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RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM
HS RELIPÄD: „ D A S M E D I E N P R O J E K T
PROF. DR. R. G Ö L L N E R
ZUR
SOSE 2000
JAHRTAUSENDWENDE – 2000 JAHRE CHRISTENTUM“
Sitzung 6.6.2000
Thema: 2000 Jahre Christentum, Folge 10:
»Altar der Vernunft – Das Christentum in Aufklärung und Revolution«
Referent: Stephan Müller
1. Vorbemerkung:
Zum Thema Französische Revolution
● Warum ein Thema, mit dem sich zu beschäftigen lohnt ?  Relevanz für die
Gegenwart
● Relevanz im Unterricht bzw. Theologie-Studium
● Was man wissen sollte, aus Folge 10 jedoch möglicherweise nicht erfährt:
●Stichwortartiger Abriss des historischen Verlaufs.
●Stichworte zu
kirchengeschichtlichen
und kirchenpolitischen
Auswirkungen
2. 2000 Jahre Christentum, Folge 10:
»Altar der Vernunft. Das Christentum in Aufklärung und Revolution«
2.1
Zum Thema der Folge:
Schwerpunkt Kirchengeschichte
oder: Schwerpunkt Französische Geschichte?
2.2
Behandlung des „Stoffes“:
Alles erwähnt
oder: viel Erwähnenswertes unerwähnt?
2.3
Zur Struktur / zum roten Faden:
Fügung unzähliger Mosaiksteinchen zu einem Gesamtportrait oder: Einkaufswagen mit „Von jedem etwas“ ?
2.4
Zur Gestaltung des Bildmaterials:
Bilder, die die Aufmerksamkeit des Zuschauers erhalten bzw. (wieder)
wecken
oder: Mixtur
aus
Effekthascherei,
Reality-TV,
Archivmaterial
und
Kunstliebhaberei?
2.5
Zur Gestaltung des Tonmaterials:
Adäquate Ton-/Musikuntermalung
oder: ein Betrunkener im Tonstudio?
3. Schlussbemerkung:
Zur möglichen „Zielgruppe“ der Folge :
Geeignet für die Schule?
Oder: besser Finger von lassen?
2
1
Vorbemerkung
Die Französische Revolution (FR) ist gewiss eines der folgenreichsten Ereignisse der
Menschheitsgeschichte. All dem, was für uns heute selbstverständlich ist - Stichwort: ein
vom Volk regierter, freier Staat, ein gewähltes Parlament; Stichwort: Trennung von Staat und
Kirche; Stichwort: Religionsfreiheit, und damit auch die Freiheit, keiner Religion angehören
zu müssen (dass ich darüber entscheiden kann, ob ich weiterhin am Religionsunterricht
teilnehme oder nicht, gehört letzlich auch dazu); - um nur ein paar Selbstverständlichkeiten
zu nennen: all dem wurde im Zuge der FR der Boden bereitet.
Wann und in welchen Zusammenhängen kommt das Thema FR im Unterricht vor,
wann und wo im Verlaufe des Studiums (der Theologie)?
Zunächst ein Blick in die Schule: Meines Wissens ist die FR, als ein Thema vornehmlich des
Geschicht sunterri chtes , Unterrichtsgegenstand irgendwann in der Mittelstufe, 9./10.
Klasse. Und ansonsten? Wann noch? Womöglich im Deutschunt erricht . Einzelne
Werke der Autoren der Weimarer Klassik, als Epoche der deutschen Literaturgeschichte
zeitlich parallel zur FR, werden schon in der S e k u n d a r s t u f e I im Unterricht vorkommen;
allerdings nicht im Hinblick auf die FR. In der O b e r s t u f e , näherhin im Leistungskurs,
werden vielleicht irgendwann einmal die Positionen Goethes und Schillers zur FR
besprochen (zunächst eine emphatisch-euphorische Position, dann vor allem für den
Geheimen Rat und ehemaligen Minister Goethe die einer scharfen Ablehnung). Vielleicht
kommt G. Büchner im Unterricht dran: aber dann meist »Woyzeck«, und nicht das FR-Drama
»Dantons Tod«. Vielleicht andere Literaten des Vormärz, H. Heine etwa, und damit die 1848er-Revolution im Zusammenhang mit der FR. Und im Religi onsunt erricht ? Von FR
keine Spur. Kirchengeschichte ist ohnehin nicht „in“, zumindest war sie es zu meiner (Schul-)
Zeit nicht. Und im wenn auch nicht mehr ganz aktuellen, aber noch durchaus gebräuchlichen
Schulbuch „Brennpunkte der Kirchengeschichte“ kommt die FR als Thema überhaupt nicht
vor - Aufklärung, Lessing, Kant: ja; FR jedoch, ohne die Ideale der Aufklärung nicht zu
denken: nein.
Und im Theologie-Studium? Wer in den späten 1990er Jahren in Bochum Kath. Theologie
studierte, wird von Themen der neueren Kirchengeschichte nicht allzu viel mitbekommen
haben. Auf die Idee zu kommen, im Selbststudium, angesichts der ohnehin alles andere als
massenhaft zur Verfügung stehenden Zeit, sich – ausgerechnet! - mit der FR zu befassen –
das werden vermutlich nur die wenigsten.
Wie gut, könnte man erleichtert ausrufen, dass es da die Folge 10 der Reihe „2000 Jahre
Christentum“ gibt!
3
Allerdings könnte man Grund haben zum Argwohn: ob die Folge wirklich alles
,ordnungsgemäß‘ darstellt? Vor allem dann, wenn man sie gesehen hat, könnte sich dieser
Argwohn einstellen. Wer also in der Thematik FR nicht sehr bewandert ist – ich war es, offen
gestanden, auch nicht – kann sich mit der folgende Zusammenschau beschäftigen, die
versucht, in chronologischer Reihenfolge die wichtigsten Ereignisse der FR und die
wichtigsten Entwicklungen in der Kirchengeschichte – ohne den Anspruch auf absolute
Vollständigkeit zu erheben - zur Zeit der FR dem interessierten Leser darzubieten.
Wichtige Daten u. Ereignisse
Kirchengeschichtl. Entwicklungen
Unmittelbare Vorgeschichte der FR
17651783
1787
Amerikanische Revolution
(Teilnehmer: Lafayette)
Lafayette aus Amerika zurückgekehrt; aufgrund der
Finanzprobleme des Staates kommt es zur
Einberufung Notablenversammlung, um über
Staatsreformen nachzudenken; Lafayette fordert
die Einberufung der Generalstände (Vertretung
aller Klassen); dies war seit 175 Jahren nicht mehr
geschehen, forderte also indirekt, dem König das
Vertrauen des Adels zu entziehen, u. die
gesetzgebende Gewalt den Vertretern des Volkes
zu übertragen.
Die Einberufung der Generalständeversammlung
durch den König erfolgte schließlich unter dem
Druck der Öffentlichkeit und angesichts der leeren
Staatskasse.
F r a n k r e i c h ist im späten 18. Jh. ein ganz
überwiegend
katholisches
K ö n i g t u m ; doch beginnt der Katholizismus
seine ehemals unangefochtene Monopolstellung zu
verlieren.
Regional
gewinnt
ein
A n t i k l e r i k a l i s m u s immer mehr an Boden.
Seit
1781
gibt
es
eine
Flut
von
Reformflugschriften;
darin
zwar
ausdrücklich ein Festhalten an der kath. Religion
und ein Anerkennen der Geistlichkeit. Aber die
Schriften fordern: Abschaffung der Steuerprivilegien
des Klerus, die Beseitigung des Pfründenwesens
zugunsten der einfachen Pfarrer, stärkere Nutzung
des von der ,Nation‘ nur ausgeliehenen
Kirchenbesitzes fürSozialhilfe u. Schulwesen,
staatliche Kontrolle der Geistlichen. Der niedere
Klerus spricht in seinen Flugschriften offen von der
„B i s c h o f s t y r a n n e i “. Seit den 1760-er Jahren
wurde er von der höheren Geistlichkeit
systematisch in seinen Rechten verletzt, vom
Einfluss auf Synoden ausgesperrt, um Gehälter
betrogen.
Die P r o t e s t a n t e n hingegen hatten k e i n e
vollen Bürgerrechte.
1787 setzt sich Lafayette für die vollen Bürgerrechte
der Protestanten auf der Notablenversammlung ein.
(Toleranzedikt vom 19.11.: Legalisierung ihrer Ehen
u. Kinder sowie Gewerbefreiheit und begrenzte
Kulturfreiheit)
Historischer Abriss der FR in Grundzügen
1789
4.5. Die Generalständeversammlung findet
statt; der Dritte Stand erklärt sie zur 1789
Nationalversammlung und arbeitet eine
Verfassung aus;
14.7.
die Pariser Bürger erstürmen die
Bastille; die königliche Familie wird von
Versailles nach Paris gebracht
4.8.
Nationalversammlung
erklärt
die
Abschaffung aller Feudalrechte und Zehnten,
Preisgabe aller Privilegien
4.-8.8. Erklärung
der
Menschenu.
Bürgerrechte
Der
Dritte
Stand
erhält
in
der
Generalversammlung
entscheidende
Unterstützung aus den Reihen des Ersten
Standes, wo die zahlenmäßig weit überwiegende
Gruppe der Pfarrer sich der Führung durch den
Adelsklerus entzieht.
4.8. V e r z i c h t d e r G e i s t l i c h k e i t a u f
ihre Privilegien
17.11. D e k r e t
z ur Au f he bung de r
K l osterprivilegien
Klerus als Stand abgeschafft
24.12.
Protestanten
erhalten
freien
Zu gan g z u d en ö f fen tl. Äm t e r n.
Bischof Talleyrand schlägt vor, den drohenden
Staatsbankrott durch V e r s t a a t l i c h u n g
d e r K i r c h e n g ü t e r zu vermeiden, ab 1790
Versteigerung des Kirchenbesitzes.
Nationalversammlung strebte keineswegs eine
Beseitigung des K a t h o l i z i s m u s an; er sollte
vielmehr
in
den
Dienst
der
R e v o l u t i o n g e s t e l l t werden. Somit verlor
der kath. Klerus nicht nur die rechtl.institutionellen, sondern auch die wirtschaftl.
Grundlagen seiner gesellschatl. Macht.
4
1790
1791
1792
1793
1794
1795
20.6. Der König versucht zu fliehen und eine
Gegenrevolution auszulösen, wird jedoch 1791
gefangengenommen
und
nach
Paris
zurückgebracht; er gilt als Verräter seines
Volkes
Krieg ab 20.4.
Österreich u. Preußen
verbünden sich gegen Frankreich;
1792
10.8. Sturm auf die Tuillerien; Sturz des
Königtums; der König wird festgenommen
und Frankreich zur Republik erklärt;
21.1.
Verurteilung
des
König
des
LandesverratsBeginn
der 1793
Schreckensherrschaft
9.3. Beginn des Aufstandes in der Vendée
5.9. Beginn der Schreckensherrschaft
17.-29.9. Gesetz über die Verdächtigen
März-April: Hinrichtung Dantons
27.7. Sturz Robespierres
5.10. Aufstand der Royalisten
26.10. Neue Verfassung des Direktoriums
Frieden zu Basel
1794
1795
23.11. Ein Dekret sieht vor, dass die Beschlüsse
des Parlamentes von den Kanzeln aus zu
verkünden seien
12.7.-24.7.
Zivilkonstitution
des
Klerus (Constitution Civile du
C l e r g é ) : Besoldung aller Geistlichen durch den
Staat, Bestellung der einfachen Pfarrer wie der
Bischöfe durch den Staat, Reduzierung der 135
Diözesen auf 83, Aufhebung der kirchlichen
Orden und Körperschaften, Reduktion der
Beziehungen zum Papst auf ein formales
Minimum. Der Staat verpflichtet den Klerus zu
einem Eid auf den Klerus.
10.5. P a p s t P i u s V I . v e r u r t e i l t d i e
C o n s t i t u t i o n C i v i l e , darüber hinaus auch
die
allgemeinen
Prinzipien
von
1789,
insbesondere die Religionsfreiheit
Währenddessen kommt es in Frankreich mit Hilfe
des
Staates
zur
Bildung
einer
schismatischen
„ k o n s t i t u t i o n e l l e n “ K i r c h e , die alle
Stellen besetzt; Eidverweigerer werden verdängt,
bald verfolgt und z. T. ausgewiesen oder
hingerichtet (in der Provinz standen den
überwiegend eidleistenden Priestern des Pariser
Beckens,
Südostu.
Zentralfrankreichs
Mehrheiten von Eidverweigerern in der Bretagne,
im Norden und im Elsaß gegenüber). Im Vatikan
sammeln sich im Laufe der FR 3000 geistl.
Emigranten.
27.9.1791
die
etwa
40.000
in
Frankreich
lebenden
Juden
erreichen ihre Emanzipation nach
me hr er en An lä uf en
20.9.
Einführung
eines
staatlichen
Z i v i l s t a n d s r e g i s t e r s ; nicht länger die
Gemeindepfarrer, sondern zivile Behörden
verzeichneten Geburt, Eheschließung, u. Tod;
Freigabe der Ehescheidung entzog dem
christlichen Sakrament der Ehe die staatl.
Garantie.
Verbindung
von
traditioneller
Volksfrömmigkeit
mit
der
r e v o l u t i o n ä r e n K u l t u r : der Kult um die
„Prophetin des Périgord“, Suzette Labrousse, die
den Papst durch eine Pilgerreise nach Rom zur
Unterstützung der ,gottgewollten Revolution‘ zu
gewinnen suchte
Anderes Beispiel: Die wie eine Nonne lebende
Bauerntochter Catherine Theot, die Robespierre
als neuen Messias verehrte
Okt. Einführung eines neuen Kalenders;
Sonntage werden durch Dekadentage ersetzt;
Zerstörung
von
Kirchen; Exekution von
unzähligen Priestern
Elemente
eines
Gegenkultes,
Herausbildung
durch
Robespierre
vorangetrieben: Trikolore, Altar des Vaterlandes,
Tafel der Menschenrechte, Änderung von Orts- ,
Straßen-, Familien- u. Personennamen m. christl.
Anklängen; zivile Taufen, Trauungen u.
Bestattungen, bei denen der Bürgermeister als
„Priester“ und die jakobin. Verfassung von 1793
als „Bibel“ fungieren; Heiligenkult der Märtyrer der
Revolution; Kult der Vernunft, des „Höchsten
Wesens“
21.12.1794: R e d e d e s A b b é H e n r i
Grégoire:
An e rk ennun g
der
Trennung von Staat u. Kirche;
Forderung
freier
Religionsausübung
21.2.
Parlamentserklärung:
Neutralität
des
Staates
in
Religionsdingen, Gewährleistung
e i n g e s c h r ä n k t e r K u l t f r e i h e i t . Diese
Trennungspolitik schwächte die kath. Kirche
keineswegs;
sondern
begünstigte
ihre
5
Reorganisation;
schon
nach dem
Sturz
Robespierres setzte man vielerorts die alten
Pfarrer wieder ein; die Kirchen waren zu den
ersten Messen brechend voll; bald hatte der
Bischof wieder Schlüsselgewalt über Notre
Dame, so dass deren Funktion als „Tempel der
Vernunft“ beendet war
Ende der FR; Unmittelbare Nachwirkungen
Ab
1796
Napoleon führt ein franz. Heer nach Italien Ab
und schlägt Österreich, 1799 gelingt ihm der 1796
Staatstreich, wird werster Konsul u. Diktator,
1804 zum Kaiser gekrönt. Usw.
Während i m M u t t e r l a n d der Revolution die
R e k a t h o l i s i e r u n g einsetzte, wurde die
Kirchenpolitik der radikalen Revolutionsphase in
den „Schwester-Republiken“ weitergeführt: etwa
in
der
Batavischen
Republik
(Belgien)
kam
es
zu
starken
V e r f o g u n g e n ; in den Niederlanden kaum.
Im R h e i n l a n d beseitigten die franz. Truppen
die geistl. Fürstentümer und gingen ab 1797 zu
einer schärferen K a t h o l i k e n v e r f o l g u n g
über, eigentliche Säkularisation im Rheinland erst
ab 1800
Helvetische Republik (Schweiz):
Versuch,
die
verschiedenen
Glaubensgemeinschaften
zu
einem
p h i l o s o p h i s c h e n C h r i s t e n t u m zu
verschmelzen
K i r c h e n s t a a t : 16.2.1797 erklärt sich Pius VI.
mit der franz. Annexion Avignons und des
reichsten Teils des Kirchenstaates einverstanden,
musste dafür aber nicht die Zivilkonstitution
anerkennen; am 15.11.1798 Umwandlung des
restlichen Kirchenstaates in die Römische
Republik. Im März 1799 bemächtigte sich die
Revolution des in die Toskana geflohenen
Papstes, der bald darauf in franz. Deportation
starb. S o w a r e n i m H e r b s t 1 7 9 9 d e r
Heilige
Stuhl
und
die
Kurie
desorganisiert,
das
Heilige
Kollegium
zerstreut
mehrere
Kardinäle
verhaftet;
ja
das
Papsttum als solches schien am
Ende.
Französische Revolution. Stuttgart 1999 (Reclam UB 9780).
Die
Reichardt, Rolf E. „Französische Revolution“ TRE 4 (1989) S. 401-417.
6
2. 2000 Jahre Christentum, Folge 10: »Altar der Vernunft. Das Christentum in
Aufklärung und Revolution«
Eine B e m e r k u n g gleich v o r w e g : die nachfolgende Analyse stellt eher einen Veriss als
einen Lobpreis von Folge 10 dar. Zu viele Dinge sind mir bei dieser Folge negativ
aufgefallen, als dass es mir möglich gewesen wäre, sie schönzureden. Aber vielleicht regen
ja gerade die negativen Urteile über die Folge zu einer intensiven Diskussion an, sodass es
vielleicht auch mir noch gelingt, der Folge Positives abzuringen. Vielleicht werde ich aber
auch bestätigt.
Schon allein der T i t e l bedarf einer Kommentierung: Vom „Altar der Vernunft“ ist die
Rede. Was ist denn damit gemeint? Gut, hier wird auf die Versuche einer Entchristlichung
während der Französischen Revolution (FR) angespielt, genauer: auf den Versuch der
Jakobiner-Herrschaft, einen Gegenkult unter Verwendung christlicher Symbole und unter
Verwendung christlichen Sprachgebrauchs zu schaffen.
Aber noch etwas schwingt im Titel der Folge mit: „Altar der Vernunft“ – das Bild weist auf all
jenes hin, was im Laufe der Aufklärung, der FR, der Säkularisation im 19. Jh. auf diesem
Altar ,geopfert‘ wurde. Der Vernunft zuliebe wurden viele O p f e r g e b r a c h t , viele auch zu
Recht; vieles aber wurde auch g e - o p f e r t , vielleicht, so könnte man unter dem Bild
verstehen, alles was als un-vernünftig erschien - das Christentum eingeschlossen?
Ist das Christentum, ist der christliche Glaube, gleich, in welcher konfessionellen Spielart er
daherkommt, unvernünftig? Glaube darf nicht widervernünftig sein, formuliert es das Zweite
Vatikanische Konzil. Welch interessante Diskussion könnte, wenn gleich nicht an dieser
Stelle, daraus erwachsen !
Also: Altar der Vernunft versus Altar der Unvernunft ? Altar der aufgeklärten Welt versus
Altar der christlichen Religion ? Auch dies eine spannende Frage.
Der U n t e r t i t e l hingegen verspricht mehr, als die Folge hält: die Folge handelt nicht
vom Christentum in Aufklärung und Revolution, sie handelt vom Christentum – und das noch
nicht mal: sie handelt von der Katholischen Kirche in der Französischen Revolution. Was der
„K l a p p e n t e x t “ auf der Videohülle anpreist: nämlich, einen Bogen zu schlagen von
Descartes über die FR hin zur 1848-er-Revolution, wird ebenfalls nicht gehalten. Ist dies eine
(un-) beabsichtigte Irreführung des Videokäufers?
2.1
Zum Thema der Folge
Schwerpunkt Kirchengeschichte
Oder: Schwerpunkt Französische Geschichte ?
7
Wenngleich – und das nicht ganz ungeschickt – am Beispiel einer kirchenhistorischen
Persönlichkeit, nämlich am Beispiel Sieyes‘ – die Rolle der Kirche in der FR gezeigt wird, so
behandelt Folge 10 doch eher die Ursachen, Hintergründe, Phasen der FR. Sie ist meines
Erachtens mehr eine Folge zu einer, ohne Frage bedeutsamen, Episode französicher
Geschichte unter Erwähnung etwa der Kirchenverfolgungen während der FR und der
Erwähnung der vollzogenen Trennung von Staat und Kirche. Sie ist weniger eine Folge über
die Geschichte des Christentums. Vom Christentum kann so ohnehin keine Rede sein: allein
die Katholische Kirche steht – wenn überhaupt – im Mittelpunkt; über die Protestanten fällt
nicht ein einziges Wort.
Summa summarum: 80 % Franz. Geschichte, 20 % Kirchengeschichte.
2.2. Zur Behandlung des Stoffes:
Alles erwähnt
Oder: viel Erwähnenswertes unerwähnt ?
Nicht zu bestreiten ist: innerhalb von einer Dreiviertelstunde kann man nicht sämtliche
Punkte der FR behandeln; in jedem Fall muss eine Auswahl getroffen werden. Aber wenn,
so sollte es eine einigermaßen kluge Auswahl sein.
Auf wesentliche p r o f a n h i s t o r i s c h e E r e i g n i s s e o d e r P u n k t e , d i e i n d e r
F o l g e f e h l e n , kann – da hier der Schwerpunkt bei der Kirchengeschichte liegen soll – an
dieser Stelle nicht umfassend eingegangen werden, allerdings hätten erwähnt bzw.
ausführlicher dargestellt werden können:
1. die Vorgeschichte der FR (Einfluss der Amerikanischen Revolution; die Person Lafayettes
quasi als wichtiges Bindeglied zwischen der Revolution jenseits bzw. jener diesseits des
Atlantiks; wird nur en passant erwähnt);
2. die unmittelbaren Folgen der FR: zwar wird ein Ausblick gegeben auf die Napoleonische Zeit;
aber die FR hatte doch auch Auswirkungen auf ganz Europa: auf die Schwester-Revolutionen,
etwa in Belgien oder in der Schweiz, auf die Säkularisation in Deutschland, auf die Revolution
1848, ja: auf die Russische Revolution 1917);
3. die geistesgeschichtlichen Hintergründ: zwar werden Voltaire und Rousseau erwähnt, aber
etwas zu knapp.
Was die 20% K i r c h e n g e s c h i c h t e d e r
F o l g e anbelangt, sind folgende „ M ä n g e l “
anzumerken:
1. Es hätte verzichtet werden können, die Zeit der FR fast ausschließlich als Zeit intensiver
Kirchenverfolgung darzustellen. Selbstverständlich erlebte der französiche Katholizismus
während der FR eine „blutige“ Zeit: aber auf die Ursachen, etwa der schon lange bestehende
Antiklerikalismus, etwa der Unterschied zwischen hohem und niederen Klerus wird nur am
Rande eingegangen;
2. Die Rolle des SIEYES scheint m. E. überbewertet zu sein; mein Befund: in keiner neueren
kürzeren Zusammenfassung über die FR taucht sein Name auf, was nicht dafür spricht, bei
ihm handle es sich um eine wichtige Persönlichkeit innerhalb der Franz. Revolution. Zudem:
der Film spricht zwar davon, dass er Napoleon den Weg zur Macht ebnete, ohne allerdings
darauf hinzuweisen, dass Sieyes sehr Gut ist: Folge 10 bereichert – da spreche ich in erster
Linie von mir - den Zuschauer zumindest in dieser Hinsicht um Zusatzwissen;
8
3. Darauf, dass die Kirche selbst, um einen Staatsbankrott abzuwenden, den Vorschlag zur
Versteigerung der Kirchengüter, gemacht hat, kommt die Folge nicht zu sprechen. Von der
Constitution Civile du Clergé wird viel zu wenig gesagt. Denn erst die Weigerung der meisten
Geistlichen, einen Eid auf die Zivilkonstitution abzulegen, führte zu den blutigen Verfolgungen
der Kirche;
4. Die Rolle Roms während der FR; von der ablehnenden Papst Pius‘ VI. Haltung gegenüber der
Zivilkonstitution und dem 1789 ratifizierten Dekret zur Religionsfreiheit, von dem Schicksal
des Papstes im Jahre 1799 (Deportation nach Frankreich) und damit von einer Krise des
Papsttumes, als einer von zahlreichen vorangegangenen bzw. nachfolgenden, zumindest in
dieser Zeit wird kein Wort erwähnt;
5. Von der evangelischen Kirche ist ebenso wenig die Rede wie das Verhältnis
Judentum/Christentum (ein Manko überhaupt der ganzen Reihe);
6. Auch wird keine Aussicht auf die baldige Reorganisation des Katholizismus im Frankreich
nach der FR gegeben. Die Trennungspolitik begünstigte nämlich rasch die Erneuerung des
christlichen Lebens.
2.2
Zur Struktur / zum roten Faden.
Fügung unzähliger Mosaiksteinchen zu einem Gesamtportrait
Oder: Einkaufswagen mit „Von jedem etwas“ ?
Ein kurzer Blick auf den Grob-Aufbau von Folge 10 vermag Aufschluss darüber zu
geben, wie systematisch bzw. unsystematisch dieser ist. Man zähle spaßeshalber die
grau unterlegten "Szenen", die von kirchengeschichtlichen Ereignissen im engeren
Sinne handeln, und die weißen, "profan-"historisch orientierten Szenen!
„Szene“ Nr.
Inhalt der „Szene“
I
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
Kathedrale von St. Denis
Spielszene: Volk in Aufruhr
*Kathedrale von St. Denis
*Revolution, Kleriker auf dem Schafott
Fischer heute (was ein Themenwechsel!)
*Südfrankreich, Einführung der Figur des Sieyes
*Priesterseminar
Verweis auf Diderot, Rousseau
Der Dritte Stand
Gärkessel Paris
Heißluftballon
Adel, Versailles, Ludwig XVI, Marie Antoinette
Nahrungsmittelknappheit
*Niederer Klerus vs. Adelsklerus
Kurze Erwähung Robespierres
Sturm der Bastille
Nationalbibliothek Paris: Menschenrechtserklärung
Erwähnung Lafayettes
Kunst, Architektur; Technik (Heißluftballon)
Außerfranz. Widerstand
Armee, Geburt der frz. Nationalhymne
Bro tbacken heu te (W as ein Übe rga ng! )
Ludwig XVI: Hochverrat, Symbol der Konterrevolution
Früchte der Freiheit
INTERMEZZO
Hinrichtung Ludwig XVI
Geschichte der Guillotine
Marie Antoinette: Gefängnis, Testament, Hinrichtung
Schreckensherrschaft, Erwähnung Dantons
*Alte Religion durch neuen Kult ersetzt. Altar des Vaterlandes
Erwähnung Voltaires
Erwähnung Rousseaus
Jakobinerclub: Pervertierung der Aufklärung
9
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
*Enteignung der Kirche
Zur Person Robespierres
*Blutbad im Karmeliterkloster
*Cluny
* Stadtarchiv in einem kleinen Ort: Staatl. Z i l v i s t a n d r e g i s t e r
Friedhof
Vendée/Bretagne-Konterrevolution
Ermordung Marats
*Notre Dame als Tempel der Vernunft
* Friedhof, Liste der Hingerichteten, G e b e t d e r O r d e n s s c h w e s t e r n
Danton/Robespierre auf dem Schafott; Ende der Schreckensherrschaft
Ball der Opfer: Totentanz
Napoleon Bonaparte
Weltreich Napoleons
Grab Sieyes
* AUSBLICK: T r e n n u n g v o n S t a a t u . K i r c h e a l s M ö g l i c h k e i t
B e s i n n u n g a u f s E v a n g e l i u m (!!!)
der
*(weiß ) = kirchengeschichtliche Themen im engeren Sinn
Und im Film selbst? Kaum eine Jahreszahl. Ein chronologischen Ablauf ist nicht
ersichtlich. Unübersehbar hingegen ein ständiges Hin- und Herspringen, so als
hätten die „Filmemacher“ vor der Aufgabe gestanden, so- und soviel Dinge unbedingt
erwähnen zu müssen. Hätte man das aber nicht etwas systematischer machen
können? Das Ergebnis: ein miserabel komponiertes (wenn man überhaupt von
Komposition sprechen kann!) Wirrwarr.
Dazu, wie unglücklich manche Szenen aneinander geheftet worden sind, zwei
Kostproben: Man beachte den krassen Wechsel zwischen jener Spielszene, wo ein
Geistlicher auf dem Schafott endet und ein im Kunst-Blut liegendes kleines Kreuz
von einem Wagenrad überrollt wird (Szene 4), und der darauffolgenden, in der es um
heutige Traditionen in einem Fischerdorf geht (5). Oder der Wechsel vom
hereinbrechenden
Krieg,
vom
ersten
Gesungenwerden
der
französischen
Nationalhymne (21) und jener Szene, die einen modernen Baguette-Bäcker zeigt
(22)! Da kann man doch nur eines schütteln. Und zwar den Kopf!
Mit Vorliebe arbeitet die Folge, grundsätzlich aber die gesamte Reihe, mit
Einarbeitung typischer Klischees. Auch hier zwei Beispiele: Sieyes stammt, wie die
Folge erwähnt, aus dem Süden Frankreichs, aus der Provence. Was bringt jeder von
uns mit Provence am ehesten in Verbindung? Na klar: endlose Lavendelfelder. Also
werden Lavendelfelder gezeigt, um in typischen Allgemeinplätzen zu schwelgen.
Denn wenn etwas typisch ist für die Provence, dann sind es Lavendelfelder. Alles in
allem eine Art der Reduzierung nach dem Muster: Deutschland gleich Sauerkraut.
10
Oder: Jeder kennt den Ausspruch Marie Antoinettes: „Wenn das Volk kein Brot zum
essen hat, möge es doch Kuchen essen“. Und – natürlich!, wie sollte es auch anders
sein? wird er in Folge 10 eingebaut.
Positiv gewendet könnte man sagen: Die Folge knüpft an das selbst rudimentärste
Grundkenntnisse
des
Zuschauers
an
und
beschert
ihm
somit
eine
Art
Erfolgserlebnis, sodass er sagen kann: ,Oh, wie schön, das habe ich auch gewusst!'
Negativ gewendet: übers Klischee-Anekdotenhafte kommt man damit freilich nicht
hinaus.
2.3
Zur Gestaltung des Bildmaterials
Bilder, die die Aufmerksamkeit des Zuschauers erhalten bzw. (wieder)
wecken
Oder: Mixtur aus Effekthascherei, Reality-TV, Archivmaterial u.
Kunstliebhaberei?
Die Präsentation der Folge gleicht den vorangegangen.
1. Den „Orten des Geschehens“ wird ein Besuch abgestattet, man zeigt, wie es heute dort aussieht
(Bsp.: Provence, Versailles, Cluny; Friedhöfe; Gedenkstätten) oder man zeigt die Folkore in einem
Fischerdorf oder einen original französischen Baguette-Bäcker,
2. Kunstwerke (wobei nur Kunstkenner erkennen mögen, ob sie aus jener Zeit stammen, die Thema
der jeweiligen Folge ist, oder nicht): Skulpturen, Erfindungen und technische Prototypen, aber
hauptsächlich Gemälde werden zur Illustration gezeigt (Bsp.: ein Gemälde von der Schändung der
franz. Königsgräber in St. Denis, ein anderes mit der Stadtansicht von Paris, ein drittes mit der
Zerstörung der Kathedrale von Cluny; zeitgenössisches Mobiliar, Modell eines Heißluftballons),
3. Spielszenen (vor allem „Action“-Szenen: ein Volk in Aufruhr, Schlachtgemetzel, Hinrichtungen).
4. Neu: Anreicherung der Folge mit Szenen aus Spielfilmen (ohne allerdings im Nachspann
anzugeben, aus welchem Film, einem Produkt offensichtlich der Stummfilmzeit, das Material denn
nun stammt)
5. Kameratechnisch wird gearbeitet mit Weichzeichnern (etwa beim Friedhofsbesuch,
Bildüberlagerung (immer wieder sieht man Flammen im Bildvordergrund; an anderer Stelle wird
der Anbruch der neuen Zeit durch ein im Bildvordergrund sichtbares hin- und herschwingendes
Uhrenpendel versinnbildlicht). Im letzten Drittel der Folge symbolisiert ein Gewitter bzw. ein
zuckender Blitz jeweils einen Wendepunkt.
Warum an manchen Stellen Weichzeichner
verwendet wird, bleibt ein Rätsel.
Gegen
die
meisten
Präsentationsformen
ist
nichts
e i n z u w e n d e n . Der Besuch von Lokalitäten, von Stadtarchiven, das Zeigen von
Kunstwerken etc. trägt zur Veranschaulichung bei und erhöht die Authentizität. Dies
gelingt oftmals recht gut. Allerdings hat man oft den Eindruck, von Bildern regelrecht
überflutet zu werden: eben noch die Kathedrale von St. Denis von innen, dann
Spielszenen, die ein in Aufruhr befindliches Volk zeigen mit Flammen im
Vordergrund, dann plötzlich Fischer, die ihrer Folklore frönen. Nun gut: wir leben im
11
visuellen Zeitalter; insofern muss man die Bilderflut nicht als wirklich störend
empfinden.
Was
allerdings
stört,
sind
die
zahlreichen
S p i e l s z e n e n . Mit
Vorliebe werden sie bei Schlachten, bei Hinrichtungen, Ermordungen eingesetzt.
Die Darstellung etwa der (,Prügel‘-) Erziehung im Priesterseminar soll der
Zuschauerin/dem Zuschauer wohl suggerieren: gegen solche Kirchenstrukturen war
es ja wohl nur vernünftig vorzugehen; dann allerdings verengt sich der Focus der
Folge auf die brutal und oftmals blutig verfolgte Kirche. Passt das zusammen?
Die Nahrungsmittelknappheit zu erwähnen reicht nicht: es muss auch noch ein armer
Jüngling gezeigt werden, der aus seinem letzten Stückchen Brot die Maden fischt.
Die FR wird auf ihre Bluttaten nahezu reduziert. An mehreren Stellen wird erwähnt,
wieviele Menschen nach ihrem Besuch auf der Guillotine kopflos herumirrten,
wieviele Menschen in wie kurzer Zeit ermordet wurden. Müssen immer wieder
Schafottszenen gezeigt werden? Insgesamt 5 Mal. Eindruck macht so etwas beim
modernen Zuschauer, der anderes aus Film und Fernsehen gewohnt ist, jedenfalls
nicht.
Und warum stets das Schlachtgemetzel? Alle Zuschauerinnen und Zuschauer, die
am öffentlichen Leben via Tagesschau und/oder Tageszeitung teilnehmen, sind über
die Schrecknisse des Krieges beinahe bis hin zur Abstumpfung in Kenntnis gesetzt.
Bedarf es da dieser nahezu lüsternen Reality-TV-Szenen?
Insgesamt erinnert dies alles an das Konzept tatsächlich von Aktenzeichen XY: es reicht nicht, verbal
nach Verbrechern zu fahnden; es müssen auch noch, um die Authentiziät zu erhöhen, im Grunde
aber allein zur Unterhaltung (wohl aber nicht zur Sensibilisierung) der Zuschauerin / des Zuschauers,
Banküberfälle, Vergewaltigungen, Morde nachgestellt werden.
2.5. Zur Gestaltung des Tonmaterials
Adäquate Ton-/Musikuntermalung
Oder: ein Betrunkener im Tonstudio?
Die Präsentation auch des Tonmaterials ähnelt den vorangegangenen Folgen.
Drei bis vier Sprecher teilen sich die Aufgabe.
1. Die weibliche Stimme ,übernimmt‘ die einleitende Worte, eine Zwischenbilanz und das Fazit.
2. Der männliche Hauptsprecher.
3. Zwei weitere Stimmen, je nach Bedarf männlich (Augenzeugenbericht bei einer Hinrichtung) bzw.
weiblich (Testament Marie Antoinettes) die aus Urkunden, zeitgenössischen Berichten zitieren.
Die einzelnen Sequenzen/Szenen-Kommentierungen sind miteinander verknüpft.
Häufig ist der Kommentar der einen Sequenz/Szene „Stichwortgeber“ für die
nächste:
der
nachfolgende
Kommentar
greift
einen
Begriff
aus
dem
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Vorhergegangenem
auf
und
nimmt
ihn
als
„Aufhänger“
für
die
aktuelle
Kommentierung.
Die Untermalung der Folge mit Musik erfolgt oft abgestimmt mit der Kommentierung:
bis zum Sturm auf die Bastille ist auf der Sprecherebene vom „wachsenden Unmut“
in der Bevölkerung, vom „Gärkessel Paris“ die Rede. Die Hintergrundmusik ist so
gestaltet, dass sie – wie in einem Krimi oder einem Gruselfilm – beim Zuschauer
Spannung suggerieren soll. Ist soetwas einer Fernsehreihe, die – wenn auch
minimalsten – wissenschaftlichen Ansprüchen genügen will, förderlich ?
Immer wieder klingt l e i t m o t i v a r t i g der Singsang eines Frauen-/Kinderchores an,
ohne dass zu erkennen wäre, welchen Zweck gerade diese Untermalung verfolgt.
Ebenfalls ein Leitmotiv: die immer wieder zu hörende franz. Nationalhymne.
3 „Zielgruppe“ der Folge: Geeignet für die Schule?
Eine w esentliche Schw ierigkeit , Folge 10 in der Schule „einzusetzen“, wurde bereits
in der Vorbemerkung benannt: die FR ist in der Schule kaum Unterrichtsgegenstand, und
schon gar nicht die kirchengeschichtliche Bedeutung der FR.
Und: was für alle vorangegangenen Folgen auch galt, muss auch hier gelten: auch Folge 10
eignet sich nicht dazu , in der Schule „am Stück“ geschaut zu w erden . Der
Folge unsystematische, unchronologische Heransgehenweise an das Thema muss auf
Schülerinnen und Schüler verwirrend wirken und mag einem guten Gesamt-Verständnis
abträglich sein. Möglicherweise trägt auch das wahllose Hin- und Herspringen zwischen den
einzelnen Elementen der Folge dazu bei, dass die Zuschauer irgendwann das Interesse
verlieren und ihre Aufmerksamkeit nachzulassen beginnt. Auf die Lernziele, die mit dem
Zeigen der Folge im Unterricht erreicht werden sollen – gleichgültig, welche das sein mögen
-, kann sich dieser Befund jedenfalls nicht positiv auswirken.
Zudem ist es gerade das Wirrwarr der Folge, die ein hohes Maß an Grund - und
Vorkenntnissen bezüglich der FR abverlangt; es müssen zur Folge mehr Erläuterungen
gegeben als dass die Folge selber Erläuterung darzustellen vermag. Ferner fehlt nahezu
jeglicher Bezug zur Gegenwart. Warum ist es wichtig, dass ich mich als Schülerin/als
Schüler mit der FR auseinandersetze? Diese Frage stellt sich für jede Zuschauer, für jeden
Zuschauer. Wo liegen die Anknüpfungspunkte zwischen Zuschauerin/Zuschauer und der
FR?
Eine (allerdings unrealistische) Möglichkeit, die Folge 10 in der Schule zu zeigen, besteht
lediglich im Rahmen einer Projektw oche oder im fächerübergreifenden Projektunterricht,
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den man vielleicht in der Klasse 10, auf jeden Fall in der Oberstufe, zum Beispiel gut
durchführen könnte. Viele Fachbereiche könnten sich hier zusammenschließen und
Teilaspekte der FR beleuchten, wobei auch Folge 10 zum Analysegegenstand werden
könnte:
Im Deutsch-:
Im FranzösischIm GeschichtsIm Religions- /
(In
der
Sek
Philosophieim Politik-/SoWi-
II.)
(in Sek II) im PädagogikIm Musik-/KunstIm PhysikIm Werk-
Auseinandersetzung mit der FR in der Deutschen Literatur; Analyse
von Folge 10
Flugschriftenliteratur/Quellentexte im Original usw.
Erarbeitung der FR
Nachdenken über den Vernunftbegriff, Nachdenken über die Vorteile
der Trennung von Staat und Kirche usw.
im
}
Unte
Nachdenken
über
parlament.
Verfassung,
rricht
Menschenrechtserklärungen...
Erziehungsideale der Aufklärung (Rousseau)
Nationalhymnen, zeitgen. Kunst...
Techische Errungenschaften der Zeit (Heißluftballon)
... sollte auf den Nachbau einer Guillotine allerdings besser verzichtet
werden.
15
2.
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