lokalen Feldüberhöhungen. In Bild
3-21 ist das HF-Feld an der Kathode dargestellt.
Bild 3-19: Austrittsphase Φout der Elektronen aus der HF-Quelle
in Abhängigkeit von der Startphase Φin
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Kap. 3: Injektor
Bild 3-20: Elektrisches HF-Feld,
TM010 - Mode im HFQuellenresonator
Bild 3-21: Elektrisches HF-Feld,
TM010 - Mode an der Kathode
Es zeigt sich, daß bei positiven Gradienten das HF-Feld am Rand des Wehneltzylinders ebenso wie das DC-Feld eine fokussierende Ausrichtung hat. Um dies zu erreichen, wurde die Kathodenspitze um 0.5mm hinter die Öffnung des Wehneltzylinders
zurückgezogen, da sonst der defokussierende Einfluss der radial nach außen gerichteten Feldvektoren an der Kathode überwogen hätte.
Die Überlagerung des DC- und HF-Feldes hat auch Auswirkungen auf die longitudinale Strahldynamik. So ist bei einem kleinem Phasenwinkel der Hochfrequenz die
Richtung der addierten Feldkomponenten an der Kathode negativ, da das in Sperrrichtung liegende DC-Feld größer ist als das momentane HF-Feld. Dieser Einfluß läßt
sich in Bild 3-19 erkennen. Zwischen 00 und ca. 150 treten keine Elektronen aus dem
Resonator aus, da sie nicht an der Kathode extrahiert werden können. Dieser Effekt
bewirkt eine signifikante Reduzierung der longitudinalen Emittanz. Experimentell
konnte dies allerdings nicht verifiziert werden. Insbesondere war der Einfluss der DCSpannung geringer als erwartet. So hätte man bei Spannungen von ca. 300V eine
totale Unterdrückung der Elektronenemission erwartet. Dies konnte bei Spannungen
bis zu 500V nicht beobachtet werden. Eine mögliche Erklärung ist neben der Dejustierung der Kathodenspitze durch thermische Ausdehnung beim Aufheizen, daß der
feldüberhöhende Einfluss der Kathodenkanten ausserhalb des Auflösungsvermögens
des verwendeten Feldberechnungsprogramms lag.
3.2.3.2. Elektronenrückstreuung im HF-Quellenresonator
Ein weiterer untersuchter Effekt ist die Aufheizung der Kathode durch rückbeschleunigte Elektronen. In Bild 3-22 ist die Strahlleistung sowohl der vorwärts- als auch der
rückwärtsbeschleunigten Elektronen in Abhängikeit vom Gradienten an der Kathode
dargestellt. Bei der Simulation wurde die Richardson-Dushmann Gleichung unter BeDesignReport3.doc
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Kap. 3: Injektor
rücksichtigung des Schottky Effekts zugrunde gelegt. Für die Stromdichte J an der
Kathode in Abhängigkeit von der Temperatur T und der Extraktionsfeldstärke E gilt:
2
J = A0T exp(
eE
4πε 0 k 2T
2
-
e Φ
k T
)
(3.2.2)
Die materialabhängige Mengenkonstante A0 und die Austrittsarbeit Φ wurden für
LaB6 mit A0=30A/(cm2K2) und Φ=2.7eV angesetzt [3]. Der effektive Kathodenradius
wurde mit 150µm und die Kathodentemperatur mit 1800 K angenommen. Die Berechnung der Strahlparameter erfolgte mit dem Programm track, welches erlaubt, die
einzelnen Feldstärken (HF und DC) in kleinen Schrittweiten über einen weiten Bereich zu variieren.
Die Rechnungen zeigen, daß bei einer Kathodenfeldstärke von 3MV/m, die einer integralen Beschleunigungsspannung von 10kV entspricht, die Strahlleistung der rückbeschleunigten Elektronen 0.2W beträgt. Der mittlere Strahlstrom beträgt bei diesen
Parametern 208µA. Der Einfluß der rückbeschleunigten Elektronen auf den Emissionsstrom ist schwierig zu berücksichtigen. Die thermischen Auswirkungen lassen
sich anhand der vom Hersteller [4] angegebenen Heizkurve der Kathode abschätzen.
Danach ist die elektrische Heizleistung bei T=1800K gleich 5W mit einer lokalen
Steigung von 100K/W. Folglich sollte die Temperaturerhöhung durch den Elektronenstrom < 50 K betragen.
Eine Schwierigkeit besteht allerdings darin, daß die Erhitzung durch die rückgestreuten Elektronen den Emissionsstrom wieder erhöht und somit eine verstärkende
Rückkopplung verursacht. Abgeschwächt wird dieser Effekt durch die Wärmeleitung
über die Kathodenhalterung und die Wärmestrahlung der Kathode, die sich proportional zu T4 verhält.
Bild 3-22: Strahlleistung der vor- und rückbeschleunigten Elektronen
im HF-Quellenresonator
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Kap. 3: Injektor
Analytisch läßt sich dieser Sachverhalt durch die Wärmebillanzgleichung der Kathode beschreiben.
dQ = cw dT = (R IHZ2 - f(T) ) dt
(3.2.3)

eE
eΦ 


−
mit f(T) = K(T-T0) + S(T - T0 ) - D T exp
2 2
kT 
 4πε 0 k T
4
4
2
dQ ist die in der Zeiteinheit dt der Kathode zugeführte Wärmemenge, die bei der
Wärmekapazität cw zu einer Temperaturerhöhung dT führt. Die Konstanten K und S
charakterisiern die Wärmeleitung bzw. die Wärmestrahlung. Die Größe D kennzeichnet den Wärmetransfer durch die rückgestreuten Elektronen, wobei angenommen
wird, daß deren Anzahl proportional zur Zahl der emittierten Elektronen ist. Der Term
RIHZ2 berücksichtigt die Wärmezufuhr durch den Heizstrom IHZ.
Im thermischen Gleichgewicht gilt dQ = dT = 0 und da alle Konstanten in Gl. (3.2.3)
positiv sind, läßt sich deren graphische Lösung wie folgt darstellen:
Bild 3-23: Graphische Darstellung der Wärmebillanz der Kathode
Man erkennt, daß für ein bestimmtes Intervall des Heizstroms IZ drei verschiedene
Temperaturen der Kathode möglich sind, und daß es ein instabiles Gebiet gibt, wo
mit steigendem Heizstrom die Temperatur sinkt. Die genaue Bestimmung der Konstanten wurde bisher aus zeitlichen Gründen nicht durchgeführt.
Die experimentellen Ergebnisse zeigen, daß sich bei Strahlströmen bis 50µA keine
nennenswerte Verstärkung des Emissionsstroms durch die rückbeschleunigten Elektronen zeigte. Bei Strömen bis ca. 100µA stabilisierte sich der Strom durch die erhöhte Wärmestrahlung. Bei höheren Strömen kommt es zu einem selbstverstärkenden, monotonen Anstieg des Strahlstroms, der schließlich zum Auslösen des Sicherheitssystems am Beschleunigerstand führt. Dabei wird dann der Kathodenheizstrom
und die Beschleunigerspannung auf Null gefahren, um Schäden an der Apparatur,
insbesondere der Kathode, zu vermeiden. Bei dieser Instabilität befidet sich der
Heizstrom offensichtlich in dem oben erwähnten Gebiet, wo mehrere Lösungen der
Gl. (3.2.3) mit dQ=dT=0 existieren.
Um den Strahlstrom auch über 100µA fahren zu können, wurde ein Regelsystem installiert, das den Strahlstrom durch Variation der Kathodenstrahlheizung konstant
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Kap. 3: Injektor
hält. Hierbei wurde der Strahlstrom über den Spannungsabfall am Netzteil der Immersionslinse gemessen. Da das System computergesteuert ist, wurde eine Softwarelösung implementiert. Ein Nachteil dieser Lösung ist die sich aus der geringen
Datentransferrate der verwendeten SIMATIC Prozesssteurung [5] ergebende hohe
Zeitkonstante der Regelung im Bereich von mehreren 100 ms. Hierdurch ließen sich
Ströme bis ca. 160µA stabilisieren. Eine daraufhin eingesetzte schnellere, analoge
Strombegrenzung ließ eine Stabilisierung bis 400µA zu. Es ist zu vermuten, daß eine
aufwendigere analoge Lösung, wie z.B. ein PID-Regler, eine Stabilisierung des
Stahlstroms auf einem noch höherem Niveau zuläßt.
Bild 3-24: Long. Phasenraum hinter HFElektronenquelle (80% aller Teilchen)
Bild 3-25: Long. Phasenraum hinter
dem Buncher (80% aller Teilchen)
3.2.3.3. Immersionslinse und Buncher
Der den HF-Quellenresonator verlassende Elektronenstrahl weist eine große Phasenbreite von über 1000 und eine starke Divergenz auf. Daher muß der Bunch, um
Strahlverluste zu vermeiden, möglichst dicht hinter der HF-Elektronenquelle transversal fokussiert werden. Dazu befindet sich direkt hinter der HF-Quelle eine Immersionslinse. Der daran anschließende Buncher bewirkt eine lineare Fokussierung im
longitudinalen Phasenraum. Hierbei wird die Krümmung, die der Bunch im longitudinalen Phasenraum am Ausgang der HF-Quelle hat, vermindert (Bild 3-24). Zusätzlich
erhält der Bunch im Phasenraumdiagramm eine positive Neigung (Bild 3-25). Dies
bedeutet, daß die vorderen Teilchen im Bunch einen geringeren Impuls als die hinteren haben. Daher bewegen sich die Elektronen in ihrer z-Koordinate während der
nachfolgenden Driftstrecke aufeinander zu. Die maximale Komprimierung der Bunchlänge hängt von der Linearität der Korrelation zwischen Teilchenimpuls und zPosition ab. Aufgrund seiner großen Phasenlänge erfährt der Elektronenbunch durch
die sinusförmige Oszillation des HF-Feldes eine starke Krümmung im longitudinalen
Phasenraum, nachdem er den HF-Quellenresonator verlassen hat (Bild 3-24). Diese
Nichtlinearität kann durch den Buncher teilweise kompensiert werden. Da die Güte
dieser Kompensation von der Amplitude, Phase und Beschleunigerspaltweite des
Bunchers und der Eingangsenergie des Bunches abhängt, wurden diese Parameter
mit dem unter 3.2.2. beschriebenen Verfahren numerisch optimiert. Die eindimensionalen Rechnungen, die später durch dreidimensionale PARMELA-Rechnungen
verifiziert wurden, zeigen, daß eine Komprimierung der Bunchlänge auf 50 rmsBreite möglich ist. Bild 3-26 zeigt ein deutliches Minimum der longitudinalen Emittanz
bei 3230 Phasendifferenz zwischen Buncher und HF-Quellenresonator. Ebenso ist
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Kap. 3: Injektor
der große Einfluß des Bunchschwanzes auf die lomgitudinale Emittanz zu erkennen.
Die Prozentzahlen im Diagramm stehen für den relativen Anteil der zur Emittanzberechnung berücksichtigten Teilchen. Hierbei sind die Teilchen nach ihrem Abstand
vom Schwerpunkt des Bunches geordnet. Es zeigt sich, daß sich die 80%- und die
100% - Emittanz um bis zu zwei Größenordnungen unterscheiden.
Da der Bunch den HF-Quellenresonator mit einer mittleren Energie von nur 10 keV
verläßt, ist eine Erhöhung der Teilchenenergie vor dem Eintritt in den Buncher notwendig. Diese erfolgt ebenfalls durch die Immersionslinse. Die eindimensionalen Optimierungsrechnungen ergeben, daß mit der Verringerung der mittleren Teilchenenergie eine kleinere Beschleunigungsspaltweite des Bunchers notwendig wird, um
eine optimale Strahlkompression zu ermöglichen.
Bild 3-26: Longitudinale Emittanz hinter dem Buncher in Abhängigkeit von der Phase
Bild 3-27: Elektrische HF-Feldverteilung
TM010-Mode im Buncher
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Bild 3-28: Äquipotentiallinien in der
Immersionslinse
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Kap. 3: Injektor
Daher wurden die Randbedingungen für die Beschleunigungsspannung der Immersionslinse und die Spaltweite des Bunchers durch die technisch realisierbaren Werte
bestimmt. Hierbei wurde eine Spaltweite des Bunchers von 4mm gewählt und die
Beschleunigungsspannung der Immersionslinse auf maximal 55kV festgesetzt. Die
Beschleunigungsstrecke der Immersionslinse beträgt 8mm. Die maximale Oberflächenfeldstärke liegt bei ca. 7MV/m und ist bei einer entsprechenden Politur der
Oberfläche als unkritisch anzusehen.
Neben dem Energiegewinn liefert diese Linse die notwendige transversale Fokussierung, um den Strahl ohne Verluste durch die Strahlrohröffnung des Bunchers zu führen. Die bildseitige Brennweite dieser Linse beträgt 20,8mm und die gegenstandsseitige Brennweite ist 48,8mm. Die Formgebung der Linse erfolgte unter dem Gesichtspunkt, Fehler durch sphärische Aberrationenen zu minimieren. Als weitere Linse ist
hinter dem Buncher ein gekapselter Solenoid angebracht, um eine weitere transversale Fokussiermöglichkeit vor dem elektrostatischen Beschleunigungsrohr zu haben.
3.2.3.4. Systemaufbau
Obwohl schon in die eindimensionalen Optimierungsrechnungen technische Parameter wie Leistungsbedarf und Feldüberschlagslimit als Randbedingungen eingegangen sind, sind bei der Konstruktion der Glühkathoden HF-Elektronenquelle weitere Restriktionen zu berücksichtigen. Hierbei gehen eine Vielzahl unterschiedlicher
Einflüsse aus den Bereichen Mechanik, Vakuum- und HF-Technik und der Hochspannungstechnik ein. Bild 3-29 zeigt die konstruktiven Details der Einheit HF-Elektronenquelle und Buncher. Einen dominierenden Einfluss auf die Auslegung dieser
beiden Resonatoren hat die elektrostatische Beschleunigungsstrecke. Der daraus resultierende Betrieb auf Hochspannungspotential begrenzt, wie schon diskutiert, die
zur Verfügung stehende Hochfrequenzleistung. Darüber hinaus sind aber noch weitere Größen wie Platzbedarf, Kühlleistung und Vakuumpumpleistung davon betroffen.
3.2.3.4.1. Mechanik und Vakuum
Die höchsten Vakuumanforderungen entstehen durch einen langzeitstabilen Betrieb
der LaB6 Kathode. Dazu muß auf der Hochspannungsplattform ein Druck ≤ 10-8 mbar
erreicht werden. Hierbei ist der Partialdruck der oxydierenden Restgaskomponenten
(O, H2O,CO,CO2 usw.), die mit der Kathode reagieren, für die Lebensdauer entscheidend. Für den zuvor genannten Enddruck ist mit einer maximalen Lebensdauer von
5000 Stunden bei einer Betriebstemperatur von 1800K zu rechnen. Da das Anbringen einer aktiven Vakuumpumpe auf der Hochspannungsplattform aus Platzgründen
ausscheidet, erfolgt die Evakuierung durch das elektrostatische Beschleunigungsrohr. Dazu ist hinter dem Beschleunigungsrohr auf Erdpotential eine Ionenzerstäuberpumpe mit einer Pumpleistung von 240l/s installiert. Das Vorvakuum wird mittels
eines verfahrbaren Pumpstandes erzeugt, welcher mit einer ölfreien Turbomolekularund Membranpumpe arbeitet.
Wie bereits erwähnt, sind der HF-Quellenresonator und der Buncher-Resonator auf
hohe Shuntimpedanz optimiert. Daraus ergeben sich sehr geringe Strahlrohrdurchmesser im Bereich weniger Millimeter (s. Tabelle 3-3). Die Pumpleistung durch ein
Rohr mit dem Durchmesser d und der Länge l ist bei der in diesem Druckbereich anDesignReport3.doc
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Kap. 3: Injektor
zunehmenden Molekularströmung proportional d3/l. Da der Durchmesser des Beschleunigerrohres ca. 10cm beträgt, bedeutet dies eine Reduktion der Pumpleistung
am Strahlrohr der Resonatoren um mehr als drei Zehnerpotenzen.
Bild 3-29: Aufbau der Glühkathoden HF-Elektronenquelle
Folglich konnte der konventionelle Weg, das Resonatorvolumen ausschließlich durch
das Strahlrohr zu pumpen, nicht beschritten werden. Die Resonatoren sind daher in
einem sie umgebenden Vakuumgefäß montiert, daß eine Verlängerung des Querschnitts des Beschleunigungsrohres darstellt. Um die Pumpleistung zu erhöhen,
wurden in die einzelnen Resonatoren Schlitze eingefügt, die den gesamten Pumpquerschnitt im Resonatorinnenraum auf 4-5cm2 erhöhen. Der resultierende Leitwert
zwischen Kathode und Pumpe beträgt grob abgeschätzt 5-10l/s. Störungen des Resonatorfeldes wurden durch die Ausrichtung der Schlitze parallel zum magnetischen
HF-Feld vermieden. Eine Verschlechterung der Resonatorgüte durch parasitäre Ankopplung ist nicht zu erwarten, da die Tiefe der Schlitze ein mehrfaches de Eindringtiefe des Grundmodes beträgt.
Das umgebende Vakuumgefäß wirft allerdings Probleme bei der Kühlung der Resonatoren auf. Die anfallende Wärmelast von HF-Quelle und Buncher beträgt zusammen zwar nur etwa 150W, sie kann aber nur durch Konvektion am Außengefäß zur
Umgebungsluft abgeführt werden. Die Wärmeleitung zwischen Resonator und Außengefäß wird dadurch erschwert, daß diese nur an vier Aufhängungspunkten miteinander in Kontakt sind (Kontaktfläche 11,2cm2). Überdies ist der Werkstoff des Außenbehälters Edelstahl, der mit einer Wärmeleitfähigkeit von ca. 1W/cmK ein vierzig
mal schlechterer Wärmeleiter als Kupfer ist. Daraus resultiert, daß die Resonatoren
trotz der niedrigen HF-Leistung eine Betriebstemperatur von 1200 C erreichen. Der
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Kap. 3: Injektor
Einfluß der Temperaturerhöhung auf das Vakuum durch verstärkte Ausgasung ist
zwar minimal, aber die Wärmeausdehnung der Resonatoren verursacht eine Frequenzdrift der Resonatoren. In Bild 3-30 ist der Frequenzdrift des Buncherresonators
in Abhängigkeit von der Betriebszeit nach Einschalten der HF-Leistung dargestellt.
Die gesamte Frequenzerniedrigung beträgt ca. 1,4MHz, wobei hier die vorlaufende
HF-Leistung 50W betrug. Auffallend an der Kurve ist, daß ihre Steigung |df/dt| nicht
mit zunehmeder Betriebszeit monoton kleiner wird, wie man bei einer Verlangsamung des Temperaturausgleichs aufgrund der sich anpassenden Temperaturdifferenz erwarten würde. Vielmehr nimmt die Steigung zu, um dann in einen sehr flachen
Verlauf zu münden. Dies läßt sich durch den Aufbau mechanischer Spannungen am
Resonator erklären, die sich diskontinuierlich entlasten.
Bild 3-30: Frequenzverschiebung des Buncher Resonators
nach dem Einschalten der HF-Leistung (PHF = 50W)
Wie im folgenden noch besprochen wird, ist die Frequenzdrift größer als der Tuningbereich des Bunchers. Somit muß der Resonator unter Berücksichtigung der Frequenzdrift vorgestimmt werden, um nach Einschalten der HF-Leistung über einen
Zeitraum von ca. 2 Stunden auf seine Endfrequenz zu kommen. Dies kann natürlich
nur eine vorläufige Lösung sein, da die Vorabstimmung des Resonators durch unkalkulierbare mechanische Spannungen sehr fehlerträchtig ist. Eine Erweiterung des
Tuningbereiches scheint die beste Lösung zu sein. Eine Temperaturstabilisierung
durch aktive Kühlung wurde diskutiert, ist aber aufgrund des hohen Aufwandes
(Durchführung der Kühlmedien, Platzmangel etc.) nicht weiter verfolgt worden.
3.2.3.4.2. Resonatoren und HF–Technik
Als Resonatormarterial wurde für die HF-Quelle und den Buncher-Resonator sauerstoffarmes (OFHC) Kupfer verwendet. Diese Material wurde vor allem aus vakuumtechnischen Gründen gewählt, da hierdurch die Ausgasung von oxidierenden Restgasen von vornherein minimiert wird. Der negative Einfluß dieser Gase auf die Kathodenlebensdauer wurde schon zuvor diskutiert. Die Fertigung der Resonatorzellen
erfolgte durch Drehen aus dem Vollmaterial. Um die erforderliche Oberflächenrauhigkeit zu erreichen, wurden Diamantwerkzeuge verwendet. Die maximale Rauhigkeit wird durch die Skintiefe des HF-Feldes bestimmt und beträgt für Kupfer bei
einer Frequenz von 1,3GHz ca. 1,8µm.
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Kap. 3: Injektor
Da die Verbindungsstellen der Resonatorhalbzellen einen guten elektrischen Kontakt
aber keine Vakuumdichtigkeit gewährleisten müssen, wurden diese als Presspassungen ausgelegt. Die Fügestelle einer Resonatorhalbzelle ist dabei als Schneidkante geformt, um die Kontakpunkte zwischen beiden Halbzellen bei der Zusammenfügung nahe der Innenseite zu plazieren. Gegeüber der bei Kupferresonatoren
gebräuchlichen Lötung im Vakuumofen hat diese Verbindungstechnik den Vorteil,
keinen Glühvorgang zu benötigen. Dieser bedeutet stets eine beträchtliche Reduzierung des Elastizitätsmoduls des Materials. Da aufgrund der mechanischen Konstruktion des Tuners der Buncher-Resonator eine elastische Rückstellkraft gegenüber
dem Tuner aufbringen muß, verringert ein Glühvorgang den maximalen Tuningbereich. Die Verbindungstechnik selbst erwies sich als zuverlässig. Es konnte keine signifikante Reduktion in der Resonatorgüte beobachtet werden, die sich auf diese
Nahtstelle zurückführen ließe.
Das Frequenztuning des HF-Quellenresonators erfolgt durch Verschiebung des
Wehneltzylinders innerhalb des Resonators. Die Verstellung erfolgt zweistufig. Erstens durch eine grobe manuelle Voreinstellung mittels einer Mikrometerschraube mit
einem Stellweg von 3mm und zweitens durch eine automatisierte Feineinstellung
mittels eines Piezostellglieds mit 100µm Verstellweg. Wie Bild 3-31 zeigt, läßt sich
somit der Resonator manuell in einem Frequenzbereich von mehr als 200MHz verstimmen. Bei der Sollfrequenz von 1,3GHz beträgt die lokale Steigung df/dz =
52MHz/mm. Somit kann der Resonator durch das Piezostellglied um 5,2MHz in seiner Resonanzfrequenz verstellt werden.
Bild 3-31: Tuningkurve des HF- Quellenresonators
Die Verwendung des Wehneltzylinders als Tuner mit seinem großen Anteil an der
Resonatoroberfläche und dem damit verbundenen großen Tuningbereich erklärt sich
aus dem ursprünglichen Entwicklungskonzept des HF-Quellenresonators. Dieses sah
eine Gleichspannungsbeschleunigungsstrecke bis zu 5kV zwischen Wehneltzylinder
und der gegenüberliegenden Resonatorwand vor, um so die Elektronenenergie neben der HF-Beschleunigung zusätzlich zu modifizieren. Allerdings ist dieses Konzept
schwierig zu realisieren, da es eine im HF-Bereich leitende Verbindung zwischen
dem Wehneltzylinder und dem restlichen Resonator mit gleichzeitiger Gleichspannungsisolation erfordert. Lösungen, die eine Choke-Flansch-Verbindung zwischen
beiden Resonatorteilen vorsah, wurden untersucht. Der Vorteil für die longitudinalen
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Kap. 3: Injektor
Strahlparameter konnte allerdings nicht die konstruktiven Schwierigkeiten aufwiegen,
so daß diese Lösung verworfen wurde. Die schon zu weiten Teilen fertige Konstruktion des Resonators wurde so modifiziert, daß der Wehneltzylinder mit dem übrigen
Resonator durch Federkontakte aus Kupfer-Beryllium elektrisch leitend verbunden
wurde.
Die Federkontaktierung erwies sich in der Praxis allerdings als unvorteilhaft. So
konnte im HF-Quellenresonator eine unbelastete Güte von Qo=7220 erreicht werden,
was etwa 65% des berechneten Wertes entspricht (s. Tabelle 3-3). Zudem ist diese
Güte nicht stabil und hat sich nach längerer Betriebszeit auf einen Wert von Q0=
5700 reduziert. Eine Demontage des Resonators zeigte, daß sich die Kontaktfedern
verbiegen und Schleifspuren auf dem Wehneltzylinder hinterlassen. In einem Fall waren die Kontaktfedern nach längerem Betrieb sogar mit dem Wehneltzylinder verlötet.
Dies deutet auf einen hohen lokalen Widerstand an den Kontaktstellen hin. Die dadurch entstehenden thermischen Verluste erklären auch die gemessene Gütereduktion. Der Buncher-Resonator hingegen erreicht eine Güte von Q0=9960, was 85%
des Designwertes entspricht.
Das Tuning des Bunchers erfolgt durch eine axiale Verformung des Resonators. Der
Vorteil besteht darin, daß keine elektrischen Kontaktsiellen im feldbelasteten Bereich
des Resonators notwendig sind. Somit entfallen Schleifkontakte oder Choke-FlanschVerbindungen. Durch das Tunen wird primär die Spaltweite des Bunchers variiert.
Bild 3-32: Externe Güte der Schleifenkopplung in Abhängigkeit
vom Anstellwinkel Φ; Funktion: a/cos2(Φ).
Da hier die Feldkonzentration im Resonator maximal ist, ist die relative Frequenzänderung bei Änderung des Abstandes der „Bunchernasen“ sehr groß (Slater-Theorem
[6]). Die SUPERFISH-Rechnungen zeigen eine relative Frequenzänderung von
108MHz/mm bei axialer Verformung. Die komprimierende Kraft wird außerhalb des
Vakuums durch einen Kniehebel auf den Buncher übertragen. Dabei bleibt die Verformung des Resonators im Elastizitätsbereich, so daß die Rückstellkraft vom Resonator selbst aufgebracht wird.
Der maximale Tuningbereich des Resonators beträgt 250kHz und liegt somit weit
unter der thermischen Frequenzdrift bei Warmfahren des Resonators. Daher ist ein
Vortuning des Bunchers erforderlich. Zudem zeigt der Frequenzverlauf beim Tunen
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Kap. 3: Injektor
starke Hystereseeffekte. Zur Vergrößerung des Tuningbereiches ist geplant, den Resonator bis in den plastischen Bereich zu deformieren. Dazu muß das System sowohl Druck als auch Zugkräfte auf den Buncher ausüben können. Gleichzeitig soll
das ganze System so vorgespannt werden, daß die durch das mechanische Spiel
bedingte Hysterese vermieden wird. Das gleiche Tuningprinzip ist auch für den HFQuellenresonator vorgesehen. Dazu soll ein neuer Resonator gefertigt werden, bei
dem der Wehneltzylinder in die Resonatorrückwand integriert ist. Durch eine Verjüngung der Resonatorrückwand wird analog zum Buncher eine elastische Deformation
des Resonators möglich. Ziel dieser Modifikation ist es, ähnlich hohe Güten wie beim
Buncher zu erreichen.
HF-Quellenresonator und Buncher sind als zweifach gekoppelte Resonatoren ausgelegt. Hierbei ist der Hauptkoppler auf kritische Ankopplung (Qext = Q0/2) ausgelegt,
um einen maximalen Leistungstransfer in den Resonator zu gewährleisten. Der
zweite Koppler mit sehr viel schwächerer Ankopplung (Qext ≅ 105 ) dient zur Aufnahme eines Referenzsignals, mit dem Frequenz, Amplitude und Phase stabilisiert werden können. Zudem erhöht sich durch eine zweifache Kopplung die Genauigkeit bei
der Messung der HF-Parameter. Die geringe übertragene HF-Leistung erlaubt es, auf
eine aktive Kühlung der Koppelelemente zu verzichten. Bei den Versuchen wurden
als möglichen Kopplerarten sowohl eine kapazitive Ankopplung an das Resonatorfeld
über eine Stabantenne, als auch eine induktive Ankopplung über eine Koppelschleife
verwendet.
Bild 3-33: Blockschaltbild der HF-Versorgung
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Kap. 3: Injektor
Beide Arten der Ankopplung verhielten sich im Dauerbetrieb stabil. Als Nachteil der
kapazitiven Ankopplung sind die hohen Feldstärken an den Antennenspitzen anzusehen. Diese können durch Feldemission zur Zündung einer Bogenentladung führen.
In einem Fall führte dies während des Versuchsbetriebes zum Abbrennen der Antenne. Zudem ist bei Schleifenantennen ein einfaches Anpassen der externen Güte
durch Verdrehen der Öffnungsfläche der Schleife zum Resonatorfeld möglich. Bild
3-32 zeigt den weiten Variationsbereich der externen Güte. Der Fit liefert die erwartete funktionale Abhängigkeit a/cos2(Φ). In den Parameter a geht die Induktivität der
Koppelschleife und der magnetische Fluß des HF-Feldes durch die Öffnungsfläche
ein. Allerdings liegen die experimentellen und theoretischen Werte von a um eine
Größenordnung auseinander. Dies kann man durch Impedanzsprünge im direkten
Zuleitungsbereich der Antenne erklären.
Bild 3-33 zeigt das Blockschaldbild der HF-Versorgung. Wie schon erwähnt, werden
beide Resonatoren durch je einen HF-Verstärker gespeist. Diese Verstärker bestehen jeweils aus acht parallel geschalteten Halbleiterverstärkermodulen und liefern eine Ausgangsleistung von je 100 W. Das Eingangssignal der Verstärker wird von einem Masteroszillator über ein phasenstabiles Glasphaserkabel auf die Hochspannungsplattform geleitet. Die Phasenlage zwischen HF-Quellenresonator und Buncher
kann dann durch einen spannungskontrollierten Phasenschieber im Bereich zwischen 00 und 3600 variiert werden. Das Bild 3-33 zeigt auch die Anbindung des im
Kapitel 12.1. behandelten Kicker-Resonators für die Bunchlängenmessung.
3.3. Diagnostik
Die Strahldiagnostik dient der Messung, Einstellung und Optimierung der Strahllage
und der Strahlqualität. Dabei ist zwischen der Grundjustage des Strahles und der Justage bzw. Optimierung während des laufenden Betriebes zu unterscheiden. Eine
detaillierte Darstellung der Meßeinrichtungen ist im Kapitel 6.2. „Strahldiagnose“
nachzulesen.
Zur Grundjustage des Strahles sind zwei Leuchttargets vorgesehen. Damit kann die
Strahllage eingestellt und das Strahlprofil bestimmt werden. Der Strahlstrom wird an
zwei Stellen mittels einstellbarer, isolierter Blenden gemessen, die in ihrer Endlage
als Faraday-Cups fungieren. Diese Blenden können im laufenden Betrieb dann zur
Begrenzung des Strahlquerschnittes (zur Ausblendung des Strahlhofes) verwendet
werden. Die Messung des Blendenstromes gibt zudem Aufschluß über eine etwaige
Verschiebung der Strahllage.
Die Messung der Emittanz erfolgt mittels Leuchttarget im Zusammenspiel mit einer
Magnetlinse, deren Brennweite über den Linsenstrom verändert wird. Als Leuchttarget wird eines der Targets verwendet, das auch zur Messung der Strahllage bzw. des
Strahlprofiles benutzt wird.
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Kap. 3: Injektor
3.4.
Literatur
[1] D. Janssen, P. vom Stein: "A low emittance cw-electron injector for the ELBE accelerator", NIM A380 (1996) 497
[2] J. H. Billen, L. M. Young: "POISSON/SUPERFISH on PC compatibles", Proc.
PAC 1993, Vol.2 (1993) 790
[3] J. Eichmeier: "Moderne Vakuumtechnik", Springer Verlag Berlin, 1981
[4] Inc. Kimball Physics. ES - 432E, Extendet Life LaB6 Cathode, User information,
Wilton NH,1991
[5] Siemens AG, Siemens Industrieelle Kommunikationsnetze, Katalog IK10, 1994
[6] H. G. Unger: "Elektromagnetische Theorie für die HF-Technik“, Hüthig Verlag,
Heidelberg 1984
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