1. Einführung Klaus M. Schmidt LMU München Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 Klaus M. Schmidt (LMU München) 1. Einführung Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 1 / 10 1.1 Literatur Mit einem der folgenden Lehrbücher sollten Sie arbeiten: ∗∗∗ Osborne, Martin J., An Introduction to Game Theory, Oxford: Oxford University Press 2009 (ca. 100,00 EUR) ∗∗ Gibbons, Robert, A Primer In Game Theory, New York: Harvester 1992 (ca. 70,00 EUR) ∗ Fudenberg, D. and J. Tirole, Game Theory, Cambridge: MIT Press 1991 (ca. 60,00 EUR) ∗ Mas-Colell, A., Whinston, M., and J. Green, Microeconomic Theory, Oxford: Oxford University Press 1995(ca. 55,00 EUR). Zusätzliche Begleitliteratur (keine Lehrbücher): ∗∗∗ ∗∗∗ ∗∗∗ Schelling, Thomas C., The Strategy of Conflict, Cambridge (Mass.): Harvard University Press, 1960 (Taschenbuch, ca. 25,00 EUR). Dixit, Avinash und Barry Nalebuff, Thinking Strategically, W.W. Norton, 1993 (Taschenbuch, ca. 15,00 EUR) Nasar, Sylvia, A Beautiful Mind: A Biography of John Forbes Nash, Jr., Simon and Schuster, 1998 (Taschenbuch, ca. 9,00 EUR). c 2014 Klaus M. Schmidt Klaus M. Schmidt (LMU München) 1. Einführung Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 2 / 10 1.2 Was ist Spieltheorie? Die Spieltheorie analysiert optimale Entscheidungen in Situationen, in denen das Ergebnis von den Entscheidungen mehrerer interagierender Wirtschaftssubjekte abhängig ist: “Strategische Interaktion”. Die Spieltheorie ergänzt die traditionelle (individuelle) Entscheidungstheorie. Sie wird auch “interpersonelle Entscheidungstheorie” genannt. Klaus M. Schmidt (LMU München) 1. Einführung Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 3 / 10 1.3 Wichtige Anwendungsgebiete Wettbewerb: Entscheidungen über Preise, Mengen, Marktzutritt, Produktdifferenzierung oder F & E auf Oligopolmärkten. Verhandlungen: z.B. über Tarifverträge, Handelsliberalisierung oder Abrüstung. Auktionen: optimales Bieterverhalten, Design von Auktionen. Kooperation: Bereitstellung öffentlicher Güter in kleinen Gruppen, Vertrauen. Konflikte: strategisches Verhalten in Streiks, Handelskriegen oder militärischen Auseinandersetzungen. Politische Ökonomie: Politische Interaktion, Wettbewerb und Kooperation verschiedener Regierungen oder Zentralbanken in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum (Geld-, Steuer-, Außenhandelspolitik). Organisationen: Interaktion zwischen den Mitarbeitern und Managern einer Unternehmung/Organisation. ... Klaus M. Schmidt (LMU München) 1. Einführung Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 4 / 10 1.4 Historische Entwicklung der Spieltheorie Ernst Zermelo (1913): mathematische Analyse von Gesellschaftsspielen (Nullsummenspiele). Emile Borel (1920s): gemischte Strategien John von Neumann und Oskar Morgenstern, “The Theory of Games and Economic Behavior” (1944): vNM-Nutzenfunktionen, nicht-kooperative vs. kooperative Spieltheorie. John Nash (1948): Nash-Gleichgewicht. Reinhard Selten (1965, 1975): dynamische Spiele, teilspielperfekte Gleichgewichte. John Harsanyi (1967-68): Spiele mit unvollständiger Information. John Maynard Smith (1972): Evolutionäre Spieltheorie. 1980 - : Anwendung der nicht-kooperativen Spieltheorie in allen Bereichen der Ökonomie. Vertragstheorie zur Untersuchung von Anreizmechanismen, Auktionen, Marktdesign etc. Experimentelle Spieltheorie, Verhaltensökonomik. Klaus M. Schmidt (LMU München) 1. Einführung Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 5 / 10 Nobelpreise: 1994: John Nash, John Harsanyi und Reinhard Selten 1996: James Mirrlees, William Vickrey (Mechanismen Design) 2001: George Akerlof, Michael Spence und Joseph Stiglitz (Informationsökonomie) 2002: Daniel Kahnemann, Vernon Smith (Experimentelle Spieltheorie) 2005: Robert Aumann und Thomas Schelling 2007: Leonid Hurwicz, Eric Maskin, Roger Myerson (Mechanismen Design) 2012: Al Roth (Marktdesign) und Lloyd Shapley (kooperative Spieltheorie) Klaus M. Schmidt (LMU München) 1. Einführung Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 6 / 10 Kooperative und nicht-kooperative Spieltheorie Nicht-kooperative Spieltheorie: Annahme: Spieler können keine bindenden Absprachen treffen Frage: Optimales Verhalten bei strategischer Interaktion? Methode: Interaktion wird explizit modelliert und analysiert Lösungskonzepte: Nash-Gleichgewicht, Teilspielperfektes Gleichgewicht, Perfektes Bayesianisches Gleichgewicht, etc. Kooperative Spieltheorie: Annahme: Spieler können bindende Absprachen treffen Frage: Wie teilen die Spieler einen gemeinsam erzielten Überschuss untereinander auf? Methode: Axiomatische Analyse, Interaktion wird nicht modelliert Lösungskonzepte: Nash-Verhandlungslösung, Shapley-Wert, Kern, etc. In dieser Vorlesung beschäftigen wir uns fast ausschließlich mit der nicht-kooperativen Spieltheorie. Klaus M. Schmidt (LMU München) 1. Einführung Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 7 / 10 1.5 Die Rationalitätshypothese Die traditionelle Spieltheorie basiert auf der Rationalitätshypothese: Alle Entscheidungsträger verhalten sich rational: Sie versuchen, unter den gegebenen Bedingungen ihren erwarteten Nutzen zu maximieren. Dabei unterliegen sie keinen intellektuellen Beschränkungen. Normative Interpretation: Es wird nicht behauptet, dass alle Individuen vollkommen rational sind. Es wird vielmehr gefragt: Was bedeutet “Rationalität” bei strategischer Interaktion? Was sind “rationale Erwartungen”? Wie sollte ein “Gleichgewicht” bei rationalem Verhalten definiert werden? Positive Interpretation: Zumindest langfristig verhalten sich alle Individuen tatsächlich rational: Menschen lernen und passen ihr Verhalten an. Erfolgreiches Verhalten wird durch soziale Normen (vielleicht auch genetisch) an die nächsten Generationen weitergegeben. Analyse vollkommen rationalen Verhaltens sagt (im Großen und Ganzen) tatsächliches Verhalten gut vorher. Klaus M. Schmidt (LMU München) 1. Einführung Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 8 / 10 1.6 Experimentelle Überprüfung der Spieltheorie Überprüfung spieltheoretischer Vorhersagen in Labor- und Feldexperimenten. Viele Vorhersagen werden bestätigt. Einige Experimente deuten aber darauf hin, dass es systematische Abweichungen von den Vorhersagen der Spieltheorie gibt. Interpretation dieser Abweichungen ist ein wichtiges, aktuelles Forschungsthema. Jeder von Ihnen sollte mindestens einmal an einem wirtschaftswissenschaftlichen Experiment teilgenommen haben. Registrieren Sie sich noch heute bei MELESSA: www.melessa.lmu.de Klaus M. Schmidt (LMU München) 1. Einführung Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 9 / 10 1.7 Abgrenzungen und Aufbau der Vorlesung Statische versus dynamische Spiele Vollständige versus unvollständige Information Theoretische Vorhersagen und experimentelle Evidenz Viele Anwendungen und Beispiele aus allen Bereichen der Ökonomie Klaus M. Schmidt (LMU München) 1. Einführung Spieltheorie, Wintersemester 2014/15 10 / 10