Diplomarbeit Veränderungen der Gallensäuren im Serum bei Kindern und Jugendlichen mit hämatoonkologischer Erkrankung eingereicht von Stefanie Sabernik zur Erlangung des akademischen Grades Doktorin der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde unter der Anleitung von OA Dr. Jörg Jahnel PD Dr. Markus Seidel Graz, 31.08.2014 i Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Graz, 31.08.2014 Stefanie Sabernik eh ii Danksagungen Ich möchte meinem Erstbetreuer OA Dr. Jahnel ein großes „Dankeschön“ aussprechen, da er mir ermöglicht hat meine Diplomarbeit zu schreiben. Er hat mir nicht nur geholfen ein Thema zu finden, sondern war auch stets bemüht, die Studie voranzutreiben und mich zu motivieren. Sein Engagement für meine und die Arbeiten anderer Kommilitonen ist wirklich bewundernswert. Ebenso möchte ich mich bei Herrn PD Dr. Fauler und dem Team des Stoffwechsellabors der Kinderklinik für die Messungen der Gallensäuren und die regelmäßige Aktualisierung der Datentabelle danken. Mein Dank geht auch an meinen Zweitbetreuer PD Dr. Seidel, der eine große Hilfe war, die Fragestellung meiner Diplomarbeit zu konkretisieren und mir die Möglichkeit gab einen Einblick in die hämatoonkologische Abteilung zu bekommen. Besonders möchte ich meinen Eltern danken, die mir mein Studium erst ermöglicht haben. Ich bin ihnen unendlich dankbar, dass sie immer hinter mir stehen und mich in jeder Lebenslage unterstützen. Auch meinen Bruder möchte ich nicht unerwähnt lassen. Ich danke ihm für seine Geduld mit mir, da er oft genug miterleben musste wenn ich mich über den Aufwand für meine Diplomarbeit beklagt habe. iii Zusammenfassung Hintergrund: Der Gallensäuren (GS)-Stoffwechsel bei Kindern und Jugendlichen mit hämatoonkologischer Grunderkrankung wurde bisher nicht untersucht. Bei diesen PatientInnen lässt sich einerseits wegen der Tumorerkrankung an sich, andererseits auf Grund der aggressiven Therapieformen eine Beeinflussung des GS-Haushalts vermuten. hämatoonkologischen Ziel dieser Erkrankungen Studie und war deren es, die Therapien Folgen auf den von GS- Metabolismus zu untersuchen. Die Ergebnisse sind hinsichtlich in Zukunft neu verfügbarer GS-Produkte von Interesse, die eine gezielte GS-Substitution ermöglichen werden. Methodik: Die Studienpopulation besteht aus 74 PatientInnen im Alter von 8 Monaten bis 24 Jahren. Im Rahmen von routinemäßigen Blutbildmessungen wurden Serum-GS-Konzentrationen mittels zwei gekoppelter Verfahren, der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie und der Massenspektrometrie (HPLCMS/MS), bestimmt. Dabei wurden die Konzentrationen der Gesamt-GS, der unkonjugierten GS und der mit Taurin- oder Glycin-konjugierten GS gemessen. Unsere gemessenen Werte wurden mit Werten der altersentsprechenden gesunden Vergleichspopulation verglichen. Es erfolgte eine Einteilung der PatientInnen in die Gruppen „I Akute lymphatische Leukämie (ALL)“, „II Mb. Hodgkin“, „III Hirntumore“, „IV Knochentumore (KT)“ und „V Andere Erkrankungen“. Die Ergebnisse wurden mit klinischen Daten korreliert. Ergebnisse: In den einzelnen Gruppen und Subgruppen konnten unterschiedliche Veränderungen von Konzentrationen und Zusammensetzung der GS im Serum beobachtet werden. Bei fast allen PatientInnen mit ALL konnten sowohl während der Therapie als auch unter Nachsorge höhere GS-Werte als bei gesunden Kindern und Jugendlichen nachgewiesen werden. Obwohl die Gesamt-GS-Werte bei PatientInnen mit Mb. Hodgkin divergieren, fällt auf, dass die Taurin-Konjugate jeweils kaum bzw. nicht nachweisbar sind. Ein ähnliches Verteilungsmuster zeigt sich bei PatientInnen mit Knochentumoren. In der Gruppe KT wurden zwar unterschiedlich hohe Gesamt-GS-Werte gemessen, allerdings sind die meisten Taurin-konjugierten GS kaum bzw. nicht nachweisbar. Bei PatientInnen mit iv Hirntumoren liegen unterschiedliche Verteilungsmuster der Gesamt-GS und im GS-Profil vor. Es lässt sich kein Trend erkennen. Schlussfolgerung: Die meisten PatientInnen mit hämatoonkologischer Grunderkrankung zeigen im Serum Änderungen der Konzentration der GesamtGS und der Zusammensetzung des GS-Profils im Vergleich zu gleichaltrigen Kontrollpersonen. Diese Arbeit soll die Basis für zukünftige prospektive Studien bilden, deren Fokus auf dem GS-Metabolismus ausgewählter Tumorerkrankungen und deren spezifischer Therapie liegen wird. v Abstract Background: The bile acid (BA) metabolism in children and adolescents suffering from underlying haemato-oncological disease has not been investigated yet. An influence of the BA-balance in these patients is suggested; on the one hand, because of the oncological disease per se and on the other hand, because of the aggressive therapies. The aim of this study was to examine the effects of haemato-oncological diseases and their therapies on the BA-metabolism. The results are of interest concerning new bile acid products, which will enable targeted bile acid substitution. Methods: The population study consists of 74 patients aged between 8 months and 24 years. Within routine blood count check-ups the serum-BA-concentrations were measured using two linked methods, particularly high performance liquid chromatography and tandem mass spectrometry (HPLC-MS/MS). The total-BAconcentrations as well as the unconjugated BA and taurine- or glycine-conjugated BA were quantified and the results were compared with those of the corresponding, healthy age-groups. The patients were divided into the groups “I acute lymphatic leukaemia (ALL)”, “II Mb. Hodgkin”, “III brain tumour”, “IV bone tumour (BT)” and “V other diseases”. The results were then correlated with clinical data. Results: Various changes regarding concentration and composition of the serumBA in each group and subgroup were found. In contrast to healthy children and adolescents, almost every patient with ALL had elevated BA-levels throughout therapy and during follow-up care. Even though total-BA-concentrations of patients with Mb. Hodgkin diverge, it became apparent that taurine-conjugates were either barely or not at all measurable. Patients with bone tumours showed a similar distribution pattern. In group BT varying total-BA-levels were found, however, most of the taurine-conjugated-BA were either barely or not verifiable at all. Patients with brain tumours show different distribution patterns concerning total-BA and BAprofiles. There is no trend to be recognised. vi Conclusion: Most patients with underlying haemato-oncological disease show serological changes of total-BA and the composition of BA-profile compared to coeval control persons. This study should be seen as the foundation for prospective future research, whereby the focus will lie on the BA-metabolism of selected tumour diseases and their specific therapies. vii Inhaltsverzeichnis Danksagungen ....................................................................................................... iii Zusammenfassung ................................................................................................. iv Abstract .................................................................................................................. vi Inhaltsverzeichnis ................................................................................................. viii Glossar und Abkürzungen ...................................................................................... xi Abbildungsverzeichnis .......................................................................................... xiii Tabellenverzeichnis .............................................................................................. xiv 1 Einleitung ...................................................................................................... 16 1.1 Hintergrund ............................................................................................ 16 1.2 Gallensäuren .......................................................................................... 17 1.2.1 Biologische Funktion .......................................................................... 17 1.2.2 GS-Synthese ...................................................................................... 18 1.2.3 Konjugate der GS ............................................................................... 18 1.2.4 Primäre und sekundäre GS ................................................................ 19 1.2.5 Der enterohepatische Kreislauf der GS .............................................. 20 1.2.6 GS-Transport ...................................................................................... 20 1.2.7 Regulation der GS-Synthese .............................................................. 21 1.2.8 Kernrezeptoren ................................................................................... 21 1.2.9 GS-Substitution .................................................................................. 22 1.3 Akute lymphatische Leukämie (ALL) ...................................................... 23 1.3.2 Klinik ................................................................................................... 24 1.3.3 Diagnose ............................................................................................ 24 1.3.4 Klassifikation ...................................................................................... 25 1.3.5 Therapie ............................................................................................. 26 1.4 Morbus Hodgkin ..................................................................................... 28 1.4.1 Ätiologie und Pathogenese ................................................................. 28 viii 1.4.2 Klinik ................................................................................................... 29 1.4.3 Diagnose ............................................................................................ 29 1.4.4 Klassifikation ...................................................................................... 29 1.4.5 Therapie ............................................................................................. 30 1.5 Hirntumore ............................................................................................. 31 1.5.1 Ätiologie und Pathogenese ................................................................. 31 1.5.2 Klinik ................................................................................................... 31 1.5.3 Diagnose ............................................................................................ 32 1.5.4 Klassifikation ...................................................................................... 32 1.5.5 Therapie ............................................................................................. 32 1.6 Knochentumore ...................................................................................... 33 1.6.1 Osteosarkom ...................................................................................... 33 1.6.2 Ewing-Sarkom .................................................................................... 35 2 Material und Methoden.................................................................................. 37 2.1 PatientInnen-Rekrutierung ..................................................................... 37 2.2 Datenerhebung und GS-Messungen...................................................... 37 2.3 Methoden zur Bestimmung von GS im Serum ....................................... 38 2.3.1 Chromatographie ................................................................................ 39 2.3.2 Massenspektrometrie (MS) ................................................................ 40 2.3.3 HPLC-MS/MS ..................................................................................... 41 3 2.4 Normwerte ............................................................................................. 41 2.5 Datenauswertung ................................................................................... 42 2.6 Gruppeneinteilung .................................................................................. 43 Ergebnisse – Resultate ................................................................................. 44 3.1 PatientInnencharakterisierung ............................................................... 44 3.2 Allgemeine Ergebnisse .......................................................................... 46 3.2.1 Serum-GS-Werte: Gruppe I – PatientInnen mit ALL ........................... 46 3.2.2 Serum-GS-Werte: Gruppe II – PatientInnen mit Mb. Hodgkin ............ 51 ix 3.2.3 Serum-GS-Werte: Gruppe III – PatientInnen mit Hirntumoren ........... 56 3.2.4 Serum-GS-Werte: Gruppe IV – PatientInnen mit Knochentumoren .... 58 3.3 Spezielle Ergebnisse.............................................................................. 61 3.3.1 Gruppe IA: ALL unter Therapie .......................................................... 61 3.3.2 Gruppe IV: Knochentumore ................................................................ 70 4 Diskussion ..................................................................................................... 72 5 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 77 Anhang –Projektplan ............................................................................................ 81 x Glossar und Abkürzungen Abb. Abbildung AE andere Erkrankungen ALL akute lymphatische Leukämie bzw. beziehungsweise CDC Chenodeoxycholsäure CL Cholsäure CT Computertomographie CYP7A1 (Cytochrom P450) Cholesterol 7-alpha-Hydroxylase CYP8B1 (Cytochrom P450) Sterol 12-alpha-Hydroxylase CYP27A1 (Cytochrom P450) Sterol 27-Hydroxylase DNT Dysembryoplastischer neuroepithelialer Tumor DC Deoxycholsäure EDTA Ethylendiamintetraacetat FAB-Klassifikation FAB (French-American-British)-Klassifikation FGF19 fibroblast growth factor FXR Farnesoid X Rezeptor GC Glycocholsäure GCDC Glycochenodeoxycholsäure GDC Glycodeoxycholsäure GLC Glycolithocholsäure GS Gallensäuren GS ges. Gesamtgallensäuren GUDC Glycoursodeoxycholsäure HD-MTX high dose Methothrexat HPLC High performance liquid chromatography HT Hirntumore Ko. Kontrolle KT Knochentumore LC Lithocholsäure MbH Morbus Hodgkin MRT Magnetresonanztomographie MS Massenspektrometrie xi MS/MS Tandem-Massenspektrometrie MW Mittelwert n Anzahl NHL Non-Hodgkin-Lymphom Pat. PatientInnen PNET Primitiv neuroektodermaler Tumor PSC Primär sklerosierende Cholangitis SHP short heterodimer partner sog. sogenannt s.o. siehe oben s.u. siehe unten Tab. Tabelle TC Taurocholsäure TCDC Taurochenodeoxycholsäure TDC Taurodeoxycholsäure Th. Therapie TLC Taurolithocholsäure TUDC Tauroursodeoxycholsäure UDC Ursodeoxycholsäure z.B. zum Beispiel ↑ erhöhter Wert ↓ erniedrigter Wert xii Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Biosynthese der GS (2) ................................................................... 19 Abbildung 2: Therapieplan AIEOP-BFM ALL 2009............................................... 27 Abbildung 3: Therapieplan ALL-REZ BFM Register ............................................. 27 xiii Tabellenverzeichnis Tabelle 2-1: unkonjugierte GS .............................................................................. 38 Tabelle 2-2: Taurin-Konjugate .............................................................................. 38 Tabelle 2-3: Glycin-Konjugate .............................................................................. 38 Tabelle 2-4: Normwerte der Gesamt-GS .............................................................. 42 Tabelle 3-1: Gruppeneinteilung ............................................................................ 45 Tabelle 3-2: Gruppe I ALL - Einteilung ................................................................. 45 Tabelle 3-3: Gruppe II MbH - Einteilung ............................................................... 45 Tabelle 3-4: Gruppe I ALL Gesamt-GS, Vergleich der Mittelwerte der Altersgruppen sortiert nach Therapie / Kontrolle .................................................. 46 Tabelle 3-5: Gruppe IA ALL unter Therapie, Gesamt-GS ..................................... 47 Tabelle 3-6: Gruppe IA ALL unter Therapie, unkonjugierte GS ............................ 48 Tabelle 3-7: Gruppe IA ALL unter Therapie, Taurin-konjugierte GS.................... 48 Tabelle 3-8: Gruppe IA ALL unter Therapie, Glycin-konjugierte GS .................... 49 Tabelle 3-9: Gruppe IB ALL unter Kontrolle, Gesamt-GS ..................................... 50 Tabelle 3-10: Gruppe IB ALL unter Kontrolle, unkonjugierte GS .......................... 50 Tabelle 3-11: Gruppe IB ALL unter Kontrolle, Taurin-konjugierte GS................... 50 Tabelle 3-12: Gruppe IB ALL unter Kontrolle, Glycin-konjugierte GS ................... 51 Tabelle 3-13: Gruppe IIA MbH unter Therapie, Gesamt-GS ................................ 51 Tabelle 3-14: Gruppe IIA MbH unter Therapie, unkonjugierte GS ........................ 52 Tabelle 3-15: Gruppe IIA MbH unter Therapie, Taurin-konjugierte GS ................ 52 Tabelle 3-16: Gruppe IIA MbH unter Therapie, Gylcin-konjugierte GS................. 52 Tabelle 3-17: Pat. 3 unter Therapie, Verlaufskontrollen, Gesamt-GS .................. 53 Tabelle 3-18: Pat. 3 unter Therapie, Verlaufskontrollen, unkonjugierte GS .......... 53 Tabelle 3-19: Pat. 3 unter Therapie, Verlaufskontrollen, Taurin-konjugierte GS .. 54 Tabelle 3-20: Pat. 3 unter Therapie, Verlaufskontrollen, Glycin-konjugierte GS... 54 Tabelle 3-21: Gruppe IIB MbH unter Kontrolle, Gesamt-GS ................................ 54 Tabelle 3-22: Gruppe IIB MbH unter Kontrolle, unkonjugierte GS ........................ 55 Tabelle 3-23: Gruppe IIB MbH unter Kontrolle, Taurin-konjugierte GS ................ 55 Tabelle 3-24: Gruppe IIB MbH unter Kontrolle, Glycin-konjugierte GS................. 55 Tabelle 3-25: Gruppe III HT, Auflistung der Gesamt-GS, Alter, Diagnose und Therapie- oder Kontrollstatus ............................................................................... 56 Tabelle 3-26: Patient 6, GS-Profil ......................................................................... 57 xiv Tabelle 3-27: Gruppe KT, Auflistung der Gesamt-GS, Alter, Diagnose und Therapie- oder Kontrollstatus ............................................................................... 58 Tabelle 3-28: Gruppe KT, unkonjugierte GS ........................................................ 59 Tabelle 3-29: Gruppe KT, Taurin-konjugierte GS ................................................. 59 Tabelle 3-30: Gruppe KT, Glycin-konjugierte GS ................................................. 60 xv 1 Einleitung 1.1 Hintergrund Hämatoonkologische Erkrankungen im Kindesalter werden mit radikalen Therapieformen, unter anderem mit verschiedenen Chemotherapien, behandelt. Zytostatika haben zahlreiche Nebenwirkungen und können stark lebertoxisch wirken. Die Hypothese unserer Studie beruht darauf, dass sowohl die Grunderkrankung, als auch die Chemotherapie zur Leberzellschädigung mit Funktionseinschränkung und in Folge dessen zu einer Störung des GSMetabolismus führen könnten. Zu den häufigsten malignen Erkrankungen im Kindesalter zählen unter anderem Leukämien, Hirntumore, Lymphome und Knochentumore (1). Um ihre Progredienz zu stoppen und sämtliche Tumorzellen zu eliminieren, werden nach der Diagnosestellung bereits im frühen Kindesalter radikale Therapieformen angewendet. Dabei unterscheidet sich die individuelle Therapie der einzelnen malignen Erkrankungen grundsätzlich. Wichtige Bestandteile in der Behandlung von Tumorerkrankungen sind unter anderem die Chemotherapie, die Operation und die Strahlentherapie. Die Leber ist Bildungsort der Gallensäuren (GS) und spielt eine zentrale Rolle im enterohepatischen Kreislauf. Auf Grund einer Schädigung der Hepatozyten könnte es zu einer Beeinflussung des enterohepatischen Kreislaufs kommen. Sowohl die GS-Produktion, als auch die Wiederaufnahme der GS über das Intestinum in die Hepatozyten könnten folglich gestört sein. Diese Auswirkungen könnten anhand der gesamt-GS-Konzentration und einer Verschiebung der einzelnen GSFraktionen, welche indirekt im Serum gemessen werden können, erkennbar sein. Vergleichbare Studien wurden bisher nicht durchgeführt, daher gilt unsere Studie als Pilotprojekt. Wir haben unsere gesammelten Daten nach den Krankheitsgruppen akute lymphatischer Leukämie (ALL), Mb. Hodgkin, Hirntumore und Knochentumore eingeteilt. Dabei wollen wir uns vor allem auf PatientInnen mit akuter lymphatischer Leukämie konzentrieren, da die ALL zu den häufigsten 16 malignen Erkrankungen im Kindesalter zählt, und die an ALL Erkrankten somit innerhalb der PatientInnenrekrutierung unserer Studie den größten Anteil darstellten. Da GS medikamentös substituiert werden können und bereits neue Produkte entwickelt werden, könnte diese Studie Aufschluss über eventuelle Indikationen bei hämatoonkologischen PatientInnen mit signifikantem GS-Mangel geben. 1.2 Gallensäuren 1.2.1 Biologische Funktion GS sind wasserlösliche, amphiphile Endprodukte des Cholesterinstoffwechsels, welche wichtige Aufgaben im Rahmen der Verdauung übernehmen. Die Fettverdauung und die Resorption der fettlöslichen Vitamine (A, D, E, K1) zählen zu ihren bekanntesten Rollen (2). Die amphiphilen Moleküle können Mizellen bilden und auf diesem Weg Lipide transportieren. Sie wirken auch als Signalmoleküle und beeinflussen weitaus mehrere metabolische Prozesse, als lange angenommen. GS sind das Abbauprodukt des Cholesterols und regulieren daher nicht nur ihren eigenen Stoffwechsel, sondern im Wesentlichen auch den Fettstoffwechsel. Sie wirken auf die Ausscheidung von Cholesterol, regulieren über einen negativen Feedback-Mechanismus die GS-Produktion und darüber hinaus die Cholesterolbiosynthese. Sie stimulieren die Gallesekretion und die Sekretion der biliären Phospholipide. Außerdem scheinen GS zum Beispiel daran beteiligt zu sein, Motilin freizusetzten und polyvalente Metalle in Lösung zu bringen und haben bakteriostatische Eigenschaften. GS sind essentiell für die Erhaltung der normalen Darmfunktion, des normalen Galleflusses und der Homöostase des Cholesterolstoffwechsels, indem sie als wichtiger Ausscheidungsmodus für Cholesterol fungieren (2, 3). 17 1.2.2 GS-Synthese Ausgangsstoff der GS-Biosynthese ist Cholesterol. GS werden in der Leber auf zwei verschieden Arten gebildet: es werden der „klassische“ und der „alternative“ Weg unterschieden (4). Abgesehen davon gibt es noch weitere Synthesewege, welche für den Menschen allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen und von geringer Relevanz sind. Der „klassische“ Bildungsweg läuft über die Regulation der Cholesterol 7α-Hydroxylase (CYP7A1) in der Leber ab. Zu Beginn wird Cholesterol zu 7α-Hydroxylcholesterol transformiert, worauf eine Kaskade komplexer enzymatischer Reaktionen folgt. Beim „alternativen“ Weg wird Cholesterol über die Enzyme Sterol 27-Hydroxylase (CYP27A1) und Oxysterol 7αHydroxylase (CYP7B1) oxidiert. Die beiden Enzyme kommen in verschiedenen peripheren Geweben vor, jedoch müssen die Zwischenprodukte zur Leber transportiert werden, da nur dort die GS-Synthese abgeschlossen werden kann. Der klassische Syntheseweg ist vermutlich derjenige, der unter physiologischen Bedingungen den Hauptanteil der Gallensäuresynthese ausmacht. Der alternative Weg hingegen scheint bei PatientInnen mit Lebererkrankungen vorherrschend zu sein (5). Auf diese Weise werden die sogenannten primären GS, Cholsäure (CA) und Chenodeoxycholsäure (CDCA), gebildet. Anschließend werden sie mit den Aminosäuren Glycin oder Taurin konjugiert, um ihre Wasserlöslichkeit zu erhöhen. In dieser Form können sie in der Gallenblase gespeichert werden (4, 5). 1.2.3 Konjugate der GS GS können, je nachdem ob sie mit Aminosäuren gekoppelt werden, in konjugierter und nicht konjugierter Form vorkommen. Im Anschluss an ihre Synthese aus Cholesterol werden die GS in den Hepatozyten über die „amino acid Nacetyltransferase“ (BAAT) konjugiert. Im menschlichen Organismus werden die meisten GS mit Glycin und nur ein kleiner Anteil mit Taurin konjugiert. Durch diesen Prozess entstehen stärkere Säuren, die impermeabel gegenüber Zellmembranen sind. In dieser Form ist es möglich, dass höhere Konzentrationen von GS in der Galle und im Intestinum persistieren (2, 4). 18 1.2.4 Primäre und sekundäre GS Auf Grund ihrer unterschiedlichen chemischen Struktur und Syntheseart werden GS in primäre und sekundäre eingeteilt. Die „primären GS“ CDCA und CA werden über einen komplexen multienzymatischen Prozess in den Hepatozyten synthetisiert (s.o.). Während ihrer enterohepatischen Zirkulation wird ein Teil der GS durch Bakterien der Darmflora im distalen Darmtrakt modifiziert. Durch bakterielle Enzyme werden sie dekonjugiert und dehydroxyliert, wobei CA zu Deoxycholsäure (DCA) und CDCA zu Lithocholsäure (LA) werden. DCA und LCA werden als „sekundäre GS“ bezeichnet, da sie aus primären GS gebildet werden. Im Gegensatz zu den primären GS werden sie nicht so effizient absorbiert, sondern großteils fäkal ausgeschieden. Daher beträgt ihr Anteil an der biliären Gesamt-GS-Konzentration im erwachsenen Menschen maximal 5% (2). Abbildung 1: Biosynthese der GS (2) 19 1.2.5 Der enterohepatische Kreislauf der GS Der enterohepatische Kreislauf beschreibt die wiederholte Zirkulation bestimmter Substanzen zwischen Leber, Darm und Gallenblase. Auf diese Weise können körpereigene Stoffe, wie z.B. die GS oder Arzneistoffe und Gifte, aufgearbeitet und recycelt werden. Die Sekretion und Absorption der GS als Hauptbestandteil der Galle dient der Aufrechterhaltung des konstanten GS-Pools von 2-3g (2). Sie werden im Rahmen des enterohepatischen Kreislaufs sehr effizient aus dem Intestinum reabsorbiert, von der Leber aufgenommen und in die Galle sezerniert (6). Nach Mahlzeiten wird Galle, deren Hauptbestandteil die GS ausmachen, aus der Gallenblase in das Duodenum entleert. Dort unterstützen und erleichtern die GS die Fettverdauung und Absorption fettlöslicher Vitamine. Nachdem die GS ihre Aufgaben im Verdauungstrakt erfüllt haben, werden sie kontinuierlich aus dem terminalen Ileum aktiv mittels speziellen Transportern in die Enterozyten absorbiert. Sie werden aktiv in die Blutbahn abgegeben und über die Pfortader wieder der Leber zugeführt. Insgesamt wird der Großteil der GS (95%) aus dem Darmtrakt reabsorbiert und wiederverwendet. Die 5% der GS, die über den Darm ausgeschieden werden, enterohepatischen müssen Kreislauf wird neu somit synthetisiert nicht nur werden. der Über den GS-Stoffwechsel aufrechterhalten, sondern auch die Cholesterin-Homöostase reguliert (3). 1.2.6 GS-Transport Für die kontinuierliche Zirkulation der GS werden verschiedene Transport-Proteine benötigt. Die sogenannten „GS-Transporter“ spielen eine unerlässliche Rolle im enterohepatischen Kreislauf und ermöglichen die Aufrechterhaltung der GSHomöostase. Die Expression ihrer Gene wird über Kernrezeptoren (s.u.) gesteuert und hängt von der intrazellulären GS-Konzentration und Verteilung ab. Durch diesen Regulationsmechanismus wird das Auftreten potentiell toxischer Dosen bestimmter GS verhindert (7). 20 Da nur ein geringer Anteil der im Intestinum zirkulierenden GS auf passive Weise aufgenommen wird, müssen sie hauptsächlich über aktive Transporter in die Enterozyten gepumpt werden. Anschließend werden sie in das Pfortaderblut abgegeben und gelangen auf diesem Weg zurück zur Leber. Die Aufnahme erfolgt sehr effizient mittels hepatozellulärer Transporter. Wieder andere Transportsysteme sorgen für den kanalikulären Export der GS in die Galle (6, 7). 1.2.7 Regulation der GS-Synthese GS regulieren ihre eigene Synthese über einen negativen Feedbackmechanismus. Dies erfolgt insbesondere durch die Hemmung der Aktivität und Expression von CYP7A1. Dafür ist hauptsächlich der Kernrezeptor Farnesoid X Rezeptor (FXR) verantwortlich (4, 8). 1.2.8 Kernrezeptoren Kernrezeptoren steuern mehrere wichtige Funktionen der Leber, vor allem den enterohepatischen Kreislauf und die GS-Homöostase. FXR gilt als der wichtigste Rezeptor für GS (9). Über diesen Rezeptor regulieren GS ihre eigene Synthese nach dem Prinzip eines negativen Feedbackmechanismus. Es ist wichtig, die intrazellulären GS-Konzentrationen streng zu regulieren, da zu hohe Dosen toxisch wirken metabolischen können. Insgesamt Homöostase vor schützt die Lebererkrankungen, Aufrechterhaltung der Entzündungen und entsprechenden metabolischen Erkrankungen (10). FXR beeinflusst die GSSynthese und GS-Transportsysteme auf transkriptioneller Ebene. Ein intrazellulärer GS-Überschuss führt über die Aktivierung des Kernrezeptors zur Inhibition der Transporter für die GS-Absorption im Enterozyten und fördert die Expression von GS-Effluxtransportern in der Leber. Außerdem wird über FXR auch die GS-Biosynthese vermindert, indem die dafür verantwortlichen Enzyme CYP7A1, CYP8B1 und CYP27A1 in den Hepatozyten inhibiert werden. Dieser Effekt beruht auf einer komplexen Signalkaskade, in welcher FXR-mediierte Moleküle wie zum Beispiel SHP (short heterodimer 21 partner) und FGF19 (fibroblast growth factor 19) eine zentrale Rolle spielen. FXR kann folglich sowohl auf direkte, als auch auf indirekte Weise die Genexpression, deren Produkte verantwortlich für den GS-Haushalt sind, beeinflussen (5, 6, 9). 1.2.9 GS-Substitution GS werden bereits heute bei einigen Erkrankungen als orales Medikament verabreicht. Am häufigsten wird Ursodeoxycholsäure (Ursofalk ®) appliziert, wobei die Indikationen meistens cholestatische Erkrankungen (z.B. Primär sklerosierende Cholangitis; PSC) sind (11). Die Idee von GS-Gaben ist, dass sich der GS-Pool ändert und dass es zu einer Verschiebung des Pools hin zu hydrophilen GS kommt, welche den Gallenfluss steigern und als stärkere FXRAgonisten gelten (12). Somit wird die „Hormonfunktion“ der GS gestärkt. Ein anderes Beispiel ist Chenodeoxycholsäure, welches bei angeborenen Enzymdefekten des Gallensäurestoffwechsels appliziert werden müssen, damit sich keine toxischen Vorstufen des GS-Stoffwechsels anhäufen und neurologische Folgen ausbleiben (13). In naher Zukunft werden neue GS-Produkte bzw. sog. „FXR-Agonisten“ auf den Markt kommen. Die Indikationen sind ähnlich wie bei Ursodeoxycholsäure, jedoch kann man von viel potenteren und somit wirksameren Medikamenten ausgehen. Nor-Ursodeoxycholsäure führt zu morphologischen Normalisierungen der LeberHistologie bei PSC im Mausmodell und erste humane, klinische Studien bei PSCPatientInnen sind vielversprechend (14). FXR findet man in verschiedenen Organen (z.B. Beta-Zellen des Pankreas etc.) im Körper, wobei die Funktion von FXR in diesen Organen oftmals noch unklar ist. Durch die neuen FXR-Agonisten könnten sich diese Funktionen aufklären und eventuell werden sich neue Indikationen von GS-Produkten ergeben. 22 1.3 Akute lymphatische Leukämie (ALL) Leukämien zählen zu den häufigsten malignen Erkrankungen im Kindesalter. In 80% handelt es sich dabei um eine akute lymphatische Leukämie. Eine akute myeloische Leukämie liegt in 18% vor und in nur 2% eine chronische myeloische Leukämie. Für Leukämien ist die Proliferation unreifer hämatopoetischer Zellen charakteristisch, welche die normale Blutbildung im Knochenmark verdrängen. Sie können auch extramedulläre Organe infiltrieren (1). Grundsätzlich kann die ALL in jedem Lebensalter auftreten, jedoch sind Kinder am häufigsten davon betroffen. Ein Altersgipfel liegt im Kleinkindesalter zwischen 2 und 5 Jahren. Jungen erkranken etwas häufiger daran als Mädchen (15). Auf Grund neuer Behandlungskonzepte mittels exakter Risikostratifizierung und individualisierten Chemotherapien liegt die Heilungsrate trotz gesenkter Toxizität bei fast 90% (15–17). 1.3.1.1 Ätiologie und Pathogenese Die Ätiologie der Leukämien ist weitgehend unbekannt. Für die Entstehung der Krankheit sind genetische Faktoren sowie äußere Einflüsse von Bedeutung. Diverse Karzinogene wie zum Beispiel radioaktive Strahlung, Röntgenstrahlung, bestimmte Medikamente und Viren können beim Entartungsprozess eine Rolle spielen. Bekannt ist, dass Kinder mit Immundefekterkrankungen und Chromosomenanomalien (z.B. Fanconi-Anämie, Down-Syndrom) ein deutlich erhöhtes Risiko haben, eine ALL zu entwickeln (1, 15, 18, 19). Die ALL ist die häufigste Leukämieform. Sie geht von unreifen lymphatischen Zellen aus. Bei dieser malignen hämatologischen Erkrankung kommt es zu einer neoplastischen Entartung von Vorläuferzellen der Lymphozyten im Knochenmark. In Folge der Überproduktion an unreifen Blutzellen, wird die normale Hämatopoese progressiv verdrängt und die Leukämiezellen werden ins Blut ausgeschwemmt. Blutzellreihen Die betreffen. zunehmende Knochenmarkinsuffizienz Dementsprechend können kann Anämie, alle erhöhte Blutungsneigung (Thrombopenie) und Immunschwäche (Leukopenie) auftreten. 23 Die Leukämiezellen breiten sich vom Knochenmark ins Blut und lymphatische Gewebe aus und können auch sämtliche andere Organe befallen. Besonders gefürchtet ist die Infiltration des Zentralnervensystems (1). 1.3.2 Klinik Die Symptome einer ALL entwickeln sich meist innerhalb weniger Wochen. Zu Beginn treten allgemeine Krankheitszeichen wie Müdigkeit, Schlappheit und Appetitlosigkeit auf. Durch zunehmende Ausbreitung der Leukämiezellen und die dadurch bedingte Beeinträchtigung der normalen Blutbildung, kommt es häufig zu Blässe, Infektionen mit Fieber sowie Haut- und Schleimhautblutungen. Je nachdem wo sich die malignen Zellen sammeln, kann es zu Organschwellungen mit entsprechenden Beschwerden kommen. Häufig finden sich eine generalisierte Lymphadenopathie und Hepatosplenomegalie. Auch Knochenschmerzen auf Grund der übermäßigen Proliferation im Knochenmark werden manchmal angegeben. Die Schmerzen können so stark werden, dass insbesondere Kleinkinder nicht mehr laufen wollen (1, 20). 1.3.3 Diagnose Besteht der Verdacht auf eine Leukämie, muss neben der klinischen Begutachtung eine umfassende Blutuntersuchung vorgenommen werden. Zur Sicherung der Diagnose, sind ein Blutbild und eine Knochenmarkuntersuchung notwendig. Um abzuklären, wie weit sich die Erkrankung ausgebreitet hat, müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Für die Behandlungsplanung ist es essentiell zu wissen, ob außerhalb des Knochenmarks weitere Organe befallen sind (1, 20). 24 1.3.4 Klassifikation Die ALL wird in verschiedene Formen eingeteilt. Es gibt so genannte B-ALLFormen und T-ALL-Formen, je nachdem welche Gruppe der Lymphozyten betroffen ist und auf welcher Stufe der Zellentwicklung die Entartung erfolgt (1). Die Einteilung basierend auf der Morphologie der Knochenmarkzytologie erfolgt nach der FAB-Klassifikation. FAB (French-American-British)-Klassifikation: FAB-L1: kleinzellige Lymphoblastenleukämie FAB-L2: polymorphzellige Lymphoblastenleukämie FAB-L3: Burkitt-Typ: leukämische Form des Burkitt-Lymphoms Zusätzlich lassen sich die verschiedenen Formen der ALL nach immunologischen, zytogenetischen und molekularbiologischen Aspekten unterteilen. Die immunologische Unterteilung nach den Antigenmustern der Lymphoblasten ist davon am wichtigsten (19). Es lassen sich folgende Hauptformen der ALL unterscheiden (1, 16, 20): B-Vorläufer-Zell ALL (84% aller ALL) o Prä-prä-B-ALL (heute meist als Pro-B-ALL bezeichnet) o Common ALL o Prä-B-ALL (reife) B-ALL T-ALL o Pro- und Prä-T-ALL o Intermediäre (kortikale) T-ALL o Reife T-ALL AUL (unklassifizierbar) ALL mit Koexpression myeloischer Marker 25 1.3.5 Therapie Ziel der Behandlung der ALL ist es, die Leukämiezellen im Körper möglichst vollständig zu eliminieren. Die wichtigsten Therapiemöglichkeiten dafür ist die Chemotherapie. Liegt ein ZNS-Befall vor, erfolgt zusätzlich eine Bestrahlung. In manchen Fällen wird anschließend an die Hochdosis-Chemotherapie eine Stammzelltransplantation nötig. Prognose, Dauer und Intensität der Therapie hängen im Wesentlichen von der ALL-Unterform, deren Ausbreitungsgrad und dem Therapieansprechen ab. Der Behandlungsablauf umfasst vier große Therapieabschnitte (15, 20): 1. Die Induktionstherapie 2. Die Konsolidierungs- und Intensivierungstherapie 3. Die Reinduktionstherapie 4. Die Erhaltungs- oder Dauertherapie In vielen Ländern, wie zum Beispiel in Österreich und Deutschland, erfolgt die Behandlung der Kinder im Rahmen von internationalen Therapieoptimierungsstudien. Aktuell wird an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz nach dem aktuellsten Protokoll der Berlin-FrankfurtMünster Studiengruppe in Kooperation mit einem korrespondierenden italienischen Konsortium vorgegangen (Studie AIEOP-BFM ALL 2009, siehe Abbildung 2) (21). PatientInnen mit reifer B-ALL werden nach einem eigenen Schema behandelt (22). Für PatientInnen mit einem ALL-Rezidiv gelten wiederum eigene Therapierichtlinien, die im ALL-REZ BFM Register zusammengefasst werden (Abbildung 3). 26 Abbildung 2: Therapieplan AIEOP-BFM ALL 2009 Abbildung 3: Therapieplan ALL-REZ BFM Register 27 1.4 Morbus Hodgkin Morbus Hodgkin, auch Hodgkin-Lymphom oder Lymphogranulomatose genannt, ist eine maligne Erkrankung des lymphatischen Systems. Die malignen Lymphome bilden nach den Leukämien und den ZNS-Tumoren insgesamt die dritthäufigste Tumorerkrankung im Kindes- und Jugendalter. Sie werden in die Gruppe der Hodgkin-Lymphome und der Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) gegliedert (23). Das Hodgkin-Lymphom macht etwa 10% der bösartigen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen aus. Säuglinge und Kleinkinder bis 3 Jahre sind selten davon betroffen, doch die Inzidenz steigt mit zunehmendem Alter an. Es gibt zwei Häufigkeitsgipfel im Erwachsenenalter (15.-30. und 40.-55. Lebensjahr). Unter den Kindern erkranken Jungen etwas häufiger als Mädchen. PatientInnen mit Mb. Hodgkin haben besonders im Kindesalter sehr gute Heilungschancen mit einer 5Jahres-Überlebensrate von 98% (1). 1.4.1 Ätiologie und Pathogenese Die Ursachen für die Entstehung eines Hodgkin-Lymphoms sind bisher nicht geklärt. Als Krankheitsauslöser werden verschiedene Faktoren diskutiert. Genetische Ursachen scheinen eine Rolle zu spielen. Kinder mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten haben ein erhöhtes Risiko. Eine Assoziation mit onkogenen Viren, insbesondere EBV und HIV wird vermutet. Das Risiko nach einer vorausgegangenen infektiösen Mononukleose ist erhöht (24–26). Das Zusammenwirken verschiedener Faktoren führt zur Entartung bestimmter Zellen des lymphatischen Systems, den B-Lymphozyten. Prinzipiell kann ein HodgkinLymphom überall dort im Körper entstehen, wo lymphatisches Gewebe vorhanden ist. Lymphknoten sind am häufigsten betroffen. Vor allem im fortgeschrittenen Stadium können auch andere Organe wie zum Beispiel Milz, Leber, Lunge und Knochenmark infiltriert sein (11). 28 1.4.2 Klinik Die Erkrankung beginnt schleichend und die Symptomatik entwickelt sich langsamer als bei den NHL. Das häufigste Erstsymptom ist die schmerzlose Schwellung eines oder mehrerer zervikaler Lymphknoten. Manchmal treten begleitend unspezifische Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Fieber und Appetitlosigkeit auf. Fieber >38°, Nachtschweiß und Gewichtsverlust >10% in 6 Monaten werden als B-Symptomatik bezeichnet. Das klinische Bild kann sehr unterschiedlich sein und hängt im Wesentlichen von der Lokalisation der Lymphome ab. Ein mediastinaler Befall kann zum Beispiel zu Husten und einer oberen Einflussstauung führen (1, 23). 1.4.3 Diagnose Besteht der Verdacht auf Mb. Hodgkin, müssen umfangreiche Untersuchungen durchgeführt werden. Die Diagnosesicherung erfolgt durch die histologische Untersuchung einer Lymphknotenbiopsie mit dem Nachweis charakteristischer Hodgkin- und Reed-Sternberg-Zellen. Für das Staging zur Beurteilung der Ausbreitung des Lymphoms sind verschiedene bildgebende Verfahren, sowie eine Knochenmark- und Liquoruntersuchung indiziert (1, 23). 1.4.4 Klassifikation Die aktuelle Einteilung der WHO unterscheidet histologisch folgende Typen (23, 27): Klassisches Hodgkin-Lymphom mit 4 Subtypen o nodulär-sklerosierender Typ o Lymphozytenreicher Typ o Mischtyp o Lymphozytenarmer Typ Lymphozyten-prädominantes Hodgkin-Lymphom 29 Die klassischen Hodgkin-Lymphome kommen mit 95% am häufigsten vor. Davon ist der nodulär-sklerosierende Typ mit Abstand die häufigste Unterform. Die Stadieneinteilung erfolgt nach der Ann-Arbor-Klassifikation (23, 28). 1.4.5 Therapie Mb. Hodgkin zeigt unter standardisierten Behandlungsformen die beste Prognose aller kindlichen Malignome. Über 95% der PatientInnen können durch Kombinationschemotherapien von der Krankheit geheilt werden. Ziel der Therapie ist die komplette Remission. Zur Behandlung können je nach Krankheitsstadium Chemotherapie, Strahlentherapie und in seltenen Fällen eine HochdosisChemotherapie mit anschließender Stammzelltransplantation angewendet werden. Die jeweilige Dauer und Art der Anwendung hängen davon ab, wie weit das Lymphom fortgeschritten ist und nach welchem Therapieplan vorgegangen wird. Wichtigster Bestandteil der Behandlung ist die Polychemotherapie. Falls diese nicht zur vollständigen Vernichtung der Lymphomzellen im Körper führt, wird im Anschluss eine niedrig dosierte Bestrahlung der betroffenen Region durchgeführt. Als Folge der Radiatio und der Chemotherapie können allerdings auch Spätfolgen, wie zum Beispiel Weichteilatrophien, Störungen der Skelettentwicklung, Infertilität und Zweitmalignome auftreten. Beim klassischen Hodgkin-Lymphom erfolgt die Chemotherapie laut Vorgaben der Therapieoptimierungsstudie EuroNet-PHL-C1 (1, 23). 30 1.5 Hirntumore Hirntumore sind eine heterogene Gruppe von Tumoren des ZNS, die sowohl benigne als auch maligne sein können. Mit einem Anteil von ca. 20% sind sie die zweithäufigste Tumorerkrankung im Kindesalter und machen die größte Gruppe solider Tumoren aus (1, 29). individuelle Therapiepläne Obwohl die Überlebensrate durch neue und signifikant verbessert werden konnte, stellen Hirntumore nach wie vor die häufigste Todesursache in der pädiatrischen Onkologie dar (30, 31). 1.5.1 Ätiologie und Pathogenese Die Ätiologie der Hirntumore ist unbekannt. Als Karzinogene werden vor allem radioaktive Strahlung und bestimmte Medikamente, zum Beispiel Nitrosamine und Hydrazine, beschrieben. Familiär gehäuftes Auftreten wird beobachtet. Außerdem ist die Inzidenz von Hirntumoren bei diversen hereditären Syndromen, unter anderem Neurofibromatose, tuberöser Sklerose und von-Hippel-Lindau-Syndrom, erhöht (29). Die Entartung kann von unterschiedlichen Zelltypen ausgehen und auch die Lokalisation der ZNS-Tumoren variiert. Im Gegensatz zu Erwachsenen tritt der Großteil kindlicher Hirntumoren infratentoriell und im medianen Bereich auf. Die Ausbreitung maligner Hirntumore erfolgt durch Abtropfmetastasen im Liquorraum. Fernmetastasen kommen selten vor (31). 1.5.2 Klinik Die Klinik hängt wesentlich von der Tumorlokalisation ab. Typische primäre Symptome bei Kindern sind vor allem Hirndruckzeichen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Da diese eher unspezifisch sind, können sie bis zur Diagnosestellung oft lange missinterpretiert werden. Zusätzlich können fokale neurologische Störungen in Form von Halbseitenparesen, Ataxie, Wesensänderung, Hirnnervenlähmungen oder Krampfanfällen auftreten. Dadurch lassen sich Rückschlüsse auf die Tumorlokalisation treffen (29). 31 1.5.3 Diagnose Ausgehend von der Anamneseerhebung erweist sich die Diagnosestellung als schwierig. Daher ist es wichtig, das Auftreten von Hirndrucksymptomatik genau und ohne Zeitverlust abzuklären. Bildgebende Verfahren sind essentiell für die Definition der Tumorlokalisation und des weiteren Vorgehens. Dabei ist die MRT sensitiver als die CT. Bei Säuglingen kann eine Ultraschalluntersuchung aufschlussreich sein. Die definitive Diagnosestellung erfolgt durch die histologische Untersuchung einer Biopsie (1, 29). 1.5.4 Klassifikation Die histologische Klassifikation von Hirntumoren basiert auf dem vorherrschenden Zelltyp in Astrozytome, primitive neuroektodermale Tumoren (PNET) und Kraniopharyngeome. Eine zusätzliche Differenzierung erfolgt mittels Bestimmung der Malignitätsgrade. Dadurch werden die Tumoren in nicht anaplastische (Malignitätsgrad 1-2) und anaplastische Varianten (Malignitätsgrad 3-4) eingeteilt. Astrozytome sind die häufigsten Hirntumore bei Kindern und machen einen Anteil von ca. 50% aus (1, 29). Primitive neuroektodermale Tumoren stellen mit ca. 20% die zweithäufigste Gruppe dar. Sie sind embryonale Tumoren und beinhalten Medulloblastome, Ependymome und Pinealoblastome. Medulloblastome sind im Kleinhirn lokalisiert und machen den Hauptanteil der PNET aus (29). 1.5.5 Therapie Die Therapie erfolgt individuell angepasst und umfasst je nach Tumorart sowie – Lokalisation Operation, Radiotherapie und Chemotherapie. Initial werden operative Maßnahmen mit dem Ziel der möglichst radikalen Tumorentfernung durchgeführt. Bei Kindern unter 5 Jahren sollte von einer Schädelbestrahlung auf Grund der noch nicht abgeschlossenen Hirnreifung und den damit verbundenen Spätfolgen abgesehen werden. Eine Chemotherapie ist zum Beispiel bei PNET indiziert und sollte nur in kontrollierten Studien erfolgen. Die 5-Jahres32 Überlebensrate beträgt durchschnittlich 60%. Die Prognose hängt allerdings von der Histologie, Lokalisation und Operabilität des Tumors ab. Niedriggradige Astrozytome zeigen dabei die besten Heilungschancen (29, 30). 1.6 Knochentumore Zu den häufigsten primär malignen Knochentumoren zählen das Osteosarkom und das Ewing-Sarkom. Generell treten Knochentumore bei Kindern eher selten auf. Der Anteil der Knochentumore an onkologischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen ist ca. 15%. Der Erkrankungsgipfel von Knochentumoren ist im Alter von Jugendlichen und jungen Erwachsenen (32, 33). 1.6.1 Osteosarkom Das Osteosarkom ist der häufigste primär maligne Knochentumor bei Kindern und Jugendlichen. Es handelt sich dabei um eine sehr aggressive neoplastische Erkrankung. Charakteristisch sind die Produktion von Osteoid und der metaphysäre Befall langer Röhrenknochen (1). 1.6.1.1 Ätiologie und Pathogenese Die Ätiologie des Osteosarkoms ist weitgehend unbekannt. Morbus Paget ist eine prädisponierende Erkrankung, sowie multiple Osteochondromatosen. Es zeigen sich eine familiäre Häufung und genetische Alterationen. Strahlenbelastung ist ein beschriebener Risikofaktor. Das Osteosarkom ist der häufigste Zweittumor nach vorausgegangener kindlicher maligner Erkrankung. Dies trifft insbesondere auf das Retinoblastom zu (1, 33). Osteosarkome treten gehäuft im zweiten Lebensjahrzehnt auf, aber ein weiterer Erkrankungsgipfel liegt auch im fortgeschrittenen Erwachsenenalter. Jungen erkrankten etwas häufiger als Mädchen (1). Das Osteosarkom kann primär lokalisiert oder in seltenen Fällen multizentrisch auftreten. Am häufigsten sind das 33 distale Femur, die proximale Tibia und der proximale Humerus betroffen. Bei einem primären Befall des axialen Skeletts, zum Beispiel des Beckens, besteht eine schlechtere Prognose (33). Neben Chemotherapie stellt vor allem die radikale Operation eine vitale Behandlungsgrundlage dar. 1.6.1.2 Klinik Die häufigsten ersten Anzeichen eines Osteosarkoms sind Schmerz und Schwellung der betroffenen Region. Infolge dessen kann es zu einer Bewegungseinschränkung und Traumen in Form von pathologischen Frakturen kommen. Bei vielen PatientInnen besteht die Symptomatik mehrere Monate, bevor eine Diagnose gestellt wird. Das Osteosarkom metastasiert am häufigsten in die Lunge. Charakteristische Beschwerden dafür können Husten und Dyspnoe sein (1, 34). 1.6.1.3 Diagnose Nach Anamnese und körperlicher Begutachtung müssen anhaltende unklare Knochenschmerzen radiologisch abgeklärt werden. Im Nativröntgen können Knochendestruktionen und Spikulae erkennbar sein. Zur genaueren Beurteilung müssen ergänzend eine CT-, MRT-Untersuchung und eine Knochenszintigraphie durchgeführt werden. Damit können die genaue Lokalisation, Ausmaß der Knochen- sowie Weichteilbeteiligung und eventuelle Metastasierung des Tumors festgestellt werden. Zur Diagnosesicherung ist eine Biopsie essentiell (1, 33, 34). 1.6.1.4 Klassifikation Das Osteosarkom ist ein pleomorpher Tumor, dessen maligne mesenchymale Tumorzellen extrazelluläres Osteoid bilden. Histomorphologisch werden in der WHO-Klassifikation osteoblastische, chondroblastische und fibroblastische Osteosarkome unterschieden. Außerdem gibt es Sonderformen, wie das teleangiektatische und das kleinzellige Osteosarkom (33). 34 1.6.1.5 Therapie Die Therapie wird im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien durchgeführt und ist eine Kombination aus systemischer Chemotherapie und Operation. Zunächst erfolgt eine neoadjuvante Chemotherapie. Anschließend muss der Tumor im Rahmen der Operation radikal entfernt und die Chemotherapie postoperativ fortgesetzt werden. Die wichtigsten Zytostatika sind hochdosiertes Methotrexat, Cisplatin und Doxorubicin. Damit sollen Mikrometastasen, die die meisten PatientInnenbereits zum Diagnosezeitpunkt aufweisen, eliminiert und das Outcome verbessert werden (33, 35). Insgesamt hängt die Prognose der PatientInnen mit Osteosarkomen von mehreren Faktoren, wie der Tumorgröße, lokalisation, Alter und dem Ansprechen auf die Chemotherapie ab. Durch die Erweiterung der Behandlung mit systemischer Chemotherapie konnte die 5Jahres-Überlebensrate bei gutem Ansprechen auf über 70% gesteigert werden (35, 36). 1.6.2 Ewing-Sarkom Das Ewing-Sarkom ist der zweithäufigste Knochentumor bei Kindern und Jugendlichen. Er ist ein hochmaligner kleinzelliger Tumor, der wahrscheinlich aus neuroektodermalen Zellen im Knochenmarkraum entsteht. Er befällt vor allem die Diaphysen der Röhrenknochen und platte Knochen, wie Becken, Skapula und Rippen. Abgesehen davon kann er auch im Weichgewebe vorkommen (34, 35). 1.6.2.1 Ätiologie und Pathogenese Die Ätiologie ist weitgehend unbekannt. Ähnlich wie beim Osteosarkom spielen genetische Faktoren bei der Entstehung des Ewing-Sarkoms eine Rolle. Es gibt charakteristische genetische Veränderungen, die bereits in den Tumorzellen nachgewiesen werden konnten. Das Ewing-Sarkom tritt am häufigsten bei Jugendlichen auf. Über 80% kommen bei unter 20-jährigen vor. Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen. Charakteristisch für das Ewing-Sarkom sind das histologische klein-, rund-, blauzellige Erscheinungsbild und die frühe Metastasierung in Lunge und Knochen (1, 35). 35 1.6.2.2 Klinik Das rasche Tumorwachstum verursacht Schmerzen, die typischerweise auch nachts ohne Belastung auftreten können. Oft kommt es auch zu einer diffusen Schwellung im Bereich der betroffenen Region mit einer Bewegungseinschränkung. Es können außerdem unspezifische Symptome wie Fieber, Nachtschweiß, Juckreiz und Gewichtsabnahme auftreten. Oft wird dies fehlgedeutet. Die wichtigste Differenzialdiagnose ist die Osteomyelits (1, 34). 1.6.2.3 Diagnose Mittels Nativröntgen, CT und MRT sind Größe und Ausdehnung des Tumors zu beurteilen. Typische röntgenologische Veränderungen, die das aggressive Tumorwachstum widerspiegeln, sind zum Beispiel zwiebelschalenartige Periostreaktion und mottenfraßartige Knochendestruktionen bei osteolytischer Läsion. Die definitive Diagnosestellung erfolgt durch die histologische Untersuchung einer Biopsie mit Identifikation einer Translokation des EwingSarkom-Gens EWS (am häufigsten beispielsweise EWS-FLI1). Anschließend sind Staginguntersuchungen wie CT und Knochenszintigraphie wichtig, um eine eventuelle Metastasierung festzustellen (1, 34). 1.6.2.4 Therapie Die multimodale Therapie wird in Therapiestudien durchgeführt. Sie umfasst eine Kombination aus Polychemotherapie, Operation und Bestrahlung. Im Anschluss an die neoadjuvante systemische Chemotherapie, die die Tumormasse vermindern soll, erfolgt die radikale Operation. Dabei ist die Totalresektion des Tumorgewebes anzustreben. Danach wird die Chemotherapie fortgesetzt. Im Gegensatz zum Osteosarkom ist das Ewing-Sarkom strahlensensibel. Daher kann alternativ oder im Fall eines inoperablen Tumors bestrahlt werden (1, 35, 37). Die 5-Jahres-Überlebnsrate lokalisierter Ewing-Sarkome liegt mittlerweile bei über 70%. Die Prognose ist allerdings abhängig von Tumorgröße, - lokalisation und Therapieansprechen. PatientInnen, die bereits zum Diagnosezeitpunkt Metastasen aufweisen, haben eine deutlich schlechtere Prognose (35). 36 2 Material und Methoden 2.1 PatientInnen-Rekrutierung An der Klinischen Abteilung für pädiatrische Hämatoonkologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit hämatoonkologischer Erkrankung therapiert und in regelmäßigen Abständen nachkontrolliert. Im Rahmen der Untersuchungen werden routinemäßig Blutbildmessungen durchgeführt. Routinemäßig wurden bei ambulanten und stationären PatientInnen aus dem restlichen EDTA-Blut serologische GS-Parameter bestimmt. Dafür wurde das Restblut von MitarbeiterInnen des Klinischen Institutes für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Medizinischen Universität Graz zentrifugiert und anschließend das Plasma eingefroren. Auf diese Weise konnte das GS-Profil der Blutproben zu einem späteren Zeitpunkt mittels Massenspektrometrie analysiert werden. Die PatientInnenproben für diese Studie wurden im Zeitraum von Oktober 2012 bis Juli 2013 gesammelt. Eingeschlossen wurden sämtliche PatientInnen im Kindes-, Jugend- und jungem Erwachsenenalter mit hämatoonkologischer Grunderkrankung. Ein gültiger Ethikkommissionsbescheid lag bereits vor. 2.2 Datenerhebung und GS-Messungen Für diese Studie waren in erster Linie Laborbefunde und anamnestische Daten (Hauptdiagnose, aktuelle und vorangegangene Medikation etc.) von Relevanz. Die Datenerhebung erfolgte primär durch Arztbriefe und Therapiepläne und ergänzend mittels der Daten-Verarbeitungssoftware „Medocs“. Insgesamt habe ich 143 Blutproben von 74 PatientInnen analysiert und ausgewertet. Die Messungen der Blutproben erfolgten in Zusammenarbeit mit dem Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik. Aus dem EDTA-Plasma wurden die Gesamt-GS-Konzentrationen und das GS-Profil (konjugierte und nicht konjugierte GS) bestimmt. Es wurden fünf verschiedene GS jeweils in konjugierter und unkonjugierter Form untersucht. Die einzelnen GS sind 37 in den nachfolgenden Tabellen aufgelistet: unkonjugierte GS (Tab. 2-1), TaurinKonjugate (Tab. 2-2) und Glycin-Konjugate (Tab. 2-3). Tabelle 2-1: unkonjugierte GS CL CDC DC LC UDC Cholsäure Chenodeoxycholsäue Deoxycholsäure Lithocholsäure Ursodeoxycholsäure Tabelle 2-2: Taurin-Konjugate TC TCDC TDC TLC TUDC Taurocholsäure Taurochenodeoxycholsäure Taurodeoxycholsäure Taurolithocholsäure Tauroursodeoxycholsäure Tabelle 2-3: Glycin-Konjugate GC GCDC GDC GLC GUDC Glycoucholsäure Glycochenodeoxycholsäure Glycodeoxycholsäure Glycolithocholsäure Glycoursodeoxychollsäure 2.3 Methoden zur Bestimmung von GS im Serum Die Analyse der GS ist auf Grund ihrer Komplexität und ihrer niedrigen Serumkonzentration methodisch sehr anspruchsvoll (38). In der Geschichte der GS-Analytik wurden unterschiedliche Verfahren angewendet und dokumentiert. Vielfach werden zum Beispiel die Flüssigkeits- und Gaschromatographie mit oder ohne Massenspektrometrie beschrieben (39). Mit Hilfe gekoppelter Trenn- und Detektionsverfahren können sowohl die GesamtGS-Konzentration als auch die Einzelkomponenten des GS-Spektrums, das sogenannte „GS-Profil“, gemessen werden. Zur Bestimmung der Einzelkomponenten werden GS mit identer Masse (Molekulargewicht) erst chromatographisch aufgetrennt, bevor sie detektiert werden. 38 Die Methode, mit welcher wir unsere Daten erhoben haben, ist eine Koppelung zweier Verfahren – der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) und der Massenspektrometrie. Mittels Flüssigkeitschromatographie können Stoffe aufgetrennt und im Anschluss massenspektrometrisch quantifiziert werden. Diese Messmethodik hat sich in der Geschichte der GS-Analytik als „Goldstandard“ etabliert, da auf diese Weise eine besonders hohe Sensitivität und Spezifität erzielt werden kann (40–42). 2.3.1 Chromatographie Die Chromatographie ist eine Methode zur Auftrennung eines Stoffgemisches in seine einzelnen Bestandteile. Die Trenntechnik beruht auf der unterschiedlichen Verteilung der Einzelsubstanzen in zwei Phasen. Dazu wird die Probe in eine mobile Phase, die aus Flüssigkeit oder Gas besteht, aufgenommen und darin über eine stationäre Phase in Form von Feststoff oder Flüssigkeit geleitet. Je nach Intensität der Wechselwirkung zwischen Analyt, mobiler und stationärer Phase werden die einzelnen Substanzen unterschiedlich schnell weitertransportiert und dadurch voneinander getrennt. Sie verlassen die ursprüngliche Probe in einer charakteristischen zeitlichen Sequenz. Auf einem Chromatogramm wird das Detektionssignal dargestellt. Ein sauber getrennter Einzelstoff ergibt darin einen Peak, über welchen die Identifikation erfolgen kann (43). 2.3.1.1 High performance liquid chromatography (HPLC) Die HPLC, auch Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie ist ein spezielles sehr leistungsfähiges Trennverfahren zur Analyse von flüssigen Substanzen. Sie ist basiert auf dem Prinzip der Säulen-Chromatographie. Dabei wird die zu untersuchende Substanz mit einem Laufmittel, der mobilen Phase, in Verbindung gebracht. Anschließend wird das Substanzgemisch durch eine Trennsäule, in der die stationäre Phase enthalten ist, gepresst. Je nachdem, wie stark die Wechselwirkung der einzelnen Bestandteile der Substanz mit der stationären Phase ist, verbleiben sie unterschiedlich lange in der Trennsäule. Am Ende der 39 Trennsäule werden die einzelnen Bestandteile detektiert und von einem Schreiber als Peaks auf einem Chromatogramm dargestellt (44–46). 2.3.2 Massenspektrometrie (MS) Die Massenspektrometrie ist ein Verfahren zur Messung der Masse geladener Atome oder Moleküle. Dabei werden sie entsprechend ihres Masse-zu-Ladungs Verhältnisses aufgetrennt und ausgewertet. Das Grundprinzip dieser Methode ist die Ionisation der zu analysierenden Substanz, woraufhin sie nach Masse und Ladung getrennt werden kann. Anschließend kann sie massenspektrometrisch dargestellt werden. Die MS ermöglicht außerdem Rückschlüsse auf die Struktur von Substanzen, sowie die qualitative und quantitative Zusammensetzung von Gemischen (47). Der Aufbau eines Massenspektrometers besteht im Wesentlichen aus 4 Bauteilen: 1. Probeneinlasssystem 2. Ionenquelle (Ionenerzeugung) 3. Massenanalysator (Ionentrennung) 4. Ionendetektor (Ionennachweis) Die Probe wird über ein Einlasssystem in das Gerät eingebracht und in der Ionenquelle ionisiert. Dafür gibt es verschiedene Methoden, die abhängig von der Substanz und je nachdem wie schonend sie ionisiert werden soll, gewählt wird. Im klassischen MS werden die Moleküle des Analyten mit einem Elektronenstrahl beschossen. Die Ionen werden durch ein elektrisches Feld beschleunigt, aus der Ionenquelle extrahiert und dem Analysator zugeführt. Hier werden die Ionen nach ihrer Masse bzw. ihrem Masse/Ladung-Verhältnis getrennt. Auch dafür stehen mehrere Methoden zur Verfügung, wobei diese sich erheblich in der Auflösung unterscheiden. Die Massenauflösung bezeichnet den minimalen Massenunterschied, den zwei Ionen haben müssen, damit sie noch getrennt dargestellt werden können. Im Detektor werden die zuvor separierten Ionen erfasst und ausgewertet (47, 48). 40 2.3.3 HPLC-MS/MS Die Methode, mit welcher wir unsere Daten erhoben haben, ist eine Koppelung zweier Verfahren – der Flüssigkeitschromatographie (HPLC) und der TandemMassenspektrometrie (MS/MS). Bei der Analyse komplexer Proben, wie zum Beispiel den GS, können die Selektivität und die Sensitivität der Quantifizierungsmethode durch vorangehende Trennverfahren verbessert werden. Mittels Flüssigkeitschromatographie können die Stoffe aufgetrennt und im Anschluss durch die Massenspektrometrie quantifiziert werden. Bei der TandemMassenspektrometrie werden zwei Massenspektrometer hintereinandergeschaltet, wodurch auch konjugierte und unkonjugierte Formen der GS bestimmt werden können. Außerdem wird die Selektivität wiederum stark erhöht (49, 50). 2.4 Normwerte In der Literatur gibt es bisher kaum Normwerte bzw. Referenzbereiche für GS im Serum bei Kindern und Jugendlichen, die mit dem HPLC-MS/MS Verfahren bestimmt worden sind. Meine Studienkollegin B. Stering hat im Rahmen ihrer Diplomarbeit „Bestimmung von Normwerten der Gallensäuren im Serum bei Kindern und Jugendlichen“ an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz Normwerte für GS bestimmt (47). Sie analysierte 194 infektfreie Kinder und Jugendliche ohne Grunderkrankung. Daraus war ersichtlich, dass die Serum-GS-Werte altersabhängig sind. Die GS-Werte steigen nach der Geburt kontinuierlich an und erreichen im Alter zwischen 6 und 24 Monaten die höchsten Werte. Danach sind die GS-Werte rückläufig und ab dem 11. Lebensjahr sind die Serum-GS-Werte keinen Schwankungen mehr ausgesetzt. Basierend auf diesen statistischen Überlegungen wurden Kinder und Jugendliche in 5 Altersgruppen eingeteilt. Diese Ergebnisse (Tab. 2-4) dienten uns als Vergleichsparameter, um definieren zu können, ob die gemessenen Werte mit dem altersentsprechenden Vergleichskollektiv übereinstimmen oder erniedrigt bzw. erhöht sind (51, 52). 41 Tabelle 2-4: Normwerte der Gesamt-GS Alter Normwerte * (μmol/l) 0-5 Monate 3,9 - 6,3 6-24 Monate 6,6 - 9,4 3-5 Jahre 4,3 - 6,4 6-11 Jahre 3,6 - 5,1 > 11 Jahre 3,1 - 4,1 *die angegebenen Werte entsprechen den Werten zwischen der 5. Und 95. Perzentile (51) 2.5 Datenauswertung Die Ergebnisse der HPLC-MS/MS wurden an Hand klinischer Daten in Gruppen eingeteilt und zusammengefasst. Unsere Hauptzielgröße waren die Serumwerte von GS. Sämtliche Werte in den nachfolgenden Tabellen werden in der Einheit μmol/l angegeben. Grunderkrankung Bei der und geschlechterspezifische Auswertung Therapiestatus Verteilung wurde wurden in erster Linie Alter, Auf die berücksichtigt. auf Grund der geringen gruppenspezifischen Fallzahl nicht extra eingegangen. Nach der klinischen Korrelation erfolgte die Auflistung der anonymisierten Daten in Microsoft Excel Tabellen. Zur Datenanalyse wurden sämtliche Gesamt-GS-Werte erst bezogen auf unsere Vergleichsparameter (s.o.) ausgewertet und anschließend gruppenintern und mit den anderen Gruppen verglichen. Im Fall, dass sich mögliche Trends erkennen ließen, oder bei PatientInnen mit besonders erhöhten bzw. erniedrigten GS-Werten, wurde das GS-Profil genauer studiert. 42 2.6 Gruppeneinteilung Insgesamt konnten 74 Kinder und Jugendliche in die Studie eingeschlossen werden. Die Gruppeneinteilung erfolgte nach Aufarbeiten der Krankengeschichten der einzelnen PatientInnen. Demnach ergab sich für eine Gesamtzahl von 74 Kindern und Jugendlichen folgende Gruppenzuteilung: I. II. „ALL“: Gruppe mit ALL n=17 A unter Therapie n=12 B unter Kontrolle n=5 „MbH“: Gruppe mit Mb. Hodgkin n=8 A unter Therapie n=3 B unter Kontrolle n=5 III. „HT“: Gruppe mit Hirntumoren n=16 IV. „KT“: Gruppe mit Knochentumoren n=8 V. „AE“: Gruppe mit anderen malignen Erkrankungen n=25 Die 74 untersuchten PatientInnen wurden in die Gruppen „ALL“ (n=17), „MbH“ (n=8), „HT“ (n=16), „KT“ (n=8) und „AE“ (n=25) eingeteilt. 43 3 Ergebnisse – Resultate 3.1 PatientInnencharakterisierung Es wurden 74 konsekutive PatientInnen der Abteilung für Pädiatrische Hämatologie-Onkologie der Med. Uni. Graz in die Studie eingeschlossen. Je nach Grunderkrankung wurden die PatientInnen entsprechend der Auflistung in 2.6 in 5 Gruppen eingeteilt. Der Fokus der Studie liegt auf der Gruppe ALL (n=17). Die Gruppe der PatientInnen mit anderen malignen Erkrankungen (n=25) weist zwar eine vergleichsweise hohe Fallzahl auf, ist jedoch aus sehr heterogenen Grunderkrankungen zusammengefasst und daher leider nicht wirklich aussagekräftig. Aus diesem Grund werden wir nicht genauer auf diese Gruppe eingehen. Die Geschlechterverteilung war bei der Gruppe „ALL“ mit 10 männlichen und 7 weiblichen PatientInnen recht ausgeglichen (Tab. 3-1). Bei der Gruppe „MbH“ waren 3 männliche und 5 weibliche PatientInnen inkludiert. Bei den übrigen Gruppen „HT“ (10 männliche, 5 weibliche), „KT“ (5 männliche, 2 weibliche) und „AE“ (13 männliche, 8 weibliche) überwogen die männlichen Teilnehmer. Die Altersverteilung liegt zwischen 8 Monaten und 24 Jahren, wobei das Durchschnittsalter bei der ALL-Gruppe 7 Jahre, bei der MbH-Gruppe 16 Jahre, bei der HT-Gruppe 13 Jahre, bei der KT-Gruppe 17 Jahre und bei der Gruppe andere 13 Jahre beträgt. Wir haben aus der Gruppe ALL 2 Subgruppen (Tab. 3-2), „ALL-unter Therapie“ (I A; n=12) und „ALL-unter Kontrolle“ (I B; n=5), gebildet. Auch die Gruppe MbH wurde in 2 Subgruppen (Tab. 3-3), „MbH-unter Therapie“ (II A; n=3) und „MbHunter Kontrolle“ (II B; n=5) gegliedert. Da es altersabhängig unterschiedliche Normwerte der GS gibt, wurden sämtliche Werte mit den altersentsprechenden Kontrollgruppen verglichen und dementsprechend ausgewertet (siehe Tab. 2-4) (51). 44 Tabelle 3-1: Gruppeneinteilung I ALL II MbH III HT IV KT V AE 17 8 16 8 25 10m/7w 3m/5w 11m/5w 6m/2w 14m/11w 1-14 7 11-21 16 4-21 13 13-22 16,5 0,67-24 12 PatientInnendaten Anzahl (n=74) Geschlecht (männlich/weiblich) Alter bzw. Durchschnittsalter (in Jahren; MW) Tabelle 3-2: Gruppe I ALL - Einteilung IA ALL unter Therapie IB ALL unter Kontrolle 12 5 9m/3w 1m/4w 1-14 6 7-13 10 II A MbH unter Therapie II B MbH unter Kontrolle 3 5 Geschlecht (männlich/weiblich) 2m/1w 1m/4w Alter bzw. Durchschnittsalter (in Jahren; MW) 11-16 13 14-21 17 PatientInnendaten Anzahl (n=17) Geschlecht (männlich/weiblich) Alter bzw. Durchschnittsalter (in Jahren; MW) Tabelle 3-3: Gruppe II MbH - Einteilung Patientendaten Anzahl (n=8) 45 3.2 Allgemeine Ergebnisse 3.2.1 Serum-GS-Werte: Gruppe I – PatientInnen mit ALL Die Gruppe ALL umfasst insgesamt 17 PatientInnen. Um die Ergebnisse übersichtlicher darstellen und besser interpretieren zu können, wurden zwei Subgruppen gebildet. In der ersten wurden PatientInnen unter laufender stationärer oder ambulanter Therapie zusammengefasst und in der zweiten PatientInnen in Remission, die regelmäßig und routinemäßig nachkontrolliert werden. Diese Auflistung ermöglicht eine bessere Differenzierung in Bezug auf die leberzellschädigende Chemotherapie und ihre Auswirkungen. In der ersten Tabelle (Tab. 3-4) sind die Durchschnittswerte der Gesamt-GS altersspezifisch aufgelistet. Insgesamt ist weder bei PatientInnen unter Therapie, noch bei denjenigen unter Kontrolle ein einheitlicher Trend erkennbar. PatientInnen unter Therapie weisen insgesamt tendenziell erhöhte GS-Werte auf. Die Gesamt-GS der Therapie-Gruppe sind bei den Altersgruppen 3-5 Jahre, 6-11 Jahre und über 11 Jahren erhöht. Der erniedrigte Wert in der Altersgruppe 6-24 Monate ist dabei nicht wirklich aussagekräftig, da er nur die Daten eines Patienten beinhaltet. Tabelle 3-4: Gruppe I ALL Gesamt-GS, Vergleich der Mittelwerte der Altersgruppen sortiert nach Therapie / Kontrolle, Einheit: μmol/l Altersgruppen IA Therapie 6-24m 3,5↓ 3-5a 10,5↑ (n=1) (n=3*) 6-11a 7,8↑ >11a 7,6↑ (n=6) (n=1) 2,9↓ IB Kontrolle - - 8,9↑ (n=3) (n=2) Normwerte 6,6-9,4 4,3-6,4 3,6-5,1 3,1-4,1 *ein hoher Wert ausgenommen (Pat.12) 46 3.2.1.1 GS-Werte Gruppe IA: ALL unter Therapie Im Rahmen unserer Studie konnten wir die Werte von 12 PatientInnen unter einer ALL-Therapie aufarbeiten (Tab. 3-4 und Tab. 3-5), wobei es bei 8 PatientInnen möglich war, mehrere Werte im Abstand von bis zu 6 Monaten zu sammeln. Auf die einzelnen Verläufe wird unter Punkt 3.3 genauer eingegangen. Bei nachfolgenden Tabellen (Tab. 3-5) wurde bei den gekennzeichneten PatientInnen der jeweilige Mittelwert mehrerer Einzelmessungen (2-10) angegeben. Bei PatientInnen unter laufender Therapie zeigen sich insgesamt erhöhte GesamtGS-Werte im Vergleich zu den ermittelten altersspezifischen Normwerten. Tabelle 3-5: Gruppe IA ALL unter Therapie, Gesamt-GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ther. 1 * 2 * 3 * 4 * 5 * 6 * 7 * 8 * 9 10 11 12 GS gesamt 9,6 ↑ 14,5 ↑ 9,2 ↑ 11,7 ↑ 10,9 ↑ 10,0 ↑ 7,4 ↑ 3,5 ↓ 8,6 ↑ 10,7 ↑ 7,6 ↑ 55,5 ↑ Anmerkung: * mehrere Werte zusammengefasst (Pat.1 – 10 Werte, Pat.2 – 8 Werte, Pat.3 – 8 Werte, Pat.4 – 7 Werte, Pat.5 – 6 Werte, Pat.6 – 6 Werte, Pat.7 – 4 Werte, Pat.8 – 2 Werte) Die Gesamt-GS-Werte sind bei 11 von 12 PatientInnen mäßig erhöht, wobei ein Wert stark erhöht ist. Dabei könnte es sich allerdings um eine Fehlmessung handeln. Nur ein Wert, nämlich der unseres jüngsten Probanden (Pat. 8), ist erniedrigt und fällt somit aus dem Schema. 47 Tabelle 3-6: Gruppe IA ALL unter Therapie, unkonjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ther. 1 * 2 * 3 * 4 * 5 * 6 * 7 * 8 * 9 10 11 12 CL 0,5↑ 1,1↑ 0,7↑ 0,8↑ 0,8↑ 0,1 0,1 0 0,9↑ 0,1 0,1↓ 0,7↑ CDC 1,7↑ 1,1↑ 1,0↑ 0,6↑ 0,8↑ 0,6↑ 0,4↑ 0,5↑ 1,2↑ 0,3 1,4↑ 1,4↑ DC 0,4↑ 0,1 0,6↑ 0 0,5↑ 0,1 0,1↓ 0 0,2 1,8↑ 0,3 0,2 LC 0 0,1↑ 0 0 0 0 0 0 0,1↑ 0,1↑ 0 0,1↑ UDC 0,2↑ 0,4↑ 0,2↑ 0,2↑ 0,2↑ 0,4↑ 0,1 0 0,2↑ 0,7↑ 0,2↑ 0 Um die Gruppe besser charakterisieren und nachfolgend Vergleiche mit der Gruppe von ALL-PatientInnen in Remission anstellen zu können, werteten wir die einzelnen GS aus (Tab. 3-6, 3-7, 3-8). Die primären unkonjungierten GS CL und CDC liegen großteils leicht über dem Normbereich (Tab. 3-6). CDC ist bei 11 von 12 ProbandInnen erhöht. Außerdem zeigt die UDC bei den meisten PatientInnen leicht erhöhte Werte. Hingegen scheint LC eher erniedrigt zu sein. Tabelle 3-7: Gruppe IA ALL unter Therapie, Taurin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ther. TC TCDC TDC TLC TUDC 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 0,4↑ 1,1↑ 0,3↑ 0,7↑ 0,6↑ 0,3↑ 0,5↑ 0,1 0 0,1 0,2↑ 9,5↑ 0,1 0,1 0,1 0 0 0,1↓ 0 0 0,1 1,0 0,1 0,8 1,5↑ 2,5↑ 0,3↑ 1,1↑ 0,6↑ 0,8↑ 0,7↑ 0,7↑ 0,5↑ 0,9↑ 0,6↑ 6,2↑ 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,2↑ 0 0 0 0,1 0 0 0 0 0 0 * * * * * * * * 48 Tabelle 3-8: Gruppe IA ALL unter Therapie, Glycin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ther. 1 * 2 * 3 * 4 * 5 * 6 * 7 * 8 * 9 10 11 12 GC 1,1↑ 2,6↑ 2,0↑ 3,6↑ 3,5↑ 2,8↑ 3,0↑ 0,4↓ 1,5↑ 0,8 1,5↑ 20,9↑ GCDC 2,9↑ 4,2↑ 2,7↑ 4,7↑ 2,9↑ 3,7↑ 2,5↑ 1,7↓ 4,0↑ 1,5 2,6↑ 14,1↑ GDC 0,4 0,2↓ 0,7↑ 0 0,5 0,7↑ 0 0 0 1,6↑ 0,3 1,1↑ GLC 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 GUDC 0,3 0,6↑ 0,6↑ 0,1↓ 0,30 1,0↑ 0,1↓ 0 0 1,8↑ 0,3 0,5↑ Die konjugierten GS bei PatientInnen mit ALL unter Therapie zeigen keinen eindeutigen Trend. Interessanterweise sind einzelne Fraktionen einheitlich erhöht, während andere Fraktionen eher erniedrigt sind. Zum Beispiel ist die TDC bei allen 12 PatientInnen erhöht. Auch die Konjugate der primären GS TC, GC und GCDC sind meist erhöht. Im Gegensatz dazu sind sowohl die TLC als auch die GLC kaum oder nur in geringen Mengen nachweisbar. Außerdem scheint auch die TUDC eher erniedrigt zu sein. Insgesamt können wir zu dem Schluss kommen, dass die primären GS bei ALLPatientInnen unter Therapie leicht erhöht sind. 3.2.1.2 GS-Werte Gruppe IB: ALL unter Kontrolle Die 5 PatientInnen in Remission, die regelmäßig nachkontrolliert werden, zeigen bei den Gesamt-GS - wie in der Gruppe IA (Tab. 3-9) - leicht erhöhte Werte. Die Gesamt-GS-Werte sind bei 4 von 5 PatientInnen erhöht und nur bei einem Patienten erniedrigt. 49 Tabelle 3-9: Gruppe IB ALL unter Kontrolle, Gesamt-GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ko. 1 2 3 4 5 GS gesamt 12,4 ↑ 6,5 ↑ 7,7 ↑ 1,5 ↓ 4,4 ↑ Die Verteilung der unkonjugierten GS ist unspezifisch, wobei fast die Hälfte der Werte im Normbereich liegt und die übrigen nur leicht davon abweichen (Tab 310). Interessant ist, dass bei keiner/m Patientin/en LC nachweisbar war. Tabelle 3-10: Gruppe IB ALL unter Kontrolle, unkonjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ko. CL CDC DC LC UDC 1 2 3 4 5 0,1 0 0,1 0,1 0,4↑ 0,1↓ 0,1↓ 0,3 0,1↓ 0,7↑ 0,1 0,3↑ 0,2 0,2 0,2↓ 0 0 0 0 0 0,1 0 0,1 0,2↑ 0 Überblicksmäßig scheinen die Taurin-Konjugate (Tab. 3-11) eher im niedrigen Bereich, die Glycin-Konjugate (Tab. 3-12) hingegen erhöht zu sein. Auffällig ist, dass wir bei keiner/m Patientin/en TC, TLC und GLC nachweisen konnten, auch TUDC war nur bei einem Patient detektierbar. Tabelle 3-11: Gruppe IB ALL unter Kontrolle, Taurin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ko. TC TCDC TDC TLC TUDC 1 2 3 4 5 0 0 0 0 0 0,1 0,4 0 0 0 2,5↑ 0,5↑ 0,2↑ 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,1 0 Unter den primären GS wird eine Verschiebung hin zu den Glycin-konjugierten beobachtet (Tab. 3-12). 50 Tabelle 3-12: Gruppe IB ALL unter Kontrolle, Glycin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ko. 1 2 3 4 5 GC 1,8↑ 1,6↑ 1,7↑ 0,2↓ 1,0↑ GCDC 5,7↑ 2,4↑ 4,2↑ 0,1↓ 1,2 GDC 0,8↑ 1,1↑ 0,3 0,3 0,6↑ GLC 0 0 0 0 0 GUDC 1,2↑ 0 0,8↑ 0,2↓ 0,4↑ Die hohen Gesamt-GS sind somit in erster Linie durch die erhöhten Werte der Glycin-Konjugate der primären GS (GC und GCDC) bedingt. 3.2.2 Serum-GS-Werte: Gruppe II – PatientInnen mit Mb. Hodgkin In dieser Gruppe wurden die GS-Werte von 8 PatientInnen ausgewertet. Um die Ergebnisse übersichtlicher darstellen und besser interpretieren zu können, haben wir auch hier zwei Subgruppen gebildet, je nachdem ob sich der/die PatientIn zum Zeitpunkt der Blutabnahme unter Chemotherapie befand, oder ob Kontrollen in Remission durchgeführt wurden. 3.2.2.1 GS-Werte Gruppe IIA: MbH unter Therapie Zwei MbH-PatientInnen unter Therapie zeigen sich mit erhöhten Gesamt-GSKonzentrationen, eine Patientin hat erniedrigte Werte (Tab. 3-13). Bei ihr wurden im Laufe der Studie fünfmal die GS mitbestimmt, welche anschließend extra dargestellt werden. Aufgrund der sehr geringen Fallzahl ist keine Aussage zu treffen. Tabelle 3-13: Gruppe IIA MbH unter Therapie, Gesamt-GS, Einheit: μmol/l Pat.-Th. GS gesamt 1 17,3 ↑ 2 13,4 ↑ 3 * 2,1 ↓ *Mittelwert - aus 5 Werten zusammengefasst 51 Tabelle 3-14: Gruppe IIA MbH unter Therapie, unkonjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Th. CL CDC DC LC UDC 1 4,4↑ 6,6↑ 0 0 1,0↑ 2 3 * 3,7↑ 0,5↑ 4,4↑ 0,5↑ 1,5↑ 0,2↓ 0 0 1,3↑ 0,1 Die unkonjugierten GS scheinen insgesamt eher erhöht zu sein (Tab. 3-14). Davon sind die primären GS am deutlichsten erhöht, während die sekundären GS eher erniedrigt sind. Nur UDC zeigt auch leicht erhöhte Werte. Tabelle 3-15: Gruppe IIA MbH unter Therapie, Taurin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Th. 1 2 3 * TC TCDC TDC TLC TUDC 0 0 0 0 0 0,1 0,3↑ 0 0 0 0 0 0 0 0 Tabelle 3-16: Gruppe IIA MbH unter Therapie, Gylcin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Th. 1 2 3 * GC GCDC GDC GLC GUDC 0,7 0,5 0,3↓ 3,3↑ 1,7↑ 0,4↓ 0,3 0,2↓ 0,1↓ 0,1 0 0 0,7↑ 0,2 0 Interessanterweise sind hingegen die Taurin-Konjugate bei allen 3 ProbandInnen stark erniedrigt bzw. nicht nachweisbar. Die Verteilung der Glycin-Konjugate zeigt keinen einheitlichen Trend. Überblicksmäßig fällt auf, dass die unkonjugierten GS insgesamt eher erhöht und die Taurin-Konjugate bei allen 3 PatientInnen erniedrigt sind. 52 3.2.2.2 Patientin 3 – Verlaufskontrollen Von Patientin 3 wurden in einem Zeitrahmen von 8 Wochen regelmäßig Blutabnahmen durchgeführt. Dabei wurden fünfmal die Serum-GS mitbestimmt. Der Verlauf der Werte wird extra dargestellt, da sich ein klarer Trend erkennen lässt. Die Patientin befand sich stationär unter laufender Chemotherapie. Die Therapie erfolgt laut Therapieoptimierungsstudie EuroNet-PHL-C1. Der erste OEPA-Block wurde am 20.03.2013 begonnen. 4 GS-Messungen wurden während dieses Therapieblocks gemessen. Die Messung vom 14.05.2013 erfolgte nach Therapieänderung, es wurde zuvor der erste COPDAC-Block verabreicht. Interessant ist, dass sich bei den ersten vier Blutkontrollen deutlich verminderte Werte zeigen. Nur der 5. Wert fällt aus dem Schema und zeigt etwas erhöhte GSWerte an (Tab. 3-17). Möglicherweise hängt dies mit der Therapieänderung bzw. dem kurzen Therapiestop davor zusammen. Die niedrigen Gesamt-GS stehen im Widerspruch zu den Werten der 2 anderen PatientInnen unter Therapie. Dafür konnten wir keine Erklärung finden, da alle 3 PatientInnen nach demselben Therapieschema behandelt wurden. Es ist durchaus möglich, dass die PatientInnen individuell auf die Therapie reagieren und deshalb unterschiedliche Veränderungen des GS-Haushalts zeigen. Tabelle 3-17: Pat. 3 unter Therapie, Verlaufskontrollen, Gesamt-GS, Einheit: μmol/l Pat. 3 GS gesamt 1. Abnahme: 20.03.2013 2. Abnahme: 22.03.2013 3. Abnahme: 25.03.2013 4. Abnahme: 03.04.2013 5. Abnahme: 14.05.2013 1,2 1,5 0,8 1,0 6,0 ↓ ↓ ↓ ↓ ↑ Tabelle 3-18: Pat. 3 unter Therapie, Verlaufskontrollen, unkonjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat. 3 CL CDC DC LC UDC 1.Abnahme 2.Abnahme 3.Abnahme 4.Abnahme 0,4↑ 0 0 0 0,2↓ 0,1↓ 0 0,2↓ 0 0 0 0,1↓ 0 0 0 0,2↑ 0,1 0,1 0 0 5.Abnahme 1,9↑ 1,9↑ 0,8↑ 0,0 0,3↑ 53 Tabelle 3-19: Pat. 3 unter Therapie, Verlaufskontrollen, Taurin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat. 3 TC TCDC TDC TLC TUDC 1.Abnahme 2.Abnahme 3.Abnahme 4.Abnahme 0 0 0 0 0 0,1 0,1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,1↑ 0 0 5.Abnahme 0 0,1 0,1↑ 0 0 Tabelle 3-20: Pat. 3 unter Therapie, Verlaufskontrollen, Glycin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat. 3 GC GCDC GDC GLC GUDC 1.Abnahme 2.Abnahme 3.Abnahme 4.Abnahme 5.Abnahme 0,2↓ 0,6 0,3↓ 0,1↓ 0,2↓ 0,1↓ 0,3↓ 0,2↓ 0,4↓ 0,7↓ 0,1↓ 0,1↓ 0,1↓ 0 0,1↓ 0 0 0 0 0 0,1↓ 0 0 0,1↓ 0 Bei Patientin 3 zeigen sich sowohl bei den freien, als auch bei den konjugierten GS kontinuierlich sehr niedrige Werte. Auffällig ist, dass die Taurin-Konjugate bei jedem Abnahmedatum kaum oder gar nicht nachweisbar sind. Die Auflistung unterstreicht diesen einheitlichen Trend, der in der Gruppe IIA insgesamt auffällig ist. 3.2.2.3 GS-Werte Gruppe IIB: MbH unter Kontrolle In der Gruppe der MbH-PatientInnen in Remission, die laufend zu Nachkontrollen kommen, lässt sich in Bezug auf die Gesamt-GS kein Trend erkennen (Tab. 3-21). Die Gesamt-GS-Konzentrationen liegen teilweise im Normalbereich oder weichen auf unterschiedliche Weise davon ab. Tabelle 3-21: Gruppe IIB MbH unter Kontrolle, Gesamt-GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ko. GS gesamt 1 3,6 2 5,1 ↑ 3 0,1 ↓ 4 2,2 ↓ 5 3,5 54 Tabelle 3-22: Gruppe IIB MbH unter Kontrolle, unkonjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ko. CL CDC DC LC UDC 1 0 0,1↓ 0,4↑ 0 0,1 2 0,1 0,3 0 0 0,2↑ 3 0 0 0,1↓ 0 0 4 0,1 0,2↓ 0,3↑ 0 0 5 0,3↑ 0,7↑ 0,1↓ 0 0,2↑ Tabelle 3-23: Gruppe IIB MbH unter Kontrolle, Taurin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ko. TC TCDC TDC TLC TUDC 1 2 3 4 5 0 0 0 0 0 0,1 0 0 0 0 0,5↑ 0 0 0 0,3↑ 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,2↑ Tabelle 3-24: Gruppe IIB MbH unter Kontrolle, Glycin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Pat.-Ko. GC GCDC GDC GLC GUDC 1 2 3 4 5 0,3↓ 1,0↑ 0 0,2↓ 0,3↓ 1,2 3,2↑ 0 0,9↓ 0,9↓ 0,7↑ 0,1↓ 0 0,4 0,1↓ 0 0 0 0 0,3↑ 0,3 0,2↓ 0 0,2↓ 0,1↓ Die freien GS zeigen ein buntes Verteilungsmuster. Die Taurin-Konjugate sind, ähnlich wie bei der Gruppe unter Therapie, bei allen 5 PatientInnen kaum bzw. nicht nachweisbar. Unter den Glycin-Konjugaten scheinen die sekundären GS fast einheitlich erniedrigt zu sein. 55 3.2.3 Serum-GS-Werte: Gruppe III – PatientInnen mit Hirntumoren Die HT-Gruppe umfasst 16 PatientInnen mit sehr heterogenen Tumorerkrankungen. Wie aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich ist, haben wir unter anderem ProbandInnen mit Astrozytom, Medulloblastom, Gliom, Kraniopharyngeom und Ependendymom in die Studie miteingeschlossen. Die Daten lassen sich auf Grund der unterschiedlichen Diagnosen, Altersgruppen und vor allem wegen der verschiedenen individuellen Therapieformen nur schwer vergleichen. Trotzdem haben wir versucht, die gesammelten Daten in einer anschaulichen Tabelle darzustellen. Die Verteilung der Gesamt-GS zeigt kein einheitliches Bild (Tab. 3-25). 9 PatientInnen haben erniedrigte Gesamt-GS-Werte und 5 PatientInnen erhöhte Gesamt-GS-Werte, wobei der extrem hohe Wert von Patient 6 heraussticht. Nur 2 Werte fallen in den Bereich der gesunden Vergleichspopulation. Tabelle 3-25: Gruppe III HT, Auflistung der Gesamt-GS, Alter, Diagnose und Therapie- oder Kontrollstatus, Einheit: μmol/l Patient GS gesamt Normwert Alter Diagnose Th. / Ko. 1 5,84 ↑ 3,1-4,1 12 Astrozytom T 2 3 4 5 2,02 3,06 5,07 2,44 ↓ ↓ ↑ ↓ 3,1-4,1 3,1-4,1 3,1-4,1 3,1-4,1 18 12 21 12 Astrozytom Astrozytom Astrozytom Oligoastrozytom K K K K 6 7 51,97 ↑ 3,17 ↓ 3,1-4,1 3,6-5,1 17 11 Medulloblastom Medulloblastom T T 2,70 ↓ 1,08 ↓ 3,1-4,1 3,6-5,1 19 7 sez.Keimzelltumor Gangliogliom K K 10 11 3,29 ↓ 3,49 3,6-5,1 3,1-4,1 8 18 Oligodendrogliom anaplast.Ependymom K T 12 13 5,80 2,22 ↓ 4,3-6,4 3,1-4,1 4 17 Kraniopharyngeom meningeales Fibrom K K 14 15 6,72 ↑ 2,59 ↓ 3,1-4,1 3,6-5,1 12 9 PNET DNT K K 16 * 8,12 ↑ 3,6-5,1 10 sez.Keimzelltu T 8 * 9 *Anmerkung: jeweils der Mittelwert aus 2 Werten 56 Im Allgemeinen ist zur Verteilung der unkonjugierten GS bei PatientInnen mit Hirntumoren zu sagen, dass sie ein sehr buntes Bild liefern. Durchschnittlich errechnen wir eher erniedrigte Gesamt-GS-Werte. Ein eindeutiger Trend ist nicht erkennbar. Jedoch ist zu erwähnen, dass die Therapie nicht in jedem Fall gleich verlief, sondern PatientInnen-bezogen unterschiedlich war und somit heterogene Gruppen pro Erkrankungen vorliegen. Durchschnittlich sind vor allem die sekundären GS UDC und LC erniedrigt. Die GS-Konjugate scheinen insgesamt bei den meisten PatientInnen erniedrigt zu sein. Davon sind die TLC sowie TUDC und GUDC bei den meisten PatientInnen erniedrigt bis nicht nachweisbar. Genaue Aussagen können bei diesen geringen Fallzahlen nicht getroffen werden, aber im Rahmen dieses „Screenings“ ist zu erkennen, dass es bei keiner Gruppe zu auffällig hohen GS-Werten kommt. In der nachfolgenden Tabelle (Tab. 3-26) werden wir genauer auf Patient 6 eingehen, der mit 52 μmol/l als einziger besonders hohe GS-Werte zeigte. Es handelt sich um einen 17-jährigen Patienten der an einem Medulloblastom leidet. Die Diagnose wurde 2010 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits Metastasen ausgebildet. Seitdem wurde mehrmals chemotherapeutisch behandelt, bestrahlt sowie operiert. Das Abnahmedatum der GS-Werte vom 22.03.2013 steht in keinem direkten Zusammenhang mit Chemotherapeutika. Allerdings wurde beim Patienten am 14.03. ein Lokalrezidiv des Rückenmarks totalreseziert und am 15.03.2013 eine operative Revision auf Grund einer Liquorfistel und an den darauffolgenden Tagen Punktionen zur Druckentlastung durchgeführt. Daher könnten die erhöhten Werte mit der Operation per se, der Anästhesie oder einer postoperativen Entzündungsphase im Zusammenhang stehen. Dafür würde der leicht erhöhte Entzündungsparameter CRP = 2,6 mg/l sprechen. Tabelle 3-26: Patient 6, GS-Profil, Einheit: μmol/l CL CDC DC LC UDC 0,1↓ 0,1↓ 0 0 0 TC TCDC TDC TLC TUDC 10,9↑ 0,2 5,3↑ 0 0 GC GCDC GDC GLC GUDC 25,0↑ 9,9↑ 0 0,1 0,4↑ 57 Die Verteilung der einzelnen GS von Patient 6 zeigt eine interessante Verschiebung zu Gunsten der primären konjugierten GS. Alle freien GS sind stark erniedrigt, wobei sich der hohe Gesamt-GS-Wert vor allem aus den Konjugaten der Cholsäure ergibt. Unter den Konjugaten überwiegen die an Glycin gebundenen GS. 3.2.4 Serum-GS-Werte: Gruppe IV – PatientInnen mit Knochentumoren In die Gruppe KT wurden die Daten von 8 PatientInnen mit der Diagnose Osteosarkom und Ewing-Sarkom eingeschlossen. Die nachfolgende Tabelle (Tab. 3-27) zeigt einen Überblick der Verteilung der Gesamt-GS mit ergänzender Information über die Diagnose und den Therapiestatus der ProbandInnen. Die 3 Werte der Osteosarkom-PatientInnen divergieren. Es lässt sich keine tendenzielle Änderung in eine bestimmte Richtung erkennen. Bei den 5 EwingPatientInnen zeigen sich ebenfalls unterschiedliche Gesamt-GS-Konzentrationen. 2 Werte liegen im Normalbereich, 2 Werte sind minimal erhöht und 1 Wert ist leicht erniedrigt. Tabelle 3-27: Gruppe KT, Auflistung der Gesamt-GS, Alter, Diagnose und Therapie- oder Kontrollstatus, Einheit: μmol/l Patient GS gesamt Normwert Alter Diagnose Th. / Ko. 1 5,91 ↑ 3,1-4,1 15 Osteosarkom K 2 2,58 ↓ 3,1-4,1 19 Osteosarkom K 3 * 4,03 3,1-4,1 15 Osteosarkom T 4 2,65 ↓ 3,1-4,1 22 Ewing-Sarkom K 5 3,41 3,1-4,1 18 Ewing-Sarkom K 6 * 7 * 4,37 ↑ 3,1-4,1 13 Ewing-Sarkom T 4,59 ↑ 3,1-4,1 15 Ewing-Sarkom T 8 3,78 3,1-4,1 15 Ewing-Sarkom T Anmerkung: * Mittelwert aus mehreren Werte (Pat.3 – 7 Werte, Pat.6 – 3 Werte, Pat.7 – 4 Werte) 58 Über die Verteilung der Gesamt-GS lässt sich weder eine eindeutige, noch eine einheitliche Aussage treffen. Bei PatientInnen mit Ewing-Sarkom zeigen 2 von 4 leicht erhöhte Werte. Jedoch ist die Fallzahl zu gering, um einen tendenziellen Trend zu vermuten. Tabelle 3-28: Gruppe KT, unkonjugierte GS, Einheit: μmol/l Patient 1 2 3 * 4 5 6 * 7 * 8 CL CDC DC LC UDC 0,1↓ 0,1 0 0,2 0,1 0,1↓ 0,5↑ 0 0,2↓ 0,1↓ 0,3 0,7↑ 1,6↑ 0,4↑ 1,6↑ 0,3 0,6↑ 0 0,1↓ 0,9↑ 0,1↓ 0,4↑ 0 0,1↓ 0 0 0 0 0 0 0,1↑ 0,2 0,3↑ 0,1 0,1 0 0,3↑ 0,5↑ 0,7↑ 0 Die unkonjugierten GS zeigen sowohl leichte Abweichungen über als auch unter die Norm, allerdings ist keine Regelmäßigkeit erkennbar (Tab. 3-28). Die primäre GS CL ist bei den meisten ProbandInnen erniedrigt, hingegen zeigt CDC bei der Hälfte der ProbandInnen erhöhte Werte. Tabelle 3-29: Gruppe KT, Taurin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Patient 1 2 3 * 4 5 6 * 7 * 8 TC TCDC TDC TLC TUDC 0 0 0,3↑ 0 0,1 0 0 0 0,1 0 0 0 0,1 0,1 0 0,1 0 0,3↑ 1,0↑ 0 0,1↑ 0,2↑ 0 0,3↑ 0 0 0 0 0,1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 59 Tabelle 3-30: Gruppe KT, Glycin-konjugierte GS, Einheit: μmol/l Patient 1 2 3 * 4 5 6 * 7 * 8 GC GCDC GDC GLC GUDC 0,8↑ 0,7 0,6 0 0,2↓ 0,3↓ 0,2↓ 0,5 2,0↑ 0,9↓ 1,5↑ 0,5↓ 0,7↓ 1,3 1 2,0↑ 0,9↑ 0,5↑ 0 0,4 0,1↓ 0,3 0,1↓ 0,2↓ 0 0 0 0,1 0 0 0 0 1,0↑ 0 0,1↓ 0 0 0,8↑ 0,3 0 Die konjugierten GS scheinen insgesamt eher erniedrigt. Sämtliche TaurinKonjugate sind nur in geringen Mengen bzw. nicht nachweisbar (Tab. 3-29). Auffällig ist, dass die TUDC bei keinem/keiner ProbandIn nachweisbar ist. Im Gegensatz dazu finden sich bei der Hälfte der PatientInnen leicht erhöhte Werte der TDC. Die konjugierten sekundären GS TLC und GLC sind nur in sehr geringen Mengen oder überhaupt nicht nachweisbar. 60 3.3 Spezielle Ergebnisse Im Rahmen unserer Laboranalysen, wurden bei einigen PatientInnen mehrmals die GS-Werte zu unterschiedlichen Abnahmedaten mitbestimmt. Die Auswahl erfolgte zufällig. Es erschien uns interessant, die Verläufe der Messungen einzelner PatientInnen genauer zu studieren und soweit möglich mit dem zeitgleichen Therapiestatus zu korrelieren um konkretere Aussagen bezüglich der Beeinflussung des GS-Haushalts zu treffen. Auf den Verlauf der jeweiligen Gesamtgallensäurewerte wird in diesem Kapitel genauer eingegangen. 3.3.1 Gruppe IA: ALL unter Therapie Die PatientInnen 1 bis 3 leiden an einer Vorläufer-B-ALL ohne Hochrisikokriterien Sie werden laut Therapieoptimierungsstudie AIEOP-BFM ALL 2009 behandelt und können am ehesten miteinander verglichen werden. Die Patienten 4 und 5 werden nach dem Behandlungskonzept für HochrisikopatientInnen der Studie AIEOP-BFM ALL 2009 therapiert. Die PatientInnen 6 bis 8 leiden an einem ALLRezidiv und werden nach einem anderen Protokoll, dem ALL-REZ BFM Register, behandelt. 3.3.1.1 Patientin 1 (4 Jahre) Bei Patientin 1 wurde im November 2012 eine akute lymphoblastische Leukämie (C-ALL, ZNS negativ) diagnostiziert und seitdem mit Chemotherapie laut Therapieoptimierungsstudie AIEOP-BFM ALL 2009 behandelt. Vom 25.03.2013 bis zum 29.05.2013 konnten 7 GS-Messungen durchgeführt werden. Normbereich der Gesamt-GS: 4,3 – 6,4 μmol/l 61 GS gesamt Abnahmedatum 1,7 25.03.2013 19,9 22.04.2013 7,5 23.04.2013 13,3 06.05.2013 6,0 14.05.2013 4,8 23.05.2013 28,8 29.05.2013 Patientin 1 - Gesamt-GS 40 30 20 10 05.06.2013 26.05.2013 16.05.2013 06.05.2013 26.04.2013 16.04.2013 06.04.2013 27.03.2013 17.03.2013 0 Der erste relativ niedrige Wert wurde während einer Therapiepause auf Grund einer Gastroenteritis zwischen Protokoll M und Protokoll II bestimmt. Die darauffolgenden Messungen erfolgten während der Behandlung nach Protokoll II (02.04. – 01.06.2013). Zwei hohe Werte stechen auf dem Diagramm hervor. Der hohe Wert vom 22.04. kann mit keinem spezifischen Medikament in Zusammenhang gebracht werden. Am 29.05. beträgt der Gesamt-GS-Wert fast 30 μmol/l. Interessant scheint, dass am Tag zuvor (28.05.) PEG-Asparaginase, MTX, Cytarabin (=Arac) und Thioguanin (=6-TG) verabreicht wurden. Allerdings ist es schwierig zu erklären, welches Medikament eventuell für die erhöhten GS-Werte verantwortlich gemacht werden kann. 62 3.3.1.2 Patient 2 (3 Jahre) Patient 2 leidet an einer akuten lymphoblastischen Leukämie (C-ALL, ZNS negativ), die nach dem Protokoll der Therapieoptimierungsstudie AIEOP-BFM ALL 2009 seit Ende Dezember 2012 behandelt wird. Vom 22.03.2013 bis zum 06.05.2013 wurden 6 GS-Messungen durchgeführt. Die Gesamt-GS werden im Diagramm dargestellt. Normbereich der Gesamt-GS: 4,3 – 6,4 μmol/l GS gesamt Abnahmedatum 9,3 22.03.2013 16,7 25.03.2013 15,8 03.04.2013 6,8 19.04.2013 8,5 02.05.2013 3,1 06.05.2013 Patient 2 - Gesamt-GS 40 30 ↓ 20 ↓ ↓ 10 11.05.2013 06.05.2013 01.05.2013 26.04.2013 21.04.2013 16.04.2013 11.04.2013 06.04.2013 01.04.2013 27.03.2013 22.03.2013 17.03.2013 0 Die Gesamt-GS zu Beginn der Messungsserie waren erhöht, hingegen fallen die Werte mit der Zeit wieder ab. Ein direkter Zusammenhang mit der Chemotherapie ist nicht eindeutig erkennbar. Allerdings lässt sich vermuten, dass unter den wiederholten HD-MTX-Gaben ↓ (am 02.04., 16.04., 03.05.2013) die GS-Werte rückläufig waren. 63 3.3.1.3 Patient 3 (1 Jahr) Patient 3 leidet ebenfalls an einer akuten lymphoblastischen Leukämie (C-ALL, ZNS negativ). Die Erstdiagnose erfolgte Ende Dezember 2012. Der Patient wird seitdem nach dem AIEOP-BFM ALL 2009 Protokoll behandelt. Normbereich der Gesamt-GS: 6,6 – 9,4 μmol/l GS gesamt Abnahmedatum 2,5 22.04.2013 4,5 06.05.2013 Patient 3 - Gesamt-GS 40 30 20 ↓ ↓ 10 08.05.2013 06.05.2013 04.05.2013 02.05.2013 30.04.2013 28.04.2013 26.04.2013 24.04.2013 22.04.2013 20.04.2013 0 Die beiden GS-Werte sind im Vergleich zu den anderen PatientInnen relativ niedrig. Beide Messungen wurden jeweils 3 Tage nach der Gabe von HD-MTX ↓ abgenommen. (15.03. – 08.05.13: Protokoll M) 64 3.3.1.4 Patient 4 (9 Jahre) Patient 4 ist ein neunjähriger Junge, der an einer akuten lymphoblastischen T-Zell Leukämie mit initialem Liquorbefall und Retinablutungen leidet. Seine Erkrankung wurde Ende November 2012 diagnostiziert und als HR-ALL (high risk-ALL) eingestuft. Die Chemotherapie erfolgt laut Therapieoptimierungsstudie AEIOPBFM ALL 2009. Bei Patient 4 wurden in der Zeit vom 22.03.2013 bis zum 04.06.2013 8 GS-Messungen durchgeführt. Normbereich der Gesamt-GS: 3,6 – 5,1 μmol/l GS gesamt Abnahmedatum 3,2 22.03.2013 21,8 02.04.2013 7,5 13.04.2013 14,7 19.04.2013 21,7 02.05.2013 18,5 14.05.2013 11,4 29.05.2013 17,1 04.06.2013 Patient 4 - Gesamt-GS 40 30 20 10 15.06.2013 05.06.2013 26.05.2013 16.05.2013 06.05.2013 26.04.2013 16.04.2013 06.04.2013 27.03.2013 17.03.2013 0 Der Verlauf der Gesamt-GS-Werte wird im Diagramm dargestellt. Er zeigt ein heterogenes Verteilungsmuster. 7 von 8 Werten sind erhöht. Der erste verhältnismäßig niedrige Wert wurde nach MTX- und VDS-Gabe am 19.03. und nach IFO-Gabe vom 20.03. – 22.03. abgenommen. Es wäre möglich, dass der im Verhältnis zu den anderen Messungen recht niedrige Wert mit 3,2 μmol/l durch die Chemotherapeutika bedingt ist. Bei sämtlichen erhöhten Werten konnte allerdings kein Zusammenhang mit spezieller Medikation hergestellt werden. 65 3.3.1.5 Patient 5 (8 Jahre) Patient 5 leidet an einer akuten lymphoblastischen Leukämie (C-ALL, TEL AML1 positiv, ZNS negativ), die als HR-ALL eingestuft wird. Die Diagnose wurde Mitte November 2012 gestellt. Die Behandlung erfolgt nach der Therapieoptimierungsstudie AEIOP-BFM ALL 2009. Vom 22.03.2013 bis zum 23.05.2013 wurden 4 GS-Messungen durchgeführt. Normbereich der Gesamt-GS: 3,6 – 5,1 μmol/l GS gesamt Abnahmedatum 13,0 22.03.2013 3,3 03.04.2013 4,6 07.04.2013 8,5 23.05.2013 Patient 5 - Gesamt-GS 40 30 20 10 05.06.2013 26.05.2013 16.05.2013 06.05.2013 26.04.2013 16.04.2013 06.04.2013 27.03.2013 17.03.2013 0 Die Werte divergieren. Der erste relativ hohe Wert wurde zwischen zwei Therapieblöcken abgenommen. Der nächste Wert vom 03.04. wurde am Ende eines Therapieblocks bestimmt und scheint zurückgegangen zu sein. Die beiden Messungen vom 07.04. und 23.05. können nur schwierig mit der Therapie korreliert werden. 66 3.3.1.6 Patient 6 (7 Jahre) Bei Patient 6 wurde eine prä-B akute lymphatische Leukämie diagnostiziert, welche von Mitte Juni 2010 bis Mitte Juni 2012 laut Therapieoptimierungsstudie ALL-BFM 2000 behandelt wurde. Am Therapieende war der Patient in Remission. Er leidet aktuell an einem Spätrezidiv nach den ALL REZ BFM Kriterien mit Knochenmark- und Nierenbefall. Die Chemotherapie erfolgt nach der Beobachtungsstudie ALL REZ BFM in der Therapiegruppe 2. Wir konnten beim Patienten vom 22.03.2013 bis zum 18.07.2013 zehn GS-Messungen aufzeichnen. Normbereich der Gesamt-GS: 3,6 – 5,1 μmol/l GS gesamt Abnahmedatum 7,2 22.03.2013 10,4 13.04.2013 9,6 19.04.2013 6,7 22.04.2013 7,2 23.04.2013 7,0 23.05.2013 9,4 29.05.2013 27,5 15.07.2013 5,8 17.07.2013 5,1 18.07.2013 Patient 6 - Gesamt-GS 40 30 20 10 25.07.2013 05.07.2013 15.06.2013 26.05.2013 06.05.2013 16.04.2013 27.03.2013 07.03.2013 0 Sämtliche GS-Werte sind im Vergleich zu den Normwerten erhöht. Ein Wert mit 27,5 μmol/l sticht dabei hervor. Am Tag dieser Abnahme erfolgte die stationäre Aufnahme vor dem Start eines Therapieblocks. Es könnte sich um eine Fehlmessung handeln. 67 3.3.1.7 Patientin 7 (6 Jahre) Die Patientin leidet an einem ALL-Rezidiv. Bei ihr wurde im Oktober 2009 eine CALL diagnostiziert und im Rahmen einer zweijährigen Therapiestudie (ALL-IC BFM 2002) behandelt. Im September 2011 wurde das erste Rezidiv, das isoliert im Knochenmark auftrat, erkannt und chemotherapeutisch behandelt. Seit Februar 2013 leidet sie an einem präuterinen / prävaginalen Zweitrezidiv. Die Therapie erfolgt laut Beobachtungsstudie ALL REZ BFM. Die 8 GS-Messungen wurden vom 04.04.2013 bis 29.05.2013 durchgeführt. Normbereich der Gesamt-GS: 3,6 – 5,1 μmol/l GS gesamt Abnahmedatum 5,1 04.04.2013 8,5 19.04.2013 5,4 23.04.2013 8,8 02.05.2013 12,0 06.05.2013 7,7 14.05.2013 16,8 23.05.2013 8,9 29.05.2013 Patientin 7 - Gesamt-GS 40 30 20 10 05.06.2013 26.05.2013 16.05.2013 06.05.2013 26.04.2013 16.04.2013 06.04.2013 27.03.2013 0 Sämtliche GS-Werte befinden sich im erhöhten Bereich. Massive Ausreißer sind nicht erkennbar, allerdings hebt sich ein Wert etwas ab. Am 23.05.2013 wurde der höchste unter den 8 GS-Werten mit 16,8 μmol/l gemessen. Drei Tage vor dieser Messung erhielt die Patientin Vincristin und Idarubicin. Der zweihöchste Wert vom 06.05. mit 12,0 μmol/l wurde am Tag der Verabreichung derselben Medikamente bestimmt. Ob ein möglicher Zusammenhang zwischen den Medikamenten Vincristin und Idarubicin besteht, bleibt abzuklären. 68 3.3.1.8 Patient 8 (6 Jahre) Patient 8 leidet an einer C-akuten lymphoblastischen Leukämie (ZNS negativ). Die Erstdiagnose wurde Ende April 2010 gestellt. Die Chemotherapie erfolgte von Juni 2010 bis Juni 2012 nach BFM-basiertem Protokoll 2000. Da nach ALL REZ BFM Kriterien ein Spätrezidiv mit Knochenmarkbefall auftrat, wurde der Patient im März 2013 neuerlich therapiert. Die Chemotherapie wird laut Beobachtungsstudie ALL REZ BFM in der Therapiegruppe 2 durchgeführt. In der Zeit vom 25.03.2013 bis zum 29.05.2013 konnten wir 6 GS-Messungen beim Patienten durchführen. Normbereich der Gesamt-GS: 3,6 – 5,1 μmol/l GS gesamt Abnahmedatum 2,7 25.03.2013 7,3 07.04.2013 31,5 06.05.2013 8,3 14.05.2013 9,0 23.05.2013 6,7 29.05.2013 Patient 8 - Gesamt-GS 40 30 20 10 05.06.2013 26.05.2013 16.05.2013 06.05.2013 26.04.2013 16.04.2013 06.04.2013 27.03.2013 17.03.2013 0 Der erste Therapieblock wurde vom 22.03. bis 27.03. und der zweite vom 05.04. bis 09.04.2013 durchgeführt. Wir konnten jeweils nur einen GS-Wert ermitteln, weshalb keine konkrete Aussage diesbezüglich getroffen werden kann. Der erste Wert scheint eher niedrig, während der zweite Wert im zweiten Therapieblock auf 7,3 μmol/l angestiegen ist. Darauf folgte die Behandlung laut Protokoll II-IDA vom 19.04. bis 31.05. Ein Wert mit 31,5 μmol/l ist besonders auffällig. Er steht nur im direkten Zusammenhang mit Dexamethason, keinen anderen Medikamenten. Die restlichen 3 Werte im Monat Mai bleiben annähernd konstant erhöht. 69 3.3.2 Gruppe IV: Knochentumore 3.3.2.1 Patient 1 (15 Jahre) Der Patient leidet an einem Osteosarkom, welches im Rahmen der Versorgung einer Oberschenkelfraktur Anfang 2013 auffällig geworden ist. Nach der Diagnosesicherung mittels Biopsie wurde die Chemotherapie laut der Studie EURAMOS-1 Ende März 2013 eingeleitet. Am 12.04. erhielt er den ersten HDMTX-Block. Die Operation erfolgte am 03.06.2013. Unsere GS-Messungen wurden sowohl vor, als auch nach der Resektion durchgeführt. Normbereich der Gesamt-GS: 3,1 – 4,1 μmol/l GS gesamt Abnahmedatum 6,1 07.04.2013 3,6 13.04.2013 4,3 19.04.2013 1,7 14.05.2013 3,1 23.05.2013 5,5 04.07.2013 3,8 05.07.2013 Patient 1 - Gesamt-GS 40 30 20 10 15.07.2013 05.07.2013 25.06.2013 15.06.2013 05.06.2013 26.05.2013 16.05.2013 06.05.2013 26.04.2013 16.04.2013 06.04.2013 27.03.2013 0 Die GS-Werte zeigen ein recht unterschiedliches Verteilungsmuster, wobei außer einem Wert mit 1,7 μmol/l keine deutlichen Ausreißer auffallen. 70 3.3.2.2 Patient 2 (13 Jahre) Bei Patient 2 wurde im Herbst 2012 ein molekulargenetisch bestätigtes EwingSarkom, das möglicherweise vom Os temporale ausgeht, diagnostiziert. Der Tumor dehnt sich vorwiegend intrakraniell aus. Die präoperative Chemotherapie erfolgte im Rahmen der Therapieoptimierunggstudie Ewing 2008 mit 8 VIDEBlöcken. Nach zweimaliger peripherer Stammzellseparation erfolgte die definitive Lokaltherapie inklusive Bestrahlung. Seit Ende Jänner 2013 befindet sich der Patient unter Erhaltungschemotherapie, die 8 VAI-Blöcke umfasst. Die 3 GSMessungen wurden innerhalb dieses Zeitraums durchgeführt. Normbereich der Gesamt-GS: 3,1 – 4,1 μmol/l GS gesamt Abnahmedatum 2,7 03.04.2013 7,5 02.05.2013 3,0 14.05.2013 Patient 2 - Gesamt-GS 40 30 20 10 21.05.2013 16.05.2013 11.05.2013 06.05.2013 01.05.2013 26.04.2013 21.04.2013 16.04.2013 11.04.2013 06.04.2013 01.04.2013 27.03.2013 0 Die 3 GS-Werte sind zu wenig um konkrete Schlüsse in Bezug auf die Chemotherapie zu ziehen. Auffällig ist aber, dass die beiden niedrigeren Werte jeweils am 2.Tag nach Beginn eines VAI-Blocks gemessen wurden. Am Tag vor den Messungen wurden Vincristin, Actinomycin D und Ifosfamid verabreicht und am Tag der Messung Actinomycin D und Ifosfamid. Möglicherweise könnte sich diesbezüglich ein Trend verminderter GS abzeichnen. Der etwas erhöhte Wert zwischen den Therapieblöcken in einem therapiefreien Intervall könnte darauf hinweisen, dass die Verminderung der GS nur vorübergehend und nicht beständig sei. 71 4 Diskussion Die vorliegende Studie hatte das Ziel, Veränderungen des GS-Stoffwechsels bei Kindern und Jugendlichen mit hämatoonkologischer Grunderkrankung zu untersuchen. GS werden in der Leber synthetisiert und der Großteil im Rahmen des enterohepatischen Kreislaufes wieder in die Hepatozyten zurücktransportiert. Bei onkologischen PatientInnen könnte der GS-Stoffwechsel auf Grund mehrerer Faktoren beeinflusst werden. Erstens könnte direkt die Leberzelle von einer malignen Erkrankung betroffen sein. Zweitens könnte die Therapie mit Chemotherapeutika zu einer Leberzellschädigung mit konsekutiver Störung der GS-Produktion führen. Drittens ist es bekannt, dass Zytokine die GS-Transporter beeinflussen und z.B. bei prolongierter Sepsis eine Cholestase auftritt (53, 54). Bei onkologischen Erkrankungen wird von „Zytokinstürmen“ berichtet und bei Tumorzerfall werden Zytokine zum Zellabbau aktiviert (55). Über die Änderung von GS im Serum bei hämatoonkologischer Erkrankung mit oder ohne Therapie gibt es bisher keine Literatur. Die durchgeführte Studie ist eine Pilotstudie im Sinne eines „allgemeinen Screenings“ und soll einen ersten Überblick auf diesem Gebiet schaffen. Dabei haben wir den Fokus nicht primär auf spezielle Erkrankungen oder Bedingungen gelegt, sondern versucht, ein breites Spektrum abzudecken und konnten die Werte von 74 PatientInnen untersuchen. Unsere prinzipielle Fragestellung ist, ob bei PatientInnen mit hämatoonkologischer Grunderkrankung eine Veränderung der Gesamt-GS und bei genauerer Untersuchung in der Verteilung des GS-Profils nachweisbar ist Um die Ergebnisse der GS-Messungen übersichtlicher zusammenzufassen, haben wir 5 Gruppen gebildet. Innerhalb der Gruppen können die Werte schlüssig miteinander verglichen werden. Alle Gruppen zeigen unterschiedlich hohe Gesamt-GS-Werte. Vorweggenommen sei erwähnt, dass sich die Abweichungen eher in moderaten Maßen halten und wider Erwarten keine extrem hohen oder extrem niedrigen Werte herausstechen. Die größte Gruppe I ALL wurde in PatientInnen, die sich unter Therapie und unter Nachkontrolle befinden gegliedert. In beiden Subgruppen zeigen sich moderat 72 erhöhte Werte. Bei PatientInnen unter Therapie sind vor allem die primären GS sowohl in konjugierter als auch in unkonjugierter Form erhöht. Im GS-Profil der PatientInnen unter Kontrolle sind die Glycin-Konjugate mehr erhöht als die TaurinKonjugate. Darunter sind vor allem die primären Glycin-konjugierten GS erhöht. In der Gruppe II MbH wurde ebenfalls eine Einteilung in zwei Subgruppen vorgenommen. Auf Grund der geringen Fallzahl können wir keine allgemeine Aussage treffen. Interessant ist, dass obwohl in beiden Subgruppen unterschiedlich hohe Gesamt-GS-Werte vorliegen, ein einheitlicher Trend in Bezug auf die Taurin-Konjugate erkennbar ist. Sowohl bei PatientInnen unter Therapie, als auch bei jenen die nachkontrolliert werden, sind die TaurinKonjugate stark erniedrigt bzw. nicht nachweisbar. Bei PatientInnen unter Therapie lassen sich die beiden erhöhten Gesamt-GS-Werte durch eine Verschiebung des GS-Profils auf die Seite der unkonjugierten GS erklären. Davon sind einheitlich die primären unkonjugierten GS erhöht. PatientInnen der Gruppe III HT zeigen unterschiedliche Gesamt-GS-Werte. Wir müssen beachten, dass in dieser Gruppe ProbandInnen mit heterogenen Tumorerkrankungen und individualisierten Therapieformen zusammengefasst worden sind. Daher können ihre Werte nur eingeschränkt miteinander verglichen werden. Insgesamt divergieren die Werte der Gesamt-GS und der einzelnen GS. Bei mehr als der Hälfte unserer PatientInnen wurden erniedrigte Gesamt-GSWerte gemessen. Im GS-Profil zeigt sich ein buntes Verteilungsmuster. Eine Ähnlichkeit erkennen wir am ehesten an den niedrigen sekundären GS UDC und LC. Beide sekundären GS sind sowohl in konjugierter als auch in unkonjugierter Form erniedrigt oder kaum nachweisbar. Die Gruppe IV KT schließt PatientInnen mit Osteosarkom oder Ewing-Sarkom ein. Die Gesamt-GS zeigen unterschiedliche Werte. Es kann keine Tendenz zu hohen oder niedrigen Messungen erkannt werden. Allerdings fällt auf, dass die konjugierten GS bei den meisten PatientInnen eher erniedrigt sind. Unter den Taurin-Konjugaten ist am ehesten ein einheitlicher Trend erkennbar: sämtliche Taurin-konjugierten GS (außer TDC) sind kaum bzw. nicht nachweisbar. 73 Die Aufzeichung der Verlaufskontrollen zufällig ausgewählter PatientInnen zeigt überraschenderweise keine signifikanten Ausreißer unter den Gesamt-GS-Werten. Weder bei den 8 PatientInnen mit ALL, noch bei den 2 Patienten mit Knochentumoren lassen sich konkrete Aussagen über die Grunderkrankung beziehungsweise die Medikation und deren Auswirkungen auf den GS-Haushalt treffen. Es ist bekannt, dass HD-MTX sowohl die Leber, als auch die Darmschleimhaut massiv schädigt (56, 57). Gerade deshalb ist es verwunderlich, dass zum Beispiel eine Therapie mit HD-MTX kaum den Serum-GS-Spiegel zu beeinflussen scheint. Aus unseren Beobachtungen lässt sich vermuten, dass die GS-Werte bei 3 PatientInnen mit ALL (Pat. 2, Pat. 3, Pat. 4) nach HD-MTX-Gabe rückläufig waren. Ob dieser Trend regelmäßig auftritt und eventuell anhält, können wir im Rahmen unserer Studie nicht bestätigen. Derzeit kann die Bedeutung der veränderten GS-Werte im Serum bei Kindern und Jugendlichen mit hämatoonkologischer Erkrankung nicht ausreichend interpretiert werden. Die Durchführung von Studien bei PatientInnen mit hämatoonkologischer Grunderkrankung ist komplex und müsste in Zukunft prospektiv durchgeführt werden. Auf Grund der vielen unterschiedlichen Tumorerkrankungen wäre es ratsam, speziell auf ausgewählte Krankheitsbilder einzugehen. Die ALL zum Beispiel zählt zu den häufigsten malignen Erkrankungen im Kindesalter und schon unsere ersten Ergebnisse lassen auf regelmäßige Veränderungen im GS-Haushalt bei betroffenen PatientInnen schließen. Um eine Aussage darüber zu treffen, ob diese Veränderungen nur kurzfristig oder über längere Zeit bestehen bleiben, müssten GS-Messungen über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden. Eine durch eine Tumorerkrankung hervorgerufene direkte Leberzellschädigung konnten wir im Rahmen unserer Studie nicht untersuchen. Unser PatentInnenkollektiv enthält keinen/e Patienten/in mit einem Leberzelltumor. Für nachfolgende Projekte wäre es interessant, insbesondere auf PatientInnengruppen mit primären Leberzelltumoren einzugehen, wobei dafür Studien bei Erwachsenen nötig wären (Hepatozelluäres Karzinom). Möglicherweise können sich Leber-, Gallenblasen- oder Gallengangskarzinome direkt auf den GS-Haushalt auswirken. Auch bei anderen Tumorgruppen könnte der Vergleich der GS-Werte bei Erwachsenen neue Ansätze liefern. 74 Ob sich die hepatotoxische Wirkung diverser Chemotherapeutika nachhaltig auf den GS-Metabolismus auswirkt, können wir mit unserer Studie nicht eindeutig belegen. Wir haben versucht, die Verläufe der GS-Werte von einzelnen PatientInnen unter Therapie aufzuarbeiten und mit ihrer aktuellen Medikation zu korrelieren. Bei den diversen Messungen handelt es sich allerdings um zufällige routinemäßige Kontrollen. Das heißt, dass der Abnahmezeitpunkt nicht unbedingt in direktem Zusammenhang mit der Verabreichung des Medikaments stehen muss. Bei 3 unserer PatientInnen lässt sich vermuten, dass wiederholte HD-MTXGaben zu einer Abnahme der GS führen. Ob dieser Effekt nachhaltig ist oder nicht, kann auf Grund der geringen Fallzahlen und der wenigen Verlaufsparameter nicht beurteilt werden. Zur Abklärung ob und in welchem Ausmaß diverse Chemotherapeutika den Serum-GS-Spiegel beeinträchtigen, sind mehrere Blutproben nötig. In einer darauf ausgerichteten Folgestudie müsste genau darauf geachtet werden, die Proben jeweils vor und nach Verabreichung der Medikamente abzunehmen und zu bestimmen. Auf diese Weise könnten Veränderungen auf die Therapeutika zurückgeführt werden. Änderungen des GS-Stoffwechsels im Rahmen von onkologischen Erkrankungen könnten Zytokin-mediiert sein. In der Literatur ist beschrieben, dass Zytokine im Rahmen einer Sepsis die Regulation der Expression von GS-Transportern beeinflussen und somit zu Änderungen des GS-Transports führen können (53). Interessanterweise wird in der Literatur immer wieder von „Zytokinstürmen“ bei hämatoonkologischen Erkrankungen berichtet, jedoch gibt es wenige konkrete Messungen von Zytokinen im Serum bei Kindern- und Jugendlichen mit hämatoonkologischen Erkrankungen. Ein nächster Schritt wäre die Messung verschiedener Zytokine parallel zu den GS-Messungen mit anschließender Korrelations-Prüfung. Auch in-vitro Versuche mit Tumor-Zelllinien könnten aufschlussreich sein. In der Phase der Therapie könnten auch Medikamente zu Ausschüttungen von Zytokinen führen oder Enzyme des GS-Metabolismus beeinflussen. Diesbezüglich wären weiterführende Versuche interessant, obwohl wir kein Medikament ausfindig machen konnten, welches eindeutig zu einer massiven Änderung des GS-Serumspiegels geführt hat. 75 Es muss die Vielzahl an Faktoren beachtet werden, welche den Krankheitsverlauf und eventuell den GS-Stoffwechsel beeinträchtigen könnten. Dazu zählen u.a. eine lange Krankheitsanamnese, regelmäßige Medikamenteneinnahme, Chemotherapien, Operationen, Bestrahlungen und Infekte. Durch die Einnahme von zytotoxischen Medikamenten liegt eine Beeinflussung des Leberstoffwechsels und in Folge der GS-Homöostase nahe. Dies konnte in unserer Studie nicht ausreichend behandelt werden. Zusammenfassend konnten wir erste Daten über die Serum-GS-Werte von PatientInnen auswerten. mit Der hämatoonkologischer GS-Stoffwechsel hämatoonkologischen Erkrankungen Grunderkrankung wird eindeutig beeinflusst. Die im aufarbeiten und Rahmen von meisten unserer PatientInnen zeigen leicht erhöhte Gesamt-GS-Werte im Vergleich zum altersentsprechenden Bevölkerungskollektiv. Bei den in Remission/Nachsorge untersuchten PatientInnen lässt sich erkennen, dass die Veränderungen nur vorübergehend und nach erfolgreicher Therapie weitgehend reversibel sind. Nachfolgende Studien werden die genauen Ursachen für die Änderungsmuster näher untersuchen. Aktuell lässt sich noch nicht abschätzen, ob PatientInnen von einer GS-Substitution während der Therapie einer hämatoonkologischen Erkrankung profitieren könnten. 76 5 Literaturverzeichnis 1. Gortner L., Meyer S., Sitzmann F. C. Duale Reihe Pädiatrie 4.Auflage. Georg Thieme Verlag ; 2012. 2. Hofmann AF. The continuing importance of bile acids in liver and intestinal disease. Arch. Intern. Med. 1999; 159(22):2647–58. 3. Baptissart M, Vega A, Maqdasy S, Caira F, Baron S, Lobaccaro JA et al. Bile acids: from digestion to cancers. Biochimie 2013; 95(3):504–17. 4. Monte MJ, Marin, Jose J G, Antelo A, Vazquez-Tato J. Bile acids: chemistry, physiology, and pathophysiology. World J. Gastroenterol. 2009; 15(7):804–16. 5. Chiang, John Y L. Regulation of bile acid synthesis: pathways, nuclear receptors, and mechanisms. J. Hepatol. 2004; 40(3):539–51. 6. Geier A, Wagner M, Dietrich CG, Trauner M. 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Juni 2013 Präsentation der Diplomarbeit im Rahmen der „Mariatroster Forschungsklausurtagung 2013“ (15min öffentlicher Vortrag) Juli – Sept. 2013 Verfassen der Teile „Material und Methoden“ und „Ergebnisse“ Erhalt weiterer Daten der GS-Werte Okt. – Nov. 2013 Überarbeiten bisheriger Ergebnisse Aktualisieren der Tabellen Dez. 2013 Erstellen der Diagramme zu GS-Verläufen Jän. - Feb. 2014 Fertigstellen des Teils „Ergebnisse“ Verfassen des Teils „Diskussion“ März - Mai 2014 Fertigstellen und Einreichen der Diplomarbeit 81