1 Vor- und Frühgeschichte Mitteleuropas im Überblick III: die Eisenzeit 1. Die ältere Eisenzeit im zentralen Mittelmeerraum Phöniker Im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. setzen die Handelsaktivitäten der Phöniker (u.a. Stadtstaaten von Byblos, Sidon und Tyros) im Zentral- und Westmittelmeerraum ein. Bald darauf werden Handelsniederlassungen und Kolonien in Nordafrika, im westlichen Sizilien, auf Sardinien sowie an der Südküste der Iberischen Halbinsel gegründet (z.B. Karthago, Nora, Sulcis, Cadiz). Griechenland Die große griechische Kolonisation beginnt im 8. Jahrhundert v. Chr., als Kolonien an vielen Stellen der europäischen Südküste zwischen Katalonien und Georgien gegründet werden. Das älteste Emporion (Handelsniederlassung) in Italien ist Pithekoussai auf der Insel Ischia (ca. 770 v. Chr.); die älteste Kolonie ist Kyme (ca. 750 v. Chr.) in Kampanien. Italien Der Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit Die späte Bronzezeit in Italien wird „Protovillanovazeit“ genannt (1200 - 950/920 v. Chr.); die ältere Eisenzeit bezeichnet man als „Villanovazeit“ (950/920 – 730/720 v. Chr.). Der Name Villanovazeit/-kultur stammt von einem 1853 von G. Gozzadini in Villanova, einem Vorort von Bologna, ausgegrabenen Brandgräberfeld. 1937 wurde von G. Patroni der Begriff Protovillanova eingeführt, um spätbronzezeitliche Funde zu kennzeichnen, aus welchen sich die eisenzeitliche Villanovakultur entwickelte. Die Protovillanova-Funde sind über weite Teile Italiens überraschend einheitlich. Im Gegensatz dazu entstehen während der älteren Eisenzeit archäologische Kulturen, die mehr oder weniger deutlich mit den historischen Völkern Italiens übereinstimmen. Parallel mit diesem Prozess der „Ethnogenese“ entstehen große „protourbane“ Zentralsiedlungen (Stadtwerdung). U.a. handelt es sich um: - Die Villanovakultur, vor allem zwischen Tiber und Arno (Etrurien), jedoch auch um Bologna, in der östlichen Romagna (z.B. Verucchio), in der Umgebung von Fermo in den Marchen und in Kampanien (z.B. Pontecagnano). Brandbestattungen. = Etrusker - Die Golaseccakultur in der Lombardei. Brandbestattungen. = Lepontische Sprachgruppe - Die Este-Kultur in Venezien. Brandbestattungen. = Veneter - Die sog. Latiale Kultur in Latium. Zunächst Brandgräber, aber schon früh Wechsel zur Körperbestattung. = Latiner - Südlich und östlich davon gibt es eine Anzahl von Kulturen mit Körpergräbern: die Mitteladriatische Kultur (= Picener), die Iapygische Kultur Apuliens (=Dauner, Messapier, Peucater usw.) und die sogenannten Fossakulturen (= Umbro-Sabellische Sprachfamilie). Etrurien Chronologie Folgende chronologische Stufen werden für die Eisenzeit Etruriens verwendet: Protovillanovazeit: 1200 - 950/920 v. Chr. Villanovazeit, Stufe I: 950/920 – 800 v. Chr. Villanovazeit, Stufe II: 800 – 730/720 v. Chr. ältere orientalisierende Stufe: 730/720 – 670 v. Chr. mittlere orientalisierende Stufe: 670 – 630 v. Chr. jüngere orientalisierende Stufe: 630 – 580 v. Chr. Archaische Stufe: 580 – 480 v. Chr. 2 „Proto-urbane“ Siedlungen in Etrurien Zwei Verbreitungskarten von F. di Gennaro zeigen 1) die Besiedlungsstruktur Südetruriens in der Protovillanovazeit und 2) die Besiedlungsstruktur im gleichen Gebiet während der Villanovazeit. Auf der ersten Karte sehen wir zahlreiche kleine Siedlungen, oft in schwer zugänglichen Lagen (über 70, durchschnittliche Siedlungsfläche 4,5 ha); auf der zweiten Karte nur wenige Großsiedlungen in verkehrsgüngstigen Lagen (gute Verbindungen zum Meer). Am Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit gab es also tiefgreifende Änderungen in der Siedlungsstruktur. Am Beginn der Eisenzeit wurden große flache Plateaus umgeben von Steilhängen für Siedlungen ausgewählt (Größe reicht von 126 ha [Veji] bis 185 ha [Vulci]; die Entfernungen zwischen den „proto-urbanen“ Siedlungen reichen von 21 km bis 38 km). Früher glaubte man, dass auf den Plateaus lediglich mehrere dorfartige Siedlungen existierten, jeweils mit einem eigenen Gräberfeld. Prospektionen in den letzten Jahren weisen jedoch darauf hin, dass die Siedlungsplateaus eher flächendeckend besiedelt wurden (Veji, Tarquinia). Die Konzentration der Bevölkerung in wenigen Zentralsiedlungen setzt eine gewisse gesellschaftliche Organisation und wohl neue politische Führungsorgane voraus. Beispiele: - Veji: Gräberfelder von Quattro Fontanili (630 Gräber ausgegraben), Grotta Gramiccia (799 Gräber ausgegraben), Casale del Fosso, Valle La Fata usw. - Cerveteri: Gräberfelder von Sorbo, Monte Abatone, Monteroni, Ceri usw. - Vulci: insgesamt 18 Bestattungsplätze der Villanovazeit. Die Gräberfelder gehören zu Gruppierungen innerhalb der Siedlungsgemeinschaft, wie etwa Verwandtschaftsgruppen oder territoriale Gruppen (Ackergemeinschaften). Weil die früheisenzeitlichen Großsiedlungen fast immer bis in historische Zeit weiterbesiedelt wurden, sind die ältesten Siedlungsphasen durchweg sehr schlecht erhalten. Die vorherrschende Bestattungssite in der Villanovakultur war die Leichenverbrennung. Die verbrannten Knochen wurden in einer Urne aufbewahrt, die in einer Grube („Tomba a pozzo“; pozzo = Brunnen) deponiert wurde. Die Grube konnte entweder einfach oder mit einer Steinfassung versehen sein. Gelegentlich gibt es im Grab ein großes Vorratsgefäß, in dem sich die Urne befindet („Tomba a ziro“). Im südlichen Etrurien findet sich im Grab manchmal ein Behältnis aus Tufa. Im Verlauf der älteren Eisenzeit wurden Körperbestattungen immer häufiger (zuerst in den Fossakulturen Süditaliens, dann in Latium, schließlich in Etrurien – obwohl manche Zentren, wie z.B. Chiusi, der Leichenverbrennung immer treu blieben). Die Urnen, die immer eine Deckschale haben, sind meist doppelkonisch und mit einer Kammverzierung versehen (Zinnlamellenverzierung ist seltener). Geometrische Motive sind am häufigsten: Mäander, Zick-Zack und Metopen. In der ersten Villanovaphase (Villanova I) findet man gelegentlich Deckel in Form eines Glockenoder Kammhelms. In Villanova II sind manchmal auch bronzene Helme vertreten. Der Verstorbene wurde also als Krieger bestattet. Im Gegensatz zu der Siedlungsstruktur Südetruriens war Nordetrurien von zwei direkt an der Küste liegenden Zentren dominiert: Vetulonia und Populonia. Diese Zentren liefern die ältesten Belege für Kontakte mit der Außenwelt. Populonia und Vetulonia waren wohl kleiner als die Plateausiedlungen Südetruriens: 35-40 ha im Falle von Vetulonia; bei Populonia ist die Ausdehnung der eisenzeitlichen Siedlungen unsicher. Die Öffnung Etruriens zur Aussenwelt und die orientalisierende Phase Sardinien und der Ostmittelmeerraum Am wichtigsten im 9. Jahrhundert sind Kontakte mit Sardinien: so finden wir sardische Funde in Etrurien und Villanovafunde in Sardinien. Man gewinnt den Eindruck, dass die erste Phase in der Öffnung zur Aussenwelt von den nordetruskischen Zentren Populonia und Vetulonia betrieben wurde. Grund für die Bedeutung Nordetruriens zu dieser Zeit könnten vielleicht seine Erzvorkommen sein. Wir wissen, dass Sardinien mit Zypern und Phönizien in Kontakt stand – wie etwa sardische Kleinbronzen (z.B. Dreifussmodelle) belegen. Regelrechte phönikische Siedlungen in Sardinien werden jedoch erst ins 8. Jahrhundert v. Chr. datiert (z.B. Stein mit phönikischer Inschrift von Nora um 800 v. Chr.). Es ist davon auszugehen, dass die Kontakte über Zypern – Sardinien – Nordetrurien eigentlich auf phönikischen Handelsaktivitäten basieren. 3 Die Griechen Am Beginn der zweiten Villanovaphase (Villanova II, um 800 v. Chr.) treten erste Belege für Kontakte mit den Griechen auf: dabei handelt es sich um mittel- und spätgeometrische Keramik (vor allem aus Euböa) in Südetrurien. Nach Strabo gilt Kyme als die älteste griechische Kolonie Italiens (ca. 750 v. Chr.). Die Handelsniederlassung (Emporion) von Pithekoussai auf der Insel Ischia hat noch ältere Funde, die eine griechische Anwesenheit ab etwa 775 v. Chr. wahrscheinlich machen. Die mittel- und spätgeometrische Importkeramik erlaubt eine genaue absolute Datierung der zweiten Stufe der Villanovakultur: Villanova IIA: Villanova IIB: Villanova IIIA: 800-760 v. Chr. 760-730/20 v. Chr. ab 730/20 v. Chr. (mit protokorinthischer Importkeramik) In der Stufe Villanova II finden wir nicht nur euböische Importfunde, sondern darüber hinaus Importfunde der Phöniker, wie z.B. Siegelsteine, Skarabäen, verschiedene Anhänger (z.B. kleine Figürchen aus Fayence) usw. Im 8. Jahrhundert gibt es darüber hinaus Belege für ausländische Handwerker in Etrurien, die Imitationen von griechischer bemalter Keramik hergestellt haben (sog. Italo-geometrische Keramik). Bald wurden auch einheimische Gefäßformen mit der neuen Technologie produziert. Die fremden Einflüsse in der Keramikproduktion sind lediglich ein Element einer allgemeineren Tendenz: Einflüsse aus der Ägäis und dem östlichen Mittelmeerraum finden wir ebenfalls in der etruskischen Bewaffnung, in Goldarbeiten, in Bestattungssitten, in Trink- und Eßsitten usw. Die orientalisierende Phase Außer zu den Griechen gab es Kontakt mit und Einfluss aus dem östlichen Mittelmeerraum und dem Vorderen Orient – in Form von Importen und Imitationen. Aus diesem Grund spricht man von einer orientalisierenden Phase (730/720 – 580 v. Chr.). Sie spielte eine außerordentlich wichtige Rolle bei der Herausbildung der etruskischen Kunst und Kultur. Während die ersten Importe aus dem östlichen Mittelmeerraum schon in vorkolonialer Zeit erscheinen (etwa in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts), werden sie ungleich häufiger nach dem letzten Viertel des Jahrhunderts – und zwar vor allem in Form von wertvollen Luxusgütern. Während bisher die Kunst sich im Wesentlichen auf geometrische Motive beschränkte, treten in der orientalisierenden Phase Tierdarstellungen (Hirsch, Eber, Ziege, Rind, Löwe, Vögel usw.), Mischwesen (Sphinge, Greif, Chimära, Pegasus, Centaur usw.), vegetale Motive (Palmette, Lotusblüte, Rosette, Baum usw.) usw. auf. U.a. kommen erzählerische Darstellungen vor – wie z.B. die Löwenjagd, die „Herrin der Tiere“, mythologische Szenen usw. Diese künstlerische Blüte wurde von der Kunst verschiedener Regionen des Vorderen Orients stimuliert: besonders Ägypten, Assyrien, Phönikien, Zypern, Nordsyrien und Urartu. Seit der Mitte des 7. Jahrhunderts gibt es weitere Belege für griechische Handwerker in Etrurien (z.B. Vase aus einer Werkstatt in Cerveteri mit der Inschrift „Aristonothos epoisen“). Erst in den letzten Jahrzehnten des 7. Jahrhunderts finden wir echte Szenen der griechischen Mythologie in der etruskischen Kunst. Während der orientalisierenden Periode gab es zahlreiche wertvolle Importe aus Griechenland und dem Ostmittelmeerraum, z.B. Elfenbein, nordsyrische Protomenkesseln, Gegenstände aus Fayence (z.B. die sog. „Bocchoris-Vase“ aus Tarquinia), silberne Kleeblattkannen und Schüsseln, nordsyrische Siegelsteine, verzierte Strausseneier usw. Solche importierte Gegenstände stammen aus einer beschränkten Anzahl von reichen Gräbern mit aufwendigen Beigaben. Man hat den Eindruck, dass der Handel mit dem Ostmittelmeerraum von einer kleinen Schicht vornehmer Etrusker betrieben wurde. Die importierten Luxusgüter haben oft mit festlichen Gelagen (Kannen, Kesseln, Trinkgefäße usw.) oder der Körperpflege (Parfum-, Salbgefäße usw.) zu tun. Man geht davon aus, dass es sich bei dieser gesellschaftlichen Gruppe um die Aristokratie der etruskischen „protourbanen“ Zentren handelt. Die Entwicklung der Grabarchitektur Waren die Gräberfelder der ersten Villanovaphase (Villanova I) von einer ausgeprägten Einheitlichkeit, finden wir gegen Ende des 9. Jahrhunderts bzw. am Beginn des 8. Jahrhunderts erste Anzeichen zunehmender gesellschaftlicher Unterschiede: die Grabbeigaben werden reichhaltiger und gleichzeitig weniger einheitlich. Am Übergang von Villanova I zu II sehen wir z.B. zum ersten Mal Pferdegeschirr und Bronzegefäße als Grabbeigaben; ebenfalls tauchen nun Waffen in Gräbern häufiger auf. Manchmal enthalten die Gräber in Villanova II sogar Importfunde – etwa euböische Keramik, phönikische Fayence-Gegenstände oder Siegelsteine. 4 Um 800 v. Chr. bzw. im 8. Jahrhundert treten die ersten Grabhügel auf, wie etwa die „Tomba del rasoio lunato“ in Populonia (ein Kuppelgrab) oder die „Tombe a circoli“ von Vetulonia, Poggio della Granate. Diese Grabhügel wurden offensichtlich über den Bestattungen besonders gehobener gesellschaftlicher Gruppen erbaut. Dies zeigen die reichen Grabbeigaben – Goldgegenstände, Schwerter, Bronzehelme oder Bronzene Spindeln. In Villanova II kommen größere, tiefere und kompliziertere Pozzo- und Fossa-Gräber – manchmal mit seitlichen Nischen – auf; hier sehen wir die Vorgänger der Kammergräber, die in der orientalisierenden Phase die vorherrschende Grabform werden. Regelrechte Prunkgräber begegnen uns erst in der orientalisierenden Phase. Sie beinhalten dann oft wertvolle importierte Luxusgüter aus dem östlichen Mittelmeerraum – zuweilen die ältesten Zeugnisse der etruskischen Schrift und Sprache. Anzuführen sind u.a. das „Bocchoris-Grab“ von Tarquinia, die „Tomba Bernardini“ und „Tomba Barberini“ von Praeneste und die „Tomba Regolini-Galassi“ in Cerveteri. Urbanisierung Die tiefgreifenden Veränderungen in der etruskischen Kunst sind nur ein Beispiel für Umwälzungen in der gesamten etruskischen Kultur. Hand in Hand mit den Entwicklungen in der künstlerischen Produktion gab es im 7. Jahrhundert v. Chr. immer häufigere Belege für handwerkliche Spezialisierung, in der Töpferei, in der Buntmetallproduktion, in Goldarbeiten usw. In der orientalisierenden Phase sehen wir die ersten monumentalen Kunstwerke (z.B. die weibliche Statue aus dem „Tomba Pietrara“ von Vetulonia, die Tonstatuen aus der „Tomba delle Cinque Sedie“ von Cerveteri). In der zweiten Hälfte des 7. Jahrhundert sind die Kammergräber oft in Form von rechteckigen Räumen mit Giebeldach gestaltet und können aus mehreren Räumen bestehen. Die Grabarchitektur zeigt, dass wenigstens die etruskische Oberschicht nun nicht mehr in den ovalen Hütten der Villanovazeit sondern in rechteckigen Häusern mit Steinfundamenten, Lehmziegelmauern und Ziegeldächern wohnte. Inschriften zeigen ferner, das die gentile Namensform in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhundert v. Chr. weit verbreitet war; sie zeigt wohl die Entstehung einer neuen bürgerlichen Oberschicht. Seit dem Beginn des 6. Jahrhunderts werden Grabbeigaben und Grabbauten immer weniger aufwendig. Gleichzeitig nimmt die Leichenverbrennung wieder zu. In Latium war diese Änderung in den Grabsitten durch Gesetze gegen Aufwand und Luxus geregelt. In der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. finden wir erste Anzeichen für Stadtplanung, wie z.B. die Stadtmauer aus Lehmzeigeln von Rosellae. In Veji gab es gegen Ende des 7. Jahrhunderts die ersten Belege für Tempelanlagen (Piazza d’Armi, Portonaccio). Der Tempel der Piazza d’Armi gilt als ältestes Exemplar Etruriens (Dachziegeln und Terrakotta-Fries mit Hopliten-, Streitwagen- und Reiter-Darstellungen). Den typischen, dreiteiligen Tempel Etruriens kennen wir erst um 580/570 v. Chr. aus Rom (Tempel des Jupiter Capitolinus, Tempel unter der Kirche von S. Omobono). An der Piazza d’Armi gibt es ferner den ersten geplanten urbanen Komplex mit Häusern in Wohnblöcken (insulae). Im 6. Jahrhundert ist das urbane Gebiet von Veji in Areale für private Wohnhäuser und öffentliche Areale bzw. Kultareale gegliedert. Nun ist der Prozeß der Urbanisierung komplett. Aus der zweiten Hälfte des 7. Jahrhundert sind außerdem die ältesten Paläste Etruriens zu Tage gekommen: vor allem Murlo, „Poggio Civitate“ bei Siena (Phase I: ab ca. 650 v. Chr.; Phase II: um 600/590 v. Chr.). Zur zweiten Phase von Murlo gehören feine Terrakotten, insbesondere fast lebensgroße männliche und weibliche sitzende Figuren. Wichtig ist ferner das kleine Zentrum von Acquarossa bei Viterbo (ca. 80 km nördlich von Rom) mit Hofanlagen aristokratischer Familien (spätes 7. Jahrhundert v. Chr.). Am Ende des 7. Jahrhunderts gründeten etruskische Zentren wie Cerveteri, Tarquinia und Vulci Hafenanlagen an der tyrrhenischen Küste (Cerveteri: Pyrgi; Tarqunia: Gravisca; Vulci: Regae). Die Siedlungsfläche von Pyrgi (ca. 10 ha) war mit einem orthogonalen Plan ausgelegt; die Häuser hatten steinerne Fundamente, Dachziegeln und Brunnen. Aus dem bekannten Heiligtum des späten 6. Jahrhunderts stammen die bekannten Inschriften auf Goldblechen. Aus dem Heiligtum von Gravisca kennen wir zahlreiche Opfergaben von Griechen, u.a. ein Ankerstein mit Inschrift von Sostratos (einem griechischen Händler aus Ägina). Die inneralpine Kulturentwicklung Aus den schriftlichen Quellen (Strabo, Plinius usw.) wissen wir, dass der inneralpine Raum von rätischen Stämmen bewohnt war: vom Alpenrheintal im Westen bis Tirol im Osten. Sie benutzen eine nicht IndoEuropäische Sprache. Ob es sich bei den Rätern um einen Stammesverband kultischer und/oder politischer Natur handelt, ist anzunehmen, ist jedoch nicht endgültig bewiesen. 5 Zu den kulturgeschichtlichen Besonderheiten im Rätergebiet zählt das Aufkommen der Schrift in der Zeit um 500 v. Chr. Sie gelangte über die benachbarten Etrusker, die ihren Machtbereich im 6. Jahrhundert v. Chr. bis in die Po-Ebene ausgedehnt hatten, zu den Venetern und ins Alpeninnere (sog. „nordetruskisches Alphabet“). Dort fand sie vornehmlich im kultischen Bereich Verwendung für Votivinschriften und auf Grabstelen. Mit Hilfe der rund 300 Inschriften im „nordetruskischen“ Alphabet werden vier Schriftvarianten unterschieden: die Alphabete von Lugano, von Sondrio-Valcamonica, von Bozen und von Magrè. Anhand dieser Schriftzeugnisse läßt sich das Verbreitungsgebiet der rätischen Sprachfamilie erschließen. Neben den historischen und sprachwissenschaftlichen Quellen gibt es außerdem archäologische Belege für eine eigenständige Kulturgruppe im inneralpinen Raum, die allgemein mit den Rätern im Zusammenhang gebracht wird. Sie wird in die „Laugen-Melaun-Gruppe“ der jüngeren Bronze- und älteren Eisenzeit (ca. 13.-6. Jahrhundert v. Chr.) und die „Fritzens-Sanzeno-Gruppe“ der jüngeren Eisenzeit (spätes 6. Jahrhundert bis zu den Alpenfeldzügen im Jahr 15 v. Chr.) gegliedert. 6 Einführende Literatur Etrurien A. M. Bietti Sestieri, Italy in Europe in the Early Iron Age. Proceedings of the Prehistoric Society 63, 1997, 371 ff. G. Camporeale, Die Etrusker (Düsseldorf/Zürich 2003). F. Coarelli (Hrsg.), Die Städte der Etrusker (Freiburg im Breisgau 1974). M. Cristofani u.a., Die Etrusker (Stuttgart/Zürich 1985). M. Cygielman (Hrsg.), Etrusker in der Toskana. Ausstellungskat. Frankfurt a. M. (Frankfurt a. M. 1988). F. Falchetti/A. Romualdi, Die Etrusker (Darmstadt 2000). H. Hencken, Tarquinia, Villanovans and Early Etruscans. American School of Prehistoric Research, Bulletin 23 (1968). M. Pallottino, Etruskologie (Basel/Boston/Berlin 1988). M. Pallottino, Italien vor der Römerzeit (München 1987). D. Ridgway/F. R. Ridgway (Hrsg.), Italy before the Romans (London/New York/San Francisco 1979). S. Steingräber, Etrurien. Städte, Heiligtümer, Nekropolen (München 1981). M. Torelli, Die Etrusker. Geschichte, Kultur, Gesellschaft (Wiesbaden 1988). Griechische Handelsleute und Kolonisten D. Ridgway, The First Western Greeks (Cambridge 1992). Rom T. J. Cornell, The beginnings of Rome (London 1995). A. Momigliano, The origins of Rome. In: Cambridge Ancient History VII/2 (1979) 52 ff. M. Torelli, Archaic Rome between Latium and Etruria. In: Cambridge Ancient History VII/2 (1989) 30 ff. Die inneralpine Kulturentwicklung B. Frei/R. Frei-Stolba/O. Menghin/J. Rageth/E. Risch, Das Räterproblem in geschichtlicher, sprachlicher und archäologischer Sicht. Schriftenreiche des Rätischen Museums Chur 28 (Chur 1984). P. Gleirscher, Die Räter (Chur 1991). I. R. Metzger/P. Gleirscher (Hrsg.), Die Räter – I Reti. Schriftenreihe Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (Bozen 1992). 7 2. Der Beginn der Eisenzeit auf der eurasischen Steppe: Kimmerier und Skythen „Der Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. – die frühe Eisenzeit – war durch tiefgreifende Veränderungen in Wirtschaft, Kultur und Lebensweise der Steppenbevölkerung Eurasiens gekennzeichnet. Die seßhaften Hirten und Ackerbauern, die die Steppen in der vorangehenden Epoche besiedelten, wurden von Nomadenstämmen verdrängt, die von nun an für viele Jahrhunderte die historische Entwicklung des riesigen, von der Donau im Westen bis in die Innere Mongolei im Osten reichenden Raumes bestimmten. Ihre Lebensgrundlage bildete die nomadische Viehwirtschaft.“ (Vjačeslav Murzin) Die Kimmerier und Skythen sind längst nicht das einzige Reiternomadenvolk, das die weiten nordpontischen Steppen bevölkerte, sie bilden nur die früheste von Osten hereinbrechende Völkerwelle, die wir kennen. Ihnen folgten unter anderen Sarmaten, Hunnen, Petschenegen, Ungarn und Mongolen. Wichtig für alle der genannten Völker war das Reiterkriegertum. Diese Art der Kriegsführung erscheint erst um etwa 1000 v. Chr.. Die Reiterkrieger bewohnten die Grassteppe, die sich über ca. 7.000 km vom Fuß der Karpaten bis in die Mongolei erstreckt. Wirtschaftliche Grundlage der reiternomadischen Stämme war die nomadische Viehwirtschaft, die eine maximale Nutzung der natürlichen Ressourcen der Steppenzone ermöglichte. Die Kimmerier Die ausführlichste Beschreibung der Geschichte der Kimmerier findet sich bei Herodot (IV, 11). Die einst in Zentralasien lebenden nomadischen Skythen zogen in das Land der Kimmerier im nördlichen Schwarzmeergebiet (wohl zwischen Dnjestr und Asowschem Meer). Die Kimmerier flohen nach Kleinasien, wo sie 714 v. Chr. in den assyrischen Annalen erwähnt werden. Sie waren in den folgenden Jahrzehnten in Kämpfen gegen die Urartäer, Assyrer und Phryger verwickelt und kämpften im 7. Jahrhundert v. Chr. zeitweise zusammen mit Medern und Skythen gegen Assyrien. C. Metzner-Nebelsick: „Das hohe Aggressionspotential der Kimmerier und ihre enorme Zerstörungswut wird in den Quellen immer wieder deutlich. Diese Berichte lassen auf eine in Kriegerbünden organisierte mobile Gesellschaft schließen, die die Strukturen der Macht nur über den Faktor Krieg bzw. Eroberung und entsprechende Beuteverteilung zu wahren vermochte. Phänomene dieser Art sind für spätere steppennomadisch geprägte Gesellschaften mit Reiterkriegerkomponente überliefert.“ Eine erstmalige zusammenfassende Publikation des sog. präskythischen Fundmaterials der nordpontischen Steppen- und Waldsteppenzone unternahm A. I. Terenožkin. Er brachte die „präskythischen“ Funde mit den Kimmeriern in Zusammenhang und gliederte sie in zwei Stufen bzw. Kulturgruppen: - Černogorovka-Gruppe: Gras-Steppe, sowohl 9. als auch 8. Jahrhundert v. Chr. - Novočerkassk-Gruppe: Waldsteppe und Nordkaukasus, 8. Jahrhundert v. Chr. Die typische Bestattungsform ist der Grabhügel (russisch: Kurgan): seitliche Hocker in der ČernogorovkaGruppe, gestreckte Körperbestattungen in der Novočerkassk-Gruppe. Die Männer sind mit Pfeilspitzen, Schwertern und Dolchen mit Eisenklingen und Bronzegriffen, Trensen und Trensenknebel aus Bronze oder Eisen ausgestattet. Die „präskythische“ bzw. kimmerische Kunst ist durch geometrische Ornamente gekennzeichnet (Kreise, Spiralen, Rhomben, Quadraten usw.). Thrako-Kimmerier In der älteren Forschung glaubten Wissenschaftler wie z. B. F. Holste (1940) an eine kimmerische Westwanderung in den Karpaten-Donauraum. Ein Teil der nach Herodots Überlieferung durch die Skythen vertriebenen Kimmerier wäre demnach nach Thrakien gewandert, hätte sich dort mit den einheimischen Stämmen verbündet und wäre dann z.T. nach Kleinasien und z.T. in das Karpatenbecken weitergezogen. Diese These von einem kurzzeitigen „thrako-kimmerischen“ Horizont am Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. (bzw. am Übergang von Urnenfelder- zur Hallstattzeit) blieb bis 1980 allgemeine Forschungsmeinung. In diesem Jahr wurde eine Untersuchung G. Kossacks veröffentlicht, in der er zeigen konnte, dass die sog. „präskythische“ Funde im Karpaten-Donauraum nicht nur in das 8., sondern schon in das 9. Jahrhundert v. Chr. datieren. Die Skythen Die Skythen sind erstmalig in assyrischen Keilschrifttexten aus der Regierungszeit des Großkönigs Asarhaddon (680-669 v. Chr.) genannt. In der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts spielen sie eine vorherrschende Rolle in Vorderasien (Herodot I, 106). Erst unter Dareios gelang es den Persern, die asiatischen Skythen zu besiegen (520/519 v. Chr.); die osteuropäischen Skythen konnte Dareios 513/512 v. Chr. allerdings nicht bezwingen. 8 Griechische Quellen liefern wichtige Informationen zu den Skythen. Die Griechen der pontischen Kolonien unterhielten enge Kontakte mit dem skythischen Hinterland. U.a. erfahren wir über verschiedene ethnische Gruppen, wie beispielsweise die Agathyrsen im Westen oder die Sauromaten im Osten. Nach den griechischen Beschreibungen tranken die Skythen den Wein unverdünnt und berauschten sich mit Hanfdampf. Sie waren ausgezeichnete Reiterkrieger (‚Pferdebogner’). Charakteristisch für die Skythen ist der Grabhügel bzw. Kurgan (russisch) oder Mogila (ukrainisch), der Höhen bis zu 20 m und Durchmesser bis zu 100 m erreicht. Auf der Spitze des Grabhügels stand in vielen Fällen eine Steinfigur in Menschengestalt: ein Krieger, dargestellt mit Schmuck und Waffen (Bogen, Köcher, Dolch – sog. „Akinakes“). Wichtige Studien zu den Skythen, insbesondere zur skythischen Kunst (der berühmte „Tierstil“), wurden in den letzten Jahrzehnten von G. Kossack veröffentlicht. Er konnte unter den archäologischen Hinterlassenschaften der Skythen eine erste Phase an der Wende vom 8. zum 7. Jahrhundert v. Chr. herausarbeiten (z. B. Kelermes im nördlichen Kaukasus). Seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. ist das Katakombengrab kennzeichnend. Unter den sehr reichen „Königsgräbern“, die in der Vorlesung beschrieben wurden, sind: Tolstaja mogila, Solocha-Kurgan, ČertomlykKurgan, Kul’-Oba-Kurgan. Wichtig sind ferner wegen der hervorragenden organischen Erhaltung im Permafrost die Gräber von Pazyryk; die Fundstelle Pazyryk liegt im Hochaltai und gehört nicht zu den Skythen, aber wohl zu einer eng verwandten Kulturgruppe. Die Vekerzug-Kultur Das östliche Karpatenbecken wurde seit ca. 600 v. Chr. von Bevölkerungsgruppen mit skythisch geprägter Sachkultur (Vekerzug-Kultur) aufgesiedelt. Die siebenbürgische Regionalgruppe der Vekerzug-Kultur wird mit den Agathyrsen in Verbindung gebracht, im Gebiet nördlich der unteren Donau ließen sich die Sigynnen nieder. Das Hauptverbreitungsgebiet der Vekerzug-Kultur ist die ungarische Tiefebene (Alföld). In benachbarten Gebieten erscheinen nur vereinzelt „skythische“ Elemente: vor allem Teile der Bewaffnung (u.a. dreiflügelige Pfeilspitzen, Eisenäxte) und des Reitzubehörs (u.a. Trensen vom Vekerzuger Typ). Reste von Reflexbögen, Schuppenpanzer, zoomorphe Schildbeschläge, kreuzförmige Köcherbeschläge, sog. „Nomadenspiegel“ und zoomorpheStangenaufsätze bleiben auf das Gebiet der Vekerzug-Kultur beschränkt. Witaszkowo (Vettersfelde) Der bekannteste Fund skythischer Art in Mitteleuropa kam am 5. Oktober 1882 nahe Witaskowo (ehem. Vettersfelde) in der Niederlausitz zum Vorschein. Es handelt sich um eine Ansammlung von Goldfunden – und ist eher als Depot- denn als Grabfund zu bezeichnen. U.a. gehören dazu: ein Zierblech eines Prunkschildes in Form eines Fisches, eine große Zierplatte vom Brustschmuck eines Panzers, zwei eiserne Dolche (sog. Akinakoi) mit goldenen Griff- und Scheidenteilen, ein Goldhalsring, ein Goldarmring mit schlangenkopfförmigen Enden, ein Goldohrring, eine goldene Kette usw. Diese reich verzierten Goldgegenstände wurden wahrscheinlich im späten 6. Jahrhundert v. Chr. von Handwerkern in einer griechischen Kolonie an der Nordküste des Schwarzen Meers für einen skythischen „König“ gefertigt. Einfühende Literatur J. Chochorowski, Die Rolle der Vekerzug-Kultur (VK) im Rahmen der skythischen Einflüsse in Mitteleuropa. Prähist. Zeitschr. 60, 1985, 204-271. J. Chochorowski, Ekspansja kimmeryjska na Tereny Europy Środkowey (Krakau 1993). R. Eichmann/H. Parzinger (Hrsg.), Migration und Kulturtransfer. Der Wandel vorder- und zentralasiatischer Kulturen im Umbruch vom 2. zum 1. vorchristlichen Jahrtausend. Akten des Int. Kolloquiums Berlin, 23. bis 26. November 1999. Kolloquien zur Vor- und Frühgesch. 6 (Bonn 2001). B. Hänsel/J. Machnik (Hrsg.), Das Karpatenbecken und die osteuropäische Steppe. Nomadenbewegungen und Kulturaustausch in den vorchristlichen Metallzeiten (4000-500 v. Chr.). Prähist. Arch. in Südosteuropa 12 (München, Rahden/Westf. 1998). G. Kossack, Pferdegeschirr aus Gräbern der älteren Hallstattzeit Bayerns. Jahrb. RGZM 1, 1954, 111-178. C. Metzner-Nebelsick, Der „Thrako-Kimmerische“ Formenkreis aus der Sicht der Urnenfelder- und Hallstattzeit im südöstlichen Pannonien. Vorgesch. Forschungen 23 (Rahden/Westf. 2002). H. Parzinger, Vettersfelde – Mundolsheim – Aspres-lès-Corps. Gedanken zu einem skythischen Fund im Lichte vergleichender Archäologie. In: Kulturen zwischen Ost und West. Das Ost-West-Verhältnis in vor- und frühgeschichtlicher Zeit und sein Einfluß auf Werden und Wandel des Kulturraums Mitteleuropa (Berlin 1993) 203-237. 9 H. Parzinger/S. Stegmann-Rajtár, Smolenice-Molpír und der Beginn der skythischen Sachkultur in der Südwestslowakei. Prähist. Zeitschr. 63, 1988, 162-178. H. Parzinger, Die Skythen (München 2004). RGA2 16, 504-523. s. v. ‚Kimmerier’. RGA2 24, 395-412. s. v. ‚Reiternomaden’. RGA2 29, 36-44. s. v. ‚Skythen’. R. Rolle, Die Welt der Skythen (Luzern, Frankfurt a. M. 1980). R. Rolle/M. Müller-Wille/K. Schietzel (Hrsg.), Gold der Steppe, Archäologie der Ukraine. Ausstellungskat. Schleswig (Schleswig 1991). 10 3. Der Osthallstattkreis Der „Osthallstattkreis“ wurde nie präzise definiert. Es handelt sich um ein Gemenge recht heterogener Kulturgruppen der älteren Eisenzeit im Raum nordöstlich, östlich und südöstlich der Alpen (SW-Slowakei, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark, Kärnten, W-Ungarn, Slowenien, NW-Kroatien). Typisch für den gesamten Osthallstattkreis, der von ca. 800 bis ca. 550 v. Chr. (Ha C-D1) existierte, sind befestigte Höhensiedlungen und Hügelgräberfelder. Im Gegensatz zur charakteristischen Schwert-/Dolchbewaffnung des Westhallstattkreises herrscht im Osthallstattkreis die Beilbewaffnung vor. Ferner sind im Gegensatz zum Nordwestalpenraum mediterrane Importfunde selten (hauptsächlich italische Importgegenstände aus der SteiermarkGruppe und aus der Unterkrain). Als weiterer Gegensatz zum Westhallstattkreis leben viele späturnenfelderzeitliche Höhensiedlungen ohne Unterbrechung in die ältere Hallstattzeit fort. Ferner brechen die Höhensiedlungen sowie die großen Grabhügelfelder des Osthallstattkreises meist in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. ab. – im Gegensatz zum Westhallstattkreis, der einen Höhepunkt der Höhenbefestigungen und Großgrabhügel in der zweiten Hälfte des 6. und im 5. Jahrhundert v. Chr. erlebt. Das Ende der Höhensiedlungen im Osthallstattkreis hängt möglicherweise mit der Genese der Vekerzug-Gruppe um 600 v. Chr. zusammen. Die Kalenderberg-Gruppe Der Verbreitungsschwerpunkt der Kalenderberg-Gruppe bzw. –Kultur liegt in Niederösterreich, N-Burgenland, S-Mähren, SW-Slowakei und NW-Ungarn. In ihrem Verbreitungsgebiet gibt es zwar Riesengrabhügel wie der Großmugl (Höhe 16 m, Durchmesser 55 m), und vereinzelte reiche Gräber (z.B. das Schwertgrab von Gemeinlebarn), aber die Beigabenausstattungen setzen sich im Allgemeinen fast nur aus keramischen Objekten zusammen; Metallbeigaben spielen hier offensichtlich keine dominante Rolle als Prestigeobjekte. Vor allem aus dem Süden sind große befestigte Höhensiedlungen bekannt (z.B. Ödenburg-Burgstall, Donnerskirchen, Bad Fischau-Malleiten usw.). Charakteristisch in Gräbern ist ein bestimmter Satz von Tongegenständen bestehend aus Tonfeuerböcken, Fußschalen und Doppelgefäßen. Typisch ist ferner die knoppern- und leistenverzierte sog. Kalenderbergware. Diese wurde spezifisch für kultische Handlungen hergestellt. Auf den Tongefäßen der Kalenderberg-Gruppe befinden sich gelegentlich menschliche Darstellungen (z.B. sog. „Adorantendarstellungen“). Kompliziertere Darstellungen, etwa mit Leierspieler, Reiter oder Wagen, sind nur selten belegt (z.B. aus Sopron, Nové Košariská und Rabensburg). Wichtig für die Entstehung der ostalpinen Figuralverzierung waren wohl Kontakte mit der Basarabi-Kultur (Banat, Walachei). Chronologie im Raum südöstlich der Alpen Heutiger Stand der Chronologie, nach B. Teržan: Podzemelj 1 = Ha C1a Podzemelj 2 = Ha C1b Stična-Novo Mesto 1 = Ha C2 Stična-Novo Mesto 2 = Ha C2/D1 Schlangenfibel-Horizont = Ha D1/D2 Certosafibel-Horizont (Phase 1-2) = Ha D2/D3/Lt A Negau-Horizont (Phase 1-2) = Lt A/B1 Die Steiermark-Gruppe und verwandte Kulturgruppen Zentrum der Steiermark-Gruppe ist die österreichische und slowenische Steiermark (Steiermark bzw. Štajerska). Eng verwandt sind die Kaptol- (Kroatien), die SW- und die NO-pannonische Gruppen. Typische für alle der genannten Gruppen ist das Brandgrab im Grabhügel. Die Grabhügel haben gewöhnlich ein einziges Grab, welches aus einer steinernen Kammer mit Dromos bestehen kann. Im Vergleich mit der vorangehenden Urnenfelderzeit entsteht in der älteren Eisenzeit eine wesentlich größere Kluft zwischen außerordentlich reichen und prunkvollen Männer- und Frauengräbern auf der einen und Gräbern mit bescheidenen Beigaben auf der anderen Seite. Diese Unterschiede stehen in Relation zur Hügelgröße. Große Hügel in Einzellage enthalten sehr reiche Gräber von herausragenden Einzelpersonen mit aristokratischem Gepräge. Kleine Hügel, die meist in großen Gruppen beieinander liegen, weisen einfache Beigabenausstattungen auf (hauptsächlich Tongefäße). Es zeigt sich eine gesellschaftliche Differenzierung, die ab dem späten 8. Jahrhundert v. Chr. (Ha C1b) ersichtlich wird. Wichtige Grabhügelfelder befinden sich in der Nähe von großen befestigten Höhensiedlungen, wie z.B. der Burgstallkogel bei Kleinklein, die Poštela über Maribor im Drau-Tal, Gornja Radgona im Mur-Tal sowie Rifnik und Griže im Savinj-Tal. 11 Wichtigstes Zentrum der Steiermark-Gruppe ist der Burgstallkogel bei Kleinklein mit der dazugehörigen Sulmtalnekropole zwischen Goldes und Kleinklein (30 km südlich von Graz). Ausgrabungen am Burgstallkogel fanden in den 1980er Jahren durch die Universität Marburg statt. Die Besiedlung setzte im 9., vielleicht sogar im 10. Jahrhundert v. Chr., während der späten Urnenfelderzeit ein. Heute sind ca. 700 Tumuli in der Sulmtalnekropole erkennbar, 1883 konnte man sogar noch 1124 Grabhügel zählen. Darunter sind etwa 15 herausragende Bestattungen. Am reichsten sind die Grabbeigaben in einer Sondernekropole in der Nähe des Dorfs Kleinklein (Hartnermichelkogel, Pommerkogel, Kröllkogel). Die ältesten Elitengräber der Steiermark-Gruppe datieren in die Stufe Ha C1b, wie z.B. der Hartnermichelkogel bei Kleinklein oder Radkersburg (Bronzeschwerter, Lappenbeile, Helme usw.). Der Reichtum der Elitengräber nimmt mit fortdauernder Hallstattzeit zu: die reichsten gehören der Stična-Novo Mesto-Stufe an. Kennzeichnend für diese Elitengräber sind monumentale Steinbauten (Steinkammer mit Dromos), große Sätze luxuriös verzierter Tongefäße (Kröllkogel: ca. 80 Gefäße), Waffen (Tüllen- bzw. Lappenbeile, Lanzenspitzen, seltener Schwerter), Schutzwaffen (Kappenhelme, Schüsselhelme, Helme mit zusammengesetzter Kalotte, Brustpanzer), Pferdegeschirr und zahlreiche Bronzegefäße (Kröllkogel: 32, Pommerkogel: 26, Strettweg: 21 Bronzegefäße). Bei Frauenbestattungen kommen Schmuckgegenstände – teilweise aus Gold – vor. Aus Pannonien sind Elitengrabhügel von Süttő und Vaskeresztes anzuführen. Die unterkrainische Hallstattkultur (Dolenjska-Gruppe) In der slowenischen Unterkrain-Gruppe ist eine Vielzahl großer Höhensiedlungen zu verzeichnen, wie z.B. der Cvinger über Vir bei Stična (Fläche: 21 ha!), der Cvinger bei Doljenske Toplice, der Marof auf dem Kapiteljska njiva bei Novo Mesto, und weitere Beispiele bei Magdalenska gora, Vače, Šmarjeta, Podzemelj usw. In der Nähe der Höhenbefestigungen befinden sich ausgedehnte Grabhügelfelder. Die Grabhügel beinhalten meist nicht nur eine Person, sondern viele („Sippengrabhügel“). Zentralgräber scheinen nur selten angelegt worden zu sein und wenn doch, heben sie sich kaum durch besonderen Beigabenreichtum von den übrigen ab. Charakteristisch für die Grabhügel sind die in mehreren konzentrischen Kreisen um den Hügelfuß angeordneten Grabgruben mit gestreckten Körperbestattungen. Bei Ausgrabungen in Novo Mesto kamen beispielsweise aus 23 Grabhügeln über 700 hallstattzeitliche Körpergräber zum Vorschein. Die typische Grabsitte der unterkrainischen Hallstattkultur macht die große Bedeutung mächtiger Familien bzw. Sippen/Clans über viele Generationen deutlich. Ähnlich wie in der Steiermark-Gruppe lässt sich auch innerhalb der unterkrainischen Hallstattkultur beobachten, dass sich einige Gräber im Reichtum der Beigaben von der Normalbevölkerung abheben. Während in den meisten Männergräbern lediglich eiserne Lanzenspitzen und Streitäxte als Angriffswaffen gefunden werden, treten in den reicheren Gräbern beispielsweise bronzene Schutzwaffen (Helme, Glockenpanzer) und importierte Gegenstände auf (z.B. Panzergrab von Stična, Panzergrab und Dreifußgrab von Novo Mesto). In den reicheren Gräbern finden sich gelegentlich figürlich verzierte Bronzesitulen. Keine Seltenheit ist ferner die Beigabe von Zaumzeugteile für ein Reitpferd oder sogar die Beisetzung des Pferdes zusammen mit dem Verstorbenen (besonders häufig in Magdalenska gora). Die Situlenkunst Zu den wichtigsten Erzeugnissen des Handwerks im Südostalpenraum und Oberitalien gehören Bronzeblechgegenstände, die in der figürlichen sog. „Situlenkunst“ verziert sind (Bronzesitulen, Gürtelbleche und –haken usw.). Für eine Verbreitungskarte der Werke der Situlenkunst, siehe M. Egg, Jahrb. RGZM 46, 1999, 341 Abb. 18. Die Situlenkunst stellt eine originelle Kunstform dar, die ihren Ursprung vor allem Einflüsse aus der orientalisierenden Kunst Etruriens verdankt. Ihr Verbreitungsgebiet ist der Raum zwischen Bologna, Venetien und den Ostalpen. Die Bilderfriese der Situlen folgen standardisierten Erzählregeln, ihre Themen sind Kriegerzüge, Festlichkeiten, Zweikampfrituale und Libatien sowie Prozessionen von wilden und phantastischen Tieren. Die ältesten Exemplare der Situlenkunst stammen aus dem späten 7. Jahrhundert v. Chr. (z.B. das „Tintinnabulum“ aus einem reichen Frauengrab von Bologna); die jüngsten Erzeugnisse der Situlenkunst datieren in die ältere Phase des Negau-Horizonts (etwa Lt A). Seit den Studien von M. Hoernes (1891; 1894) wird in der Forschung angenommen, dass die Darstellungen der Situlenkunst ein Fest widergeben. Hoernes hat das gesamte Fest in drei Abschnitte gegliedert: Festzug mit kriegerisch gerüsteten oder friedlich gekleiderten Männer; Spiele (Faustkampf, Wettfahren, Wettreiten); Festmahl. K. Kromer (1980) hat das Fest genauer beschrieben (die Anreise; die Zuschauer; das Vorführen der Pferde und der Wagen; der Festzug und die am Opfer Beteiligten; der musische Wettstreit; der gymnische Wettstreit; der gemeinsame Umtrunk). 12 Einführende Literatur Bernstein- und Glasschmuck aus Novo Mesto, Slowenien. Ausstellungskat. Keltenmuseum Hochdorf/Enz (2003) 9-50 (= Einführung in die ältere Eisenzeit Sloweniens). C. Dobiat, Menschendarstellungen auf ostalpiner Hallstattkeramik. Eine Bestandsaufnahme. Acta Arch. Hung. 34, 1982, 279 ff. M. Egg, Zu den Fürstengräbern im Osthallstattkreis. In: E. Jerem u. A. Lippert (Hrsg.), Die Osthallstattkultur. Akten Internat. Symposium Sopron 1994 (Budapest 1996) 53 ff. M. Egg, Das hallstattzeitliche Fürstengrab von Strettweg bei Judenburg in der Obersteiermark. Monogr. RGZM 37 (Mainz 1996). M. Egg, Eie Wiederentdeckung eines osthallstättischen Fürstengrabes. Anmerkungen zum Fürstengrab im Hartnermichelkogel 1 bei Kleinklein. Jahrb. RGZM 51, 2004, 93-126. M. Egg/D. Kramer, Krieger - Feste – Totenopfer. Der letzte Hallstattfürst von Kleinklein in der Steiermark. Forschungen am RGZM 1 (Mainz 2005). A. Eibner, Zur Lesbarkeit der Bildsymbolik im Osthallstattkreis. Thraco-Dacica 14, 1993, 101 ff. O.-H. Frey, Die Enstehung der Situlenkunst. Röm.-Germ. Forsch. 31 (Berlin 1969). St. Gabrovec, Panzergrab von Novo mesto. Situla 1, 1960, 1 ff. St. Gabrovec, 50 Jahre Archäologie der älteren Eisenzeit in Slowenien. Arh. Vestnik 50, 1999, 145 ff. K. Kromer, Das Situlenfest. Versuch einer Interpretation der Darstellungen auf figural verzierten Situlen. Situla 20/21, 1980, 225-240. K. Kromer, Das östliche Mitteleuropa in der frühen Eisenzeit (7.-5. Jh. v. Chr.) – seine Beziehungen zu den Steppenvölkern und antiken Hochkulturen. Jahrb. RGZM 33, 1986, 1-96. L. D. Nebelsick/A. Eibner/E. Lauermann/J.-W. Neugebauer, Hallstattkultur im Osten Österreichs (St. Pölten 1997) 1-128 = (Nebelsick zur Kalenderberggruppe). B. Teržan, The Early Iron Age in Slovenian Styria. Katalogi in Monografije 25 (Ljubljana 1990). 13 4. Der Westhallstattkreis (1) Während der Begriff Hallstattzeit leicht zu definieren ist (die Stufen Ha C und D, ca. 800 bis 470/450 v. Chr.), läßt sich „Hallstattkultur“ nicht befriedigend umschreiben (siehe die Monographie von N. Müller-Scheeßel). Vielmehr besteht die sog. „Hallstattkultur“ aus einer Vielzahl von räumlich und zeitlich begrenzten Kulturgruppen. Aus Gewohnheit spricht man oft von einem östlichen und einem westlichen Hallstattkreis. Der Westhallstattkreis erstreckt sich zwischen dem Alpenvorland im Süden und dem Südrand des Mittelgebirges im Norden. Im Osten werden Böhmen und Oberösterreich noch zum Westhallstattkreis gerechnet, Mähren und Niederösterreich dagegen zum Osthallstattkreis. Im Westen gehört Ostfrankreich eindeutig zum Westhallstattkreis (Elsaß, Lothringen, Burgund, Franche-Comté), dazu noch Zentralfrankreich nördlich des Zentralmassifs. Unter anderen sind im Westhallstattkreis folgende Kulturgruppen zu nennen: Bylany-Kultur in Mittelböhmen Südwestböhmische Grabhügelkultur Nordostbayerische Kulturgruppen (Oberpfalz, Oberfranken, Unterfranken, Taubergrund) Koberstadt- und Muschenheim-Gruppen in Mittel- und Südhessen Lothringisch-Saarländische Gruppe Alb-Hegau-Gruppe auf der mittleren Schwäbischen Alb, an der oberen Donau und im Hegau Ostalb-Gruppe Jura-Gruppe in der Franche-Comté Burgundische Gruppe Die Hallstattzeit wurde nach dem wichtigen Gräberfeld von Hallstatt in Oberösterreich benannt. Salzbergwerk und Gräberfeld von Hallstatt Der Salzort Hallstatt liegt am Hallstätter See im inneren Teil des Salzkammergutes in verkehrstopographisch ungünstiger Situation. In der Vorzeit war Hallstatt nur über Wasser- bzw. Höhenwege zu erreichen und konnte dadurch wohl nur zu gewissen Jahreszeiten mit Rohstoffen und Lebensmitteln ausreichend versorgt werden bzw. sein Salz zu den Märkten liefern. Die Salzbergwerke waren in der Vorgeschichte von der älteren Urnenfelderbis in die Spätlatènezeit in Betrieb („Ostgruppe“ von Salzbergwerken: ältere Urnenfelderzeit, Hallstattzeit und Frühlatènezeit; „Nordgruppe“: jüngere Urnenfelderzeit; „Westgruppe“: Spätlatènezeit). Aus den Bergwerken sind zahlreiche Funde zum Vorschein gekommen, unter anderem organische Gegenstände, die durch die ungewöhnlichen Bedingungen hervorragend erhalten sind (Leuchtspäne, Knieholzschäftungen, Lappenpickel, Holzschaufeln, Rücksäcke aus Tierhaut bzw. Rinderfell mit Holzleisten, Tellermützen aus Fell, Gewebereste usw.). J.-G. Ramsauer (1795-1874) erkannte die Bedeutung des Gräberfelds, auf dem zwischen 1846 und 1864 980 Gräber ausgegraben wurden. Brand- und Körperbestattung in Flachgräbern kommen gleichmäßig vor. Sowohl Männer- als auch Frauengräber sind vorhanden. Die soziale Interpretation des Gräberfelds läßt eine starke Differenzierung der Bevölkerung annehmen. Chronologie Seit der ersten wissenschaftlichen Studie von Eduard von Sacken (1868) spielten die Grabfunde von Hallstatt eine wichtige Rolle in der chronologischen Gliederung der Eisenzeit in Mitteleuropa. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts bürgerten sich die Begriffe „Hallstattzeit“ für die ältere bzw. „Latènezeit“ für die jüngere Eisenzeit ein (Publikationen von E. Desor, O. Montelius, H. Hildebrand, G. de Mortillet, O. Tischler usw.). Außerdem konnte bald zwischen der älteren (Ha C) und jüngeren (Ha D) Hallstattzeit unterschieden werden. In den nachfolgenden 100 Jahren wurde die Chronologie der Hallstattzeit zunehmend genauer; wichtige Beiträge zur Chronologie stammen u.a. von O. Tischler, K. Schumacher, P. Reinecke, G. Kraft, H. Zürn, G. Kossack, O.H. Frey und H. Parzinger (siehe Beilage). Für die absolute Chronologie der Hallstattzeit spielen dendrochronologische Daten eine maßgebliche Rolle. Weil die Kalibrationskurve für 14C-Daten für die Zeitspanne 800-400 v. Chr. äußerst ungünstig ist (sog. „Hallstattplateau“) sind 14C-Datierungen lediglich von untergeordneter Bedeutung. Zahlreiche Dendrodaten stammen aus Seeufersiedlungen der späten Urnenfelderzeit, so z.B. von Auvernier-Nord (Westschweiz) mit Schlagdaten zwischen 878 und 850 v. Chr. oder Chindrieux-Châtillon (Savoyen) mit elf Dendrodaten zwischen 850 und 814 v. Chr. Das älteste Dendrodatum aus einem eisenzeitlichen Fundzusammenhang stammt aus dem frühhallstättischen Wagengrab von Wehringen, Kr. Augsburg (778 v. Chr.). Damit scheint eine Datierung des Übergangs von der Bronze- zur Eisenzeit um 800 v. Chr. sicher. Wichtig ist ferner ein Grabfund vom Beginn der 14 Stufe Ha D aus dem monumentalen „Magdalenenberg“-Grabhügel bei Villingen-Schwenningen, der ein Dendrodatum von 616 v. Chr. geliefert hat. Das jüngste Datum der Hallstattzeit – 464 v. Chr. – stammt von einer hölzernen Grabkammer der Stufe Ha D3 aus dem wichtigen Gräberfeld von Dürrnberg bei Hallein im Salzburger Land. Ha B2/3 Ha C1a Ha C1b Ha C2 Ha D1a Ha D1b Ha D2 Ha D3 Lt A = 800 – 730/720 v. Chr. = 730/720 – 670/660 v. Chr. = 670/660 – 620/610 v. Chr. = 620/610 – 580/570 v. Chr. = 580/570 – 540/530 v. Chr. = ab 540/530 v. Chr. = bis 470/450 v. Chr. Grabfunde der älteren Hallstattzeit (Ha C) Während Siedlungfunde der älteren Hallstattzeit in vielen Landschaften des Westhallstattkreises nach wie vor selten sind, sind Grabfunde des 8. und 7. Jahrhunderts v. Chr. recht zahlreich belegt und gut erforscht. Kennzeichnend für die ältere Hallstattzeit sind sowohl Brand- als auch Körpergräber in Grabhügeln. In Männergräbern sind Eisen- und Bronzeschwerter (sog. Gündlingen- und Mindelheimschwerter), Rasiermesser, Toilettgeräte und Nadeln typische Beigaben. In Frauengräbern kommen dagegen Ringgehänge, Hohlwulstringe, Brillen- und Harfenfibeln und Ringschmuck aus Bronze und Lignit vor. In vielen Gebieten des Westhallstattkreises läßt sich während der älteren Hallstattzeit in den Gräberfeldern eine gesellschaftliche Elite fassen. Kennzeichnend sind große hölzerne Grabkammern, die zentral unter großen Hügeln liegen. Als Beigaben wurden Schwerter, Pferdegeschirr, Wagen und große Trinkgeschirrsätze aus Tonund Bronzegefäßen niedergelegt. Typische Vertreter solcher Gräber sind vor allem in Süddeutschland, Böhmen und Oberösterreich bekannt. Modern ausgegrabene Elitengräber stammen beispielsweise aus Wehringen, „Hexenbergle, Grab 8 (Kr. Augsburg), Frankfurt-Stadtwald „Eichlehen“, und Großeibstadt (Kr. Rhön-Grabfeld). Rechteckhöfe (Herrenhöfe) Während Siedlungsfunde der älteren Hallstattzeit noch sehr unzufriedenstellend bekannt und kaum erforscht sind, bilden die sog. Rechteckhöfe (oder „Herrenhöfe“) ein bedeutende Ausnahme. Dieser Siedlungstyp ist für die gesamte Hallstattzeit sowie ferner auch für den Beginn der Latènezeit (Lt A) belegt. Die Rechteckhöfe wurden erst in den letzten 30 Jahren durch die Luftbildprospektion entdeckt. Inzwischen sind über 200 Exemplare bekannt. Hauptmerkmal des Siedlungstyps ist die Einfriedung. Die meisten Herrenhöfe sind mit einem oder mehreren Gräben umgeben (bis zu fünf Gräben!), andere Beispiele nur von einer einfachen Palisade. In der Regel besitzen sie eine quadratische oder rechteckige Grundfläche (Seitenlängen reichen von 60 m bis 110 m) und gerundete Grabenecken. Zur Innenbebauung gehören Pfostenbauten unterschiedlicher Form und Größe, Gruben sowie bisweilen Grubenhäuser oder Öfen. Es ist zu vermuten, dass die Gräben ursprünglich von Erdwällen begleitet wurden. Die Masse der durch die Luftbildprospektion entdeckten Rechteckhöfe liegt in den Lößzonen südlich der Donau zwischen Lech und Inn. Weniger zahlreich sind Exemplare in Unterfranken, im südlichen Oberbayern, im Nördlinger Ries und Böhmen bekannt. Als Beispiele werden folgende Rechteckhöfe genannt: Aiterhofen (Lkr. Straubing-Bogen), Baldingen (Stadt Nördlingen), Kyberg bei Oberhaching (Lkr. München), Landshut-Hascherkeller, Niedererlbach I (Lkr. Landshut) und Rittershausen-Wolkshausen (Lkr. Würzburg). Für die Mehrzahl der bislang bekannten Herrenhöfe muss wohl eine landwirtschaftlich geprägte Wirtschaftsgrundlage angenommen werden. Für manche Anlagen deuten Ausgrabungsbefunde außerdem auf handwerkliche Tätigkeiten hin (z.B. Metallverarbeitung und Töpferei im nahezu vollständig ausgegrabenen Rechteckhof von Niedererlbach I). Unbestritten dürfte sein, dass das Auftreten der Rechteckhöfe Veränderungen in der Gesellschaft am Beginn der Eisenzeit andeutet. Sie müssen als selbständige Wirtschaftseinheiten (Gehöfte) betrachtet werden, die wohl mit der Herausbildung einer sozialen Elite im Zusammenhang gebracht werden können. Einführende Literatur Allgemeine Werke H. Dannheimer/R. Gebhard (Hrsg.), Das keltische Jahrtausend. Ausstellungskat. Prähist. Staatsslg. München (Mainz 1993). 15 K. Bittel/W. Kimmig/S. Schiek (Hrsg.), Die Kelten in Baden-Württemberg (Stuttgart 1981). N. Müller-Scheeßel, Die Hallstattkultur und ihre räumliche Differenzierung: der West- und Osthallstattkreis aus forschungsgeschichtlich-methodologischer Sicht. Tübinger Texte 3 (Rahden/Westf. 2000). S. Rieckhoff/J. Biel (Hrsg.), Die Kelten in Deutschland (Stuttgart 2001). Das Gräberfeld von Hallstatt F. E. Barth, Versuch einer typologischen Gliederung der prähistorischen Funde aus dem Hallstätter Salzberg. Mitt. Anthrop. Ges. Wien 102, 1972, 16-30. RGA2 13, 432-446. s. v. ‚Hallstatt’. Chronologie G. Jacob-Friesen, Ein Jahrhundert Chronologie der vorrömischen Eisenzeit in Mittel- und Nordeuropa. Bonner Jahrb. 180, 1980, 1-30. C. F. E. Pare, Beiträge zum Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit in Mitteleuropa. Teil II: Grundzüge der Chronologie im westlichen Mitteleuropa (11.-8. Jahrhundert v. Chr.). Jahrb. RGZM 46, 175-315. Rechteckhöfe (Herrenhöfe) A. Müller-Depreux, Die hallstatt- und frühlatènezeitliche Siedlung „Erdwerk I“ von Niedererlbach, Landkreis Landshut. Materialh. z. Bayer. Vorgesch. A/87 (Kallmünz/Opf. 2005). A. Reichenberger, „Herrenhöfe“ der Urnenfelder- und Hallstattzeit. In: P. Schauer (Hrsg.), Archäologische Untersuchungen zum Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit zwischen Nordsee und Kaukasus. Regensburger Beitr. z. Prähist. Arch. 1 (Bonn 1994) 187-216. Wichtige Grabfunde und Fundlandschaften U. Fischer, Ein Grabhügel der Bronze- und Eisenzeit im Frankfurter Stadtwald. Schr. Frankfurter Mus. Vor- u. Frühgesch. 4 (Frankfurt 1979). H. Hennig, Gräber der Hallstattzeit in Bayerisch-Schwaben. Monogr. Arch. Staatsslg. München 2 (Stuttgart 2001). – siehe S. 82-97 und Taf. 107-114 (Wehringen). G. Kossack, Südbayern während der Hallstattzeit. Röm.-Germ. Forsch. 24 (Berlin 1959). G. Kossack, Gräberfelder der Hallstattzeit an Main und fränkischer Saale. Materialh. z. Bayer. Vorgesch. 24 (Kallmünz/Opf. 1970). – siehe vor allem das Gräberfeld von Großeibstadt. C. F. E. Pare, Wagons and Wagon-Graves of the Early Iron Age in Central Europe. Oxford University Committee for Archaeology, Monogr. 35 (Oxford 1992). RGA2 27, 537-545. s. v. ‚Schwert’. G. Wamser, Zur Hallstattkultur in Ostfrankreich. Ber. RGK 56, 1975, 1-178. H. Zürn, Hallstattzeitliche Grabfunde in Württemberg und Hohenzollern. Forsch. u. Ber. z. Vor- u. Frühgesch. in Baden-Württ. 25 (Stuttgart 1987).