Kapitel 2 Grundlagen

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Kapitel 2
Grundlagen
2.1 Statische Ginsburg-Landau-Gleichungen
Die Ginsburg-Landau-Theorie[19] liefert einen Rahmen fur die phanomenologische
Beschreibung der Supraleitung . Den Ausgangspunkt bildet hierbei die allgemeine
Landausche Theorie der Phasenubergange 2. Ordnung[21]. Diese wird angewandt auf
den Phasenubergang eines Supraleiters zwischen dem normal- und dem supraleitenden
Zustand. Die Supraleitung wird durch einen komplexen Ordnungsparameter (r; T )
beschrieben. Dieser ist im supraleitenden Zustand, der der geordneten Phase entspricht,
endlich, 6= 0, und verschwindet in der normalleitenden Phase oberhalb der U bergangstemperatur Tc . Im Rahmen eines Zwei-Flussigkeitenmodells ist der Ordnungsparameter mit der Anzahl der supraleitenden Elektronen verknupft. Nach Ginsburg
und Landau entspricht (~r; T ) einer Wellenfunktion fur die supraleitenden Elektronen
und ist ein Ma fur die Cooperpaardichte, jj = ns=2, mit der Dichte ns der supraleitenden Elektronen. Der Formalismus der Ginsburg-Landau-Theorie erstreckt sich um
die Entwicklung der Freien Energie F () nach Potenzen des Ordnungsparameters jj ,
3
! Z 2
1
h
B
~ , 2eA~ + 5 : (2.1)
F (; A~ ) = Fn + d r 4(T )jj + 2 jj + 2m i r
2
1
0
2
2
2
3
2
2
4
0
Fn ist die freie Energie des normalleitenden Zustandes, (T , Tc ) ist negativ im
supraleitenden Zustand, und ist eine positive Konstante, m und e sind die Elektronenmasse und -ladung. A~ ist das Vektorpotential des Magnetfeldes B~ . Man erhalt die
beiden Ginsburg-Landau-Gleichungen durch Variation von Gl. 2.1 nach dem Ordnungsparameter, F=,
!
1 h r
~
~
(2.2)
2m i , 2eA + + jj = 0
0
2
2
1
Eine gute Darstellung der Ginsburg-Landau-Theorie ndet man bei Cryot[20].
5
6
KAPITEL 2 Grundlagen
und nach dem Vektorpotential, F=A~ ,
~ , r
~ ) , 8e A~ :
~j (x) = 2eh (r
(2.3)
im
m
Die Dierentialgleichungen 2.2 und 2.3 sind durch zwei Langen charakterisiert: Die
Korrelationslange ,
(T ) = q h
;
(2.4)
2mj(T )j
die die raumliche Variation des Ordnungsparameters beschreibt, und die Eindringtiefe
,
s
(T ) = e m
(2.5)
j(T )j ;
2
0
2
die die raumliche Variation des Magnetfeldes beschreibt. Beide Langen divergieren
bei Tc in der gleichen Weise. Durch ihr Verhaltnis wird der temperaturunabhangige
Ginsburg-Landau-Parameter deniert:
(2.6)
= ab((TT )) :
ab
bestimmt das Vorzeichen der Oberachenenergie einer Grenz
p ache zwischen normalund supraleitender Phase. In Supraleitern 1. Art ist < 1= 2. Ein Eindringen des
Magnetfeldes wurde zu einer Erhohung der Oberachenenergie fuhren. Aus diesem
Grund wird ein auerespFeld vollstandig abgeschirmt, bis oberhalb des kritischen Feldes
Bc(T ) = Hc = = 8
p die Supraleitung schlagartig zusammenbricht. In Supraleitern 2. Art ist > 1= 2 und die Oberachenenergie negativ. Der Aufbau einer
normal- supraleitenden Grenzschicht wird oberhalb eines kritischen Feldes Bc (T ) =
=(4 ) ln() energetisch begunstigt. Das sich in diesem Fall ergebende Phasendiagramm ist in Abb. 2.1 dargestellt. Unterhalb von Bc wird das auere Feld abgeschirmt,
der Supraleiter bendet sich im sogenannten Meinerzustand. Oberhalb von Bc kann
magnetischer Flu in Form normalleitender Filiamente (Vortizes) in den Supraleiter
eindringen, bis die Supraleitung bei Bc (T ) = =2 zusammenbricht. Die Vortizes
tragen jeweils ein Fluquant = h=2e = 2 10, Tm und ordnen sich aufgrund einer
langreichweitigen anziehenden und kurzreichweitigen abstoenden Wechselwirkung auf
einem hexagonalen Gitter an[10].
Zur Beschreibung anisotroper Supraleiter kann die Masse in Gl. 2.1 durch einen
Eektiven-Massen-Tensor ersetzt werden[22]. Die uniaxialen Hochtemperatursupraleiter sind durch zwei magnetische Eindringtiefen fur Strome in der ab-Ebene, ab, und
entlang der c-Achse, c , sowie durch zwei Koharenzlangen ab und c charakterisiert.
Der Anisotropieparameter beschreibt deren Verhaltnis zueinander,
= c = ab :
(2.7)
ab
c
Dieser ist 5 fur YBa Cu O [23] und 100 fur Bi Sr CaCu O [24].
0
0
0
1
0
2
1
1
2
0
2
3
7
0
15
2
2
2
2
2
8
Statische Ginsburg-Landau-Gleichungen
7
Abb. 2.1: Phasendiagramm eines Supraleiters zweiter Art in Molekularfeld-Naherung.
Die typischen Werte fur und und die sich daraus ergebenden Groen sind fur den
in dieser Arbeit untersuchten Hochtemperatursupraleiter Bi Sr CaCu O in Tab. 2.1
zusammengestellt.
2
2
2
8
Allgemein auftretende thermische Fluktuationen haben auch Einu auf die
Phasenubergange in Supraleitern zweiter Art. Fluktuationen des supraleitenden
Zustandes fuhren oberhalb von Tc zu einem zusatzlichen Beitrag zur Leitfahigkeit,
normalleitende Fluktuationen unterhalb von Tc zu einem zusatzlichem Widerstand.
Auch kann das Vortex-Gitter durch thermische Auslenkungen der Vortizes aus ihrer
Gleichgewichtslage bereits unterhalb von Tc in eine Vortex-Flussigkeit schmelzen. Ein
Ma fur den Einu thermischer Fluktuationen ist die Ginsburg-Zahl Gi[25],
"
#
1
k
B Tc Gi = 2 4 (0)B (0)
:
(2.8)
0
0
0
0
3
ab
2
0
2
c
Tab. 2.1: Materialparameter fur Bi Sr CaCu O
(0) = 2GL (0) ab(0)
Tc
Bc (0) Bc(0) Bc (0)
210nm [26]
2nm [25] 100 90K 30mT 0.6T 50T
p
2
0
2
2
1
8
2
8
KAPITEL 2 Grundlagen
Sie gibt die Breite des Temperaturintervalls um T c herum an, j1 , Tfl=Tc j = Gi, in
dem die Fluktuationen des Ordnungsparameters j@ j groer als dessen Betrag jj sind.
In konventionellen Supraleitern ist Gi ungefahr 10, , der Fluktuationsbereich ist auf
ein unmessbar schmales Temperaturintervall um Tc herum reduziert. In Hochtemperatursupraleitern hingegen sind Fluktuationen aufgrund der hohen kritischen Temperatur, der groen Anisotropie und Eindringtiefe sowie der geringen Korrelationslange
in einem groen Bereich des B , T -Phasendiagramms nicht zu vernachlassigen. Fur das
stark anisotrope Bi Sr CaCu O ist es sinnvoller, statt Gl. 2.8 ein zweidimensionales
Kriterium zu verwenden[25],
0
0
6
0
2
2
2
8
Gi D = kB Tcp4 (0)
2 d
2
0
0
2
;
2
0
(2.9)
und man erhalt Gi D 0:1.
2
Der Einu von Fluktuationen auf Transportgroen wird durch die Zeitabhangigkeit
der Fluktuationen bestimmt. So ist der Strom, der durch eine Fluktuation getragen
wird, direkt proportional zu ihrer Lebensdauer, wahrend der sie in einem angelegten
Feld beschleunigt wird. In Abschnitt 2.2.1 wird zuerst die dynamische Leitfahigkeit
(!) im Zwei-Flussigkeiten-Modell berechnet. In den Abschnitten 2.2.2 und 2.2.3
werden die Auswirkungen Gauscher Fluktuationen und topologischer Fluktuationen
auf (!) in zweidimensionalen Supraleitern beschrieben .
2
2
Eine sehr gute U bersicht uber Fluktuationseekte nahe Tc liefert Ref. [27].
Dynamische Leitfahigkeit nahe Tc
9
2.2 Dynamische Leitfahigkeit nahe Tc
2.2.1 Zwei-Flussigkeiten-Modell
Durch die phanomenologische Londonsche Theorie[28] konnen grundlegende elektrodynamische Eigenschaften von Supraleitern quantitativ beschrieben werden. Die supraleitenden Elektronen werden in einem elektrischen Feld E~ gleichformig beschleunigt,
ohne dabei Energie zu dissipieren. Deren Bewegungsgleichung lautet
vs = ,eE~ :
2me d~
dt
Daraus erhalt man fur den Strom ~js = ,2e~vsns der supraleitenden Ladungstrager mit
der Dichte ns die erste Londonsche Gleichung
~
E~ = L dd jt
(2.10)
mit der Londonschen Eindringtiefe
:
(2.11)
L = mn ee
s
0
0
2
2
0 2
0
Betrachtet man Strome mit einer harmonischen Zeitabhangigkeit, j exp(i!t), so
ergibt sich aus Gl. 2.10
E~ = s~j
(2.12)
mit der Supraleitfahigkeit
:
(2.13)
s = !i 0
2
L
Im Zwei-Flussigkeiten-Modell wird angenommen, da unterhalb von Tc nur ein Teil
der Ladungstrager zum Suprastrom beitragen, wahrend die anderen mit Dichte n , ns
normalleitend bleiben. Fur diese gilt das Ohmsche Gesetz
~jn = E~ :
(2.14)
0
0
0
Die Dichte der supraleitenden Ladungstrager verschwindet bei Tc und steigt mit abnehmender Temperatur an, bis fur T = 0 alle Elektronen supraleitend sind. Man nimmt
an, da der normalleitende und der supraleitende Strom parallel ieen, ~j = ~jn + ~js .
Fat man die Gl. 2.12 und 2.14 zusammen,
~j = ( + s) E~ ;
(2.15)
0
0
erhalt man die dynamische Leitfahigkeit unterhalb von Tc,
(!) = , i!1 :
L
0
0
2
(2.16)
10
KAPITEL 2 Grundlagen
Oberhalb von Tc wird im Drude-Modell der Stromtransport durch die Bewegungsgleichung
!
~
v
d~
v
me d t + ^ = ,eE~
(2.17)
0
mit der Stozeit ^ beschrieben. Daraus erhalt man fur die Normalleitfahigkeit
n(!) = 1 ,i!^ :
(2.18)
0
2.2.2 Fluktuationen: Gausche Naherung
Die zeitabhangigen Ginsburg-Landau-Gleichungen wurden von Abrahams und
Tsuneto[29] hergeleitet. Zur Berechnung der Fluktuationsleitfahigkeit kann mit diesen
das Frequenzspektrum der Stromuktuationen bestimmt werden. Die einfachste Verallgemeinerung von Gl. 2.2 berucksichtigt Fluktuationen des Ordnungsparameters, die
exponentiell gegen ihren Gleichgewichtswert relaxieren. Unter Vernachlassigung des
nichtlinearen Terms, der nur in einem kritischen Bereich um Tc einen Beitrag liefert,
und in Abwesenheit eines magnetischen Feldes erhalt man[30]
1
1
0 00 1
~
B@ h B@@ r A + , CA + 1 @ CA (r; t) = 0
(2.19)
2m i
, @t
0
2
2
2
c
mit
,c = 8kB Tc = ,
(2.20)
h und
q der Temperaturvariablen = (T , Tc )=Tc sowie der Korrelationslange =
h =2m nach Gl. 2.4. Der Paarbrechungsparameter unterscheidet sich fur reine
Supraleiter,
kB Tc k (T , T ) ;
= 712 (3)
c
B
0
0
0
0
2
2
0
0
F
und fur verunreinigte Supraleiter,
= 6h , kB (T , Tc )
0
0
F
:
ist die Riemannsche Zeta-Funktion und F die Fermie-Energie. Das Frequenzspektrum
der Fluktuationen erhalt man aus den Fourierkomponenten von Gl. 2.19,
[i! + ,K~ ] K;!
~ =0 ;
mit der Relaxationsrate der Moden ,K~ ,
,K~ = (1 + K ), :
2 2
0
Dynamische Leitfahigkeit nahe Tc
11
Das Frequenzspektrum ist lorentzformig:
2,K :
hjK;!
~ j i = hjK~ j i
, +!
2
2
2
Ausgehend vom Strom,
2
K~
X h K~ 0 K~ ,K=
;
~
~ K~ K=
m
K~
berechnete Schmidt die Fluktuationsleitfahigkeit G(!) als Funktion der Frequenz.
Diese ergibt sich aus Kubos Formel fur den Realteil der Leitfahigkeit
0 (k; ! ) = 1 hj (k; ! ); j (k; ! )i
:
(2.21)
2kB T hj(k; !); j (k; !)i ist die Strom-Strom-Korrelationsfunktion, wobei , die Raumrichtungen bezeichnen. Man erhalt
!
,~q K~2 + ,~q, K~2
kB Tc X qq
2
e
h
0
~ !) =
(K;
m
V ~q + ~q , K~ ! + , ~ + , ~ : (2.22)
m
~q K2
~q, K2
00 (k; ! ) ergibt sich aus der Kramers-Kronig-Relation
Der Imaginarteil Z 1 d!0 (~k; !)
00
~
(2.23)
(k; !) = ,P
!0 , ! :
,1
Die Summation kann unter Berucksichtigung der Dimensionalitat in eine Integration
uber den K~ -Raum umgewandelt und ausgefuhrt werden[30], und man erhalt fur die
Fluktuationsleitfahigkeit in einem dreidimensionalen System:
0 D (~!) = he khB,Tc 32 !~1 1 , (1 + !~ ) = cos 32 arctan !~
(2.24)
= D(0)S D (~!)
(2.25)
mit !~ = !=, und fur zweidimensionale Systeme der Dicke Lz , fur die Lz gilt,
e
k
2
1
1
B Tc 1 0
(2.26)
D (~!) = h L h , 2 !~ , !~ arctan !~ , !~ ln j1 + !~ j
z
= D(0)S D (~!) :
(2.27)
Im Grenzfall kleiner Frequenzen, !~ 1, stimmen diese allgemeinen Resultate mit den
zuerst von Aslamazov und Larkin[31] in zeitabhangiger Ginsburg-Landau-Theorie fur
reine Supraleiter berechneten Gleichstromleitfahigkeiten
T
, =
1
e
AL
D = 32 h (0) T , 1
c
,
1
e
T
AL
D = 16 h L T , 1
(2.28)
z
c
uberein. Die Frequenzabhangigkeit der Fluktuationsleitfahigkeit ist in Abb. 2.2 dargestellt.
jK~ = 2Ve
0
2
0
+
2
0
2
+
2
1
2
2
2
2
+
+
2
0
3
2 3 4
2
0
3
3
0
2
0
2
2
2
0
2
2
1 2
2
3
0
1
2
2
0
12
KAPITEL 2 Grundlagen
Abb. 2.2: Betrag und Phase der dynamische Leitfahigkeit (~!), berechnet in einem
zeitabhangigen Ginsburg-Landau-Modell in dem Gausche Fluktuationen exponentiell
zerfallen[30].
Dynamische Leitfahigkeit nahe Tc
13
2.2.3 Topologische Fluktuationen
a) Dissoziation von Vortex-Antivortex-Paaren
In zweidimensionalen Systemen, die durch einen mehrkomponentigen Ordnungsparameter = f(R)g beschrieben werden konnen, kann sich keine konventionelle
langreichweitige Ordnung ausbilden, d.h. der Erwartungswert des Ordnungsparameters
hi = 0
verschwindet bei jeder endlichen Temperatur[32]. Trotzdem schliet dieses auch hier
die Existenz eines Phasenubergangs bei einer endlichen Temperatur nicht aus. Auch
diese Systeme konnen auf makroskopischen Langenskalen ordnen. Von Kosterlitz
und Thouless[3, 4] wurde hierzu das Konzept der topologischen Ordnung eingefuhrt,
welches sich an den makroskopischen Eigenschaften des Systems orientiert. Der
Phasenubergang in zwei Dimensionen ist verknupft mit dem Auftreten sogenannter
topologischer Anregungen, welche diese makroskopischen Eigenschaften des Systems
zerstoren.
In zweidimensionalen Supraleitern sind diese topologischen Anregungen thermisch
induzierte Vortizes und Antivortizes, welche unterhalb der U bergangstemperatur TKT
zu Paaren gebunden sind. Bei TKT bricht diese Bindung auf, und die Bewegung freier
Vortizes fuhrt zur Dissipation.
Das kann anhand eines einfache Bildes verdeutlicht werden. Die Energie zur Erzeugung
eines einzelnen Vortex mit Kernradius in einem zweidimensionalen Supraleiter der
Dicke Lz divergiert mit der Flache des Systems (L ),
2
E = Lz ln(L=) + En
1
0
:
(2.29)
En 0:39 Lz [33] ist die Nukleationsenergie des normalleitenden Vortex-Kerns in der
supraleitenden Ebene und
(2.30)
= 4 die Selbstenergie einer Vortex-Linie pro Lange. Freie Vortizes werden bei tiefen Temperaturen also nicht angeregt. Die Energie zur Erzeugung eines gebundenen VortexAntivortex-Paares mit Abstand r hingegen ist endlich,
0
0
2
0
0
2
E = Lz ln(r=) + 2En
2
0
;
so da solche Paare im Supraleiter bei genugend hohen Temperaturen vorkommen.
Die Erzeugung freier Vortizes ist aber auch mit einem Gewinn an Entropie, S =
kB ln(L=) , verbunden. Dadurch wird die freie Energie
2
F = E , TS = Lz ln(L=) , kB T ln(L=)
0
2
(2.31)
14
KAPITEL 2 Grundlagen
zur Anregung eines freien Vortex-Paares oberhalb einer Temperatur TKT negativ, und
diese bevolkern das System. Die topologische Ordnung wird oberhalb von TKT durch
die freien Vortizes zerstort.
Die Wechselwirkung von Vortex-Paaren wird durch Paare mit geringeren Abstanden
abgeschirmt. Dieser Eekt kann durch eine langenabhangige dielektrische Funktion
"(r), die von der Dichte von Paaren mit Abstanden kleiner als r abhangt, berucksichtigt
werden. Die logarithmische Wechselwirkung eines einzelnen Vortex-Antivortex-Paares
wird in Gegenwart anderer Vortizes zu
Zl 2kB TK
0
U (r) =
(2.32)
"(l0) dl + 2c (T )
0
0
mit l = ln(r=a ), dem kleinsten moglichen Abstand zweier Vortizes a , dem chemischen Potential c und der Kopplungskonstanten K = Lz =kB T . Die langenabhangige
Kopplungskonstante K (l) = K ="(l) kann aus einem Satz von Renormierungsgleichungen bestimmt werden. Diese lassen sich durch die Anregungswahrscheinlichkeit
y(l) fur ein Vortex-Paar mit Abstand r,
dK , = 4 y(l) ;
dl
dy(l) = y(l)[2 , K (L)] ;
dl
0
0
0
0
0
1
3
ausdrucken. Der kontinuierliche Phasenubergang bei TKT ist durch das Einsetzen
makroskopischer Ordnung charakterisiert. Um das Verhalten auf groen Langenskalen
zu erhalten, mussen die gekoppelten Renormierungsgleichungen mit den Startbedingungen K (0) = K und y(0) = y integriert werden. Fur T TKT ist y(l ! 1) = 0,
und die Temperatur des Phasenubergangs ist die hochste Temperatur, bis zu der diese
Beziehung erfullt ist. Wie von Nelson und Kosterlitz[34] gezeigt wurde, folgt daraus,
da die Kopplungskonstante den universellen Wert
K (l ! 1) = 2
annimmt. Hierdurch ist die superuide Dichte in der zweidimensionalen Schicht ns =
Lz j(T )j festgelegt. Sie nimmt mit K (l ! 1) = nsh =mkB T bei TKT einen universellen Wert an,
ns(TKT ) = 2mkB TKT
:
(2.33)
h Dieser Wert wurde erstmals von Rudnick[35] in He Filmen beobachtet. Man kann die
sogenannte 2D-Abschirmlange Ls = 2 =Lz denieren, die bei TKT durch
Ls (TKT ) = TKT
(2.34)
mit der thermischen Lange
K
T (T ) = 4k T = 2cm
(2.35)
T
B
0
0
2
2
2
4
2
2
0
0
Dynamische Leitfahigkeit nahe Tc
15
gegeben ist.
Von Pearl[36] wurde gezeigt, da in einem zweidimensionalen Film der Dicke Lz die
logarithmische Wechselwirkung zwischen Vortizes bei der Lange Ls abgeschirmt wird.
Bei groeren Abstanden der Vortizes voneinander fallt die Wechselwirkungsenergie
nicht mehr logarithmisch, sondern 1=r ab. Die Energie, um einen isolierten Vortex
zu erzeugen, wird dadurch, im Gegensatz zu Gl. 2.29, endlich,
E ;s Lz ln Ls + En ;
und eine endliche Dichte freier Vortizes und Antivortizes ist bei jeder Temperatur T > 0
vorhanden. Der scharfe Phasenubergang in einem unendlich ausgedehnten zweidimensionalen System ohne Abschirmung wird dadurch verschmiert. Wenn TKT = Ls
groer als die Abmessung L der Proben ist, ist eine Rundung des Kosterlitz-ThoulessPhasenubergangs eher auf einen Groen- als auf einen Abschirmeekt zuruckzufuhren.
Durch topologische Anregungen wird die Temperatur des Phasenuberganges TKT in
dunnen Proben deutlich unter die Ginsburg-Landau-U bergangstemperatur Tc , bei
der eine endliche superuide Dichte ns = hj ji > 0 lokal gebildet wird, abgesenkt.
Bei TKT wird die Dichte phasenkorreliert, ns = s(T )ns , wobei s(T ) die Steigkeit
der lokalen Cooper-Paar-Dichte beschreibt. Wahrend die lokale Kondensatdichte in
Ginsburg-Landau-Naherung ns (Tc , T ) wachst, bleibt ns oberhalb von TKT null

und springt dann auf einen endlichen Wert ns(TKT ). Die Ubergangstemperatur
TKT
kann aus Gl. 2.31 als selbstkonsistente Losung von
s1 L (T ) = k T
(2.36)
B KT
2 z KT
bestimmt werden.
Oberhalb von TKT sind nur wenige Vortizes im System vorhanden, und es bleibt supraleitend auf kurzen Langenskalen. Bei TKT verschwindet die Dichte der freien Vortizes
nf = , (T ). Nach Halperin und Nelson[37] ist die Korrelationslange (T ) durch
s
TKT
(2.37)
(T ) = c exp b T ,
TKT
mit einer nichtuniversellen Konstanten b = O(1) und c gegeben. In der Nahe von
Tc kann die Temperaturabhangigkeit von (T ) durch die Divergenz der GinsburgLandau-Korrelationslange beeinut werden. Eine nutzliche Interpolation stellt nach
Minnhagen[38]
s
(T ) = (T ) exp b TTc,,T T
2
1
0
0
0
2
0
0
0
0
+
2
+
+
0
+
0
+
KT
dar. Die statische Leitfahigkeit erhalt man aus[37]
!
n
V A(! ! 0) = 4 C +
2
1
2
(2.38)
16
KAPITEL 2 Grundlagen
Abb. 2.3: a) Nichtlineare Strom-Spannungskennline eines Bi Sr CaCu O -Kristalls in
der Umgebung von TKT und b) Temperaturabhangigkeit des Exponenten der StromSpannungs Kennlinie[8]
2
2
2
8
mit der Normalleitfahigkeit n und C = O(1).
2D-Kosterlitz-Thouless-U bergange wurden experimentell an Monolagen dunnen
Bi Sr CaCu O [2] und YBa Cu O [39] beobachtet. Die U bergangstemperatur der
einzelnen Schicht ist auf weniger als TKT (n = 1) = 30K im Vergleich zu Tc = TKT (1) 90K des massiven Supraleiters abgesenkt. Diese Temperatur wird von Matsuda et al.
als intrinsisch fur eine CuO -Schicht angesehen[39].
Auch an dicken Kristallen wurde z.B. von Artemeko et al.[8] anhand von StromSpannungs-Kennlinen ein Phasenubergang beobachtet, der als Kosterlitz-ThoulessU bergang unabhangiger Vortex-Antivortex-Paare in jeder einzelnen entkoppelten
CuO -Ebene interpretiert wurde. Die Strom-Spannungs-Kennlinen sind unterhalb von
TKT nichtlinear. Ursache dieser Nichtlinearitat ist das Aufbrechen gebundener VortexAntivortex-Paare durch den angelegten Strom, charakterisiert durch den Exponenten
,
V I :
Dieser Exponent, dargestellt in Abb. 2.3, springt von 1 fur T > TKT auf 3 bei TKT und
steigt mit abnehmender Temperatur weiter an, in U bereinstimmung mit der Vorhersage
von Halperin und Nelson[37].
Betrachtet man geschichtete Materialien, so kann dieses Bild durch eine endliche
Josephson-Wechselwirkung zwischen den Ebenen erheblich beeinut werden. Im
einfachsten Fall eines entkoppelten Systems paralleler Ebenen bleibt die Wechselwirkung eines Vortex-Antivortex-Paares in einer Ebene aufgrund der Abschirmung
durch die anderen Ebenen logarithmisch auf allen Langen, und ein echter KosterlitzThouless-U bergang ndet statt[40].
1
2
2
2
8
2
2
2
3
7
Dynamische Leitfahigkeit nahe Tc
17
Abb. 2.4: Mogliche 2D- und 3D-artige topologische Anregungen in einem geschichteten
Supraleiter, Vortex-Antivortex-Paar mit (a) r < J und (b) r > J , (c) Vortex-Ring
und (d) Vortex-Antivortex-Linienpaar.
Andererseits ist in einem Josephson-gekoppelten System die Wechselwirkung zwischen
zwei Vortizes in derselben Ebene nur fur Abstande R < J = s (Abb. 2.4 a)) logarithmisch. Ist R > J , wird das magnetische Feld zwischen zwei Vortizes in zwei JosephsonStrings umgelenkt, und die Wechselwirkungsenergie wachst linear mit dem Abstand an,
d.h. Vortex-Antivortex-Paare der Groe R > J bleiben durch die Josephson-Strings
gebunden, wie in Abb. 2.4 b) dargestellt. Dieses hat zur Folge, da bei einer unendlichen
Anzahl schwach Josephson-gekoppelter Ebenen die kritische Temperatur Tc gegenuber
der U bergangstemperatur der einzelnen Schicht TKT angehoben wird[40],
0
!1
Tc = TKT @1 + ln( ) A :
(2.39)
2
Bei Tc setzt eine dreidimensionale, tatsachlich langreichweitige Ordnung mit nichtverschwindendem Ordnungsparameter unterhalb von Tc ein.
Bei einer endlichen Anzahl supraleitender Ebenen mit Abstand s voneinander sind
weitere Arten von topologischen Anregungen, dargestellt in Figur 2.4, moglich. Ist der
Film dunner als ein kritischer Radius
ra = J ln(ra=ab) ;
(2.40)
konnen zu Linien aufgereihte Vortizes und Antivortizes, welche den ganzen Film
durchstoen (Abb. 2.4d), die bevorzugte topologische Anregung darstellen. Deren
Wechselwirkungsenergie ist logarithmisch im Abstand, wodurch es moglich ist, da
gebundene Vortex-Antivortex-Linien am zweidimensionalen Phasenubergang dissoziieren und so die Rolle der Vortex-Antivortex-Paare beim Kosterlitz-Thouless-U bergang
der einzelnen Schicht ubernehmen. Solches Verhalten wurde an Bi Sr CaCu O [7]und an YBa Cu O [39]-Filmen, welche nur wenige Monolagen umfaten, beobachtet.
In Abb. 2.5 sind die Ergebnisse dickenabhangiger Untersuchungen des resistiven
U bergangs an ultradunnen YBa Cu O -Filmen bis hinab zu einer Monolage von
Matsuda et al.[39] dargestellt. Die Dickenabhangigkeit der U bergangstemperatur TKT
wird durch das Anwachsen der eektiven zweidimensionalen superuiden Dichte mit
der Anzahl der Lagen erklart.
2
2
3
7
2
3
7
2
2
8
18
KAPITEL 2 Grundlagen
Abb. 2.5: a) Temperaturabhangigkeit des dc-Widerstands R(T )=R(100K) von 1 - 10
Monolagen dicken YBa Cu O -Filmen, hergestellt als Sandwich zwischen halbleitenden

PrBa Cu O -Puerschichten, b) Dickenabhangigkeit der Ubergangstemperatur
TKT , bei
der der Widerstand R(T ) verschwindet[39]. Die durchgezogene Linie wurde nach der
Kosterlitz-Thouless-Theorie berechnet.
2
2
3
3
7
7
Ist die Dicke des Films groer als ra (Gl. 2.40), werden bei tiefen Temperaturen
zweidimensionale Fluktuationen, r < J , angeregt. Mit steigender Temperatur wachst
die Ausdehnung der Vortex-Antivortex-Paare an (Abb. 2.4 b)), und dreidimensionale Vortex-Anregungen in Form von Vortex-Ringen (Abb. 2.4 c)) entstehen durch
Nukleation und Kopplung von Vortizes und Antivortizes in benachbarten Ebenen. In
diesen Filmen ndet ein 2D-3D-U bergang statt[39]. Nach Friesen[9] erfolgt der 2D-3DU bergang, wenn die Energie der Josephson-Strings die Nukleationsenergie der Punktvortizes in den Ebenen ubersteigt, charakterisiert durch J = ab . In der Umgebung
von Tc ist die divergierende Korrelationslange die einzige Langenskala im System, und
die Diskretheit der Ebenen ist unwichtig. Oberhalb von Tc ndet ein 3D-2D U bergang
statt, wenn die Punkt-Vortizes in benachbarten Ebenen entkoppeln, wenn also c < s
ist.
Messungen nichtlinearer Strom-Spannungs-Kennlinien und von (T ) im Nullfeld an
Bi Sr CaCu O -Kristallen entlang und senkrecht zu den CuO -Ebenen[41] zeigen
tatsachlich zwei U bergange, einen bei einer Temperatur Tcab, bei der in den CuO Ebenen Dissipation einsetzt, und bei einer Temperatur Tc > Tcab, bei der in Richtung
der c-Achse ein Widerstand gemessen wird. Es ist umstritten, ob bei Tc die Josephsonkopplung zwischen den Ebenen einsetzt und die Supraleitung in den CuO -Ebenen
als Kosterlitz-Thouless-U bergang bei Tcab, oder ob deren Beobachtungen durch U berlagerung eines U bergangs der Josephson-Fluxons bei Tc und eines dreidimensionalen
Phasenubergangs der Ebenen bei Tcab erklart werden konnen[42].
2
2
2
8
2
2
2
Jungste Arbeiten von Friesen[9] untersuchen den Einu thermischer Phasenuktuationen zwischen den Ebenen auf das Entkoppeln der Ebenen. Durch diese wird
Dynamische Leitfahigkeit nahe Tc
19
Abb. 2.6: Temperaturabhangigkeit der relevanten Langenskalen, der Korrelationslange
ab und der Josephsonlange J in der Umgebung des Phasenubergangs Tc. ab
folgt einem 3D-Potenzgesetz und divergiert bei Tc, J ist als temperaturunabhangig
angenommen. Oberhalb des Phasenubergangs Tc wird J durch die thermischen Phasenuktuationen zwischen den Ebenen renormiert. Diese Lange ~J divergiert bei Tcc, wo

die Ebenen entkoppeln. Der 3D-2D-Ubergang
ndet statt, wenn ~J = ab [9].
die Symmetrie des Phasenubergangs gestort. Oberhalb von Tc wird die JosephsonKopplung zwischen den Ebenen, charakterisiert durch die Josephsonlange ~J , renormiert und divergiert bei Tcc aufgrund von Abschirmeekten der freien Vortizes. Ein
3D-2D-U bergang ndet bei Tcr statt, wenn ~J = ab. Der Bereich 3D-artiger VortexAntivortex-Fluktuationen zwischen Tcr und Tc kann somit drastisch eingeschrankt sein.
2.2.4 Dynamik der Vortex-Paare
Die Antwort eines Supraleiters auf eine externe, zeitabhangige Storung wird durch
die freien und gebundenen Vortex-Antivortex-Paare beeinut. Dieses kann analog
zur Beschreibung der statischen Eigenschaften der Vortex-Antivortex-Paare durch
die frequenzabhangige dielektrische Funktion "(!) ausgedruckt werden. Aus der
Londonsche Leitfahigkeit nach Gl. 2.13 erhalt man bei Berucksichtigung topologischer
Anregungen nach Halperin und Nelson[37]
(!) = ! i "(!) :
(2.41)
L
Diese Darstellung basiert auf der Theorie einer neutralen Superussigkeit auf einem
oszillierenden Substrat von Ambegaokar et al.[43].
0
2
20
KAPITEL 2 Grundlagen
Die dielektrische Funktion kann als
"(!) = (1 + b(!)) + i=!
(2.42)
geschrieben werden. Ihr Realteil 1 + b ruhrt von der Polarisierbarkeit der gebundenen
Vortex-Antivortex-Paare her und kann aus der statischen dielektrischen Funktion "(r)
berechnet werden. Dieser Anteil liefert bei hohen Frequenzen oberhalb von TKT und bei
allen Frequenzen unterhalb von TKT den dominierenden Beitrag. Der Imaginarteil von
"(!) beschreibt den dissipativen Beitrag der freien Vortizes und dominiert bei niedrigen
Frequenzen oberhalb von TKT . Die Relaxationsrate ,
(T ) = h ns nf =m ;
(2.43)
ist im wesentlichen durch die Dichte nf der freien Vortizes, nf , , oberhalb von
TKT und durch die Mobilitat, die fur unreine Supraleiter die Form[44]
= 2e =h nLz
annimmt, bestimmt. Bei Vernachlassigung von Abschirmungs- und Groeneekten
verschwindet nf unterhalb von TKT , d.h. (T < TKT ) = 0. Die dielektrische Suszeptibilitat der gebundenen Vortizes, b, ist gema dem phanomenologischen Ansatz von
Halperin und Nelson[37, 45] gegeben durch:
Z+ d"(r) 14Dr,
(2.44)
b(!) = dr dr ,i! + 14Dr,
0
0
2
0
2
2
+
2
2
2 2
0
2
2
mit der Diusionskonstanten
:
D = kB T = 2 L T z
n
Durch Substitution von p!GL r= = y kann Gl. 2.44 in der Form
p!
Z d"(r=) dy
1
b(!) = p!
d(r=) 1 , iy
GL p!
2
0
2
GL
geschrieben werden, mit den Zeiten
GL = 14 D = T Lz7 n
2
und
(2.45)
0
!
= 14D = GL :
(2.46)
Die durch die Relaxationszeit der kleinsten Paare bestimmte untere Grenze des
Integrals wird sehr klein, so da !GL ! keinen Einu auf den Wert des Integrals,
Gl. 2.45, hat. Die Leitfahigkeit wird dadurch zu einer Funktion der Variablen ! ,
, (! ) = V,A (0) + i! L (1 + b(! ))
(2.47)
= V,A (0)SV,A(! ) :
2
+
1
+
1
1
2
0
1
2
Dynamische Leitfahigkeit nahe Tc
21
Abb. 2.7: Die Frequenzabhangigkeit der Skalenfunktionen SV A(! ) nach Gl. 2.47 mit
"0(r=) = 1 und S GD (! ) nach Gl. 2.24 unterscheidet sich praktisch nicht.
3
Fur d"(r=)=d(r= ) = 1 erhalt man nahezu die gleiche Frequenzabhangigkeit der
Skalenfunktionen SV A(! ) und S GD (! ), dargestellt in Abb. 2.7.
3
22
KAPITEL 2 Grundlagen
2.3 Stabile Supraleitung im Magnetfeld?
2.3.1 Das ideale Vortex-Gitter
Durch die starken thermische Fluktuationen ebenso wie durch Unordnung in realen
Materialien wird auch das sich in Molekularfeld-Naherung ergebende Phasendiagramm
der Supraleiter 2. Art, dargestellt in Abb. 2.1, fur die Hochtemperatursupraleiter
modiziert. Die Natur der sich hier im Vortex-Zustand ausbildenden Phasen und
Phasenubergange ist bis heute nicht vollstandig geklart und Gegenstand einer Vielzahl
von Untersuchungen.
An Bi Sr CaCu O -Kristallen wurde von Zeldov et al.[12, 46] in feld- und temperaturabhangigen Messungen der lokalen Magnetisierung, dargestellt in Abb. 2.8, ein
scharfer Sprung beobachtet und als Phasenubergang erster Ordnung interpretiert. Bei
dem beobachteten Feld Bm (T ) schmilzt das sich bei tiefen Temperaturen in reinen
Kristallen bildende Vortex-Gitter in eine Vortex-Flussigkeit. Weitere experimentelle
Hinweise auf diesen Schmelzubergang stammen auch aus nicht-lokalen Neutronenstreu[13] und SR-Experimenten[47].
2
2
2
8
Abb. 2.8: a) Die lokale Magnetisierung Bz , Ha eines Bi Sr CaCu O -Kristalls zeigt
in Abhangigkeit des aueren Feldes Ha einen scharfen Sprung bei der Schmelztemperatur Tm. Dieser Phasenubergang erster Ordnung bleibt auch nach Erzeugung von
Punktdefekten mittels Bestrahlung durch Elektronen erhalten. b) Kolumnare Defekte
wirken stabilisierend gegen die Vortexuktuationen und schieben die Phasengrenze zu
hoheren Feldern. Die Schmelzlinie wird durch einen kontinuierlichen Phasenubergang
ersetzt[17].
2
2
2
8
Stabile Supraleitung im Magnetfeld?
23
Abb. 2.9: Durch thermische Fluktuationen kann der Vortex-Festkorper bereits deutlich
unterhalb von Bc entlang der Schmelzlinie Bm (T ) in eine Vortex-Flussigkeit
schmelzen.
2
Ein semiquantitativer Ansatz zur Beschreibung des Schmelzens in Festkorpern ist
das Lindemann-Kriterium. Man nimmt an, da das Kristallgitter instabil gegenuber
thermischen Fluktuationen seiner Elemente (hier Vortex-Linien) wird, sobald die
Amplitude
q der Fluktuationen hu ith groer als ein Bruchteil cL der Gitterkonstanten
a = B= wird,
hu (Tm)ith = cLa :
Es hat sich herausgestellt, da dieses Kriterium eine zufriedenstellende Abschatzung
fur die Schmelztemperatur Tm fur eine Vielzahl dreidimensionaler Schmelzubergange
darstellt, wobei die Lindemann-Zahl cL 0:1 , 0:2 nur schwach vom jeweiligen
Material abhangt. Die Amplitude der Fluktuationen der Vortex-Positionen kann mit
Hilfe der Elastizitatstheorie fur anisotrope Supraleiter berechnet werden. Houghton,
Pelcovits und Sudb[48] berechneten daraus eine implizite Gleichung fur die Schmelzlinie. Diese vereinfacht sich in einem Feldbereich deutlich unterhalb von Hc (T ), welcher
in Hochtemperatursupraleitern einen groen Platz im Phasendiagramm einnimmt, zu
cL B (0) 1 , T Bm (T ) = m Gi
(2.48)
c
Tc
mit 5:6. Diese thermodynamische Phasengrenze trennt die Flussigkeit von Linienvortizes oberhalb von Tm vom Vortex-Liniengitter unterhalb von Tm.
2
0
0
2
2
2
0
2
2
4
2
24
KAPITEL 2 Grundlagen
Mit zunehmendem Feld zerfallen die Linienvortizes zu individuellen, in den Ebenen
lokalisierten Punktvortizes. Der U bergang setzt ein, sobald die Scherenergie des Fluliniengitters, charakterisiert durch den Schermodul c , uber die Kippenergie, charakterisiert durch c , anwachst. Beim Entkopplungsfeld[11]
66
44
B D = ln J
J
(2.49)
0
2
2
wechselt das System von dreidimensionalem zu zweidimensionalem Verhalten. Die
Josephson-Kopplung zwischen benachbarten Ebenen dominiert unterhalb von B D uber
die Wechselwirkung der Punkt-Vortizes in den Ebenen und fuhrt zu einem Kippmodul
c 6= 0. Die Schmelzlinie folgt hier Gl. 2.48. Mit steigender Temperatur brechen
die Vortex-Linie in individuelle Punktvortizes auf, und die supraleitende Ordnung
senkrecht zu den Ebenen geht bei der Entkopplungstemperatur Te verloren,
B D =
Te(B ) = Tm(B ) B
;
(2.50)
und der Kippmodul verschwindet[11].
2
44
1 2
2
Oberhalb von B D dominiert die Wechselwirkung der Punkt-Vortizes untereinander.
Dieses bedeutet auch, da die Fluktuationen oberhalb von B D zweidimensionalen
Charakter haben und hu (r)ith logarithmisch mit der Groe des Systems divergiert. Eine Beschreibung des zweidimensionalen Schmelzens mittels des LindemannKriteriums versagt hier. Nach Huberman und Doniach[49] und Fisher[50] kann
das Schmelzen des zweidimensionalen Fluliniengitters als Kosterlitz-Thouless-artiger
U bergang interpretiert werden. Die Rolle der bei Tm dissoziierenden Objekte wird
von Versetzungspaaren ubernommen, die in einem endlich ausgedehnten zweidimensionalen Fluliniengitter spontan entstehen konnen. Deren Bindungsenergie ist um 1=8
gegenuber der Bindungsenergie von Vortex-Antivortex-Paaren reduziert, wodurch die
Schmelztemperatur TmD gegenuber der Kosterlitz-Thouless-U bergangstemperatur TKT
wesentlich abgesenkt wird.
TmD = 64 k s (2.51)
2
2
2
2
0
2
B
2
0
2
ab
ist feldunabhangig, und man erhalt fur Bi Sr CaCu O TmD 25K.
2
2
2
2
8
Analog zum Kosterlitz-Thouless-U bergang wird die Schmelztemperatur
bei Annaherung an das Entkopplungsfeld B & B D durch die Josephson-Kopplung
zwischen den Ebenen angehoben, woraus sich diese 3D-artige Schmelzlinie
!
b
D
Tm(B ) = Tm 1 + (ln(B=B )) =
(2.52)
2
2
2
fur B > B D mit = 0:37 und b = O(1) ergibt[11].
2
D
1
Stabile Supraleitung im Magnetfeld?
25
Die supraleitende Phasenkoharenz entlang der Feldlinien, d.h. senkrecht zu den Ebenen,
setzt oberhalb von B D erst bei der tieferen Temperatur TDC ein. Diese kann durch
TmD ausgedruckt werden,
=
:
(2.53)
TDC = TmD BBD
Die oben hergeleiteten Gl. 2.48 bis Gl. 2.53 gelten fur ideale, ungestorte Systeme.
Keiner dieser Phasenubergange ist in solchen idealen Systemen beobachtbar, denn auch
das geordnete Kristall-Gitter wird sich als Ganzes unter dem Einu der Lorentzkraft
bewegen. Dadurch wird Energie dissipiert, und es liegt keine tatsachliche Supraleitung
vor.
2
2
2
2
1 2
In jedem realen System gibt es Storungen, und diese Storungen konnen die VortexBewegung behindern, indem einzelne Vortizes an ihnen haften. So ist es moglich, da
unterhalb der Schmelztemperatur ein an wenigen Stellen festgehaltenes Vortex-Gitter
zu einem verschwindenden Widerstand fuhrt. Unordnung zerstort die langreichweitige
Translationssymmetrie auf Langenskalen groer als die Larkin-Lange[51]. Eine Gitterordnung bleibt nur auf kleineren Langen erhalten. Ist die Storung gering, so kann die
langreichweitige Gitterordnung auch auf groen Langen sichtbar sein. So wurde von
Zeldov et al.[17] beobachtet, da in Bi Sr CaCu O -Kristallen, die mit einer hohen
Dosis von Elektronen, n 10 cm, , bestrahlt wurden, das Schmelzen des VortexGitters in eine Vortex-Flussigkeit als Phasenubergang erster Ordnung erhalten bleibt.
Zufallig verteilte Defekte sind somit nicht in der Lage, die Fluktuationen der VortexFlussigkeit eektiv zu unterdrucken. Es wurde sogar beobachtet, da sich die Phasengrenze mit zunehmender Dichte der bei der Bestrahlung entstehenden Punktdefekte zu
niedrigereren Feldern verschiebt. Dieses kann dadurch erklart werden, da sich zu den
thermischen Fluktuationen die Verzerrungen der einzelnen Flulinien an den Punktdefekten addieren.
2
18
2
2
8
2
Schon eine geringe Dichte kolumnarer Defekte, n 10 cm, entsprechend B =
2 mT, fuhrt dazu, da die Schmelzlinie durch einen kontinuierlichen Phasenubergang
ersetzt wird. Dieser verschiebt sich mit zunehmender Defektdichte zu hoheren
Feldstarken. Nur nahe Tc bleibt der Sprung in der lokalen Magnetisierung und somit
das Schmelzen als Phasenubergang 1. Ordnung erhalten. Dieser Fall lat sich in dem
von Nelson und Vinokur[52] entwickelten Bose-Glas-Modell beschreiben, mit einer
tatsachlich supraleitenden Tieftemperaturphase, dem Bose-Glas. Im Bose-Glas wirken
die kolumnaren Defekte stabilisierend gegen die Vortex-Fluktuationen und fuhren zu
einer Erhohung der Schmelzlinie.
8
2
2.3.2 Vortex-Glas
Die langreichweitige Ordnung des Abrikosov-Gitters wird durch Unordnung zerstort.
Fisher[53] vermutete, da sich in gestorten dreidimensionalen Supraleitern bei tiefen
26
KAPITEL 2 Grundlagen
Temperaturen eine neue thermodynamische Phase bildet, das Vortex-Glas mit einem
verschwindenden Widerstand, (j ! 0) ! 0. Dieser Vortex-Glas-Zustand ist nach
Fisher, Fisher und Huse[54] vergleichbar mit einem Spin-Glas. Der die langreichweitige Phasenkoharenz beschreibende Ordnungsparamenter ist durch die Korrelationsfunktion
GV G(r) = jh(r0)(r0 + r)ij
gegeben. Dieser bleibt im Vortex-Glas fur groe Abstande endlich und verschwindet
oberhalb der Glastemperatur Tg exponentiell. Die Korrelationslange
,
T
g (T ) = g (0) 1 , T (2.54)
g
mit dem kritischen Exponenten beschreibt die raumliche Ausdehnung von Fluktuationen der Vortex-Flussigkeit in der festen Vortex-Glas-Phase fur T < Tg und von
glasartigen Bereichen in der Vortex-Flussigkeit fur T > Tg . Die charakteristische
Relaxationszeit der Fluktuationen steigt wie
,z
T
z
(2.55)
(T ) g 1 , T g
an, mit dem dynamischen kritischen Exponenten z. Die Annahme eines kontinuierlichen Phasenubergangs mit der bei Tg divergierenden Korrelationslange g und divergierender Relaxationszeit erlaubt die Herleitung von Skalierungsvorschriften fur die
nichtlineare Leitfahigkeit (j ), wie sie aus Strom-Spannungskennlinien bestimmt wird,
und fur die lineare dynamische Leitfahigkeit (!) im kritischen Bereich um Tg herum.
Diese Skalierungsvorschriften erhalt man, indem man alle in diese Groen eingehenden
Langen durch die Korrelationslange g ersetzt, die im kritischen Bereich die einzige
ausgezeichnete Lange darstellt, und die Zeit durch die Relaxationszeit .
~ . A~ ist
Das elektrische Feld ist die Zeitableitung des Vektorpotentials, E~ = @ A=@t
umgekehrt proportional zu einer Lange, so da im kritischen Bereich E 1=( ) , z gilt. Die Stromdichte ist ~j = @f=@ A~ mit der freien Energiedichte f . Diese soll in
drei Dimensionen wie ein inverses Volumen skalieren, f 1= , woraus j = ,
folgt. Die Kombination dieser Skalenrelationen ergibt
(1+ )
3
Egz = E~ (jg )
+1
3
2
(2.56)
2
fur Temperaturen oberhalb (+) und unterhalb (-) von Tg mit einer geeigneten Skalenfunktion E~ (x).
Die Leitfahigkeit = j=E skaliert wie z, , und die Kreisfrequenz ! ,z ist
eine inverse Zeit. Daraus ergibt sich diese Skalenrelation:
1
,z = S(!gz )
1
:
(2.57)
Stabile Supraleitung im Magnetfeld?
10
27
10
2
10
b)
a)
10
T < T vg
1
T (K)
ρ’’/ρ’
10
90.6
90.5
90.4
90.3
90.2
90.1
90.0
89.8
89.6
89.4
89.2
89.1
89.0
88.8
88.7
88.6
88.4
88.2
88.0
T > T vg
0
T > T vg
T < T vg = 88.9 K
-1
10
5
| ρ |/ρ0
10
0
-5
10
-10
-2
10
10
-5
10
0
10
ωτ
10
5
10
0
-5
10
10
10
ωτ
10
5
10
10
10
Abb. 2.10: a) Phase und b) Betrag des skalierten dynamischen Widerstandes (!)= =
=(!) eines YBa Cu O -Films im Feld B = 0:4 T[55]
0
0
2
3
7
p
Diese Skalierungsvorschrift kann ausgedruckt werden in Betrag jj = 0 + 00 und
Phasenwinkel ' = arctan(00=0) der komplexen Leitfahigkeit = jj exp(i'):
2
2
j(!)j = gz, S~(!gz ) ;
(2.58)
(2.59)
1
'(!) = (!gz )
:
Die geeigneten Skalenfunktionen S (x) bzw. S~(x) und (x) oberhalb und unterhalb
von Tg beschreiben den Wechsel vom rein Ohmschen Verhalten fur T > Tg (S 00 = 0)
mit
S~ (x ! 0) = 1; (x ! 0) ! 0 ;
(2.60)
zur supraleitenden Abschirmung (T > Tg ) mit
(2.61)
S~, (x ! 0) x; , (x ! 0) ! 2 :
Bei Tg befolgt die Leitfahigkeit ein Potenzgesetz,
+
+
S~ (Tg) x , =z
1 1
;
(2.62)
und der Phasenwinkel ist gema der Kramers-Kronig-Relation gegeben durch den
frequenzunabhangigen Wert
(Tg ) = 2 1 , 1z
:
(2.63)
Eine Vielzahl von Hinweisen auf einen Vortex-Glas-Phasenubergang an YBa Cu O Kristallen und -Filmen wurde aus Messungen von (j ) = 1=(j )[56] und aus (!)[15],
beispielhaft fur einen YBa Cu O -Film dargestellt in Abb. 2.10, gewonnen.
2
2
3
7
3
7
28
KAPITEL 2 Grundlagen
Die meisten dieser Messungen ergaben fur die kritischen Exponenten
z = 5:7(5)
und
= 1:7(3)
:
Dorsey[57] berechnete in einem dreidimensionalen zeitabhangigen Ginsburg-LandauModell in Gauscher Naherung Exponenten z = 2 und = 1=2, die wesentlich
kleiner als die experimentellen Werte sind. Berucksichtigt man fur das 3D-VortexGlas isotropes Haftens der Vortizes an Defekten, die durch eine raumliche Variation
von Tc simuliert wurden, so erhalt man die gleichen kritischen Exponenten wie fur das
Ising-Spin-Glas[58], z = 4 und = 1=2[59]. Erweitert man dieses Ergebnis auf eine
kritische Dynamik, so sind diese Exponenten nur in d = 6 Dimensionen exakt und
konnen nach d = 6 , " entwickelt werden. Sie erhohen sich in weniger als 6 Dimensionen auf = 1=2 + 5"=24 1:1[60] und z = 2(2 + "=6) 5 fur d = 3. Diese
Ergebnisse konnen wegen des groen Abstandes zu d = 6 lediglich als Anhaltspunkte
fur die Groe von und z dienen. Die theoretisch berechneten und experimentell an
YBa Cu O bestimmten Werte sind in Tab. 2.2 zusammengestellt.
2
3
7
Tab. 2.2: Kritische Exponenten
TDGL[57] 3D-Vortex- Bose- YBa Cu O
Glas[59] Glas[61] Film[62]
z
2
4
6
5.7
1/2
1/2
1
1.7
2
3
7
YBa Cu O
Kristall[15]
3
3
2
3
7
2.3.3 Bose-Glas
Eine deutliche Verbesserung des Vortex-Haftens kann erreicht werden, indem man
korrelierte Haftzentren in den Supraleiter einbaut. Messungen an YBa Cu O Kristallen[63, 64], in denen kolumnare Defekte durch Bestrahlung mit Schwerionen
(Sn,Pb) hoher Energie (GeV) erzeugt wurden, zeigten erstmals eine drastische
Erhohung der Irreversibilitatslinie. Jeder Vortex, der an solcher normalleitenden Rohre
haftet, gewinnt Nukleationsenergie proportional zu dessen Lange. Diese betragt pro
Langeneinheit[25]
!
b
r 2 ln 1 + 2
:
(2.64)
2
0
3
7
2
0
2
Zur Beschreibung des Verhaltens der Vortizes in Anwesenheit kolumnarer Defekte
wurde von Nelson und Vinokur[65, 52] das Bose-Glas-Modell vorgeschlagen. Die
Bewegung der Flulinien in einer Umgebung zufallig verteilter kolumnarer Defekte mit
mittlerem Abstand ac und Radius b , welche parallel zu den Vortizes orientiert sind, ist
aquivalent zur Quantenmechanik zweidimensionaler Bosonen. Aus dieser Analogie[66]
0
Stabile Supraleitung im Magnetfeld?
a)
29
b)
c)
Abb. 2.11: a) superuide Phase, b) Bose-Glas und c) Mott-Isolator.
erhalt man drei thermodynamische Phasen, dargestellt in Abb. 2.11, deren Lage in das
daraus resultierende Phasendiagramm, Abb. 2.12, eingetragen ist. In der superuiden
Phase, welche der Vortex-Flussigkeit entspricht, konnen die Vortizes frei von einem
kolumnaren Haftzentrum zum anderen springen. Der Schermodul c verschwindet in
dieser Phase, und der Kompressionsmodul c und der Kippmodul c sind endlich.
Diese Phase kann durch die Korrelationslange lk c beschrieben werden. Das BoseGlas bei tieferen Temperaturen ist durch einen thermodynamischen Phasenubergang
entlang einer Linie Tbg (B ) von dieser getrennt. In der Bose-Glas-Phase sind die Vortizes
in der Nahe einiger kolumnarer Defekte lokalisiert. Dieses kann durch die endliche
Lokalisierungslange l?, die die mittlere transversale Auslenkung eines Vortex um einen
Defekt herum beschreibt, ausgedruckt werden. Im Bose-Glas verschwindet der Schermodul c , der Kippmodul c aber divergiert wegen der starken Wechselwirkung
der Vortex-Linien mit den lang ausgedehnten
Defekten. Der Kompressionsmodul c
p
bestimmt hier die Lokalisierungslange, l? c c .
66
11
44
44
66
44
11
11 44
Bei Annaherung an den Phasenubergang divergieren l? und lk,
!,
!,
T
T
l? 1 , T
; lk T , 1
:
?
k
bg
(2.65)
bg
Bleibt der Kompressionsmodul bei Tbg endlich, wie von Nelson und Vinokur vorhergesagt, ist
lk l?=
(2.66)
1
mit = 1=2. = ? =k ist der line wandering Exponent. Fur isotrope VortexFluktuationen, wie sie im Vortex-Glas vorliegen, ist = 1. Beim Phasenubergang
zwischen Vortex-Flussigkeit und Bose-Glas werden von Nelson und Vinokur fur die
nichtlineare statische und die lineare dynamische Leitfahigkeit, (j ) und (!), oberhalb
und unterhalb von Tbg ahnliche Skalierungseigenschaften wie am isotropen Vortex-GlasPhasenubergang (Gl. 2.58) vorhergesagt. Die Relaxationszeit der transversalen VortexFluktuationen divergiert bei Tbg wie l?z und die lineare Leitfahigkeit wie =lk.
0
30
KAPITEL 2 Grundlagen
Abb. 2.12: Phasendiagramm mit korrelierter Unordnung nach Referenz [52]. Die MottIsolator-Phase erscheint als Linie bei B = B . Oberhalb von B (T ) werden die Eigenschaften des Bose-Glases durch kollektives Vortex-Haften, unterhalb von B (T ) durch
Einzelvortex-Haften bestimmt. Die Phasengrenze Bbg (T ) trennt das Bose-Glas von der
Vortex-Flussigkeit.
Dieses fuhrt zu den kritischen Potenzgesetzen
, z
,
T
T
(T ) = 1 , T und (T ) = c 1 , T bg
bg
?
0
0
z,1= )
?(
:
(2.67)
Solches Skalenverhalten wird in Messungen der dynamischen Leitfahigkeit an mit
Schwerionen bestrahlten YBa Cu O Filmen beobachtet[67].
2
3
7
Von Wallin und Girvin[61] wurden die kritischen Exponenten im Bose-Glas-Modell fur
senkrecht zu den kolumnaren Defekten ieende Strome berechnet. Sie erhielten in
Simulationen z = 6:0(5) und = 1:0(1).
Die Mott-Isolator-Phase bei sehr tiefen Temperaturen ist dadurch gekennzeichnet,
da jeder kolumnare Defekt von einem Vortex belegt wird. Die Lage der Phasengrenze zwischen Vortex-Flussigkeit und Bose-Glas wird durch die Vortex-VortexWechselwirkung, die Wechselwirkung zwischen einzelnen Vortizes und den kolumnaren
Defekten und durch deren relatives Gewicht zueinander bestimmt. Das Wechselwirkungsfeld B (T ) trennt im Phasendiagramm den Bereich des Einzelvortex-Haftens von
einem Bereich, in dem die Eigenschaften des Bose-Glases durch kollektives Haften der
Vortizes bestimmt werden.
Stabile Supraleitung im Magnetfeld?
31
Abb. 2.13: a) An einem einzelnen kolumnaren Defekt gepinnte Vortex-Linie fur T < Tdl
und b) kollektiv durch Dichteuktuationen von kolumnaren Defekten gepinnte VortexLinie fur T > Tdl.
Bei kleinen Feldern, B = , kann die kurzreichweitige Vortex-VortexWechselwirkung gegenuber der Wechselwirkung zwischen Vortex und Defekt
vernachlassigt werden. Bei Temperaturen niedriger als die Delokalisierungstemperatur
Tdl sind die Vortizes im wesentlichen an einzelnen kolumnaren Defekten lokalisiert.
Erst bei Tdl wachst die Amplitude der thermischen Fluktuationen uber den mittleren
Defektabstand hinaus an, dargestellt in Abb. 2.13,
l? (Tdl) = ac :
(2.68)
Die Vortizes haften nicht langer an einzelnen Defekten, sondern an Dichteuktuationen der Defekte. Die Delokalisierungstemperatur Tdl kann aus folgender impliziten
Gleichung bestimmt werden:
Tdl = T~dl(Tdl)
(2.69)
mit der Energieskala T~dl = b =(4 )(ln()=Gi) = (Tc , T ). Fur Bi Sr CaCu O ist
Tdl=Tc 0:5 abhangig von der Defektdichte. Die Lokalisierungslange, l? = ac(T=T~dl) ,
wachst fur T > Tdl solange, bis die Vortex-Fluktuationen sich zu uberlappen beginnen.
Man erhalt anhand dieses Kriteriums, a = l?(Tbg), eine Abschatzung der Bose-GlasLinie fur das verdunnte Vortex-System, a < ,
!
!
ln(
)
T
b
c
:
(2.70)
Bbg (T ) = B 4
Gi
T ,1
Beim dosisaquivalenten Feld B = =ac entspricht die Vortex-Dichte der Dichte der
kolumnaren Defekte.
2
0
0
1 2
0
2
2
2
8
2
0
0
4
0
2
0
0
2
4
32
KAPITEL 2 Grundlagen
Bei hohen Feldern, B > = , soll die Vortex-Vortex-Wechselwirkung wichtig werden.
Die Erhohung der Schmelzlinie des ungestorten Systems zur Bose-Glas-Linie kann
mittels des Lindemann-Kriteriums abgeschatzt werden. Die sich daraus ergebende
Phasengrenze kann man in der Form
0
2
Tbg (B ) = dTm(B ) + (1 , d )Tc
(2.71)
darstellen. d beschreibt den Eekt der Unordnung. Fur das ungestorte System ist
d = 1, und Gl. 2.71 ergibt die Schmelzlinie. Im stark gestorten System ist d ! 0,
und der Phasenubergang strebt gegen die obere physikalische Grenze Tbg ! Tc.
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