Berufsfragen 1 Schwerpunkte und Zusatzweiterbildungen in der Kinder- und Jugendmedizin ... In dieser Rubrik werden in loser Folge die pädiatrischen Subdisziplinen mit ihren Aufgabengebieten durch unseren „Ausschuss für Subdisziplinen in der Pädiatrie“ vorgestellt. Das Hauptaugenmerk liegt auf der ambulanten Versorgung in der Praxis, da inzwischen ein Großteil unserer jüngeren Kolleginnen und Kollegen nach der Facharztweiterbildung eine Zusatzweiterbildung absolviert. Kindergastroenterologie Einleitung / Weiterbildungsordnung Die Kindergastroenterologie wurde ebenso wie z. B. die Pädiatrische Hämatologie erst relativ spät, d. h. 2004, in die Weiterbildungsordnung aufgenommen. Bei der Weiterbildung Kindergastroenterologie handelt es sich im Gegensatz zu den meisten anderen Subdisziplinen nicht um einen Schwerpunkt sondern um eine Zusatzbezeichnung. Diese umfasst neben Kenntnissen in der Behandlung von Erkrankungen des Verdauungstraktes einschließlich Leber, Galle und Pankreas die Durchführung von mindestens 150 Endoskopien des oberen und unteren Gastrointestinaltraktes. Da Endoskopien bei Kindern und Jugendlichen deutlich seltener als bei Erwachsenen durchgeführt werden, ist die Anzahl der Kollegen, die seit 2004 in diesem Bereich weitergebildet wurden, im Vergleich zu anderen Subdisziplinen der Pädiatrie relativ gering. Die häufigsten Vorstellungsgründe waren die Abklärung unklarer gastrointestinaler Symptome wie Bauchschmerzen oder Stuhlauffälligkeiten, gefolgt von Nahrungsmittelunverträglichkeiten einschließlich Zöliakie, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Refluxösophagitis und Lebererkrankungen. Etwa ¾ der niedergelassenen Kindergastroenterologen sind mehrheitlich allgemeinpädiatrisch tätig, meist beträgt der Anteil kindergastroenterologischer Patienten 10-25 %, was auch mit der Vergütungsproblematik zusammenhängen dürfte (s. u.). Etwa 2/3 der Kollegen bieten Endoskopien an, immer in Kooperation mit einer Klinik, nie in der eigenen Praxis (Abbildung 1). Da die Indikation zur Endoskopie im Kindesalter naturgemäß zurückhaltend gestellt wird, andererseits aber für die verschiedenen Altersstufen Geräte mit verschiedenen Durchmessern vorgehalten werden müssten, ist die Anschaffung für die Praxis aus wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll. Aktuelle Situation der niedergelassenen Kindergastroenterologen Honorar- und Versorgungssituation In der AG niedergelassener Kindergastroenterologen sind aktuell lediglich 24 Mitglieder organisiert. 2015 wurde deren Tätigkeit im Rahmen einer Umfrage ausgewertet (1): Die aktuell von den Kindergastroenterologen geleistete Tätigkeit, d. h. diagnostische Abklärung gastroenterologischer Leitsymptome, Betreuung von chronisch kranken Patienten mit Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Abb. 1: Endoskopien in der Kindergastroenterologie (N=14); Quelle (1) 47. Jg. (2016) Nr. 3 2358 Dr. Stefan Razeghi Hepatopathien usw. wird leider im aktuellen EBM fast gar nicht abgebildet. In diesem Kapitel finden sich im Wesentlichen Endoskopie-Ziffern, da das Kapitel weitgehend aus der internistischen Gastroenterologie übernommen wurde. Aus den o. g. Gründen werden Endoskopien in der Kindergastroenterologie zurzeit aber ausschließlich in Kliniken und nicht in der Praxis durchgeführt. Tabelle 1 zeigt, dass die Abrechnungshäufigkeit des kindergastroenterologischen Kapitels gegen Null tendiert. Im Quartal 1/2013 wurden von sämtlichen niedergelassen Kindergastroenterologen zusammen 69 Leistungen des Schwerpunktkapitels abgerechnet! Abrechnungsziffern wie Behandlung eines Dünndarmtransplantatträgers oder ambulante Anlage einer PEG Sonde werden wahrscheinlich auf absehbare Zeit jungfräulich unberührt bleiben. Die Vergütung kindergastroenterologischer Leistungen erfolgt daher aktuell über die Versichertenpauscha- Ziffer Abrechnungshäufigkeit ­aller Kollegen Zusatzpauschale Gastroskopie 50 Langzeit pH Metrie 2 PEG Anlage 0 Zusatzpauschale (Teil-) Coloskopie 11 Zusatzpauschale Rektoskopie 3 Rektumsaugbiopsie 0 Behandlung Lebertransplantatträger 3 Behandlung Dünndarmtransplantatträger 0 Tabelle 1: Abrechnungszahlen der niedergelassenen Kinder­ gastroenterologen im Quartal 2013 ohne ermächtigte Kranken­ hausärzte. Quelle: KBV le (mit 40 % „Facharztaufschlag“), ggfs. die Chronikerund die Gesprächsziffer. Da letztere nur in begrenztem Umfang angewendet werden kann, wird die Kindergastroenterologie in den meisten Praxen nur in geringen Umfang angeboten und über die Allgemeinpädiatrie „querfinanziert“ (Abb. 2). Daher waren auch 95 % der befragten Kollegen unzufrieden mit ihrer Honorarsituation (1), einige Kollegen erwägen auch, in Zukunft nur noch allgemeinpädiatrisch und nicht mehr fachärztlich tätig zu sein. Aus der geringen Anzahl niedergelassener Kindergastroenterologen resultieren teilweise lange Wartezeiten und Anfahrtswege. Ein vielversprechender Ansatz, um dies zu kompensieren, ist das aktuell vom BVKJ durchgeführte Telemedizinprojekt „Pädexpert“ (2). Fazit für die Praxis Die niedergelassenen Kindergastroenterologen können sowohl bei der Abklärung von gastrointestinalen Leitsymptomen als auch bei der Betreuung chronisch kranker Patienten ein großes Behandlungsspektrum anbieten. Da die Zusatzbezeichnung noch recht „jung“ ist, ist die Anzahl der niedergelassenen Kollegen noch überschaubar nimmt aber stetig zu. Aufgrund des hohen Aufwandes bei der invasiven Diagnostik und der praktisch fehlenden Vergütung der nicht invasiven Leistungen im EBM findet ein Großteil der Kindergastroenterologie zurzeit noch in den Krankenhäusern statt, aber zunehmend in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Gastroenterologen. Ansprechpartner für die AG niedergelassener Kindergastroenterologen Dr. Stefan Razeghi Sprecher der AG Schlierseerstr. 1 83714 Miesbach Dr. Ralph Melchior Stellvertr. Sprecher Wilhelmshöhe 122 34119 Kassel Quellenangaben: 1. Winckelmann U., Vortrag beim Heiner Brunner Seminar 2015 2. www.paedexpert.de Danksagung: Ich danke Herrn Dr. Winckelmann, Wiesbaden, für die Daten des Heiner Brunner Seminars 2015 Abb. 2: Anteil der Kindergastroenterologie an der Praxistätigkeit (N=22); Quelle (1) 2358 Dr. Stefan Razeghi Praxis für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Kindergastroenterologie Schlierseerstr. 1 83714 Miesbach Red.: WH 47. Jg. (2016) Nr. 3