"Ältester Europäer" wird erstmals präsentiert Frühmensch lebte vor 1,8 Millionen Jahren in Georgien - Ausstellung in Bonn zum Neandertaler-Jahr Bonn/Tiflis - Der "älteste Europäer", ein rund 1,8 Millionen Jahre alter Urmensch aus Georgien, wird demnächst in Bonn erstmals der Weltöffentlichkeit präsentiert. Der 1999 in einem Kaukasus-Tal geborgene und fast vollständig erhaltene Schädel ist das älteste Fossil eines Menschen außerhalb Afrikas, sagt der Generaldirektor des Georgischen Nationalmuseums, Professor David Lordkipanidze. Der Schädelfund aus Georgien wird von der Fachwelt als archäologische Jahrhundertentdeckung bewertet und gehört zu den Attraktionen der Ausstellung "Roots - Wurzeln der Menschheit". Diese ist von 8. Juli bis 19. November 2006 im Rheinischen Landesmuseum in Bonn zu sehen. Sie stellt das bisher größte "Treffen" von Überresten von etwa 45 Vor- und Frühmenschen dar und erinnert an die Entdeckung des Neandertalers vor 150 Jahren. Das außergewöhnlich alte Menschenfossil aus dem Kaukasus-Ort Dmanisi belege, daß der Frühmensch Homo erectus bereits in einer sehr altertümlichen Form den afrikanischen Kontinent weit eher verlassen habe als bislang angenommen, sagte der Wissenschaftler aus Tiflis. Bis zur Entdeckung des Schädels "D 2280" galt die These, daß erst der entwickelte Erectus-Urmensch zur Besiedlung Europas und Asiens in der Lage war. Und der war ein langbeiniger Produzent von exakt gearbeiteten Faustkeilen, der vor rund einer Million Jahren zum Stammvater der menschlichen Art wurde. Erst er, so die frühere Annahme, habe das Gehirn und damit den Entwicklungsstand besessen, um sich mit fortschrittlichem Steinwerkzeug in den völlig neuen Naturräumen von Vorderasien bis an den Rand Australiens zu behaupten. Doch die Überreste von sechs Menschen und rund 2000 Werkzeugfragmente belegen etwas anderes: Dieser Frühmensch wirkt mit seinen langen Armen und seiner kleinen Gehirnschale noch recht archaisch. Das Gehirn hatte ein Volumen von etwa 650 Kubikzentimetern und liegt damit am unteren Ende dessen, was die Varianten des Homo erectus aufwiesen. Auch seine Steinwerkzeuge sind noch deutlich einfacher gestaltet als die seines etwas moderneren Vetters. Stammesgeschichtlich gilt der Mensch von Dmanisi als eine Übergangsform zum Homo erectus oder als eine Variante des Homo ergaster, der vor rund 1,8 Millionen Jahren in Afrika lebte. Was den Frühmenschen aus Afrika in die Ferne getrieben hat, ist unklar. Möglicherweise suchte er neue Jagdgebiete. Im Zuge seiner Entwicklung waren seine Vorfahren größer und energiehungriger geworden, seine Ernährung basierte mehr und mehr auf Fleisch statt auf Pflanzenkost. Anthropologen baut in diesen Fragen auf die weitere Analyse der Überreste aus Dmanisi. Die Arbeiten begünstigt, daß die Fossilien aus einer Zeitspanne von nur 10 000 Jahren stammen und deshalb anatomisch recht homogen sind. Die kostbare Fossilienleihgabe aus dem Museum in Tiflis, die jetzt erstmals das Land verlassen hat, sei der Beginn einer Ausstellungskooperation zwischen Georgien und Deutschland, sagt Kulturminister Giorgi Gabashvili in Tiflis. Von März 2007 an werde in Berlin mit der Präsentation "Das Gold aus Kolchis" einer der 2500 Jahre alten nationalen Kulturschätze seines Landes gezeigt. dpa/wom Artikel erschienen am Mi, 28. Juni 2006 © WELT.de 1995 - 2006