Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15. September 2010 Gilles de la Tourette Syndrom PD Dr. med. Andrea G. Ludolph Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie Universitätsklinikum Ulm Offenlegung möglicher Interessenskonflikte Forschungsunterstützung von Novartis, Medice und Universität Ulm Vortragshonoraria von Janssen Cilag und Medice Reiseunterstützung von DFG, NIMH und American Society of Clinical Psychopharmacology Klinische Studien mit Böhringer Ingelheim, Janssen-Cilag Gliederung Gliederung I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie, Umfeld) - psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe) - Psychotherapie (Verhaltens- vs. supportiver Therapie) - Tiefenhirnstimulation - medikamentöse Therapie Gliederung Gliederung I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie, Umfeld) - psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe) - Psychotherapie (Verhaltens- vs. supportiver Therapie) - Tiefenhirnstimulation - medikamentöse Therapie Georges Albert Edouard Brutus Gilles de la Tourette 1857-1904 Behandlungszimmer von Dr. Gilles de la Tourette in der Rue l'Université 39 in Paris Historischer Überblick Beschreibungen von Tic-Störungen finden sich bereits im Altertum. So schilderte der griechische Gelehrte, Arzt und Hippokrates-Schüler Aretios von Kappadokien Betroffene, die unter Zuckungen, Grimassenschneiden, akut auftretenden Geräuschen wie Bellen, plötzlichen Flüchen und auch unvermittelten blasphemischen Äußerungen litten. Diese Verhaltensauffälligkeiten wurden dem „Einfluss der Götter“ zugeschrieben (Klug 2003). Tourette-ähnliche Verhaltensauffälligkeiten wurden auch für den römischen Imperator Claudius vom Geschichtsschreiber Svetonius dokumentiert. Dieser berichtete von anhaltenden nervösen Zuckungen, Stammeln, unkontrolliertem Lachen. Diese Verhaltensauffälligkeiten nahmen unter Erregung zu. Historischer Überblick Wahrscheinlich aufgrund der Seltenheit, vielleicht auch aufgrund seiner Rätselhaftigkeit, findet sich eine ausführliche Beschreibung der Erkrankung erst im 19. Jh. Der französische Neurologe Jaques Itard beschrieb 1825 eine Patientin adeliger Herkunft, die Marquise de Dampierre, die sowohl unter vokalen als auch motorischen Tics litt. „Frau v. D…, derzeit 26 Jahre, war, im Alter von 7 Jahren, betroffen von krampfhaften Kontraktionen der Hand- und Armmuskeln, die sich vor allem in den Augenblicken einstellten, in denen das Kind versuchte zu schreiben und wobei sich sehr abrupt seine Hand von den Buchstaben, die es gerade schreiben wollte, wegzog. Nach diesem Rucken wurden die Bewegungen seiner Hand wieder regulär und waren dem Willen unterworfen, bis dass eine andere plötzliche Zuckung die Arbeit der Hand von neuem unterbrach. Man sah in dem Ganzen zuerst noch eine Art Lebhaftigkeit oder Übermut, die, als sie sich mehr und mehr wiederholten, zum Grund für Tadel und Bestrafung wurden, aber bald gewann man die Gewissheit, dass diese Bewegungen unwillkürlich und krampfhaft waren und man sah daran auch die Muskulatur der Schultern, des Halses und des Gesichtes teilnehmen. Es kam zu Körperverdrehungen und außerordentlichen Grimassen. Die Erkrankung schritt weiter fort, die Spasmen breiteten sich auf die Stimm- und Sprechorgane aus, diese junge Person hörte man bizarre Schreie und Worte ausstoßen, die überhaupt keinen Sinn ergaben, aber alles ohne dass ein Delirium vorgelegen hätte…, Jaques Itard, Dt. Übersetzung von Rothenberger, 1992 ….. ohne irgendeine geistig-seelische Störung. So kann es vorkommen, dass mitten in einer Unterhaltung, die sie besonders lebhaft interessiert, plötzlich und ohne dass sie sich davor schützen kann, sie das unterbricht, was sie gerade sagt oder wobei sie gerade zuhört und zwar durch bizarre Schreie und durch Worte, die sehr außergewöhnlich sind und die einen beklagenswerten Kontrast mit ihrem Erscheinungsbild und ihren vornehmen Manieren darstellen; die Worte sind meistens grobschlächtig, die Aussagen obszön und, was für sie und die Zuhörer nicht minder lästig ist, die Ausdrucksweisen sind sehr grob, ungeschliffen, oder beinhalten wenig vorteilhafte Meinungen über einige der in der Gesellschaft anwesenden Personen…“ Dt. Übersetzung von Rothenberger, 1992 Welche dieser Berühmtheiten litt unter dem Tourette-Syndrom? a) Kaiser Claudius b) Napoleon c) Mozart d) Samuel Johnson e) Peter der Große Briefe von Mozart an seine Cousine Anna Maria Thekla, genannt Bäsle und an seinen Mentor, den Chorleiter Anton Stoll "... jetzt wünsch ich eine gute Nacht, scheißen Sie ins Bett, dass es kracht; schlafen's gesund, recken's den Arsch zum Mund ... leben Sie recht wohl, ich küsse Sie 1000 mal und bin wie allzeit der alte junge Sauschwanz Wolfgang Amadé Rosenkranz." "Liebster Stoll! bester Knoll! großter Schroll! Bist sternvoll! gell das Moll thut dir wohl? Ich bin Ihr ächter Freund Franz Süssmayer Scheißdreck. Scheißhäusel den 12. Juli." Dr. Samuel Johnson (1709 - 1784) Dr. Johnson was a famous British poet, essayist, and lexicographer. He wrote the Dictionary of the English Language and The Lives of the Poets. Dr. Johnson's unusual movements (most likely tics) and compulsive behaviors were observed by many of his peers at the time and described in such rich detail that there is little doubt that he had Tourette's Syndrome with obsessivecompulsive features or even full-blown OCD. Dr. Johnson was also reported to suffer from depression throughout his life. Tim Howard (1979 - ) Tim is the goalkeeper for Manchester United. This talented athlete also played in the 2000 Olympics. Tim's tics and compulsions were evident in elementary school, and school was rough for him because his classmates teased him and his teachers viewed him as a discipline problem. Mahmoud Abdul-Rauf NBA Basketball player – (formerly Chris Jackson) was a leading free throw shooter in the NBA for the Denver Nuggets and Sacramento Kings from 1990-98, averaging 15.2 points a game. Epidemiologie - Jungen : Mädchen 4:1 - Früher allgemein akzeptierte Prävalenzzahlen: 0,5/1000 (Bruun, 1984) - In allgemeiner Schulpopulation 0,7% (1990,1999) - Alle Ticstörungen zusammen bis zu 4,2% (Banarjee 1998, Mason 1998) Schwedische schulbasierte Untersuchung: - Schulkinder im Alter 7-15 Jahre - 4.479 Kinder und ihre Eltern füllten Fragenbogen aus - Interview und klinische Untersuchung nach Screening: 290 Kinder (190 Jungen, 107 Mädchen) hatten Tics nach DMS-IV 0,6% TS 0,8% chron. Motor. Ticstörung 0,5% chron. Vokale Ticstörung 4,8% transiente Tics Zusammen: 6,6% hatten Tic-Störung im letzten Jahr Khalifa, Dev Med Child Neurol Mai 2003 Psychopathologie der Kinder mit Tic Störungen in dieser schulbasierten Untersuchung From a total population of 4,479 children, 25 with Tourette's disorder (TD), 34 with chronic motor tics (CMT), 24 with chronic vocal tics (CVT), and 214 with transient tics (TT) during the past year were found. A three-stage procedure was used: tic screening, telephone interview, and clinical assessment. The TD group was compared with 25 children with TT and 25 controls without tics. RESULTS: Psychiatric comorbid disorders were found in 92% of the children with TD. Attention-deficit/hyperactivity disorder was most common, patterns of psychiatric comorbidity were similar in children with TD and CVT, but not with CMT and TT. Aggressive behavior was more common in children with TD than other tic disorders. Khalifa N, von Knorring AL, J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 2006 Gliederung Gliederung I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie, Umfeld) - psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe) - Psychotherapie (Verhaltens- vs. supportiver Therapie) - Tiefenhirnstimulation - medikamentöse Therapie DEFINITION nach ICD 10 Internationales Klassifikationssystem der WHO F 95.2 kombinierte vokale und multiple motorische Tics (Tourette Syndrom) Dies ist eine Form der Ticstörung, bei der es gegenwärtig oder in der Vergangenheit multiple motorische Tics und einen oder mehrere vokale Tics gibt oder gegeben hat, nicht notwendigerweise gleichzeitig. So gut wie immer liegt der Beginn in der Kindheit oder Adoleszenz. Gewöhnlich gibt es eine Vorgeschichte motorischer Tics, bevor sich vokale Tics entwickeln; die Symptome verschlechtern sich häufig während der Adoleszenz, und üblicherweise persistiert die Erkrankung bis ins Erwachsenenalter. Die vokalen Tics sind oft multipel mit explosiven repetitiven Vokalisationen, Räuspern, Grunzen und Gebrauch von obszönen Wörtern oder Phrasen. Manchmal besteht eine begleitende gestische Echopraxie, die ebenfalls obszöner Natur sein kann (Kopropraxie). Wie die motorischen Tics können die vokalen für kurze Zeiträume unterdrückt und durch Stress verstärkt werden. Sie verschwinden während des Schlafs. DSM-IV (307.23) Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, American Psychiatric Association, 1994) Multiple motorische Tics sowie mindestens ein vokaler Tic treten im Verlauf der Krankheit auf, jedoch nicht unbedingt gleichzeitig. (…) Die Tics treten mehrmals täglich (gewöhnlich anfallsweise) entweder fast jeden Tag oder intermittierend im Zeitraum von über einem Jahr auf. In dieser Zeit gab es keine ticfreie Phase, die länger als drei aufeinander folgende Monate andauerte. Die Störung führt zu starker innerer Anspannung oder verursacht in bedeutsamer Weise Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen. Der Beginn liegt vor dem 18. Lebensjahr. Die Störung geht nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz (…) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (…) zurück. Tourette Syndrom DSM IV A: Both multiple and one or more phonic tics have been present at some time during the illness, although not necessarily concurrently. B. The tics occur many times a day (usually in bouts) nearly every day or intermittently throughout a period of more than one year, and during this period there was never a tic-free period of more than 3 consecutive months. C. The disturbance causes marked distress or significant impairment in social, occupational or other important areas of functioning. PM: This is a criterion that is not often used in genetic or other research studies. D. The onset is before age 18 E. The disturbance is not due to direct physiological effects of a substance (e.g. stimulants) or a general medical condition (e.g. Huntington’s disease or postviral encephalitis) SYMPTOMATIK Motorische Tics: Klinisches Erscheinungsbild Einfache motorische Tics: - Augenblinzeln Augenzwinkern Gesichtsgrimassen Mundöffnen Augenrollen Stirnrunzeln Kopfschütteln Kopfnicken Schulterzucken Zwechfelltics Bauchtics Rumpftics SYMPTOMATIK Komplexe motorische Tics: Hüpfen Treten Springen Stampfen Klopfen Kreisen Kratzen Beißen Schlagen Echopraxie Kopropraxie Einfache vokale Tics: - - Räuspern Hüsteln Schnäuzen Spucken Grunzen Bellen In- und exspiratorische Atemgeräusche Komplexe vokale Tics: - Schreien Summen Pfeifen Palilalie Echolalie Koprolalie Im natürlichen Verlauf des TS treten meist zuerst motorische Tics im Alter von 3 bis 8 Jahren auf, d.h. oft mehrere Jahre bevor dann vokale Tics hinzukommen (Jankovic, 2001). Bei 96% der Kinder hat sich die Erkrankung bis zum 11. Lebensjahr manifestiert. Typischerweise wechseln die Tics sehr häufig in ihrer Lokalisation, Intensität und Häufigkeit. In der Mehrzahl der Fälle erreicht die Symptomatik ihren höchsten Schweregrad in der ersten Hälfte der zweiten Lebensdekade, um das 12. Lebensjahr, um dann in der Adoleszenz deutlich abzunehmen. Die Angaben, wie viele jugendliche TS Patienten die Symptomatik tatsächlich verlieren, schwanken allerdings erheblich (20- 50%). Nicht-Wissen verzögert Diagnose ! „dem Kind einen Namen geben“ Je früher die Diagnose gestellt wird, desto bessere Unterstützung kann erfolgen. 314 Kinder mit Tourette Syndrom Systematische Interviews über den diagnostischen Prozess Symptombeginn war im Durchschnitt mit 3 Jahren Bei 40 % waren Tics der Vorstellungsanlass. In den anderen Fällen ADHS, Zwang oder Verhaltensprobleme. Durchschnittsalter des Beginns der Tic-Symptomatik 5,5 Jahre, Wenn weitere Komorbiditäten bestanden, traten Tics im Durchschnitt Deutlich früher auf (0-3,5 Jahren). Das Durchschnittsalter bei Diagnose lag bei 8,9 Jahren. Durchschnittlich lagen von Beginn der Symptome bis zur Diagnose 5,3 Jahre. Zwischen Auftreten der ersten Tics und Diagnose ~ 2,8 Jahre. Mol Debes NM, Hjalgrim H, Skov L, Neuropediatrics 2008 Gliederung Gliederung I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie, Umfeld) - psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe) - Psychotherapie (Verhaltens- vs. supportiver Therapie) - Tiefenhirnstimulation - medikamentöse Therapie Genetik, Epigenetik, Risikofaktoren Familienanamnese: Verwandte 1. Grades haben ein Risiko von 5-15%, Irgendeine Form von Tic (transiente, milde) 10-20% Prä- und perinatale Anamnese Psychosozialer Stress in der Schwangerschaft, Nikotin, Intrauterine Wachstumsretardierung Frühgeburtlichkeit, Hypoxie perinatal (Apgar-Index) Immunologische Dysregulation Infektionen (PANDAS, beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, GABHS) PANDAS = pediatric autoimmune neuropsychiatric disorder associated with strep) Stress, Stresssensitivität Neuner & Ludolph 2009 Neuner & Ludolph 2009 VBM bei Jungen mit Tourette Syndrom / ADHS Putamen bds Volumen der gr. Substanz erhöht; erniedrigt linker Hippocampus (Ludolph et al., Br J Psychiatry 2006, Kassubek et al., Ann Neurol 2006) Region of interest basierte Untersuchungsbefunde 3 left amygdala volume [cm ] controls 2.6 2.4 TS patients without ADHD 2.2 TS patients with ADHD 2 1.8 1.6 1.4 1.2 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700 3 total brain volume [cm ] (Ludolph et al., Journal Dev Med & Child Neurol 2008) Yale TS symptom check list total 65 TS patients without ADHD 60 TS patients with ADHD 55 50 45 40 35 30 25 20 15 0.0020 0.0022 0.0024 0.0026 0.0028 0.0030 0.0032 0.0034 0.0036 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 0.0021 ADHD (DSM-IV criteria checklist) Yale check list subscale behaviour Ratio amygdala to whole brain volume 20 TS patients without ADHD 18 TS patients with ADHD 16 14 12 10 8 6 4 2 0 0.0035 0.0020 0.0022 0.0024 0.0026 0.0028 0.0030 0.0032 0.0034 0.0036 TS patients without ADHD TS patients with ADHD 0.0023 0.0025 0.0027 0.0029 0.0031 0.0033 Ratio amygdala to whole brain volume Ratio amygdala to whole brain volume (Ludolph et al., Journal Dev Med & Child Neurol 2008) Zusammenfassung der Ulmer Bildgebungsdaten In der VBM Analyse Bestätigung der Beteiligung des KortikoStriatalen-Thalamo-Kortikalen Schaltkreises mit Beteiligung temporolimbischer Areale. Volumetrische Veränderungen im Bereich der Amygdala in der ROIAnalyse bei Komorbidität Tourette und ADHS scheint mit den externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen der ADHS im Zusammenhang zu stehen und korreliert nicht mit der Ausprägung der Tic-Symptomatik. (Ludolph et al., Br J Psychiatry 2006, Kassubek et al., Ann Neurol 2006, Ludolph et al., Journal Dev Med & Child Neurol 2008) ADHS 35-90%, Ehrenberg 2005 Jancovic, N Engl J Med 2001 ADHS 35-90%, Ehrenberg 2005 Jancovic, N Engl J Med 2001 Häufige Komorbiditäten ADHS Zwangsstörungen Angststörungen (generalisierte Angststörung, soziale Phobie, Panikattacken) Affektive Störungen (Depression) Aggressive Verhaltensweisen (mangelnde Inhibition) Selbstverletzendes Verhalten Folgen in der weiteren Entwicklung: „Meine Lehrerin wollte mir nicht glauben, dass ich das Kopf-Wackeln nicht absichtlich mache. Und dann musste ich mich während der Unterrichtsstunde mit einem Buch auf dem Kopf hinstellen und für jedes Mal, dass das Buch herunterfiel, hat sie mir eine Seite Strafarbeit gegeben…“ (Bericht eines 12jährigen Schülers mit Tourette-Syndrom, 21. Jahrhundert) Angst und Scham als Folgen Berechtigte Angst vor Spott aufgrund der Tics und Schamgefühle sind sehr häufig bei Kindern mit chronischen Tic-Störungen und TS zu finden. Personen mit Tic-Störungen erfahren oft soziale Ausgrenzung, da die Tic-Symptomatik von anderen Personen meist als sehr fremd und bizarr wahrgenommen wird und Betroffene demzufolge abgelehnt werden (Marcks 2007). Daher kann es bei entsprechenden Umständen und ungenügender Aufklärung der Umgebung sekundär auch zu ausgeprägten Angststörungen reaktiv zur Tic-Symptomatik kommen, für die möglicherweise auch zusätzlich eine genetische Disposition besteht (Coffey 2000). Ludolph & Kassubek, Ticstörungen und Tourette Syndrom. In: Adoleszenzpsychiatrie: Psychiatrie und Psychotherapie der Adoleszenz und des jungen Erwachsenenalters von Jörg M. Fegert, Annette Streeck-Fischer, und Harald J. Freyberger. 2009 Gliederung Gliederung I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie, Umfeld) - psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe) - Psychotherapie (Verhaltens- vs. supportiver Therapie) - Tiefenhirnstimulation - medikamentöse Therapie Tourette – nicht nur Tics Kinder mit Tourette leiden häufig unter - Impulsivität, Ablenkbarkeit, Hyperaktivität - Trotzverhalten, Argumentieren, Autoritäten infrage stellen - geringe Frustrationstoleranz, explosive Ausbrüche - Zwangsverhalten - Angst und Depression - Lernproblemen Therapie - Psychoedukation (Familie, Umfeld) psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe) Warum Elterntraining bei Kindern mit Tourette Syndrom? Tics are unwillkürlich Impulsivität, Aggression, Argumentieren, geringe Frustrationstoleranz Non-Compliance sind nicht unwillkürlich Bei Kindern/Jugendlichen mit unwillkürlichen Tics taucht die Frage auf “Was kann das Kind kontrollieren?” Je unsicherer die Eltern, desto inkonsistenter ihr Erziehungsverhalten! Je stärker die elterliche Kompeten ÆSicherheit im Umgang mit den Kindern/Jugendlichen Jugendliche: “Was ist unter meiner Kontrolle und was nicht?” offensive dezidierte Aufklärung über TS Einstellung zu erkrankten Personen verändert sich soziale Ausgrenzung wird minimiert Folgeerscheinungen wie soziale Phobie der Patienten treten nicht auf oder sind deutlich geringer. Marcks et al. (2007) Verhaltenstherapie Habit reversal training = Gewohnheitsumkehrtraining (Azrin und Nunn, 1973, primär für Nägelkauen, Daumenlutschen, Trichotillomanie) - Wahrnehmungstraining - Training im Umgang mit unvorhersehbaren Ereignissen - Entspannungstraining - Identifizieren und Erlernen eines Alternativverhaltens - Automatisierung und Generalisierung dieses Alternativverhaltens Exposure and response prevention (Verdellen et al., 2004) Zielt darauf ab den Automatismus zu durchbrechen, dass einem Vorgefühl („premonitory urge“) auch immer ein Tic folgen muss. Comprehensive Behavioral Intervention for Tics (CBIT) (Piacentini, Woods, Scahill,…. Walkup, JAMA 2010) Leicht bis mittelgradig betroffene Kinder/Jugendliche, Effektstärke 0,68 Tiefe Hirnstimulation: In drei Patienten nach bilateraler hochfrequenter Thalamusstimulation deutliche Verbesserung von Tic- und Zwangssymptomatik Vandewalle et al., Lancet, 1999, Visser-Vandewalle et al., Acta Neurochir 2002 Medikamentöse Therapieoptionen bei Tourette Syndrom Die Pharmakotherapie des TS wird in verschiedenen Altersgruppen und auch in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich gehandhabt. Leitlininien KJP Deutschland: „Pharmakotherapie: (ein einziges offiziell zugelassenes Medikament zur Behandlung von Ticstörungen ist Haloperidol. Wegen dessen deutlicher unerwünschter Arzneimittelwirkung ist es schon lange nur als Mittel dritter Wahl eingeordnet; d.h. aber, dass i.d.R. eine medikamentöse Behandlung der Ticstörungen "off-label" im Sinne eines individuellen Heilversuchs stattfinden muss.)….. „Medikament der ersten Wahl ist Tiaprid (II)….“ Risperidon (0,5-4 mg/Tag) kann als Mittel zweiter Wahl gelten, während Haloperidol (0,25-4 mg/Tag) und Pimozid (0,5-4 mg/Tag) Medikamente dritter Wahl (II) Leitlinien Neurologie 4. überarbeitete Auflage 10/2008 Medikament erster Wahl Tiaprid (50-100 mg zu Beginn bis 600(-800) mg) Sulpirid (3-6x 200 mg/d) oder Risperidon (2x 1mg/d, 4mg/d) Leitlinien Psychiatrie Leitlinien für Tic-Störungen liegen nicht vor. Britisches National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) hat bislang keine Behandlungsempfehlung für TS ausgesprochen. In den USA wird als Mittel der ersten Wahl niedrig dosiert Clonidin auch im Kindesalter empfohlen. Tiaprid Studie 1: 10 Kinder, mit Placebo und Tiaprid, stationär behandelt, nicht doppelblind Studie 2: 17 Kinder, cross-over design, Placebo und Tiaprid, doppelblind 1 drop out, 8 versus 8 Kinder, in der zweiten Placebo-Phase Abbruch von 4 Kindern, die zuerst Tiaprid bekommen hatten wegen massiver Verschlechterung unter Placebo. In der Gruppe, die zuerst Placebo und dann Tiaprid bekommen hat, kein signifikanter Unterschied zwischen Placebo und Verum Medikamentöse Therapieoptionen bei Tourette Syndrom Dopamin modulierende Psychopharmaka: Dopaminantagonisten Tiaprid (Benzamid) Pimozid Risperidon Olanzapin Clozapin Quetiapin Ziprasidon Andere Benzamide: Sulpirid, Amisulpirid, Metoclopramid, Remoxiprid typische Neuroleptika: Haloperidol Neuner & Ludolph, Nervenarzt 2009 Medikamentöse Therapieoptionen bei Tourette Syndrom Dopamin modulierende Psychopharmaka: Dopaminagonisten Pergolid, Amantadin, Selegilin, Talipexol Aripiprazol Noradrenerg wirksame Substanzen: Clonidin (alpha-2 Adrenorezeptoragonist) Guanfacin Weitere Atomoxetin Stimulanzien Neuner & Ludolph, Nervenarzt 2009 ADHS 35-90%, Ehrenberg 2005 Jancovic, N Engl J Med 2001 Treatment of ADHD in children with tics: a randomized controlled trial. Tourette's Syndrome Study Group. BACKGROUND: The treatment of children with attention deficit hyperactivity disorder (ADHD) and Tourette syndrome (TS) has been problematic because methylphenidate (MPH)--the most commonly used drug to treat ADHD--has been reported to worsen tics and because clonidine (CLON)--the most commonly prescribed alternative--has unproven efficacy. METHODS: The authors conducted a multicenter, randomized, double-blind clinical trial in which 136 children with ADHD and a chronic tic disorder were randomly administered CLON alone, MPH alone, combined CLON + MPH, or placebo (2 x 2 factorial design). Each subject participated for 16 weeks (weeks 1-4 CLON/placebo dose titration, weeks 5-8 added MPH/placebo dose titration, weeks 9-16 maintenance therapy). RESULTS: 37 children were administered MPH alone, 34 were administered CLON alone, 33 were administered CLON + MPH, and 32 were administered placebo. Treatment of ADHD in children with tics: a randomized controlled trial. Tourette's Syndrome Study Group. For our primary outcome measure of ADHD (Conners Abbreviated Symptom Questionnaire--Teacher), significant improvement occurred for subjects assigned to CLON (p < 0.002) and those assigned to MPH (p < 0.003). Compared with placebo, the greatest benefit occurred with combined CLON + MPH (p < 0.0001). CLON appeared to be most helpful for impulsivity and hyperactivity; MPH appeared to be most helpful for inattention. The proportion of individual subjects reporting a worsening of tics as an adverse effect was no higher in those treated with MPH (20%) than those being administered CLON alone (26%) or placebo (22%). Compared with placebo, measured tic severity lessened in all active treatment groups in the following order: CLON + MPH, CLON alone, MPH alone. Sedation was common with CLON treatment (28% reported moderate or severe sedation), but otherwise the drugs were tolerated well, including absence of any evident cardiac toxicity. CONCLUSIONS: Methylphenidate and clonidine (particularly in combination) are effective for ADHD in children with comorbid tics. Prior recommendations to avoid methylphenidate in these children because of concerns of worsening tics are unsupported by this trial. Neurology. 2002 Feb 26;58(4):527-36. Ritalin is okay for kids with both ADHD and Tourette's syndrome, study says. Levenson D. Rep Med Guidel Outcomes Res. 2002 Mar 22;13(6):5-7 Atomoxetin Atomoxetine treatment in children and adolescents with ADHD and comorbid tic disorders. Allen AJ, Kurlan RM, Gilbert DL, Coffey BJ et al, Lilly Research Laboratories, Indianapolis, IN 46285, USA. [email protected] CONCLUSIONS: Atomoxetine did not exacerbate tic symptoms. Rather, there was some evidence of reduction in tic severity with a significant reduction of attention deficit/hyperactivity disorder symptoms. Atomoxetine treatment appeared safe and well tolerated. Neurology. 2005, 65(12):1941-9 Atomoxetine treatment of ADHD in children with comorbid Tourette syndrome. OBJECTIVE: This study examines changes in severity of tics and ADHD Mental Disorders, DSM-IV) and TS were randomly assigned to double-blind treatment with placebo (n = 56) or atomoxetine (0.5-1.5 mg/kg/day, n = 61) for approximately 18 weeks. RESULTS: Atomoxetine subjects showed significantly greater improvement on ADHD symptom measures. Treatment was also associated with significantly greater reduction of tic severity on two of three measures. Significant increases were seen in mean pulse rate and rates of treatment-emergent nausea, decreased appetite, and decreased body weight. No other clinically relevant treatment differences were observed in any other vital sign, adverse event, laboratory parameter, or electrocardiographic measure. CONCLUSION: Atomoxetine is efficacious for treatment of ADHD and its use appears well tolerated in ADHD patients with comorbid TS. Spencer TJ, Sallee FR, Gilbert DL, Dunn DW, McCracken JT, Coffey BJ, Budman CL, Ricardi RK, Leonard HL, Allen AJ, Milton DR, Feldman PD, Kelsey DK, Geller DA, Linder SL, Lewis DW, Winner PK, Kurlan RM, Mintz M. J Atten Disord. 2008 Jan;11(4):470-81Epub 2007 Oct 12 Mädchen, Junge, Junge, Junge, 9 Jahre 10 Jahre 11 Jahre 17 Jahre TicSymptomatik Vorwiegend 1 vokaler Räuspertic Zu Beginn leichte motorische und vokale Tics Vorwiegend motorische Tics Ausgeprägte motorische und vokale Tics ADHS ADS ohne HyperAktivität ---------------- ---------------- Deutliche ADHS Zwang DD ---------------- ---------------- Zwangsgedanken und Zwangshandlungen Räusperzwang ? SSV ----------------- Leichte Ausgeprägte oppositionelle oppositionelle Störung (Fam.) Störung ----------------- Risikofaktoren Keine Risikof. (Prä-/ Perinat.) Leichte Zwangsstörg. der Mutter V.a. perinatale Hypoxie, Durchgängig 10 Zig/d in SS Fragl. psych. Erkr. d. KVs Familienanam. leer V.a. leichte perinatale Hypoxie, Geburtseinleitg Fa.Anamnese Therapieversuch mit Atomoxetin Mädchen, Junge, Junge, Junge, 9 Jahre 10 Jahre 11 Jahre 17 Jahre Bessere Schulleistung Deutlich bessere Schulleistung ----------------- ----------------- TicSymptomatik ADHS / ADS Zwang -------------- SSV -------------- Verlauf Anhalt. Red., erneutes Auftreten nach Auslaßversuch -------------- Absetzen Anhaltendes schwerstes TS Absetzen Tics deutlich rückläufig, „so gut wie nie“ Auslaßversuch nach Abitur geplant QUETIAPIN (Seroquel) Open label trial: 12 Kinder, Alter 11,4 +- 2,4 Jahre, 8 Wochen Seroquel Assessment mit Yale Global Tic Severity Scale Reduktion der Tic-Symptomatik von 30 -100% Durchschnittliche Tagesdosis betrug 72,9 +- 22,5 mg/Tag Mukaddes, Journal of Child and Adolescent Psychopharmacology, 2003 Zum Vergleich: Behandlung Psychose/Schizophrenie: übliche wirksame Dosis von 300 bis 450 mg Quetiapin pro Tag Die Dosis kann je nach individ. Ansprechen u. der Verträglichkeit zw. 150 u. 750 mg Quetiapin/Tag liegen. Weitere Substanzgruppen zur Ticbehandlung Clonidin = alpha 2 Rezeptor Agonist 2-[(2,6-Dichlorphenyl)imino]imidazolidin (Antihypertonikum, Migräne-/Glaukom-Mittel, Alkohol-/Opiat-Entzugsmittel) -Alpha II-adrenerger Agonist, Stimulation präsynaptischer Autorezeptoren, Hemmung der Noradrenalinfreisetzung, Erniedrigung des Serotoninspiegels, gesteigerter Umsatz von Dopamin Inhibierung des Locus coeruleus Ropinirol = Dopaminagonist Selegilin = Mao B Hemmer Cannabinoide - Seit mehreren tausend Jahren im Orient medizinisch eingesetzt - In Zentraleuropa erstmals im 11. Jahrhundert in Medizinischen Büchern erwähnt - im 16. und 17. Jahrhundert gg. Schmerz, Entzündung, Gelenkbeschwerden eingesetzt - 1839 Wiedereinführung aus Indien durch Dr. W. O´Shaughnessy - in der 2. Hälfte d. 19. Jahrhunderts dann gg. Muskelspasmen, Menstruationsbeschwerden, Rheumatismus, Tetanus, Epilepsie, Wehenmittel, Sedativum - 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts: Ersatz durch chemisch stabilere Substanzen, - in den 60er und 70er Jahren großer Anstieg des illegalen Konsums - in den 90er Jahren wieder vermehrt medizinisches Interesse nach Entdeckung des endogenen cannabinoiden Rezeptorensystems und seiner Liganden (Endorphine, Neuropeptide) Applikation beeinflusst die Pharmakokinetik: oral, Inhalation, rektal, sublingual Heute Einsatz bei - Chemotherapiepatienten - AIDS-Patienten (Steigerung von Appetit, Gewichtszunahme) - Studien bei MS-Patienten, Verbesserung der Blasenfunktion - Schmerzsyndrome - L-Dopa induzierte Dyskinesien bei Parkinson-Patienten Delta 9-tetrahydrocannabinol (THC) is effective in the treatment of tics in Tourette syndrome: a 6-week randomized trial. - Randomisierte placebo-kontrollierte Doppelblindstudie mit 24 TS-Patienten Behandlung über 6 Wochen mit 5-10 mg THC (Initialdosis bei 2,5 mg, alle vier Tge Erhöhung um 2,5 mg) - Wöchentliche Untersuchungen: auf verschiedenen Skalen signifikante Verbesserung der Tic-Symptomatik aber auch von Verhaltensproblemen (ADHS-Symptomatik) Mueller-Vahl et al.,J Clin Psychiatry. 2003 Apr;64(4):459-65 Die ersten zwei Fallberichte von Aripiprazol bei Tourette in pubmed J Clin Psychopharmacol. 2005 Feb;25(1):94-6. Treatment of tics in tourette syndrome with aripiprazole. Kastrup A, Schlotter W, Plewnia C, Bartels M. Aripiprazol Rezeptorprofil • Hohe Affinität für D2-, D3-, 5-HT1A, 5-HT2A-Rezeptoren • Geringe Affinität zu Alpha1-adrenergen Rezeptoren • Geringe Affinität zu H1-Rezeptoren • Keine Affinität zu muskarinergen ACh-Rezeptoren Aufgrund seines alpha1-adrenergen Rezeptorantagonismus kann Aripiprazol die Wirkung bestimmter antihypertensiver Wirkstoffe verstärken. Pharmakokinetik Aripiprazol Aripiprazol wird gut resorbiert, wobei maximale Plasmaspiegel innerhalb von 3 – 5 Stunden nach der Einnahme erreicht werden. Bioverfügbarkeit: 87% nach oraler Einnahme Die mittlere Eliminationshalbwertszeit liegt bei annähernd 75 Stunden für Aripiprazol bei extensiven Metabolisierern über CYP2D6 und bei annähernd 146 Stunden bei „schlechten“ (=„poor“) Metabolisierern über CYP2D6. Steady State: 14 Tage nach Beginn der Erhaltungsdosis oder Wechsel der Dosis Gleichzeitige Nahrungsaufnahme hat keinen Einfluss Aripiprazol Fröhlich et al., 2010 Lyon et al., 2009 Wang et al., 2009 Ikenouchi-Sugita et al., 2009 Kawohl et al., 2009 Budman et al., 2008 Winter et al., 2008 Seo et al., 2008 Stenstrøm&Sindø 2008 Ben Djebara et al., 2008 Miranda u. Castiglioni 2007 Davies et al., 2006 Yoo et al., 2006 Constant et al., 2006 Murphy et al., 2005 Dehning et al., 2005 Hounie et al., 2005 Kastrup et al., 2005 7 Patienten, 8-17 Jahre, 5-30mg 11 Patienten, 9-19 Jahre, 4,5 mg SD 3mg 1 Patient, 10 Jahre, bipolare Störung 1 Patient, late onset, 18mg 10 Patienten, Erwachsene 37 Patienten, Kinder/Jugend., 12,3 mg SD 7,5mg 1 Patientin, in den 30er, 7,5 mg 15 Patienten, 7-19 Jahre 1 Patient, 20 Jahre 1 Patient, 28 Jahre, schwere Koprolalie 10 Patienten, 10-35 Jahre 11 Patienten, 7-50 Jahre, 10-20 mg 14 Patienten, 7-17 Jahre, 2,5-15 mg, mean 10,89mg 1 Patient, 23 Jahre, 15mg 6 Patienten, 8-19 Jahre, 5-20 mg 1 Patient, 19 Jahre, 15 mg 1 Patient, 20 Jahre, 15 mg 2 Patienten, 33 u 48 Jahre, 15 mg Entwicklung neuer Behandlungsformen bei Tourette-Syndrom: Therapeutische Studie mit Modulatoren der glutamatergen Neurotransmission Atomoxetine acts as an NMDA receptor blocker in clinically relevant concentrations. Ludolph AG, Udvardi PT, Schaz U, Henes C, Adolph O, Weigt HU, Fegert JM, Boeckers TM, Föhr KJ Br J Pharmacol. 2010 Eine gemeinsame Konferenz der NIH und der Amerikanischen Tourette-Syndrom Association hat betont, wie dringend notwendig die Entwicklung neuer pharmakologischer Möglichkeiten für die Ticsuppression beim Tourette-Syndrom ist. An der John Hopkins Universität ist eine Studie in Planung, die die Wirksamkeit und Sicherheit von zwei Medikamenten untersucht, die die glutamaterge Neurotransmission regulieren: − Riluzol, ein Glutamat-Antagonist − D-serin, ein Glutamat-Agonist Glutamat… …ist ein exitatorischer Neurotransmitter im ZNS. … ist eine essentielle Komponente der neuronalen Bahnen, die offensichtlich beim Tourette-Syndrom mitbetroffen sind. …ist ein extensiver Modulator von Dopamin, dem Hauptneurotransmitter, dessen Übertragung bei Ticstörungen beeinträchtigt zu sein scheint. Objective Assessments of longitudinal outcome in Gilles de la Tourette´s Syndrome - 56 Kinder, Alter 8-14 Jahre, 1978-1991 - 36 konnten kontaktiert werden (> 20 Jahre), davon wurden 31 rekrutiert (28 Männer, 3 Frauen) 90% hatten noch Tics mean composite disability score von 9,58 (Kindheit) auf 7,52) - Motorische Tic-Symptomatik signifikant verbessert (p=0,008) 81% hatten als Kinder Medikamente bekommen, im Erwachsenenalter waren 87% ohne Medikamente Pappert el al., Neurology 2003 Gilles De La Tourette Syndrom Homepage Deutschland In Zusammenarbeit mit der Tourette Gesellschaft Deutschland e.V. Wenn einer aus der Reihe tanzt, ist die Reihe besser zu sehen. Das Außergewöhnliche, Andersartige und Besondere gehört zum Leben unabdingbar und macht es erst lebbar - erst lebendig! www.tourette.de ESSTS ---------------------------------------------------------------------------------------- European Society for the Study of Tourettes Syndrome Ziel für 2009/2010 Erstellen europäischer Leitlinien für die medikamentöse Behandlung des Tourettes Syndrome European Network for the Study of Gilles de la Tourette Syndrome COST Action BM0905 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Andrea G. Ludolph e-mail: [email protected]