Korrelation der klinischen Strahlenempfindlichkeit mit

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Aus dem Universitätsklinikum Münster
Institut für Humangenetik
-Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. J. Horst-
Korrelation der klinischen Strahlenempfindlichkeit mit
Chromosomenaberrationen
nach Teilkörperdosis +/- in-vitro-Bestrahlung
INAUGURAL - DISSERTATION
zur
Erlangung des doctor medicinae
der Medizinischen Fakultät
der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
vorgelegt von Holtmann, Lina Lin
aus Coesfeld
2007
Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster
Dekan: Univ.-Prof. Dr. med. V. Arolt
1. Berichterstatter: Univ.-Prof. Dr. med. J. Horst
2. Berichterstatter: Univ.-Prof. Dr. med. N. Willich
Tag der mündlichen Prüfung: 15.02.2007
Aus dem Universitätsklinikum Münster
Institut für Humangenetik
-Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. Jürgen HorstReferent: Univ.-Prof. Dr. med. Jürgen Horst
Koreferent: Univ.-Prof. Dr. med. N. Willich
Zusammenfassung
Korrelation der klinischen Strahlenempfindlichkeit mit Chromosomenaberrationen
nach Teilkörperdosis +/- in-vitro-Bestrahlung
Holtmann, Lina Lin
Bei einer Strahlentherapie kommt es neben der Zerstörung von Tumorgewebe bei 1-5% der Patienten zu
erheblichen langfristigen Normalgewebsveränderungen. Ein wichtiges Ziel in der onkologischen
Strahlentherapie ist daher, die Strahlenempfindlichkeit von Patienten unter der Annahme einer
genetischen Disposition prädiktiv zu erfassen, um eine Individualisierung von Behandlungskonzepten
zu ermöglichen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde mittels einer Paar-Analyse der Zusammenhang zwischen der
individuellen klinischen Strahlenempfindlichkeit und genetischer Korrelate untersucht. Das Ausmaß der
akuten Normalgewebsreaktionen definierte hierbei die klinische Strahlenempfindlichkeit, die Anzahl
der Chromosomenaberrationen in Lymphozyten des peripheren Blutes die genetische Korrelation.
Die Studie umfasste 30 Patientenpaare. Diese setzten sich jeweils aus Patienten mit auffälliger
Strahlenreaktion und solchen ohne Auffälligkeiten zusammen. Die zugeordneten Patienten waren
jeweils bezüglich des Tumors, der Therapie und der Kofaktoren vergleichbar. Die klinische Einteilung
erfolgte mittels der EORTC/RTOG Klassifikation. Um die genetisch bedingte Strahlenempfindlichkeit
zu bestimmen, wurde den Patienten zum Zeitpunkt des Auftretens einer klinisch als empfindlich
eingestuften
Akutreaktion
(nach
Teilkörperdosis)
eine
Blutprobe
entnommen.
Mittels
der
konventionellen Metaphasen-Technik wurde die Zahl von Chromosomenaberrationen bestimmt, sowohl
mit als auch ohne zusätzliche in-vitro-Bestrahlung mit 2 Gy.
Für die Zahl der spontanen, sowie der strahleninduzierten Chromosomenaberrationen fand sich keine
Abhängigkeit von der Teilkörperdosis oder klinischen Faktoren, die bei der Zuordnung nicht
berücksichtigt wurden.
Es zeigten sich signifikant unterschiedliche Werte für das Auftreten dizentrischer Chromosomen,
azentrischer Fragmente, die Summe aller Bruchereignisse und Brüche pro Zelle sowie für dizentrische
Chromosomen nach in-vitro-Bestrahlung. In der logistischen Regression blieb die Rate dizentrischer
Chromosomen signifikant. Dabei ging eine Sensitivität von 70% mit einer Spezifität von ebenfalls ca.
70% einher. Um einen Ansatz zum echten präradiotherapeutischen Screening zu entwickeln, müssen die
Ergebnisse an einem größeren Patientenkollektiv und unter Vereinfachung der Methodik überprüft
werden.
Tag der mündliche Prüfung: 15.02.2007
1
INHALTSVERZEICHNIS
1
EINLEITUNG................................................................................................ 4
1.1 ALLGEMEINE GRUNDLAGEN DER NORMALGEWEBSREAKTIONEN ....................5
1.2 GENETISCHE FAKTOREN DER NORMALGEWEBSREAKTION ...............................7
1.3 CHROMOSOMENABERRATIONEN ALS INDIKATOR DER INDIVIDUELLEN
STRAHLENEMPFINDLICHKEIT ...........................................................................9
1.4 KLASSIFIKATION AKUTER UND SPÄTER NEBENWIRKUNGEN ..........................10
1.5 THERAPIEKONZEPTE DES MAMMACARCINOMS ..............................................12
1.6 THERAPIEKONZEPTE DER KOPF-HALS-TUMOREN ..........................................12
2
ZIELSETZUNG........................................................................................... 14
3
MATERIAL UND METHODEN ............................................................... 15
3.1 MATERIALIEN ................................................................................................15
3.1.1
Puffer und Lösungen.........................................................................15
3.1.2
Geräte und Sonstiges ........................................................................15
3.2 METHODEN ....................................................................................................17
3.2.1
Klinisch empfindliche Patienten und zugeordnete Partner ..............17
3.2.2
Paar-Zuordnung ...............................................................................17
3.2.3
Klassifikation und Dokumentation der Nebenwirkungen .................18
3.2.4
Bestrahlung und Dosimetrie .............................................................19
3.2.5
Nachweis von Chromosomenschäden mittels der Metaphasen-Technik
19
3.2.6
Mikroskopie und Auswertung ...........................................................22
3.3 STATISTISCHE METHODEN .............................................................................23
3.3.1
Kruskal-Wallis-Test ..........................................................................23
3.3.2
Mann-Whitney-U-Test ......................................................................23
3.3.3
Wilcoxon für verbundene Stichproben..............................................23
3.3.4
Logistische Regression .....................................................................24
4
ERGEBNISSE.............................................................................................. 25
4.1 BESCHREIBUNG DES PATIENTENKOLLEKTIVS ................................................25
4.1.1
Basisstatistik im Gesamtkollektiv der 60 Patienten..........................25
4.1.1.1 Geschlecht, Alter, Allgemeinzustand ...........................................25
4.1.1.2 Nikotin ..........................................................................................25
4.1.1.3 Alkohol .........................................................................................25
4.1.1.4 Begleiterkrankungen.....................................................................26
4.1.1.5 Medikamentöse Begleittherapien .................................................26
4.1.1.6 Bestrahlungsgebiet........................................................................27
4.1.2
Paar-Zuordnung ...............................................................................27
4.1.2.1 Subgruppe Mamma.......................................................................27
4.1.2.2 Subgruppe HNO ...........................................................................27
4.1.2.3 Zuordnungs-Tabelle für Patientinnen mit Brustbestrahlung,
Hauptkriterien ...............................................................................29
4.1.2.4 Zuordnungs-Tabellen für Patientinnen mit Brustbestrahlung,
zusätzliche Informationen.............................................................30
4.1.2.5 Zuordnungs-Tabelle für Patienten mit Mundhöhlenbestrahlung,
Hauptkriterien ...............................................................................32
2
4.1.2.6
Zuordnungs-Tabelle für Patienten mit Mundhöhlenbestrahlung,
zusätzliche Informationen.............................................................34
4.1.2.7 Einschlussdosis bei Blutentnahme – Betrachtung der einzelnen
Paare..............................................................................................36
4.1.3
Ausprägung der akuten Nebenwirkungen.........................................37
4.1.3.1 Akute Nebenwirkungen der Brustbestrahlung..............................38
4.1.3.2 Akute Nebenwirkungen der Mundhöhlenbestrahlung..................39
4.1.4
Strahlenbiologische Charakterisierung............................................40
4.1.4.1 Dizentrische Chromosomen..........................................................40
4.1.4.2 Azentrische Fragmente .................................................................42
4.1.4.3 Translokationen ............................................................................43
4.1.4.4 Tetraploidie...................................................................................44
4.1.4.5 Summe aller Bruchereignisse und Bruchereignisse pro Zelle ......44
4.2 EINFLUSS KLINISCHER PARAMETER AUF DIE AUSPRÄGUNG BIOLOGISCHER
MESSWERTE...................................................................................................46
4.2.1
Einfluss auf dizentrische Chromosomen...........................................47
4.2.2
Einfluss auf azentrische Fragmente..................................................48
4.2.3
Einfluss auf Translokationen ............................................................49
4.2.4
Einfluss auf Tetraploidie...................................................................50
4.2.5
Einfluss auf die Summe aller Bruchereignisse und Bruchereignisse
pro Zelle ............................................................................................50
4.2.6
Zusammenfassung.............................................................................51
4.3 CHROMOSOMENABERRATIONEN ....................................................................51
4.3.1
Chromosomenaberrationen bei empfindlichen Patienten nach
Teilkörperdosis..................................................................................53
4.3.2
Chromosomenaberrationen bei unempfindlichen Patienten nach
Teilkörperdosis..................................................................................54
4.3.3
Chromosomenaberrationen bei empfindlichen Patienten nach in-vitro
Bestrahlung mit 2 Gy ........................................................................55
4.3.4
Chromosomenaberrationen bei unempfindlichen Patienten nach invitro Bestrahlung mit 2 Gy ................................................................56
4.4 CHROMOSOMENABERRATIONEN ALS BIOLOGISCHER PARAMETER DER
ZELLULÄREN STRAHLENEMPFINDLICHKEIT IM VERGLEICH ZWISCHEN DEN
EMPFINDLICHEN UND DEN ZUGEORDNETEN, UNEMPFINDLICHEN PARTNERN ..57
4.4.1
Man-Whitney-U-Test ........................................................................57
4.4.1.1 Dizentrische Chromosomen..........................................................57
4.4.1.2 Azentrische Fragmente .................................................................58
4.4.1.3 Translokationen ............................................................................58
4.4.1.4 Tetraploidie...................................................................................59
4.4.1.5 Summe der Bruchereignisse .........................................................59
4.4.1.6 Bruchereignisse pro Zelle .............................................................60
4.4.2
Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben......................................60
4.4.2.1 200 Zellen .....................................................................................60
4.4.2.2 50 Zellen .......................................................................................61
4.4.3
Zusammenfassung.............................................................................61
4.5 LOGISTISCHE REGRESSION DER PARAMETER .................................................61
4.6 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE ..........................................................62
5
DISKUSSION............................................................................................... 64
3
6
ZUSAMMENFASUNG ............................................................................... 71
7
LITERATUR................................................................................................ 73
8
DANKSAGUNG........................................................................................... 79
Einleitung
4
1 Einleitung
Die
moderne
Strahlentherapie
ist
neben
der
Chirurgie
die
wichtigste
Behandlungsform von bösartigen Tumorerkrankungen. Diese stellen in Deutschland
nach
wie
vor
die
zweithäufigste
Todesursache
nach
den
Herz-
und
Kreislauferkrankungen dar. Angesichts des zunehmenden Alterns der Bevölkerung
wird die Bedeutung der Tumorerkrankungen weiter zunehmen, so dass die
Optimierung der Therapiemöglichkeiten ein wichtiges Ziel in der Strahlentherapie
ist.
Eine Strahlentherapie wird als primäre Therapie eingesetzt, wenn die Tumoren sehr
strahlenempfindlich sind (z.B. Lymphome) oder ohne Operation die gleiche
Heilungschance besteht, jedoch ein kosmetisch und vor allem funktionell besseres
Ergebnis zu erwarten ist. Als adjuvante Therapie wird die Strahlentherapie prä- und
postoperativ
durchgeführt.
Ziele
der
präoperativen
Bestrahlung
sind
die
Verkleinerung eines inoperablen Tumors, um diesen operabel zu machen, die
Zerstörung
von
Tumorzellen
zur
Vermeidung
einer
operativen
Tumorzellverschleppung, sowie eine bessere Tumorwirkung und geringere
Strahlenfolgen im operativ nicht veränderten Gewebe. Eine postoperative
Bestrahlung wird angewandt, um tatsächlich oder möglicherweise verbliebene
Tumorzellen im Operationsgebiet abzutöten und Tumorzellen in manifest oder
wahrscheinlich befallenen Ausbreitungswegen (z.B. regionäre Lymphwege) zu
devitalisieren (Richter und Feyerabend 2002).
Bei einer strahlentherapeutischen Behandlung kommt es neben der Zerstörung des
Tumorgewebes immer auch zu einer Schädigung von Normalgewebe. Dieses
Phänomen wird als Normalgewebsreaktion bezeichnet. Einige Patienten zeigen an
den bestrahlten Normalgeweben besonders frühe und/ oder besonders schwere
Nebenwirkungen. Dies kann zum einen durch äußere Einflussfaktoren wie Rauchen,
Alkohol oder exzessive Pflege verursacht werden, zum anderen durch andere
Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes mellitus und Anämie (Baumann 1995). Bei
5-10% der Patienten liegt jedoch eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit ohne
erkennbare Ursache vor, so dass bei diesen eine genetische Disposition diskutiert
wird.
Einleitung
5
Gäbe es einen prädiktiven Test, der die Strahlenempfindlichkeit und die zu
erwartende Normalgewebsreaktion verlässlich vorhersagen würde, könnte dies zu
einer Individualisierung von Behandlungskonzepten führen (Budach 1997).
Patienten, die so schon vor Bestrahlungsbeginn als empfindlich identifiziert würden,
könnten zur Vermeidung von Bestrahlungspausen mit den bekannten negativen
Folgen auf die Tumorkontrolle individueller behandelt werden. Diese Behandlung
könnte eine intensivere Prophylaxe, frühzeitige therapeutische Interventionen,
geänderte Fraktionierung oder sogar eine geänderte Gesamtdosis beinhalten. Diese
Patienten würden aus Dosisintensivierungsstudien ausgeschlossen, wohingegen bei
als nicht empfindlich identifizierten Patienten eine Dosissteigerung in Betracht
gezogen werden könnte (Tucker et al. 1996). Mackay et al. halten dadurch eine
Zunahme der Tumorkontrollrate von bis zu 30% für möglich (Mackay et al. 1999).
Diese Suche nach einer verwendbaren und zuverlässigen Prädiktion der Reaktion des
Normalgewebes auf eine Strahlentherapie wurde 1990 von Peters als „the holy grail
of radiation biology“ bezeichnet (Peters 1990).
Patienten, die aufgrund einer genetischen Grunderkrankung biologisch und klinisch
strahlenempfindlich sind, z.B. Patienten mit dem Syndrom Ataxia teleangiectasia
(AT) (Hart et al. 1987, West 1995), wiesen gegenüber Normalprobanden in-vitro eine
erhöhte Fragilität von Chromosomen auf. Es fanden sich vermehrt direkte und
indirekte chromosomale Bruchereignisse. Durch diese Beobachtungen haben sich
direkte und indirekte Methoden zu Messungen von chromosomalen Bruchereignissen
bzw. Chromosomenaberrationen an Lymphozyten zur Bestimmung einer in-vitroStrahlenempfindlichkeit etabliert. Bisher konnte jedoch die Korrelation solcher
Parameter mit der Ausprägung von Normalgewebsreaktionen nur in kleinen
retrospektiven Analysen an Patienten festgestellt werden (Borgmann et al. 2002).
1.1
Allgemeine Grundlagen der Normalgewebsreaktionen
Eine Vielzahl von Parametern wird für das Auftreten einer Normalgewebsreaktion
verantwortlich gemacht (West et al. 1991, Herrmann und Baumann 1997). Die
wichtigsten sind die Höhe der Strahlendosis und das Bestrahlungsvolumen (West et
al. 1995). Das Risiko eine Normalgewebsreaktion zu entwickeln bzw. das Ausmaß
derselben nehmen mit der Dosis zu (Bentzen und Overgaard 1994, Turesson 1990,
Einleitung
6
Turesson et al. 1996, Dörr 1997). Weiter zählen zu den Parametern, von denen die
Strahlenwirkung auf die Organe abhängt, die Gesamtdosis, das zeitliche
Verteilungsmuster, die Dosisapplikation (z.B. Fraktionierung) und die räumliche
Dosisverteilung (wie Größe des bestrahlten Volumens). Daneben spielen auch die
Ausgangssituation des bestrahlten Gewebes sowie begleitende Behandlungen (z.B.
Operation, Chemotherapie) eine Rolle.
Frühe (akute) Strahlenfolgen manifestieren sich bereits unter der Bestrahlungsserie,
per definitionem innerhalb der ersten 90 Tage nach deren Beginn. Demgegenüber
werden chronische (späte) Strahleneffekte erst Monate bis Jahre nach der
Behandlung beobachtet. Als Folgespätschäden („consequential late effects”) werden
späte Nebenwirkungen bezeichnet, die als Folge einer akuten Reaktion zu betrachten
sind (z.B. Vernarbungen) (Dörr und Hendry 2001).
Akute Strahlenfolgen treten in der Regel in Geweben mit einem hohen Zellumsatz
(z.B. Schleimhaut) auf (Hermann und Baumann 1997). Durch die Bestrahlung
kommt es zu einer Hemmung der Zellproliferation und konsekutiv zur Zelldepletion.
Hierbei ist die Zeit bis zur klinischen Manifestation abhängig von der Umsatzzeit des
Gewebes. Bei der akuten Strahlenreaktion findet sich regelmäßig eine Gefäßreaktion,
die sich in begleitenden Entzündungsprozessen manifestiert. Diese geht meist der
klinisch wichtigsten Reaktion, der Reduktion der Anzahl funktioneller Zellen
(Hypoplasie) beispielsweise im Rahmen der Epitheliolyse voraus. Ausgehend vom
Zusammenbruch
der
normalen
epithelialen
Struktur
kommt
es
bei
der
Strahlenreaktion von Oberflächenepithelien häufig zu einer Phase sekundärer
Infektionen, welche die Epithelreaktion bis hin zu septischen Zuständen verstärken
können. Abschließend wird außer bei sehr ausgeprägten Reaktionen die
Heilungsphase beobachtet, die von innerhalb des Bestrahlungsgebietes überlebenden
oder von einwandernden Stammzellen ausgeht.
Während die Manifestation akuter Strahlenfolgen durch einen relativ einheitlichen
Mechanismus gekennzeichnet ist, ist die Pathogenese chronischer Strahlenfolgen
weitaus komplexer und variabler. Die entscheidenden pathologischen Vorgänge
laufen im Organparenchym, im Bindegewebe und dem versorgenden Gefäßnetz ab.
In der Regel liegt auch eine Beteiligung des Immunsystems (Makrophagen) vor. Die
Einleitung
7
Latenzzeit für chronische Strahlenfolgen ist im Gegensatz zu Frühreaktionen
abhängig von der Strahlendosis.
Für das Auftreten von Hautreaktionen nach der Bestrahlung von Mammacarcinomen
wurde gezeigt, dass das Ausmaß der Spätreaktionen selbst bei identischem
Fraktionierungsschema eine große Variation zeigt (Tucker et al. 1992, Turesson et al.
1996).
Die Strahlensensibilität der einzelnen Gewebe und Organe variiert erheblich.
Entsprechend unterschiedlich sind die gewebespezifischen Toleranzdosen (Richter
und Feyerabend 2002). Als Toleranzdosis wird dabei die Dosis bezeichnet, die bei
Bestrahlung eines bestimmten Organs mit einem bestimmten Fraktionierungsschema
allgemein akzeptiert wird. Bei der strahlentherapeutischen Behandlung ist das Ziel
eine möglichst komplikationsfreie Tumorkontrolle. Deshalb ist bei der Festlegung
der Gesamtdosis zwischen einer maximalen Inaktivierung des Tumors und der
Toleranz des umgebenden Normalgewebes abzuwägen. Die Nebenwirkungen
bestimmen so die maximal applizierbare Gesamtdosis ganz wesentlich mit. Erstmals
beschrieben wurde dieses Konzept der therapeutisch benötigten und gesundheitlich
möglichen Dosis von Holthusen (Holthusen 1936).
1.2
Genetische Faktoren der Normalgewebsreaktion
Die genetischen Faktoren, die die Ausprägung einer Normalgewebsreaktion
bestimmen, sind vielfältig. Der wichtigste zur Zeit diskutierte Parameter ist die
genetisch festgelegte zelluläre Strahlenempfindlichkeit. Beobachtungen an Patienten
mit dem Syndrom Ataxia teleangiectasia (AT) lieferten diesbezüglich erste
Hinweise. Nach einer Bestrahlung zeigten diese Patienten eine ausgeprägte
Normalgewebsreaktion,
was
sich
auf
eine
extrem
hohe
zelluläre
Strahlenempfindlichkeit zurückführen ließ (Hart et al. 1987). Auch für weitere
Syndrome (Bloom-Syndrom, Fanconi-Anämie (FA), Li-Fraumeni-Syndrom (LFS),
Naevusbasalzell-Syndrom, Neurofibromatose (NF), Nijmegen-Syndrom (NBS) und
Retinoblastom (RB)) konnte ein ähnlicher Zusammenhang beobachtet werden (Peters
1990, Streffer 1997).
In einer Analyse von sechs Patienten wurde beobachtet, dass das Ausmaß der
Teleangiektasien bzw. des Hauterythems mit der zellulären Strahlenempfindlichkeit
Einleitung
8
korrelierte. So wurde 1992 erstmalig postuliert, dass es nicht nur bei Patienten mit
bestimmten Syndromen, sondern möglicherweise bei allen Patienten einen grossen
Zusammenhang
zwischen
der
genetisch
determinierten
individuellen
Strahlenempfindlichkeit und dem Ausmaß der Normalgewebsreaktion gibt (Burnet et
al. 1992).
Zuvor hatten schon Woods et al. und Plowman et al. auf diesen Zusammenhang
hingewiesen, da sie fanden, dass die zelluläre Empfindlichkeit strahlenempfindlicher
Patienten deutlich über der von gesunden Spendern lag. (Woods et al. 1988,
Plowman et al. 1990) Frühere Studien konnten einen solchen Unterschied nicht
feststellen (Smith et al. 1980, Weichselbaum et al. 1976).
Eine spätere Studie, in der die zelluläre Empfindlichkeit von Fibroblasten betrachtet
wurde, zeigte ebenfalls, dass es eine Korrelation gab zwischen dem Ausmaß der
Normalgewebsreaktion und der zellulären Empfindlichkeit (Burnet et al. 1994). Dies
wurde 1996 in einer Untersuchung mit 31 Brustkrebspatientinnen bestätigt.
Probanden mit einer erhöhten zellulären Strahlenempfindlichkeit zeigten hierbei im
Mittel ein gößeres Risiko für die Entwicklung einer Fibrose als solche mit einer
geringen Empfindlichkeit. Dieser Zusammenhang galt allerdings nur für späte, nicht
aber für akute Normalgewebsreaktionen (Johansen et al. 1996).
Auch in weiteren Studien wurde von einer Korrelation zwischen dem Ausmaß der
Normalgewebsreaktion und der individuellen Strahlenempfindlichkeit berichtet
(Dunst et al. 1998, Ramsay und Birrell 1995, Rached et al. 1998, Rogers et al. 2000).
Es erschienen allerdings auch Publikationen, die keine entsprechende Korrelation
zeigten. In einer Studie mit zwölf Brustkrebspatientinnen wurde beobachtet, dass
zwischen der individuellen Strahlenempfindlichkeit und den akuten Nebenwirkungen
der Haut keine Beziehung bestand (Begg et al. 1993). Es schlossen sich weitere
Untersuchungen an, in denen weder für die akuten noch die späten Reaktionen ein
Zusammenhang mit der individuellen Empfindlichkeit festgestellt werden konnte
(Brock et al. 1995, Rudat et al. 1997, Rudat et al. 1999). Eine weitere Studie kam für
die späten Nebenwirkungen zu dem gleichen Ergebnis (Peacock et al. 2000).
Einleitung
1.3
9
Chromosomenaberrationen
als
Indikator
der
individuellen
Strahlenempfindlichkeit
Die Analysen zur Bestimmung der individuellen Strahlenempfindlichkeit wurden in
den zuvor erwähnten Studien auf verschiedene Weise durchgeführt. Zum einen
wurden
die
Untersuchungen
an
aus
Hautbiopsien
isolierten
Fibroblasten
durchgeführt, zum anderen an Lymphozyten des peripheren Blutes. Dies wird als ein
Grund für das zum Teil widersprüchliche Bild bezüglich der Korrelation zwischen
der
individuellen
Strahlenempfindlichkeit
und
dem
Auftreten
einer
Normalgewebsreaktion nach Strahlentherapie diskutiert. Ältere Arbeiten betonen den
Stellenwert von Fibroblasten (Burnet et al. 1994, Geara et al. 1993) und sehen den
von Lymphozyten eher als gering an (Budach et al. 1998), jedoch wurden die
Analysen
häufig
an
kleinen
Kollektiven
durchgeführt.
Später
rückten
Untersuchungen an Lymphozyten mehr in den Vordergrund und wurden vermehrt in
Studien verwendet (Price et al. 1995, West et al. 1995, Jones et al. 1995). Die
Strahlenempfindlichkeit der Lymphozyten wurde dabei entweder direkt mittels
Kolonietest
oder
indirekt
über
die
Zahl
der
strahleninduzierten
Chromosomenaberrationen ermittelt. Die indirekte Methode ist für Lymphozyten die
einfachere und wahrscheinlich auch genauere, da Lymphozyten auch nach
Stimulation nur noch sehr begrenzt teilungsfähig sind. Außerdem muss der
Kolonietest bei Lymphozyten unter ganz besonderen Bedingungen durchgeführt
werden, um überlebende Zellen zu identifizieren (Geara et al. 1993), was die
Aussagekraft des Kolonietests im Falle der Lymphozyten zusätzlich einschränkt.
Sehr leicht und eindeutig zu erkennen sind dagegen Chromosomenaberrationen in
Lymphozyten. Die am häufigsten angewandte Methode nennt sich Metaphasen- oder
auch G1-Assay. Die Lymphozyten werden im nicht stimulierten Zustand bestrahlt
und später mit Phytohämagglutinin (PHA) zur Teilung stimuliert. Mit Hilfe eines
Spindelfasergiftes (z.B. Colcemid) werden die Zellen dann nach Inkubation in der
Metaphase angehalten, um dann nach einem hypotonischen Schock ausgespreizt,
trypsinisiert, gefärbt und lichtmikroskopisch analysiert zu werden.
Bei diesem Verfahren führen ionisierende Strahlen zu typischen Veränderungen.
Neben dizentrischen Chromosomen sind dies terminale und interstitielle Deletionen,
aber auch komplexe und unvollständige Aberrationen nach höheren Strahlendosen.
Einleitung
10
Terminale Deletionen in Lymophozyten sind seltene Ereignisse, dizentrische
Chromosomen treten weitaus häufiger auf, die häufigsten Schäden sind jedoch
interstitielle Deletionen (Fomina et al. 2000). Ab einer Dosis von 5 Gy sind
komplexe und unvollständige Aberrationen die häufigsten Veränderungen. Sie
müssen aber auch schon bei Dosen von 1-2 Gy berücksichtigt werden (Cornforth
2001).
Bei vielen der oben beschriebenen Veränderungen entstehen azentrische Fragmente.
Dies bedeutet ein letales Ereignis für die Zelle, da dem azentrischen Fragment der
Anknüpfungspunkt für die Spindelfasern fehlt. Dadurch verbleiben die Fragmente
während der Metaphase in der Äquatorialebene und können während der Anaphase
nicht zu einem der Spindelpole gezogen werden. In der Zytokinese wird das
azentrische Fragment von einer Extramembran umschlossen und als Mikrokern aus
der Zelle geschleust. Folglich geht genetische Information verloren, da den
jeweiligen Tochterzellen Teile der DNA fehlen. Hierdurch kann die Expression
essentieller Proteine abnehmen, was zur Folge hat, dass die Zelle ihre
Teilungsfähigkeit nach spätestens 2-3 Tagen verliert. Aber auch dizentrische
Chromosomen können über das Entstehen von Anaphasebrücken zum Verlust der
Teilungsfähigkeit führen.
In vielen Untersuchungen sowohl mit Lymphozyten als auch anderen Normal- oder
Tumorzellen wurde gezeigt, dass die Zahl der letalen Chromosomenaberrationen
direkt mit der Strahlenempfindlichkeit der Zellen korreliert (Coco-Martin et al. 1994,
Cornforth und Bedford 1987, Russell et al. 1995, Schwartz 1992). Hierbei zeigte
sich, dass eine grössere Strahlenempfindlichkeit immer mit einer vermehrten Zahl an
Aberrationen einherging und die Strahlenempfindlichkeit von Lymphozyten sehr gut
durch die Zahl der Chromosomenaberrationen bestimmt werden kann.
1.4
Klassifikation akuter und später Nebenwirkungen
Bereits frühzeitig wurde in der Strahlentherapie die Notwendigkeit erkannt, akute
und späte Normalgewebsreaktionen zu klassifizieren und zu erfassen. Mitte der
achtziger Jahre wurde eine Einteilung von einer Arbeitsgruppe der EORTC/ RTOG
(Europäische und nordamerikanische radioonkologische Gesellschaften) für akute
und späte Nebenwirkungen erarbeitet. Diese Klassifikation berücksichtigte:
Einleitung
11
den Zeitpunkt des Auftretens (akute oder späte Reaktion), die Schwere der
Ausprägung, die Reversibilität bzw. chronische Ausbildung einer Veränderung und
eine objektive Beurteilung, sowie eine Darstellung in bildgebenden Verfahren
(Röntgen, CT, MR). Zudem ist sie organspezifisch.
Es wurden folgende Schweregrade festgelegt: Grad 0 = keine, Grad I = gering, Grad
II = mäßig, Grad III = stark, Grad IV = lebensbedrohlich und Grad V = Tod des
Patienten.
In den kommenden Jahren wurde diese Einteilung weiter spezifiziert und für die
späten Nebenwirkungen das LENT-Einteilungs-System entwickelt (engl.: late effect
normal tissue). Es wurden vier Kategorien zur Beschreibung der Reaktion
miteinander verknüpft (SOMA): die subjektive Beschreibung, der objektive Befund,
das Management (Behandlungsnotwendigkeiten) und die Analytik (Erfassung
objektiver Befunde in Spezialuntersuchungen). Auch hier erfolgte eine Einteilung
der Nebenwirkungen in die Schweregrade 0 (keine) bis V (tödlicher Ausgang). Mit
diesem Einteilungssystem ist es möglich, die Belastung von Normalgeweben nach
einer strahlentherapeutischen Tumortherapie zu klassifizieren und verschiedene
Behandlungsverfahren, nicht nur hinsichtlich ihrer Tumorwirkung, sondern auch
ihrer Nebenwirkungsgrade zu vergleichen (Hermann und Baumann 1997).
Organspezifisch für die akuten Nebenwirkungen an Haut und Schleimhaut, die in der
vorliegenden Arbeit vorwiegend betrachtet wurden, um die klinische Einteilung in
empfindliche und nicht empfindliche Patienten vorzunehmen, bedeutet dies nach
EORTC/ RTOG:
Haut
Grad 0
Grad I
Grad II
Grad III
Grad IV
Unauffällig
Leichtes
Erythem,
Epilation,
trockene
Desquamation
Deutliches
Erythem,
einzelne feuchte
Epitheliolysen
(<
50%),
mäßiges Ödem
Fleckförmige
Mucositis,
mäßiges Ödem,
mäßige
Schmerzen
Konfluierende
feuchte
Epitheliolysen
(>50%),
ausgedehntes
Ödem
Konfluierende
fibrinöse
Mucositis,
massives
Ödem,
massive
Schmerzen
Ausgedehnte
Ulzeration,
Konfluierende
Nekrose,
massige
Blutungen
Ausgedehnte
Ulzeration,
konfluierende
Nekrose,
massive
Blutungen
Schleim Unauffällig
-haut
Leichtes
Enanthem,
geringe
Schmerzen
Tab.1: Nebenwirkungen an Haut und Schleimhaut
Einleitung
1.5
12
Therapiekonzepte des Mammacarcinoms
Bei der Behandlung des Mammacarcinoms ist die Klassifikation des Tumors von
größter Bedeutung. So unterscheiden sich die therapeutischen Ansätze bei der
Behandlung des duktalen Carcinoma in situ, des lobulären Carcinoma in situ und des
invasiven Carcinoms erheblich. Grundsätzlich gibt es 1. die operative Therapie, bei
der je nach Tumorgröße, histologischem Typ, Multifokalität und Multizentrizität eine
brusterhaltende Therapie (BET) oder eine Ablatio mammae durchgeführt wird.
2. die medikamentöse Therapie, die sich in die primär systemische (präoperative)
Chemotherapie, die adjuvante Chemo- und/ oder Hormontherapie und die palliativen
Therapieformen einteilen lässt. Adjuvant wird die Chemotherapie bei Patientinnen
mit höherem Risiko sowie präoperativ beim inflammatorischen Mammacarcinom
und bei metastasierendem Tumor durchgeführt.
3. die Strahlentherapie, die als primäre Therapie nur bei lokaler oder allgemeiner
Inoperabilität eingesetzt wird. Obligat ist die adjuvante Strahlentherapie nach
brusterhaltender OP (Preiß et al. 2002). Sie erfolgt nach CT-gestützter,
rechneroptimierter Planung über tangentiale Gegenfelder mit einer Gesamtherddosis
von 50 Gy mittels 6 MV Photonen am Linearbeschleuniger mit einer Fraktionierung
von beispielsweise 5x2 Gy pro Woche. Das Bestrahlungsfeld umschliesst dabei die
gesamte Brust. Parallel erfolgt mit gleicher Fraktionierung und Gesamtherddosis die
Bestrahlung des regionalen Lymphabflusses am Telekobalttherapiegerät in einer
appa-Feldanordnung mit einer Wichtung von 2:1 von ventral dosiert auf den halben
Durchmesser. Zusätzlich kann diese Dosis mit einem anschließenden Boost von 16
Gy aufgesättigt werden, was vor allem bei unter 40-Jährigen Lokalrezidive deutlich
vermindert, über 60-Jährige profitieren kaum noch davon (Bartelink et al. 2001).
1.6
Therapiekonzepte der Kopf-Hals-Tumoren
Die Therapie der Kopf-Hals-Tumoren ist immer abhängig vom Ausbreitungsstadium
der Erkrankung sowie von Sitz und Größe des Primärtumors. Die Stadien I und II
(AJCC) sind in der Regel kurativ operabel. Beim Larynx-Carcinom im Stadium I-II
zieht man jedoch nach Möglichkeit die organ- und funktionserhaltende Therapie im
Sinne der alleinigen Strahlentherapie mit einem kurativen Ansatz oder der
laserchirurgischen Abtragung vor. Bei resektablen Tumoren in den Stadien III und
Einleitung
13
IV und/ oder bei jedem Lymphknotenbefall, sowie bei R1/ R2- Resektionen ist eine
postoperative Strahlentherapie indiziert. Eine primäre Radio-Chemotherapie kommt
sowohl bei inoperablen Patienten als auch bei solchen Patienten zum Einsatz, denen
ein operativer Eingriff mit entscheidender Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht
zugemutet werden kann (Preiß et al. 2002).
Bei der konventionellen strahlentherapeutischen Behandlung werden 50-66 Gy
appliziert mit einer Fraktionierung von 1,8 oder 2 Gy täglich. Eine Gesamtherddosis
von 36 Gy wird über seitlich opponierende Gegenfelder auf Körpermitte mittels
Telekobalttherapiegerät mit einer Fraktionierung von 5x2 Gy pro Woche appliziert.
Für die restliche Dosis erfolgt zur Rückenmarkschonung die Feldteilung. Ventral
werden in gleicher Technik weitere 24 Gy Herddosis appliziert. Dorsale
Lymphknotenareale werden beidseits mit einem Elektronenfeld und einer
Fraktionierung von 5x2,5 Gy Einzeldosis aufgesättigt. Parallel erfolgt die
Bestrahlung des kaudalen Lymphabflusses über ein ventrales Stehfeld mit 54 Gy
dosiert auf 5 cm Tiefe mit einer Fraktionierung von 5x2 Gy pro Woche.
Patienten mit primärer Strahlentherapie und guter Herz- und Nierenfunktion werden
nach einem spezifischen Protokoll (Wendt) behandelt. Sie erhalten simultan nach
einem bestimmten Protokoll eine Chemotherapie mit Cisplatin und/oder 5 FU sowie
eine hyperfraktionierte Bestrahlung (1,8 Gy, 2x täglich) am Tag 3-11, 17-25 und 3140 bis zur endgültigen Dosis von 70,2 Gy.
In frühen Stadien von z.B. Nasopharynxcarcinomen wird die Strahlentherapie auch
primär ohne Chemotherapie als kurative Behandlungsform eingesetzt.
Die postoperative adjuvante Strahlentherapie erfolgt mit einer Herddosis von 60-66
Gy im Bereich des Tumorbettes und der angrenzenden Lymphknoten, sowie mit 50
Gy im Bereich der supraclaviculären Lymphknoten.
Die simultane postoperative Radio-Chemotherapie mit Cisplatin erfolgt mit einer
Gesamtdosis von 66 Gy sowie der dreimaligen Gabe von 100 mg/ m Cisplatin alle
drei Wochen. Diese Therapieform erbringt nach neuen Ergebnissen einer
randomisierten Phase-III-EORTC-Studie ein signifikant besseres rezidivfreies und
Gesamt-Überleben (Bernier et al. 2001).
Zielsetzung
14
2 Zielsetzung
Ziel dieser Arbeit war es, mittels einer prospektiven Paar-Analyse (matched-pairAnalyse) zu überprüfen, ob es einen Zusammenhang zwischen der individuellen
klinischen Strahlenempfindlichkeit, gemessen an der Akutreaktion während der
Strahlentherapie, und strahlenbiologischen Parametern gibt. Eine Paar-Analyse
beinhaltet, dass Untersuchungen an zwei Gruppen von Patienten vorgenommen
werden, die sich in einem Parameter grundlegend unterscheiden, ansonsten jedoch
bezüglich des Tumors, der Therapie und der Kofaktoren vergleichbar sind.
Die
biologische
Strahlenempfindlichkeit
wurde
über
den
Nachweis
von
Chromosomenaberrationen in Lymphozyten nach Teilkörperdosis und nach
zusätzlicher in-vitro Bestrahlung mit 2 Gy bestimmt. Die Blutentnahme wurde
jeweils zum Zeitpunkt des Auftretens einer als empfindlich eingestuften
Akutreaktion durchgeführt. Zu diesen, klinisch als empfindlich eingestuften
Patienten, wurden vergleichbare Patienten (Match-Partner) gesucht, die während der
Strahlentherapie nicht als klinisch empfindlich auffielen. Diese Blutentnahme wurde
dann nach Möglichkeit zum gleichen Zeitpunkt während der Strahlentherapie
durchgeführt.
So ergaben sich folgende Untersuchungen:
1.
Akutreaktion:
Dokumentation der akuten Nebenwirkungen der Patienten während und nach
Ende der Strahlentherapie.
2.
Individuelle Strahlenempfindlichkeit:
Anzahl der Chromosomenaberrationen (azentrische Fragmente, RingChromosomen, dizentrische Chromosomen, trizentrische Chromosomen,
double minutes, Translokationen, Tetraploidien, Gap-Junctions und Brüche)
in Lymphozyten nach Teilkörperdosis sowie in mit 2 Gy in-vitro bestrahlten
Lymphozyten.
3.
Vergleich der Akutreaktion mit der individuellen Strahlenempfindlichkeit
Material und Methoden
15
3 Material und Methoden
3.1
Materialien
3.1.1
Puffer und Lösungen
Reagenz:
Zusammensetzung / Hersteller:
HAM´S-F-10 Medium
20 ml fötales Kälberserum (FBS), 1,0 ml
Penicillin/ Streptomycin und 0,5 ml Glutamin
auf 100 ml Medium / Biochrom AG
Penicillin/ Streptomycin
Biochrom AG
Glutamin
Biochrom AG
Phytohämagglutinin (PHA-L)
Biochrom AG
BrdU-Stammlösung
5-Brom-2´-desoxyuridin, 6,4 mg BrdU in 20 ml
Aqua dest. gelöst / Serva
Colcemid
Gibco
Hank´s-Salzlösung
mit 0,35 g/ l NaHCO3 / Biochrom AG
KCl-Lösung
0,0075 M KCl, 5,59 g auf 1 Liter Aqua dest. /
Merck
Karnoy´s Fixativ
Methanol/ Essigsäure im Verhältnis 3:1 / Roth
Hoechst N° 33258
0,0125 g in 250 ml Aqua dest. gelöst / Sigma
PBS-Puffer
phosphat-buffered saline, 1:10 verdünnt mit
Aqua dest. / Gibco
Soerensen-Puffer
11,88 g Na2HPO4 x 2H2O + 9,08 g KH2PO4/ l
Aqua dest.
Giemsa-Phosphat-Puffer-Gemisch 7%: 7 ml Giemsa und 93 ml Soerensen-Puffer
ph 6,8 / Merck
Eukitt
3.1.2
O. Kindler GmbH & Co
Geräte und Sonstiges
Geräte:
Hersteller:
Phasen-Kontrast-Mikroskop
Leitz
Lichtmikroskop
Leitz
Megafuge 1.0
Heraeus (Sepatech)
UV-Lampe (UVC 30)
Kendro
Wärmeplatte
Jürgens
Material und Methoden
16
Sonstiges:
Hersteller:
Lithium-Heparin-Monovetten
Sarstedt
Zellkulturflaschen
Becton Dickinson
Material und Methoden
3.2
3.2.1
17
Methoden
Klinisch empfindliche Patienten und zugeordnete Partner
Eingeschlossen wurden Patienten mit soliden Tumoren, die eine Strahlentherapie im
Kopf-Hals- oder Brustbereich erhielten. Patienten mit einer vorausgegangenen
Therapie, die eine Veränderung der Testergebnisse erwarten ließ, mussten
ausgeschlossen werden (frühere Strahlen- oder Chemotherapie). Eine kombinierte
Strahlen-Chemotherapie hat ein bekanntes Nebenwirkungsspektrum, so dass diese
Patienten berücksichtigt werden konnten. Auch bei einer vorhergehenden bzw.
parallel durchgeführten antihormonellen Behandlung ist eine Veränderung der
strahlenbiologischen Parameter nicht zu erwarten; dennoch wurde bei Frauen die
antihormonelle
Therapie
dokumentiert,
da
kleine
Untersuchungen
mittels
Chromosomenanalysen eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit von Zellen in
Anwesenheit hoher Östradiolkonzentrationen zeigten (Kanda und Hayata 1999).
Aus dem oben beschriebenen Kollektiv wurden zwei Gruppen für die Analysen
herauskristallisiert: zum einen Patienten mit auffälligen Strahlenreaktionen (nach den
unten beschriebenen Kriterien klinisch empfindliche Patienten), zum anderen zu
diesen bezüglich des Tumors, der Therapie und der Kofaktoren vergleichbare
Patienten, die klinisch jedoch als nicht empfindlich eingestuft wurden (zugeordnete
Partner). Insgesamt ergaben sich 30 Patientenpaare, davon 19 Paare mit Bestrahlung
im Kopf-Hals-Bereich und elf Paare mit Bestrahlung im Brustbereich.
Eine genauere Beschreibung des Patientenkollektivs findet sich im Ergebnisteil.
3.2.2
Paar-Zuordnung
Nach der Auswahl der 30 empfindlichen Patienten und ihrer 30 nicht empfindlichen
Partner stellte sich bei der Analyse der Daten heraus, dass nur einige der Parameter,
die bei der Paar-Zuordnung berücksichtigt wurden, die klinische Strahlenreaktion
oder die in-vitro Untersuchungsergebnisse beeinflussen. Daraufhin wurden die 30
Paare nach den relevanten Kriterien zum Teil noch einmal neu geordnet. Hierbei
wurde eine Rangliste erstellt, wobei eine Übereinstimmung von Chemotherapie und
Gesamtdosis (einschließlich Fraktionierung) vordringlich war und doppelt gewichtet
wurde (2 Punkte bei Übereinstimmung). Weiterhin wurden Alter (+/- 15 Jahre),
Geschlecht und der Allgemeinzustand berücksichtigt und mit je einem Punkt
Material und Methoden
18
gewichtet. Bei den Patientinnen mit Brustbestrahlung wurde zusätzlich je ein Punkt
vergeben, wenn die Patientinnen hinsichtlich der antihormonellen Therapie
übereinstimmten und wenn im Rahmen der Chemotherapie die gleichen
Medikamente
eingesetzt
worden
waren.
Bei
den
Patienten
mit
Mundhöhlenbestrahlung wurden als zusätzliche Kriterien die Lokalisation des
Tumors (Mundhöhle/ Oropharynx/ Hypopharynx/ Kieferknochen/ Speicheldrüse, im
Gegensatz zu allen anderen Lokalisationen) und die Zahl der Schleimhautareale im
Feld (Differenz bei der Anzahl der Areale <5) eingesetzt und mit je einem Punkt
einfach gewichtet. So konnte jedes Paar maximal 9 Punkte erreichen. Ziel war eine
Übereinstimmung in mindestens einem der beiden doppelt gewichteten Parameter
und insgesamt nicht weniger als 5 Punkte.
3.2.3
Klassifikation und Dokumentation der Nebenwirkungen
Folgende
Tabelle
zeigt
die
Kriterien,
nach
denen
die
klinische
Strahlenempfindlichkeit beurteilt wurde. Auf dieser Grundlage wurden Patienten, die
besonders früh, besonders ausgeprägt oder zu lang anhaltend akute Nebenwirkungen
aufwiesen, als klinisch strahlenempfindlich eingestuft.
Haut
Sehr früh
Sehr ausgeprägt
Schleimhaut
a
b
Erythem bei < 10 Gy WD
Grad II bei < 14 Gy WD
Epitheliolyse bei < 30 Gy WD
Grad III bei < 30 Gy WD
Grad II an der Fläche der Mamma Grad II Reaktion an > 4
bei < 20 Gy WD
Arealen bei < 20 Gy WD
Grad III Reaktion an der Fläche der Grad III Reaktion an > 4
Mamma (außer Axilla/ Mamille)
Arealen bei < 30 Gy WD
Grad III Reaktion an Wange o. Hals
bei < 40 Gy WD ( außer Stoma,
Ohrläppchen, OP-Naht)
Zu lang anhaltend Grad III Reaktion nach zwei Grad III Reaktion nach zwei
Wochen
Wochen
Tab. 2: Definition „klinisch strahlenempfindlich“
a
b
WD = Wirkdosis
Grad II bzw. Grad III nach EORTC/ RTOG
Material und Methoden
19
Nach Aufnahme der Patienten in die Studie wurde die detaillierte Dokumentation der
Verteilung von Veränderungen, bezogen auf die Mundschleimhaut bzw. Haut als
Zielorgan der Untersuchung, zweimal wöchentlich auf dazu vorhandenen
Dokumentationsbögen durchgeführt. Kriterium der Strahlenreaktion an der
Mundschleimhaut bzw. Haut war das Ausmaß der sichtbaren Läsion. Zur
Vermeidung von Unterschieden in der subjektiven Beurteilung diente ein
Fotokatalog mit Beispielen (Riesenbeck 1998) als Referenz, wodurch die
Beurteilung deutlich vereinheitlicht wurde. Zudem wurde diese nur von zwei
Personen durchgeführt, die sich zusätzlich gegenseitig kontrollierten.
3.2.4
Bestrahlung und Dosimetrie
Die Bestrahlung der Blutproben erfolgte an einem Telekobalttherapiegerät. Bei
einem Abstand von 80 cm, einer 1 cm Vorschaltschicht aus Plexiglas und einer
Feldgröße von 15x15 cm wurden 2 Gy auf 5 mm Tiefe dosiert.
3.2.5
Nachweis von Chromosomenschäden mittels der Metaphasen-Technik
Die Untersuchung der strahleninduzierten Chromosomenaberrationen erfolgte an
Lymphozyten des peripheren Blutes. Diese wurden mittels Blutentnahme unter
Verwendung von Lithium-Heparin-Monovetten (10ml) gewonnen. Das Blut wurde in
sterile Spitzbodenröhrchen gegeben und über Nacht gekühlt. Am darauffolgenden
Morgen wurden jeweils drei Parallelkulturen mit je 1 ml Lymphozytengemisch für
die unbestrahlte und ebenso für die mit 2 Gy bestrahlte Probe in 25 ml
Zellkulturflaschen angesetzt, um in jedem Fall eine ausreichende Präparatqualität für
die Auszählung von 200 Metaphasen zu erzielen. Hierzu wurde durch vorsichtiges
Schwenken der Spitzbodenröhrchen die lymphozytenreiche Zellschicht (buffy coat)
aufgewirbelt und aus dieser mit einer Spritze eine Blutprobe von 2 ml entnommen
und auf zwei Kulturflaschen, die jeweils 10ml warmes (37°C) Kulturmedium
(HAM`S-F-10-Medium) enthielten, verteilt. Im Anschluss wurden zu den Kulturen
15
Tropfen
Phytohämagglutinin
(PHA-L)
und
0,2%
BrdU-Stammlösung
hinzugefügt. PHA ist ein Lektin aus Phaseolus vulgaris (gemeine Bohne). Es bewirkt
spezifisch die Stimulierung differenzierter T-Lymphozyten aus der G0-Phase in den
Zellzyklus. 5-Brom-2´-desoxyuridin (BrdU) ist ein Thymidinanalogon. Wird dieses
Material und Methoden
20
den Zellen während der Zellkultivierung angeboten, wird es an Stelle von Thymidin
in die DNA eingebaut.
Die Zellkulturflaschen wurden in Aluminiumfolie eingeschlagen und für 72 h bei
37°C in einem Brutschrank inkubiert. 72 h nach Stimulation durch PHA wurde den
Kulturen 0,4ml Colcemid zugegeben. Danach erfolgte eine weitere Inkubation von 2
h bei 37°C im Brutschrank. Colcemid ist die Produktbezeichnung des Wirkstoffs
Colchicin. Dieses Spindelfasergift ist ein Alkaloid der Herbstzeitlosen (Colchicum
antumnale) oder der afrikanischen Ruhmeskrone (Glorisa superba). In der
Teilungsphase werden die Schwesterchromatiden eines Chromosoms durch
Microtubuli zu den entgegengesetzten Zellpolen bewegt. Colchicin greift in die GTP
und Mg²+-regulierte Microtubulipolymerisation und Depolymerisation ein (Alberts et
al. 1995) und verhindert damit die Trennung der Chromatiden, so dass die Zellen in
der Metaphase angehalten werden und die Chromosomen intakt in der
Äquatorialebene verbleiben.
Die Lympozytenzellkulturen wurden in je zwei Spitzbodenröhrchen überführt und
bei 1200 U/min. und 20°C für zehn Minuten zentrifugiert, anschließend wurde der
Überstand entfernt. Das Zellsediment wurde mit einer Pasteurpipette aufgewirbelt
und durch Zugabe von 10 ml Hank´s-Salzlösung gewaschen. Nach erneuter
Zentrifugation bei 1200 U/min. 20°C für zehn Minuten wurde wiederum der
Überstand verworfen, um Serum und Reste des Mediums zu entfernen. Die Zellen
wurden dann durch Zugabe von 0,0075M KCL (vorgewärmt bei 37°C im
Wasserbad) langsam hypotonisiert. Erneut wurden die Zellen in der Zentrifuge bei
1200 U/min. und 20°C für zehn Minuten zentrifugiert und der Überstand entfernt.
Dieser Arbeitsschritt wurde ein zweites Mal wiederholt. Die Behandlung der Zellen
mit der hypotonen Salzlösung führt zur Lyse der Zellmembran und zur Freisetzung
des Kernmaterials.
Die Fixierung und Konservierung der Zellkerne erfolgte mittels Methanol/
Essigsäure im Verhältnis 3:1, welches unter ständigem Vermischen tropfenweise auf
die Zellkerne gegeben wurde. Dadurch wurde ein Verklumpen der Zellkerne bei der
Fixierung verhindert. Anschließend wurden die so vorbehandelten Zellkerne bei
1200 U/min. und 20°C erneut für zehn Minuten zentrifugiert und der Überstand
abgesaugt. Dieser Arbeitsschritt wurde so lange wiederholt, bis sich das
Material und Methoden
21
Kernsediment weiß darstellte und der Überstand klar blieb. Das Sediment wurde mit
Fixativ verdünnt bis eine milchig trübe Suspension entstand. Für die Herstellung von
lichtmikroskopisch auswertbaren Präparaten wurden Objektträger mit einem
homogenen Wasserfilm (aqua dest.) bedeckt. Auf den waagerecht gehaltenen
Objektträger wurde mit einer Pasteurpipette ein Tropfen der Zellkernsuspension
aufgegeben. Der Alkohol verdrängt den Wasserfilm, verteilt die hypotonisch
vergrößerten Zellkerne auf dem Objektträger und bringt sie aufgrund der
Wechselwirkungen zwischen Alkohol und Wasser zum Platzen, so dass die
Chromosomen auf dem Objektträger gespreizt werden. Mit dem Phasen-KontrastObjektiv
wurde
die
Zellkerndichte
überprüft,
um
gegebenenfalls
die
Zellkernsuspension noch weiter mit Fixativ zu verdünnen. Bei zu geringer Dichte
wurde erneut zentrifugiert. Die Zellkernsuspension wurde vollständig auf
Objektträger aufgetragen, anschließend luftgetrocknet und für fünf Tage dunkel
gelagert. Es folgte die Färbung der Präparate nach dem Standardprotokoll der
Fluoreszenz-plus-Giemsa-Färbung. Die gealterten Präparate wurden zwölf Minuten
in Hoechst N° 33258 gefärbt und danach in Aqua dest. gespült. Daraufhin wurden
die Objektträger mit Hilfe einer Pasteurpipette mit PBS-Puffer überschichtet und mit
einem Deckglas versehen. Die Präparate wurden zehn Minuten auf einer
Wärmeplatte bei 60°C unter UV-Licht inkubiert. Die BrdU-substituierte DNA ist
sehr lichtempfindlich. Mit dem UV-Licht tritt eine Photolyse der BrdU-substituierten
DNA ein, dass heißt sie wird durch das Licht abgebaut und geht dann verloren.
Nachdem die Deckgläser in Aqua dest. abgespült wurden, folgte die Färbung der
Präparate für 4 Minuten in einem 7% Giemsa-Phosphat-Puffer-Gemisch. Die
substituierten DNA-Stränge lassen sich durch den Verlust der DNA nicht so intensiv
mit Giemsa-Farbstoff anfärben. Im zweiten Zellzyklus, dass heißt bei der zweiten
DNA-Synthese mit BrdU, liegt eine der beiden Chromatiden des Chromosoms bifilär
BrdU-substituiert vor. Nach der Färbung erscheint eine Chromatide somit heller und
lässt sich gut von den Chromosomen, die erst eine Synthesephase durchlaufen haben
und einheitlich dunkel gefärbt sind, unterscheiden (Abb 1a und b). Ausgewertet
wurden nur die Zellen, die erst eine Synthesephase durchlaufen hatten. Anschließend
wurden die Präparate in PBS-Puffer gespült und bei Raumtemperatur luftgetrocknet.
Am nächsten Tag wurden die Präparate permanent in Eukitt eingebettet. Durch die
Material und Methoden
22
spezifische Anlagerung des Giemsa-Farbstoffes an die DNA erscheinen die
Chromosomen im Lichtmikroskop blau/ violett.
Abb. 1a: 1. Zellzyklus/ Synthesephase
3.2.6
Abb. 1b: 2. Zellzyklus/ Synthesephase
Mikroskopie und Auswertung
Die Auswertung der Chromosomenpräparate erfolgte an einem Lichtmikroskop unter
der Verwendung einer Ölimmersion bei einer 1250-fachen Vergrößerung. Je Spender
wurden 200 Metaphasen in der ersten Zellteilung der unbestrahlten sowie der mit 2
Gy bestrahlten Probe ausgewertet (Abb. 2a und b). Dokumentiert wurde die Anzahl
von Ringchromosomen, di- und trizentrischen Chromosomen, Fragmenten, double
minutes, Translokationen, Tetraploidien, Brüchen und Gap-Junctions, sowie die
Summe aller Bruchereignisse.
Abb. 2a: nach Teilkörperdosis
Abb. 2b: nach zusätzlicher in-vitroBestrahlung mit 2 Gy
Material und Methoden
3.3
23
Statistische Methoden
Die Analysen zur Bestimmung des Einflusses klinischer Parameter auf die
Ausprägung von Chromosomenaberrationen wurden mittels Kruskal-Wallis-Test
durchgeführt:
3.3.1
Kruskal-Wallis-Test
Der Kruskal-Wallis-Test stellt eine „Varianzanalyse“ für Rangdaten dar. Er ist eine
Erweiterung des U-Tests auf mehr als zwei Gruppen. Er prüft die Nullhypothese,
dass p Populationen sich nicht unterscheiden. Dabei werden keine Voraussetzungen
an die Verteilungen der Populationen (verteilungsfrei) postuliert. In den Daten wird
nur die ordinale oder Ranginformation verwendet.
Zum Vergleich der untersuchten Parameter zwischen den empfindlichen Patienten
und den unempfindlichen Partnern wurden zwei grundsätzlich verschiedene
Methoden, der Mann-Whitney-U-Test und der Wilcoxon-Test, verwendet:
3.3.2
Mann-Whitney-U-Test
Mit dem Mann-Whitney-U-Test wird überprüft, ob zwei Grundgesamtheiten die
gleiche Lage besitzen. Das bedeutet, die Werte der einen Gruppe (empfindlich)
werden denen der anderen Gruppe (unempfindlich) gegenübergestellt. Durch einen
Vergleich der Verteilung der Werte (Mittelwert, Median, Standardabweichung) wird
geprüft, ob der Unterschied der Verteilung eher zufällig ist oder eher auf einem
echten Unterschied zwischen den Gruppen beruht. Liegt der p-Wert unterhalb von
0,05 wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% davon ausgegangen, dass die
Gruppen wirklich unterschiedlich sind.
3.3.3
Wilcoxon für verbundene Stichproben
In diesem Test werden die Werte als Paar angegeben, und berechnet wird zunächst
der Unterschied innerhalb jedes Paares, dass heißt, ob sie gleich sind oder nicht.
Findet sich in 95% der Paare ein Wert ungleich Null, dann ist das Ergebnis als
signifikant anzusehen. Dieser Test berücksichtigt nicht, ob der Unterschied auf einer
Seite ist (immer die Empfindlichen haben höhere Werte) oder ob er wechselt (in
einem Paar hat der empfindliche Patient höhere Werte, im nächsten Paar der
Material und Methoden
24
unempfindliche). Der Test stellt nur die Differenzen fest und nimmt jede Differenz
als Beweis für den Unterschied.
Um den tatsächlichen Vorhersagewert der Parameter zu bestimmen wurde eine
logistische Regression der Paramter durchgeführt:
3.3.4
Logistische Regression
Bei der logistischen Regression wird ein gerichteter Zusammenhang zwischen einer
oder mehreren Einflussvariablen (hier: dizentrische Chromosomen usw.) und einer
kategorialen Zielvariablen (hier: Empfindlichkeit) untersucht. Es wird also mit
diesem Verfahren überprüft, ob bestimmte Faktoren die Verteilung einer
kategorialen Zielvariablen beeinflussen. Dabei besteht eine gewisse Ähnlichkeit zum
linearen Regressionsmodell; der Unterschied besteht in der Zielvariablen, die beim
linearen Regressionsmodell eine quantitative und keine kategoriale (dichotome/
nominale/ ordinale) Variable ist.
Das
logistische
Regressionsmodell
modelliert
die
logit-transformierte
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der Zielvariablen in Abhängigkeit von den
Einflussgrößen. Die Modellparameter werden mit der Maximum-LikelihoodMethode
geschätzt.
Das
Verfahren
birgt
hohe
Flexibilität
an
Modellierungsmöglichkeiten für Einflussgrößen unterschiedlicher Skalenniveaus.
Vorgegangen wurde mittels stepwise selection, als Vorgabe für die Aufnahme wurde
ein Signifikanzniveau von 20% gewählt.
Ergebnisse
25
4 Ergebnisse
4.1
4.1.1
Beschreibung des Patientenkollektivs
Basisstatistik im Gesamtkollektiv der 60 Patienten
Wie schon in der Einleitung beschrieben, gibt es eine Vielzahl von Faktoren, die die
Normalgewebsreaktion beeinflussen und bei der Datenerhebung erfasst wurden. Im
Folgenden wird die Verteilung dieser Faktoren im Gesamtkollektiv dargestellt:
4.1.1.1 Geschlecht, Alter, Allgemeinzustand
Das Verhältnis von Männern zu Frauen lag bei 25:35, dass heißt 41,6% der Patienten
waren männlich, 58,4% weiblich. Die 60 Patienten waren zwischen 37 und 78 Jahre
alt mit einem Mittelwert von 58,8 Jahren. Der Anteil der Patienten über 60 lag bei
43%, der Anteil der Patienten über 70 Jahre bei 8%.
Der Allgemeinzustand der Patienten wurde anhand des Karnofsky Index (KI)
beurteilt. Dieser bewertet die Aktivität von Patienten unter Berücksichtigung
körperlicher und sozialer Faktoren. 66,7% waren in einem sehr guten
Allgemeinzustand (KI 100%) und 25% in einem guten (KI 90%). Bei 6,7% der
Patienten wurde ein mäßig reduzierter Allgemeinzustand (KI 80%) festgestellt und
bei 1,6% ein reduzierter Allgemeinzustand (KI 70%). Die Einhaltung der
Pflegeanweisungen wurde bei 97% der Patienten als gut festgehalten.
4.1.1.2 Nikotin
Der Nikotinkonsum wurde während der Bestrahlung von neun Patienten (15%)
fortgeführt, in drei Fällen war es mehr als ein Päckchen Zigaretten am Tag. Weitere
13 Patienten (22%) gaben an, vor der Bestrahlung im Rahmen der Tumordiagnose
das Rauchen aufgegeben zu haben. Mehr als ein Päckchen hatten zuvor sieben
Patienten konsumiert. Die übrigen 38 Patienten (63%) hatten nie geraucht oder schon
vor Jahren damit aufgehört.
4.1.1.3 Alkohol
17 Patienten (28%) gaben an Alkohol zu konsumieren. Bei offensichtlichen
Falschangaben wurde vom Arzt der Alkoholkonsum festgehalten. Dabei wurde bei
Ergebnisse
26
23,5% dieser Subgruppe ein häufiger und bei den übrigen ein seltener
Alkoholkonsum angegeben. Neun Patienten nahmen vorwiegend Wein oder Sekt zu
sich, in acht Fällen wurde Bier bevorzugt, scharfe Alkoholika wurden nicht
konsumiert.
4.1.1.4 Begleiterkrankungen
Als Begleiterkrankungen wurden bei 25% der Patienten ein arterieller Hypertonus
dokumentiert, eine koronare Herzkrankheit (KHK) bei 5%, Herzrhythmusstörungen
lagen bei 6,7% vor und andere Herzerkrankungen bei 3,3%. Eine chronisch
obstruktive Lungenerkrankung (COPD) hatten 6,7%, andere Lungenerkrankungen
ebenfalls
6,7%,
Erkrankungen
des
Nervensystems
10%,
Knochen-
/
Gelenkserkrankungen 23% und Erkrankungen des Gastro-Intestinal-Trakts 11,7%
der Patienten. Bei 5% der Patienten wurde Diabetes mellitus festgestellt, eine
Schilddrüsenerkrankung bei 18,3%, andere Stoffwechselerkrankungen kamen bei
6,7% der Patienten vor. Mit 6,7% hatten ebenso viele Patienten bereits früher einen
bösartigen Tumor. Bei je einem Patienten waren eine peripher arterielle
Verschlusskrankheit (pAVK), Erkrankungen des Auges, des Blutes oder des
Immunsystems dokumentiert.
4.1.1.5 Medikamentöse Begleittherapien
17% der Patienten hatten in den 14 Tagen vor Therapiebeginn eine AntibiotikaTherapie erhalten. 35% der Patienten erhielten eine Chemotherapie, bei acht
Patienten wurde diese sequentiell durchgeführt, bei zwei Patienten sequentiell und
simultan und bei elf Patienten simultan. 14 Patientinnen mit Mamma-Carcinom
(23,3%) erhielten eine Antihormontherapie.
Des Weiteren wurden von 26,7% kardial wirksame Medikamente eingenommen,
Diuretika und Mukolytika von 1,7%, Bronchospasmolytika von 6,7%, nichtsteroidale
Antiphlogistika (NSAID) von 10%, nicht-opioide Schmerzmittel ebenfalls von 10%
sowie
Opioide
von
5%.
Steroide
nahmen
3,3%
der
Patienten
ein,
Magenmedikamente 16,7%, Antidiabetika 3% und Schilddrüsen-Hormone 13,3%.
Vitamine/ Elektrolyte wurden von 15% angegeben, pflanzliche Mittel und
Antidepressiva von 1,7%, andere neurologische Medikamente von 8,3%,
Ergebnisse
27
Stoffwechselmedikamente von 13,3%, Gerinnungshemmer von 8,3%, Enzyme von
3,3% und andere Medikamente von 6,7%. Homöopathische Mittel wurden nicht
eingenommen.
4.1.1.6 Bestrahlungsgebiet
22 Patienten (37%) wurden im Bereich der Brust bestrahlt, wobei in 63,6% die rechte
und in 36,4% die linke Mamma betroffen war. 38 Patienten (63%) wurden im KopfHals-Bereich bestrahlt. In diesem Subkollektiv sind die Patienten mit Bestrahlung
unter Einschluss der Mundhöhle überrepräsentiert, was dadurch zu erklären ist, dass
eine auffällige Akutreaktion häufiger die Schleimhaut betrifft als die Haut.
Insgesamt handelte es sich in 5% der Fälle um eine Behandlung im Rezidiv, wobei
kein Patient an dieser oder anderer Stelle vorbestrahlt war, da dies als
Ausschlusskriterium definiert war.
4.1.2
Paar-Zuordnung
4.1.2.1 Subgruppe Mamma
Wie in Material und Methoden (Kap. 3.2) beschrieben, wurden die Paare einander
nach bestimmten Kriterien zugeordnet, so dass sie bei den Übereinstimmungen
mindestens 5 und maximal 9 Punkte erreichten.
Bei den elf Paaren mit Mammacarcinom ergaben sich im Durchschnitt 8,1 Punkte.
Es fand sich ein Paar mit nur 5 Punkten, jedoch Übereinstimmung bezüglich der
Gesamtdosis. Ein weiteres Paar hatte 6 Punkte, die übrigen Paare 8 oder 9 (Tab. 4a).
4.1.2.2 Subgruppe HNO
Bei den 19 Paaren mit Mundhöhlenbestrahlung ergab sich ein Durchschnitt von 7,8
Punkten. Ein Paar erreichte nur 6 Punkte, bei diesem Paar lag eine Übereinstimmung
bezüglich der Chemotherapie, nicht jedoch bezüglich der Gesamtdosis vor. fünf
Paare erreichten 7 Punkte, die übrigen hatten 8 oder 9 Punkte (Tab. 5a).
Um einen direkten Einblick in das Zuordnungs-Verfahren zu ermöglichen, folgen
einige klinische Daten im Vergleich der beiden Gruppen (empfindlich versus
Ergebnisse
28
unempfindlich) (Tab.3), im Anschluss daran der detaillierte Vergleich der einzelnen
Paare (Tab.4a,b,c sowie Tab.5a,b).
Durchschnittsalter
Geschlecht (m/f)
HNO – bis 66 Gy
HNO – 70,2 / 72 Gy
Mamma – 50 Gy
Mamma > 50 Gy
HNO – Rauchen akt.
Chemotherapie ja
empfindlich
58
13 / 6 Pat.
14 Pat.
5 Pat.
7 Pat.
4 Pat.
4 Pat.
10 Pat.
unempfindlich
59
12 / 7 Pat.
12 Pat.
7 Pat.
7 Pat.
4 Pat.
2 Pat.
10 Pat.
Tab.3: Vergleich empfindlich/ unempfindlich
Ergebnisse
29
4.1.2.3 Zuordnungs-Tabelle für Patientinnen mit Brustbestrahlung, Hauptkriterien
Die folgende Tabelle zeigt die Hauptkriterien für jedes zugeordnete Paar der
Subgruppe Mamma:
Pat_ID Paar Gr.
CTa
ZVOLb
Alter
Sex
PSc
Hormone
CT-Med.d
w
w
100
1 90 1
nein
ja
CMF
CMF
1 8
1
EC
EC
1 9
1
keine
keine
1 9
Su
m
343
475
ee
ee
E
sim.
M sequ. vor 2
50
50
2
59
69 1
476
484
u
u
E sequ. vor
M sequ. vor 2
66
66
2
46
52 1
w
w
100
90 1
nein
nein
125
210
v
v
E
M
66
66
2
54
52 1
w
w
100
1 100 1
nein
nein
199
493
w
w
E sim./sequ.
M
nein
60
66
2
55
48 1
w
w
100
1 100 1
nein
ja
EC/CMF
keine
433
536
x
x
E
M
nein
nein
2
50
50
2
57
72 1
w
w
100
1 80
ja
nein
keine
keine
1 6
212
403
y
y
E
M
nein
nein
2
50
50
2
49
64 1
w
w
100
1 100 1
nein
nein
keine
keine
1 9
558
z
E
51
w
100
nein
73
z
M
nein
sequ.
nach
2
38 1
w
1 100 1
nein
470
517
w
w
100
1 100 1
nein
nein
2
66
2
66
aa
aa
E
sim.
M sequ. vor 2
50
50
2
56
66 1
126
444
bb
bb
E sequ. vor
M sequ. vor 2
50
50
2
66
64 1
w
w
208
214
cc
cc
E
M
2
50
50
2
67
72 1
128
346
dd
dd
E sim./sequ.
M sequ. vor 2
50
50
2
50
59 1
nein
nein
1
5
keine
1
nach
1 9
nein
nein
1
EC
EC
1 9
90
1 90 1
nein
nein
1
CMF
EC
8
w
w
100
1 100 1
nein
nein
1
keine
keine
1 9
w
w
100
1 100 1
nein
ja
EC/CMF
EC
1 8
Tab. 4a: Patientinnen mit Brustbestrahlung, Hauptkriterien
a
d
Chemotherapie (CT), bGesamtdosis (ZVOL), cAllgemeinzustand nach EOCG (PS),
Medikamente der Chemotherapie (CT-Med.)
Ergebnisse
30
4.1.2.4 Zuordnungs-Tabellen für Patientinnen mit Brustbestrahlung, zusätzliche
Informationen
Pat_ID Paar
343
ee
475
ee
Gr.
E
M
EDe
50 Gy
48 Gy
BMI
29,4
24,7
Nikf
nein
nein
Alkg
nein
selten
Diab.h
nein
nein
Hypert.i
nein
nein
Steroide
nein
nein
476
484
u
u
E
M
30 Gy
32 Gy
21,8
40,1
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
125
210
v
v
E
M
28 Gy
28 Gy
29,8
26,4
nein
ja
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
199
493
w
w
E
M
50 Gy
20 Gy
35,5
23,7
nein
nein
selten
selten
nein
nein
nein
nein
nein
nein
433
536
x
x
E
M
20 Gy
22 Gy
34,6
27,5
nein
nein
selten
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
212
403
y
y
E
M
50 Gy
56 Gy
30,1
22,3
nein
nein
nein
selten
nein
nein
ja
nein
nein
nein
558
73
z
z
E
M
28 Gy
0 Gy
26,8
22,9
ja
nein
selten
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
470
517
aa
aa
E
M
50 Gy
48 Gy
31,5
25,9
nein
nein
nein
selten
nein
nein
nein
nein
nein
nein
126
444
bb
bb
E
M
50 Gy
50 Gy
25,4
28
nein
ja
nein
nein
nein
ja
nein
ja
nein
nein
208
214
cc
cc
E
M
50 Gy
50 Gy
25,3
30,5
nein
nein
nein
nein
ja
nein
ja
nein
nein
nein
128
346
dd
dd
E
M
50 Gy
50 Gy
35,1
18,4
ja
nein
nein
selten
nein
nein
ja
nein
nein
nein
Tab. 4b: Patientinnen mit Brustbestrahlung, zusätzliche Informationen
e
Einschlussdosis (ED), fNikotin (Nik), gAlkohol (Alk), hDiabetes (Diab.), iHypertonie
(Hypert.)
Ergebnisse
31
Pat_ID Paar Gr.
TNMSystem
Stad.i Histol.k
RTvRTl
Konzept
EDOSm
343
475
ee
ee
E
M
T2N1M0
T2N0M0
IIB
IIA
inv.duc.
gemischt
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
476
484
u
u
E
M
T1N0M0
T2N0M0
I
IIA
gemischt
gemischt
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
125
210
v
v
E
M
T1N0M0
T1N0M0
I
I
inv.duc.
inv.lob.
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
199
493
w
w
E
M
T4N1M0
T1N0M0
IIIB
I
inv.duc.
tubulär
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
433
536
x
x
E
M
T1N0M0
T2N0M0
I
IIA
inv.duc.
gemischt
nein
nein
adjuvant
adjuvant
1,8
2
212
403
y
y
E
M
T1N1M0
T1N1M0
IIA
IIA
inv.duc
inv.duc.
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
558
73
z
z
E
M
T1N0M0
T2N0M0
I
IIA
inv.duc.
medullär
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
470
517
aa
aa
E
M
T1N0M0
T2N1M0
I
IIB
inv.duc.
inv.duc.
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
126
444
bb
bb
E
M
T2N0M0
T1N1M0
IIA
IIA
inv.lob.
tubulär
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
208
214
cc
cc
E
M
T1N0M0
T1N0M0
I
I
inv.duc.
inv.duc.
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
128
346
dd
dd
E
M
T2N1M0
T2N1M0
IIB
IIB
inv.duc.
gemischt
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
Tab. 4c: Patientinnen mit Brustbestrahlung, zusätzliche Informationen
i
Stadium (Stad.), kHistologie (Hist.): invasiv-duktal, invasiv-lobulär, gemischt,
tubulär, medullär, lVorbestrahlung (RTvRT), mEinzeldosis (Gy) pro Tag,
5x pro Woche (EDOS)
Ergebnisse
32
4.1.2.5 Zuordnungs-Tabelle für Patienten mit Mundhöhlenbestrahlung,
Hauptkriterien
Pat_ID Paar Gr. ZVOLb
209
a
E
60
539
a
M
72
CTa
Alter
Sex
PSc
nein
46
m
90
nein 2 53 1 m 1 90 1
Lok.n
OP
HP
Su
Lokgr. Feldo m
Mund
14
Mund 1
14 1 7
NHH
KK
Nase
Nase
1
17
16 1
6
MH
OP
Mund
Mund
1
13
12 1
7
1
11
15 1
8
17
17 1
8
8
277
519
b
b
E
M
60
72
nein
nein 2
68
71
1
m
m
100
1 80
182
535
c
c
E
M
66
72
nein
nein 2
78
61
1
w
w
70
1 80 1
213
481
d
d
E
M
60
66
nein
2 nein 2
58
62
1
m
w
100
MH/NP Mund
100 1
MH
Mund
528
555
e
e
E
M
60
58
nein
2 nein 2
52
37
1
m
m
100
MB
Mund
1 100 1 KH/STH Nase
124
540
f
f
E
M
66
66
nein
2 nein 2
67
54
1
m
w
100
100 1
OP
SPD
Mund
Mund
1
11
11 1
334
378
g
g
E
M
66
nein
70-2 2 Sim.
60
63
1
w
w
90
1 90 1
MH
MH
Mund
Mund
1
17
18 1
7
557
122
h
h
E
M
70,2
Sim.
70,2 2 Sim. 2
55
59
1
m
w
100
MH
Mund
1 90 1 OP/HP Mund
1
15
8
8
522
556
i
i
E
M
70,2
Sim.
70,2 2 Sim. 2
66
66
1
m
m
90
1 100 1
MH
KK
Mund
Nase
16
7
7
445
547
k
k
E
M
66
60
Sim.
2 Sim. 2
47
60
1
w
m
100
100 1
MH
KH
Mund
Mund
1
11
91
8
491
554
l
l
E
M
66
66
nein
2 nein 2
66
64
1
w
m
90
100 1
MH
MH
Mund
Mund
1
13
12 1
8
550
541
m
m
E
M
72
72
nein
2 nein 2
68
65
1
m
m
100
1 80
MH
Mund
OP/HP Mund
1
15
17 1
8
114
365
n
n
E
M
72
72
nein
2 nein 2
53
53
1
m
m
100
1 90 1
MH
OP
Mund
Mund
1
11
91
9
267
553
o
o
E
M
60
60
nein
2 nein 2
66
66
1
w
w
100
1 100 1
NP
KK
Nase
Nase
1
17
5
8
559
533
p
p
E
M
72
66
sim.
sim. 2
52
47
1
m
m
100
1 100 1
OP
MH
Mund
Mund
1
17
17 1
7
129
551
q
q
E
M
60
60
nein
2 nein 2
73
57
1
m
m
90
1 90 1
HP
NHH
Mund
Nase
5
81
8
191
280
r
r
E
M
60
66
nein
2 nein 2
63
57
1
m
m
100
1 100 1
MH
MH
Mund
Mund
1
15
14 1
9
123
282
s
s
E
M
60
60
nein
2 nein 2
58
57
1
w
w
90
1 100 1
MH
MH
Mund
Mund
1
16
18 1
9
127
396
t
t
E
M
60
60
nein
2 nein 2
52
63
1
m
m
100
1 100 1
MH
HP
Mund
Mund
1
11
91
9
Ergebnisse
33
Tab.5a: Patienten mit Mundhöhlenbestrahlung, Hauptkriterien
Chemotherapie (CT), bGesamtdosis (ZVOL), cAllgemeinzustand nach EOCG (PS),
n
Lokalisation (Lok.): Oropharynx (OP), Nasenhaupthöhle (NHH), Kieferknochen
(KK), Mundhöhle (MH), Nasopharynx (NP), Mundboden (MB), Kieferhöhlen (KH),
Stirnhöhlen (STH), Speicheldrüsen (SPD), oZahl der Schleimhautareale im Feld
(Feld)
a
Ergebnisse
34
4.1.2.6 Zuordnungs-Tabelle für Patienten mit Mundhöhlenbestrahlung, zusätzliche
Informationen
Pat_ID Gr. EDe Nikf Alkg Diab.h Hyp.i Stadium Histol.k RTvRTl
209
E 52
ja
ja
nein nein T2N2M0 PEC
nein
539
M 25
ja nein nein nein T4N3M0 PEC
nein
Konzept
adjuvant
conco
EDOSm
2
1,8
277
519
E
M
30 nein nein
56
ja
ja
nein
nein
nein T2N0M0 Adeno ja(a.R.)
nein T2N2M1 PEC
nein
adjuvant
conco
2
1,8
182
535
E
M
60 nein nein
32 nein nein
nein
nein
ja T4N2M0 PEC
nein T4N2M0 PEC
nein
nein
adjuvant
conco
2
1,8
213
481
E
M
28 nein nein
62
ja nein
nein
nein
nein T1N0M0 PEC
ja T4N2M0 PEC
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
528
555
E
M
20
ja
ja
8 nein nein
nein
nein
nein TxN1M0 PEC
ja T2N0M0 Adeno
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
124
540
E
M
22 nein nein
42 nein nein
ja
nein
ja T1N0M0 PEC
nein T2N0M0 Adeno
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
334
378
E
M
34
22
ja
ja
nein
ja
nein
nein
nein T2N0M0 PEC
ja T3N1M0 PEC
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
557
122
E
M
5,4
22
ja
ja
nein
ja
nein
nein
ja T4N0M0 PEC
nein T3N1M0 PEC
nein
nein
Wendt
Wendt
1,8
1,8
522
556
E
M
61 nein nein
5,4 ja nein
nein
nein
nein T2N1M0 PEC
nein T3N2M0 PEC
nein
nein
Wendt
Wendt
1,8
1,8
445
547
E
M
32 nein nein
24 nein nein
nein
nein
ja T4N0M0 PEC
nein T4N0M0 PEC
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
491
554
E
M
32 nein nein
0 nein nein
nein
nein
nein T2N2M0 PEC
ja T4N2M0 PEC
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
550
541
E
M
20
26
nein
nein
nein
nein
nein T4N0M0 PEC
ja T4N2M0 PEC
nein
nein
Concoboost
conco
1,8
1,8
114
365
E
M
72
ja
ja
72 nein nein
nein
nein
nein T2N0M0 PEC
nein T4N2M0 PEC
nein
nein
conco
adjuvant
1,8
1,8
267
553
E
M
38 nein nein
10
ja nein
nein
nein
nein T4N2M0 PEC
ja T2N1M0 PEC
nein primär kurativ
nein
adjuvant
559
533
E
M
36 nein ja
30 nein nein
nein
nein
nein T3N2M0 PEC
nein T4N3M1 PEC
nein
nein
conco
adjuvant
1,8
2
129
551
E
M
38
ja nein
10 nein nein
nein
nein
nein T4N2M0 PEC
nein T4N0M0 Adeno
nein
nein
adjuvant
palliativ
2
2
191
280
E
M
28 nein nein
28
ja nein
nein
nein
nein T2N2M0 PEC
nein T2N2M0 PEC
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
123
282
E
M
30 nein nein
30 nein nein
nein
nein
nein T1N1M0 PEC
nein T4N2M0 PEC
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
127
396
E
M
32
58
nein
nein
nein T3N0M0 PEC
ja T2N1M0 PEC
nein
nein
adjuvant
adjuvant
2
2
ja
ja
ja
ja
ja
ja
2
2
Ergebnisse
35
Tab. 5b: Patienten mit Mundhöhlenbestrahlung, zusätzliche Informationen
Einschlussdosis (ED), fNikotin (Nik), gAlkohol (Alk), hDiabetes (Diab.), iHypertonie
(Hyp.), kHistologie (Hist.): Plattenepithel-Carcinom (PEC), Adeno-Carcinom
(Adeno), lVorbestrahlung (RTvRT), mEinzeldosis (Gy) pro Tag, 5x pro Woche
(EDOS)
e
Ergebnisse
36
4.1.2.7 Einschlussdosis bei Blutentnahme – Betrachtung der einzelnen Paare
Auch die Teilkörperdosis bei Blutentnahme war ein wesentlicher Faktor. Bei der
Blutentnahme sollte bei dem zugeordneten unempfindlichen Partner die gleiche
Teilkörperdosis erreicht sein wie bei den jeweiligen empfindlichen Patienten. Aus
den Schwierigkeiten, in dem festgesetzten Zeitraum genügend unempfindliche
Partner zu finden, ergab sich, dass dies nicht in allen Fällen erfüllt werden konnte.
Bei 17 Paaren wurde das Blut bei gleicher Teilkörperdosis abgenommen (+/- 2 Gy).
Bei vier Paaren betrug die Differenz zwischen 3 und 6 Gy, bei zwei Paaren zwischen
10 und 20 Gy und bei sieben Paaren mehr als 21 Gy (vgl. Abb. 3 und 4).
Dosis bei Blutentnahme/Paar
80
70
Dosis/Gy
60
50
Empfindlich
40
Unempfindlich
30
20
10
28
25
22
19
16
13
10
7
4
1
0
Paare
Abb. 3: Dosis bei Blutentnahme im Vergleich der zugeordneten Paare
40
35
30
25
20
15
10
5
0
29
27
25
23
21
19
17
15
13
9
11
7
5
3
Diff Dos
1
Dosis/Gy
Dosisdifferenz bei Blutabnahme
Paare
Abb. 4: Differenz der Dosis bei Blutentnahme für alle Paare
Ergebnisse
37
Nachdem die Paare, wie in 3.2.2 beschrieben, neu sortiert wurden, da sich einige
Parameter als besonders relevant herausstellten, ergab sich ein anderes Bild. Es
fanden sich noch elf Paare mit einer Differenz bis 2 Gy, vier mit einer Differenz von
4 bis 9 Gy, fünf mit Unterschieden von 10 bis 20 Gy und zehn mit Unterschieden
von mehr als 22 Gy. Da jedoch die Zuordnung zur Gruppe (empfindlich und
unempfindlich) gleichblieb, ist es für die Bewertung der strahlenbiologischen
Ergebnisse (Kap. 4.1.4 und Kap. 4.4) ohne Relevanz.
4.1.3
Ausprägung der akuten Nebenwirkungen
Die Ausprägung der akuten Nebenwirkungen wurde im Vergleich empfindliche/
unempfindliche Patienten betrachtet. Neben den akuten Reaktionen an Haut und
Schleimhaut wurde auch eine Reihe weiterer Nebenwirkungen wie zum Beispiel
reduzierter Allgemeinzustand, Übelkeit und Schmerzen erfasst, um einen möglichen
Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Nebenwirkungen erkennen zu können.
Wegen der unterschiedlichen Toxizitätsmuster der beiden Tumorentitäten werden
auch hier wieder die Patientinnen mit Brustbestrahlung von den Patientinnen und
Patienten mit Mundhöhlenbestrahlung getrennt dargestellt.
Ergebnisse
38
4.1.3.1 Akute Nebenwirkungen der Brustbestrahlung
Eingeschlossen sind elf empfindliche sowie elf unempfindliche Patientinnen. Für die
folgenden Organe und Funktionen wurden keine Nebenwirkungen angegeben:
Pharynx, Ernährung, Diarrhoe, Auge und Ohr. Die Verteilung der anderen
Nebenwirkungen ist in Tabelle 6 dargestellt:
Allgemeinbefinden I°
II°
Speicheldrüse I°
Übelkeit I°
Larynx I°
ZNS I°
Lymphödem I°
II°
Lunge I°
II°
Herz
Fatigue I°
II°
Schmerzen I°
II°
III°
Geschmack I°
Haut I°
II°
III°
empfindlich
45,5%
0%
18%
0%
18%
27%
9%
18%
18%
64%
63%
27%
45%
9%
36%
63%
unempfindlich
72%
9%
27%
9%
9%
0%
27%
18%
9%
55%
36%
27%
9%
9%
9%
72%
27%
Tab. 6: Akute Nebenwirkungen der Brustbestrahlung
Vergleicht man hier die empfindlichen mit den unempfindlichen Patienten, so finden
sich nur bezogen auf die Haut deutliche Unterschiede. Alle anderen Parameter sind
vergleichbar. Somit scheint ein Zusammenhang zwischen der Normalgewebsreaktion
an der Haut und Reaktionen an anderen Geweben nicht gegeben.
Ergebnisse
39
4.1.3.2 Akute Nebenwirkungen der Mundhöhlenbestrahlung
In diese Gruppe sind 19 empfindliche sowie 19 unempfindliche Patienten
eingeschlossen. Im Bereich der Lunge fandem sich keine Nebenwirkungen. Auch
gab kein Patient Diarrhoe als Beschwerde an. Die Verteilung der anderen
Nebenwirkungen ist in Tabelle 7 dargestellt:
Allgemeinbefinden I°
II°
III°
IV°
Ernährung I°
II°
III°
Übelkeit I°
II°
III°
Larynx I°
II°
III°
ZNS I°
II°
Lymphödem I°
II°
III°
Auge II°
III°
Ohr I°
II°
Herz I°
Fatigue I°
II°
III°
Schmerzen I°
II°
III°
Geschmack I°
II°
III°
Pharynx I°
II°
III°
Haut I°
II°
III°
Schleimhaut I°
II°
III°
empfindlich
26%
21%
42%
26%
21%
42%
21%
21%
10%
21%
42%
21%
5%
10%
47%
10%
5%
10%
10%
5%
31%
53%
16%
5%
27%
86%
10%
42%
26%
5%
26%
68%
21%
47%
32%
100%
unempfindlich
21%
42%
10%
5%
10%
32%
42%
32%
16%
21%
21%
5%
5%
10%
10%
5%
10%
5%
37%
47%
16%
21%
8%
20%
26%
32%
5%
10%
47%
26%
16%
58%
26%
5%
42%
47%
Tab. 7: Akute Nebenwirkungen der Mundhöhlenbestrahlung
Ergebnisse
40
Bei einem Vergleich der Ausprägungen wird deutlich, dass sich nur die Parameter
klar unterscheiden, die direkt mit dem Ausmaß der Schleimhautreaktion
zusammenhängen. Dies sind im Einzelnen der reduzierte Allgemeinzustand,
Schmerzen und gestörte Geschmackswahrnehmung. Als Schlussfolgerung ergibt
sich, dass die auf dem Unterschied der Schleimhautreaktion beruhende klinische
Einteilung in empfindlich und unempfindlich ausschließlich für diese Organe gilt
und
nicht
mit
einer
erhöhten
Inzidenz
oder
Schwere
anderer
Normalgewebsreaktionen einhergeht.
4.1.4
Strahlenbiologische Charakterisierung
Im Folgenden wurde untersucht, ob die einzelnen Chromosomenaberrationen durch
die jeweilige Teilkörperdosis bei Blutentnahme beeinflusst werden und ob sich die
Anzahl der Veränderungen nach in-vitro-Bestrahlung erhöht.
4.1.4.1 Dizentrische Chromosomen
Bei der einfachen Auftragung der dizentrischen Chromosomen über die
Gesamtgruppe der 60 Patienten zeigt sich eine deutliche Streubreite der Werte von 0
bis 103 dizentrische Chromosomen pro 200 ausgezählten Zellen im ersten
Teilungszyklus (Abb. 5). Eine eindeutige Steigerung der Zahl dizentrischer
Chromosomen in Abhängigkeit von der Teilkörperdosis bei Blutentnahme (BE)
findet sich nicht (Abb.6).
Dicentrics
Dizentrische
120
100
80
60
40
Reihe1
20
0
0
20
40
60
80
Patienten
Abb. 5: Dicentrics sortiert nach Wert, alle 60 Patienten
Ergebnisse
41
Dicentrics in Abh. von Dosis bei BE
120
Dizentrische
100
80
60
Dizentrics
40
20
0
0
20
40
60
80
Dosis/Gy
Abb. 6: Dicentrics in Abhängigkeit von der Dosis bei Blutentnahme (alle 60 Pat.)
Dies gilt genauso für die Zahl der dizentrischen Chromosomen nach zusätzlicher
Bestrahlung der Probe mit 2 Gy und setzt sich auch fort, wenn die Differenz der
Werte zwischen unbestrahlter und bestrahlter Probe betrachtet wird (Abb. 7 und 8).
Dizentrische Chromosomen
dicrad
Diff rad-unrad Dizentr
57
53
49
45
41
37
33
29
25
21
17
13
9
5
200
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
1
Dizentrische
dic
Patienten
Abb. 7: Dicentrics nach Teilkörperdosis (dic), nach in-vitro-Bestrahlung
(dicrad) und die Differenz beider Werte (diffradunraddic)
Ergebnisse
42
Dizentrische nach Dosis bei BE
Dizentrische
dic
dicrad
200
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Dosis/Gy
Abb: 8: Dicentrics abhängig von der Dosis bei Blutentnahme im
Frischblut (dic) und nach in-vitro-Bestrahlung (dicrad)
4.1.4.2 Azentrische Fragmente
Die Zahl der azentrischen Fragmente zeigt nach Teilkörperdosis und Bestrahlung mit
2 Gy höhere Werte als ohne in-vitro Bestrahlung sowie eine größere Streubreite. Es
zeigt sich keine Abhängigkeit von der Dosis der Teilkörperbestrahlung bei
Blutentnahme (Abb. 9 und 10).
Fragmente
frag
fragrad
Diff rad-unrad Frag
Fragmente
400
300
200
100
57
53
49
45
41
37
33
29
25
21
17
13
9
5
1
0
Patienten
Abb. 9: Fragmente im Frischblut (frag), nach in-vitro-Bestrahlung
(fragrad) und die Differenz beider Werte (Diff rad-unrad Frag)
Ergebnisse
43
Fragmente abh. von Dosis bei BE
frag
fragrad
Fragmente
400
300
200
100
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Dosis/Gy
Abb. 10: Fragmente abhängig von der Dosis bei Blutentnahme im
Frischblut (frag) und nach in-vitro Bestrahlung (fragrad)
4.1.4.3 Translokationen
Auch die Inzidenz von Translokationen, soweit diese in der verwandten Färbung
ohne Bänderung auffielen, zeigt eine gewisse Streuung und ist nicht abhängig von
der Teilkörperosis bei Blutentnahme (Abb. 11 und 12).
Translokationen
trans
transrad
Diff rad-unrad Trans
70
Translokationen
60
50
40
30
20
10
57
53
49
45
41
37
33
29
25
21
17
9
13
-10
5
1
0
Patienten
Abb. 11: Translokationen nach Teilkörperdosis (trans), nach in-vitroBestrahlung (transrad) und die Differenz beider Werte (Diff rad-unrad Trans)
Ergebnisse
44
Translokationen nach Dosis bei BE
trans
transrad
70
Translokationen
60
50
40
30
20
10
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Dosis/Gy
Abb. 12: Translokationen abhängig von der Dosis bei Blutentnahme im
Frischblut (trans) und nach in-vitro-Bestrahlung (transrad)
4.1.4.4 Tetraploidie
Die Zahl der tetraploiden Zellen war insgesamt sehr gering, so dass eine getrennte
Auswertung nicht sinnvoll erschien. Sie wurde jedoch bei der Summe der
Bruchereignisse und den Bruchereignissen pro Zelle berücksichtigt.
4.1.4.5 Summe aller Bruchereignisse und Bruchereignisse pro Zelle
Für die zusammenfassende Bewertung der Chromosomenanalyse wurden zwei
weitere Parameter eingeführt. Zum einen wurden alle in den zweihundert Zellen
beobachteten Bruchereignisse addiert (Summe der Bruchereignisse). Zum anderen
wurde diese Zahl durch 200 geteilt, um so einen Wert für die Bruchereignisse pro
Zelle zu bekommen.
Auch die Summe der Bruchereignisse zeigt eine gewisse Streuung. Die Zahl zeigt
keinen eindeutigen Anstieg abhängig von der Teilkörperdosis bei Blutentnahme.
Dieser Anstieg erfolgt jedoch nach Bestrahlung der Probe mit 2 Gy (Abb. 13 und
14).
Ergebnisse
45
Summe aller Bruchereignisse
Sumrad
Diff Sum
600
500
400
300
200
100
57
53
49
45
41
37
33
29
25
21
17
13
9
5
0
1
Summe aller Bruchereignisse
Sum
Patienten
Abb. 13: Summe aller Bruchereignisse nach Teilkörperdosis (sum), nach
in-vitro-Bestrahlung (sumrad) und die Differenz beider Werte (diffsum)
Summe aller Bruchereignisse nach Dosis bei BE
Sum
Sumrad
Summe aller
Bruchereignisse
600
500
400
300
200
100
0
0
20
40
60
80
Dosis/Gy
Abb. 14: Summe aller Bruchereignisse abhängig von der Dosis bei
Blutentnahme im Frischblut (sum) und nach in-vitro-Bestrahlung (sumrad)
Betrachtet man die Bruchereignisse pro Zelle (BpZ) so zeigen sich ähnliche Verläufe
der Kurven: es gibt eine gewisse Streuung, jedoch keine Abhängigkeit von der
Teilkörperdosis bei Blutentnahme (Abb. 15 und 16).
Ergebnisse
46
Brüche pro Zelle
BpZ
BpZ rad
BpZrad - BpZ unrad
Brüche pro Zelle
3,00
2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
1 4 7 10 13 16 19 22 25 28 31 34 37 40 43 46 49 52 55 58
Patienten
Abb. 15: Bruchereignisse pro Zelle im Frischblut (BpZ), nach in-vitroBestrahlung (BpZ rad) und die Differenz beider Werte (BpZ radBpZ unrad)
Brüche pro Zelle nach Dosis bei BE
BpZ
BpZ rad
Brüche pro Zelle
3,00
2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
0
20
40
60
80
Dosis/Gy
Abb. 16: Bruchereignisse pro Zelle nach Dosis bei Blutentnahme im
Frischblut (BpZ) und nach in-vitro-Bestrahlung (BpZ rad)
4.2
Einfluss klinischer Parameter auf die Ausprägung biologischer
Messwerte
Alle statistischen Analysen in diesem Unterkapitel wurden mittels Kruskal-WallisTest durchgeführt. Es wurde untersucht, ob verschiedene klinische Faktoren wie zum
Beispiel der BMI (Untergewicht, Normalgewicht bis leichtes Übergewicht, extremes
Übergewicht), Resektionsstatus (R0, R1, R2, nur PE (Probe-Entnahme)),
Begleiterkrankungen und Medikamenteneinnahme Einfluss auf die biologischen
Messwerte, dass heißt auf die verschiedenen Chromosomenaberrationen, haben. Ein
Ergebnisse
47
Problem ist die Vielzahl der Tests. Da es sich um eine explorative Analyse in einem
kleinen Kollektiv von nur 60 Patienten handelt, wurden die Ergebnisse anhand der
Zusammenhänge innerhalb des Projekts, der im eigenen Labor erhobenen
Normwerten und der Erfahrungen aus der Literatur bewertet. Insgesamt wurden 19
Einflussfaktoren untersucht.
Folgende der untersuchten klinischen Einflussfaktoren beeinflussen keinen der
biologischen Parameter:
-
BMI (sowohl gruppiert nach Einzelgruppen als auch zusammengefasst in drei
Gruppen nach Untergewicht, Normalgewicht bis leichtes Übergewicht,
extremes Übergewicht, getestet mit Kruskal-Wallis)
-
Resektionsstatus (R0, R1, R2, nur PE, getestet mittels Kruskal-Wallis-Test)
-
Hämoglobin (kleiner/ gleich 11 mg/dl vs. größer 11 mg/dl)
-
Einnahme eines Antibiotikums in den 14 Tagen vor Beginn der
Strahlentherapie (ja versus nein)
-
Einnahme von Wachstumsfaktoren im Rahmen einer vorhergehenden
Chemotherapie (ja versus nein)
-
Allgemeinkrankheiten
(COPD,
Diabetes
mellitus,
Blutkrankheiten,
Autoimmunkrankheiten; erhöhte Leberwerte, erhöhte Nierenwerte)
-
Einnahme von Medikamenten (NSAID, Gerinnungshemmer)
Andere Faktoren wie Chemotherapie und Allgemeinzustand haben Einfluss auf die
Chromosomenaberrationen.
4.2.1
Einfluss auf dizentrische Chromosomen
Die Zahl dizentrischer Chromosomen variiert signifikant in Abhängigkeit von einer
Chemotherapie.
Patienten
ohne
Chemotherapie
haben
mehr
dizentrische
Chromosomen (p=0,002) wenn nur Chemotherapie ja versus Chemotherapie nein
getestet wird; auch in der mit 2 Gy bestrahlten Probe findet sich diese Signifikanz
(p=0,015). Dies gilt auch bei Untersuchung der einzelnen Möglichkeiten für
Chemotherapie (nicht, simultan, sequentiell, simultan/ sequentiell) mittels KruskalWallis-Test für die nicht-bestrahlte (p=0,003) und die bestrahlte Probe (p=0,028).
Der Allgemeinzustand der Patienten hat keinen Einfluss auf dizentrische
Chromosomen.
Ergebnisse
48
Abb. 17: Dizentrische Chromosomen und Chemotherapie (ja = Chemother., nein =
keine)
Abb. 17a: Dizentrische Chromosomen
nach Teilkörperdosis
4.2.2
Abb. 17b: Dizentrische Chromosomen
nach Teilkörperdosis und in-vitroBestrahlung mit 2 Gy
Einfluss auf azentrische Fragmente
Patienten ohne Chemotherapie haben weniger azentrische Chromosomen (p=0,016),
wenn nur Chemotherapie ja versus Chemotherapie nein getestet wird. Dies gilt auch
bei Untersuchung der einzelnen Möglichkeiten für Chemotherapie (nicht, simultan,
sequentiell, simultan/ sequentiell) mittels Kruskal-Wallis-Test (p=0,02).
Abb. 18: Azentrische Fragmente und Chemotherapie
Abb. 18a: Azentrische Fragmente nach
Teilkörperdosis
Abb. 18b: Azentrische Fragmente nach
Teilkörperdosis und in-vitro-Bestrahlung
mit 2 Gy
Patienten mit einem höheren Karnofsky-Index (100 oder 90, ECOG 0) weisen in der
Probe weniger azentrische Fragmente auf als Patienten mit einem reduzierten
Ergebnisse
49
Allgemeinzustand (p=0,003). Dies bestätigt sich auch in der Untersuchung der
Fragmente nach Bestrahlung der Blutprobe mit 2 Gy (p=0,014).
Abb. 19: Azentrische Fragmente und Allgemeinzustand
Abb. 19a: Azentrische Fragmente nach
Teilkörperdosis
4.2.3
Abb. 19b: Azentrische Fragmente nach
Teilkörperdosis und in-vitro-Bestrahlung
mit 2 Gy
Einfluss auf Translokationen
Patienten ohne Chemotherapie haben weniger Translokationen (p=0,0034), wenn nur
Chemotherapie ja versus Chemotherapie nein getestet wird. Dies gilt auch bei
Untersuchung der einzelnen Möglichkeiten für Chemotherapie (nicht, simultan,
sequentiell, simultan/ sequentiell) mittels Kruskal-Wallis-Test (p=0,006). Nach
Bestrahlung der Probe mit 2 Gy findet sich kein relevanter Einflussfaktor. Der
Allgemeinzustand hat keinen Einfluss auf das Auftreten von Translokationen.
Abb. 20: Translokationen und Chemotherapie
Abb. 20a: Translokationen nach
Teilkörperdosis
Abb. 20b: Translokationen nach Teilkörperdosis und in-vitro-Bestrahlung mit 2
Gy
Ergebnisse
4.2.4
50
Einfluss auf Tetraploidie
Dieser Parameter wird weder in der unbestrahlten noch in der bestrahlten Probe von
einem der untersuchten klinischen Einflussfaktor relevant verändert.
Abb. 21: Tetraploidie und Chemotherapie
nach Teilkörperdosis
4.2.5
Einfluss auf die Summe aller Bruchereignisse und Bruchereignisse pro
Zelle
Bei der Patientengruppe ohne Chemotherapie finden sich signifikant weniger
Bruchereignisse insgesamt (p=0,0056) und auch weniger Bruchereignisse pro Zelle
(p=0,0056), wenn nur Chemotherapie ja versus Chemotherapie nein getestet wird.
Gleiches findet sich in der bestrahlten Probe sowohl für die Bruchereignisse
insgesamt (p=0,048) als auch für die Bruchereignisse pro Zelle (p=0,048). Dies gilt
in der unbestrahlten Probe auch bei Untersuchung der einzelnen Möglichkeiten für
Chemotherapie (nicht, simultan, sequentiell, simultan/ sequentiell) mittels KruskalWallis-Test (p=0,009 für beide Parameter), nicht jedoch in der mit 2 Gy bestrahlten
Probe. Der Allgemeinzustand hat keinen Einfluss auf die Summe aller
Bruchereignisse pro Zelle.
Ergebnisse
51
Abb. 22: Bruchereignisse pro Zelle und Chemotherapie
Abb. 22a: Chemotherapie ja vs. Chemo- Abb. 22b: keine Chemotherapie (nein)
therapie nein
vs. sequentielle Chemoth. (sequ.), vs.
simultan u. sequentiell durchgeführte
Chemoth. (simsequ.) vs. simultan
durchgeführte Chemoth. (sim.)
4.2.6
Zusammenfassung
Die Chemotherapie ist der einzige klinische Faktor, der eine größere Zahl von
Parametern wesentlich beeinflusst. Alle Paare stimmten hinsichtlich dieses
Parameters überein, so dass ein Unterschied zwischen empfindlichen und den
zugeordneten unempfindlichen Patienten nicht auf einer Ungleichverteilung der
Chemotherapie in der Vorgeschichte beruht. Auch der Allgemeinzustand, der einen
Einfluss auf die Anzahl der Fragmente hat, wurde in der Paar-Zuordnung
berücksichtigt. Es war zwar nicht möglich, ein Verhältnis von 1:1, bezogen auf den
Karnofsky-Index, zu erzielen, aber doch innerhalb der ECOG-Gruppierung.
Bezüglich des Geschlechts wurde bei der Zuordnung nur in einem Fall abgewichen.
Daraus lässt sich schliessen, dass die Aussagen, die unter 4.4 für den Unterschied
zwischen Empfindlichem und zugeordnetem unempfindlichen Partner folgen,
wirklich auf diese Eigenschaft zurückzuführen sind und nicht durch ein
Ungleichgewicht vorstellbarer klinischer Faktoren bedingt sind.
4.3
Chromosomenaberrationen
Für die Untersuchungen der Chromosomenaberrationen wurde den Patienten nach
Teilkörperdosis Blut entnommen und Metaphasen-Präparate von unbestrahlten sowie
von mit 2 Gy in-vitro bestrahlten Lymphozyten hergestellt (siehe Material und
Ergebnisse
52
Methoden). Tabelle 8 und 9 zeigen die Verteilung der Aberrationen der jeweils 200
ausgezählten Zellen für klinisch empfindliche Patienten und klinisch unempfindliche
Patienten nach Teilkörperdosis ohne in-vitro-Bestrahlung. Tabellen 10 und 11 zeigen
die Anzahl der Chromosomenaberrationen nach in-vitro-Bestrahlung mit 2 Gy. In
diesen Tabellen ist die Anzahl der Ringchromosomen, der trizentrischen
Chromosomen, der double minutes und der Gap-Junctions nicht dokumentiert. In der
Summe der Aberrationen wurden diese jedoch berücksichtigt, wodurch sich die zum
Teil höheren Summen ergeben. Für einen empfindlichen Patienten (126) gab es
leider keine Ergebnisse.
Ergebnisse
4.3.1
53
Chromosomenaberrationen bei empfindlichen Patienten nach
Teilkörperdosis
PAT_ID
Gr.
Zellen
ohne
Dizen- Fragmente TransBefund trische
lokationen
343
476
125
199
433
212
558
470
126
208
128
209
277
182
213
528
124
334
557
522
445
491
550
114
267
559
129
191
123
127
E
E
E
E
E
E
E
E
200
200
200
200
200
200
200
200
163
195
193
175
187
158
196
190
12
0
2
6
2
16
1
2
49
1
3
26
11
18
5
8
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
158
159
118
133
137
159
162
149
123
189
183
166
165
160
129
111
190
138
137
118
142
24
25
82
35
51
51
30
39
99
4
6
26
26
24
68
75
1
43
44
66
43
46
25
148
98
91
87
40
50
169
5
16
45
40
50
57
143
5
49
42
63
49
Tetraploidien
Summe
Brüche pro
Zelle
5
0
2
2
1
5
0
0
5
0
0
7
1
16
3
0
78
5
8
46
16
64
9
12
0,39
0,03
0,04
0,23
0,08
0,32
0,05
0,06
7
2
8
11
16
12
10
8
6
2
0
9
11
9
10
25
1
13
9
9
9
4
6
10
6
4
5
4
2
9
1
5
12
4
4
6
5
5
6
3
1
2
85
63
270
164
174
168
88
105
305
14
32
101
91
95
155
263
14
115
119
162
114
0,43
0,32
1,35
0,82
0,87
0,84
0,44
0,53
1,53
0,07
0,16
0,51
0,46
0,48
0,78
1,32
0,07
0,58
0,60
0,81
0,57
Tab. 8: Chromosomenaberrationen, absolute Zahlen - empfindliche Patienten nach
Teilkörperdosis
Ergebnisse
4.3.2
54
Chromosomenaberrationen bei unempfindlichen Patienten nach
Teilkörperdosis
PAT_ID Gr. Zellen
ohne
Befund
Dizentrische
Fragmente
Translokationen
Tetraploidien
Summe
Brüche
pro Zelle
475
484
210
493
536
403
73
517
444
214
346
539
519
535
481
555
540
378
122
556
547
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
181
193
160
198
182
189
200
185
194
159
187
189
148
143
167
189
184
171
148
195
193
8
1
15
0
5
11
0
8
0
12
0
2
44
46
24
8
12
14
33
1
0
19
1
23
2
5
9
0
12
12
39
4
11
73
75
48
12
9
45
59
3
3
2
0
10
0
7
2
0
1
0
2
0
1
19
15
3
0
2
5
10
0
0
2
0
4
0
0
3
0
0
1
3
9
3
1
3
7
0
2
6
0
0
2
33
7
68
3
22
26
0
21
14
64
14
20
152
143
87
21
25
76
107
5
8
0,17
0,04
0,34
0,02
0,11
0,13
0,00
0,11
0,07
0,32
0,07
0,10
0,76
0,72
0,44
0,11
0,13
0,38
0,54
0,03
0,04
554
541
365
553
533
551
280
282
396
M
M
M
M
M
M
M
M
M
200
200
200
200
200
200
200
200
200
197
172
167
191
146
196
98
174
153
0
25
19
8
55
2
103
8
9
2
35
48
6
121
2
100
20
54
0
12
9
3
18
0
8
0
5
0
4
8
0
11
0
8
13
4
3
80
92
17
214
6
291
48
82
0,02
0,40
0,46
0,09
1,07
0,03
1,46
0,24
0,41
Tab.9: Chromosomenaberrationen, absolute Zahlen - unempfindliche Patienten nach
Teilkörperdosis
Ergebnisse
4.3.3
55
Chromosomenaberrationen bei empfindlichen Patienten nach in-vitro
Bestrahlung mit 2 Gy
PAT_ID Gr. Zellen
343
476
125
199
433
212
558
470
126
208
128
209
277
182
213
528
124
334
557
522
445
491
550
114
267
559
129
191
123
127
ohne Dizen- Fragmente
Befund trische
Translokationen
Tetraploidien
Summe
Brüche
pro Zelle
E
E
E
E
E
E
E
E
200
200
200
200
200
200
200
200
127
161
164
138
145
166
181
152
19
26
14
39
32
39
5
27
93
31
24
96
53
35
24
60
18
1
3
18
5
1
1
12
1
12
1
8
9
12
4
8
143
80
50
166
108
124
37
108
0,72
0,40
0,25
0,83
0,54
0,62
0,19
0,54
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
E
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
104
94
57
85
124
114
133
81
59
155
163
145
135
91
70
32
170
94
81
73
88
54
71
175
52
75
81
72
101
165
15
16
48
47
106
172
95
13
59
64
113
97
121
81
340
220
140
134
137
97
310
60
43
120
84
208
115
226
20
74
108
112
97
14
12
16
24
31
32
21
20
19
9
3
21
12
49
11
60
4
25
34
18
16
9
10
18
16
3
5
20
11
8
1
12
12
5
3
11
10
9
11
1
2
1
210
188
627
341
261
277
270
248
515
93
84
218
166
392
342
493
56
184
252
271
247
1,05
0,94
3,14
1,71
1,31
1,39
1,35
1,24
2,58
0,47
0,42
1,09
0,83
1,96
1,71
2,47
0,28
0,92
1,26
1,36
1,24
Tab. 10: Chromosomenaberrationen, absolute Zahlen - empfindliche Patienten nach
in-vitro-Bestrahlung (2 Gy)
Ergebnisse
4.3.4
56
Chromosomenaberrationen bei unempfindlichen Patienten nach invitro Bestrahlung mit 2 Gy
PAT_ID Gr. Zellen
ohne Dizentrische Fragmente TransBefund
lokationen
Tetraploidien
Summe
Brüche
pro Zelle
475
484
210
493
536
403
73
517
444
214
346
539
519
535
481
555
540
378
122
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
110
173
95
176
115
147
138
149
174
91
168
173
99
117
134
164
131
115
66
50
11
42
9
27
17
20
26
4
59
12
11
99
71
56
24
48
56
84
108
22
118
21
54
49
60
43
27
145
34
11
191
138
99
34
111
158
146
5
10
20
2
63
2
15
11
2
10
3
4
45
34
17
6
14
21
53
11
1
17
4
3
4
2
0
4
2
10
13
4
5
2
1
4
21
1
177
47
229
45
170
76
116
83
39
234
61
43
359
271
185
69
192
275
310
0,89
0,24
1,15
0,23
0,85
0,38
0,58
0,42
0,20
1,17
0,31
0,22
1,80
1,36
0,93
0,35
0,96
1,38
1,55
556
M
200
142
37
64
5
2
115
0,58
547
554
541
365
553
533
551
280
282
396
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
200
200
200
200
200
200
200
200
200
200
172
169
152
115
149
106
168
81
157
116
8
4
29
65
30
107
13
158
39
52
33
21
64
174
64
223
34
191
61
146
6
2
12
23
11
37
3
21
3
19
3
0
8
17
2
18
3
5
10
9
52
30
117
303
115
398
56
463
138
237
0,26
0,15
0,59
1,52
0,58
1,99
0,28
2,32
0,69
1,19
Tab. 11: Chromosomenaberrationen, absolute Zahlen - unempfindliche Patienten
nach in-vitro-Bestrahlung (2 Gy)
Ergebnisse
4.4
Chromosomenaberrationen
57
als
biologischer
Parameter
der
zellulären Strahlenempfindlichkeit im Vergleich zwischen den
empfindlichen und den zugeordneten, unempfindlichen Partnern
Die Ergebnisse wurden anhand von zwei statistischen Tests ausgewertet:
4.4.1
Man-Whitney-U-Test
Bei dem Man-Whitney-U-Test werden die Werte der beiden Gruppen (empfindlich/
unempfindlich) gegenübergestellt; dann wird durch einen Vergleich der Verteilung
der Werte geprüft, ob tatsächlich ein Unterschied zwischen den Gruppen vorlag.
4.4.1.1 Dizentrische Chromosomen
Das Ergebnis für dizentrische Chromosomen ist sowohl nach Teilkörperdosis
(p=0,019) als auch nach zusätzlicher in-vitro-Bestrahlung der Probe mit 2 Gy
(p=0,04) signifikant erhöht, das heißt es zeigen sich bei den empfindlichen Patienten
signifikant mehr dizentrische Chromosomen.
Abb.23: Vergleich dizentrischer Chromosomen - empfindlich (E) vs. unempfindlich
(U)
Abb. 23a: nach Teilkörperdosis
Abb.23b: nach Teilköroerdosis und invitro-Bestrahlung mit 2 Gy
Ergebnisse
58
4.4.1.2 Azentrische Fragmente
Das Ergebnis für azentrische Fragmente ist nach Teilkörperdosis signifikant erhöht
(p= 0,036). Nach Bestrahlung der Probe in-vitro mit 2 Gy ergab sich keine
Signifikanz.
Abb. 24: Vergleich azentrischer Fragmente - empfindlich (E) vs. unempfindlich (U)
Abb. 24a: nach Teilkörperdosis
Abb. 24b: nach Teilkörperdosis und invitro-Bestrahlung mit 2 Gy
4.4.1.3 Translokationen
Das Ergebnis für die Translokationen ist weder nach Teilkörperdosis, noch nach
zusätzlicher in-vitro-Bestrahlung mit 2 Gy signifikant verändert.
Abb. 25: Vergleich der Translokationen - empfindlich (E) vs. unempfindlich (U)
Abb. 25a: nach Teilkörperdosis
Abb. 25b: nach Teilkörperdosis und invitro-Bestrahlung mit 2 Gy
Ergebnisse
59
4.4.1.4 Tetraploidie
Tetraploide Chromosomen kamen insgesamt selten vor. In der unbestrahlten Probe
fanden sie sich signifikant häufiger bei den empfindlichen Patienten (p=0,039). Nach
Bestrahlung der Probe in-vitro mit 2 Gy ergab sich kein signifikanter Unterschied.
Abb. 26: Vergleich der Tetraploiden - empfindlich (E) vs. unempfindlich (U)
Abb. 26a: nach Teilkörperdosis
Abb. 26b: nach Teilköroerdosis und invitro-Bestrahlung mit 2 Gy
4.4.1.5 Summe der Bruchereignisse
Werden alle Bruchereignisse summiert (für 200 Zellen) zeigt sich ein deutlich
höherer Wert für die empfindlichen im Vergleich zu den unempfindlichen Patienten.
Das Ergebnis für die Summe der Bruchereignisse ist somit nach Teilkörperdosis
signifikant erhöht (p=0,024). Nach Bestrahlung der Probe in-vitro mit 2 Gy ergaben
sich keine signifikanten Unterschiede.
Abb. 27: Vergleich der Summe der Bruchereignisse - empfindlich (E)
vs. unempfindlich (U) nach Teilkörperdosis
Ergebnisse
60
4.4.1.6 Bruchereignisse pro Zelle
Das Ergebnis für die Bruchereignisse pro Zelle ist nach Teilkörperdosis signifikant
erhöht (p=0,024). Nach Bestrahlung der Probe in-vitro mit 2 Gy ergab sich keine
signifikante Änderung.
Abb. 28: Vergleich der Bruchereignisse pro Zelle - empfindlich (E) vs.
unempfindlich (U)
Abb. 28a: nach Teilkörperdosis
4.4.2
Abb. 28b: nach Teilköroerdosis und invitro-Bestrahlung mit 2 Gy
Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben
Bei dem Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben werden die Werte als Paar
(empfindlich/ unempfindlich) angegeben und der Unterschied innerhalb eines jeden
Paares bestimmt.
4.4.2.1 200 Zellen
Mit Hilfe dieses Tests ergeben sich signifikante Erhöhungen bei empfindlichen
gegenüber unempfindlichen Patienten für dizentrische Chromosomen (p=0,019), für
Fragmente (p=0,0056), für Translokationen (p=0,0058), für die Summe der
Bruchereignisse (p=0,0065) und die Brüche pro Zelle (p=0,0065) nach
Teilkörperdosis. Der Test ist knapp nicht signifikant für die dizentrischen
Chromosomen nach Bestrahlung der Probe mit 2 Gy (p=0,051).
Die Auswertung der Daten mit dem Wilcoxon-Test ergab keine signifikanten
Unterschiede für Translokationen nach Bestrahlung der Probe, tetraploide
Chromosomen mit und ohne Bestrahlung, Fragmente nach Bestrahlung der Probe,
sowie die Summe der Bruchereignisse und die Rate der Bruchereignisse pro Zelle
nach Bestrahlung.
Ergebnisse
61
4.4.2.2 50 Zellen
Um herauszufinden, ob langfristig auch eine Vereinfachung der Methode möglich
wäre, wurde diese Rechnung mit dem Ergebnis der ersten 50 Zellen pro Auszählung
in der Chromosomenbruchanalyse wiederholt. Hierbei zeigt sich, dass bereits nach
Auszählung von 50 Zellen der Unterschied der Bruchereignisse zwischen
Empfindlichen und Unempfindlichen für einige Parameter signifikant ist, und zwar
für dizentrische Chromosomen (p=0,042), azentrische Fragmente (p=0,0099) und die
Summe aller Bruchereignisse (p=0,011). Die anderen Parameter zeigen keinen
signifikanten Unterschied.
4.4.3
Zusammenfassung
Bei der Untersuchung des Zusammenhangs von biologischem Parameter und
klinischer Beurteilung der Strahlenempfindlichkeit zeigen sich konsistent die
Parameter der direkten Chromosomenbruchanalyse in der unbestrahlten Probe als
signifikant erhöht. Hierzu zählen dizentrische Chromosomen und azentrische
Fragmente, die Summe aller Bruchereignisse und Bruchereignisse pro Zelle.
Diese Parameter sind am ehesten geeignet, um im Rahmen prädiktiver Assays
eingesetzt zu werden. Es kann postuliert werden, dass die Unterscheidung anhand
von dizentrischen Chromosomen möglich ist, auch wenn nur 50 Zellen
berücksichtigt werden.
Zur Bestimmung des tatsächlichen Vorhersagewertes wird im Folgenden eine
logistische Regression der Paramter durchgeführt.
4.5
Logistische Regression der Parameter
Das Modell führt als ersten Parameter die dizentrischen Chromosomen ein. Die
Wahrscheinlichkeit, dass ein höherer Wert für Dizentrische mit einer höheren
Empfindlichkeit einhergeht liegt bei p=0,0305 und ist damit signifikant. Bei der 1:1
Testung der Einzelwerte gegeneinander sind 67% der Ergebnisse mit dieser
Annahme konkordant.
Ergebnisse
62
Die Wahrscheinlichkeit für Empfindlichkeit lässt sich ausdrücken als Funktion:
____1___________
1 + e –(-6304+0,0267 Dic)
Keiner
der
anderen
Parameter
erfüllte
die
Einschlusskriterien
eines
Signifikanzniveaus von 20%. Die aus dieser Berechung hervorgehende ROC Kurve
sieht folgendermaßen aus:
Abb. 29: ROC-Kurve
An der fehlenden Glätte der ROC-Kurve kann man erkennen, dass die Zahl
berücksichtigter Patienten insgesamt zu klein ist, um einen gleichförmigen Verlauf
der Kurve zu erzielen.
4.6
Zusammenfassung der Ergebnisse
Sind Patienten nach klinischer Auffälligkeit prospektiv und nach definierten
Kriterien unter Berücksichtigung aller bekannten Einflussfaktoren in Gruppen
eingeteilt, so zeigen sich in den nach Teilkörperbestrahlung gewonnenen
Lymphozyten signifikant unterschiedliche Werte für das Auftreten dizentrischer
Chromosomen, azentrischer Fragmente, für die Summe aller Bruchereignisse und
Ergebnisse
63
Brüche pro Zelle sowie für dizentrische Chromosomen nach in-vitro Bestrahlung. In
der logistischen Regression ergibt sich ein positiver Vorhersagewert nur für die
dizentrischen Chromosomen in dem Sinne, dass bei höheren Werten für Dicentrics
mit höherer Wahrscheinlichkeit eine klinische Empfindlichkeit vorliegt. Spezifität
und Sensitivität der Vorhersage anhand eines vorliegenden Wertes sind aber noch zu
ungenau und liegen bei ungefähr 67%. Somit ist zwar eine Korrelation gegeben, der
mit diesem Modell berechnete Vorhersagewert bleibt jedoch gering.
Diskussion
64
5 Diskussion
Die Strahlentherapie hat neben ihrem eigentlichen Ziel, der Zerstörung von
Tumorgewebe, immer auch eine Schädigung des Normalgewebes zur Folge. Das
Ausmaß dieser Schädigung ist bei gleicher Bestrahlungsdosis individuell
unterschiedlich. Neben verschiedenen äußeren Einflussfaktoren, durch die besonders
frühe oder besonders schwere Normalgewebsreaktionen ausgelöst werden (Baumann
1995), besteht ein Zusammenhang zwischen der genetisch determinierten
Strahlenempfindlichkeit und dem Ausmaß der Normalgewebsreaktion (Burnet et al.
1992).
Mit dieser Arbeit wurde in einer prospektiven Paar-Analyse überprüft, ob das
Ausmaß
der
akuten
Normalgewebsreaktionen
mit
der
genetischen
Strahlenempfindlichkeit, gemessen an der Anzahl der Chromosomenaberrationen in
Lymphozyten des peripheren Blutes, korreliert.
Zusammengefasst konnten im Rahmen dieser Arbeit die folgenden Ergebnisse erzielt
werden:
-
Deutliche Unterschiede bezüglich des Ausmaßes akuter Nebenwirkungen
zwischen den empfindlichen und unempfindlichen Patienten ergaben sich
nur bezogen auf die Haut bzw. Schleimhaut und auf direkt mit dem
Ausmaß dieser Reaktionen zusammenhängende Nebenwirkungen wie
Allgemeinzustand, Schmerzen und Geschmack.
-
Eine chemotherapeutische Behandlung und der Allgemeinzustand der
Patienten
hatten
Einfluss
auf
die
Ausprägung
der
Chromosomenaberrationen.
-
Die Teilkörperdosis bei Blutentnahme hatte keinen Einfluss auf die
Ausprägung der Chromosomenaberrationen.
-
Ein
Zusammenhang
Chromosomenaberrationen
zwischen
der
und
Ausprägung
der
Ausprägung
der
der
akuten
Nebenwirkungen konnte sowohl in den in-vitro nicht zusätzlich bestrahlten
Diskussion
65
Proben als auch in den in-vitro mit 2 Gy bestrahlten Proben festgestellt
werden:
-
Es zeigten sich signifikante Erhöhungen der Werte für dizentrische
Chromosomen,
azentrische
Fragmente,
die
Summe
aller
Bruchereignisse und Brüche pro Zelle in der unbestrahlten Probe der
empfindlichen Patienten.
-
In der in-vitro bestrahlten Probe ergaben sich signifikant höhere Werte
für dizentrische Chromosomen bei klinisch empfindlichen Patienten.
-
Unter Berücksichtigung von nur 50 Zellen zeigte sich ebenfalls eine
deutliche Signifikanz für dizentrische Chromosomen.
-
In der logistischen Regression wurde ein positiver Vorhersagewert für
die dizentrischen Chromosomen in dem Sinne festgestellt, dass bei
höheren Werten für dizentrische Chromosomen mit höherer
Wahrscheinlichkeit eine klinische Empfindlichkeit vorliegt.
Deutliche Unterschiede bezüglich des Ausmaßes akuter Nebenwirkungen
zwischen den empfindlichen und unempfindlichen Patienten ergaben sich nur
bezogen auf die Haut bzw. Schleimhaut und auf direkt mit dem Ausmaß dieser
Reaktionen
zusammenhängende
Nebenwirkungen wie Allgemeinzustand,
Schmerzen und Geschmack.
Die klinische Einteilung der Patienten in empfindlich/ unempfindlich fand anhand
dieser Parameter (akute Nebenwirkungen an Haut und Schleimhaut) statt.
Als Schlussfolgerung ergibt sich, dass die auf dem Unterschied der Haut- bzw.
Schleimhautreaktion beruhende klinische Einteilung wirklich nur für diese Organe
gilt
und
nicht
mit
einer
erhöhten
Inzidenz
oder
Schwere
anderer
Normalgewebsreaktionen einhergeht. So mussten keine weiteren Parameter für die
klinische Einteilung berücksichtigt werden.
Für die Ermittlung der akuten Nebenwirkungen wurden in der Literatur
unterschiedliche Vorgehensweisen vorgestellt. Das RTOG/ EORTC-Schema von
Grad 0 bis 4 für die Bewertung der akuten Nebenwirkungen wurde von Geara et al.
verwendet (Geara et al. 1993). In einer anderen Studie wurde die Stärke des
Hauterythems am Ende der Strahlentherapie für die Klassifizierung der akuten
Diskussion
66
Nebenwirkungen eingesetzt (Johansen et al. 1996). Neubauer et al. verwendeten eine
Skala von –1 bis 4, wobei –1/0 einer niedrigen bis durchschnittlichen Reaktion
entsprach, 1 einer gegenüber der durchschnittlichen Reaktion leicht erhöhten
Reaktion, 2 einer stärker erhöhten Reaktion, 3 einer starken Reaktion und 4 einer
extremen Reaktion auf die Strahlentherapie entsprach (Neubauer et al. 1996). Diese
Gruppierung wurde anhand der WHO-Klassifikation zur Beschreibung der
Nebenwirkungen einer Strahlentherapie ausgerichtet. Rudat et al. und Dunst et al.
verwendeten das WHO/ CTC-Einteilungssystem zur Beurteilung der akuten
Nebenwirkungen (Rudat et al. 1997, Dunst et al. 1998) . Dies zeigt, dass es
verschiedene Ansätze gibt, die akuten Nebenwirkungen zu beurteilen. Um in dieser
Studie
die
Patienten
anhand
der
akuten
Nebenwirkungen
in
„klinisch
strahlenempfindlich“ einzustufen, wurde in Anlehnung an die EORTC/ RTOGEinteilungsskalen eine eigene Einteilung entwickelt (Tab.2).
Eine chemotherapeutische Behandlung und der Allgemeinzustand der Patienten
hatten Einfluss auf die Ausprägung der Chromosomenaberrationen
Von den 19 untersuchten klinischen Einflussfaktoren waren die oben genannten die
einzigen Faktoren, die die Ausprägung der Chromosomenaberrationen beeinflussten.
Zu erwarten war, dass es bei Patienten, die schon eine Chemotherapie abgeschlossen
hatten zu mehr chromosomalen Veränderungen kommt. Dies konnte bezüglich der
azentrischen Fragmente, der Translokationen, der Summe aller Bruchereignisse und
der Bruchereignisse pro Zelle bestätigt werden. Bei der Betrachtung der
dizentrischen Chromosomen kam es jedoch zu einem genau gegensätzlichen
Ergebnis: Patienten ohne Chemotherapie zeigten signifikat mehr dizentrische
Chromosomen als Patienten, die eine Chemotherapie vollendet hatten. Hierfür fand
sich keine Erklärung. Da bei der Paar-Zuordnung diese Parameter jedoch
berücksichtigt wurden und es bei den insgesamt 30 Paaren bezüglich der
Chemotherapie nur in zwei Fällen, bezüglich des Allgemeinzustandes in nur drei
Fällen zu einer fehlenden Übereinstimmung kam, wurden die Ergebnisse hierdurch
nicht beeinflusst. Bei der Analyse einer Gruppe von Patienten mit M. Hodgkin
fanden Kacher et al. mit der konventionellen Chromosomenbruchanalyse eine
Häufung gemischter chromosomaler Defekte gegenüber Normalprobanden, die nach
Diskussion
67
Chemotherapie und Bestrahlung ansteigt und innerhalb von sechs Monaten nach der
Therapie wieder rückläufig ist; einzelne Veränderungen bleiben aber noch jahrelang
nachweisbar (Kacher et al. 2003).
Die Teilkörperdosis bei Blutentnahme hatte keinen Einfluss auf die Ausprägung
der Chromosomenaberrationen.
Da es studienorganisatorisch nicht möglich war allen Patienten schon vor
Studieneinschluss Blut zu entnehmen und es soweit aufzuarbeiten, dass es zur
weiteren Auswertung verwendbar blieb, wurde den Patienten das Blut jeweils zum
Zeitpunkt des Auftretens einer klinisch als empfindlich eingestuften Reaktion
entnommen. Aus organisatorischen Gründen und nach Neusortierung der Paare
waren die jeweiligen Einschlussdosen bei den zugeordneten Partnern nicht immer
identisch. Verschiedene Studien in der Vergangenheit zeigten, dass die
Strahlentherapie Einfluss auf die Empfindlichkeit der Lymphozyten hat (Vorobtsova
2001). Deshalb war zu Beginn dieser Studie nicht sicher, ob dieses Vorgehen die
Studienergebnisse beeinflussen würde.
Bei Blutentnahme nach der Strahlentherapie wurden in mit 6 Gy in-vitro bestrahlten
Lymphozyten deutlich mehr Chromosomenfragmente gefunden als bei einer
Entnahme vor Beginn der Therapie, wobei die unbestrahlten Lymphozyten keinen
Unterschied zeigten (Borgmann et al. 2002). Eine ähnliche Beobachtung wurde in
einer Studie mit 26 Strahlentherapiepatienten gemacht. Bei Blutentnahme nach
Strahlentherapie wurde bei einer in-vitro-Bestrahlung mit 0,7 oder 2 Gy eine deutlich
höhere Anzahl an Chromosomenaberrationen gefunden als bei einer Entnahme vor
der Therapie (Neubauer et al. 1996).
In der vorliegenden Studie ergab sich jedoch, dass die Teilkörperdosis bei
Blutentnahme keinen Einfluss auf die Ausprägung der Chromosomenaberrationen
hatte (Kap. 4.1.4). Aufgrund der Erhebung an einem kleinen Patientenkollektiv wäre
es dennoch empfehlenswert in einem größeren Patientenkollektiv die Blutentnahme
vor Beginn der Bestrahlung durchzuführen und die Werte dann erneut mit der
klinischen Akut- und Spätreaktion zu vergleichen. Unter Vereinfachung der
Methodik könnte sich so ein Ansatz zum echten präradiotherapeutischen Screening
entwickeln.
Diskussion
68
Ein Zusammenhang zwischen der Ausprägung der Chromosomenaberrationen
und der Ausprägung der akuten Nebenwirkungen konnte sowohl in den in-vitro
nicht zusätzlich bestrahlten Proben als auch in den in-vitro mit 2 Gy bestrahlten
Proben festgestellt werden
Die Zahl der Chromosomenaberrationen wurde in nach Teilkörperbestrahlung
gewonnenen Lymphozyten und in zusätzlich mit 2 Gy bestrahlten Lymphozyten
bestimmt (Abb. 2a+b). Hierfür wurden die zu untersuchenden Lymphozyten nach
Stimulation in den Zellzyklus in der Metaphase arretiert und die Zahl der
Chromosomenaberrationen lichtmikroskopisch ausgezählt. Der Ansatz, dass eine
Zelle als Stellvertreter für alle Endzellen des Organismus aussagekräftig sein soll,
wird von manchen Forschern grundsätzlich abgelehnt. Die Frage, ob die Reaktion
aller Gewebe eines Individuums durch die Reaktion eines nicht näher definierten
Lymphozyten vorhersagbar ist, kann auch nicht durch ein einzelnes Experiment
entkräftet werden. Allerdings spricht die Zahl der positiven Experimente insgesamt
dafür, dass der Lymphozyt des peripheren Blutes eine gewisse Disposition des
Organismus zur Reaktion auf Bestrahlung widerspiegelt (z.B. Jones et al. 1995).
Insbesondere zeigen sich Lymphozyten besser geeignet als Fibroblasten (Borgmann
et al. 2002, Almodovar 2002), was das Vorgehen in dieser Studie bestätigte.
Insgesamt ergaben sich in dieser Arbeit signifikant höhere Werte für dizentrische
Chromosomen, azentrische Fragmente, die Summe aller Bruchereignisse und Brüche
pro Zelle in den unbestrahlten Proben der klinisch empfindlichen Patienten. In den
in-vitro-bestrahlten Proben konnte dies nur für die dizentrischen Chromosomen
nachgewiesen werden. Für Translokationen ergaben sich in dieser Arbeit keine
signifikanten Ergebnisse. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass dies mit der hier
verwendeten Färbetechnik ohne Bänderung zusammenhängt, da Translokationen in
dieser Färbung weniger häufig auffallen.
Um die Methodik für eine anschließende Studie zu vereinfachen, wurde die
Auswertung unter Berücksichtigung von nur 50 Zellen wiederhohlt. Hier zeigte sich
ebenfalls eine deutliche Signifikanz für dizentrische Chromosomen. In der
logistischen Regression wurde ebenfalls ein positiver Vorhersagewert für die
dizentrischen Chromosomen festgestellt. Bei höheren Werten für dizentrische
Chromosomen liegt mit höherer Wahrscheinlichkeit eine klinische Empfindlichkeit
Diskussion
69
vor. Dabei geht eine Sensitivität von 70% mit einer Spezifität von ebenfalls ca. 70%
einher. Eine Korrelation ist somit gegeben, der mit diesem Modell berechnete
Vorhersagewert bleibt jedoch gering.
Auch Gershkevitz et al. fanden, dass die Rate dizentrischer Chromosomen in
peripheren Lymphozyten des Frischblutes deutlich niedriger ist als nach
Teilkörperbestrahlung, wobei der Wert von Dosis und Bestrahlungsvolumen
beeinflusst wird. Es wurde eine Korrelation von bestrahltem Knochenmark und Zahl
der
dizentrischen
Chromosomen
aufgezeigt,
eine
Korrelation
zur
Normalgewebsreaktion fand sich hier nicht (Gershkevitz et al. 2002). Eine andere
Arbeitsgruppe betrachtete als Indikator der individuellen Strahlenempfindlichkeit die
Anzahl der zusätzlichen, azentrischen Fragmente. Unter der Annahme, dass ein
dizentrisches Chromosom immer zusammen mit einem azentrischen Fragment
auftritt, wurde aus der Differenz der beiden Messgrößen die Zahl der zusätzlichen
azentrischen Fragmente berechnet. Hier fand sich, dass die Anzahl der zusätzlichen
azentrischen Fragmente mit dem Grad der Spätreaktion nach Strahlentherapie
korrelierte (Borgmann et al. 2002).
Viele neuere Arbeiten befassen sich mit der genetischen Analyse mittels Microarray,
die simultan eine Vielzahl von Genen und Gendefekten aufzeigen kann. In der
Arbeitsgruppe von Andreassen et al. wurden sieben single nucleotice polymorphisms
(SNP’s) auf Kandidatengenen untersucht; zwischen diesen Mutationen und der
klinischen Strahlenreaktion (Fibrose) findet sich eine gute Korrelation (Andreassen
et al. 2002). Sprung et al. untersuchten das Vorkommen von Micronuclei in
Zelllinien (Fibroblasten und Lymphoblasten) von klinisch strahlenempfindlichen
Patienten und fanden ein signifikant höheres Vorkommen von Micronuclei als bei
Patienten mit normalen Reaktionen im Rahmen der Strahlentherapie (Sprung et al.
2005). Es wird deutlich, dass zur Zeit viele verschiedene Ansätze untersucht werden,
um eine genetische Prädisposition bei klinisch strahlenempfindlichen Patienten zu
identifizieren und gleichzeitig einen prädiktiven Test zu entwickeln.
Das Editorial von Russel und Begg zeigt in der Zeitschrift Radiotherapy Oncology
sehr systematisch die verschiedenen methodischen Probleme der prädiktiven Tests
auf (Russel und Begg 2002). Neben den labortechnischen Aspekten (Temperatur,
Substanzen, Konstanz der Protokolle über die Zeit) werden vor allem die klinischen
Diskussion
Probleme
70
(scoring,
Einflussfaktoren,
Strahlentherapie,
Einheitlichkeit
von
Maßnahmen der Prophylaxe und Therapie der Nebenwirkungen) ausführlich
beleuchtet. In einem Zwischenabsatz zur klinischen Seite wird formuliert, wie ein
optimales Projekt zu prädiktiven Tests klinischerseits zu führen sei; in dieser Studie
werden diese Parameter alle adäquat berücksichtigt.
Die hier vorgelegten Daten tragen dazu bei, die Bedeutung der biologischen
Strahlenempfindlichkeit für das Ausmaß der akuten Normalgewebsreaktionen zu
bekräftigen. Sie helfen, dem Ziel näher zu kommen, einen prädiktiven Test zu
entwickeln, mit dem die klinische Strahlenempfindlichkeit vorhergesagt werden
kann.
Zusammenfasung
71
6 Zusammenfasung
Bei einer Strahlentherapie kommt es neben der Zerstörung von Tumorgewebe bei 15% der Patienten zu erheblichen langfristigen Normalgewebsveränderungen. Ein
wichtiges
Ziel
in
der
onkologischen
Strahlentherapie
ist
daher,
die
Strahlenempfindlichkeit von Patienten unter der Annahme einer genetischen
Disposition
prädiktiv
zu
erfassen,
um
eine
Individualisierung
von
Behandlungskonzepten zu ermöglichen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde mittels einer Paar-Analyse der
Zusammenhang zwischen der individuellen klinischen Strahlenempfindlichkeit und
genetischer Korrelate untersucht. Das Ausmaß der akuten Normalgewebsreaktion
definierte
hierbei
die
klinische
Strahlenempfindlichkeit,
die
Anzahl
der
Chromosomenaberrationen in Lymphozyten des peripheren Blutes die genetische
Korrelation.
Die Studie umfasste 30 Patientenpaare. Diese setzten sich jeweils aus Patienten mit
auffälliger Strahlenreaktion und solchen ohne Auffälligkeiten zusammen. Die
zugeordneten Patienten waren jeweils bezüglich des Tumors, der Therapie und der
Kofaktoren vergleichbar. Die klinische Einteilung erfolgte mittels der EORTC/
RTOG Klassifikation. Um die genetisch bedingte Strahlenempfindlichkeit zu
bestimmen, wurde den Patienten jeweils zum Zeitpunkt des Auftretens einer klinisch
als empfindlich eingestuften Akutreaktion (nach Teilkörperdosis) eine Blutprobe
entnommen. Mittels der konventionellen Metaphasen-Technik wurde die Zahl von
Chromosomenaberrationen bestimmt, sowohl mit als auch ohne zusätzliche in-vitroBestrahlung mit 2 Gy.
Für die Zahl der spontanen, sowie der strahleninduzierten Chromosomenaberrationen
fand sich keine Abhängigkeit von der Teilkörperdosis oder klinischen Faktoren, die
bei der Zuordnung nicht berücksichtigt wurden.
Es zeigten sich signifikant unterschiedliche Werte für das Auftreten dizentrischer
Chromosomen, azentrischer Fragmente, für die Summe der Gesamt-Bruchereignisse
und die Brüche pro Zelle sowie für dizentrische Chromosomen nach in-vitroBestrahlung. Dieser Unterschied findet sich bereits bei der Auszählung der ersten 50
Zellen. In der logistischen Regression blieb nur die Rate dizentrischer Chromosomen
signifikant. Dabei ging eine Sensitivität von 70% mit einer Spezifität von ebenfalls
Zusammenfasung
72
ca. 70% einher. Somit war zwar eine eindeutige Korrelation gegeben, der mit diesem
Modell berechnete Vorhersagewert ist jedoch als gering einzustufen.
Um einen Ansatz zum echten präradiotherapeutischen Screening zu entwickeln,
müssen die Ergebnisse an einem größeren Patientenkollektiv und unter
Vereinfachung der Methodik überprüft werden.
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73
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Danksagung
79
8 Danksagung
Herrn Prof. Dr. med. Jürgen Horst danke ich für die Möglichkeit der Promotion,
seine freundliche Unterstützung und sein Interesse an dieser Arbeit.
Bei Frau Dr. Rita Exeler bedanke ich mich für die Betreuung meiner Doktorarbeit
und die ständige Diskussionsbereitschaft.
Ich bedanke mich bei allen Mitarbeitern der Abteilung für Strahlentherapie der
Universitätsklinik Münster, insbesondere bei Frau Dr. Dorothea Riesenbeck, die das
Projekt ins Leben gerufen hat und die auch nach Abschluss des Projektes und dem
Antritt einer neuen Arbeitsstelle stets ein offenes Ohr für mich hatte.
Meiner Mutter, Marianne Saß und Mahvash Dorenkamp danke ich für die
Einführung in die Laborarbeit und die stetige Hilfe bei der mikroskopischen
Auswertung.
Ein grosses Dankeschön an Caren Liebscher, die die Statistik durchführte.
Julia und Jürgen, Euch ein Riesendank für all die Tipps und Tricks, die mir halfen,
mit dem Computer fertig zu werden.
Astrid: Danke für das Korrekturlesen dieser Doktorarbeit und manch hilfreichen
Tipp.
Danke an alle, die an den Abschluss dieser Arbeit geglaubt haben und mich
diesbezüglich immer wieder ermunterten und motivierten!
Konrad, Dir danke ich für Deine Geduld und Fürsorge, wann immer ich ein kleiner
Griesgram war...
Mama und Papa: Danke für alles, Ihr seid die Besten!
Danksagung
80
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