Infektionen – HIV, Hepatitis B und Hepatitis C, Lues Good Clinical Practice - GCP 12 Frauenklinik Umgang mit HIV, Hepatitis B und Hepatitis C, Lues 1.1 Einleitung Die Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin der Universitätsfrauenklinik Basel ist ein Referenzzentrum in der Betreuung von Paaren, bei denen einer der beiden Partner oder beide unter einer Infektion mit Hepatitis B, C oder HIV leiden. Die Behandlung der ungewollten Kinderlosigkeit wird entsprechend dem Schweizerischen Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) von drei Prinzipien bestimmt: 1. Sicherheit und Schutz des ungeborenen Lebens 2. Sicherheit der Mitarbeiter am Arbeitsplatz 3. Sicherheit und Schutz der Gesunden (des Partners / der Partnerin und der Mitpatienten/Mitpatientinnen) Die Anwendung der Verfahren der assistierten Reproduktionsmedizin kann bei der Entstehung einer Schwangerschaft hilfreich sein und gleichzeitig das Infektionsrisiko beim gesunden Partner/Partnerin absenken. Unter der Voraussetzung, dass die Infektionskrankheit nicht die Lebenserwartung einer der beiden Elternteile signifikant beeinträchtigt und das Infektionsrisiko des ungeborenen Kindes sehr niedrig ist, ist eine Behandlung des Paares mittels der assistierten Reproduktionsmedizin ethisch gerechtfertigt. 1.2 Diagnosestellung / Screening einer Infektion mit HIV, Hepatitis B und Hepatitis C Bei allen in der Kinderwunschsprechstunde betreuten Personen sollte eine Infektion mit HIV, Hepatitis B und Hepatitis C durch eine serologische Bestimmung ausgeschlossen werden. Eine serologische Bestimmung für HIV kann allerdings von der Patientin/dem Patienten abgelehnt werden. Es werden folgende Parameter getestet: Hepatitis B: Hbs-Ag Bei positivem Hbs-Ag siehe Abschnitt 1.4 Hepatitis C: HCV-Ak Bei positivem Nachweis von HCV-Ak siehe Abschnitt 1.5 HIV: HIV-AK Bei positivem Nachweis von HIV-Ak siehe Abschnitt 1.3 75804383 Erstellt: GY 02-04 Seite 1 von 6 Freigabe: 02-04 Letzte Rev: 01-2010 2004, Kinderwunschsprechstunde - Alle Rechte vorbehalten Infektionen – HIV, Hepatitis B und Hepatitis C, Lues Good Clinical Practice - GCP 12 Frauenklinik Formular quantitativer Virusnachweis Das Ergebnis einer serologischen Bestimmung der obengenannten Parameter sollte bei Behandlungsbeginn nicht älter als ein Jahr sein, in diesem Fall kann auf eine erneute Bestimmung verzichtet werden. Zur Durchführung eines HIV-Testes muss von der Patientin/dem Patienten das Einverständnis eingeholt und schriftlich im Dossier vermerkt werden. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben kann der Patient/die Patientin den HIV-Test ablehnen, dies muss ebenfalls im Dossier vermerkt werden, dies hat für die Weiterbetreuung keine Konsequenz. Sollte der Patient/ die Patientin jedoch einer Risikogruppe (St. n. i.v.-Drogenabusus, Prostitution, Risikoländer) angehören, sollte nochmals mit dem Patient/-in die Bestimmung diskutiert werden. Im Falle eines Samenspenders ist der HIV-Test obligat. Bei Vorliegen einer der o.g. Infektionen wird dieses auf dem Deckblatt des jeweiligen Dossiers mit einem orangen Punkt markiert. Diese Markierung dient der Sicherheit der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter. 1.3 Ärztliches Vorgehen bei Diagnosestellung einer HIV-Infektion Das Vorliegen einer Infektion mit HIV bei einem Patienten/einer Patientin wird in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt. Das Vorliegen einer HIV-Infektion ist fester Bestandteil der Sterilitätsdiagnose und stellt eine unabhängige Indikation für eine Sterilitätsbehandlung dar. Bei der Erstdiagnose einer HIV-Infektion erfolgt die weitere Abklärung und Therapie in der Abteilung Infektiologie im Department Innere Medizin, Kantonsspital Basel. Im Falle einer bekannten HIV-Infektion sind alle klinisch relevanten Unterlagen und Informationen beim behandelnden Arzt einzuholen. Die Viruslast, die CD 4 Zehllzahl sowie das CDC Stadium der HIV Infektion und die aktuelle antiretrovirale Therapie müssen im Dossier dokumentiert sein (nicht älter als 1 Jahr, sowie vor Behandlungsbeginn). Eine Behandlung mittels einer assistierten Reproduktionsmedizin oder eine Betreuung in der Kinderwunschsprechstunde kann nur durchgeführt werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Vorstellung des Paares in der Abt. für Psychosomatik 75804383 Erstellt: GY 02-04 Seite 2 von 6 Freigabe: 02-04 Letzte Rev: 01-2010 2004, Kinderwunschsprechstunde - Alle Rechte vorbehalten Infektionen – HIV, Hepatitis B und Hepatitis C, Lues Good Clinical Practice - GCP 12 Frauenklinik Vorstellung des Paares in der „multidisziplinären Runde“ Sicherstellung der Bereitschaft des Paares zur Einhaltung aller Massnahmen und Empfehlungen für die Sicherheit und Schutz des Kindes. 1.4 Absehbare gute Gesundheit und dokumentierte Langzeitlebenserwartung beider Partner Ärztliches Vorgehen bei Hepatitis B Das Vorliegen einer Infektion mit Hepatitis B bei einem Patienten/einer Patientin wird in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt und besprochen. Wenn eine Hepatitis B-Infektion bei einem der beiden Partner diagnostiziert wird, müssen folgende Nachbestimmungen durchgeführt oder veranlasst werden: HBeAg Hepatitis B-DNS GOT, GPT (ASAT,ALAT) Es sollte der behandelnde Arzt kontaktiert werden oder im Fall einer Neuinfektion wird die betroffene Person konsiliarisch zur weiteren Abklärung und Behandlung in der Abteilung für Gastroenterologie/Hepatologie im Departement für Innere Medizin vorgestellt. Eine Behandlung in der Kinderwunschsprechstunde kann nur bei einer guten Prognose der Patientin/Patienten durchgeführt werden. Eine Schwangerschaft hat keinen Einfluss auf den Verlauf der Hepatitis B-Infektion. Bei mütterlicher Infektion ist das Transmissionsrisiko auf das Kind folgendermaßen: HBsAg positiv HBeAg negativ und Hepatitis B DNS nicht nachweisbar 2-15% HBsAg positiv HBeAg positiv und Hepatitis B DNS nachweisbar 80-90% Eine Infektion mit Hepatitis B hat keinen Einfluss auf die Zeugungsfähigkeit des Mannes und die Hepatitis B-Viren können bei einer Samenaufbereitung mittels swim-up effektiv und vollständig weggewaschen werden. Handelt es sich um eine Erstdiagnose einer Infektion mit Hepatitis B wird der Impfstatus des Partners/der Partnerin bestimmt durch quantitativen Nachweis der HBsAk. Bei fehlenden HBs75804383 Erstellt: GY 02-04 Seite 3 von 6 Freigabe: 02-04 Letzte Rev: 01-2010 2004, Kinderwunschsprechstunde - Alle Rechte vorbehalten Infektionen – HIV, Hepatitis B und Hepatitis C, Lues Good Clinical Practice - GCP 12 Frauenklinik Antikörpern oder zu niedrigem Titer (<100) ist eine Hepatitis B-Impfung (Erstimpfung oder Booster Impfung) obligat und der Patient/die Patientin wird hierzu zum Hausarzt überwiesen. Im Fall einer Infektion von einem der beiden Elternteile ist eine Hepatitis B-Impfung des Neugeborenen direkt nach der Geburt obligat. Dieses wird im abschließenden Arztbrief vermerkt und auch den angehenden Eltern mitgeteilt. 1.5 Ärztliches Vorgehen bei Hepatitis C Das Vorliegen einer Infektion mit Hepatitis C bei einem Patienten/einer Patientin wird in der alltäglichen Besprechung mitgeteilt und besprochen. Eine Infektion mit Hepatitis C hat keinen Einfluss auf den Verlauf einer Schwangerschaft und beeinträchtigt nicht die Zeugungsfähigkeit oder die Spermienfunktion. Die Hepatitis C-Viren können durch eine Aufbereitung mittels swim-up zuverlässig von den Samenzellen entfernt werden (Steyaert et al., 2000). Eine Integration des Hepatitis C-Virus in die DNS der Samenzelle ist nicht möglich (Pawlotsky, 1997). Im Falle einer mütterlichen Infektion ist das Transmissionsrisiko für das Kind folgendermaßen: HCV AK positiv HCV RNA negativ <1 % HCV AK positiv HCV RNA positiv 11 % HCV AK positiv HCV RNA positiv und HIV positiv 16 % Die Viruslast sollte im Rahmen der Sterilitätsdiagnostik bestimmt werden oder beim behandelnden Arzt eingeholt werden. Im Falle einer Neuentdeckung sollte die betroffene Person in der Abteilung für Gastroenterologie im Departement für Innere Medizin konsiliarisch vorgestellt werden, da eine Interferonbehandlung in bestimmten Fällen möglich ist. Eine Impfung des Neugeborenen ist nicht möglich. 1.6 Vorgehen bei Lues Zyklische Infektionskrankheit (3 Stadien), die direkt, meist durch Geschlechtsverkehr übertragen wird. Da aber auch eine intrauterine Infektion des Fötus möglich ist, werden die Patientinnen und Patienten der Kinderwunschsprechstunde systematisch untersucht (sogenannte Lues-Antikörper). 75804383 Erstellt: GY 02-04 Seite 4 von 6 Freigabe: 02-04 Letzte Rev: 01-2010 2004, Kinderwunschsprechstunde - Alle Rechte vorbehalten Infektionen – HIV, Hepatitis B und Hepatitis C, Lues Good Clinical Practice - GCP 12 Frauenklinik Serodiagnostik: 3 Tests 1. TPHA= Treponema pallidum-Hämagglutinationstest 2. FTA= Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorptionstest Diese beiden Test weisen spezifisch und empfindlich gegen Treponema pallidum gerichtete Antikörper im Serum nach, werden 2-3 Wochen post infectionem positiv (reaktiv) und bleiben auch nach Ausheilung jahrelang, ev. lebenslang, positiv. 3. VDRL= Veneral Disease Research Laboratory-Test Nachweis von Lipoidantikörper, die im Verlauf der Treponemeninfektion im Serum auftreten, jedoch nicht streng luesspezifisch sind. VDRL wird 4-6 Wochen post infectionem positiv und wenige Monate nach erfolgreicher Therapie wieder negativ, sehr selten persistiert ein niedriger Titer Somit ergibt sich folgendes Schema: 1. TPHA als Screeningtest, sollte dieser reaktiv sein, wird 2. der FTA-Absorptionstest zur Bestätigung durchgeführt. Sollte dieser positiv sein, erfolgt, nach einem Beratungsgespräch mit dem Paar, die konsiliarische Zuweisung mit der Bitte um weitere Abklärung und Therapie in die Dermatologische Klinik im Hause. 1.7 Literatur Steyaert SR, Leroux-Roels GG, Dhont M (2000) Infections in IVF: review and guidelines. Human Reproduction Update Englert Y, Lesage B, Van Vooren JP, Liesnard C, Place I, Vannin AS, Emiliani S, Delbaere A (2004) Medically assisted reproduction in the presence of chronic viral diseases. Human Reproduction Update 10: 149-162. 75804383 Erstellt: GY 02-04 Seite 5 von 6 Freigabe: 02-04 Letzte Rev: 01-2010 2004, Kinderwunschsprechstunde - Alle Rechte vorbehalten Infektionen – HIV, Hepatitis B und Hepatitis C, Lues Good Clinical Practice - GCP 12 Frauenklinik The ESHRE ETHICS and LAW task force (F. Shenfield, G. Pennings, J. Cohen, P. Devroey, B. Tarlatzis, C. Sureau) 2007 Ethics of medically assisted fertility treatment for HIV positive men and women. Hum. Reprod. 19: 2454-2456. Round-table multidisciplinary counselling of couples with HIV prior to assisted reproduction. (Tschudin S. et al); Reprod Biomed Online. 2008 Aug;17(2):167-74 75804383 Erstellt: GY 02-04 Seite 6 von 6 Freigabe: 02-04 Letzte Rev: 01-2010 2004, Kinderwunschsprechstunde - Alle Rechte vorbehalten