I n f o r m at i o n e n f ü r Pat i e n t e n Rheumatoide Arthritis q10 Fragen und Antworten zur rheumatoiden Arthritis qAktuelle Behandlungs­möglichkeiten qTipps für den Alltag ZUKUNFT beginnt. JETZT. Rheumatoide Arthritis Informationen für Patienten Inhalt Inhalt 4 Vorwort 6 6 6 6 7 8 9 10 10 12 12 10 Fragen und Antworten zur rheumatoiden Arthritis Was ist rheumatoide Arthritis? Wie häufig ist die rheumatoide Arthritis? Wer ist betroffen? Welches sind die typischen Symptome? Welche Gelenke sind betroffen und was passiert in den Gelenken? Wie entsteht die rheumatoide Arthritis? Wie verläuft die rheumatoide Arthritis? Wie wird die rheumatoide Arthritis diagnostiziert? Welche Bedeutung hat das Immunsystem? Welche Rolle spielt der Botenstoff Tumornekrosefaktor alpha (TNFa)? 14 Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis 24 Leben mit rheumatoider Arthritis – Tipps für den Alltag 32 Glossar 39 Wichtige Informationen, Adressen und Literatur Vorwort Liebe Patientin, lieber Patient, Prof. Dr. med. Klaus Krüger „Sie haben eine Rheumatoide Arthritis“ – das ist für viele Menschen zunächst eine schockierende Nachricht. Sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, an einer chronisch-entzündlichen Erkrankung zu leiden, ist oftmals schwer. Zunächst sind viele Betroffene verunsichert: Werde ich häufig Schmerzen haben? Was passiert mit meinen Gelenken? Werde ich beruflich arbeiten können wie bisher? Welche Therapie ist die Richtige? Was kann ich selber für meine Gesundheit tun? Viele dieser Fragen wird Ihnen sicherlich ihr behandelnder Arzt beantworten können. Und je nach Interesse kann heute auf zahlreiche ausgezeichnete Patientenbücher oder auch auf Informationen aus dem Internet zurückgegriffen werden. Ich möchte Sie aus­ drücklich dazu ermuntern, sich gründlich und umfassend über die rheumatoide Arthritis zu informieren. Dies ist häufig der erste Schritt, diffuse Ängste zu überwinden und sich mit Ihrer Erkrankung „vertraut zu machen“. „Mit dieser Diagnose sind Sie nicht allein“ – die rheumatoide Arthritis ist ei­ ne häufige Erkrankung. Jährlich erfahren etwa 20.000 Menschen in Deutschland erstmals, dass sie daran leiden. Schätzungs­ weise 600.000 – 800.000 Menschen haben in Deutschland eine Rheumatoide Arthritis – das sind 0,8 – 1 % der gesamten Bevölkerung. Für viele Patienten ist der Austausch mit anderen Betroffenen sehr wichtig und wertvoll. Kontakt zu ande­ ren Patienten mit rheumatoider Arthritis können Sie leicht über eine Patienten­orga­ nisation knüpfen, z. B. über die deutsche Rheuma-Liga. Diese größte deutsche Patien­­ tenorganisation bietet unter anderem in jeder Region oder größeren Stadt Selbsthilfegruppen an. „Die rheumatoide Arthritis ist gut behandelbar“ – und in den allermeisten Fällen sogar sehr gut. Die medizinische Forschung hat in den letzten Jahren vor allem bei rheumatologischen Erkrankun­ gen große Fortschritte gemacht und verschiedene neue, sehr wirksame Medikamente entwickelt. Mit den heute zur Verfügung stehenden Therapien kann in den meisten Fällen die Entzündung schnell und anhaltend blockiert werden, so dass die Schmerzen und Schwellungen der Gelenke rasch und dauerhaft zurückgehen und die Beweglichkeit wieder hergestellt wird. Große Fortschritte konnten auch bei dem langfristigen Schutz vor Gelenkzerstörungen gemacht werden. Noch vor wenigen Jahren führten häu­ fig Gelenkzerstörungen an den Händen und Füßen zu einem Funktionsverlust mit den gefürchteten Behinderungen im beruflichen und privaten Alltag. Mit den heute zur Verfügung stehenden Medi­ kamenten kann bei einem frühzeitigen Therapiebeginn das Auftreten von Gelenk­ zerstörungen bzw. die Zunahme derselben verhindert oder zumindest verzögert werden. Dadurch kann erfreulicherweise die Funktionsfähigkeit der Gelenke bewahrt werden – und auch die Lebensqualität. Dafür ist allerdings von großer Bedeutung, daß die Diagnose so schnell wie möglich gestellt und die richtige Therapie dann umgehend begonnen wird. Deshalb ist die umgehende Mitbetreuung durch den für die medikamentöse Einstellung zuständigen internistischen Rheumato­logen wichtig. „Seien Sie zuversichtlich“ – schauen Sie trotz der Einschränkungen, die eine rheumatoide Arthritis in Ihr Leben bringen kann, optimistisch in die Zukunft. Betrach­ ten Sie diesen Einschnitt in Ihrem Leben als eine Herausforderung, Ihr Leben nochmals neu zu überdenken und zu planen – mit allen daraus resultierenden Chancen. Ihr Prof. Dr. med. Klaus Krüger Vorwort ? 10 Fragen und Antworten zur rheumatoiden Arthritis Was ist rheumatoide Arthritis? Bei der rheumatoiden Arthritis (Abkür­­ zung: RA) handelt es sich um eine chro­nisch-entzündliche Erkrankung, die vor­wiegend mit einer Entzündung der Gelenke (Arthritis) einhergeht, bei der aber auch verschiedene innere Organe bzw. Organsysteme betroffen sein können. Wie die frühere Bezeichnung „chronische Polyarthritis“ andeutet, sind in der Regel gleichzeitig viele (= poly) Gelenke befallen. Die rheumatoide Arthritis gehört zu einer Gruppe von chronisch- entzündlichen Erkrankungen, die häufig unter dem Begriff „Rheuma“ zusammengefasst werden. Dieses Heft beschäftigt sich ausschließlich mit der rheumatoiden Arthritis. Wie häufig ist die rheumatoide Arthritis? Die rheumatoide Arthritis ist die häu­ figste entzündliche Gelenkerkrankung. Schätzungsweise leidet etwa 1 % der Bevölkerung darunter. Das bedeutet, dass in Deutschland etwa 800.000 Patienten mit rheumatoider Arthritis leben. Jedes Jahr erkranken ca. 20.000 weitere Menschen daran. Wer ist betroffen? Bei den meisten Patienten tritt die Krankheit im Alter von etwa 40 Jahren auf; es können jedoch Menschen jeder Altersgruppe erkranken, sogar Kinder. Etwa 5 % aller Patienten sind jünger als 16 Jahre. In diesem Fall spricht man von juveniler idiopathischer Arthritis. D i e wi c h t igs t e n M e r k m a l e d e r r h e u m at o id e n A r t h r i t is : Frauen sind etwa zwei- bis dreimal so häufig betroffen wie Männer. Welches sind die typischen Symptome? Die Hauptsymptome bei der rheumatoiden Arthritis sind Schmerzen und Schwellungen in den betroffenen Gelenken, oft begleitet von Rötung und Überwärmung. Auch die Weichteile in der Umgebung der Gelenke sind häufig in Mitleidenschaft gezogen. Typischerweise treten die Beschwerden eher in Ruhe auf und bessern sich durch Bewegung oder auch bei Kälteeinwirkung. Viele Patienten leiden zudem unter einer „Morgensteifigkeit“ der Gelenke, die einige Minuten bis zu mehreren Stunden andauern kann. Darunter versteht man, dass die Gelenke morgens nach dem Aufstehen bzw. nach längerer Ruhigstellung steif und unbeweglich sind. Bei manchen Patienten bilden sich infolge der Entzündung des Bindegewebes an den Gelenken kleine tastbare Knötchen unter der Haut, die als Rheumaknoten bezeichnet werden. Insbesondere bei einem akuten Erkran­ kungsschub kann es zu einer Erhöhung der Körpertemperatur oder Fieber kommen. Viele Patienten leiden zudem unter allgemeinen Begleitsymptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, allgemei­nem Krank­ heits­gefühl, Appetitlosigkeit, Gewichtsab­ nahme und / oder gedrückter Stimmung. Neben den Gelenken können auch andere Strukturen des Bewegungsapparates (z. B. Sehnenscheiden, Schleimbeutel), innere Organe (z. B. Herz, Lunge), Nerven oder Blutgefäße von der Entzündung betroffen sein. Morgensteifigkeit: q Nach dem Aufstehen lassen sich die Gelenke oder die Gelenkumgebung eine Stunde oder länger kaum bewegen. Im Laufe des Tages bessert sich die Beweglichkeit. Entzündung q der Gelenke der Hand: Handgelenke, Fingermittelgelenke oder Fingergrundgelenke sind betroffen. Die q Symptome treten an mehreren Gelenken auf: Mindestens drei Gelenkbereiche sind geschwollen und möglicherweise schmerzhaft. Die Beschwerden sind symmetrisch: q Links und rechts sind die gleichen Gelenke betroffen. Rheumaknoten: In der Nähe der Geq lenke bilden sich Knoten und Knötchen unter der Haut. Rheumafaktoren: q Im Blut finden sich bestimmte Antikörper, die für die Krankheit charakteristisch sind. Knochenveränderungen: An den Kno­ q chen um das erkrankte Gelenk herum sind im Röntgenbild typische Veränderungen zu erkennen. Treffen vier dieser Merkmale zu, so liegt wahrscheinlich eine „rheumatoide Arthritis“ vor. Sie zeigt sich besonders häufig an den Fingergelenken, aber auch an Knien, Schultern und an den Fußgelenken. Vorwort 10 Fragen und Antworten zur rheumatoiden Arthritis Welche Gelenke sind betroffen und was passiert in den Gelenken? Grundsätzlich kann jedes Gelenk befallen werden. Vor allem zu Beginn der Erkrankung sind am häufigsten kleine Gelenke betroffen, insbesondere die Fingergrundund -mittelgelenke sowie die Zehengrundgelenke. Zumeist sind mehrere Gelenke gleichzeitig entzündet. Unbehandelt schrei­ tet die Erkrankung in der Regel fort, so dass im weiteren Verlauf immer mehr Gelenke betroffen sind. Oft kommt es dann auch zu einer Beteiligung der größeren Gelenke an Armen (Schulter, Ellbogen), Händen, Beinen (Hüfte, Knie, Sprung­ gelenk) und Füßen. In der Regel findet sich ein symmetrisches Befallsmuster, d. h. die entzündeten Gelenke sind auf beide Körperhälften gleichmäßig verteilt. Bei der rheumatoiden Arthritis geht der Entzündungsprozess im Gelenk in erster Linie von der Innenhaut der Gelenkkapsel (Synovialis) aus. Diese dünne Binde­ gewebsschicht sorgt für die reibungslose Beweglichkeit des Gelenks und produziert eine Art Gleitmittel, die Synovialflüssigkeit (Synovia), die den Gelenkspalt ausfüllt und die Gelenkflächen vor mecha­ nischer Abnutzung schützt. Infolge der anhaltenden Entzündung im Gelenk kommt es dort zur Ansammlung von Zellen des Immunsystems sowie zu gesteigertem Wachstum von Binde­ gewebe mit zunehmender Verdickung der Gelenkinnenhaut. Diese Veränderun­gen machen sich als Schwellung und Schmerzen bemerkbar. Die eingewanderten Ent- 20 % Kiefer 34 % Halswirbelsäule 60 % Schulter 90 % Finger 81 % Handgelenk 56 % Ellenbogen 23 % Hüfte 79 % Knie 61 % Fuß 71 % Zehen zündungs- und Abwehrzellen (T-Lym­ phozyten, Makrophagen) führen durch Reizung der Gelenkinnenhaut zu einer vermehrten Produktion von Gelenkflüssigkeit mit Ausbildung eines Ergusses. Im weiteren Verlauf bildet sich von der Gelenkinnenhaut ausgehend neues aggressiv wucherndes Gewebe (Pannus = Lappen), das den Knorpel überdeckt, in den benachbarten Knochen einwächst und schließlich Knorpel und Knochen zerstört. Wird die rheumatoide Arthritis nicht ausreichend behandelt, kann die Schädigung des Gelenkknorpels und des Knochens schließlich zur Verformung und Fehlstellung des Gelenks und zu Beeinträchtigun­ gen oder Verlust der Beweglichkeit führen. Wie entsteht die rheumatoide Arthritis? Die rheumatoide Arthritis ist eine so genannte Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass der Erkrankung eine Störung von Funktionen des Immunsystems zugrunde liegt. Entzündungsprozesse im Körper führen zu einer Aktivierung des Immunsystems, das normalerweise zur Ab­wehr von Krankheitserregern, wie Bak­ terien oder Viren dient. In diesem Fall Schematische Darstellung eines entzündeten Gelenks Knochen Knorpel Pannus Synovialflüssigkeit Erguss Gelenkinnenhaut (Synovialis) Gelenkkapsel 10 10 Fragen und Antworten zur rheumatoiden Arthritis richtet es sich jedoch nicht gegen Eindring­ linge von außen, sondern gegen kör­per­ eigenes Gewebe, nämlich die Innenhaut der Gelenkkapsel. Infolge der Aktivierung des Immunsystems wird eine Kettenreaktion von Prozessen in Gang gesetzt, die durch Botenstoffe vermittelt werden. Doch an­statt Krankheitserreger zu vernichten, wird dort eine Entzündung hervorge­ rufen. Während „normale“, akute Entzündungen abklingen, nachdem ihre Ur­ sache – z. B. der Erreger – vernichtet ist, bleibt die Entzündung bei der rheumatoiden Arthritis über längere Zeit bestehen, die Entzündung wird „chronisch“. Deshalb bezeichnet man diese Art von Krankheiten auch als „chronisch-entzündliche Erkrankungen“. Wie verläuft die rheumatoide Arthritis? Die rheumatoide Arthritis beginnt in der Regel schleichend. Oft bestehen am Anfang noch keine Gelenkbeschwerden. Dem eigentlichen Beginn der Erkrankung geht ein bis zu mehrere Monate dauerndes Frühstadium voraus, das von uncharak­te­ ristischen Allgemeinsymptomen wie Fieber, Müdigkeit oder grippeartigen Symptomen und allgemeinem Krankheitsgefühl begleitet ist. Der natürliche Verlauf der rheumatoiden Arthritis ist sehr unterschiedlich und daher schwer vorhersehbar. Im Allgemeinen verläuft die Erkrankung von Anfang an fortschreitend und schubweise. Schübe mit akuter Gelenkentzündung, die von Fieber und allgemeinem Krankheitsgefühl begleitet sein können, wechseln mit Phasen verminderter Krankheitsaktivität oder Beschwerdefreiheit ab, die Wochen bis Monate dauern können. In 10 – 20 % der Fälle ist mit einem eher milden chronischen Verlauf zu rechnen. Meist (zu 60 – 70 %) schreitet die rheumatoide Arthritis mehr oder weniger kontinuierlich (andauernd) fort. Nur selten (ca. 10 % der Fälle) kommt es zu der gefürchteten rasch fortschreitenden schweren Verlaufsform. Wie wird die rheumatoide Arthritis diagnostiziert? Nicht immer ist die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis einfach zu stellen. Vor allem zu Beginn der Erkrankung können die Symptome noch sehr uncharakteristisch und Untersuchungsbefunde unauffällig sein. Zur Diagnosestellung gehört zunächst eine eingehende Befragung 11 (Anamnese) sowie eine allgemeine und gezielte körperliche Untersuchung durch den Arzt unter besonderer Berücksichtigung des Gelenkzustands (Gelenkstatus). Darüber hinaus dienen weitere Untersuchungsverfahren zur Diagnosestellung, aber auch zur Verlaufskontrolle einer rheumatoiden Arthritis. Zu den wichtigen Laboruntersuchun­ gen zählen die Messung der Blut­kör­per­ chensenkungsgeschwindigkeit (BSG) und der Konzentration des C-reaktiven Pro­ teins (CRP) im Blutserum. Beide Werte geben Hinweise auf eine Entzündung im Körper, wenn sie erhöht sind. Der so genannte Rheumafaktor (RF) ist im ersten halben Jahr bei etwa der Hälfte und später bei etwa zwei Drittel der Patienten mit rheumatoider Arthritis im Serum nach­ weisbar („positiv“), seltener aber auch bei Gesunden oder Patienten mit anderen rheumatischen oder Lebererkrankun­gen. Ein relativ neues Verfahren ist die Bestimmung der Anti-CCP-Antikörper (= Antikör­ per gegen cyclische citrullinierte Peptide): Diese Eiweißstoffe sind sehr spezifisch für Zusätzliche Laborunter­suchungen werden zur Überprüfung des Therapie­erfolges vor und während der Behandlung durch­­geführt. die rheumatoide Arthritis und können be­reits in frühen Krankheitsstadien darauf hinweisen. Auch Befunde aus bildgebenden Verfahren leisten einen wichtigen Beitrag zur Diagnosestellung und Verlaufskon­ trolle bei der rheumatoiden Arthritis. Neben herkömmlichen Röntgenaufnahmen werden im Wesentlichen die Magnet­ resonanztomografie (MRT, Kernspintomografie) und die auf Ultraschalltechnik beruhende Gelenksonografie eingesetzt. In Röntgenaufnahmen sind die wichtigsten Veränderungen am Knorpel und Knochen, nicht jedoch an den benachbarten Weichteilen erkennbar. Hingegen lassen sich mithilfe der MRT Veränderungen an allen Geweben auch schon im frühen Erkrankungsstadium darstellen. Die Gelenksonografie ermöglicht es, Entzündungsprozesse in der Gelenkinnenhaut zu erkennen. Welche Bedeutung hat das Immunsystem? Warum sich das Immunsystem gegen eine körpereigene Struktur richtet, ist bis heute 12 10 Fragen und Antworten zur rheumatoiden Arthritis nicht bekannt. Einiges hat die Forschung aber über die Vielfalt von Sub­stanzen und Zellen herausgefunden, die im Verlauf des Entzündungsprozesses gebildet werden. Bei vielen der Botenstoffe, die Signale von einer Zelle zur nächsten übertragen, kennt man die Aufgaben bereits ziemlich genau. Solche Botenstoffe nennt man auch Zytokine. Das Zytokin, das im Entzündungsvorgang eine ganz zentrale Rolle spielt, ist der Tumornekrosefaktor alpha oder kurz TNFa. Welche Rolle spielt der Botenstoff Tumornekrosefaktor alpha (TNFa )? Der Botenstoff TNFa wirkt in erster Linie entzündungsfördernd (pro-inflammatorisch) und spielt eine Schlüsselrolle im Entzündungsprozess bei der rheumatoiden Arthritis und anderen chronischentzünd­­li­chen Erkrankungen. Sein Name wird seinen vielfältigen Aufgaben nicht gerecht: TNF a spielt bei jeder Art von Entzündung eine wichtige Rolle, allerdings wurde er im Zusammenhang mit Tumoren zum ersten Mal beschrieben. Er wird von Zellen des Immunsystems gebildet und führt dann zur Freisetzung an­ derer Botenstoffe, die die Entzündung wiederum vorantreiben und unterhalten. Zusätzlich wird die Nach­produktion von TNFa stimuliert, so dass die Entzündung bestehen bleibt. In den befal­lenen Gelenken von Patienten mit rheu­ma­toider Arthritis können hohe Konzentrationen von TNFa nachgewiesen werden. 13 Makrophage TNF T-Zelle Knorpel Pannus Knochen Im Mittelpunkt des Entzündungsprozesses: Tumornekrosefaktor alpha (TNFa ) 14 Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis Eine bei den Ursachen ansetzende Therapie der rheumatoiden Arthritis gibt es bislang nicht. Steht die Diagnose der Krankheit fest, so wird ein individueller Behandlungsplan festgelegt. Wesentliche Ziele der Behandlung sind, die Krankheitsaktivität zu bremsen, das Fortschreiten der Gelenkzerstörung aufzuhalten, Schmerzen und andere Beschwerden zu lindern und die Funktionsfähigkeit der Gelenke bestmöglich zu erhalten. Diese Ziele können in erster Linie durch eine medikamentöse Therapie erreicht werden, die von verschiedenen unterstützenden Maßnahmen wie physikalischer Therapie und Krankengymnastik begleitet wird. Behandlung mit Medikamenten Mit geeigneten Medikamenten können der Krankheitsverlauf verlangsamt und die Beschwerden vermindert werden. Je früher man mit einer wirksamen Behandlung beginnt und die Entzündungs­vor­ gänge hemmt, umso größer ist die Chance, bleibende Schäden zu vermeiden. Im Verlauf einer medikamentösen Therapie sind in regelmäßigen Abständen bestimmte Kontrolluntersuchungen erforderlich, um mögliche Nebenwirkungen zu erkennen und / oder festzustellen, ob der Patienten auf die Therapie anspricht. Zur medikamentösen Behandlung der rheumatoiden Arthritis werden im Wesent­ lichen vier verschiedene Gruppen von Arz­ 15 neimitteln eingesetzt, die teilweise mitei­ nander kombiniert werden können. Glukokortikoide (Kortisonartige Sub­stanzen) Kortison ist ein künstlich hergestellter Ab­ kömmling des Cortisols, eines Hormons der Nebennierenrinde. Es hat vielfältige Wirkungen im menschlichen Körper. Glukokortikoide (Steroide) wie z. B. Prednisolon werden bei vielen Erkrankungen – so auch bei der rheumatoiden Arthritis – vor allem wegen ihrer starken entzündungshemmenden Wirkung eingesetzt. Darüber hinaus wirken sie immunsuppressiv, d. h. sie hemmen immunologische Reak­tionen, und verhindern übermäßige Gewebs­neu­ bildung und -vermehrung. Deshalb sind sie nach wie vor ein unverzichtbarer Bestandteil der medikamen­tösen Therapie der rheumatoiden Arthritis. Allerdings ver­ sucht man, die Be­handlung zeitlich zu begrenzen, um die Nebenwirkungen gering zu halten. Die gefürchteten KortisonNebenwirkungen treten in der Regel erst bei hohen Gesamtdosen nach länger währender Behandlung auf. Bei akuter und starker Entzündung ein­­ zelner Gelenke werden Glukokorti­ko­ide manchmal auch als so genannte Kristallsuspension direkt ins Gelenk (intraartikulär) gespritzt, um eine rasche Lin­derung von Schmerzen und Schwellung zu erreichen. Kortisonfreie Entzündungshemmer Kortisonfreie Entzündungshemmer (NSAR = nicht-steroidale Antirheumatika) wirken entzündungshemmend (antiphlogistisch) und schmerzstillend (analgetisch); allerdings ist ihre Wirkung schwächer als die der Glukokortikoide, und sie beeinflussen nur die Symptome, nicht aber die Ursachen. Beispiele für ältere Substanzen sind Ibuprofen oder Diclofenac. Typische Neben­ 16 Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis wirkungen sind vor allem Magen-DarmBeschwerden. Neuere Vertreter der Gruppe kortisonfreier Entzündungshemmer sind die so genannten (selektiven) COX-2-Hem­ mer (Coxibe), wie etwa Celecoxib. Aufgrund einer spezifischeren Wirkungsweise sind sie besser magenverträglich. Anderer­ seits gibt es zu einigen dieser Wirkstoffe Berichte über Herz-Kreislauf-Nebenwirkungen bei gefährdeten Personen. Basistherapeutika Als „Basistherapeutika“ oder krankheitsmodifizierende Substanzen (DMARDs = disease modifying antirheumatic drugs) werden verschiedene Medikamente bezeichnet, die zur langfristigen Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen eingesetzt werden. Die Effekte dieser Wirk­stoffe beruhen auf unterschiedlichen Wir­kungen. Dazu zählen insbesondere die Abschwächung oder Unterdrückung von immunologischen Reaktionen (Immun­­ sup­­pression) oder die Hemmung der über­mäßigen Zellvermehrung und der Entzündungsreaktionen. Die genaue Wirkungsweise ist allerdings nicht bei allen Substanzen bekannt. Die am häufigsten eingesetzten Wirk­­stoffe aus dieser Gruppe sind Metho­tre­ xat, Leflunomid, und Sulfasalazin. Selte­ner werden Ciclosporin, Anti-Mala­riamittel (Chloroquin, Hydroxychloroquin) oder GoldPräparate verordnet. Die meisten dieser Substanzen können alleine oder auch in Kombination mit anderen Wirkstoffen verabreicht werden. Bei den Basistherapeutika dauert es relativ lange, bis ihre Wirkung eintritt. Allerdings sind sie im Gegensatz zu den erstgenannten zwei Medikamentengruppen in der Lage, Schäden der chronischen Entzündung am Gelenkknorpel oder Knochen aufzuhalten oder zumindest zu verringern. Zudem lindern sie die entzündlich bedingten Schmerzen und führen zu einer Rückbildung der Entzündung. Dies gilt jedoch nur bei längerfristiger Behandlung. Deshalb müssen diese Medikamente regelmäßig und kontinuierlich über längere Zeit angewendet werden. Zudem muss die Therapie auch dann fortgesetzt werden, wenn eine Besserung eintritt, bzw. so lange eine Wirkung festzustellen ist. Andernfalls kann es nach dem Absetzen wieder zu einem Krankheitsschub bzw. einer Verschlechterung kommen. Wie alle Medikamente können auch Basisthera­ peu­tika unerwünschte Wirkungen haben, die je nach Substanz sehr unterschiedlich sind. Um eventuell auftretende Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, sind regelmäßige Kontrollunter­ suchungen beim Arzt notwendig. Die Kontrollen sind aber auch wichtig zur Überprüfung des Therapieerfolgs. Methotrexat (MTX): MTX ist eines der am häufigsten eingesetzten Medikamen­te bei chronisch-entzündlichen Erkrankun­gen wie der rheumatoiden Arthritis. Es wirkt im Wesentlichen entzündungshemmend und beeinflusst gestörte immunologische Reaktionen. MTX wird in der Regel nur einmal pro Woche verabreicht. Es steht nicht nur in Tablettenform sondern auch als Injektionslösung zur Verfügung und kann vom Patienten selbst unter die Haut 17 (subkutan) injiziert werden. Bei dieser Art der Verabreichung wird der Wirkstoff vollständig vom Körper aufgenommen und oft besser vertragen als bei Einnahme der Tabletten. Die Wirkung tritt im Allgemeinen nach relativ kurzer Zeit ein, d. h. nach etwa vier bis acht Wochen. In der bei der rheumatoiden Arthritis eingesetzten Dosierung wird MTX im Allgemeinen relativ gut vertragen. Vielfältige Nebenwirkun­ gen wie Blutbildveränderungen oder Leberschädigung können seinen Einsatz allerdings begrenzen. Deshalb ist eine regelmäßige Kontrolle der entsprechenden Laborwerte notwendig. Darüber hinaus müs­sen bei einer MTX-Therapie vielfäl­ti­ge Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden. So sollten die Patienten keinen Alkohol trinken und intensive Sonnenbestrahlung vermeiden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung mit MTX eine sichere Empfängnisverhütung anwenden. Leflunomid: Diese Substanz hemmt in erster Linie die Vermehrung von T-Lymphozyten, also von Zellen des körper­ei­ genen Abwehrsystems, die an der Ent­ zündung beteiligt sind. Sie steht in Tab­lettenform zur Verfügung und wird in der Regel einmal täglich eingenommen. Die Wirkung tritt nach etwa vier bis sechs Wochen ein. Zu den häufigsten Nebenwir­ kungen zählen Magen-Darm-Störun­­gen (Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall), Kopfschmer­ zen, Müdigkeit, Haarausfall oder Hautausschläge. Auch bei der Leflunomid-Therapie sind regelmäßige Kontrolluntersuchun­gen erforderlich. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während und bis zu zwei Jahre nach Beendigung der Therapie eine si­chere Empfängnisverhütung anwenden. Sulfasalazin: Die Wirkung von Sulfasalazin ist im Vergleich zu der anderer Substanzen relativ schwach. Das Präparat wird in Tablettenform in der Regel zweimal täglich eingenommen. Ein Wirkungseintritt ist nach etwa ein bis drei Monaten zu erwarten. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Hautausschläge, Übelkeit, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit und Kopf­schmerzen. Sie treten vor allem in den ersten Wochen der Behandlung auf. 18 Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis Biologische Substanzen oder Biologicals Art der Anwendung kann es zu unter„Biologische Substanzen“ (Biologika, Bio- schiedlichen unerwünschten Wirkungen logics, Biologicals) sind Eiweißstoffe kommen. Wie bei vielen Medikamenten (Proteine), die mittels gentechnischer können in Zusammenhang mit der InjekVerfahren (biotechnologisch) hergestellt tion oder Infusion allergische Reaktionen werden. Sie können sehr gezielt in Vor- auftreten. Relativ häufig sind vorüber­ gänge des Immunsystems eingreifen, etwa gehende örtliche Reaktionen an der Einindem sie bestimmte Zellen oder Boten- stichstelle, wie Blutungen, Blutergüsse, stoffe inaktivieren, die an der Entzün- Rötung, Juckreiz, Schmerzen oder Schweldung beteiligt sind. Die genaue Kenntnis lungen. Weitere häufige Nebenwirkun­gen des Entzündungsprozesses und der Rolle sind z. B. Kopfschmerzen, Schwindel, Übel­ der beteiligten Botenstoffe führte zur keit, Durchfall, Bauchschmerzen, SchluckEntwicklung dieser gezielten Behandlung. beschwerden, Hautausschlag und Fieber. Zu den Botenstoffen, die bei der Ent­ Da durch die Biologika bestimmte Reaktio­ stehung der rheumatoiden Arthritis eine nen des Immunsystems unterdrückt werbedeutende Rolle spielen, zählen TNF a den, ist auch das Infektionsrisiko erhöht. und Interleukin-1 (IL-1). Gelingt es mit Am häufigsten sind Infektionen der Atemei­nem Wirkstoff, diese Botenstoffe direkt wege. Wenn Sie mit einem solchen Medi„anzugreifen“ und auszuschalten, lassen kament behandelt werden, ist es daher sich die Entzündungsprozesse stoppen, wichtig, dass Sie auf mögliche Anzeichen die zur Entstehung der Gelenkentzündun­ für eine Infektion wie Fieber, Husten oder gen führen. Bei diesen Wirkstoffen han- andere grippeähnliche Beschwerden achdelt es sich um so genannte monoklonale, ten und Ihren Arzt ggf. darüber informied. h. von einer Zelle abstammende und ren. Dann können Infektionen rechtzeitig einheitlich aufgebaute Antikörper oder erkannt und effektiv behandelt werden. andere Proteine, die gegen eine bestimmte In jedem Fall muss der Arzt aber auch Substanz oder Struktur gerichtet sind. schon vor Therapiebeginn bestimmte GeEinige Biologika wirken, indem sie die genanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen und Botenstoffe selbst blockieren oder an be- Empfehlungen beachten, wenn er die stimmten Eiweiß-Strukturen – so genann- Entscheidung trifft, einen Patienten mit ten Rezeptoren – an der Zelloberfläche einem Biologikum zu behandeln. Damit andocken, über die die Botenstoffe ihre lässt sich ein Großteil möglicher NebenWirkung entfalten. Biologika müssen übli­ wirkungen und Komplikationen schon im cherweise per Injektion oder Infusion Voraus vermeiden. verabreicht werden. Ihre Wirkung setzt in Da die Herstellung der Biologika sehr der Regel relativ rasch ein, d. h. innerhalb aufwändig ist, sind die Präparate im Verweniger Wochen. gleich zu herkömmlichen Medikamenten Die Behandlung wird in der Regel gut relativ teuer. Sie bleiben daher in erster vertragen. Je nach Wirkungsweise und Linie Patienten mit schwereren Verlaufs- 19 formen der rheumatoiden Arthritis vorbe­ halten, die auf herkömmliche Basisthe­ rapeutika nicht ausreichend ansprechen oder bei denen diese wegen Gegenan­ zeigen oder Unverträglichkeit nicht angewendet werden können. Allerdings lassen sich durch die Biologika selbst in schweren Fällen beachtliche Behandlungserfolge erzielen. Für die TNF a-Hemmer konnte nachgewiesen werden, dass sie bei der rheumatoiden Arthritis das Fortschreiten der Zerstörung am Knochen und Gelenkknorpel wirksam aufhalten oder zumindest verringern können. Derzeit sind folgende Biologika in Deutschland bzw. in der EU zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zuge­ lassen: Infliximab: Dabei handelt es sich um einen so genannten monoklonalen Antikörper, der den Botenstoff TNFa hemmt, indem er sich an das TNFa-Molekül bindet. Infliximab wird als intravenöse Infu­ sion verabreicht. Nach der ersten Infusion folgen weitere Infusionen nach zwei und sechs Wochen, und danach alle acht Wochen. Infliximab wird bei der rheumatoiden Arthritis in Kombination mit Methotrexat eingesetzt. Außerdem ist es zur Anwendung bei ankylosierender Spondylitis (Morbus Bechterew), Psoriasis-Arthritis, Plaque-Psoriasis (Schuppenflechte), Morbus Crohn (bei Erwachsenen und Kindern) und Colitis ulcerosa zugelassen1. Etanercept: Wie Infliximab hemmt auch Etanercept den Botenstoff TNFa, jedoch über einen anderen Wirkmechanismus. Etanercept wird in der Regel zweimal wöchentlich unter die Haut (subkutan) gespritzt. Etanercept ist auch zur Anwendung bei ankylosierender Spondylitis, Psoriasis-Arthritis und Plaque-Psoriasis zugelassen, ferner bei Kindern und Jugendlichen mit polyartikulärer juveniler idiopathischer Arthritis1. Adalimumab: Wie Infliximab ist Adalimu­ mab ein monoklonaler Antikörper, der die Wirkung von TNFa hemmt, indem er sich an diesen bindet. Die Substanz wird im Allgemeinen alle zwei Wochen subkutan (unter die Haut) gespritzt, in Ausnahmefällen bei rheumatoider Arthritis auch wöchentlich. Das Präparat ist auch zur Behandlung der Psoriasis-Arthritis, der anky­losierenden Spondylitis und des Morbus Crohn zugelassen1. Anakinra: Anakinra ist ein so genannter Interleukin-1-Rezeptorantagonist, d. h. es besetzt den Rezeptor von IL-1, ein Botenstoff, der bei der Entstehung der rheumatoiden Arthritis ebenfalls eine bedeuten­de Rolle spielt. Die Substanz wird in Kombi1 Stand August 2007 20 Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis TNF Makrophage T-Zelle Pannus Knorpel Knochen Makrophage / aktivierte Zelle TNF TNF-Rezeptor Zielzelle TNF-Antikörper TNF a -Antikörper bin­den freies TNF a . Dadurch klingt die Ent­zündung ab und die Gelenkzerstörung wird aufgehalten. 21 nation mit Methotrexat zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis eingesetzt und einmal täglich unter die Haut gespritzt. Rituximab: Bei Rituximab handelt es sich um einen monoklonalen Antikörper, der an ein Protein (sog. CD20-Antigen) an der Oberfläche von B-Lymphozyten bindet, einer Unterart von weißen Blutzellen, die bei der rheumatoiden Arthritis an immunologischen Reaktionen beteiligt sind. Rituximab wird wie Infliximab als Infusion verabreicht. Ein Behandlungszyklus besteht aus zwei Infusionen im Abstand von zwei Wochen. Der Wirkstoff ist zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit schwerer rheumatoider Arthritis, die auf Basistherapeutika einschließlich TNFa-Hemmern nicht ausreichend angesprochen haben oder diese nicht vertragen. Abatacept: Abatacept ist ein zusammengesetztes Protein (Fusionsprotein), das die Aktivierung bestimmter T-Lymphozyten hemmt, die bei immunologischen und Entzündungsreaktionen eine bedeutende Rolle spielen. Es wird als Infusion verabreicht. Nach der ersten Infusion folgen weitere Infusionen nach zwei und vier Wochen, und danach alle vier Wochen. Das Präparat ist in Kombination mit Methotrexat zugelassen zur Behandlung der mäßigen bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen, wenn das Ansprechen auf andere krankheitsmodi­ fizierende Antirheumatika, einschließlich mindestens eines TNF a-Blockers, nicht aus­reichend ist oder wenn diese nicht vertragen werden. Andere nicht-medikamentöse Behandlungsverfahren Manchmal sind bei der rheumatoiden Arthritis noch andere Behandlungsverfah­ ren notwendig, wenn die medikamentöse Therapie nicht (mehr) ausreicht. Eine Möglichkeit zur Behandlung einzelner Gelenke ist die Operation. Am Anfang kann bei großen Gelenken durch Entfernen der entzündeten Gelenkinnenhaut (Synovialektomie) die Entzündung gestoppt und eine drohende Zerstörung des Knochens aufgehalten werden. Für stark geschädigte Gelenke ist in einigen Fällen ein Gelenkersatz die einzige Möglichkeit einer langfristig wirksamen Behandlung, durch die gleichzeitig die Funktion des ersetzten Gelenkes wieder hergestellt wird. Bei der so genannten Synoviorthese wird eine radioaktive oder chemische Substanz in das Gelenk gespritzt, die eine Zerstörung des entzündlich veränderten Gewebes bewirkt, um dieses vollständig zu beseitigen. Betrifft die Krankheit andere Gewebe bzw. Organe, so werden die Symptome nach Bedarf behandelt. Darüber hinaus können für manche Patienten psychotherapeutische Verfahren oder Rehabilitationsmaßnahmen sinn­ voll sein. Therapiebegleitende Maßnahmen Die regelmäßige und konsequente Durchführung begleitender Maßnahmen ist ein wichtiger Baustein in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Sie lassen sich gut mit der medikamentösen Behandlung 22 Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis kombinieren und tragen dazu bei, die Beweglichkeit und Funktionsfähigkeit der Gelenke zu verbessern bzw. zu erhalten. Dadurch kann langfristig der Krankheitsverlauf und die Lebensqualität ganz entscheidend verbessert werden. Darüber hinaus haben diese Verfahren einen großen Vorteil: Wenn sie richtig durchgeführt werden, verursachen sie keine nennenswerten „Nebenwirkungen“ oder sonstige Nachteile. Zu den begleitenden Maßnahmen zählen physikalische Therapieverfahren, Physiotherapie (Krankengymnastik) und Ergotherapie. Sie sollten für jeden Patienten individuell in Abhängigkeit von den betroffenen Gelenken und dem Erkrankungsstadium sowie den persönli­ chen Voraussetzungen und Bedürfnissen (Alter, Gesundheitszustand etc.) maßgeschneidert sein. Physikalische Therapie Zu den physikalischen Therapiemaßnahmen gehören Kälteanwendungen (Quarkwickel, Kryotherapie, ggf. Eispackungen, Kältekammer) oder Wärmeanwendungen (Fango, Moor- und Schlammpackungen, Heiße Rolle, Infrarotlicht), Bäder (warme Bäder, Paraffinbäder), weiche Massagen und Elektrotherapie. Dabei handelt es sich um so genannte passive Behandlungs­ verfahren. Sie dienen dazu, die Schmerzen zu lindern, der Entzündung entgegen­ zuwirken sowie Muskelentspannung und Durchblutung zu fördern. Physiotherapie Unter Physiotherapie (Krankengymnastik) versteht man eine Bewegungstherapie, d. h. spezielle Bewegungsübungen mit oder ohne Hilfsmittel, die unter gezielter Anleitung eines Physiotherapeuten erlernt 23 werden und regelmäßig in der Gruppe oder alleine ausgeführt werden sollten. Je nach Krankheitsdauer, Krankheitsaktivität und bereits vorhandenen Funktionseinbußen besteht das Ziel darin, Schmerzen zu lindern, ungünstige Gelenk­stellungen zu ver­ meiden bzw. zu korrigieren, die best­ mögliche Funktion befallener Gelenke zu erhalten bzw. zu erreichen sowie die Gelenke und ihre zugehörigen Strukturen etwa durch Muskelaufbau zu stabilisieren. Bei vorhandenen Bewegungseinschränkungen gilt es, Kompensationsstrategien zu erarbeiten und Alltags- und Gebrauchsbewegungen zu schulen. Je nach Krankheitsstadium und individueller Erfordernis können beispielsweise folgende Maßnahmen durchgeführt werden: Mobilisationstechniken (manuelle, d. h. mit den Händen unterstützte Therapie), Koordinationsübungen, Muskelkräftigung, Konditionsaufbauübungen, stabilisierende Übungen der Gelenke sowie Gang- oder Haltungsschulung. In jedem Stadium der Erkrankung sind Übungen im Wasser sehr hilfreich, weil die Bewegung dabei erleichtert und die Gelenke entlastet und stabilisiert werden. Das Entlastungsprinzip gilt auch für die Behandlung im Schlingentisch als gute Ergänzung der Therapiemöglichkeiten. Ergotherapie Ergotherapie (griechisch ergon = Arbeit, Beschäftigung) unterstützt und begleitet Patienten, deren Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind, bei für sie wichtigen Betätigungen. Ziel der Ergotherapie ist der Aus­gleich behinderter Bewegungsabläufe durch das richtige Ausführen einer Tätigkeit und das Wiedererlernen verloren­ gegangener Funktionen, beispielsweise durch Aktivitäten im warmen Sand, Linsenbad, Paraffinbad, mit Knetmasse oder Handtrainer. Dies soll die Selbständigkeit des Patienten im persönlichen und beruflichen Bereich stärken und eine Verbesserung der Lebensqualität ermöglichen. Eine weitere Aufgabe der Ergotherapie ist die Beratung über Alltagshilfen und das Üben der richtigen Anwendung. Wertvolle Hilfsmittel für den Alltag sind zum Beispiel Öffner für Wasserhähne, Griffverdickungen für Besteck oder Verlängerungsgriffe für Schuhlöffel und ähn­ liches, deren richtiger Gebrauch mit den Patienten trainiert wird. 24 Leben mit rheumatoider Arthritis – Tipps für den Alltag 25 Die Behandlungschancen von chronischentzündlichen Gelenkerkrankungen haben sich in den letzten Jahrzehnten entscheidend verbessert. Früher galt die rheumatoide Arthritis als schicksalhafte, unheilbare Erkrankung, die mit zunehmender Behinderung und erhöhter Sterblichkeit einherging, während in der Therapie hohe Nebenwirkungsraten in Kauf genommen werden mussten. Dies hat sich heute glücklicherweise geändert: Dank moderner Behandlungsmöglichkeiten, wie der Anwendung von Biologika, gelingt es immer besser, das Fortschreiten von zerstörerischen Krankheitsprozessen auf­ zuhalten und eine Remission, d. h. einen Zustand der weitgehenden oder sogar vollständigen Beschwerdefreiheit zu errei­ chen, ohne die Patienten dabei mit unerwünschten Wirkungen zu sehr zu belasten. Trotz dieser Fortschritte und Behandlungserfolge kann es für die Betroffenen oft sehr belastend und beschwerlich sein, mit einer solchen schweren chronischen Krankheit zu leben und den Alltag zu bewältigen. Dabei kann die Krankheit auch erhebliche Auswirkungen auf die psychische Verfassung haben. Nicht selten leiden die Patienten unter zusätzlichen Beschwerden wie Müdigkeit, Schlafstörungen, Antriebslosigkeit und Stimmungs­ schwankungen bis hin zu Depressionen. Dies wirkt sich oft auch auf das Zusammenleben mit Angehörigen, Freunden und Arbeitskollegen aus. Angesichts der Schwere der Erkrankung sind solche Reaktionen und Begleiterscheinungen ganz normal. Wichtig ist allerdings, dass Sie nicht mit Ihrem Schick- sal hadern, sondern versuchen, positiv zu denken und aktiv etwas unternehmen, um Ihr Leben mit der Erkrankung in den Griff zu bekommen. Sie werden sehen, dass dies vielleicht nicht so schwierig ist wie Sie denken. Nachfolgend finden Sie zu verschiedenen Stichworten jeweils einige Tipps, die Ihnen dabei helfen sollen, besser mit der Krankheit zu leben und umzugehen. Positive Grundeinstellung Mit einer positiven und zuversichtlichen Grundeinstellung können Sie viele Belastungen und Beeinträchtigungen in Zusammenhang mit der Krankheit und der Therapie besser bewältigen. Lassen Sie Ihr Leben im Alltag nicht zu sehr von der Krankheit bestimmen. Versuchen Sie trotz manchen Einschränkungen auch weiterhin, Ihr Leben nach Ihren Vorstellungen zu gestalten, sich Lebensfreude zu bewahren und Dinge zu genießen, die Ihnen Spaß machen und Freude bereiten, wie etwa Freizeitaktivitäten oder Reisen. Auch die Behandlung der rheumatoiden Arthritis erfordert sehr viel aktive Mitarbeit von Ihnen selbst. Gerade die therapiebegleitenden Maßnahmen wie physikalische oder Physiotherapie sind oft 26 Tipps für den Alltag zeitaufwändig und mühsam. Der Erfolg aller therapeutischen Maßnahmen hängt jedoch ganz entscheidend auch von Ihnen selbst ab – ob es sich nun um medikamentöse Therapie oder Krankengymnastik handelt. Information „Wissen ist Macht“ – das gilt auch für den Umgang mit Krankheiten wie der rheumatoiden Arthritis. Denn je besser Sie über Entstehung, Krankheitsbild, Verlauf und Behandlung einer Erkrankung informiert sind, umso leichter wird es Ihnen fallen, richtig damit umzugehen, die Zusammenhänge zu verstehen und Risiken einschätzen zu können. Deshalb ist es für Sie wichtig, dass Sie sich eingehend informieren und Hilfe und Rat von Fachleuten holen. Suchen Sie sich einen kompetenten Arzt Ihres Vertrauens, möglichst (auch) einen Facharzt für Rheumatologie, der mit der Behandlung der rheumatoiden Arthritis Erfahrung hat. Ein solches Vertrauensverhältnis ist von entscheidender Bedeutung für eine gute Zusammenarbeit und eine effektive und erfolgreiche Behandlung. Erfahrungsaustausch „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ sagt ein Sprichwort und weist darauf hin, wie wichtig es ist, sich mit anderen Betroffe­ nen auszutauschen und von ihnen Hilfe und Rat zu holen. Kontakte zu anderen Patienten können im Umgang mit der Krankheit sehr hilfreich sein. Sie dienen zum Austausch von Erfahrungen und Empfehlungen, die oft nur Menschen ver- mitteln können, die selbst am eigenen Leib erfahren haben, was es bedeutet, an einer Erkrankung zu leiden. Eine gute Möglichkeit, solche Menschen zu treffen, bieten die Selbsthilfegruppen. Sie vermitteln Kontakte, bieten vielfältige Infor­ mationsmöglichkeiten und Ratschläge zu wichtigen Themen rund um die rheumatoide Arthritis. Oft organisieren sie auch interessante Veranstaltungen. An vielen Orten haben sich Regionalgruppen gebildet, so dass Sie vielleicht auch in Ihrer Nähe geeignete Ansprechpartner finden. Auch im Internet gibt es viele Seiten mit Möglichkeiten zur Information und zum Erfahrungsaustausch. Wichtige Adressen finden Sie im Anhang dieses Heftes. Bewegung Regelmäßige Bewegung ist gerade bei der rheumatoiden Arthritis – auch für bereits erkrankte Gelenke – notwendig und sinnvoll. Sie trägt zum einen dazu bei, Fehlstellungen und eine Versteifung der Gelenke zu verhindern. Zum anderen führt die Stärkung von Muskulatur und Sehnen dazu, dass die Gelenke entlastet und stabilisiert werden. Gezieltes Training bewirkt, dass Knochen, Knorpel und Muskeln besser durchblutet und ernährt werden. Dadurch verbessern sich Muskelkraft und Ausdauer. Nicht zuletzt trägt Bewegung bekanntlich auch zur Erhaltung und Verbesserung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens bei. Wie auch bei der Physiotherapie muss jedes Training an den individuellen Gesundheits- und Trainingszustand des Pati­en­ten angepasst sein. Deswegen sind 27 allgemeine Empfehlungen nur eingeschränkt möglich. In manchen Erkrankungsphasen, beispielsweise bei akuter Entzündung mit ausgeprägter Schwellung und starken Schmerzen sind nur passive Übungen möglich. Bei geringer Krankheitsaktivität und gutem Gesundheitszustand hingegen ist auch gegen ein aktives Ausdauer- und / oder Krafttraining nichts einzuwenden. Grundsätzlich gilt: Sportliche Aktivitä­ ten und Bewegungsübungen sollten vorher mit dem Arzt und / oder Physiothera- peuten abgesprochen werden. Am besten ist es, wenn Sie sich von einem Physiotherapeuten beraten und alle für Sie wichti­ gen Übungen zeigen lassen. Er kann Ihnen auch ein maßgeschneidertes individuelles Trainingsprogramm zusammenstellen, das Sie regelmäßig selbst durchführen können. Dabei ist es wichtig, dass Sie die Übun­gen zunächst unter fachkundiger An­ leitung ausführen, damit sich nicht schon zu Beginn Fehler einschleichen. Auch später sollten Sie immer wieder überprüfen lassen, ob Sie alles richtig machen, um 28 Tipps für den Alltag Ihren Bewegungsapparat so wenig wie möglich zusätzlich zu belasten. • Empfehlenswert sind Sportarten mit geordnetem Bewegungsablauf, bei denen die Gelenke geschont werden, wie etwa Schwimmen (vor allem Rückenschwimmen), Radfahren, Walking, Nordic Walking oder Skilanglaufen. • Weniger geeignet sind Sportarten, die zu einer Überlastung, Fehlbelastung und Schädigung der Gelenke führen können oder mit hohem Verletzungs­ risiko einhergehen. Dazu zählen vor allem Sportarten, bei denen abrupte Bewegungen und plötzliches Abbremsen erforderlich sind, wie Skifahren, Kampfsport, Tennis, Squash, Fußball oder andere Ballsportarten. • Beim Krafttraining sollten Sie darauf achten, Ihre Gelenke nicht mit zu viel Gewicht zu belasten. Setzen Sie leichte Gewichte ein und steigern Sie allmählich die Anzahl der Wiederholungen. Zu bevorzugen sind Geräte bzw. Übungen, bei denen Sie den Bewegungsapparat nur mit dem dafür erforderlichen Wider­ stand, nicht jedoch zusätzlich mit Ihrem Körpergewicht belasten. Übungen in sit­ zender oder – noch besser – liegender Stellung sind im Allgemeinen günstiger als Übungen im Stehen. • Beherzigen Sie den Spruch: „Wer rastet, der rostet.“ Wichtig ist regelmäßige Bewegung mindestens zwei- bis dreimal pro Woche! • „Besser spät als nie“: In keinem noch so fortgeschrittenen Alter und Krankheitsstadium ist es zu spät, mit geeigneten Bewegungsübungen zu beginnen. Entspannung Die rheumatoide Arthritis geht nicht nur mit starken körperlichen Beeinträchtigun­ gen einher, sondern hat oft auch seelische und psychosoziale Folgen. Im beruflichen Alltag und Privatleben kommt häufig noch psychischer und körperlicher Stress hinzu. Dadurch wird es dem Patienten erheblich erschwert, die Probleme und Beschwerden in Zusammenhang mit der Erkrankung täglich zu bewältigen. Deshalb ist es besser, den Stress erst gar nicht aufkommen zu lassen. Zumindest sollten Sie aber versuchen, hin und wieder zur Ruhe zu kommen. „In der Ruhe liegt die Kraft.“ Wirksamer Stressabbau und Entspannung können nicht nur bei der Schmerzbewältigung helfen, sondern auch das psychische und körperliche Wohlbefinden stärken und die Grundstimmung verbessern. Oft hilft es schon, sich eine sinnvolle Beschäftigung, ein interessantes Hobby oder eine Sportart zum Ausgleich zu suchen, bei der man Entspannung vom Alltag und Ablenkung von Problemen findet. Manchmal ist es besser, wenn Sie sich professionelle Hilfe oder Anleitung suchen, etwa um gezielt Stress oder seelische Belastung abzubauen und zu bewältigen und innere Ruhe zu finden. Dabei können Entspannungsübungen helfen, die auf unterschiedlichen Methoden beruhen, wie etwa Yoga, autogenes Training, Jacob­ sonsche Muskelentspannung und Biofeedback. Auch eine Psychotherapie kann für manche Patienten hilfreich sein. Allerdings kommt nicht jeder mit allen Methoden zurecht, und was dem einen hilft, muss nicht unbedingt auch dem anderen 29 In der Ruhe liegt die Kraft gut tun. Daher muss jeder Patient mit der Zeit selbst herausfinden, welche Methode für ihn am besten geeignet ist. Richtige Ernährung Eine spezielle Diät, die für alle Patienten mit rheumatoider Arthritis empfohlen wer­ den kann, gibt es nicht. Denn bislang liegen keine auf kontrollierten wissenschaftlichen Untersuchungen beruhenden Daten vor, die eindeutig belegen, dass eine bestimmte Ernährungsweise die Entstehung oder den Krankheitsverlauf der rheumatoiden Arthritis positiv oder negativ beeinflusst. Deshalb sollte man mit solchen Ratschlägen eher kritisch umgehen, denn Diätvorschriften können auch sehr kompliziert sein und das Alltagsleben, insbesondere auch das Zusammenleben mit den Angehörigen, zusätzlich belasten. Manche Patienten bemerken allerdings, dass sich ihre Beschwerden in Zusam­menhang mit dem Genuss bestimmter Lebens- mittel verbessern oder verschlechtern können. Beispielsweise scheinen fette Speisen, Fleisch oder Süßigkeiten eher einen ungünstigen Einfluss zu haben, vor allem wenn sie in größeren Mengen genossen werden. Es gibt jedoch kein Patentrezept. Deshalb ist es wichtig, dass jeder Patient selbst ausprobiert, was ihm gut tut und was nicht. Sollten Sie also – insbesondere bei wiederholten Versuchen – feststellen, dass sich Ihr Erkrankungszustand in Zusammenhang mit bestimmten Nahrungsmitteln verbessert oder auch verschlimmert, kann es für Sie durchaus sinnvoll sein, dies bei Ihrer Ernährung zu berücksichtigen. Nachfolgend finden Sie einige allgemeine Empfehlungen zur Ernährung, an denen Sie sich orientieren können: • Eine vollwertige und ausgewogene Ernährung ist grundsätzlich empfehlenswert. Dazu gehören reichlich frisches Obst und Gemüse, Salate, Getreide (Vollkorn- 30 Tipps für den Alltag produkte), Hülsenfrüchte und (fettar­me) Milchprodukte. • Ziehen Sie Lebensmittel pflanzlicher Herkunft tierischen Produkten vor. Vor allem ist es ratsam, tierische Fette durch pflanzliche Öle (mit hohem Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren) zu ersetzen. Versuchen Sie auch, den Konsum von Fleisch und Wurstwaren zu re­ du­zieren (maximal zwei Mal pro Woche). • Setzen Sie ein bis zwei Mal pro Woche Seefisch auf Ihren Speiseplan. Empfehlenswert sind fettreiche Seefische wie Lachs oder Makrele. Sie enthalten einen hohen Anteil an ungesättigten Omega3-Fettsäuren, für die eine entzün­­dungs­ hemmende Wirkung nachgewiesen werden konnte. Es gibt auch Nah­rungs­ ergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren (Lachsöl-Kapseln); fragen Sie Ihren Arzt, ob er Ihnen die Einnahme dieser Präparate empfehlen kann. • Für die Stabilität der Knochen ist eine kalzium- und Vitamin-D-reiche Ernährung empfehlenswert (mindestens 1 g Kal­zium pro Tag). Insbesondere wenn Sie mit Glukokortikoiden behandelt wer­ den, hilft dies einem Knochenschwund (Osteoporose) vorzubeugen. Beide Stoffe sind in Milch und Milchprodukten reichlich vorhanden. Wenn Sie Kalorien spa­ren wollen, sind fettarme Milchprodukte zu bevorzugen. Gute Kalziumlieferanten sind außerdem Vollkornprodukte, Obst, Nüsse, Blattgemüse und Kräuter. Da beim Kochen Kalzium ins Kochwasser übergeht, ist es ratsam, Speisen nur mit wenig Wasser zu kochen und dieses anschließend z. B. für Saucen oder Suppen zu verwenden. Reduzieren Sie den Genuss von Speisen, die große Mengen an Phosphat (Wurst, Schmelzkäse, Süßigkeiten, Limonade, Fertiggerichte) oder Oxalsäure (Rhabarber, Spinat) enthalten, da sie dem Körper Kalzium entziehen. • Verzichten Sie auf Alkohol in größeren Mengen, denn er wirkt entzündungsfördernd. • Maßvolles Fasten kann dazu führen, dass die Krankheitsaktivität vermindert wird. Solche Maßnahmen sollten Sie allerdings nur nach Absprache mit Ihrem Arzt durchführen. Eine zu starke und zu rasche Gewichtsabnahme könnte sich ungünstig auf Ihren Gesundheitszustand auswirken. Gesunde Lebensweise Mit einer gesunden Lebensweise können Sie – auch mit einer schweren Erkrankung wie der rheumatoiden Arthritis – ganz erheblich zu Ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden beitragen und Ihre Lebensqualität verbessern. Nachfolgend finden Sie einige Tipps, die Ihnen im praktischen Alltag das Leben mit der Krankheit erleichtern können. • Achten Sie auf Ihr Körpergewicht: Da jedes überflüssige Kilo die Gelenke zusätzlich belastet, sollten Sie Übergewicht in jedem Fall vermeiden. Wenn Sie übergewichtig sind und abnehmen wollten, ist es allerdings ratsam, das Gewicht nur langsam zu reduzieren. • Ruckartige und harte Bewegungen oder plötzliche Erschütterungen belasten Ihre Knochen und Gelenke ebenso wie das 31 Tragen schwerer Gegenstände. Verteilen Sie beim Tragen das Gewicht möglichst gleichmäßig auf beide Körperhälften. • Verzichten Sie unbedingt auf das Rauchen: Raucher, die an rheumatoider Arthritis leiden, haben ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Krankheitsverlauf, für Herz-Kreislauf-Komplikationen und für die Entwicklung von Rheumaknoten. • Sorgen Sie für ausreichenden und erholsamen Schlaf. • Vermeiden Sie (insbesondere dauerhaften) Stress oder Ärger. Auch und besonders im Alltag sind genügend Ruhepausen und Erholung wichtig. Wenn Sie die Ursachen für ständigen Stress nicht immer beseitigen können, versuchen Sie, sich möglichst häufig bewusst zu entspannen (z. B. durch Entspannungstechni­ ken wie autogenes Training oder Yoga). • Achten Sie auf eine gesunde und möglichst ausgewogene Ernährung. • Genießen Sie die Natur – körperliche Bewe­ gung an der frischen Luft tut Ihnen gut. • Erhalten Sie sich eine positive Lebens­ einstellung. Lachen und fröhliche Stimmung regen im Gehirn die Produktion von Botenstoffen an, die das Gefühl von Glück und Entspannung erzeugen. Zudem werden Stresshormone vermindert. Gönnen Sie sich öfter mal eine angenehme Ablenkung vom Alltagsstress und eine psychische Erholungsphase. 32 Glossar akut Plötzlich einsetzend und rasch verlaufend (im Gegensatz zu q chronisch Analgetikum (Mehrzahl: Analgetika) Schmerzmittel Anamnese Krankengeschichte Ankylosierende Spondylitis (= Morbus Bechterew) Bestimmte Form einer chronisch-entzündlichen Gelenkerkrankung Antigen Substanz oder Struktur, die in der Lage ist, eine Antikörperimmu­nologische Reaktion des Körpers ( q Bildung) hervorzurufen. Ein Antigen kommt in der Regel von außen (Bakterien, Viren, Allergene). Ausnahmsweise kann aber auch ein Bestandteil des Körpers selbst wie ein Antigen wirken, wie es bei der rheumatoiden Arthritis der Fall ist. anti-inflammatorisch Entzündungshemmend Antikörper (= Immunglobulin) Vom Immunsystem gebildeter Eiweißstoff, der speziell gegen eine bestimmte Substanz oder Struktur – ein Antigen – gerichtet ist. Der Antikörper kann „sein“ q Antigen an sich binden und dadurch unschädlich machen. antiphlogistisch Entzündungshemmend Antirheumatikum Arzneimittel zur Behandlung rheumatischer Erkran(Mehrzahl: Antirheumatika) kungen mit unterschiedlichen Wirkungsweisen 33 Arthritis Entzündung eines Gelenks Arthropathie (Entzündliche oder degenerative) Erkrankung eines Gelenks Arthroskopie Gelenkspiegelung; Betrachtung eines Gelenkinnenraums durch eine flexible Optik, das Endoskop, das über einen kleinen Schnitt in die Gelenkhöhle eingeführt wird Basistherapeutikum (DMARD = disease modifying antirheumatic drug) Langwirksames krankheitsmodifizierendes Anti­ rheumatikum Biologikum (Mehrzahl: Biologika; engl. Biologics, Biologicals) Mittels biotechnologischer Verfahren hergestellte Wirkstoffe, „biologische Substanzen“ Blutbild Sammelbezeichnung für Laboruntersuchungen, bei denen die Menge der Zellbestandteile des Blutes (Blutzellen, Blutfarbstoff) bestimmt wird Blut(-körperchen-) senkungsgeschwindigkeit (BSG, BKS) Geschwindigkeit, mit der die Blutzellen (Blutkörperchen) sich auf Grund der Schwerkraft nach unten absetzen, wenn man eine (mit einer gerinnungshemmenden Substanz versetzte) Blutprobe für ein bzw. zwei Stun­den stehen lässt. Eine erhöhte BSG kann auf eine akute oder chronische Entzündung im Körper hinweisen. chronisch akut) Lang dauernd (Gegensatz zu q 34 Glossar C-reaktives Protein (CRP) Protein, dessen Konzentration im Blutserum bei q bestimmten entzündlichen Prozessen innerhalb von wenigen Stunden bis zum 1000-fachen ansteigen kann DMARD Basistherapeutikum q Entzündung Reaktion des Körpers auf tatsächliche oder mutmaßliche „Feinde“; in der Regel handelt es sich dabei um poten­ zielle Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren. Der Kontakt mit diesen Erregern leitet eine Reihe von Vor­gängen ein, die zur lokalen Überwärmung durch vermehrte Durchblutung, Schwellung durch Austritt von Gewebeflüssigkeit, Schmerz und einer eingeschränkten Funktion des betroffenen Gewebes führt. Entzündungsmediator Substanz, die Signale von einer Körperzelle zur anderen weiterleitet und in einer Zelle bestimmte Vorgänge auslösen kann, die Teil des Entzündungsprozesses sind. Die meisten Entzündungsmediatoren gehören zur Zytokine. Gruppe der q Entzündungszeichen akuten Entzündung sind Die Hauptsymptome einer q Überwärmung, Schwellung, Schmerz und Beeinträchtichronischen Entzündung gung der Funktion. Bei einer q können die Entzündungszeichen zurückgehen, während die Beeinträchtigung der Funktion bestehen bleibt. Erguss Ansammlung von Flüssigkeit, z. B. im Gelenk; meist äußerlich erkennbar als Schwellung, die durch Druck auf benachbarte Nerven auch schmerzhaft sein kann Immunsuppressivum Medikament, das Reaktionen des q Immunsystems unter­drückt bzw. abschwächt und damit bei immunologi­schen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis wirkt Immunsystem Abwehrsystem; Sammelbezeichnung für sämtliche Vorgänge, Zellen und Substanzen der körpereigenen Abwehr 35 Infusion Gabe eines Medikaments oder von Nährstoffen in gelöster Form direkt in ein Blutgefäß Infusionsreaktion Reaktion auf ein Arzneimittel, die in unmittelbarem Infusion auftritt. zeitlichem Zusammenhang mit der q Infusionsreaktionen treten vor allem bei oder nach Anwendung von eiweißartigen Mitteln auf. Leichte Symptome (Schwächegefühl, Blutdruckabfall, Schwindel) verschwinden oftmals nach Abbrechen oder Verlangsamen der Infusion nach kurzer Zeit von selbst; schwerere Symptome (Atemnot, Kreislaufschwäche) sind selten und müssen sofort behandelt werden. intraartikulär In das bzw. im Gelenk Kortiko(-stero-)ide (Glukokortikoide) Kortison Gruppe von Medikamenten, die sich vom q ableiten und vorwiegend entzündungshemmend wirken, darüber hinaus aber noch vielfältige weitere Wirkungen haben Kortison Künstlich hergestellter Abkömmling des Cortisols, eines Hormons, das in der Nebenniere produziert wird Leukozyten Weiße Blutkörperchen; Leukozyten werden in mehrere LymphoUntergruppen unterteilt, z. B. Granulozyten, q Makrophagen zyten, q Lymphozyten Zellen aus der Gruppe der weißen Blutkörperchen ( q Leukozyten), die eine wichtige Rolle bei der Abwehr spielen Makrophagen LeukoZellen aus der Gruppe der weißen Blutzellen ( q zyten), Teil des Immunsystems. Makrophagen können Fremdsubstanzen „verdauen“ und werden daher auch als Fresszellen bezeichnet Monoarthritis Entzündung eines (einzigen) Gelenks 36 Glossar monoartikulär Ein (einziges) Gelenk betreffend monoklonal Von einer Zelle abstammend bzw. gebildet Monotherapie Behandlung mit nur einem Medikament bzw. Wirkstoff Morbus Bechterew Ankylosierende Spondylitis; Morbus = Krankheit q nicht-steroidales Antirheumatikum (NSAR) Kortison (Steroid) abgeleiteter Wirkstoff Nicht vom q mit schmerz- und entzündungshemmender Wirkung Oligoarthritis Entzündung weniger Gelenke oligoartikulär Wenige Gelenke betreffend oral Am, im, durch den Mund Pannus Synovial-Zellmasse, die in Knorpel und Knochen q eindringt und diese zerstört; charakteristisches Merkmal für die rheumatoide Arthritis parenteral Unter Umgehung des Verdauungstraktes Pathogenese Entstehung und Entwicklung von Krankheiten Placebo Scheinmedikament polyartikulär Viele Gelenke betreffend Polyarthritis Entzündung mehrerer bzw. vieler Gelenke progredient Fortschreitend, progressiv Progression Fortschreiten (einer Erkrankung bzw. einer Veränderung) pro-inflammatorisch Entzündungsfördernd 37 Protein Eiweißstoff Rehabilitation Wiederherstellung, Wiedereingliederung oder auch Vorbeugung zur Beseitigung von gesundheitlichen Störungen Remission Dauerhaftes oder vorübergehendes Verschwinden von Krankheitserscheinungen; beschwerdefreier Zustand Rezeptor Struktur einer Zelle, meistens der Zelloberfläche, die von Botenstoffen übermittelte Signale aufnehmen und zum Zellkern weiterleiten kann. Rezeptoren sind auf einzelne Botenstoffe spezialisiert und befähigen die jeweilige Zelle, gerade auf diesen Botenstoff zu reagieren. Rheumafaktor (RF) Antikörper gegen körpereigene qProteine; er ist bei q chronischen rheumatischen Erkrankungen, einigen q vor allem bei der rheumatoiden Arthritis im Blutserum nachweisbar („positiv“), selten auch bei Gesunden Rheumatoide Arthritis (RA) Chronisch-entzündliche Erkrankung der Gelenke; umgangssprachlich auch Rheuma genannt; ältere Bezeichnung: chronische Polyarthritis Steroid Kortikosteroide q subkutan (s.c.) Unter die Haut Synovia = Synovialflüssigkeit Zähflüssige, in den Gelenkhöhlen (= Synovialhöhlen) enthaltene Flüssigkeit, die zur Verminderung der Reibung zwischen den Knochenflächen beiträgt Synovialgelenk Gelenk, bei dem die beteiligten Knochenflächen mit einer Schicht aus Gelenkknorpel bedeckt sind, und das eine mit q Synovialflüssigkeit gefüllte und mit einer Synovialmembran ausgekleidete sowie durch eine qBindegewebs­ kapsel und Bänder verstärkte Gelenkhöhle besitzt 38 Glossar Synovialmembran (= Synovialis) Innenhaut der Gelenkkapsel, die die Gelenkhöhle Synovialflüssigkeit produziert auskleidet und q Synovitis (= Synovialitis) Synovialmembran; wichtigstes Entzündung der q Akutsymptom bei der rheumatoiden Arthritis systemisch Ein ganzes Organsystem oder (im weiteren Sinne) auch mehrere Organsysteme, d.h. den gesamten Organismus betreffend TNFa-Hemmer/-Blocker Medikament, das gegen den Botenstoff TNFa gerichtet ist und diesen unschädlich macht TNFa-Inhibitor TNFa-Hemmer /-Blocker q Tumornekrosefaktor-alpha / Botenstoff ( q Zytokin) des Immunsystems, der u. a. TNFa eine zentrale Rolle bei Entzündungsprozessen (wie auch bei der rheumatoiden Arthritis) spielt Zytokin Verschiedene körpereigene Botenstoffe (z. B. TNFa ), die Signale zwischen Zellen des Immunsystems und anderen Zellen übermitteln und damit eine wichtige Rolle bei Immunreaktionen spielen. 39 Weiterführende Auskünfte, Adressen und Literatur Selbsthilfegruppen Literatur (Patientenratgeber) Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V. Maximilianstraße 14, 53111 Bonn Telefon 0228 76606-0 Fax 0228 76606-20 www.rheuma-liga.de e-mail: [email protected] Brückle Wolfgang: Ist das Rheuma, was ich habe? Urania Verlag, 1999 Wichtige Internet-Adressen zum Thema Rheuma: www.zukunft-beginnt-jetzt.info Das Deutsche Rheumahaus (verschiedene Informationen und Links zum Thema Rheuma) www.rheumanet.org Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie www.dgrh.de Brückle Wolfgang: Gelenkrheuma. Trias, 2005 Holst Susanne, Meiser Ulrike: Kursbuch Rheuma. Südwest Verlag, 2004 Loisl Daniela, Puchner Rudolf: Diagnose Rheuma. Springer Verlag, 2005 Miehle Wolfgang: Entzündliches Gelenkrheuma. Rheumamed-Verlag, 2005 Sievers Michaela: Rheumatoide Arthritis – alles was hilft. Govi-Verlag, 2003 Deutsche Rheumaliga www.rheuma-liga.de Rheuma-Kids (für Kinder mit Rheuma) www.rheumakids.de Bundesverband für Gesundheitsinforma­tionen und Verbraucherschutz www.bgv-rheuma.de Rheumazentrum der Universität München www.med.uni-muenchen.de/rheuma Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin www.drfz.de Impressum Herausgeber: essex pharma GmbH Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. med. Klaus Krüger, München Gestaltung: add coop München / Uwe Heilig Mediendesign Stand: September 2007 201820 Weitere Informationen unter www.zukunft-beginnt-jetzt.info essex pharma GmbH Thomas-Dehler-Str. 27 81737 München www.essex.de