Titelei_Lettner.fm Seite V Freitag, 16. März 2007 9:04 09 V Geleitwort Franz Lettner beschreibt in diesem Therapiebuch seine strukturgebende psychodynamische Psychotherapie, die er als »Objektgestützte Psychodynamische Psychotherapie« (OPP) konzipiert hat. Es ist das Ergebnis einer langjährigen klinischen Erfahrung in der Diagnostik und stationären Behandlung von Patienten mit psychosomatischen, reaktiven und strukturellen Störungen. Mit dem Erfahrungshintergrund einer multimodalen und multiprofessionellen stationären Psychotherapie unterscheidet sich diese Darstellung der Objektgestützten Psychodynamischen Psychotherapie von anderen Therapiemanualen und ist daher auch besonders für Psychotherapeuten interessant und hilfreich, die in der stationären Psychotherapie und Psychosomatik tätig sind. Ziel des Autors war es, klinische Erfahrung und theoretische Modelle zu verbinden, um eine wirksame Therapieform zu entwickeln und anzuwenden und er hat sich daher in seinen theoretischen Überlegungen immer wieder von praktischen klinischen Erfahrungen leiten lassen. Somit findet der Leser im Anschluss an eine ausführliche Beschreibung der theoretischen Basis der OPP in einem Behandlungsmanual wertvolle Anweisungen in Form eines praxisrelevanten Behandlungsmanagements für unterschiedliche Behandlungsphasen und Behandlungsziele. Das vorliegende Therapiebuch wendet sich an ärztliche und psychologische Psychotherapeuten und an Therapeuten anderer Berufsgruppen, die in therapeutischen Teams bei der Behandlung schwer beeinträchtigter und gestörter Patienten zusammenarbeiten und über ein Grundwissen in psychodynamischer Theorie und Therapie verfügen. Im Teil A führt der Autor den Leser in die Entwicklungsgeschichte der Objektgestützten Psychodynamischen Psychotherapie (Kap. 1) ein mit der Beschreibung seines persönlichen Erfahrungshintergrundes als Psychotherapeut und Leiter einer psychoanalytisch orientierten Psychosomatischen Klinik. Wir erfahren wie sein beruflicher Werdegang zunächst durch die psychosomatische Konzeption von Stephanos an der Psychosomatischen Abteilung der Universität Ulm beeinflusst wurde und wie seine theoretische Orientierung durch die Ich-Psychologie von Heinz Hartmann, die Selbstpsychologie von Heinz Kohut, die französische Psychosomatik und Objektpsychologie, eine körperorientierte Psychotherapie und durch die neueren Konzepte neuronal-mentaler Regulationsmechanismen geprägt wurde. Im Teil B wird dem Leser die Theorie der Objektgestützten Psychodynamischen Psychotherapie (Kap. 2) vermittelt mit der Basis in der psychoanalytischen Krankheitslehre und den Schwerpunkten in der Selbst-, Objekt- und IchPsychologie und einem Konzept der Organisation der mentalen Persönlichkeit. Objektstützung wird von Lettner definiert als ein ubiquitär stattfindender, lebensnotwendiger, interaktiver, regulativer Eingriff in die menschliche Persönlichkeit. Objektstützung wird im dialogischen Beziehungsmodus realisiert und durch die Organisation selbstregulativer Prozesse aufrechterhalten. In den objektstützenden therapeutischen Beziehungen sind tragende, haltende, entlastende, stützende, kreative und narrative Funktionen wirksam. Neuronal-mentale Regulationsmechanismen (Kap. 3) haben eine besondere Funktion bei der Trauerarbeit, bei den Überlebensstrategien und beim Einsetzen von primitiven und narzisstischen Bewältigungsmechanismen sowie bei der Selbstregulation. Im Teil C werden als Essentials der Objektgestützten Psychodynamischen Psychotherapie (Kap. 4) die Entwicklung des Selbstbewusstseins über identifikatorische Prozesse und die Fokussierung auf die Kommunikation in Gestalt der typischen Bindungsmuster hervorgehoben. Schattauer, Fr. Gnädig, Lettner »Objektgestützte Psychodynamische Psychotherapie« 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 Titelei_Lettner.fm Seite VI Freitag, 16. März 2007 9:04 09 VI 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 Im klinischen Kontext der Fallbeschreibung (Kap. 5) einer stationären multimodalen Therapie im Centrum für Psychosomatische Medizin in Bad Wiessee werden dem Leser die gesprächs-, körper- und gestaltungspsychotherapeutischen Behandlungsformen der OPP als konzertierte psychotherapeutische Aktion verständlich gemacht. Da die OPP von Franz Lettner im Verlauf seiner langjährigen Tätigkeit in der Akutbehandlung von Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen und einem hohen Anteil von Persönlichkeitsstörungen entwickelt und angewendet wurde, wird sie Kolleginnen und Kollegen besonders hilfreich sein, die mit einem ähnlichen Patientengut im stationären Bereich psychotherapeutisch auf psychoanalytisch-psychodynamischer Basis arbeiten. Da Lettner davon ausgeht, dass primäre elterliche Funktionen eine sehr effektive Tiefenwirkung haben und über basale interaktive Beziehungsrituale nicht nur vom Kleinkind sondern auch von Patienten mit so genannten »frühen Störungen« angenommen werden, beschreibt er sehr anschaulich die entwicklungspsychologisch relevanten Leitlinien (Kap. 6) der tragenden, haltenden, entlastenden, stützenden, kreativen und narrativen Objektstützung. Für Lettner ist die Unbeholfenheit von frühgestörten Patienten im Bereich der Sprache, des Handelns, der Bewegung und eine Unsicherheit im Rollenverhalten – wir könnten dies auch als Alexithymie verstehen – Anlass, sich einen besseren Zugang zu diesen Patienten zu erschließen. Über ein Verständnis der psychomotorischen, psychointentionalen, psychodialogischen und psychosozialen Entwicklungsleitlinien (Kap. 7) können sich Psychotherapeuten auch ein genaueres, anschaulicheres Bild über die Entwicklungsstörungen ihrer Patienten machen. Ein dialogischer Beziehungsmodus (Kap. 8) entwickelt sich in den ersten Lebensjahren durch die vertrauensvollen Beziehungserfahrungen mit den Eltern und die Vermittlung von Kommunikationselementen wie Empathie, Identifikation und Regulation; Elemente, die von Lettner auch in der Gesprächspsychotherapie der OPP als wesentliche Orientierungshilfen angesehen und beschrieben werden. Geleitwort Im Teil D erfahren wir, wie Psychotherapeuten eines Behandlungsteams sich an den Kommunikationselementen (Dyade, Setting, Empathie, Identifikation und Regulation), den dazugehörigen objektstützenden Beziehungserfahrungen und am dialogischen Beziehungsmodus (Kap. 9) orientieren. In der Psychotherapie mit schwer gestörten Patienten sollen Therapeuten stets ihre Angst vor Entwertung und Ablehnung reflektieren und sich dabei fragen, ob und wie sie die dysfunktionalen Orientierungen, Motivationen und Verhaltensweisen ihrer Patienten aushalten und auf deren destruktive existentiell bedrohlichen Beziehungserfahrungen reagieren und eingehen können. Daher gehört es zu den Aufgaben der Mitglieder des therapeutischen Teams, über zentrale Aspekte der dyadischen Kommunikation (gegenseitiges Vertrauen und Gefühl von Geborgenheit, Zuneigung, Abneigung oder Gleichgültigkeit) in den Teambesprechungen und Supervisionssitzungen zu reflektieren. Bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen wird in der OPP besonderen Wert darauf gelegt, dass der Patient zu Beginn der stationären Behandlung möglichst nicht unter Vernichtungsängsten leiden muss, sondern sich durch die Beziehungsgestaltung vom Therapeuten angenommen und respektiert fühlen kann und dass in der Gestaltung des Kommunikationselements »Setting« flexibel vorgegangen wird und die haltenden Objektstützungen im Vordergrund stehen. Die Körperpsychotherapie und die Gestaltungspsychotherapie haben in der OPP einen zentralen Stellenwert (Kap. 10 u. 11). Der Körperpsychotherapeut setzt seine Objektstützung in der OPP in Anlehnung an das Konzept einer psychomotorischen Entwicklungslinie ein. Er verfolgt das Ziel der Strukturgebung durch Wiederherstellung von identifikationsfähigen Körpererfahrungen bzw. Körperbildern und stärkt den Selbstaufbau durch Förderung körperlicher Fähigkeiten und Kompetenzen. Holding, Bonding, Supporting, Playing und Dancing haben je nach individueller Indikationsstellung als interaktive Beziehungsrituale einen festen Platz in der OPP. Die klinische Erfahrung zeigte, dass durch das Einsetzen der tragenden Objektstützungen auf den verschiedenen therapeutischen Ebenen Schattauer, Fr. Gnädig, Lettner »Objektgestützte Psychodynamische Psychotherapie« Titelei_Lettner.fm Seite VII Freitag, 16. März 2007 9:04 09 VII Geleitwort die Wirkung der einzelnen Psychotherapieelemente durch Synergieeffekte verstärkt werden kann. Ebenso sollen intuitive, intentionale, kommunikative, handwerkliche, dialogische und freie Formen des Gestaltens (Kap. 11) in mehreren Behandlungsschritten mit ihren kommunikativen Orientierungshilfen alte Beziehungserfahrungen korrigieren und neue erschließen. Der Teil E widmet sich dem Behandlungsmanual der OPP (Kap. 12, 13 und 14), das durch seine übersichtliche Strukturierung und Beschreibung der Therapieinstrumente (Kap. 13) und der strukturgebenden Behandlung in Form eines Behandlungsmanagements imponiert. Als Therapieinstrumente werden in der OPP Strukturplanarbeit, Aktualitätstraining, Selbstsicherheitstraining, psychomotorische Basisverfahren, Kreativitätstraining, objektgestützte Interventionen, Psychoedukation und sozialpädagogisches Training eingesetzt. Die Objektstützungen in ihrer tragenden, haltenden, entlastenden, stützenden, kreativen und narrativen Funktion sind jeweils für die Gesprächs-, Körper-, Gestaltungs- und sozialpädagogische Psychotherapie klar, anschaulich und sehr ausführlich mit vielen Beispielen aus der Praxis der stationären Psychotherapie dargestellt. Ein Strukturplan klärt die Rahmenbedingungen, gestaltet den Untersuchungsablauf mit den erforderlichen testpsychologischen Untersuchungen während der stationären Behandlung und bezieht die Milieutherapie mit ihren strukturfördernden und ordnenden Prinzipien ein. Zur Strukturplanarbeit gehört die Anwendung von spezifischen Therapieinstrumenten der OPP wie Aktualitätstraining mit verschiedenen Autosuggestionstechniken, objektgestützte Bewegungstherapie, Krisenintervention und familientherapeutische Gespräche. Das Behandlungsmanagement (Kap. 13 u. 14) der OPP ist übersichtlich zum Teil mit graphischen und tabellarischen Übersichten für drei Behandlungsphasen (2–4 Wochen; 4–6 Wochen; 4 Wochen) dargestellt und enthält die Arbeitsschritte und Behandlungsziele für Psychotherapeut und Patient. Abschließend findet sich ein ebenfalls systematisch aufgebautes Behandlungsmanagement für die psychosomatische Akut- und Grundbehandlung (Kap. 14) zur Therapie von reaktiven Störungen für eine Dauer von 4 bis 6 Wochen. Das vorliegende Therapiebuch von Franz Lettner ist für alle klinisch arbeitenden Psychotherapeuten sehr lesenswert und besonders für ärztliche und psychologische Therapeuten und auch für Therapeuten anderer klinischer Berufgruppen hilfreich, die in psychotherapeutischen Teams mitwirken. Gerade bei Patienten mit schweren psychosomatischen, tiefergreifenden emotionalen und strukturellen Störungen können die Therapiekonzepte der OPP dazu beitragen, eine tragende und stützende therapeutische Beziehung aufzubauen und zu festigen und Therapieabbrüche zu vermindern. Das klar strukturierte Behandlungsmanagement der OPP und die eindeutig definierten Behandlungsziele für den Patienten und Arbeitschritte für den Therapeuten bieten gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Gestaltung und Durchführung von Behandlungsphasen unterschiedlicher Dauer im Rahmen einer stationären psychodynamischen Psychotherapie. Dem Schattauer-Verlag und dem Lektorat ist eine besonders sorgfältige Bearbeitung, übersichtliche Gestaltung und für den Leser sehr hilfreiche graphische Hervorhebung der wesentlichen Therapieelemente und Arbeitsschritte gelungen. Peter Buchheim und Otto F. Kernberg Schattauer, Fr. Gnädig, Lettner »Objektgestützte Psychodynamische Psychotherapie« 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49