Algebra und Zahlentheorie Zentralübung David Müßig WS 13/14 FU Berlin http://page.mi.fu-berlin.de/def/auz14/ [email protected] 10.12.2013 1 Die Gruppen GL(n, K), SL(n, K), PSL(n, K), PGL(n, K) Definition 1. Es sei K ein Körper, n ∈ N. Dann sind (i) GL(n, K) ∶= {n × n-Matrizen M über K mit det M ≠ 0} (ii) SL(n, K) ∶= {n × n-Matrizen M über K mit det M = 1} (iii) PGL(n, K) ∶= GL(n, K)/Z(GL(n, K)) (iv) PSL(n, K) ∶= SL(n, K)/Z(SL(n, K)) wobei hier alles Gruppen als Gruppe mit Matrixmultiplikation als Verknüpfung definiert sind. Hierbei sind Z(GL(n, K)) und Z(SL(n, K)) das Zentrum von GL(n, K) bzw. SL(n, K). Über diese beiden Mengen wissen wir folgendes: Lemma 1. Es seien n, K wie oben. Dann gilt: (i) Z(GL(n, K)) = {k ⋅ En ∣ k ∈ K ∖ {0}} (ii) Z(SL(n, K)) = {k ⋅ En ∣ k ∈ K mit k n = 1} (Achtung: Das n am Anfang und in k n = 1 sind die gleichen!) Hierbei bezeichne En die n × n Einheitsmatrix. Wie sehen nun die Mengen PGL(n, K) und PSL(n, K) aus? Sie enthalten noch immer n × nMatrizen mit Determinante ≠ 0 bzw. = 1, haben allerdings die zusätzliche Eigenschaft, dass hier gilt Ā = B̄ in PGL(n, K) ⇔ es existiert ein k ∈ K ∖ {0}, mit Ā = k ⋅ En ⋅ B̄ = k ⋅ B̄ bzw. Ā = B̄ in PSL(n, K) ⇔ es existiert ein k ∈ K ∖ {0}, k n = 1, mit Ā = k ⋅ En ⋅ B̄ = k ⋅ B̄ So lässt sich ganz gut in diesen Untergruppen rechnen. 1.1 Einige Eigenschaften Es gilt natürlich SL(n, K) ⊆ GL(n, K) als Untergruppe. Es gilt sogar Lemma 2. SL(n, K) ist Normalteiler in GL(n, K). Wintersemester 2013/14 Algebra & Zahlentheorie Zentralübung Beweis. Es sei A ∈ GL(n, K) und B ∈ SL(n, K). Dann gilt det (ABA−1 ) = det A ⋅ det B ⋅ det (A−1 ) = det A ⋅ det B ⋅ (det A)−1 = det A ⋅ (det A)−1 ⋅ det B = det B = 1 und daher ist ABA−1 ∈ SL(n, K), also ASL(n, K)A−1 ⊆ SL(n, K) für alle A ∈ SL(n, K). Also ist SL(n, K) Normalteiler in GL(n, K). ◻ Über die Menge PSL(n, K) wissen wir unter gewissen Bedingungen auch einiges: Lemma 3. Es sei K = Fq ein endlicher Körper, d ∶= ggT(n, q − 1). dann gilt: ∣PSL(n, Fq )∣ = (q n − 1)(q n − q) . . . (q n − q n−1 ) d(q − 1) 2 Spezialfall: SL(2, q) Wir betrachten nun den Spezialfall n = 2, also betrachten wir von nun an nur 2 × 2-Matrizen über einem Körper K. Dazu wurde in der Vorlesung folgendes gezeigt: Lemma 4. Es sei K ein Körper mit Charakteristik ≠ 2 oder mit Charakteristik 2 und x = y 2 für alle x ∈ K. Es sei außerdem H ⊴ SL(2, K) und λ ∈ K ∖ {0}. Dann gilt: ( 1 λ 0 1 ) ∈ H oder ( 1 0 λ ) ∈ H ⇒ H = SL(2, K). 1 Wir werden nun noch spezieller und betrachten den endlichen Körper K = Fq . Definition 2. Es sei K = Fq , wobei q eine Primzahlpotenz sei. Dann schreiben wir SL(n, q) statt SL(n, Fq ). Lemma 5. Es sei H ⊴ SL(2, q) und A ∈ H. Ist A ähnlich zu einer Matrix der Form a ( c b ), d so existiert ein µ ∈ Fq , µ ≠ 0, so dass a −µ−1 b ( )∈H µc d gilt. Wie immer in letzter Zeit wollen wir wissen, ob wir Normalteiler finden können oder nicht. Dabei hilft uns der folgende Satz: Satz 1. Die Gruppen PSL(2, q) sind einfach, genau dann, wenn q > 3 gilt. Beweis. Zunächst einmal halten wir fest: (q 2 −1)(q 2 −q) ⎧ ⎪ ⎪ (q−1) , ∣PSL(2, q)∣ = ⎨ (q2 −1)(q2 −q) ⎪ ⎪ ⎩ 2(q−1) , falls q = 2k sonst (1) 2 Wintersemester 2013/14 Algebra & Zahlentheorie Zentralübung Damit gilt ∣PSL(2, 2)∣ = 6 und PSL(2, 3)∣ = 12. Für beide Fälle wurde in der Vorlesung gezeigt, dass Gruppen dieser Ordnung nicht einfach sein können. Sei nun also q ≥ 4. Wir werden nun folgendes zeigen: Ist H ein Normalteiler von SL(2, q), der ein Element M ∈/ Z(SL(2, q)) enthält, so gilt schon H = SL(2, q). Warum hilft uns das? Wenn wir so einen Normalteiler H ⊴ PSL(2, q) finden, so gilt für diesen SL(2, q) ⊇ H ⊇ Z(SL(2, q)) (wegen PSL(2, q) = SL(2, q)/Z(SL(2, q))). D.h. ein Normalteiler (≠ {id}) von PSL(2, q) muss ein Element in SL(2, q) ∖ Z(SL(2, q)) enthalten und wäre nach obigem Kasten somit ganz PSL(2, q). Damit gäbe es nur die trivialen Normalteiler und PSL(2, q) somit einfach. Wir wollen also den Kasten zeigen. Dazu nehmen wir an, dass in H eine Matrix ( α β 0 ) α−1 existiert, mit α, β ∈ Fq und α ≠ ±1 (dass so eine Matrix auch wirklich existiert, zeigen wir später). Wenn wir nun also diese A ∈ H haben, so betrachten wir für B ∈ SL(2, q) den folgenden Kommutator: (2) BAB −1 A−1 ∈ H ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ∗ Da H ein Normalteiler ist, muss der Ausdruck ∗ in H sein. Da A−1 ∈ H gilt, ist der komplette Kommutator ein Element in H. Es sei nun 1 B=( 1 0 ) ∈ SL(2, q). 1 Damit wird (2) zu 1 BAB −1 A−1 = ( 1 − α2 0 ) 1 (3) und wenn α2 ≠ 1, ist das nicht die Einheitsmatrix, sondern eine Matrix wie in Lemma 4. Daher ist dann nach ebendiesem Lemma H = SL(2, q) (der Körper Fq hat Charakteristik q ≠ 2). Damit ist der Kasten gezeigt. Was wir jetzt noch zeigen müssen ist die Tatsache, dass wir so eine spezielle Matrix in H finden. Dazu überlegen wir folgendes: Finden wir eine Matrix in SL(2, q), deren oebere Zeile die Form [α 0] mit α ≠ ±1 hat, so muss die untere Zeile (wegen det = 1) die gewünschte Form [β α−1 ] haben. Wir versuchen nun also 2 × 2-Matrizen mit so einer oberen Zeile zu finden. Da unsere generelle Annahme ist, dass wir eine Matrix in H haben, die nicht in Z(SL(2, q)) liegt, finden wir eine Matrix Y ∈ H, welche zu einer Matrix X der Form ⎧ ⎛x 0 ⎞ ⎪ ⎪ ⎪ , ⎪ ⎪ ⎪ ⎪⎝ 0 y ⎠ X =⎨ ⎪ ⎛0 −1⎞ ⎪ ⎪ ⎪ , ⎪ ⎪ ⎪ ⎩⎝1 z ⎠ mit x ≠ y, x, y ≠ 0, x ⋅ y = 1 mit z ∈ Fq 3 Wintersemester 2013/14 Algebra & Zahlentheorie Zentralübung ähnlich ist. Achtung: Dass Y ∈ H ähnlich zu X ist, bedeutet i.A. nicht, dass auch X ∈ H gilt! Wir müssen jetzt noch Lemma 5 benutzen. Im ersten Fall hat Y ∈ H die gleiche Form wie X und wir haben eine Matrix mit der gewünschten ersten Zeile gefunden und sind fertig (setze α = x, dann ist wegen x ≠ y und x ⋅ y = det X = 1 auch α ≠ ±1). Im zweiten Fall wissen wir nach Lemma 5, dass eine Matrix C ∈ H der Form 0 −µ C=( ) µ z mit µ ∈ Fq , µ ≠ 0 existiert. Nun betrachten wir wieder einen Kommutator T CT −1 C −1 mit T ∶= diag{a−1 , a} (a ∈ Fq , a ≠ 0): a−2 T CT −1 C −1 = ( µz(a2 − 1) 0 )∈H a2 Wenn wir nun ein a ∈ Fq finden, so dass a−2 ≠ ±1 ⇔ a4 ≠ 1 ist, haben wir eine Matrix der gewünschten Form gefunden (dann setze α = a−2 ). Damit bleibt als letzte Frage zu klären: Finden wir für jedes q ≥ 4 ein Element a ∈ Fq mit a4 ≠ 1? Dazu gehen wir mehrere Fälle durch: g > 5: In diesem Fall betrachten wir das Polynom p(x) = x4 − 1. Dieses hat in Fq maximal 4 Nullstellen (wegen Grad = 4). Da aber ∣Fq ∣ = q > 5 gilt, finden wir in jedem Fall ein Element in Fq , welches weder die Null noch eine Nullstelle von p(x) ist und sind fertig. q = 4: Hier gilt x4 − x = 0, bzw. x4 = x (Gruppenelement hoch Gruppenordnung = Element) für alle x ∈ Fq . Damit gilt insbesondere auch x4 = 1 ⇔ x = 1. Also können wir unter den anderen Elementen ein Element x′ auswählen, so dass x′4 ≠ 1 gilt und wir sind fertig. q = 5: Der letzte Fall. Dazu betrachten wir den Eintrag links unten in der letzten Matrix: zµ(a2 − 1). Angenommen z ≠ 0. Dann können wir a = 2 ∈ F5 wählen und erhalten die Matrix 4 0 ( ) ∈ H. 3zµ 4 Damit ist (wegen 3zµ ≠ 0) nach Lemma 4 H = SL(2, q). Ist nun z = 0, so ist 0 −µ−1 C=( ) ∈ H. µ 0 Nun sei 0 ≠ ν ∈ Fq und wir betrachten folgendes Element in H: 1 ( 0 ν 0 −µ−1 1 )( )( 1 µ 0 0 ν ) 1 −1 µν =( µ −µν 2 − µ−1 ) −νµ Da ν ∈ Fq (fast) beliebig war, können wir es nun ν = 2µ−1 wählen und erhalten die Matrix 2 0 ( ) µ −2 und damit sind wir endgültig fertig. ◻ 4