Psychologie aktuell: 2006-3

Werbung
Psychologie aktuell: 2006-3
Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
2006-3
Inhaltsverzeichnis
Editorial
H. Duncker, B. Dimmek, T. Kluttig, Ch. Küper
Tötungsdelikte und Selbsttötung bei Jugendlichen
M. Hillbrand
Abstract | Zusammenfassung
Mörderische Fantasien und Wirklichkeit
Nebenrealität
R. Lempp
Abstract | Zusammenfassung
Zur Genese todbringender Phantasien
Shooting von Columbine
F. J. Robertz
Abstract | Zusammenfassung
Die kriminologische Bedeutung der
Neue Erkenntnisse zum School
Patientenbefragung als Mittel der Qualitätssicherung im Maßregelvollzug
A. M. Westendarp
Abstract | Zusammenfassung
Diagnosegesteuerte Behandlung von Sexualstraftätern im offenen Strafvollzug
E. Burger, J. C. Rathert, U. Hülsemann
Abstract | Zusammenfassung
Tötungsdelikte und Selbsttötung bei Jugendlichen
Marc Hillbrand
Zusammenfassung
Die durch Schüler verursachten Massaker wie an der Colombine High School in
Littleton Colorado und dem Gutenberg-Gymnasium in Erfurt haben die
Öffentlichkeit schockiert. Hinter diesen Taten stehen Jugendliche, die über
einen langen Zeitraum Gefühle von Neid und Wut auf Mitschüler und Lehrer
entwickelt haben. Diese Jugendlichen zeigen eine morbide Vorliebe für brutale
Computerspiele, Waffen und Gewalt. Häufig waren sie selbst Opfer von
Schikanen durch andere Jugendgruppen. Von zentraler ätiologischer
Bedeutung sind Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Suizidalität bei diesen
Tätern. Dieser Überblick beschäftigt sich vor allem mit den selbstdestruktiven
Anteilen dieser scheinbar unvermittelt zutage tretenden Gewalttätigkeit und gibt
eine Übersicht über Konzepte über erwachsene Amoktäter und andere Formen
Seite 1 von 6
Psychologie aktuell: 2006-3
von Gewalt, die sich zugleich gegen die eigene Person und andere richten.
Tödliche Gewalttaten an Schulen werden als ein Beispiel solcher Formen von
Gewalt gesehen. Abschließend folgen Überlegungen zu
Interventionsmöglichkeiten.
Schlüsselwörter
Gewalt an Schulen - jugendliche Gewalttäter - Mord-Selbstmord - Amok
Summary
Recent incidents of school violence such as the massacres at the Columbine
High School in Littleton, Colorado, and at the Gutenberg school in Erfurt,
Germany, have shocked the world. These incidents involve youths who harbor
long-standing grudges against various peer groups and against school
personnel. They are morbidly fascinated by violent computer games, weapons,
and overt violence. Lax supervision by their parents permits access to and
accumulation of weapons. Victimization through bullying is common. Yet of
central etiological relevance are the hopelessness, despair, and suicidality of
the would-be killer(s). The present review focuses on the self-destructive
components of these incidents of paroxysmal violence. Current knowledge is
reviewed about adult homicide-suicides and about other forms of coexisting
aggression against self and against others. The continuum of comorbidity of the
two types of aggression is explored next. Lethal school violence is then
presented as an example of this phenomenon. Concluding remarks address
implications for intervention.
Key words
School shootings - juvenile offenders - homicide-suicide - amok
Marc Hillbrand, Ph.D
Connecticut Valley Hospital
PO Box 70, Middletown CT 06457, USA
E-mail: [email protected]
nach oben
Mörderische Fantasien und Wirklichkeit
der Nebenrealität
Reinhart Lempp
Die kriminologische Bedeutung
Zusammenfassung
Unter dem Eindruck des Massenmords im April 2002 in Erfurt und der seit 1974
zunehmenden school shootings , vor allem in den USA, werden motivisch
vergleichbare Tötungsdelikte untersucht, zum Teil aus der Gutachtertätigkeit
des Autors, teils aus der Literatur, wie auch durch die Medien bekannt
gewordene. Diese Täter können dabei in ihrem Bewusstseinsgrad zwischen
erhaltenem Realitätsbezug und Paranoia liegen. Eine lange Zeit nur fantasierte
Tat kann eine real geplante Tat vortäuschen. Aus entwicklungspsychologischer
Kenntnis und ihrer potentiellen Auswirkung auf das subjektive Erleben und
Verhalten des Menschen werden solche Fantasien als Nebenrealitäten
gegenüber der mit der Umwelt gemeinsamen Hauptrealität abgegrenzt. Solche
Fantasien können sich fixieren und zu einer Überidentifikation führen, die einen
vorübergehenden Realitätsverlust zur Folge haben können. Sie können durch
Seite 2 von 6
Psychologie aktuell: 2006-3
ständigen Konsum aggressiver Bildmedien gefördert und ausgelöst werden.
Diese Form ist von narzisstischer Boderlinestruktur abgrenzbar. Die
Schwierigkeit der forensisch-psychiatrischen Beurteilung solcher Taten wird
erörtert, ebenso auch die therapeutischen und prophylaktischen Möglichkeiten
und ihre Notwendigkeit.
Schlüsselwörter
Tötungsdelikte, School shootings, Nebenrealität, Überidentifikation, Tatfantasie
Summary
Under the impression of the multiple killings in Erfurt in April 2002 and the
increasing incidents of school shootings since 1974 especially in the USA the
author examines motivationally similar cases, which are partly taken from his
own experience as forensic expert partly from publicly or literally known cases.
The states of consciousness of these young perpetrators can range from intact
reality orientation to paranoia. An act of violence that for a long time only
existed in the person s fantasy may in retrospect be mistaken as a plotted
crime. From a developmental psychology perspective such fantasies exert a
strong influence on subjective experience and behaviour. In their capacity as
secondary (side) realities they must be set aside from the primary (main) reality.
Secondary realities may become fixated and lead to over-identification, which
may ultimately result in loss of reality control. This may be facilitated or
triggered by permanent consumption of aggressive media. This form of reality
confusion should be distinguished from narcissistic and borderline personality
structure. The problems of forensic assessment of these cases are discussed
along with the scope and need for prevention and therapeutic action.
Key words
Killings, school shootings, secondary (side) reality, over-identification,
aggressive (criminal) fantasy
Prof. Dr. Dr.h.c. Reinhart Lempp
Hauptmannsreute 65
D-70193 Stuttgart
E-mail: [email protected]
nach oben
Zur Genese todbringender Phantasien
Shooting von Columbine
Frank J. Robertz
Neue Erkenntnisse zum School
Zusammenfassung
Anlässlich der Freigabe von umfangreichen, zuvor unbekannten Dokumenten
zum Amoklauf an der Columbine High School in Littleton, werden im
vorliegenden Beitrag Bedingungen der Entstehung und des Verlaufs von
intensiv-destruktiven Gewaltphantasien jugendlicher Amokläufer an Schulen
vorgestellt.
Erst Jahrzehnte, nachdem die Psychoanalyse eine individualpsychologische
Anwendbarkeit des Phantasiebegriffs ermöglichte, begannen kriminologische
Ansätze die Rolle der Phantasie für Straftaten zu erkennen. Wurde bislang
weitgehend von außen auf die Täter schwerer Gewaltverbrechen geschaut, so
Seite 3 von 6
Psychologie aktuell: 2006-3
steigt in den letzten Jahren das Interesse an der Motivation und Innenwelt
dieser Täter. Neben hirnorganischen, hormonellen oder genetischen Ansätzen
interessieren sich einzelne Kriminologen gerade im Zusammenhang mit
schweren Gewalttaten nun auch für die individuellen Phantasien der Täter.
Erste Ansätze der Psychologen Jack Katz und Al Carlisle, sowie von
Mitarbeitern des FBIs unter Leitung von Robert Ressler, werden in diesem
Artikel skizziert und auf das Phänomen von School Shootings angewandt. Die
neu veröffentlichten Materialien aus Columbine dienen dabei der Illustrierung
bislang verfügbarer Ansätze.
Schlüsselwörter
Phantasie, School Shooting, Amoklauf, zielgerichtete Gewalt
Summary
Recently, extensive and previously unknown documents concerning the school
shooting at Columbine High School in Littleton have been released by
American agencies. On this occasion, the following article presents conditions
regarding the origin and progression of intensive-destructive fantasies of school
shooters.
Only decades after psychoanalysis enabled the individual-psychological
applicability of the term phantasy , criminological theories began to recognize
the relevance of fantasies for analysing crimes. While criminologists previously
looked mainly at the outside of perpetrators, there is a new, slowly growing
tendency to start looking at the inside of violent offenders. Beside
cerebral-organic, hormone-oriented or genetic approaches some criminologists
now become interested in the connection between the use of severe violence
and the individual fantasies of violent delinquents. First approaches by the
psychologists Jack Katz and Al Carlisle, as well as by FBI-staffers led by Robert
Ressler are outlined in the following article and are also applied to the
phenomenon of school shootings. The newly released documents from
Columbine are used for illustration.
Key words
Fantasy, school shootings, amok, intended violence
Dr. Frank J. Robertz
Institut für Gewaltprävention und angewandte Kriminologie (IGaK)
Prenzlauer Allee 9
D-10405 Berlin
E-mail: [email protected]
Web: www.igak.org
nach oben
Patientenbefragung als Mittel der Qualitätssicherung im Maßregelvollzug
Anja Mercedes Westendarp
Zusammenfassung
Im Herbst 2004 wurde eine Patientenbefragung in drei
Maßregelvollzugskliniken des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe
durchgeführt. Von zum Befragungszeitpunkt 634 Patienten im stationären
Bereich erhielten wir insgesamt 246 Fragebögen zurück, dies entspricht einer
Seite 4 von 6
Psychologie aktuell: 2006-3
Beteiligung von 39%. Der Rücklauf der ambulant behandelten Patienten, die
sich im Langzeiturlaub befinden oder nach Entlassung aus der Maßregel durch
die Forensische Nachsorge betreut werden, betrug 54% bei insgesamt 72
Patienten.
Es werden die Entwicklung des Patientenfragebogens, seine endgültig
verwendete Version sowie Ergebnisse der ersten Befragung vorgestellt. Dabei
zeigt sich, dass sich neben tendenziell positiven Rückmeldungen strukturelle
und prozessuale Störfaktoren identifizieren lassen, die ein Erreichen des Ziels
der Maßregel gefährden können.
Schlüsselwörter
Patientenbefragung, Maßregelvollzug, Fragebogen, Qualitätssicherung
Summary
In autumn 2004 a patient survey was performed in three forensic clinics in the
region of Westphalia-Lippe (Germany). 634 questionnaires were distributed to
in-patients at that time. 246 questionnaires were returned which represents a
response rate of 39%. Out-patients (patients on long-term absence or patients
with forensic aftercare upon discharge from hospital) response rate was 54%
(from a total of 72 patients).
We present construction of patient questionnaire, finally applied version as well
as results of first survey. Apart from rather positive feedback, structural and
procedural disturbing factors could be identified, which may jeopardize
achievement of objectives in forensic treatment.
Key words
Patient survey, hospital order treatment, questionnaire, quality assurance
Anja Mercedes Westendarp
Stellvertretende Ärztliche Direktorin
Westfälisches Therapiezentrum
Mühlenstraße 26
D-34431 Marsberg
E-mail: [email protected]
nach oben
Diagnosegesteuerte Behandlung von Sexualstraftätern im offenen
Strafvollzug
Edith Burger, Jörg C. Rathert, Ulrich Hülsemann
Zusammenfassung
Indikation zur Behandlung und Prognose zur Rückfallwahrscheinlichkeit durch
die Erfassung änderungssensitiver Variablen korrespondieren mit einem
systematischen Konzept zur Gruppenpsychotherapie von Sexualstraftätern im
offenen Strafvollzug. Innovative Aspekte sind a) die diagnosegeleitete
Treatmentzuweisung, b) ein verhaltenstherapeutisches
Gruppenpsychotherapiekonzept mit psychodynamischen Elementen und mit
einer relativ kurzen Behandlungsdauer und der Eignung für ambulante Settings
sowie den offenen Strafvollzug, c) ein Modell zur Evaluation der Behandlung in
der Korrespondenz zwischen Prognose und Behandlung in der
Verlaufsdiagnostik und Behandlungsevaluation, das d) eine Transparenz
Seite 5 von 6
Psychologie aktuell: 2006-3
zwischen Prognose, Behandlung und Strafvollzug inklusive Nachsorge
voraussetzt.
Schlüsselwörter
Sexualdelinquenz, Gruppenpsychotherapie, Indikation, Legalprognose,
Behandlungsevaluation
Summary
The initial diagnosis combines indication of treatment and legal prognosis,
which are determined through the uptake of factors sensitive to modification.
This procedure of diagnosis corresponds with a systematical concept of group
therapy, where treatment outcome is continuously measured and reported
within an ongoing exchange between treatment and prognosis. Innovative
aspects are: a) diagnosis-controlled choice of clients, b) a cognitive-behavioral
concept of group therapy combined with psychodynamic elements, which is of
relative short duration and fitting for open or low security prison settings, c)
there is a model for treatment evaluation, which d) requires disclosure of the
treatment process and the results of the prognosis.
Key words
Sexual delinquency, group psychotherapy, indication for treatment, legal
prognosis, evaluation of treatment
Prof. Dr. phil. Edith Burger
Fachhochschule Bielefeld FB 4
Postfach 10 11 13
D-33511 Bielefeld
E-mail: [email protected]
Ulrich Hülsemann, Dipl. Sozialarbeiter
Sozialdienst
JVA Bielefeld-Senne
Senner-Straße 250
D-33659 Bielefeld
E-mail: [email protected]
Jörg C. Rathert
Ehemaliger Koordinator des Psychologischen
Dienstes der JVA Bielefeld - Senne
Vehlener Straße 100
D-31683 Obernkirchen
E-mail: [email protected]
nach oben
Forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Online-Shop...
Seite 6 von 6
Herunterladen