Die Institute Institut für Stammzellforschung

Werbung
199_204_isf_inst.qxd
20.05.2005
9:51 Uhr
Seite 199
Die Institute
Institut für Stammzellforschung
Institute of stem cell research
Neuherberg
(Direktor / Director: Prof. Dr. Magdalena Götz)
W
ir untersuchen die grundlegenden
Mechanismen der Spezifizierung
von Stammzellen in einem organübergreifenden Ansatz. Stammzellen verschiedener Organe zeichnen sich durch die
Fähigkeit zur Selbsterneuerung und der
Multipotenz, d.h. der Fähigkeit alle Zelltypen
eines Organes zu bilden, aus. Diese Fragen
werden durch vergleichende Analysen von
Stammzellen aller 3 Keimblätter, also des
Ektoderms (neurale Stammzellen), des Entoderms (u.a. Stammzellen der Pankreas) und
des Mesoderms (Stammzellen des Blut- und
Immunsystems) angegangen. Hierfür werden vergleichende Genexpressionsanalysen
durchgeführt und die Funktion von Kandidatengenen untersucht. Funktionelle Manipulationen werden mittels viraler Vektoren,
‚short-interfereing’ RNA und transgenen
Mausansätzen durchgeführt. Ein weiterer
Schwerpunkt unserer Forschung ist es, auf
molekularer und zellbiologischer Ebene zu
verstehen, wie Stammzellen bestimmte
differenzierte Zelltypen bilden, um sie so
gezielt für Zellersatztherapien einsetzen zu
können. Hierfür liegt ein Schwerpunkt unserer Forschung in der Frage, wie Nervenzellen
aus neuralen oder auch anderen Stammzellen generiert werden, um bei Schädigungen
des Gehirns diese dann ersetzen zu können.
Diesbezüglich haben wir einen völlig neuen
Ansatz entwickelt, in dem unsere Forschungen gezeigt haben, dass Nervenzellen aus
Stützzellen des Gehirns, die den Stammzellen sehr eng verwandt sind, wieder neu
gebildet werden können.
Das ISF ist Teil der Programmes ‚Genomforschung’ der Helmholtz-Gemeinschaft und
trägt die funktionelle Genomik der Stammzellspezifizierung und Differenzierung zu
diesem Programm bei. Interaktionen beste-
R
esearch at the Institute focuses on
the key molecular and cellular
mechanisms regulating stem cell
identity. Stem cells from different organs
are characterised by their capacity for selfrenewal and multipotency, that is their
ability to form the different cell types within
an organ. We examine these key aspects
in stem cells from all three germ layers –
the ectoderm (neural stem cells; Götz), the
mesoderm (haematopoietic stem cells;
Schroeder), and the endoderm (pancreas
and liver stem cells; Lickert). Candidate
gene approaches are followed using screening and functional analysis. Functional
manipulation of key candidate genes is
performed using viral vectors, ‘small
interfering’ RNA, and mouse transgenesis.
The second focus of the research is on
elucidating the mechanisms at molecular
and cell biological levels that regulate the
development of specific differentiated cells
from stem cells; the ultimate goal is to use
stem cells for cell replacement therapy.
Specifically, we are investigating the
generation of neurons from neural or other
stem cells so that they can be used for
replacement in cases of brain damage;
there is practically no endogenous regeneration in the mammalian CNS. Our research
has shown that neurons can develop from
the ubiquitous glial cells, a cell type akin to
bona fide neural stem cells, thus opening
up a new approach towards neuronal
reconstitution.
Research in the Institute is integrated into
the HGF programme on ‘Comparative
Genomics’ to which it contributes the work
on regulation and differentiation of stem
cells. The Institute interacts with the Institute
of Developmental Genetics (IDG) on the
GSF 199
199_204_isf_inst.qxd
20.05.2005
9:51 Uhr
Seite 200
hen mit dem Institut für Entwicklungsgenetik
bezüglich der Differenzierung von neuralen
Stammzellen in dopaminerge Neurone, der
Identifikation von neuen Genen, die asymmetrische Zellteilung regulieren mittels Genetrap, und der Funktion der Paired Domäne
des Transkriptionsfaktors Pax6 für die neuronale Differenzierung (Haubst et al., 2004). Die
Arbeitsgruppe von Frau Dr. Bally-Cuif untersucht in Zusammenarbeit mit dem ISF Mechanismen der adulten Neurogenese beim
Zebrafisch, einem ausgezeichneten Regenerationsmodell. Enge Zusammenarbeit besteht auch mit dem Institut für Experimentelle
Genetik bezüglich des Notch/Delta-Signalweges bei der neuralen Stammzelldifferenzierung und verschiedenen Mikroarrayanalysen von neuralen Stammzellen. Die Funktion
der Homeodomäne des Transkriptionsfaktors
Pax6 wird in Zusammenarbeit mit Herrn
Dr. Jack Favor am Institut für Humangenetik
untersucht.
Da das Institut im Jahr 2004 gegründet
wurde, hat sich die Anzahl der Mitarbeiter
erst im Laufe des Jahres erhöht. Zum Abschluss 2004 waren am Institut 7 Wissenschaftler/innen, 10 Doktoranden/innen und
4,5 technische Mitarbeiter/innen beschäftigt.
Frau Dr. Andrea Wizenmann ist die stellvertretende Institutsleiterin.
Neurale Stammzellen
Ziel unserer Arbeiten ist es, die grundlegenden Mechanismen der Spezifizierung von
Stammzellen und ihrer Nachkommen so gut
zu verstehen, dass Stammzellen gezielt zur
regenerativen Therapie eingesetzt werden
können. Für dieses Ziel hat die Forschung an
neuralen Stammzellen besondere Aufgaben
zu lösen, nicht nur da im ausgewachsenen
Zentralnervensystem fast keine Nervenzellen
mehr gebildet werden können, sondern auch
weil verschiedene Gehirngebiete sehr unterschiedliche Typen von Nervenzellen enthalten – für regenerative Therapien also sehr
spezifische Nervenzelltypen gebildet werden
müssen.
Wie werden verschiedene Nervenzellen
gebildet?
Daher untersuchen wir einerseits die mole-
200 GSF
differentiation of neural stem cells in
dopaminergic neurons, the identification of
new genes that regulate asymmetric cell
division using gene trap technology and the
function of the paired domain of the transcription factor Pax6 in neuronal differentiation (Haubst et al., 2004). The IDG research
group led by Dr. Bally-Cuif collaborates
with the ISF on investigations into the
mechanisms of adult neurogenesis in
zebrafish, a superb regeneration model.
There is also close cooperation with the
Institute of Experimental Genetics on the
Notch-Delta signal pathway in neural stem
cell differentiation and various microarray
analyses for neural stem cells. The function
of homeo domains of the transcription
factor Pax6 is investigated together with
Dr. Jack Favor of the Institute of Human
Genetics.
The Institute was founded in 2004 and
the number of people involved in the
research slowly increased over the year.
At the end of 2004 there were 7 scientists,
10 postgraduate students, and 4.5 technicians at the Institute. Dr. Andrea Wizenmann is the Deputy Director.
kularen Mechanismen, die während der
Entwicklung dazu beitragen, dass unterschiedliche Nervenzellen in verschiedenen
Gehirnregionen gebildet werden. Hier beschäftigen wir uns vor allem mit den Nervenzelltypen des Vorderhirns, die bei Patienten der Alzheimer- oder Huntington-Erkrankung absterben. Hierbei handelt es sich um
Nervenzellen, die den inhibitorischen Transmitter GABA verwenden oder jene, die den
exzitatorischen Transmitter Glutamat benützen. Diese unterschiedlichen Nervenzellen
werden während der Entwicklung des Nervensystems in verschiedenen Regionen
gebildet: GABAerge Neurone im ventralen
Endhirn, aus welchem dann die Basalganglien entstehen, glutamaterge Neurone werden dagegen im dorsalen Endhirn geboren,
und aus dieser Region entwickelt sich der
cerebrale Cortex, jener Bereich des Gehirns,
der, besonders bei Primaten, inklusive des
20.05.2005
9:51 Uhr
Seite 201
Menschen, zur dominierenden Struktur des
Gehirns wurde.
Unsere Arbeiten konnten als einen entscheidenden intrinsischen Faktor für die
Bildung glutamaterger Neurone den Transkriptionsfaktor Pax6 identifizieren. Pax6 wird
spezifisch nur in Vorläuferzellen des dorsalen Endhirns exprimiert und instruiert dort
die Bildung von glutamatergen Neuronen.
In der Abwesenheit von Pax6 ist die Neurogenese stark beeinträchtigt, und die wenigen
Neurone, die noch gebildet werden, sind
GABAerg (Chapouton et al. 1999). Ein mögliches Zielgen, das diesen Effekt von Pax6 in
Vorläuferzellen des zerebralen Cortex vermitteln könnte, ist Cux2 (Nieto et al., 2004).
Ein wesentlicher Fortschritt, um weitere
Faktoren bei der Bildung glutamaterger
Neurone zu identifizieren, ist uns dieses Jahr
in Zusammenarbeit mit Yves-Alain Barde
vom Biozentrum der Universität Basel gelungen. In dieser Arbeit konnten wir zeigen,
dass es möglich ist, aus embryonalen
Stammzellen eine reine Population Pax6exprimierender neuraler Vorläuferzellen zu
generieren, die dann wiederum alle in glutamaterge Neurone ausdifferenzieren (Bibel et
al., 2004). Dieses System erlaubt nun die
A
Suche nach Schlüsselgenen in diesem Differenzierungsprozess. Diese Suche erfolgt
mittels Mikroarrayanalyse in Zusammenarbeit mit Johannes Beckers vom Institut für
Experimentelle Genetik und Werner Mewes,
dem Leiter des Institutes für Bioinformatik.
Gliazellen bilden Neurone:
die zentrale Rolle von Pax6
Ein besonders spannender Aspekt an den
oben dargestellten Befunden ist auch, dass
die Pax6-exprimierenden Vorläuferzellen
Eigenschaften glialer Zellen aufweisen –
einem Zelltyp, der bisher nur als Stützzelle
angesehen wurde. Unsere Arbeiten konnten
aber zeigen, dass Gliazellen sowohl während
der Entwicklung des Gehirns als neurale
Stammzellen wirken als auch in bestimmten
Regionen des erwachsenen Gehirns (Götz,
2003). Interessanterweise ist Pax6 auch in
jenen Regionen des erwachsenen Mausgehirns, in welchen die Bildung von Neuronen
aus Gliazellen zeitlebens fortgesetzt wird,
exprimiert (Hack et al., 2004). Tatsächlich
konnten wir auch auf funktioneller Ebene
zeigen, dass der Transkriptionsfaktor Pax6
sowohl notwendig als auch hinreichend für
die Bildung von Neuronen aus neuralen
B
Die Institute
199_204_isf_inst.qxd
ß-III-tub GFP
Kontroll-infiziert
ß-III-tub GFP
Pax6-infiziert
Abb. 1: Funktionelle Analyse des Transkriptionsfaktors Pax6 in neuralen Stammzellen
(a) Abbildung von neuralen Stammzellen aus dem Endhirn der Maus nach Infektion mit einem viralen
Vektor, der nur das Markergen für das grün-fluoreszierende Protein, GFP (grün, Pfeil), enthält und
daher keine funktionellen Veränderungen auslöst. Entsprechend der geringen Differenzierung dieser
Zellen in Nervenzellen enthalten keine der infizierten Zellen das für Neurone charakteristische Protein
β-III-tubulin (rot), (b) Abbildung von neuralen Stammzellen, die mit einem viralen Vektor infiziert
wurden, der neben dem Markergen für GFP auch noch das Gen für den Transkriptionsfaktor Pax6
enthält. Nach Infektion mit diesem viralen Vektor differenzieren sich praktisch alle Stammzellen zu
funktionellen Neuronen aus (rot, Pfeile).
GSF 201
A
N
20.05.2005
Exon5a
199_204_isf_inst.qxd
9:51 Uhr
Seite 202
C
RED
PAI
P6CON
HD
TA
5aCON
Proliferation –
Neurogenese +
Regionalisierung
B
E14
WT
C
E14
Pax6Aey18-/-
CTX
Modulare Funktion des Transkriptionsfaktors Pax6
PH3 / NeuN
CTX
GE
GE
Abb. 2: Neurogenese und Zellproliferation im
zerebralen Cortex von Mäusen mit spezifischen
Mutationen in den Pax6 DNS-Bindedomänen
Der Transkriptionsfaktor Pax6 (A) hat zwei DNSBindedomänen, die Paired (PD) und die Homeodomäne (HD). Die PD besteht aus zwei unabhängigen DNS-Bindedomänen, der N-terminalen PAI
und der C-terminalen RED Domäne. Die PAI
Domäne kann an P6CON (Pax6 Consensus Sequenz) und 5aCON (Pax6(5a) Consensus Sequenz)
binden, während die RED Domäne nur an 5aCON
bindet. Mittels alternativem Spleißen kommt es
zu einer Insertion von 14 Aminosäuren in die PAI
Domäne (siehe rote Box) und die DNS-Bindefähigkeit der PAI wird zerstört. Die für die Aktivierung von Zielgenen essentielle Transaktivierungsdomäne (TA) ist am C-Terminus von Pax6 lokalisiert. Mit Hilfe von Mausmutanten, die sich durch
spezifische Mutationen in den verschiedenen
DNS-Bindedomänen auszeichnen, konnte gezeigt
werden, dass die Zielgene der PD ohne Insertion
die Neurogenese und Regionalisierung regulieren, während die Proliferation durch Zielgene der
PD mit Insertion reguliert wird. Die HD spielt in
diesen Aspekten keine Rolle. Die Abbildungen
(C, D) zeigen immunhistochemische Färbungen
gegen NeuN (rot) (neuronaler Marker) und PH3
(grün) (Marker für proliferierende Zellen in der
M-Phase) von koronalen Schnitten des lateralen
zerebralen Kortex der spezifischen Pax6-Mausmutanten am Embryonaltag (E) 14. Die Verschmälerung des neuronalen Bandes im Kortex der
Pax6 Aey18-/- Mutante, der die Paired-DNS-Bindedomäne fehlt, (C) weist auf eine Verringerung der
Neurogenese hin, die mit dem Phänotyp des
funktionellen Nullallels Pax6 Sey-/- vergleichbar ist.
Die weiße Linie (B, C) zeigt die ventrikuläre
Oberfläche des Cortex.
Abkürzungen: CTX= Cortex (dorsales Endhirn);
GE= Ganglionische Eminenz (ventrales Endhirn).
Maßstab: 100 µm.
202 GSF
Stammzellen in vitro ist (Abb. 1; Hack et al.
2004). Dieser Befund ist sehr wichtig für den
möglichen Einsatz neuraler Stammzellen zur
Rekonstitution von Neuronen. Bisher ist es
nämlich ein Problem, dass nach Expansion
in vitro die Fähigkeit neuraler Stammzellen,
Neurone zu bilden, deutlich reduziert ist.
Durch Pax6-Überexpression ist es nun
möglich, fast alle neuralen Stammzellen zur
Bildung von Neuronen auch nach in vitroExpansion anzuregen (Hack et al., 2004).
Aus den oben beschriebenen Versuchen
ergibt sich die zentrale Bedeutung des
Transkriptionsfaktors Pax6 nicht nur für die
Bildung von Neuronen aus neuralen
Stammzellen/Gliazellen. Zudem ist Pax6
aber auch wesentlich für die Fähigkeit zur
Selbsterneuerung dieser Zellen und beeinflusst die Regionalisierung während der
Gehirnentwicklung (Haubst et al., 2004). Im
Jahr 2004 ist es uns gelungen, in Zusammenarbeit mit den Instituten für Humangenetik (Jack Favor) und Entwicklungsgenetik
(Jochen Graw) die multiplen Funktionen von
Pax6 in neuralen Stammzellen molekularen
Modulen zuzuordnen. Der Transkriptionsfaktor Pax6 hat zwei DNS-Bindungsdomänen,
die paired und die Homeodomäne (Abb. 2).
Ein Insert von 14 Aminosäuren – über alternatives Splicing des Exons 5A vermittelt – in
die paired-Domäne verändert die Bindung
der paired-Domäne an die DNS. Wir konnten nun nachweisen, dass die Zielgene der
paired-Domäne ohne Insert, die Neurogenese und Regionalisierung vermitteln, wohingegen die Zielgene der paired-Domäne mit
Insert gezielt das Teilungsverhalten der
neuralen Stammzellen beeinflussen (Haubst
et al., 2004; Abb. 2). Durch diese Befunde
sollte es möglich sein, in Zukunft die dafür
verantwortlichen Zielgene identifizieren zu
können und gezielt anzusteuern, so dass die
Bildung von Nervenzellen über die selektive
Steuerung der Zielgene gefördert werden
kann.
Überraschenderweise zeigte sich in diesen
Untersuchungen auch, dass die Zielgene der
zweiten DNA-Bindungsdomäne von Pax6,
der Homeodomäne, keine Rolle in neuralen
Stammzellen des Endhirns spielen, wohl
20.05.2005
9:51 Uhr
Seite 203
aber in jenen des Auges (Haubst et al.,
2004). Besonders interessant hierbei ist,
dass Pax6 die Zellteilung neuraler Stammzellen im Endhirn und dem Auge unterschiedlich beeinflusst, ebenso wie deren
Differenzierungsverhalten. Im Auge scheint
Pax6 die Stammzellen in einem undifferenzierten Stadium zu halten, im Endhirn
scheint es deren neuronale Differenzierung
zu fördern. Die unterschiedliche Funktion
der Homeodomäne bietet also einen guten
Ansatzpunkt, um die molekulare Regulation
dieser Aspekte in neuralen Stammzellen
durch Identifikation der Zielgene der
Homeodomäne besser zu verstehen. Hierbei
ist es auch besonders interessant, die Rolle
dieser DNA-Bindungsdomänen in der Differenzierung der Pankreaszellen zu untersuchen, in welchen Pax6 auch eine wesentliche Rolle spielt.
Entodermale Stammzellen
Während der Organogenese bildet sich aus
dem Entoderm das primitive Darmrohr, aus
dem sich die Entoderm-abgeleiteten Organe
Thymus, Schilddrüse, Lunge, Leber und
Pankreas bilden. Die Grundlage für regenerative Stammzelltherapien und die Identifizierung der Ursachen von humanen Krankheiten ist das Verständnis über die Differenzierung von entodermalen Vorläuferzellen,
in die verschiedenen spezialisierten Zelltypen der sich aus dem Entoderm entwickelnden Organe, z.B. Insulin-produzierender
β-Zellen des Pankreas. Mit Hilfe des Säugermodellsystems der Maus versuchen wir, die
Differenzierungsvorgänge im embryonalen
Entoderm und dessen beinflussende Faktoren zu untersuchen. Hierbei soll durch die
Fluoreszenz-Markierung von entodermalen
Vorläuferzellen deren Verhalten in ex vivokultivierten Mausembryonen während der
Organogenese untersucht werden. Dies
wird erste Einblicke in die normale und
durch Genmutation gestörte Entwicklung
des Entoderms in der Maus liefern. Zusätzlich verwenden wir Zellschicksalsanalysen,
um einzelne entodermale Vorläuferzellpopulationen zu charakterisieren und zu verstehen, aus welchen Vorläuferzellen sich die
differenzierten Zelltypen in den reifen Orga-
nen ableiten. Dies ist eine essentielle Grundlage für spätere genetische Interventionen.
Hierbei soll der Einfluss von verschiedenen,
während der Embryonalentwicklung aktiven, Signalkaskaden auf die Differenzierung
der Vorläuferzellen mittels konditionaler
Genaktivierung untersucht werden. Darüber
hinaus ist es von grundlegender Bedeutung,
neue Gene zu identifizieren, die die Entodermentwicklung steuern. Als Basis hierfür
wurden Expressionsprofile von Mausmutanten mit spezifischen Defekten des Entoderms mittels Mikroarrayanalyse erstellt
und hunderte von potentiellen Zielgene
identifiziert. Um diese Gruppe an Zielgene
einzuengen, wurden in situ Expressionsanalysen von mehr als 200 Genen durchgeführt
und ca. 20 Gene identifiziert, die in spezifischen Regionen des embryonalen Entoderm
exprimiert werden. Um die Funktion all
dieser Gene relativ schnell analysieren zu
können, verwenden wir die von uns vor
kurzem mitetablierte Methode der transgenen RNA Interferenz (RNAi)-vermittelten
Geninaktivierung in Mausembryonen.
Die Institute
199_204_isf_inst.qxd
Hämatopoetische Stammzellen
Das hämatopoetische System ist eines der
aktivsten regenerativen Systeme des
menschlichen Körpers. Während des
gesamten Lebens gehen permanent große
Mengen an Blutzellen verloren und müssen
durch Proliferation und Differenzierung
hämatopoetischer Stammzellen ersetzt werden. Diese Stammzellen besitzen die Fähigkeit, während des gesamten Lebens sämtliche Zellen des Blutsystems herzustellen.
Ihr enormes Potential zeigt sich bei ihrer
erfolgreichen Anwendung für Knochenmarkstransplantationen. Gleichzeitig kann
die Fehlregulation ihres Verhaltens aber
auch zu schwerwiegenden Krankheiten wie
z.B. Leukämien führen.
Um das Verhalten dieser Stammzellen zu
verstehen und es auf Dauer gezielt für therapeutische Zwecke manipulieren zu können,
untersuchen wir die molekulare Kontrolle
von hämatopoetischen Zellschicksalen.
Dabei ist insbesondere die Kontrolle von
Selbsterneuerung, Differenzierung und
Linienentscheidungen multipotenter häma-
GSF 203
199_204_isf_inst.qxd
20.05.2005
9:51 Uhr
Seite 204
topoetischer Zellen von Interesse. Um
Effekte von Genen oder z.B. Zytokinen exakt
analysieren zu können, entwickeln wir zunächst neuartige Mikroskopie- und Bildverarbeitungsverfahren, die es uns erlauben,
das Verhalten von Blutzellen auf Einzelzellebene zu verfolgen.
Dazu werden bestehende Mikroskopieverfahren, Inkubationstechnologie zur Kultur
von Zellen in Mikroskopen und Fluoreszenzproteine optimiert. Zusätzlich werden
Computer-gestützte Ansätze zur Herstellung
mikroskopischer Zeitrafferaufnahmen verbessert und neue Programme zur Auswertung dieser Aufnahmen entwickelt. Mit Hilfe
dieser Systeme ist es möglich, Änderungen
im Verhalten von Blutzellen mit wesentlich
höherer Präzision zu bestimmen, als dies
mit bisher verfügbaren Methoden möglich
ist. Diese Technologie wird dazu verwendet,
die Effekte von Genen zu bestimmen, welche
als Regulatoren von Stammzellschicksalen
im Blutsystem vermutet werden. Besonderes Interesse liegt dabei auf Genen, welche
Zusammenarbeit
Das ISF arbeitet bereits intensiv mit anderen Instituten
innerhalb der GSF zusammen, hat aber auch weltweit
vielfältige internationale Kooperationen. Dem Forschungsthema entsprechend wird das ISF auch im
bei der Steuerung asymmetrischer Zellteilung beteiligt sein könnten. Weiterhin werden Gene, welche in experimentellen Systemen und Patienten zu Leukämien führen,
auf ihre direkten Effekte in Blutzellen untersucht. Zusätzlich untersuchen wir die Entstehung von Blutstammzellen aus ihren mesodermalen Vorläufern während der Embryonalentwicklung. Als Modellsystem wird dazu
die Differenzierung muriner embryonaler
Stammzellen verwendet, welche in vitro
schrittweise zu Blutzellen differenziert werden können. Durch eine Kombination aus
neuen Bildgebungsverfahren und induzierbaren Genexpressionssystemen untersuchen
wir die molekularen Kontrollmechanismen,
welche die Herstellung von Blut aus meso-/
entodermalen Vorläufern beeinflussen. Eine
genauere Kenntnis dieser Vorgänge wird
helfen, sowohl die Eigenschaften adulter
Blutstammzellen besser zu verstehen, als
auch die therapeutisch viel versprechende
Herstellung von Blutzellen aus embryonalen
Stammzellen in vitro zu optimieren.
Rahmen des Schwerpunktprogrammes ‚Stammzellen
und Gewebeersatz’ der DFG gefördert und hat auch in
diesem Rahmen wichtige nationale und internationale
Zusammenarbeiten.
Ausgewählte Veröffentlichungen
Bibel, M., Richter, J., Schrenk, K., Tucker, K. L., Staiger, V.,
Korte, M., Götz, M. and Barde, Y.-A.: Differentiation of
mouse embryonic stem cells into a defined neuronal
lineage. Nature Neurosci. 7, 1003-1009 (2004)
Hack, M.A., Sugimori, M., Lundberg, C., Nakafuku, M.
and Götz, M.: Regionalization and fate specification in
neurospheres: the role of Olig2 and Pax6. Molecular and
Cellular Neuroscience 25, 664-678 (2004)
Haubst, N., Berger, J., Radjendirane, V., Graw, J., Favor,
J., Saunders, G.F., Stoykova, A. and Götz M.: Molecular
dissection of Pax6 function: the specific roles of the
paired and homeodomain in brain development.
Development 131, 6131-6140 (2004)
204 GSF
Lickert, H., Takeuchi, J.K., von Both, I., Walls, J.,
McAuliffe, F., Adamson, S.L., Wrana, J.L., Henkelman,
R.M., Rossant, J. and Bruneau, B.G.: Baf60c is essential
for function of the BAF chromatin remodeling complex in
heart development. Nature 432, 107-112 (2004)
Nieto, M., Monuki, E.S., Tang, H., Imitola, J., Haubst, N.,
Khoury, S., Cunningham, J., Götz, M. and Walsh, C.A.:
Expression of Cux-1 and Cux-2 in the subventricular zone
and upper layers II-IV of the cerebral cortex. Journal
Comp. Neurol. 479,168-180 (2004)
Herunterladen