Tools of empire - Zwenns

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Universität Leipzig
Historisches Seminar
Hauptseminar: Die Habsburgmonarchie als multiethnisches empire 1804-1918
Wintersemester 2005/2006
Tools of Empire
Neue Technologien schaffen die Voraussetzungen für
eine Weltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert
Lehramt Gymnasium Geschichte – Latein
7. Fachsemester
Inhaltsverzeichnis
I.
Einleitung ..............................................................................................................
3
II.
Tools of Empire – Errungenschaften, die die Welt veränderten .....................
4
1. Das Wundermittel Chinin ................................................................................
5
2. Dampfschiffe und ihr Einsatz in Krieg und Frieden ........................................
6
3. Der breechloader – des Europäers bester Freund .............................................
8
4. Telegraphie und submarine cables – eine Erfolgsgeschichte ...........................
10
5. Railway imperialism ......................................................................................... 13
III.
Österreich-Ungarn ... imperialistisch!? .............................................................. 16
1. Das österreichische Eisenbahnwesen – Theaterstück in vier Akten ................ 16
1.1.
Die Eisenbahn im Krieg ............................................................................. 19
2. Telegraphie – Kommunikationsmittel ohne Breitenwirkung ...........................
20
3. Österreichische Dampfschifffahrt ohne internationale Bedeutung ................... 23
4. Österreich-Ungarn und die Tools of Empire ....................................................
26
IV.
Abschließende Beurteilung ..................................................................................
29
V.
Quellen- und Literaturverzeichnis .....................................................................
30
2
I.
Einleitung
Die portugiesisch-spanischen Entdeckungsfahrten des 15. und 16. Jahrhunderts ermöglichten
die planmäßige Erkundung der afrikanischen West- und Ostküste, die Entdeckung und
Erkundung Amerikas und die Erforschung der asiatischen Welt. Die Portugiesen drangen
mittels Handelsposten in den asiatischen Handel ein, blieben jedoch territorial auf diese
Stützpunkte beschränkt. Die Spanier gründeten in Südamerika Siedlungskolonien und
übernahmen die indigene Gesellschaftsstruktur zur Kontrolle des Landes. Dies bewirkte in der
Folgezeit eine starke Vermischung mit der einheimischen Bevölkerung. Anfang des 17.
Jahrhunderts brachen die englische und niederländische Ostindiengesellschaft das
portugiesische Monopol und kontrollierten den Asienhandel bis Ende des 18. Jahrhunderts.
Dies zeigt auf, dass es den Europäern zwar gelungen war, innerhalb von vier Jahrhunderten
die verschiedenen Weltteile mit dem Schiff zu bereisen, jedoch waren sie dort auf kleinere
Handelsstützpunkte beschränkt, größere territoriale Besitzungen waren die Ausnahme und die
Kommunikation gestaltete sich wegen der langen und gefahrvollen Seefahrt äußerst
schwierig. Man konzentrierte sich auf eine indirekte wirtschaftliche Einflussnahme.
Betrachtet man die Weltkarte nun hundert Jahre später, so finden sich Anfang des 20.
Jahrhunderts 80 % der Weltfläche im Besitz der europäischen Staaten, der USA und Japan.
Hier stellt sich die Frage, wie es diesen Staaten möglich war, ihren Einflussbereich auf die
ganze Welt auszudehnen? Welche drastischen Veränderungen brachte das 19. Jahrhundert,
die die Welt zum Untertan weniger Staaten machten? Dies ist die Frage nach den „Tools of
Empire“ – ein Begriff, den David R. Headrick mit seinem Werk „Tools of Empire.
Technology and European Imperialism in the Nineteenth Century“ von 1981 geprägt hat. Er
gibt damit die bisher einzige zusammenfassende Darstellung der Werkzeuge, die eine
imperialistische Politik ermöglichten bzw. förderten. Neben den Veröffentlichungen
Headricks existiert eine umfangreiche, hauptsächlich angloamerikanische Literatur, die sich
mit einzelnen Tools beschäftigt. Die vorliegende Arbeit wird nun in einem ersten Schritt
versuchen, die Entwicklung ausgewählter Tools nachzuvollziehen und ihre Bedeutung für die
Schaffung weltumspannender Empires aufzuzeigen. Danach wendet sich die Arbeit der
Problematik um Österreich-Ungarn zu. Das Habsburgerreich galt im 19. und Anfang des 20.
Jahrhunderts als Großmacht, besaß jedoch niemals Kolonien. Daher stellt sich die Frage, ob
dieser Staat trotz dieses „Mangels“ imperialistische Politik wie England oder das Deutsche
Reich betrieb. Hierfür werde ich untersuchen, auf welche Weise Österreich-Ungarn die
vorgestellten Tools angewendet hat und deren Entwicklung mit anderen Staaten vergleichen.
3
II.
Tools of Empire – Errungenschaften, die die Welt veränderten
„Many factors have been at play in the making of the modern world over the last two or three
hundred years, but changes in technology stands at the center of all accounts ...“1
Dieses Zitat verdeutlicht, dass Tools meist Technologien bzw. technologische Entwicklungen
bezeichnen, die der Entstehung der modernen Welt und damit dem Imperialismus behilflich
waren, aber nicht den Ausgangspunkt der Imperialismusidee darstellten. Die wichtigsten
Tools waren Impfungen und Medikamente, Waffen, Dampfschiffe, Eisenbahnen und die
Telegraphie. Hierbei ist festzuhalten, „dass Erfindungen keineswegs plötzlich entstehen und
dann radikal die Welt verändern. Vielmehr müssen auf den verschiedensten Gebieten,
abhängig oder unabhängig von einander, Grundlagen gelegt werden, welche eine konkrete
Erfindung erst möglich machen. Dazu gehört zunächst ein kommunikatives Grundproblem
sowie Lösungsansätze und Ideen, die zunächst, möglicherweise Jahrhunderte vor einer
tatsächlich gesellschaftlich erfolgreichen ‚Erfindung’, utopisch erscheinen können und sich
erst im Laufe der Zeit konkretisieren. Des Weiteren ist insbesondere wissenschaftliche
Grundlagenforschung nötig ... .“2
Neben den bereits genannten Tools können das Postwesen, das Konsularwesen und die
Kartographie in Betracht gezogen werden. Anhand genauer Karten beispielsweise war es
möglich, das Gebiet besser zu durchdringen, sowohl hinsichtlich administrativer und
wirtschaftlicher
als
auch
hinsichtlich
militärischer
Standpunkte,
da
genaue
Entfernungsangaben und der Großteil der existierenden Dörfer, Straßen und Flüsse
verzeichnet waren. So finden sich beim Erstellen einer Karte von Bengalen in den 1760er
Jahren durch James Rennell militärische Überlegungen: „In a military point of view, it opens
a communication between the different posts, and serves in the capacity of a military way
through the country; renders unnecessary the forming of magazines; and infinitely surpasses
the celebrated inland navigation of North America, where the carrying places not only
obstruct the progress of an army, but enable the adversary to determine his place and mode of
attack
with
certainity.“3
Die
fortschreitende
Expansion
machte
wissenschaftliche
Untersuchungen immer wichtiger und so spielten bei vielen militärischen Kampagnen
Soldateningenieure für die Planung und Durchführung einzelner Manöver eine entscheidende
1
McClellan III, James E. / Dorn, Harold, Science and Technology in World History. An introduction, Baltimore
1999, S. 277.
2
Probst, Daniel, Evolution der Medien. Kommunikationswissenschaftliche Überlegung am Beispiel der
Telegraphie, Stuttgart 2004, S. 31.
3
Rennel, James, Memoir of a Map of Hindoostan: or the Mughal Empire, London 1792, S. 337 – zitiert nach:
Baber, Zaheer, The Science of Empire. Scientific Knowledge, Civilization, and Colonial Rule in India, New
York 1996, S. 142.
4
Rolle.4 Aufgrund der wachsenden Bedeutung der Geographie gründeten sich viele
Geographiegesellschaften, die die Expansion ihrer Länder unterstützen und durch ihr
Engagement Expeditionen im afrikanischen Raum anregten.
1. Das Wundermittel Chinin
Zum Beginn der kolonialen Expansion bis etwa 1840 wurden europäische Expeditionen in die
tropische Welt durch eine sehr hohe Sterblichkeitsrate in Folge von Krankheiten stark
eingeschränkt. So starben auf einer Expedition zur Delagoa Bay 1777-1779 132 der 152
Europäer, bei einer Expedition zum oberen Niger 1805 sogar alle europäischen Teilnehmer. 5
In Sierra Leone betrug zwischen 1817 und 1836 die Sterblichkeitsrate bei den britischen
Soldaten 48,3 % und an der Goldküste 66,83 %.6 Insgesamt lag sie für englische und
französische Truppen in Westafrika im ersten Jahr der Stationierung bei 50 % und im
folgenden bei 25 %.7 Nur in Nord- und Südafrika war die Mortalitätsrate europäischer
Soldaten nicht so extrem, doch immer noch vier- bis fünfmal höher als beim Dienst im
Heimatland. Diese lag bei den französischen Truppen in Algerien zwischen 1837 und 1846
bei ca. 8 %.8 Malaria, Gelbfieber und Magendarmerkrankungen machten 94 % aller
Todesfälle aus.9 Auch im karibischen Raum war die Situation nicht besser. So kehrten von
59.000 französischen Soldaten, die zwischen 1791 und 1803 nach Saint Domingue geschickt
worden waren, nur 10.000 zurück. Der Großteil war an Gelbfieber und anderen
Tropenepidemien gestorben.10
Diese wenigen Beispiele verdeutlichen, dass ohne geeignete Heilmittel eine Eroberung des
afrikanischen Kontinents nicht denkbar gewesen wäre. Ein solches fand man 1820 mit dem
Chinin, dass aus der Rinde des seit dem 17. Jahrhundert bekannten Cinchona-Baumes isoliert
wurde. Ab 1827 konnte es kommerziell hergestellt werden. Zunächst kam es nur bei der
Heilung von Malaria zum Einsatz, doch entdeckte man rasch, dass Chinin seine beste
Wirkungskraft entfaltet, wenn es prophylaktisch und zwar täglich eingenommen wird. Der
Gebrauch stieg in der Folgezeit stark an. Doch aufgrund seines sehr bitteren Geschmacks
dauerte es bis Ende des Jahrhunderts, dass sich die prophylaktische Anwendung durchsetzte.
4
Baber, The Science of Empire, S. 147.
Headrick, Daniel R., Tools of Empire. Technology and European Imperialism in the Nineteenth Century,
Oxford 1981, S. 59f.
6
Headrick, Tools of Empire, S. 63.
7
Curtin, Philip D., Disease and Empire. The health of european troops in the conquest of Africa, Cambridge
1998, S. 1.
8
ebd. S. X, Figure 0.1.
9
ebd. S. 5.
10
ebd. S.10.
5
5
Chinin war aber nicht nur bei der Bekämpfung der Malaria entscheidend, sondern es
verhinderte auch als tägliche Prophylaxe die Ansteckung mit Gelbfieber.
Neben der Entdeckung des Chinin war es ebenso wichtig, alten Heilmethoden den Kampf
anzusagen, denn viele Ärzte waren bis in die 1840er Jahre der Ansicht, dass alle
Fieberkrankheiten von Entzündungen und Ärger herrühren. Ihre gängigen Heilmethoden
beruhten auf Schwächung durch leichte Diät, Aderlass und quecksilberhaltige Präparate.
Diese Praktiken verschlechterten meist die Situation der Kranken und führten oft zum Tod.11
Entscheidend wirkte weiterhin eine Verbesserung der Versorgung und Behandlung der
Kranken durch den Aufbau einer wirksamen Logistik zum Abtransport der kranken Soldaten
und zur Aufbereitung von Wasser, sowie durch eine bessere Ausstattung der Lazarette,
Krankenhäuser, Krankenschiffe und einem größeren medizinischen Personal.
Diese Neuerungen führten zu einem starken Rückgang der Todesraten unter den Europäern in
Afrika. So fiel beispielsweise die Sterbensrate im Senegal von den frühen 1830er Jahren bis
1872 um 72 %. Auf einer Nigerexpedition 1854 starb kein Teilnehmer aufgrund täglicher
Chinineinnahme. In Algerien sank die Sterblichkeitsrate um 60 %.12 Doch kam es in
Einzelfällen immer wieder zu verheerenden Katastrophen. Im Jahre 1878 starben 85 % der
Besatzung in Gorée, wovon 64 % Europäer waren, an Gelbfieber. 1881 starben bei einem
erneuten Ausbruch des Gelbfiebers 81 % der europäischen Population.13 Bei der MadagaskarExpedition 1895/96 starben ca. 6000 Teilnehmer, etwa 1/3 der Truppe, an Seuchen.14 Meist
beruhte dies auf ungenügender Planung bzw. zu geringen Vorsichtsmaßnahmen. Insgesamt
sank aber die absolute Zahl der an tropischen Krankheiten erlegenen europäischen Soldaten
bis zum ersten Weltkrieg um 90 %.
Durch diese Entwicklungen wurden Übersee-Expeditionen erst durchführbar und beflügelten
den Willen der europäischen Mächte, ihre Hände nach neuen Gebieten auszustrecken.
Passend dazu liegt der Beginn des Zeitalters des Imperialismus in der 1870er Jahren.
2. Dampfschiffe und ihr Einsatz in Krieg und Frieden
Der Beginn des Zeitalters der Dampfschifffahrt wird meist auf das Jahr 1807 mit der
Aufnahme der kommerziellen Dampfschifffahrt auf dem Hudson River festgesetzt. Kurze Zeit
später folgte Europa und bis 1820 verkehrten hunderte von Dampfschiffen auf den
11
Curtin, Disease and Empire, S. 24f.
ebd. S. 26.
13
ebd. S. 79, Table 4.1.
14
ebd. S. 177.
12
6
europäischen Flüssen und Seen.15 Ab Mitte der 1820er Jahre wurden sie auf den indischen
Flüssen eingesetzt, wo sie die Transportzeiten enorm verkürzten. Jedoch waren die Preise so
hoch, dass die Wirtschaft des Landes kaum davon Gebrauch machen konnte. Passagiere
waren hauptsächlich Regierungsvertreter, Bischöfe, Plantagenbesitzer und indische Prinzen.
Die Waren beschränkten sich meist auf Regierungswaren, wie Waffen, Medikamente und
Büromaterialen.16 Im afrikanischen Raum wurden Dampfschiffe ab Mitte der 1830er für
Expeditionen ins Landesinnere genutzt. Auf dem Flusssystem des Kongo und seiner
Nebenflüsse entwickelten sie sich zu einem wichtige Transportmittel.
Ihre Bedeutung stieg umso mehr, als die ersten hochseetüchtigen Dampfschiffe gebaut
wurden. Zu Beginn handelte es sich um Segelschiffe mit Dampfmaschinen, die nur über eine
gewisse Dauer eingesetzt wurden. Ein solcher Hybrid überquerte 1819 erstmals den Atlantik
und erreichte 1825 Indien. 1838 gelang es zwei Dampfschiffen allein mit Dampfkraft den
Atlantik zu überqueren und zwei Jahre später wurden reguläre Linien eingeführt. Für den
Weg nach Indien um Afrika herum war die Technik noch nicht ausgereift genug, da der
Kohlebedarf zu hoch war und die Reisedauer nicht viel weniger als bei einem Segelschiff
betrug. Daher richtete England in den 1830er Jahren eine Route zwischen Bombay und Suez
ein, von wo aus die Nachrichten über das Mittelmeer weiter nach London verschifft wurden.
Dadurch halbierte sich die Transportdauer auf 59 Tage17 und bis Ende 1850 auf einen
Monat.18 Dies bedeutete eine Revolution in der Kommunikation zwischen Mutterland und
Kolonie. Weisungen konnten relativ zeitnah ausgeführt und kontrolliert werden, Händler die
Produktion und den Verkauf ihrer Waren besser steuern.
Diese Verkürzung der Transportzeit resultierte aber nicht allein auf der Dampfkraft, sondern
auch auf der Entwicklung von Eisenschiffen. Dadurch war es möglich größere und schnellere
Schiffe zu bauen, die zudem den Widrigkeiten des Meeres besser gewachsen waren. Die
Motoren wurden immer weiter verbessert und bis Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich der
Propeller als Antrieb durch. Der endgültige Sieg der Verbindung über das Rote Meer erfolgte
mit der Eröffnung des Suezkanals 1869. Dadurch verkürzte sich der Waren- und
Passagiertransport von London nach Bombay um 51% gegenüber der Kaproute.19
Dampfschiffe hatten aber auch eine hohe militärische Bedeutung, indem mittels von
Kanonenschiffen die europäischen Empires auf die flussnahen Königreiche militärischen
Druck ausüben konnten. Viele Dörfer waren bei Strafexpeditionen vom Wasser aus
15
Headrick, Tools of Empire, S. 18.
ebd. S. 22.
17
ebd. S. 136.
18
ebd. S. 139.
19
ebd. S. 155.
16
7
angreifbar. Die Einheimischen konnten mit ihren kleinen und schwach bewaffneten Booten
nur wenig entgegenhalten. So wurden gunboats von England im zweiten Burmakrieg 1852
und im Opiumkrieg 1840-42 und im Lorcha-Krieg 1856-60 gegen China eingesetzt, sowie als
stetige Repräsentanz auf dem Indus. Auf dem afrikanischen Kontinent ermöglichten die
gunboats schnelle Expeditionen ins Landesinnere, um es zu erforschen und unter seine
Kontrolle zu bringen. Zudem konnten mittels der Dampfschiffe größere Truppenteile schnell
transportiert werden.
3. Der breechloader – des Europäers bester Freund
„The history of imperialism is the history of warfare – of strategy, tactics, and weapons.“20
Ähnliches erkannten zwei Autoren bereits 1870: „Mit der Feuerwaffe gerüstet mußte der
europäische Fremdling die Küsten der neu entdeckten Welttheile betreten, um in fabelhaft
raschem Erfolge Land und Leute zu erobern und der Kultur zu gewinnen. Und auch die
uralten Kulturvölker Asiens, an deren ehrwürdigen Reichen die Gegenwart rüttelt, würden
unseren zu- und eindringlichen Reformbestrebungen weit minder zugänglich sein, wenn wir
sie nicht in der Ausbildung ihrer eigenen Kriegsmittel, insbesondere des Pulvers und der
Feuerwaffe, so unendlich weit überholt hätten ... Denn daß der Chinese oder Hindu ... nicht
mehr im Stande ist, seine Feuerwaffen den unsrigen mit Erfolg gegenüberzustellen oder sich
diese letzteren mit raschem Verstand anzueignen ... gehört zu den entscheidenden Symptomen
einer ausgelebten und stagnierenden Kultur.“21
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die militärische Ausstattung der europäischen Staaten
untereinander ähnlich. Ebenso war man nicht immer gegenüber außereuropäischen Ländern
im Vorteil. So kostete die Eroberung Indiens zu Beginn des 19. Jahrhunderts England viele
Anstrengungen und Frankreich schlug bis Mitte der 1850er Jahre mit dem Versuch fehl,
Algerien unter seine Kontrolle zu bringen. Beide Gebiete hatten schon lange Kontakt mit der
europäischen Welt und verfügten über ähnliche Waffen wie die Europäer und erlernten
schnell deren Kampfstrategien. Waffentechnisch überlegen war man dagegen bereits
gegenüber Burma und China, vor allem durch den Einsatz von Kanonenbooten.
Das Waffengleichgewicht zwischen europäischer und nichteuropäischer Welt kippte mit der
Entwicklung des Hinterladers, der in den 1820er Jahren Einzug in Europa hielt. Bis 1848
20
Headrick, Tools of Empire, S. 83f.
v. H, C. / W., H., Der Krieg vormals und heute. Populäre Waffenkunde. Illustrierte Übersicht aller auf diesem
Gebiete gemachten Erfindungen und Entdeckungen, unter vorzugsweiser Berücksichtigung der gegenwärtig bei
den europäischen Heeren eingeführten Geschütze und Gewehre, Leipzig 1870., Zweite Abteilung S. 1.
21
8
stellte Preußen als erstes Land seine Bewaffnung auf die breechloader um22, England folgte
zwischen 1864 und 1869.23 Spätestens nach den Kriegen 1866 und 1870/71, in denen sich die
preußische Überlegenheit gegenüber den österreichischen und französischen Truppen, die
noch weitgehend mit Musketen gekämpft hatten, zeigte, wurde deutlich, dass in Zukunft nur
die Armeen siegreich sein werden, die über gut ausgebildete Offiziere verfügen und die
neuesten technischen Entwicklungen nutzen. Der Hauptvorteil des Hinterladers gegenüber der
Muskete lag darin, dass er schnell und vor allem im Liegen oder Knien, nicht wie die Muskete
nur im Stehen, nachgeladen werden konnte. Somit war man kein leichtes Ziel für den Gegner
und der Nachladevorgang beschleunigte sich merklich, wie folgendes Zitat zeigt:
„Vergleichen wir zum Schluss noch die Feuergeschwindigkeit der Vorderlader, der
Hinterlader mit Einheitspatrone und der Repetirgewehre, so ergibt sich auf Grund offizieller
Versuchsergebnisse eine Schußzahl per Minute von 1,5 gegen 4,5, resp. 10, oder ein
Verhältnis der Feuergeschwindigkeit, wie 1:3:6. Das Füllen des Magazins ist mit in Rechnung
gezogen.“24 Weiterhin war die Entwicklung von wetterunabhängigem und rauchfreiem
Schwarzpulver wichtig, sowie die zunehmende Produktion der Waffen aus Stahl, wodurch es
den nichteuropäischen Völkern unmöglich wurde, diese nachzubauen oder zu reparieren. Den
Höhepunk
der
Waffenrevolution
stellte
die
Entwicklung
von
Mehrschuss-
und
Maschinengewehren dar.
Die afrikanischen Staaten dagegen besaßen zwar ab Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmend
selbst Feuerwaffen, doch handelte es sich vorwiegend um Musketen, die den Hinterladern
deutlich unterlegen waren.25 Zudem fehlten den Afrikaner die Übung im Umgang mit den
Waffen und das taktische Verständnis. So war es mittels dieser Waffenüberlegenheit den
Europäern zumeist ein leichtes Unterfangen, ihren Einfluss in Afrika auszudehnen.
Beispielsweise besiegte Frankreich 1873/74 mit 6.500 gut bewaffneten Soldaten die Aschanti,
eines der stärksten westafrikanischen Königreiche. Die Engländer besiegten mit 1.400
Soldaten die gesamte senegalesische Armee. Im Jahre 1897 gewannen 32 europäische und
507 afrikanische Soldaten der Royal Niger Co. gegen die 31.000 Mann starke Armee des
Emirats von Sokoto.26 Bei der Schlacht von Karari 1898 verloren die mit Schnellfeuerwaffen
22
Headrick, Tools of Empire, S. 97.
Curtin, Disease and Empire, S. 31.
24
v. H., C. / W., H., Der Krieg vormals und heute, Dritte Abteilung S. 20.
25
Für einige Größenangaben siehe Smaldone, Joseph P., Firearms in the Central Sudan. A Revaluation, in:
Journal of African History 13 (1972), S. 591-607, hier: S. 593f. In der Literatur findet sich auch die Angabe, dass
die Waffenschmieden in Birmingham bis 1907 ca. 20 Mio. Waffen für den afrikanischen Markt produziert
haben: White, Gavin, Firearms in Africa. An Introduction, in: Journal of African History 12 (1971), S. 173-184,
hier: S. 182.
26
Headrick, Tools of Empire, S. 117.
23
9
ausgestatteten Briten 49 und die Sudanesen ca. 11.000 Mann.27 Insgesamt gibt es eine
Vielzahl an Beispielen, in denen einige hundert europäische Soldaten afrikanische Armeen in
der Größenordnung von 10.000-40.000 besiegten.
4. Telegraphie und submarine cables – eine Erfolgsgeschichte
Neben der Eisenbahn und den Dampfschiffen beschleunigten vor allem die Telegraphie die
Kommunikation auf dem Lande und die Unterwasserkabel weltweit. Nachrichten konnten auf
diese Weise bis zum Ende des Jahrhunderts über die ganze Welt in wenigen Minuten
verschickt28 und noch am selbigen Tage beantwortet werden. Wenn man bedenkt, dass bis
zum Ende des 18. Jahrhunderts die Kommunikation beispielsweise zwischen London und
Kalkutta knapp zwei Jahre dauerte, so stellt dies eine enorme Entwicklung dar. Dadurch war
es nun Geschäftsleuten möglich, ihre Geschäfte und Produktionen zeitnah zu steuern und auf
Veränderungen des Weltmarktes schnell zu reagieren. Den europäischen Regierungen
ermöglichte es, schnelle Entscheidungen für ihre Kolonien zu treffen und Truppenbewegung
effektiv zu lenken. Insgesamt wuchsen die Staaten durch die Telegraphie enger zusammen.
Doch wie kam es dazu? Seinen Beginn nimmt diese Erfolgsgeschichte mit der Entwicklung
des optischen Telegraphen durch den Franzosen Claude Chappe Ende des 18. Jahrhunderts.
Dieser bestand aus einem hölzernen Signalmast und mehreren Holzflügeln, die mit Seilen und
Gewichten in 98 verschiedene Positionen bewegt werden konnten.29 Hierzu entwickelte er ein
Codebuch, das bis 1840 über 45.000 Wörter und Phrasen enthielt.30 Nachrichten konnte so
innerhalb weniger Minuten über große Entfernungen übertragen werden Jedoch war die
Effektivität des Netzes abhängig von der Telegraphenanzahl, sowie in großem Maße vom
Wetter. Schnellere und kostengünstigere Verbindungen schuf schließlich der elektrische
Telegraph ab den 1830er Jahren, der Tag und Nacht und wetterunabhängig einsetzbar war.
England und die USA begannen sofort mit der Umstellung ihrer Netze auf die elektrische
Variante, die zu Beginn der 1850er Jahre weitgehend abgeschlossen war. Frankreich, das ein
weit verzweigtes Netz optischer Telegraphen besaß, begann erst Anfang der 1850er mit dem
Osterhammel, Jürgen, Kolonialismus. Geschichte – Formen – Folgen, München 1995, S. 51.
Von London nach Bombay in 35 Minuten, nach Argentinien in 60, nach China in 80, nach Australien in 100 –
siehe Headrick, Daniel R., The invisible weapon. Telecommunication and international politics 1851-1945, New
York 1991, S. 33.
29
Headrick, Daniel R., When information came of age, New York 2000, S. 195.
30
ebd. S. 196.
27
28
10
Bau elektrischer Telegraphen.31 In Deutschland und Österreich setzte der Ausbau Mitte der
1840er Jahre ein, in Italien Anfang der 1850er Jahre. Schließlich folgten die Verknüpfung der
einzelnen Netze und der Aufbau von Telegraphennetzen in den Kolonien.32 1865 bildeten 20
souveräne Staaten die nahezu ganz Europa umfassende „Union télégraphique internationale“,
die
spätere
„Union
Internationale
de
Télécommunications“,
zur
Vereinfachung,
Standardisierung und Verbilligung des telegraphischen Verkehrs.33 Dieser traten nach und
nach fast alle Länder der Welt bei. Bereits seit 1850 war das neue Kommunikationsmittel der
Allgemeinheit zugänglich gemacht worden. Den nächsten Schritt stellten TelegraphenÜberland-Verbindungen dar. Mittels solch einer Verbindung vom Englischen Kanal bis zum
Persischen Golf und von dort weiter mit einem Kabel nach Karachi konnte England ab 1865
mit Indien kommunizieren. Jedoch war diese sehr langsam, wetterabhängig und die
Telegramme erreichten meist nur fehlerhaft ihr Ziel. Eine weitere Verbindung nach Indien
bauten die preußischen Firmen Siemens und Halske zwischen 1868 und 1869 durch
Zentraleuropa, Russland und Persien nach Teheran, mit dem Anschluss nach Karachi.
Dadurch verkürzte sich die Durchschnittszeit für ein Telegramm bis 1873 auf drei Stunden
und neun Minuten.34
Für die Revolution in der weltweiten Kommunikation sorgten die submarinen Kabel. Ein
solches, mit Guttapercha isoliert und drei Kilometer lang, verlegte erstmals 1838 der britische
Physiker und Chemiker William Brooke O’Shaughnessy, noch rein aus wissenschaftlichen
Erwägungen, im Hooghly River.35 Im Jahre 1850 folgte das erste Unterwasserkabel durch den
Englischen Kanal, welches aber schon nach wenigen Stunden von einem Fischer zerstört
wurde. Ein Jahr darauf verlegte man erneut ein Unterwasserkabel, welches mit einer
Eisenummantelung versehen war, und insgesamt 37 Jahre in Betrieb blieb. Weitere Kabel
folgten zwischen Irland, England und Schottland, zwischen England und Belgien, England
und Holland, und Dänemark und Schweden. Während des Krimkrieges verlegten England und
Frankreich 1854 zwischen Rumänien und der Krim ein Kabel, um ihren Feldzug gegen
Russland besser koordinieren zu können. Zur Kommunikation mit seiner Kolonie Algerien
ließ Frankreich drei Kabel verlegen, die aber wenige Jahre später brachen.36 Denn für größere
Künzi, Kilian, Telegraf – Kommunizieren durch Draht, in: Museum für Kommunikation (Hrsg.), In 28
Minuten von London nach Kalkutta. Aufsätze zur Telegrafiegeschichte aus der Sammlung Dr. Hans Pieper im
Museum für Kommunikation Bern, Bern 2000, S. 19-117, hier S. 44f, 47.
32
Das Telegrafennetz in Indien beispielsweise umfasste Ende der 1850er 7.200 km Linien – siehe Headrick, The
invisible weapon, S. 52.
33
ebd. S. 13.
34
ebd. S. 21f.
35
Headrick, Daniel R. / Griset, Pascal, Submarine Telegraph Cables: Business and Politics, 1838-1939, in:
Business History Review 75 (2001), S. 543-578, hier: S. 545.
36
ebd. S. 546.
31
11
Entfernungen und tiefere Meere waren die long-distance cables aber noch unzureichend. Für
ihre Fortentwicklung war hauptsächlich die Wirtschaft verantwortlich und so entstand ein
umfangreicher Wirtschaftszweig. Nach mehreren Misserfolgen und Forschungen in den
1850er und 1860er Jahren gelang es schließlich 1866 zwei über Jahre hinweg funktionierende
Kabel nach den USA zu verlegen, denen bis 1904 elf weitere folgten.37 Frankreich schuf ab
1870 mehrere Verbindungen per Kabel nach Algerien. Der Ausbau des Kabelnetzwerkes in
anderen Weltteilen wurde in großem Maße durch John Pender bestimmt. Seine Gesellschaften
verlegten Kabel zwischen Marseille und Algier, zwischen Malta und Alexandria, zwischen
England und Malta, zwischen Suez und Bombay, zwischen Madras und Singapur, zwischen
Singapur und Hongkong, sowie zwischen Hongkong und Darwin (Australien). Weitere
Verbindungen entstanden zwischen England und Brasilien, Brasilien und Argentinien und zu
den britischen Kolonien nach Ost- und Westafrika. Über diese Kabel verlief mehr als die
Hälfte des gesamten Welttelegrammverkehrs. Beim Ausbau hatte Pender eng mit der
englischen Regierung zusammengearbeitet, die ihm Landerechte verschafft hatte. Im
Gegenzug erhielt die offizielle Kommunikation eine Vorrangstellung und England war in der
Lage auf schnellem Wege mit seinen Kolonien und den Ländern weltweit zu kommunizieren.
Auf dieses britische Kommunikationsnetz waren die anderen Kolonialmächte, wie Frankreich
und Deutschland, angewiesen, da sie aufgrund diplomatischer Streitigkeiten und Kriege
versäumt hatten, ein eigenes aufzubauen. Dieser Missstand stellte sich schnell als hinderlich
heraus. Für Frankreich gab die Fashoda-Krise 1898, in der England den Zugang zu seinem
Netzwerk verwehrte, den endgültigen Anstoß zum Aufbau eines eigenen Netzes. Man
beschritt zwei Wege. Zum einen verlegte Frankreich neue Kabel, z.B. von Madagaskar nach
Mauritius oder von Indochina nach Borneo. Zum anderen kaufte man verschiedene Linien auf
– so geschehen im südamerikanischen Raum und in Westafrika.38 Auch Deutschland
entschied sich für ein eigenes Netz und besaß ab 1900 eine Verbindung nach Nordamerika
und arbeitete im pazifischen Raum mit den Niederländern zusammen. Mit Zustimmung der
Franzosen wurden zwei Verbindungen von Liberia nach Brasilien bzw. Kamerun verlegt.
Insgesamt wuchs das Unterwasserkabelnetz von 46 km 1852 auf über 470.000 km 1908 an
und die Landverbindungen auf über 1 Mio. km.39
Die Nutzer der neuen Kommunikationswege teilten sich in vier Interessensgruppen auf: Die
bedeutendsten waren die Presse und die Nachrichtenagenturen, an zweiter Stelle folgten die
Handels- und Schifffahrtsunternehmen. Die Regierungen nutzten die Kabel vorwiegend zum
37
Headrick / Griset, Submarine Telegraph Cables, S. 554.
Headrick, Invisible weapon, S. 104f.
39
ebd. S. 29, Tabelle 3.1.
38
12
Austausch und für strategische Zwecke. Die Öffentlichkeit machte aufgrund der hohen
Kosten
für
ein
Überseetelegramm
noch
wenig
Gebrauch
von
dem
neuen
Kommunikationsmittel.
Mit der Entwicklung der Funkentelegraphie 1895, die die Kommunikationszeit weiter
verkürzte, wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts die bisherigen Telegraphenverbindungen
und Kabel ineffizient. Beispielsweise baute Deutschland in allen seinen Hauptkolonien
Empfangsstationen, um so völlig unabhängig von den englischen Kabeln zu agieren. England
beschloss 1911 die Installation eines solchen Netzes, doch nur als Ergänzung zum Kabelnetz,
da man bzgl. der kabellosen Kommunikation Sicherheitsbedenken hatte.40
5. Railway imperialism
Die Entwicklung des Bahnwesens in den einzelnen europäischen Ländern kann unter der
Fragestellung dieser Hausarbeit unberücksichtigt bleiben. Vielmehr gilt es, die Bedeutung der
Eisenbahn für die imperiale Ausdehnung näher zu betrachten. Dies soll vor allem anhand
einiger Beispiele erfolgen.
Der Bahnbau wurde zunächst meist aus ökonomischem Interesse betrieben, dem aber schnell
strategisch motivierte staatliche Interventionen und Instrumentalisierungen folgten. Die
Eisenbahnlinien in den Kolonien waren bedeutend für den imperialen Handel und die
imperiale Herrschaft. Mit Hilfe der Eisenbahn konnten die westlichen Mächte von den von
ihnen kontrollierten Häfen ins Hinterland vorstoßen und somit ihren Einfluss vergrößern, um
die Ressourcen des inneren Landes zu erschließen. Die erste Phase des railway imperialism
lag in den 1850er Jahren. Die ersten Linien entstehen 1852 in Ägypten, Chile und Brasilien,
1853 in Indien und Quebec, 1855 in New South Wales, 1856 in Ontario, 1857 in Argentinien
und 1860 in Natal.41 Das Eisenbahnnetz in Britisch-Indien umfasste 1869 4.255 Meilen, 1880
9.000 Meilen und 1900 insgesamt 25.000 Meilen. Es bestand vorwiegend aus
strahlenförmigen Hauptlinien, denen oft Querverbindungen fehlten. Die Linien waren meist
aus politischen und wirtschaftlichen Gründen gebaut worden: Die militärische Präsenz sollte
auf einem kleinem Niveau gehalten und die indische Wirtschaft in die britische integriert
werden, indem man
Nahrungsmittel und Rohstoffe exportierte und Fabrikerzeugnisse
importierte. Derartige Zielvorstellungen lassen sich auch auf andere Kolonien übertragen.42
40
Kennedy, P. M., Imperial cable communication and strategy, 1870-1914, in: The English Historical Review 86
(1971), S. 728-752, hier: S. 749f.
41
Divall, Colin, Railway imperialism, railway nationalism, in: Burri, Monika / Elsasser, Kilian T. / Gugerli,
David (Hrsg.), Die Internationalität der Eisenbahn 1850-1970, Zürich 2003, S. 195-209, hier: S. 198 Table 1.
42
Divall, Railway imperialism, railway nationalism, S. 200 u. 202.
13
Der Gesamtheit der Koloniebevölkerung war das neue Transportmittel nur beschränkt
zugänglich. Erst ab 1900 kam es zu einem Umdenken, hin zu einer für die Gesamtwirtschaft
profitablen Export-Import-Orientierung, die der Öffentlichkeit einen breiteren Zugang
ermöglichte.43 Für Visionäre war die Eisenbahn aber bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ein
Agent der Modernisierung: „Railways are opening the eyes of the people who are within
reach of them in a variety of ways. They teach them that time is worth money, and induce
them to economise that which they had been in the habit of slighting and wasting; they teach
them that speed attained is time, and therefore money, saved or made ... They introduce them
to men of other ideas, and prove to them that much is to be learnt beyond the narrow limits of
the little town or village which has hitherto been the world to them.“44
Auch in den afrikanischen Kolonien wollte man nicht auf die Eisenbahn verzichten. So
erhoffte man sich von einer Verbindung an der Goldküste, dass die Goldminen im Inneren
endlich gewinnbringend arbeiten, die Produktion von Palmöl und anderen tropischen
Produkten steigen würden und benötigtes Holz zu den Märkten transportiert werden könne.
Zudem sah man eine enorme Verbesserung der Transportmöglichkeiten, da es kaum nutzbare
Flüsse und Straßen gab. Bisher musste der Transport weitestgehend durch Träger stattfinden.
Deren Kapazität war aber sehr gering und die Kosten für den Transport sehr hoch.45
Frankreich baute beispielsweise 1885 eine Eisenbahnlinien zwischen Dakar und St. Louis,
von 1881 bis 1906 eine Linie zwischen Kayes am Fluss Senegal und dem oberen Niger und
von 1899 bis 1914 zwischen Konakry in Französich-Guinea und dem oberen Niger, ebenso
im Senegal. An der Elfenbeinküste bauten die Franzosen eine Linie ins Landesinnere. Die
Deutschen waren in Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika, Kamerun und Togo tätig. Die
Engländer bauten 1901 eine Eisenbahnverbindung in Kenia zwischen Mombasa und dem
Viktoriasee. Weiterhin wurden Eisenbahnlinien für den Kupfertransport von Katanga und
Rhodesien zur See, sowie für den Wolletransport im Sudan und in Uganda gebaut. „In the
period 1910-14, South Africa had 7.586 miles of railroads, followed by Algeria with 2.004
miles, Egypt with 1.485 miles, and Southwest Africa with 1.474 miles.“46
Durch die Eisenbahnlinien stieg der Export von Kakao, Kautschuk und Mahagoni stark an,
ebenso der Import von Kohle, Maschinen, Minenanlagen, Eisen und Baumaterial. Das
Warenaufkommen der Eisenbahn an der Goldküste stieg von 13.000 Tonnen 1903 auf
43
Inkster, Ian, Science and Technology in History. An Approach to Industrial Development, New Brunswick
1991, S. 224f.
44
W. A. Rogers, ein Offizier im Indischen Civil Service – zitiert nach: Adas, Michael B., Maschines as the
Measure of Men. Science, Technology and Ideologies of Western Dominance, Ithaca 1989, S. 226.
45
Luntinen, Pertti, Railway on the Gold Coast. A Meeting of two Cultures: A colonial history, Helsinki 1996, S.
19.
46
Headrick, Tools of Empire, S. 194f.
14
250.000 Tonnen 1913.47 Die Zahl der Passagiere stieg von 32.000 im Jahr 1903 auf 740.000
im Jahr 1913. Der Großteil nutze die Dritte Klasse.48 Dies zeigt, dass die Eisenbahn und die
damit fortschreitende wirtschaftliche Entwicklung der Kolonie auch Anklang bei den
Afrikanern fand. Sie sahen den Zeitvorteil und neue Beschäftigungsmöglichkeiten.
Hohe Bedeutung genoss die Eisenbahn bei den europäischen Mächten aber vor allem als
militärisches Mittel. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts diente die Eisenbahn in jedem Krieg als
Transport- und Nachschubweg. Man war in der Lage, innerhalb von Tagen reagieren zu
können. So zahlte sich für England das in Indien installierte Eisenbahnnetz bei der
Niederschlagung des dortigen Aufstandes 1857/58 aus.
China dagegen verweigerte sich bis in die 1880er Jahre dem Eisenbahnbau. Es sah darin,
zusammen mit dem Telegraphenwesen, eine Bedrohung für die Souveränität des Landes, da
man glaubte, einem westlichen Übergreifen schutzlos ausgeliefert zu sein. Den Ausländern
sollte der Zugang zum Landesinneren verwehrt und der Austausch auf die Handelshäfen
beschränkt bleiben. Kommerzielle Bahnlinien – ohne ausländisches Kapital – entstanden erst
ab 1882. Den endgültigen Wandel brachte die Niederlage gegen Japan 1895. Bis 1911
erfolgte eine exzessive Ausbauphase des Schienennetzes, vor allem mit ausländischem
Kapital. Damit hatten ausländische Investoren die Kontrolle über die gepachteten Gebiete und
der Ausbau hatte nur geringe Auswirkungen auf die ökonomische Entwicklung Chinas.49
Russland hatte bis 1881 in seinem europäischen Gebiet ein gut ausgebautes Eisenbahnnetz
geschaffen und begann daraufhin mit dem Ausbau im asiatischen Teil. Bis 1888 wurde eine
Militärbahn in Richtung Indien von der Ostküste des Kaspischen Meeres nach Samarkand
gebaut.50 Danach folgte die wohl bekannteste Eisenbahnlinie: die Transsibirische Eisenbahn.
Diese verbesserte die Kommunikation mit dem ostasiatischen Teil Russlands enorm und
stärkte die russische Machtstellung. Weiterhin versprach man sich eine strategische und
wirtschaftliche Durchdringung der nördlichen Mongolei und der Mandschurei. Das britische
Vordringen in Asien hoffte man mittels der rohstoffreichen Randgebiete im Norden Chinas
einzudämmen.51 Der Zustrom russischer Kolonisten sollte eine Zivilisierung Sibiriens
herbeiführen.
47
Headrick, Tools of Empire, S. 90f.
ebd. S. 94.
49
Inkster, Science and Technology in History, S. 240-242.
50
Klenner, Markus, Eisenbahn und Politik 1758-1914. Vom Verhältnis der europäischen Staaten zu ihren
Eisenbahnen, Wien 2002, S. 69.
51
Stolberg, Eva-Maria, Auf zum Pazifik. Die Bedeutung der Transsibirischen Eisenbahn für die Vernetzung des
eurasischen Raumes 1891-1914, in: Burri, Monika / Elsasser, Kilian T. / Gugerli, David (Hrsg.), Die
Internationalität der Eisenbahn 1850-1970, Zürich 2003, S. 293-308, hier: S. 300.
48
15
III.
Österreich-Ungarn ... imperialistisch!?
Nach dieser Schilderung der wichtigsten Tools of Empire ist es an der Zeit deren Bedeutung
für Österreich-Ungarn zu beleuchten. Hierfür konzentriere ich mich auf die Eisenbahn, die
Dampfschifffahrt und die Telegraphie. Die Entwicklung von Medikamenten und Impfungen
war im Falle Österreichs wenig bedeutend, da es nicht in überseeischen Gebieten mit völlig
anderen klimatischen Verhältnissen operierte. Ebenfalls kann die waffentechnische
Fortentwicklung vernachlässigt werden, da Österreich-Ungarn ausschließlich in Europa
agierte und die europäischen Staaten meist ein ähnliches Waffenniveau aufwiesen.
1. Das österreichische Eisenbahnwesen – Theaterstück in vier Akten
Die Entwicklung des Eisenbahnwesens in der Habsburgermonarchie unterteilt sich in vier
Perioden.52 Sie begann mit der ersten Privatbahnperiode von 1824 bis 1841, denn im Jahre
1824 wird die erste Konzession für eine öffentliche Eisenbahn erteilt, um die Landbrücke
zwischen Moldau und Donau zu überwinden. Da die Vereinigte Hofkanzlei der Meinung war,
dass sich Bahnen nicht für große kommerzielle Verbindungen eignen, sollte die Bahn durch
Privatkapital erbaut werden. Die Verbindung Linz-Budweis wurde bis 1832 fertig gestellt. Es
folgten weitere rein kommerzielle Bahnen, bei denen es sich ausschließlich um
Pferdeeisenbahnen handelte. So wurde im Jahre 1831 die Linie zwischen Prag und Lana fertig
gestellt. Sie diente der Erschließung des zwischen den beiden Städten gelegenen Gebietes,
indem sie Holz und Steinkohle aus dem Rakonitzer Kreis zur Moldau transportierte. Später
wurden Flügelbahnen erbaut, die die angrenzenden Kohlereviere anschlossen. Bis 1836
entstand die Verbindung Linz-Gmunden zum Abtransport des Salzes und eine Seitenbahn
zum Donauhafen Zizlau.53 1836 wurde die Konzession für die „Kaiser-Ferdinands-Nordbahn“
vergeben, einer Verbindung zwischen Wien und den nördlichen Industriegebieten.
Im Jahr 1841 gerieten viele Eisenbahngesellschaften durch eine Wirtschaftskrise in finanzielle
Schwierigkeiten. Um den Bau neuer Bahnen nicht zu verzögern, entschied sich der Staat, dies
selbst zu übernehmen. Damit setzte die erste Staatsbahnperiode bis 1858 ein. Mit dem
Hofkanzleidekret vom 23.12.1841 wurde das erste staatliche Eisenbahnprogramm der
Monarchie formuliert. Dieses sah die Errichtung von vier Hauptlinien vor – vorwiegend unter
52
Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Reisinger, Klaus, Österreichs Eisenbahnwesen als Bindeglied
zwischen Zentraleuropa und den Balkanländern, in: Heppner, Harald (Hrsg.), Der Weg führt über Österreich....
Zur Geschichte des Verkehrs- und Nachrichtenwesens von und nach Südosteuropa (18. Jahrhundert bis zur
Gegenwart), Wien / Köln / Weimar 1996, S. 107-142.
53
Klenner, Eisenbahn, S. 136.
16
handelspolitischen Gesichtspunkten: Die „k. k. nördliche Staatsbahn“ von Wien über Brünn
und Prag nach Dresden, fertig gestellt 1851 und die „k. k. priv. Kaiserin Elisabeth-Bahn“ von
Wien über Linz nach Salzburg und München, fertig gestellt 1860. Weiterhin die „k. k.
südliche Staatsbahn“ von Wien über Wien-Neustadt, Semmering, Graz, Marburg, Cilli und
Laibach nach Triest, fertig gestellt 1857 und die „k. k. lombardisch-venezianische
Staatsbahn“ von Venedig über Padua, Verona und Mailand nach Comer See, fertig gestellt
1857.54 Weiterhin wurde mit dem Bau von Bahnen in Ungarn begonnen. Nach und nach
verstaatlichte man die bestehenden Eisenbahngesellschaften und führte auf vielen Linien den
Staatsbetrieb ein. So verfügte Österreich 1854 mit 1700 km in Betrieb und 900 km im Bau
über das größte Staatsbahnnetz der Welt.55 Mit der Eisenbahnbetriebsordnung von 1851
verschaffte sich der Staat verschiedene Rechte gegenüber den Bahngesellschaften. Sie wurden
zur unentgeltlichen Postbeförderung verpflichtet und der Staat behielt sich das Recht vor, im
Kriegsfalle die Bahnen ausschließlich für militärische Transporte zu nutzen oder den Betrieb
einzustellen.56
Der Krimkrieg (1853-1856) erzwang die Erschließung des südosteuropäischen Raumes und
die Fertigstellung bestehender Linien. Zudem wurde ein Netzplan erarbeitet, der 10.000 km
umfasste und die Monarchie mit jeweils drei Hauptlinien von West nach Ost und Nord nach
Süd durchzog und auf eine flächenmäßige Erschließung der Gesamtmonarchie abzielte.
Jedoch bedeutete dies eine enorme finanzielle Belastung, die der Staat nicht allein tragen
konnte. Daher wurden 1854 Konzessionsnormen erlassen, die erneut Privatinitiativen
ermöglichten. Damit begann die zweite Privatbahnperiode, in der sich aber der Staat
entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaften, besonders in der Überwachung der Finanzen
sicherte.57 Die Monarchie verkaufte fast alle Staatsbahnen, setzte aber deren Weiterbau fest.
In dieser Periode entstanden wichtige Eisenbahnlinien, wie die Verbindung Verona-TrientBozen, Bozen-Innsbruck oder die 1873 vollendete Kronprinz-Rudolf-Bahn von St. Valentin
über Villach nach Laibach, die eine Verbindung Innerösterreichs und der steirischen
Eisenindustrie mit den oberen Donauländern schaffen sollte. Die bis 1872 fertig gestellte
Kaiser-Franz-Joseph-Bahn von Wien über Gmünd und Pilsen nach Eger sollte Südböhmen
verkehrsmäßig erschließen, eine zweite Verbindung mit Prag und der sächsischen Industrie
schaffen, sowie Wien Zugang zur Kohle des Pilsner Beckens verschaffen. Die SchlesischMährische-Nordbahn (Brünn-Olmütz-Sternberg) erschloss die fruchtbarsten Gebiete des
54
Reisinger, Österreichs Eisenbahnwesen, S. 121.
Klenner, Eisenbahn, S. 162.
56
Klenner, Eisenbahn, S. 164.
57
Klenner, Eisenbahn, S. 166.
55
17
mährischen Raumes58 Es wurden Verbindungen zur russischen und rumänischen Grenze
geschaffen, die eine hohe strategische Bedeutung hatten und von größter Wichtigkeit für die
Getreideimporte aus Russland und Rumänien waren. Zudem trieb es die Erschließung
Galiziens, der Bukowina und Ostungarns voran. Weiterhin wurden Verbindungen nach
Bukarest, zur rumänisch-bulgarischen Grenze und zum Schwarzen Meer erbaut. Von diesen
hatte die durchgehende Verbindung zum Schwarzmeerhafen Odessa große Bedeutung für den
Handel.59 Damit wuchs das Eisenbahnnetz der Gesamtmonarchie von ca. 1.500 km 1853 auf
4.500 km 1860, 9.600 km 1870 und 18.500 km 1880.60
Nach dem Verlust von Venetien und der Niederlage gegen Preußen konzentriert sich die
Monarchie auf den ost- und südosteuropäischen Raum, vor allem aufgrund von Bahnbauten in
diesem Gebiet wächst das Eisenbahnnetz zwischen 1867 und 1873 um über 5.000 km. Auch
in Ungarn, das mit dem Ausgleich 1867 vollkommene Unabhängigkeit im Eisenbahnbau
erlangt hat, kam es zu einer raschen Expansion. Man erschloss das südliche Getreidezentrum
und die Kohle- und Eisenbergbaureviere um Fünfkirchen und dem Banater Bergland61.
Durch die Schaffung unabhängiger Balkanstaaten infolge des Berliner Kongress 1878 hatte
Österreich-Ungarn ein Interesse daran, seine südlichen Grenzen militärisch zu sichern und
vom Orienthandel zu profitieren. Dies und die 1873 einsetzende Weltwirtschaftskrise leiteten
den Beginn der zweiten Staatsbahnperiode ein. Es kam erneut zur Verstaatlichung
bestehender Linien und zum forcierten Bau von Lokalbahnen auf Staatskosten. Bis 1891
wurden die in der Berliner Kongressakte geforderten Eisenbahnlinien im Bereich des
Osmanischen Reiches und seiner Nachfolgerstaaten fertig gestellt. Damit waren
durchgehende Verbindungen von Wien nach Saloniki bzw. Konstantinopel möglich.62 Aus
militärischen Gründen wurde das 1878 besetzte Bosnien-Herzegowina ab 1885 durch den
forcierten Ausbau eines Schmalspurnetzes rasch erschlossen.
1900 konnte Österreich-Ungarn ein Eisenbahnnetz von rund 36.000 km aufweisen.
Deutschland verfügte über ca. 50.500 km Schiene, Großbritannien über ca. 35.000 km und
Frankreich über 42.000 km. Es zeigte sich eine deutliche Rückständigkeit gegenüber den
anderen Großmächten im Verhältnis von Bahnkilometern zur Landesfläche. Dieses betrug für
58
Bachinger, Karl, Das Verkehrswesen, in: Wandruszka, Adam / Urbanitsch, Peter (Hrsg.), Die
Habsburgmonarchie 1848-1918, 8 Bde., Bd. 1, Wien 1973, S. 278-322, hier: S. 287f.
59
Reisinger, Osterreichs Eisenbahn, S. 123.
60
Reisinger, Österreichs Eisenbahn, S. 122f.
61
Gottas, Friedrich, Die Deutschen in den Ländern der Ungarischen Krone (1790-1867), in: Schödl, Günter
(Hrsg.), Deutsche Geschichte im Osten Europas, Bd. 6: Land an der Donau, Berlin 1995, S. 219-290, hier: S.
285.
62
Reisinger, Österreichs Eisenbahn, S. 130f.
18
die Doppelmonarchie auf 100 km2 nur 5,4 km gegenüber Deutschland mit 9,3 und
Großbritannien mit 11,0. Lediglich der Abstand zu Frankreich (7,9) war nicht zu groß. 63
1.1. Die Eisenbahn im Krieg
Bis Mitte der 1830er Jahre sah Österreich keine Vorteile in der Nutung der Eisenbahn für
Kriegsunternehmungen. Somit war die militärische Einflussnahme auf den Bau äußerst
gering. Ab ca. 1835 entstanden erste militärfachliche Betrachtungen, wie das Gutachten des k.
k. Oberleutnants Marx. Er sah in der Eisenbahn ein schnelles Kommunikations- und
Transportmittel, mit dem eine schnelle und zielgerichtete Versorgung der Truppen aus dem
Hinterland möglich war. Er hielt sie auch für den Transport kleinerer Truppenverbände
geeignet. Weiterhin würde die Bevölkerung bei Vorspannleistungen und Einquartierungen
entlasten werden. Er forderte daher ein finanzielles Engagement der Regierung und den Bau
eigener Staatsbahnen.64
Zunächst spielte aber der Kostenaspekt eine größere Rolle als Zeiteinsparungen, wodurch nur
Truppenverlegungen von Korpsstärke als vorteilhaft bewertet wurden. Eine Verlegung
größere Truppenverbände per Eisenbahn erfolgte erstmals im Februar 1846 während den
Unruhen in Galizien und es zeigte sich eine enorme Zeitersparnis. Ebenso wurden positiv
bemerkt: Einsparungen durch erspartes Schlafgeld und weniger Einquartierungen, Schonung
der Montur, Schonung der Kondition der Soldaten und Schonung der Zivilbevölkerung.65 Ab
1845 nutzte die Regierung die Eisenbahn verstärkt für Nachschubtransporte. Die Vorteile
waren niedrige Frachtpreise, eine schnelle und zeitgenaue Beförderung und eine weitgehende
Witterungsunabhängigkeit. Den endgültigen Durchbruch schaffte die Eisenbahn als
militärisches Instrument in den Revolutionskriegen 1848/49 und während des Aufmarsches
1850/51 gegen Preußen.66 Kosten spielten nur noch eine untergeordnete Rolle und
Eisenbahnen sollten in Kriegszeiten prinzipiell für Transporte genutzt werden. Es wurden
genaue Zeitpläne ausgearbeitet und Verträge mit den verschiedenen Eisenbahngesellschaften
geschlossen. Dabei gingen in punkto Linienführung kommerzielle und militärische Interessen
63
Matis, Herbert, Österreichs Wirtschaft 1848-1913. Konjunkturelle Dynamik und gesellschaftlicher Wandel im
Zeitalter Franz Joseph I., Berlin 1972, S. 330, Tabelle 34.
64
Marx, Anton, Bemerkungen über den Einfluß der Eisenbahnen auf Kriegsoperationen, in: Österreichische
Militärische Zeitschrift 1835, Bd. 4, S. 113-121 – teilweise zitiert in: Köster, Burkhard, Militär und Eisenbahn n
der Habsburgermonarchie 1825-1859, München 1999, S. 65-67.
65
Köster, Militär und Eisenbahn, S. 105 und 107.
66
Für 1848/49 siehe Köster, Militär und Eisenbahn, S. 139 und für 1850/51 findet sich eine ausführliche
Schilderung der Geschehnisse ebd. S. 180-186.
19
konform. Es wurde ein Zentralorgan zur Koordinierung der Transporte geschaffen 67 und 1862
die erste offizielle „Vorschrift für den Militär-Transport auf österreichischen Eisenbahnen“
verfasst – in anderen Ländern bereits zwischen 1855 und 1857.68 Die Eisenbahn bewährte
sich in der Folgezeit im Krim-Krieg als auch 1859.
2. Telegraphie – Kommunikationsmittel ohne Breitenwirkung
Über die Anfänge des Telegraphenwesens in der Habsburgmonarchie finden sich nur
spärliche Informationen. Die erste optische Telegraphenlinie soll 1805 errichtet worden sein69
und 1835 baute man eine Verbindung zwischen Wien und Linz. Eine weitere bestand
zwischen Triest und Pola.70 Um 1838 bestanden Pläne zur Einrichtung einer optischen
Telegraphenlinie zwischen Wien und Triest.71 Über den Ausbau des elektromagnetischen
Telegraphennetzes liegen detaillierter Informationen vor. So bestand die erste elektrische
Telegraphenversuchslinie 1846 zwischen Wien und Brünn. Aufgrund ihres erfolgreichen
Betriebs wurde die Telegraphie 1847 zum Staatsregal erklärt. Am 1. Mai des gleichen Jahres
wurde die Eisenbahntelegraphenlinie entlang der „Kaiser-Ferdinands-Nordbahn“ in Betrieb
genommen. Diesem Beispiel folgend erbaute man zunächst alle Linien entlang von
Eisenbahnstrecken. Schließlich gab es ab 1849 konkrete Pläne für ein von Wien ausgehendes,
die gesamte Monarchie durchziehendes Staatstelegraphennetz und es kam zur Schaffung eines
„k. k. Telegraphenzentralbureaus“. Bis Ende 1850 erreichte es eine Ausdehnung von 3.500
km bei 45 Stationen. Telegraphische Verbindungen bestanden unter anderem nach Prag,
Budapest, Triest, Innsbruck und Mailand. Ebenso erfolgte die Gründung des „DeutschÖsterreichischen Telegraphenvereins“ mit dem Anschluss an die Netze von Bayern, Sachsen
und Preußen. Weitere deutsche Staaten folgten. Mit dem Reglement vom 14. Oktober 1849
wurde die Telegraphie der Allgemeineinheit zugänglich gemacht. 72 Man hielt sich aber das
Recht vor „den Telegraphen für die Beförderung von Privatkorrespondenzen, wenn es die
Umstände erheischen, ganz zu sperren.“73 Der Tarif von Wien nach Preßburg betrug „5
Gulden ..., nach Olmütz, Oderberg, Graz, Linz oder Salzburg 6 Gulden, nach Laibach oder
67
Köster, Militär und Eisenbahn, S. 187.
ebd. S. 215.
69
Dörfler, Edith / Pensold, Wolfgang, Die Macht der Nachricht. Die Geschichte der Nachrichtenagenturen in
Österreich, Wien 2001, S. 48.
70
Aus der Sendung des Bayrischen Rundfunk vom 4. Juli 1971 in der Sendereihe „Diese unsere Welt“,
abgedruckt in Pieper, Hans, Beiträge zur Geschichte des Telegraphiewesens 1955 bis 1981, Kirchheim 1984, S.
29.
71
Dörfler / Pensold, Die Macht der Nachricht, S. 67.
72
Künzi, Telegraf, S. 51f.
73
Provisorische Bestimmungen über die Benützung des k. k. Staatstelegraphen von Seiten des Publikums –
zitiert nach: Dörfler / Pensold, Die Macht der Nachricht, S. 100.
68
20
Prag 7 Gulden, nach Triest 8 Gulden – zuzüglich jeweils einer Zustellgebühr von 20 Kreuzer
tagsüber und 30 Kreuzer nachts.“74 Trotz der hohen Gebühren erfreute sich das neue
Kommunikationsmittel rasch steigender Beliebtheit.75 Wurden in der Gesamtmonarchie 1848
lediglich 8000 Telegramme versandt76, so waren es 1865 allein in Cisleithanien bereits 1,6
Mio. und für Transleithanien ist für 1870 eine Anzahl von 1,5 Mio. belegt.
In den 1850er Jahren erfolgte innerhalb des DÖTV der Anschluss an die verschiedenen
ausländischen Netze. Schließlich bildete Österreich 1865 zusammen mit 19 weiteren
souveränen Staaten die „Union télégraphique internationale“ (s.o.II.4). Um den anwachsenden
nachrichtendienstlichen Telegrammverkehr unter Kontrolle zu halten, war 1860 mit dem „k.
k. Telegraphen-Korrespondenz-Bureau“ die erste staatliche Nachrichtenagentur gegründet
worden, die den telegrafischen Nachrichtenverkehr übernahm.77
Das österreichisch-ungarische Telegraphennetz wuchs von 10 Stationen und 935 km
Linienlänge 184878 auf 940 Stationen und 20.896 km 186679 und bis 1913 auf ca. 12.500
Stationen an.80 Die Linienlänge betrug zu dieser Zeit in Cisleithanien 47.519 km bei einer
Drahtlänge von 242.900 km und in Transleithanien 26.000 km bei einer Drahtlänge von
161.000 km.81 Der Telegrammverkehr betrug in Cisleithanien 20.680.000 beförderte
Telegramme und in Transleithanien 13.390.000.82 Im Vergleich dazu wächst das preußische
Telegraphennetz von 2.150 km und 38 Stationen im Jahre 1850 auf 18.382 km und 1.794
Stationen 1867 an.83 England konnte 1866 1.422 Stationen aufweisen und Frankreich 1.958.
Damit verteilten sich in der Donaumonarchie 39.436 Einwohner auf eine Station gegenüber
Preußen mit 21.420, Großbritannien mit 20.638 und Frankreich mit 17.880 Einwohnern pro
Station.84 Das Österreichische Netz besaß somit eine nur halb so hohe Dichte als das der
anderen Großmächte. Preußen wies gegenüber Österreich auch stets eine höhere
durchschnittliche Drahtlänge pro 100 geographischen Meilen85 Linie auf. 1864 betrug diese
74
Dörfler / Pensold, Die Macht der Nachricht, S. 89.
So steigt die Anzahl von Privatdepeschen von 3.045 1850 auf ca. 1,4 Mio. 1865 an und macht damit 88 % der
Gesamtzahl aus. Siehe Reindl, Josef, Der Deutsch-Österreichische Telegraphenverein und die Entwicklung des
deutschen Telegraphenwesens 1850-1871. Eine Fallstudie zur administrativ-technischen Kooperation deutscher
Staaten vor der Gründung des Deutschen Reiches, Frankfurt am Main 1993, S. 278 Tab. 4.2.
76
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 318 Tabelle 62.
77
Dörfler / Pensold, Die Macht der Nachricht, S. 141.
78
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 318, Tabelle 62.
79
Reindl, Deutsch-Österreichische Telegraphenverein, S. 263 Tab. 1.2 und S. 268 Tab. 2.2.
80
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 318, Tabelle 62: 7282 Stationen für Cis- und 5171 Stationen für
Transleithanien.
81
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 318, Tabelle 62.
82
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 318, Tabelle 62.
83
Reindl, Deutsch-Österreichische Telegraphenverein, S. 262 Tab. 1.1 und S. 267 Tab. 2.1. Verlässliche
Statistiken für die Stationen in Preußen liegen keine vor – vgl. Künzi, Telegraf, S. 72 Tab. 3.
84
Künzi, Telegraf, S. 72 Tab. 3.
85
Eine geographische Meile entspricht 7,42 km.
75
21
bereits 312,1 Meilen gegenüber 198,2 in Österreich.86 Dies deutet daraufhin, dass Preußen
bereits mehrere Leitungen auf einer Linie verlegte. Das Deutsche Reich konnte schließlich
1913 bei 38.500 Stationen ca. 93.000 km Linienlänge aufweisen, also rund 20.000 km mehr
als Österreich, trotz kleineren Staatsgebiets,87 sowie 751.169 km oberirdischer Leitungen.88
Großbritannien verfügte 1900 über 71.866 km Telegraphenlinie.89 Das Verhältnis „Einwohner
pro Station“ liegt im Deutschen Reich bei 1.558 EW/Station und in Österreich-Ungarn bei
4.108 EW/Station.90 Die Anzahl der Depeschen lag 1865 mit ca. 1,5 Mio. auf demselben
Niveau wie in Österreich.91 Italien konnte 1866 6.684.116 versandte und empfangene
Depeschen verzeichnen.92 Bereits 1869 betrug der Telegrammverkehr im nunmehr
Norddeutschen Bund ca. 6,2 Mio. Depeschen gegenüber 4,2 Mio. in Österreich-Ungarn93 und
in Frankreich wurden 1872 6,223 Mio. Telegramme bearbeitet. 94 Es sich zeigt bereits hier ein
Rückstand auf Seiten Österreich-Ungarns, der sich bis 1913 weiter vergrößerte. So stieg der
Telegrammverkehr im Deutschen Reich bis 1899 auf 45 Mio. und bis 1913 auf 64 Mio.
Telegramme, d.h. auf doppelt so viele wie in Österreich-Ungarn.95 Somit versandte 1913 jeder
Deutsche durchschnittlich ein Telegramm wohingegen in Österreich 1,5 Bewohner auf ein
Telegramm entfielen. In Großbritannien (England, Wales, Schotland, Irland) wurden 1900
90,4 Mio. Depeschen aufgegeben.96
Die Nutzung der Telegraphie in Österreich erfolgte auf dieselbe Weise wie in den anderen
westlichen Ländern. Es waren vorwiegend Fabrikanten, Kaufleute, Schiffseigner und
Zeitungen, die Gebrauch davon machten, auch wenn der familiäre Gebrauch stetig anstieg. So
entfielen 1865 von den rund 1,4 Mio. Privatdepeschen ca. 720.000 auf Handels- und 110.000
auf Börsentelegramme.97 Auf dem submarinen Kabelverkehr betrug der Anteil geschäftlicher
Mitteilung sogar 80 %.98 Die Börsentelegraphie ermöglichte es, Kenntnisse von Angebot und
86
Übersicht der Linien und Stationen des deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins, in: Zeitschrift des
Deutsch-Österreichischen Telegraphen-Vereins 12 (1865), S. 143.
87
Reindl, Deutsch-Österreichische Telegraphenverein, S. 215f.
88
Das deutsche Telegraphen-, Fernsprech- und Funkwesen 1899-1924, Berlin 1925, S. 39.
89
Brockhaus’ Konversations-Lexikon, Bd. 8, Leipzig 141908, S. 350-411,hier: S. 361. [Großbritannien u. Irland]
90
Bei einer Bevölkerungszahl von 51,35 Mio. für Österreich-Ungarn 1910 und geschätzten 60 Mio. im
Deutschen Reich. Amtlich belegt sind 1900 56,367 Mio. Einwohner – siehe: Schieder, Theodor, Europa im
Zeitalter der Nationalstaaten und europäische Weltpolitik bis zum ersten Weltkrieg (1870-1918), in: ders.
(Hrsg.), Handbuch der europäischen Geschichte, 7 Bde, Bd. 6, Stuttgart 1968, S. 1-196, hier: S. 7.
91
Reindl, Deutsch-Österreichische Telegraphenverein, S. 272 Tab. 3.1.
92
Statistische Notiz über den Stand der Italienischen Telegraphie am 31. Dezember 1866, in: Zeitschrift des
Deutsch-Österreichischen Telegraphen-Vereins 14 (1867), S. 110.
93
Reindl, Deutsch-Österreichische Telegraphenverein, S. 276 Tab. 3.5.
94
Pieper, Hans, Französische Telegramme, in: Die Sammler-Lupe, Februar 1961, S. 75f. – abgedruckt in: Pieper,
Hans, Beiträge zur Geschichte des Telegraphenwesens, S. 217.
95
Das deutsche Telegraphen-, Fernsprech- und Funkwesen 1899-1924, S. 7.
96
Brockhaus’ Konversations-Lexikon, Bd. 8, S. 361.
97
Reindl, Deutsch-Österreichische Telegraphenverein, S. 287 Tab. 6.2.
98
Künzi, Telegraf, S. 102.
22
Nachfrage an verschiedenen Rohstoff- und Warenmärkten zu haben, und forcierte damit die
Produktion und den Absatz von Gütern. Insgesamt gestaltete sich der Kontakt mit regionalen,
nationalen und internationalen Märkten intensiver. Die elektromagnetische Telegraphie hob
räumliche und zeitliche Grenzen im starken Maße auf und schuf so die Voraussetzungen für
das Entstehen des modernen Weltmarktes. Sie war ebenso treibende Kraft bei der Entstehung
von modernen Nachrichtenagenturen, wie Wolff’s Telegraphenbüro oder Reuters. Von
großem Nutzen war die Telegraphie auch auf militärischem Gebiet. Es war es relativ zeitnah
möglich, Truppenbewegungen zu befehligen und auf Bewegungen des Feindes zu reagieren.
Der Regierung gab sie die Möglichkeit, mit allen Landesteilen auf schnellem Wege zu
kommunizieren und einen engeren Kontakt herzustellen, sowie auf entstehende Krisen schnell
zu reagieren. Weiterhin verkürzte sich der Kontakt zu ausländischen Staaten auf wenige
Minuten.
3. Österreichische Dampfschifffahrt ohne internationale Bedeutung
Die Dampfschifffahrt in Österreich-Ungarn setzte 1829 mit der Gründung der „k. k. priv.
Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft“ ein, die 1830 den ersten Dampfer auf die Reise
schickte. In der Folgezeit wurden weitere Dampferlinien in Betrieb genommen, sogar bis
Konstantinopel und ab Mitte der 1840er Jahre verkehrten Dampfer auf der Theiß und der
Save.99 Jedoch waren die Bedingungen für die Binnenschifffahrt ungünstig, da die
Wasserstraßen insgesamt eine geringe Länge aufwiesen und ungünstige Verkehrverhältnisse
(Sandbänke, Krümmungen, stark schwankende Wassermengen) vorherrschten.100 Österreich
besaß ebenso nur wenige künstliche Kanäle, die nach 1850 meist nur noch regionale
Bedeutung besaßen. Die Monarchie hatte sich ab Mitte der 1850er Jahre weitestgehend auf
umfangreiche Regulierungsarbeiten der natürlichen Läufe konzentriert. Neben einigen
Kanälen in Venetien und der Lombardei findet sich der Franzenskanal (erbaut 1793-1802),
der die Donau mit der Theiß verbindet und damit eine Zeit- und Kostenersparnis bewirkte.
Der Wienerisch-Neustädter Kanal (erbaut 1797-1803) verbindet Schottwien und Wien und
wurde bis 1810 bis zur Pötschinger Anhöhe nahe der ungarischen Grenze fortgeführt. Er
99
Suppan, C. V., Die Donau und ihre Schiffahrt, Wien 1917, S. 107.
Der Ministerialrat Kvassay gibt 1916 eine schiffbare Flusslänge von 2658 km an, in: von Kvassay, Eugen,
Die ungarische Donau als Teil der Verkehrsstrasse für die Gross-Schiffahrt nach dem Orient, Stuttgart 1916, S.
40. In Brockhaus’ Konservations-Lexikon, 16 Bde., Bd. 12, Leipzig 141908, S. 715-746, hier: S. 716
[Österreichisch-Ungarische Monarchie] findet sich die Angabe von 7.100 km schiffbarer Flüsse, von denen
4.300 km für Dampfschiffe geeignet waren. Das Deutsche Reich hingegen verfügte über 13.749 km
Wasserstraßen – siehe: Brockhaus’ Konversations-Lexikon, 16 Bde., Bd. 5, Leipzig 141908, S. 19-135, hier: S.
56 [Deutschland und Deutsches Reich].
100
23
verringerte die Transportkosten für wichtige Materialien, wie Lebensmittel, Baustoffe und
Brennmaterial, welche Wien benötigte. Weiterhin fanden sich in Ungarn der 1872 ausgebaute
Franz-Josef- und der Begakanal.
Die Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft baute in der Folgezeit mittels einer Zinsgarantie
durch die Regierung eine Monopolstellung in der österreichischen Binnenschifffahrt auf. Das
Unternehmen expandiert rasch und besaß 1851 „51 Dampfer und 200 Schleppkähne, das
Beförderungsvolumen war auf 216.500 t angewachsen.“101 Bereits 5 Jahre später waren es
101 Dampfer und 359 Schlepper.102 Nach dem Ausgleich 1867 gründeten sich v. a. in Ungarn
verschiedene Konkurrenzunternehmen, die aber größtenteils scheiterten. Nur kleine lokale
ungarische Unternehmen konnten sich etablieren. Die Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft
baute ihren Fuhrpark bis 1874 v. a. durch den Aufkauf der „Vereinigten ungarischen
Dampfschiffahrts-Gesellschaft“ auf „200 Dampfer ... 655 eiserne und 65 hölzerne Schlepper,
5 Baggerschiffen sowie 200 Landungsschiffen und Kohlentender“ aus und entwickelte sich
zum größten Flussschifffahrtsunternehmen Europas.103 Ende der achtziger Jahre bildete sich
schließlich mit der „Ungarischen Fluß- und Seeschiffahrts-Aktiengesellschaft“ ein
konkurrenzfähiges Unternehmen heraus, das 1914 über 54 Dampfer und 306 eiserne
Warenboote verfügte.104 Vor Ausbruch des 1. Weltkrieges verkehrten auf der Donau ebenso
die Schiffe der „Süddeutschen Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft“, der „Ungarischen
Binnenschiffahrts-Aktiengesellschaft“,
des
„Bayrischen
Lloyd“,
der
„Rumänischen
Flußschiffahrt“, weiterhin Schiffe der „Russischen Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft“
und einiger kleinerer privater Unternehmen.105 Die gesamte Handelsflotte auf der Donau soll
„100 Personendampfer, 330 Zugdampfer, 10 Motorwarenboote und etwa 30 kleinere
Motorfahrzeuge ..., 1.850 eiserne Schleppe und 700 hölzerne Ruderschiff, Segler, Plätten und
Kähne“ umfasst haben.106
Insgesamt war die Verkehrseffizienz der Donauschifffahrt gering, da es kaum schiffbare
Zubringerflüsse und keine am Strom befindlichen Kohlereviere gab, weiterhin die Mündung
in ein Weltmeer fehlte und die Tarife vergleichsweise hoch waren. Daher war sie für die
Verfrachtung von Überseegütern nicht geeignet.107 Das Beförderungsvolumen in Ö-U lag
101
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 308.
Suppan, Donau, S. 117.
103
ebd. S. 118.
104
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 310.
105
Suppan, Donau, S. 121.
106
ebd. S. 122. Deutschland verfügte über 22.235 Segelschiffe und 1171 Personen-, 217 Güter-, 1142 Schlepp-,
53 Tau-Dampfer und 21 Dampffähren – siehe: Brockhaus’ Konversations-Lexikon, Bd. 5, S. 56.
107
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 310f.
102
24
1911 bei ca. 11,4 Mio. t und lag damit 18-20mal niedriger als das der Eisenbahn.108
Demgegenüber wurde 1912 auf dem Suezkanal ein Warenaufkommen von 20 Mio. t, auf dem
Rhein von 80 Mio. t abgefertigt.109 Suppan gibt für die österreichische Donaustrecke
zwischen 1902 und 1912 eine Verkehrszunahme von 1,43 Mio. t auf 2,59 Mio. t an und für
den Verkehr in Ungarn von 3,78 Mio. t auf 5,093 Mio. t. Den Rheinverkehr bemisst er 1913
mit 66,4 Mio. t und den Elbverkehr mit 19,5 Mio. t.110 Mögen die Zahlenangaben auch
auseinandertriften, so wird doch deutlich, dass die Donau und damit die österreichischungarische Binnenschifffahrt im Umfang gegenüber den deutschen Strömen weit zurückstand.
Weiterhin werden hier noch einmal, in Anbetracht der Tatsache, dass allein die ungarische
Regierung für die Flussregulierung zwischen 1876 und 1915 185 Mio. Kronen veranschlagt
hatte111, die äußerst schwierigen Verkehrsverhältnisse auf der Donau erkenntlich. Bereits
Mitte der 1870er Jahre hatten verschiedene Persönlichkeiten die Aussichtslosigkeit erkannt,
die Donau zu einer Wasserstraße von internationaler Bedeutung auszubauen. Die Zeitung
„Daheim“ vom 25. Dezember 1915 gab die Meinung von Friedrich List über die Donau so
wieder: „Als man vor einem dreiviertel Jahrhundert mit weitausschauend freudigen Gedanken
von der Erneuerung des Kanals sprach, durch den einst Karl der Grosse den Rhein und die
Donau, die Nordsee und das Schwarze Meer verbunden habe, bemerkt List ‚Die Nordsee’ ist
längst mit dem Schwarzen Meer durch einen natürlichen Kanal verbunden. Er fliesst an
Gibraltar und Konstantinopel vorbei. Mit ihm kann eine Binnenwasserstrasse niemals
konkurrieren.“112 Der Ministerialrat Eugen von Kvassay, Vorstand der Wasserbaudirektion im
königlich ungarischen Ackerbauministerium, bestätigte diese Meinung indirekt: „Die einzige
stichhältige Einwendung, wonach sich die Schiffahrt auf der Donau niemals so billig stellen
wird wie zur See, kann den Aufschwung der Fluss-Schiffahrt nicht unmöglich machen.“113
Konnte die Donau schon keine große internationale Bedeutung erlangen, so besaß sie doch für
Österreich-Ungarn bei der Kommunikation mit den neu entstandenen südosteuropäischen
Staaten Montenegro, Serbien, Griechenland, Rumänien, Bulgarien und Albanien einen großen
Einfluss und ließ den Postverkehr stark anwachsen. Für die Balkanstaaten wiederum stellte
die Donau einen wichtigen Verkehrsanschluss an den Westen dar.114
108
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 312.
Kvassay, Die ungarische Donau S. 36.
110
Suppan Donau, S. 123f.
111
Kvassay, Die ungarische Donau, S. 1.
112
Zitiert nach Kvassay, Die ungarische Donau, S. 30.
113
ebd. S. 31.
114
Heppner, Harald, Die großen Wasserstraßen und ihre Bedeutung, in: Heppner, Harald (Hrsg.), Der Weg führt
über Österreich... Zur Geschichte des Verkehrs- und Nachrichtenwesens von und nach Südosteuropa (18.
Jahrhundert bis zur Gegenwart), Wien / Köln / Weimar 1996, S. 91-106, hier: S. 95.
109
25
Der Seeschifffahrt fehlte es ebenfalls an Grundvoraussetzungen. Es gab keine schiffbaren
Flussläufe ins Mittelmeer und die Küstengebiete waren für die Ansiedlung von Industrien in
größerem Maßstab nicht geeignet, wodurch Triest, dem einzigen internationalen Hafen
Österreichs, ein gewerbereiches Hinterland fehlte. Diese Isolation konnte durch die
Eisenbahnlinie Wien-Triest gemildert werden. Entscheidend war auch das Fehlen von
Kolonien, die einen raschen Ausbau erfordert hätten. So lag die österreichisch-ungarische
Handelsmarine 1913 mit 269 Dampfern in Europa an zehnter Stelle.115 Auch nach der
Öffnung des Suezkanal 1869 blieb Triest ein Hafen am äußersten Rand eines Nebenmeeres.
Als Hauptunternehmen übernahm 1836 der Österreichische Lloyd den Dampfschiffverkehr an
der adriatischen Küste und nach dem Orient. Er nahm aufgrund von staatlicher Unterstützung
einen kontinuierlichen Aufschwung und besaß 1847 21, 1853 30, 1856 61 und 1872 68
Dampfer, womit er ca. 300.000 Reisende und 320.000 t Waren transportierte.116 Mit Öffnung
des Suezkanals wurde eine ständige Linie nach Bombay und eine wöchentliche nach Port Said
aufgenommen. Für die habsburgische Adriaküste stellte der Österreichische Lloyd einen
bedeutenden Verkehrsanschluss dar: „Für die Ostküste des Adriatischen Meeres bildet der
Lloyd das beinahe ausschließliche Verkehrsmittel, da die langgestreckten Küstenländer mit
ihren zahlreichen Inselgruppen weniger auf die Verbindung zu Lande, sondern auf jene zur
See angewiesen sind.“117 Für den Küstenverkehr waren auch die Ungarisch-Kroatische
Schiffahrts-Gesellschaft und einige kleine dalmatinische Gesellschaften verantwortlich. 1901
verfügte der Lloyd über 17 Linien in verschiedenen Varianten und deckte einen Großteil des
östlichen Mittelmeerraumes ab.118 1904 gründete sich die Gesellschaft Austro-Americana, die
vorwiegend Linien nach Nordamerika anbot, und erlebte einen raschen Aufschwung. Bis
1913 verfügte sie über 40 Schiffe und beförderte eine Mio. t an Waren. Die ungarische
Handelsflotte umfasste 1913 134 Dampf- und 411 Segelschiffe. Ihr Seehafen Fiume blieb
trotz umfangreicher Investitionen von geringer handelspolitischer Bedeutung.119
4. Österreich-Ungarn und die Tools of Empire
In der vorangegangen Behandlung des Eisenbahn-, Telegraphie- und Dampfschifffahrtswesen
in der Doppelmonarchie hat sich gezeigt, das diese Tools vorrangig der wirtschaftlichen und
115
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 312.
ebd. S. 313f.
117
Armand Freiherr v. Schweiger-Lerchenfeld, Die Adria, Wien / Pest / Leipzig 1883, S. 692 – zitiert nach:
Heppner, Wasserstraßen, S. 96.
118
Heppner, Wasserstraßen, S 98f.
119
Bachinger, Das Verkehrswesen, S. 313-315.
116
26
verkehrstechnischen Erschließung des eigenen Staatsgebietes dienten. Weiterhin sollten die
Kommunikationswege im Land und mit den Nachbarstaaten verbessert werden und der
Absicherung der Landesgrenzen dienen.
Die Regierung erhoffte sich insgesamt einen wirtschaftlichen Aufschwung, der auch eintrat,
jedoch weniger intensiv als in den anderen Großmachstaaten. So konnte die Eisenbahn, die
sich auch in Österreich-Ungarn zum Träger der Industriellen Revolution entwickelte, nicht
einen grundlegenden wirtschaftlichen Umstrukturierungsprozess einleiten. Dies zeigt sich
beispielsweise in der Eisen- und Maschinenindustrie. Hier lag 1913 die Pro-Kopf-Quote der
Roheisenproduktion in Cisleithanien mit 59,6 kg und in Transleithanien mit 29,4 kg
gegenüber Deutschland mit 250 kg und den USA mit 326 kg um ein Vielfaches niedriger.120
Die Zahl an Groß- und Mittelstädten nahm sehr langsam zu121 und auch der Außenhandel
veränderte nur allmählich seine alten Strukturen. Der Haupthandelspartner Cisleithaniens
blieb das Deutsche Reich und der Außenhandel Ungarns, der allgemein unverändert blieb,
erfolgte vorwiegend mit Österreich. Es wurden hauptsächlich landwirtschaftliche Produkte
und Produkte der Lebensmittelindustrie ausgeführt und vorwiegend Fertigwaren eingeführt.122
Nachteilig wirkte sich die strategische und verkehrpolitische Orientierung des Eisenbahnbaus
aus, der der Erfassung aller Landesteile diente. Dies zeigte sich vor allem in der zweiten
Staatsbahnperiode im forcierten Ausbau des Lokalbahnnetzes, das meist nur wenig rentabel
war. Dadurch wurde die Investitionsbereitschaft des privaten Kapitals kaum gefördert und
eine industriepolitische Ausrichtung, die die Wirtschaft vorangetrieben hätte, unterblieb
meist. Die Schifffahrt konnte aufgrund ihrer schwierigen Ausgangslage nur bedingt die
wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben und verfehlte eine internationale Bedeutsamkeit.
Die Wasserstraßen dienten vorrangig dem Ziel, den Verkehr und Handel mit dem Südosten zu
forcieren, Verbindungen zwischen Städten entlang der Donau aufzubauen und hatten somit
einen weitestgehend kontinentalen Charakter. Das Hauptmotiv war, wie bei der Telegraphie,
die Sicherung des Reiches und der Ausgleich zwischen den Nationalitäten.
Diese Zusammenfassung zeigt, dass die Tools keiner imperialistischen Verwendung
unterlagen, sondern innerhalb der Staatsgrenzen, wie von jedem anderen Staat, genutzt
wurden. Österreich-Ungarn versuchte auch nie, mittels dieser seine Landesgrenzen nach Ostbzw. Südosteuropa zu verschieben. Dieser Sachverhalt beruht auf der geopolitischen Lage im
120
Berend, Ivan T. / Ránki, György, Ungarns wirtschaftliche Entwicklung 1849-1918, in: Wandruszka, Adam /
Urbanitsch, Peter (Hrsg.), Die Habsburgmonarchie 1848-1918, 8 Bde., Bd. 1, Wien 1973, S. 462-527, S. 507.
121
Verfügte Österreich-Ungarn Anfang des 20. Jahrhunderts über 98 Städte mit mehr als 20.000 EW und 8
Städten mit als 100.000 EW (siehe: Brockhaus’ Konversations-Lexikon, Bd. 12, S. 720.), so hatten in
Deutschland 47 Städte über 100.000 EW und 48 Städte über 50.000 EW (siehe: Brockhaus’ KonversationsLexikon, Bd. 5, S. 30)
122
Berend / Ránki, Ungarns wirtschaftliche Entwicklung, S. 485f.
27
Balkanraum, der Interessensgebiet mehrer europäischer Staaten, wie Russland, England und
Italien war. Die Doppelmonarchie konnte daher nur eine verstärkte wirtschaftliche Präsenz in
Südosteuropa anstreben. Diese Ausrichtung könnte man als wirtschaftsimperialistische
Strategie bezeichnen. Hinweise für eine klassische imperialistische Ausrichtung finden sich
jedoch nicht.
Betrachtet man nun, unter Berücksichtigung der besonderen österreichisch-ungarischen
Staatsstruktur und seiner Multiethnizität, die Vielzahl verschiedener Nationalgebiete als
Kolonien im kleinen Maßstab und vergleicht man die Tätigkeit der Donaumonarchie mit der
von Kolonien besitzenden Staaten, so stellt man fest, dass beide Gruppen versuchten ihren
Einfluss in den „Kolonien“ auszudehnen und deren wirtschaftliche Ressourcen für sich
nutzbar zu machen. Des Weiteren sahen sie sich als Kulturbringer. Treffend bezeichnet dies,
wenn auch zu überschwänglich, Suppan, indem er sagt: „Die Donau in ihrer dem Urzustande
gleichenden Verwilderung stellte der Schiffahrt unvergleichlich schwierigere Anforderungen
als etwa der kulturumsäumte Rhein oder die Elbe. Den Verkehr, den die Gesellschaft heute
aus den Gegenden des mittleren und des unteren Donaubeckens vermittelt, mußte sie erst
erwecken und schaffen, zumeist in Gegenden, wo alle Vorbedingungen zu einem
Verkehrsleben fehlten, wo die Menschen nicht selten noch in Erdhütten oder Höhlen hausten.
Die Aufgabe der Ersten k. k. priv. Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft war demnach von
allem Anfange an zum großen Teil eine Kulturmission!“123 Jedoch gab es im wirtschaftlichen
Engagement einen entscheidenden Unterschied, der der Imperialismusdefinition widerspricht.
Die klassischen imperialen Staaten waren an den Kolonien nur als Rohstofflieferanten und
zusätzliche Absatzmärkte interessiert. Österreich-Ungarn hingegen versuchte die gesamte
wirtschaftliche Entwicklung seiner Landesteile, der „Kolonien“, voranzutreiben, um davon zu
profitieren. Dies verdeutlicht ein Bericht der Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft von 1846:
„Als die ersten Schiffe im südlichen Ungarn erschienen, stockte der Verkehr in jenem von
Kommunikationsmitteln völlig entblößten Landesteil und Strecken des fruchtbarsten Bodens
blieben aus Mangel an Absatz der Erzeugnisse unbebaut. Die Dampfschiffahrt beseitigte
diesen Mangel, die Kultur griff um sich, das anregende Beispiel der dem Strom näher
gelegenen Güter wirkte auf den entfernteren und rief einen Wetteifer hervor, dessen
gedeihliche Folgen in den Massen von Erzeugnissen hervortraten, die nunmehr zur
Verschiffung mit Dampfbooten angeboten werden.“124
123
124
Suppan, Donau, S. 119.
Zitiert nach Suppan, Donau, S. 117.
28
IV.
Abschließende Beurteilung
Die vorliegende Arbeit hat zunächst versucht, die Bedeutung der Tools of Empire für die Zeit
des Imperialismus aufzuzeigen. Anhand vieler Zahlen und Beispiele erwies sich deren enorme
Bedeutung. So wäre ohne Chinin eine flächendeckende Eroberung Afrikas nicht denkbar
gewesen und ohne die stetige Fortentwicklung der Waffen hätte der Imperialismus ein
weitaus größeres Maß an Opfern auf Seiten der westlichen Staaten gefordert. Ebenso
bedeutend sind die Telegraphie und die submarinen Kabel, die eine schnelle weltweite
Kommunikation ermöglichten und so den europäischen Staaten erst die Möglichkeiten gaben,
effektiv international tätig zu werden, sowohl ökonomisch als auch militärisch.
Doch wie verhält es sich im Falle der Großmacht Österreich-Ungarn? Kann sie trotz des
Nichtvorhandenseins von Kolonien als ein imperialistischer Staat wie England oder das
Deutsche Reich bezeichnet werden? Inwiefern lassen sich die Tools auch auf diesen Staat
anwenden? Diese Fragstellung wurde in Kapitel III näher beleuchtet. Zunächst zeigte sich,
dass nur eine Auswahl der Tools in Betracht gezogen werden konnte, da Österreich-Ungarn
ausschließlich auf dem europäischen Kontinent agierte. Daher waren Impfungen und
Medikamente und Waffen von geringer Bedeutung. Die Betrachtung der verbleibenden Tools
Eisenbahn, Telegraphie und Dampfschifffahrt ergab, dass ihre Verwendung keinen
imperialistischen
Tendenzen
unterlag
und
somit
die
Donaumonarchie
nicht
als
imperialistisches Land bezeichnet werden kann.
Des Öfteren wird die besondere Struktur Österreich-Ungarns mit seinen verschiedenen
Nationalitäten angeführt, um den Tätigkeiten des Staates eine imperialistische Intention zu
verleihen. Jedoch handelte es sich trotz dieser Besonderheit um ein einheitliches Staatsgebiet,
dessen Entwicklung insgesamt gefördert werden sollte. Dieser Sachverhalt widerspricht einer
imperialistischen Betrachtungsweise.
Es lassen sich lediglich Hinweise auf einen indirekten Imperialismus finden, wenn man im
österreichischen Engagement in den Staaten Südosteuropas eine wirtschaftsimperialistische
Strategie zu entdecken glaubt oder das Konsularwesen als Instrument der Einflussnahme
betrachtet. Meiner Ansicht nach handelt sich dabei aber um normale staatliche Vorgänge, die
die neue Wirtschaftsstruktur des Kapitalismus hervorbrachte: Einflussnahme auf eine
ausländische Wirtschaft zugunsten der eigenen und Sammeln von Informationen über
Vorgänge in den Nachbarstaaten. Dies wirft natürlich die Frage auf, ob der Kapitalismus nicht
ein Element des Imperialismus ist. Dies bedarf jedoch einer eingehenderen Betrachtung, die
hier nicht erfolgen soll.
29
V.
Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellen
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