Zusammenarbeit zwischen Ärzten und pharmazeutischer Industrie

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Zusammenarbeit zwischen Ärzten
und pharmazeutischer Industrie
Dr. jur. Karsten Scholz
Lehrbeauftragter an der
Leibniz-Universität Hannover und der
Georg-August-Universität Göttingen
Über mich
• "Wenn der Apotheker ein Haus für
seine Apotheke baut und oben Ärzte mit
geringer Miete praktizieren, dann ist das
für mich eher ein Geschäftsmodell",
sagt Scholz. Also keine Bestechung.
(http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/recht/article/597427/apot
heker-besticht-arzt-mietkosten-visier.html)
• Dazu Dr. Bernd Schütze, RiBSG in der
Festschrift für Renate Jäger (2011):
„Ein Beispiel vielfacher Bagatellisierung“
DÄBl 1988, A- 2726
• Übernahme von Reisekosten durch PharmaVeranstalter häufig nicht zulässig
• Erster Tätigkeitsbericht der Gemeinsamen
Kommission der Ärzteschaft und des
Bundesverbandes der Pharmazeutischen
Industrie
DÄBl 1988, A- 2726
• Häufigster Anlass zur Abgabe von Vorgängen an den
Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie waren Verstöße
gegen § 13 des Kodex. Nach dieser Vorschrift dürfen
Reisekosten für die Teilnahme an von der pharmazeutischen
Industrie ausgerichteten Informationsveranstaltungen im
Ausland nur für Referenten übernommen werden.
• Korrespondierend dazu ist es nach den Landesberufsordnungen
den Ärzten untersagt, bei vollständiger Kostenübernahme durch
den Veranstalter an solchen Veranstaltungen teilzunehmen (vgl.
§ 25a Musterberufsordnung). Die Gemeinsame Kommission
musste wiederholt feststellen, dass im größeren Umfang Werbe/Informationsveranstaltungen im Ausland durchgeführt werden,
für die auch die durch ärztliche Teilnehmer anfallenden Kosten
weitgehend von pharmazeutischen Unternehmen getragen
werden.
DÄBl 1988, A- 2726
• Neben diesen im Ausland durchgeführten Veranstaltungen
musste die Kommission wiederholt im Inland ausgerichtete
Informations-/ Fortbildungsveranstaltungen der pharmazeutischen Industrie überprüfen. Zwar ist in diesen Fällen
eine Kostenübernahme durch den Veranstalter nicht vollständig ausgeschlossen, jedoch werden die von dem Kodex
beziehungsweise den Landesberufsordnungen gezogenen
Grenzen dann überschritten, wenn eine über das Angemessene hinausgehende Kostenübernahme erfolgt. Als „unangemessen" wurde von der Gemeinsamen Kommission
beispielsweise angesehen, wenn neben Reisekosten für den
Teilnehmer auch die für eine Begleitperson anfallenden
Reisekosten übernommen wurden.
§ 33 MBO 2003
• „Die Annahme von geldwerten Vorteilen in
angemessener Höhe für die Teilnahme an
wissenschaftlichen
Fortbildungsveranstaltungen ist nicht
berufswidrig. Der Vorteil ist unangemessen,
wenn er die Kosten der Teilnahme
(notwendige Reisekosten,
Tagungsgebühren) des Arztes an der
Fortbildungsveranstaltung übersteigt.“
Dieners, Handbuch Compliance, 2011
• Kap. 2, Rn. 74: „Bei konsequenter
Umsetzung folgt daraus, dass z.B. im Falle
einer Veranstaltung mit Beteiligung von
Ärzten aus dem gesamten Bundesgebiet
eine Kostenübernahme nur für die
Teilnahme zulässig wäre, deren
Landesärztekammern § 33 Abs. 4 MBO-Ä
auch tatsächlich umgesetzt haben.“
2006 / 2007 / 2013
• Klausurtagung Vorstand ÄKN
Artikel im nä
Gespräch mit dem Justiziar ÄKN
Gespräch mit Präsidentin und stellv.
Präsident
 2013 wird die Bestätigung der Rechtslage in
Niedersachsen landauf / landab diskutiert
Aktuelle Diskussion
• Deutscher Ärztetag 2011: Änderung der
Muster-Berufsordnung
• Abwarten des Beschlusses des Großen
Senats für Strafsachen des BGH
• November 2012: Beschlussfassung über
eine Neufassung der §§ 30ff.
Berufsordnung der ÄKN
• 1. Februar 2013: Inkrafttreten BO ÄKN
Kammergesetz
• Berufsordnung mit
 näheren Regelungen zur gewissenhaften
Berufsausübung (Pflicht)
 Regelungen zur Verordnung und Empfehlung von
Heil- und Hilfsmitteln, Teilnahme an
Fortbildungsveranstaltungen (fakultativ)
Ergo: Die berufsrechtlichen Regelungen sind
weitgehend fakultativ.
Funktion des Berufsrechts
• Ausdruck der allgemeinen Überzeugung des
Berufsstandes über die Ausübung des freien
ärztlichen Berufs
• Selbstverwaltung mit öffentlich-rechtlichen
Charakter = Bindung an Recht und Gesetz
• Betroffenenmitwirkung + Staatsdistanz
(Rechtsaufsicht, zunächst: beratend)
• Eigene Entwicklung, aber auch Durchsetzung der
Regeln = „Vertrag“ mit dem Staat
• Berufsrechtliche Ahndung als Ausgleich des für
die Ärzteschaft eingetretenen Vertrauensverlusts
Aktuelle Gesetzesbegründung Bayern
• Eine Geldbuße kann durch das Berufsgericht seit
Jahrzehnten unverändert nur bis zu einer Höhe von 50.000
Euro verhängt werden. Diese Maximalhöhe hat sich
angesichts der zunehmenden Wirtschaftskriminalität mit
ihren technischen Möglichkeiten und weltweiten
Vernetzungen krimineller Organisationen und
Einzelpersonen in bestimmten Fällen als zu gering
erwiesen. Die mit ausgeklügelten kriminellen Systemen
erzielbaren und erzielten Gewinne übersteigen die Summe
um ein Vielfaches. Der abschreckende und disziplinierende
Charakter der Geldbuße geht in diesen Fällen ins Leere. Er
ist daher die Obergrenze der Geldbuße [auf 100.000 Euro]
deutlich zu erhöhen.
Genfer Gelöbnis / § 30 BO ÄKN
• Die Gesundheit meines Patienten soll
oberstes Gebot meines Handelns sein.
• Ärzte sind verpflichtet, in allen
vertraglichen und sonstigen beruflichen
Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche
Unabhängigkeit für die Behandlung der
Patienten zu wahren.
Wahrung der Unabhängigkeit
• Bonuszahlungen zum Festgehalt in Abhängigkeit
von Fallzahlen / CMIs / Anteil bestimmter
Medizinprodukte
• Göttinger Transplantationsskandal § 136a SGB V
ansonsten Transparenz über Qualitätsberichte
Chefarztvertragsmuster der DKG
• Cave: DRGs – Honorarregelungen der KV(N)
• Unzulässig: Verträge, in denen Ärzte sich
verpflichten, an bestimmte Anbieter zu verweisen
• Cave: Investorenmodelle für Arztpraxen
Wo ist die Unabhängigkeit gefährdet?
• Patienten – vgl. Testierverbot in § 14 HeimG a.F.
• Pharmaindustrie – Medizinproduktehersteller
• „Betroffene“ von der Schlüsselstellung des
Vertragsarztes nach § 73 Abs. 2 SGB V
• Krankenhäuser
• „Nähe zum Arzt“ als Geschäftsmodell
Pharmaindustrie
Fortbildungs-Sponsoring, § 32 Abs 2 BO ÄKN
• Die Annahme von Beiträgen Dritter zur Durchführung von
Veranstaltungen (Sponsoring) ist ausschließlich für die
Finanzierung des wissenschaftlichen Programms ärztlicher
Fortbildungsveranstaltungen und nur im angemessenen
Umfang erlaubt. Das Sponsoring, dessen Bedingungen und
Umfang sind bei der Ankündigung und Durchführung der
Veranstaltung offen zu legen.
• Anerkennungsfähig für das Fortbildungszertifikat, sofern
„frei von wirtschaftlichen Interessen“ = keine
Produktwerbung
• Aber: Pharmafreie Fortbildung der ÄKN-Ärztevereine
classic !
Individualsponsoring verboten !
• Die Annahme von geldwerten Vorteilen in
angemessener Höhe ist nicht berufswidrig, sofern
diese ausschließlich für berufsbezogene
Fortbildung verwendet werden. Der für die
Teilnahme an einer wissenschaftlichen
Fortbildungsveranstaltung gewährte Vorteil ist
unangemessen, wenn er über die notwendigen
Reisekosten und Tagungsgebühren hinaus geht.
Verbot der Annahme von Vorteilen, § 32 Abs 1 BO ÄKN
• Ärzten ist es nicht gestattet, von Patienten oder Anderen
Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu
fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder
anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt
wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen
Entscheidung beeinflusst wird. Eine Beeinflussung ist
dann nicht berufswidrig, wenn sie einer wirtschaftlichen
Behandlungs- oder Verordnungsweise aus sozialrechtlicher
Grundlage dient und dem Arzt die Möglichkeit erhalten
bleibt, aus medizinischen Gründen eine andere als die mit
finanziellen Anreizen verbundene Entscheidung zu treffen.
Kernpunkte der Regelung
• Andere = Pharmaindustrie, Apotheker
• Einseitige (Weihnachtsbäume) oder –
wirtschaftlich betrachtet - kaschierte einseitige
Zuwendungen
• Fordern von Vorteilen für Dritte (Ehegatte, MFA,
Ärztenetz)
• Eindruck der Beeinflussung der Unabhängigkeit:
Was sagt ..... dazu ?
• Wegfall der Ausnahme für geringfügige Vorteile
• Rabatt- / Hausarztverträge mit Bonizahlungen
zulässig, sofern Ausnahmen aus medizinischen
Gründen möglich sind (nec aut idem)
Austauschbeziehungen, § 33 BO ÄKN
• Soweit Ärzte Leistungen für die Hersteller von
Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten
erbringen (z.B. bei Anwendungsbeobachtungen),
muss die hierfür bestimmte Vergütung der
erbrachten Leistung entsprechen. Die Verträge
über die Zusammenarbeit sind schriftlich
abzuschließen und sollen der Ärztekammer
vorgelegt werden.
• Äquivalenzprinzip, Dokumentationsprinzip
Transparenzprinzip, keine Genehmigung
Sponsoring nur passiver Teilnahme im
Rahmen von Austauschbeziehungen
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•
•
•
Prüfertreffen
Post – ASCO …..
Beratervertrag
Schulungsmaßnahmen
Keine Pseudo-Vorträge / gemeinsame
Erarbeitung von Abschlussstatements
FSA-Kodex
• Kommentar eines Mitarbeiters aus einem FSAMitgliedsunternehmen:
• „Die von Ihnen erwähnten nicht vorhandenen
„Vorlagen für Verträge „ohne Gegenleistung“
bzw. Fallkonstellationen,….“ kann es und sollte es
m.E. auch nicht geben, würden derartige Verträge
eindeutig gegen den FSA-Kodex verstoßen.“
§ 20 Abs. 4 FSA-Kodex
• nur angemessene Reisekosten, notwendige
Übernachtungskosten sowie durch Dritte
erhobene Teilnahmegebühren
• Sachliches Interesse des Unternehmens an
der Teilnahme
• Sowohl einen Bezug zum Tätigkeitsgebiet
des Mitgliedsunternehmens als auch zum
Veranstaltungsteilnehmer
Normzwecke
• § 31 MBO:
– a) Patientenschutz durch Wahrung der ärztlichen
Unabhängigkeit (§ 30 MBO)
– b) Verhindern ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteile
gegenüber Kollegen
• § 73 Abs. 7 SGB V:
- a) Patientenschutz
- b) Wirtschaftlichkeitsgebot (Überweisungsvorbehalt)
- c) Sicherung der Überlebensfähigkeit anderer
Leistungserbringer
- d) Erfassung von MVZ, für die Berufsrecht nicht gilt,
§ 72 Abs. 1 S. 2 (BSG v. 9.2.11)
- d) Sanktionierbarkeit (vertragsärztliche Pflicht)
Kardiologie (offene Frage)
• Hersteller von Herzschrittmachern /
Defibrillatoren stellt niedergelassenen
Kardiologen Auslesegeräte leihweise zur
Verfügung (vgl. § 128 Abs. 2 S. 3)
• Klinik implantiert nur solche Medizinprodukte,
von denen sie weiß, welche Auslesegeräte der
niedergelassene Arzt hat
• Ansonsten keine Zuweisung bzw. Einflussnahme
auf die Klinik, solche MP zu verwenden
• Ggf. § 32 Abs. 2 MBO, „wenn Eindruck erweckt
wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen
Entscheidung beeinflusst wird“.
www.aekn.de
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
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