Cyrill Raphael Wehling Dr. med. Komplementvermittelte Glomerulopathien: Untersuchungen zur Pathophysiologie, Diagnostik und therapeutischen Intervention Fach: Immunologie Doktorvater: Prof. Dr. Michael Kirschfink Zu den komplementvermittelten Glomerulopathien zählen im Wesentlichen das atypische hämolytisch-urämische Syndrom, die C3-Glomerulopathien sowie die antikörpervermittelten Transplantatabstoßung. Eine Optimierung der Diagnostik dieser Erkrankungen durch ein umfassendes Spektrum an Komplementaktivitätsparametern und der Etablierung eines Drug Monitorings für den therapeutischen C5-Antikörper Eculizumab zeigt eine Möglichkeit, eine bedarfsgerechtere, wirtschaftlichere und idealerweise auch lebensqualitätsverbessernde Therapie anbieten zu können. In der vorliegenden Arbeit wurde ein Eculizumab-spezifischer Enzyme-linked Immunosorbent Assay mit einer geringen Intra- und Interassayvariabilität sowie mit einer über einen breiten Konzentrationsbereich robusten Wiederfindungsrate etabliert. Anhand dieses Tests konnte gezeigt werden, dass insbesondere pädiatrische Patienten trotz des offiziellen, körpergewichtsadaptierten Therapieschemas zu einer Akkumulation des therapeutischen Antikörpers neigen. In Einzelfällen konnten die Dosisintervalle erfolgreich und sicher gespreizt werden, sodass es zu erheblichen Einsparungen von Therapiekosten und einem potenziellen Zugewinn an Lebensqualität mit einer geringeren Anzahl an Infusionssitzungen in der Klinik kam. Darüber hinaus ließ sich Eculizumab proteinchemisch und funktionell im Patientenurin nachweisen und eine Korrelation zum Ausmaß der Proteinurie darstellen. Die quantitative Messung der Ausscheidung von Eculizumab im Urin sollte zukünftig insbesondere bei stark proteinurischen Patienten bei der Therapieanpassung mit in Betracht gezogen werden. Die erfolgreiche Blockade durch Eculizumab insbesondere der distalen Komplementaktivierung führte bei den meisten Patienten mit atypischem hämolytischurämischem Syndrom, C3-Glomerulopathien und antikörpervermittelter Abstoßung von Nierentransplantaten zu einer signifikant reduzierten hämolytischen Aktivität des klassischen als auch des alternativen Weges sowie zu einem Rückgang der sC5b-9 Plasmaspiegel. Bei der Gegenüberstellung der diagnostischen Methoden zur Bestimmung der inhibitorischen Dosis wurde in den hämolytischen Testsystemen eine höhere Eculizumabhemmkonzentration für den alternativen Weg festgestellt, während sich im funktionellen Enzyme-linked Immunosorbent Assay kein Unterschied in der Hemmwirkung durch den therapeutischen Antikörper auf den klassischen oder alternativen Weg zeigte. Trotz Fehlen eines direkt inhibitorischen Einflusses des C5-Antikörpers auf die C3Aktivierung, kam es bei Patienten mit atypischem hämolytisch-urämischem Syndrom unter dieser Therapie zu einer signifikanten Abnahme der C3d Werte. Im Gegensatz dazu wurden die pathophysiologischen Unterschiede der C3-Glomerulopathien durch eine signifikante Akkumulation von C3d ungeachtet der Eculizumabtherapie auf proteinchemischer Ebene deutlich. Zusätzlich trat bei einzelnen Patienten trotz suffizienter Eculizumabtherapie eine unvollständige Hemmung insbesondere der Aktivität des alternativen Weges auf, mit erhöhten sC5b-9 Werten. Dies betont zum einen die Bedeutung der Bestimmung von Komplementaktivitätsparametern und Eculizumabspiegeln zur Therapieüberwachung. Zum anderen verdeutlicht es, dass alternative Spaltungs- und Aktivierungsprozesse jenseits der klassischen Komplementkaskade im Rahmen von Entzündungsreaktionen vielseitige Interaktionen mit dem zellulären Immunssystem und der Gerinnungskaskade darstellen. Die Entwicklung neuer Therapeutika, die gezielt in Schnittstellen des Komplementsystems eingreifen, welche proximal von C5 liegen und sich insbesondere gegen die C3-Aktivierung und den alternativen Weg richten, könnte insbesondere für die Behandlung von C3 Glomerulopathien vermehrt an Bedeutung erlangen. In den zellbiologischen Untersuchungen konnte dargestellt werden, wie die kombinierte Blockade der membrangebundenen Komplementregulatorproteinen CD46, CD55 und CD59 als Modell einer Regulatorinhibition zu einer gesteigerten Ablagerung von C3d und C5b-9 auf der Oberfläche von humanen glomerulären Endothelzellen sowie Epithelzellen des proximalen Nierentubulus führt. Insbesondere Endothelzellen zeigten sich anfällig für einen Angriff des Komplementsystems, der durch die Blockade der Schutzproteine verstärkt wurde. Dennoch ließ sich auch hier die erhöhte C5b-9 Ablagerung sowie die Lyse der Zellen durch Eculizumab reduzieren, während die C3d Ablagerung gemäß des C5-AntikörperWirkmechanismus unbeeinflusst blieb. Eculizumab wirkte sich sowohl bei der antikörpervermittelten Aktivierung des klassischen Weges, als Modell einer humoralen Schädigung im Rahmen von Transplantatabstoßungsreaktionen, als auch nach Aktivierung des alternativen Weges durch Zymosan, protektiv aus auf die jeweilig damit verbundene C5b9 Ablagerung und Lyse der verschiedenen Nierenzelltypen.