Artikel | Gesundheits-Tipp 9/2001 Turnen statt operieren - und der Schmerz ist weg Bandscheiben kaputt: Die Therapie von Walter Packi begeistert verzweifelte Patienten und Patientinnen Bandscheiben-Operationen sind gefährlich und können zu weiteren Schmerzen führen. Der Freiburger Arzt Walter Packi entwickelte eine Alternative - Turnen. Seine provokante These: «Bandscheibenoperationen sind unnötig.» Von Regula Schneider [email protected] Die Operation von M. G. im Kantonsspital St. Gallen war bereits geplant. Die Diagnose lautete: zwei Bandscheibenvorfälle sowie ein gleitender Wirbel. Die Ärzte sagten, dass eine Bandscheibe auf die Nervenwurzel drückt. Sie hatten vor, die Bandscheibe ganz oder teilweise zu entfernen und den Kreuzwirbel zu versteifen. Wenige Tage vor der Operation erfuhr die 34-Jährige von Walter Packis Behandlungsmethode. Der Facharzt für Allgemeinmedizin ist ein Pionier, was Wirbelsäulenprobleme anbelangt. Er hält Bandscheibenoperationen für unnötig. Schmerzen und Lähmungen würden von verhärteten Muskeln verursacht, nicht von Bandscheiben oder Nerven. Packi therapiert, indem er die Muskeln zuerst entspannt und danach mit den Patienten turnt. Schmerzen nur noch mit Morphium ertragen M. G. reiste nach Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt von ihrem Wohnort nach Freiburg im Breisgau: «Ich wollte alle Alternativen prüfen, bevor ich mich unter das Messer lege.» Packi verabreichte der Patientin zuerst entspannende Spritzen in die Bauch-, Oberschenkel- und Rückenmuskeln und in den Muskel oberhalb des Schambeines. Kurz darauf konnte sie die Praxis aufrecht, mit normalen Schritten verlassen: «Das war für mich ungeheuerlich. Als ich in die Praxis kam, konnte ich mich vor Schmerzen nicht bewegen und spürte meine linken Zehen nicht mehr.» M. G. blieb zehn Tage im Kneipp-Klinikum St. Urban, an das Walter Packis Praxis angegliedert ist. Sie erhielt intensive Physiotherapie und lernte gymnastische Übungen. Am Ende war M. G. vollkommen schmerzfrei: «Ich begann sogar, wieder Sport zu treiben.» Das war vor einem Jahr. Seitdem wiederholt sie die Übungen täglich. Beschwerden hat sie keine mehr. Bandscheiben-Vorfälle entwickeln sich langsam, können aber akut werden. So bei Josef Richter aus Ruggel im Fürstentum Liechtenstein. Der 40-Jährige sass vor dem Fernseher. Als er aufstehen wollte, fuhr ihm ein Schmerz in die Beine: «Jede Bewegung tat unerträglich weh. Meine Beine waren gelähmt.» Im Vaduzer Krankenhaus zeigte die Computertomographie einen akuten Bandscheiben-Vorfall. Nach zehn Tagen im Spitalbett und Schmerzmittel-Infusionen konnte Richter heim. Gehen konnte er nur gekrümmt. Dann ging er zu Walter Packi. «Nach einer halbstündigen Behandlung kam ich mir vor, als hätte ich mir die Schmerzen nur eingebildet.» Seitdem betreibt Josef Richter die von Packi entwickelte Gymnastik zu Hause und fühlt sich «fit wie ein Turnschuh». Seine neuartige Therapiemethode hat Packi nach jahrelangem Studium von Bewegungsabläufen und der daran beteiligten Muskeln selbst entwickelt. Im Bandscheiben-Vorfall sieht er einen typischen Sitzschaden. Das Sitzen verkürze die Beugemuskulatur der Wirbelsäule. Sie bleibe nach vorn gebeugt, wodurch die Bandscheiben nach hinten verlagert würden. Mit der Zeit sei es nicht mehr möglich, die Wirbelsäule aufzurichten oder rückwarts zu neigen: «Die Bandscheiben bleiben nach hinten gedrückt und verdrängen die Rückenmarksnerven. Das ist der Bandscheiben-Vorfall.» Schmerzen und Lähmungen kommen laut Walter Packi jedoch nicht durch den Vorfall zustande: «Die Ursache liegt in der Fehlfunktion der Wirbelsäulenmuskulatur.» Die einzig richtige Therapie bestehe darin, diese Muskeln von falschen Spannungen zu befreien und sie wieder beweglich zu machen. «Dann verschwinden Schmerzen und Lähmungen.» Eine Operation trage nicht dazu bei, die Muskeln zu entspannen. Die Folge: Der Schmerz bleibt. «Bandscheibenoperationen sind unnötig und schaden dem Körper», ist Walter Packi überzeugt. Er hat mit seiner Methode bereits über 5000 Patienten behandelt. Bei vielen hatte die Schulmedizin versagt. Für ihn ist das kein Wunder: «Bandscheibenoperationen beruhen auf fehlerhaften theoretischen Grundlagen der Schulmedizin.» Der Puls-Tipp machte eine Umfrage bei Schweizer Wirbelsäulenspezialisten. Fazit: Keiner kannte Packis Behandlungsmethode. Dennoch äusserten sich die meisten kritisch: Paul Heini von der Orthopädischen Poliklinik in Bern zum Beispiel findet es absurd, dass keine Bandscheibenoperationen nötig sein sollen: «Herr Packi verkauft eine Theorie und Therapie, die keine wissenschaftliche Basis haben. » Thomas Böni, leitender Arzt an der Orthopädischen Universitätsklinik Balgrist in Zürich, räumt ein, dass die Bandscheibenoperation allein den Patienten meist nicht vom Rückenschmerz befreit: «Auch die Muskeln müssen in die weitere Behandlung einbezogen werden.» Bei schweren Lähmungen müsse die Bandscheibe aber trotzdem raus. Basler Spezialist: «Packis Ansatz ist interessant» Für Professor Bernard Jeanneret, leitender Arzt für Wirbelsäulenchirurgie am FelixPlatter-Spital in Basel, sind Bandscheibenoperationen nötig, «wenn der Druck der Bandscheibe auf die Nerven starke Schmerzen und Lähmungen verursacht». Packi solle seine These belegen und publizieren: «Ich finde diesen Ansatz interessant, bisher liegen aber keine wissenschaftlichen Daten zu dieser These vor.» Trotzdem spricht der Erfolg für Packi. So auch bei Ida Seebers aus Kronbühl im Kanton St. Gallen. Trotz zwei Bandscheibenoperationen im Kantonsspital St. Gallen litt die 61-jährige Rückenpatientin weiterhin unter unerträglichen Schmerzen in den Beinen. Sie war wegen ihrer Lähmungen mehrere Monate lang an die Wohnung gefesselt. Schliesslich sah sie keinen anderen Ausweg mehr, als einer dritten Bandscheibenoperation zuzustimmen. Es war ein Greifen nach dem letzten Strohhalm, als sie kurz vor dem Operationstermin Walter Packi aufsuchte: «Zuerst löste er mit Fingerdruck und Injektionen meine Muskeln, was sehr weh tat. Aber die Schmerzen waren danach deutlich gelindert. » Im Kneipp-Klinikum lernte Ida Seeber Übungen, um ihre Wirbelsäule nach hinten zu neigen: «Nach dieser Woche hatte ich das erste Mal seit 21 Jahren keine Schmerzen mehr. Die Lähmungen waren auch weg.» Seit über einem Jahr erlitt Ida Seeber, die zu Hause täglich turnt, keinen Rückfall mehr. Gezieltes Rückneigen macht schmerzfrei Das Sitzen verkürzt die Beugemuskulatur der Wirbelsäule. Bleibt die Wirbelsäule nach vorn gebeugt, werden die Bandscheiben nach hinten verlagert. Ziel der Übungen ist es, die verkürzte Beugemuskulatur der Wirbelsäule wieder zu verlängern. Durch das Rückneigen wird die Wirbelsäule gerade. Die Bandscheiben werden nicht mehr nach hinten gedrückt. Und so üben Sie: - Stehen Sie auf beide Füsse. Das Gewicht ruht auf der Grosszehe, die Ferse berührt den Boden. - Schieben Sie die Leiste nach vorne, neigen Sie den Oberkörper gleichzeitig nach rückwärts. Das Kinn zeigt auf das Brustbein. Das Gesäss bleibt locker. Vom grossen Zeh bis in die Bauchmuskulatur müssen Sie ein Gefühl der Anstrengung spüren. Halten Sie dieses Gefühl 2-3 Sekunden. Wenn Sie im Rücken ein Stauchungsgefühl oder Schmerzen spüren, haben Sie die richtige Position erreicht. - Ab 45 Grad Rückneigung ist Schmerzfreiheit zu erwarten. Packis Therapie: Kosten und Krankenkasse - Walter Packi wendet seine Schmerztherapie ausser bei Bandscheibenschäden auch bei Arthrose, Schleudertrauma, Tennisarm, Migräne, Nacken-, Schulter-, Knieund Rückenschäden an. - Eine ambulante Behandlung von 5 Tagen kostet rund 2000 DM. Der Tagessatz im Kneipp-Klinikum St. Urban beträgt DM 211,50. Die Grundversicherung der Schweizer Krankenkassen deckt grundsätzlich keine Leistungen, die im Ausland erbracht werden. Ob die Zusatzversicherungen die Leistung vergüten, hängt von den einzelnen Policen ab. - Kontaktadresse: Walter Packi, Facharzt für Allgemeinmedizin, Stadtstrasse 79, D- 79104 Freiburg im Breisgau, Tel. 0049 761 38 30 37, E-Mail: [email protected], Internet: www.biokinematik.de 01. September 2001