DNotI Deu t s ch es No t ar i n s t i t u t Dok u me n tn u m me r : l e t zt e Ak tu a l i si e ru n g: E u G H _ C_4 7_ 02 13. 10 .20 03 < Ge ri ch t> E u GH <Aktenzeichen> C-47/02 <Datum> 30.09.2003 <Normen> EG Art. 39 Absatz 4 <Titel> Staatsangehörigkeitsvorbehalt bei hoheitlichen Befugnissen II <Leitsatz> Artikel 39 Absatz 4 EG ist dahin auszulegen, dass er einen Mitgliedstaat nur dann berechtigt, seinen Staatsangehörigen die Beschäftigung als Schiffsführer (Kapitän) der in der Kleinen Seeschifffahrt eingesetzten Schiffe unter seiner Flagge vorzubehalten, wenn die den Schiffsführern solcher Schiffe zugewiesenen hoheitlichen Befugnisse tatsächlich regelmäßig ausgeübt werden und nicht nur einen sehr geringen Teil ihrer Tätigkeit ausmachen. URTEIL DES GERICHTSHOFES 30. September 2003(1) Freizügigkeit der Arbeitnehmer - Artikel 39 Absatz 4 EG - Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung - Schiffsführer von Seefischereischiffen - Verleihung hoheitlicher Befugnisse an Bord - Den Staatsangehörigen des Flaggenstaats vorbehaltene Stellen In der Rechtssache C-47/02 betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit Albert Anker, Klaas Ras, Albertus Snoek Gegen Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord, vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 39 Absatz 4 EG erlässt DER GERICHTSHOF unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet, M. Wathelet (Berichterstatter), R. Schintgen und C. W. A. Timmermans, der Richter C. Gulmann, D. A. O. Edward, A. La Pergola, P. Jann und V. Skouris, der Richterinnen F. Macken und N. Colneric sowie der Richter S. von Bahr, J. N. Cunha Rodrigues und A. Rosas, Generalanwältin: C. Stix-Hackl, Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin, unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen - der Kläger des Ausgangsverfahrens, vertreten durch Rechtsanwalt P. Slabschi, - der Beklagten des Ausgangsverfahrens und der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und M. Lumma als Bevollmächtigte, - der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde und J. Bering Liisberg als Bevollmächtigte, - der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und C. Bergeot-Nunes als Bevollmächtigte, - der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin und H. Kreppel als Bevollmächtigte, aufgrund des Sitzungsberichts, nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Kläger des Ausgangsverfahrens, vertreten durch P. Slabschi, der Beklagten des Ausgangsverfahrens, vertreten durch Regierungsrätin B. Karsten, der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma, der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und C. Bergeot-Nunes, und der Kommission, vertreten durch I. Martínez del Peral als Bevollmächtigte und durch H. Kreppel, in der Sitzung vom 21. Januar 2003, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 12. Juni 2003 folgendes Urteil 1. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 31. Januar 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Februar 2002, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung des Artikels 39 Absatz 4 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt. 2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen den Klägern des Ausgangsverfahrens, den niederländischen Staatsangehörigen Albert Anker, Klaas Ras und Albertus Snoek, und der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord wegen des Zugangs zur Beschäftigung als Schiffsführer eines Seefischereischiffes unter deutscher Flagge. Rechtlicher Rahmen Gemeinschaftsrecht 3. Artikel 39 EG lautet: (1) Innerhalb der Gemeinschaft ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet. (2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. (3) Sie gibt - vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen - den Arbeitnehmern das Recht, a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben; b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen; c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben; d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu verbleiben, welche die Kommission in Durchführungsverordnungen festlegt. (4) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung. Internationales Recht 4. Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, unterzeichnet in Montego Bay am 10. Dezember 1982, enthält in seinem Teil VII mit dem Titel Hohe See in dem mit Allgemeine Bestimmungen überschriebenen Abschnitt 1, der die Artikel 86 bis 115 umfasst, allgemeine Bestimmungen über die Schifffahrt auf hoher See. 5. Die Artikel 91 Absatz 1, 92 Absatz 1, 94 Absätze 1 bis 3 und 97 Absätze 1 und 2 dieses Übereinkommens bestimmen: Artikel 91 Staatszugehörigkeit der Schiffe (1) Jeder Staat legt die Bedingungen fest, zu denen er Schiffen seine Staatszugehörigkeit gewährt, sie in seinem Hoheitsgebiet in das Schiffsregister einträgt und ihnen das Recht einräumt, seine Flagge zu führen. Schiffe besitzen die Staatszugehörigkeit des Staates, dessen Flagge zu führen sie berechtigt sind. Zwischen dem Staat und dem Schiff muss eine echte Verbindung bestehen. ... Artikel 92 Rechtsstellung der Schiffe (1) Schiffe fahren unter der Flagge eines einzigen Staates und unterstehen auf Hoher See seiner ausschließlichen Hoheitsgewalt, mit Ausnahme der besonderen Fälle, die ausdrücklich in internationalen Verträgen oder in diesem Übereinkommen vorgesehen sind. ... ... Artikel 94 Pflichten des Flaggenstaats (1) Jeder Staat übt seine Hoheitsgewalt und Kontrolle in verwaltungsmäßigen, technischen und sozialen Angelegenheiten über die seine Flagge führenden Schiffe wirksam aus. (2) Insbesondere hat jeder Staat ... b) die Hoheitsgewalt nach seinem innerstaatlichen Recht über jedes seine Flagge führende Schiff sowie dessen Kapitän, Offiziere und Besatzung in Bezug auf die das Schiff betreffenden verwaltungsmäßigen, technischen und sozialen Angelegenheiten auszuüben. (3) Jeder Staat ergreift für die seine Flagge führenden Schiffe die Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Sicherheit auf See erforderlich sind, ... ... Artikel 97 Strafgerichtsbarkeit in Bezug auf Zusammenstöße oder andere mit der Führung eines Schiffes zusammenhängende Ereignisse (1) Im Fall eines Zusammenstoßes oder eines anderen mit der Führung eines Schiffes zusammenhängenden Ereignisses auf Hoher See, welche die strafrechtliche oder disziplinarische Verantwortlichkeit des Kapitäns oder einer sonstigen im Dienst des Schiffes stehenden Person nach sich ziehen könnten, darf ein Straf- oder Disziplinarverfahren gegen diese Personen nur von den Justiz- oder Verwaltungsbehörden des Flaggenstaats oder des Staates eingeleitet werden, dessen Staatsangehörigkeit die betreffende Person besitzt. (2) In Disziplinarangelegenheiten ist nur der Staat, der ein Kapitänspatent, ein Befähigungszeugnis oder eine andere Erlaubnis erteilt hat, zuständig, die Entziehung dieser Urkunden ... zu erklären, auch wenn der Inhaber nicht die Staatsangehörigkeit des ausstellenden Staates besitzt. Nationales Recht 6. § 2 Absatz 2 der Schiffsbesetzungsverordnung vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2577), geändert durch die Verordnung vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2785), bestimmt: Unabhängig von der Bruttoraumzahl des Schiffes muss der Kapitän Deutscher im Sinne des Grundgesetzes und Inhaber eines gültigen deutschen Befähigungszeugnisses sein. 7. Die Ausbildung der Schiffsoffiziere sowie die Erteilung von Befähigungszeugnissen werden durch die Schiffsoffizier-Ausbildungsverordnung vom 11. Februar 1985 (BGBl. I S. 323), zuletzt geändert durch die vorgenannte Verordnung vom 29. Oktober 2001 (im Folgenden: SchOffzAusbV), geregelt. 8. Die in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums erlangten Befähigungszeugnisse der Staatsangehörigen einer dieser Staaten werden nach § 21a Absatz 1 SchOffzAusbV als den deutschen Zeugnissen gleichwertig anerkannt, wenn die in der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), oder in der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48 (ABl. L 209, S. 25) vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind. Handelt es sich um eine Tätigkeit auf Führungsebene, so verlangt § 21a Absatz 2 SchOffzAusbV den Nachweis, dass der Betreffende sich mit Erfolg einer Eignungsprüfung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/48 oder Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 92/51 unterzogen hat. Nach § 21c SchOffzAusbV stellt die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord auf Antrag eine Gültigkeitsbescheinigung für die gemäß § 21a Absatz 1 SchOffzAusbV als gleichwertig anerkannten Befähigungsnachweise aus. 9. Der gemäß § 21a SchOffzAusbV als gleichwertig anerkannte Nachweis gibt Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes besitzen, jedoch nicht das Recht, Schiffe unter deutscher Flagge zu führen. § 24 SchOffzAusbV lautet nämlich: Die Ausstellung von Befähigungszeugnissen an Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind, aber die Voraussetzungen für den Erwerb von Befähigungszeugnissen (§ 7) erfüllen, kann zugelassen werden. In diesem Fall berechtigt ein Befähigungszeugnis des nautischen Dienstes jedoch nicht dazu, Schiffe unter der Bundesflagge zu führen. Dies ist in dem Befähigungszeugnis zu vermerken. ... 10. Weiter heißt es im mehrfach geänderten § 106 des Seemannsgesetzes vom 26. Juli 1957 (BGBl. II S. 713, im Folgenden: SeemG): (1) Der Kapitän ist der Vorgesetzte aller Besatzungsmitglieder (§ 3) und der sonstigen an Bord tätigen Personen (§ 7). Ihm steht die oberste Anordnungsbefugnis zu. (2) Der Kapitän hat für die Erhaltung der Ordnung und Sicherheit an Bord zu sorgen und ist im Rahmen der nachfolgenden Vorschriften und der sonst geltenden Gesetze berechtigt, die dazu notwendigen Maßnahmen zu treffen. (3) Droht Menschen oder dem Schiff eine unmittelbare Gefahr, so kann der Kapitän die zur Abwehr der Gefahr gegebenen Anordnungen notfalls mit den erforderlichen Zwangsmitteln durchsetzen; die vorübergehende Festnahme ist zulässig. Die Grundrechte des Artikels 2 Absatz 2 Sätze 1 und 2 und des Artikels 13 Absätze 1 und 2 des Grundgesetzes werden insoweit eingeschränkt. Kommt die Anwendung mehrerer Mittel in Frage, so ist tunlichst das Mittel zu wählen, das den Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt. (4) Die Anwendung körperlicher Gewalt oder die vorübergehende Festnahme sind nur zulässig, wenn andere Mittel von vornherein unzulänglich erscheinen oder sich als unzulänglich erwiesen haben. Sie dürfen nur insoweit und so lange angewandt werden, als die Erfüllung der Aufgaben des Kapitäns im Rahmen der Absätze 2 und 3 dies erfordert. (5) Der Kapitän kann die Ausübung der sich aus den Absätzen 1 bis 4 ergebenden Befugnisse auf den Ersten Offizier des Decks- und den Ersten Offizier des Maschinendienstes innerhalb ihrer Dienstzweige übertragen, wenn er nicht in der Lage ist, sie selbst auszuüben. ... ... 11. Nach § 115 SeemG kann die Nichtbefolgung von Anordnungen des Kapitäns strafrechtlich geahndet werden, wenn die Anordnungen dazu dienen sollen, drohende Gefahr für Menschen, für ein Schiff oder dessen Ladung abzuwenden, einen unverhältnismäßig großen Schaden zu vermeiden, schwere Störungen des Schiffsbetriebs zu verhindern, öffentlichrechtliche Vorschriften über die Sicherheit zu erfüllen oder Sicherheit und Ordnung an Bord aufrechtzuerhalten. Der Missbrauch der Befugnis, solche Anordnungen zu treffen, kann nach § 117 in Verbindung mit § 115 Absatz 4 SeemG seinerseits strafrechtlich geahndet werden. 12. Einige Vorschriften des deutschen Rechts verleihen den Kapitänen von Schiffen unter deutscher Flagge personenstandsrechtliche Befugnisse. 13. So ist nach § 45 Absatz 1 der Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 12. August 1957 (BGBl. I S. 1139), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 17. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3752, im Folgenden: PersStdGAV), die Geburt oder der Tod eines Menschen während der Reise auf einem deutschen Schiff vom Standesbeamten des Standesamts I in Berlin zu beurkunden. Nach § 45 Absatz 2 PersStdGAV muss die Geburt oder der Tod dem Schiffsführer spätestens am folgenden Tag angezeigt werden. Beendigt der zur Anzeige Verpflichtete seine Reise vor Ablauf dieser Frist, muss diese Anzeige noch auf dem Schiff erstattet werden. Nach § 45 Absatz 3 PersStdGAV hat der Schiffsführer über die Anzeige der Geburt oder des Todes eine Niederschrift aufzunehmen, die von ihm sodann dem Seemannsamt zu übergeben ist, bei dem es zuerst möglich ist. Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage 14. Die Kläger des Ausgangsverfahrens sind als Seeleute auf Seefischereischiffen unter deutscher Flagge in der Kleinen Hochseefischerei beschäftigt. Sie sind Inhaber eines Diploma voor de Zeevisvaart SW V (niederländisches Diplom zur Führung von Seefischereischiffen), das nach niederländischem Recht zum Führen von Seeschiffen der Klasse berechtigt, auf denen sie derzeit tätig sind. 15. Am 30. September 1998 erteilte die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord dem Kläger Ras die Zulassung für den Dienst als Erster Offizier des Decks- oder Erster Offizier des Maschinendienstes auf Seefischereischiffen unter deutscher Flagge. Mit Schreiben vom 30. Oktober 1998 beantragte der Kläger Ras auf der Grundlage von § 21c SchOffzAusbV eine umfassendere Befähigungsbescheinigung, die ihn auch zur Ausübung des Dienstes als Schiffsführer auf Seefischereischiffen unter deutscher Flagge ermächtigt. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord wies diesen Antrag, den sie als Widerspruch wertete, mit Bescheid vom 14. Dezember 1998 zurück. 16. Ebenso wurden die am 16. März 1999 von den Klägern Anker und Snoek gestellten vergleichbaren Anträge auf Erteilung der Zulassung für den Dienst als Schiffsführer, Erster Offizier des Decks- oder Erster Offizier des Maschinendienstes auf Seefischereischiffen unter deutscher Flagge von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord mit Bescheiden vom 30. Juli 1999 abgelehnt, soweit sie den Dienst als Schiffsführer betrafen. Die von den Klägern Anker und Snoek gegen diese Bescheide eingelegten Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheiden vom 6. September 1999 zurückgewiesen. 17. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord stützte sich insbesondere auf § 106 Absätze 2 und 3 SeemG und § 24 Satz 2 SchOffzAusbV. 18. Die gegen die ablehnenden Widerspruchsbescheide der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord erhobenen Klagen wurden vom Verwaltungsgericht mit Urteilen vom 14. November 2000 aus den gleichen Gründen abgewiesen. Das Verwaltungsgericht war der Auffassung, dass die Tätigkeit des Schiffsführers die Ausübung hoheitlicher Befugnisse nach Artikel 39 Absatz 4 EG umfasse. 19. Mit Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. Juli 2001 wurden die Berufungen der Kläger des Ausgangsverfahrens gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts zugelassen. 20. Vor dem Oberverwaltungsgericht bestritten die Kläger des Ausgangsverfahrens, dass Artikel 39 Absatz 4 EG, der als Ausnahme eng auszulegen sei, auf sie Anwendung finde. Diese Bestimmung sei nur anzuwenden, wenn die betreffende Beschäftigung eine besondere Verbundenheit ihres Inhabers mit dem Staat voraussetze, die durch das Staatsangehörigkeitsband zu gewährleisten sei. Eine solche Verbundenheit gebe es nur dann, wenn die Beschäftigung typischerweise die Ausübung hoheitlicher Befugnisse umfasse und wenn der Inhaber mit der Verantwortung für die allgemeinen Belange des Staates betraut sei. Diese Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen. Sie seien in der Person eines Kapitäns eines Seefischereischiffes nicht erfüllt. Auch wenn es Fälle gebe, in denen Schiffsführer von hoheitlichen Befugnissen Gebrauch gemacht hätten, seien diese doch von so nachgeordneter Bedeutung, dass sie keinesfalls den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ausmachen könnten. 21. Im Übrigen räume § 3 der mehrfach geänderten Luftverkehrs-Ordnung vom 10. August 1963 (BGBl. I S. 652), obwohl es im Bereich der Luftfahrt keine an die Staatsangehörigkeit gebundene Beschränkung gebe, dem Luftfahrzeugführer weit reichende Verantwortlichkeiten und Kompetenzen ein, die sogar weiter gingen als die der Schiffsführer. 22. Nach Auffassung der Beklagten des Ausgangsverfahrens sind die dem Kapitän in § 106 SeemG eingeräumten Befugnisse Teil der öffentlichen Verwaltung und Ausdruck des genuine link, der vom Flaggenstaat zwischen dem Schiff und dem Staat hergestellt werde. Sie verweist insoweit auf Artikel 94 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen. 23. Die hoheitsrechtlichen Befugnisse des Kapitäns leiteten sich nicht aus allgemeinen Grundsätzen des Privatrechts ab. Der Kapitän sorge dafür, dass die Ordnung und die Sicherheit an Bord nicht nur für eigene Zwecke, sondern auch zur Verteidigung geschützter Rechtsgüter, gegebenenfalls unter Zurückstellung seiner eigenen Interessen, gewährleistet sei. 24. Die Beklagte beruft sich auch auf die in § 45 Absatz 3 PersStdGAV vorgesehenen Aufgaben, die vom Kapitän in seiner Eigenschaft als Standesbeamter im Fall der Geburt oder des Todes an Bord wahrgenommen würden. 25. Das Oberverwaltungsgericht hat Zweifel, ob § 24 Satz 2 SchOffzAusbV mit Artikel 39 EG vereinbar ist, und zwar insbesondere in Bezug auf in der Kleinen Hochseefischerei eingesetzte Schiffe. 26. Es stellt fest, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes eine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung beim Stelleninhaber voraussetze, dass ein besonderes Verhältnis der Verbundenheit mit dem Mitgliedstaat bestehe, die das Staatsangehörigkeitsband zu gewährleisten suche (Urteil vom 17. Dezember 1980 in der Rechtssache 149/79, Kommission/Belgien, Slg. 1980, 3881). Dies sei aber nicht der Fall bei Tätigkeiten in den Bereichen der Schifffahrt und der Luftfahrt, die von den spezifischen Tätigkeiten der öffentlichen Verwaltung weit entfernt seien und keine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung von Aufgaben mit sich brächten, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet seien. 27. Es sei zweifelhaft, ob die durch § 106 SeemG verliehenen Befugnisse solcher Art seien, dass sie generell die Ausübung hoheitlicher Befugnisse mit sich brächten, oder ob sie sich im Gegenteil im Wesentlichen aus allgemeinen Verpflichtungen des Zivilrechts - der Kapitän sei der Vertreter des Reeders an Bord, für den er die Rechte aus den Heuerverträgen ausübe oder des Strafrechts - der Kapitän habe eine Garantenstellung aus der Eingehung einer Gefahrengemeinschaft - ergäben. 28. § 106 SeemG decke jedenfalls nur einen sehr geringen Teil der Tätigkeit eines Kapitäns ab. Dessen Haupttätigkeit bestehe in der Führung des Schiffes sowie in der Leitung der Mannschaft. Dabei übe er zivil- und arbeitsrechtliche Aufgaben aus, wie sie üblicherweise Produktions- oder Werksleitern zukämen. 29. Unter diesen Umständen hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen: Sind Vorschriften nationalen Rechts, die für die Ausübung der Arbeitnehmertätigkeit als Schiffsführer (Kapitän) auf einem in der Kleinen Seeschifffahrt unter der jeweiligen Flagge des nationalen Mitgliedstaats eingesetzten Schiff die Staatsangehörigkeit des jeweiligen Flaggenstaats - hier die deutsche - vorschreiben, mit Artikel 39 EG vereinbar? Zur Vorlagefrage 30. Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Artikel 39 Absatz 4 EG in dem Sinne auszulegen ist, dass er einen Mitgliedstaat berechtigt, seinen Staatsangehörigen die Beschäftigung als Schiffsführer (Kapitän) der in der Kleinen Seeschifffahrt eingesetzten Schiffen unter seiner Flagge vorzubehalten. Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen 31. Die Kläger des Ausgangsverfahrens meinen, dass die Vorlagefrage zu verneinen sei. 32. Vorab heben sie hervor, dass die Kläger Anker und Snoek die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne von Artikel 39 EG besäßen. Zwar könne diese Eigenschaft beim Kläger Ras fraglich sein, der Minderheitsgesellschafter der Zeevisserijbedrijf Ras BV, der alleinigen Gesellschafterin der Seefischereibetrieb SC-25 GmbH, sei, die das Seefischereischiff betreibe, auf dem der Kläger Ras fahre, doch könne dieser, wenn er nicht als Arbeitnehmer angesehen werde, als Selbständiger anzusehen sein. In diesem Fall sei Artikel 43 EG anzuwenden, und man müsse sich fragen, ob die Tätigkeit als Kapitän eines Schiffes wie dem, auf dem er fahre, unter die Ausnahmebestimmung des Artikels 45 Absatz 1 EG fallen könne. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass der Begriff öffentliche Gewalt im Sinne von Artikel 45 Absatz 1 EG nach seinem Wortlaut enger sei als der Begriff öffentliche Verwaltung im Sinne von Artikel 39 Absatz 4 EG. 33. Die Tätigkeit als Kapitän eines Seefischereischiffes falle nicht unter Artikel 39 Absatz 4 EG. Der gemeinschaftliche Begriff der öffentlichen Verwaltung sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes als Ausnahme von einem Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts eng auszulegen und auf das zu beschränken, was zur Wahrung der Interessen, zu deren Schutz Artikel 39 Absatz 4 EG die Mitgliedstaaten ermächtige, unbedingt erforderlich sei (vgl. u. a. Urteil vom 16. Juni 1987 in der Rechtssache 225/85, Kommission/Italien, Slg. 1987, 2625, Randnr. 7). Er sei funktional zu verstehen: Es komme darauf an, dass die Tätigkeit typischerweise mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbunden sei; gleichzeitig müsse der Stelleninhaber mit der Verantwortung für die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates betraut sein (vgl. Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 12). 34. Es reiche nicht aus, dass der Stelleninhaber gelegentlich hoheitliche Befugnisse ausübe; die Ausübung dieser Befugnisse müsse das Wesen der Tätigkeit ausmachen (in diesem Sinne auch Urteile vom 3. Juli 1986 in der Rechtssache 66/85, Lawrie-Blum, Slg. 1986, 2121, Randnrn. 26 bis 28, und vom 27. November 1991 in der Rechtssache C-4/91, Bleis, Slg. 1991, I-5627, Randnr. 7). 35. Im vorliegenden Fall übertrügen die nationalen deutschen Rechtsvorschriften keinerlei hoheitliche Befugnis auf den Kapitän. Die Befugnisse, die dieser nach § 106 SeemG habe, seien Ausdruck allgemeiner zivil- und strafrechtlicher Verpflichtungen, die an die Gegebenheiten eines Schiffes auf See angepasst seien. Darüber hinaus seien die Fälle, in denen das Schiff Gefahrensituationen begegne, erheblich zurückgegangen, insbesondere aufgrund moderner Kommunikationsmittel und der Verkürzung der Zeit auf See, die auf die Werktage beschränkt sei, wenn es sich um kleine Fischereischiffe handele, die zudem stets in Küstennähe fischten. 36. Der Kern der Aufgaben des Kapitäns bestehe in der Führung des Schiffes und der Leitung der Besatzung. Es handele sich dabei um zivil- und arbeitsrechtliche Aufgaben, die üblicherweise Produktions- oder Werksleitern zukämen. Außerdem sei der Kapitän selbst zu einem großen Teil mit dem Fischfang und der Fischverarbeitung befasst. 37. Schließlich habe der Gerichtshof in den Randnummern 34 und 35 des Urteils vom 2. Juli 1996 in der Rechtssache C-290/94 (Kommission/Griechenland, Slg. 1996, I-3285) festgestellt, dass der See- und der Luftverkehr nicht zu den Bereichen gehörten, in denen eine spezifische Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung ausgeübt werde. Dies bedeute, dass diese Bereiche a priori unter die Freizügigkeit der Arbeitnehmer fielen und dass es Aufgabe der nationalen Behörden sei, für bestimmte Stellen nachzuweisen, dass die Voraussetzungen des Artikels 39 Absatz 4 EG tatsächlich erfüllt seien (vgl. Nrn. 110 bis 112 der Schlussanträge von Generalanwalt Léger in der Rechtssache Kommission/Luxemburg [Urteil vom 2. Juli 1996 in der Rechtssache C-473/93, Slg. 1996, I-3207]). Die Beklagte habe diesen Nachweis für die Stelle des Kapitäns eines Seefischereischiffes jedoch nicht erbracht. 38. Die deutsche, die dänische und die französische Regierung sowie die Kommission stimmen darin überein, dass die Stellen des Kapitäns der in der Kleinen Seeschifffahrt eingesetzten Schiffe unter der Flagge eines Mitgliedstaats gemäß Artikel 39 Absatz 4 EG den Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats vorbehalten werden dürften, soweit die Stelleninhaber nach den nationalen Rechtsvorschriften dieses Staates und nach verschiedenen internationalen Abkommen wie dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen Aufgaben ausüben könnten, die unter die öffentliche Verwaltung im Sinne dieser Bestimmung in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof fielen und die sich auf die Aufrechterhaltung der Sicherheit und die Ausübung polizeilicher Befugnisse sowie auf die Errichtung personenstandsrechtlicher Urkunden bezögen. 39. Die deutsche Regierung trägt vor, die Tatsache, dass es in der normalen Praxis der Seefischerei nicht immer zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse komme, bedeute nicht, dass die Maßnahmen, zu denen der Kapitän gegebenenfalls ermächtigt sei, keinen hoheitlichen Charakter hätten. Außerdem unterliege ein in der Kleinen Hochseefischerei eingesetztes Schiff grundsätzlich keinen Fahrtbeschränkungen, so dass es nicht ausgeschlossen sei, dass das Schiff seine Tätigkeit außerhalb des Küstenmeeres des Flaggenstaats oder der unmittelbaren Küstennähe dieses Staates ausüben könne. 40. Die dänische Regierung ist der Auffassung, dass eine unmittelbare Mitwirkung an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse seitens des Kapitäns vorliege, wenn seine Stelle die Ausübung hoheitlicher Befugnisse an Bord mit sich bringe, die an Land den Polizeibehörden zustünden, insbesondere von Befugnissen zur Festnahme Verdächtiger oder zur Entgegennahme von Erklärungen. Die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung stelle die Art von Aufgaben dar, deren Wahrnehmung beim Stelleninhaber ein von Artikel 39 Absatz 4 EG erfasstes Verhältnis besonderer Verbundenheit mit dem Staat voraussetze. 41. Dass es im Ausgangsverfahren um kleinere Schiffe gehe, führe zu keiner Beschränkung des Rechts des Mitgliedstaats, die Stellen des Schiffsführers auf den Schiffen unter seiner Flagge seinen Staatsangehörigen vorzubehalten. Situationen, in denen sich die Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch den Kapitän als erforderlich erweisen könne, könnten nämlich auf jedem Schiffstyp und jederzeit eintreten. 42. Ferner sei der Umstand, dass der betreffende Mitgliedstaat im Bereich der Luftfahrt nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, vergleichbare Stellen seinen eigenen Staatsangehörigen vorzubehalten, unerheblich, da Artikel 39 Absatz 4 EG den Mitgliedstaaten nur die Möglichkeit des Vorbehalts der betreffenden Stellen einräume. 43. Nach Auffassung der französischen Regierung nehmen die Schiffsführer offensichtlich Aufgaben wahr, bei denen hoheitliche Befugnisse ausgeübt würden; diese Aufgaben seien nicht mit den Verpflichtungen zu verwechseln, die jedem Bürger, jedem Unternehmens- oder Werksleiter oder jedem Luftfahrzeugführer oblägen. Dies gelte auch dann, wenn es sich um eine Beschäftigung bei privaten Unternehmen handele, da die spezifischen Tätigkeiten der öffentlichen Verwaltung im Auftrag des Staates und nicht für den Arbeitgeber ausgeübt würden. 44. Zum Vergleich sei auf einige Vorschriften des französischen Code civil (Zivilgesetzbuch) und des französischen Code disciplinaire et pénal de la marine marchande (Disziplinar- und Strafgesetzbuch der Handelsmarine) zu verweisen, die dem Kapitän sowohl Aufgaben des officier d'état civil (Standesbeamten) als auch echte Polizeiaufgaben, durch die er an der Rechtspflege teilnehme, übertrügen. Diese Befugnisse gingen weit über die hinaus, die nach Artikel 73 des französischen Code de procédure pénal (Strafverfahrensordnung) jedermann bei flagranten Verbrechen oder Vergehen zustünden. Aus dieser Vorschrift ergebe sich nämlich, dass zwar jedermann berechtigt sei, den auf frischer Tat betroffenen Täter festzuhalten, ihn aber dem nächsten erreichbaren Polizeibeamten übergeben müsse, dem allein die Befugnisse der Festnahme und der Ingewahrsamnahme zustünden. 45. Die Befugnisse der Schiffsführer könnten auch nicht den Verpflichtungen gleichgestellt werden, die den Unternehmens- und Werksleitern in Bezug auf die Ergreifung der zur Sicherstellung von Sicherheit und Gesundheit ihrer Arbeitnehmer erforderlichen Maßnahmen oblägen. So habe im Unterschied zu einem Schiffsführer ein Unternehmensleiter nicht die Befugnis, einen seiner Beschäftigten festzunehmen oder an einem bestimmten Ort festzuhalten, da er in der Lage sei, sich an eine staatliche Stelle zu wenden. 46. Ebenso seien die dem Luftfahrzeugführer verliehenen Befugnisse nicht mit denen des Schiffsführers vergleichbar, da ein Luftfahrzeugführer im Gefahrenfall über Befugnisse verfüge, die denen jedes Bürgers entsprächen. 47. Schließlich sei der Umstand, dass Schiffsführer ihre hoheitlichen Befugnisse nur selten ausübten, für die Einbeziehung ihrer Tätigkeit in den Anwendungsbereich des Artikels 39 Absatz 4 EG unerheblich. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sei diese Bestimmung nämlich nur anwendbar auf Stellen ..., die eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung solcher Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind (Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 10). Allein aufgrund des Umstands, dass die Stelle hoheitliche Befugnisse mit sich bringt, falle sie daher unter Artikel 39 Absatz 4 EG. Darüber hinaus sei die Ausübung hoheitlicher Befugnisse immer dann, wenn die Umstände es erforderten, eine konkrete Notwendigkeit und könne keinem anderen Besatzungsmitglied übertragen werden, wenn nicht dem Kapitän ein großer Teil seiner Machtbefugnis genommen werden solle. 48. Hilfsweise trägt die französische Regierung vor, dass ein Mitgliedstaat auf der Grundlage von Artikel 39 Absatz 3 EG berechtigt sei, die Stellen des Kapitäns seinen eigenen Staatsangehörigen vorzubehalten. Da mit diesen Stellen die Ausübung hoheitlicher Gewalt verbunden sei, fielen sie nämlich unter die an die öffentliche Sicherheit und Ordnung anknüpfenden Ausnahmen von der Freizügigkeit der Arbeitnehmer. 49. Die Kommission weist zunächst darauf hin, dass es Sache des vorlegenden Gerichts sei, festzustellen, ob sämtliche Kläger des Ausgangsverfahrens die erforderlichen Voraussetzungen erfüllten, um als Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 39 EG angesehen zu werden. 50. Sie stellt sodann fest, dass ein unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrendes Schiff zwar als Teil des Hoheitsgebiets dieses Staates angesehen werde, dass der Staat aber, wenn das Schiff die Küsten verlassen habe, in der Regel nicht in der Lage sei, mit seinen eigenen Hoheitsorganen einzugreifen, um seine allgemeinen Belange oder die einer anderen öffentlichen Körperschaft zu wahren. Der Flaggenstaat übertrage dem Kapitän daher die Befugnis, als Vertreter der öffentlichen Gewalt verschiedene in nationalen Rechtsvorschriften oder in internationalen Abkommen vorgesehene Aufgaben wahrzunehmen, die auf die Wahrung dieser allgemeinen Belange gerichtet seien. Unter diesen Umständen sei die Berufung auf Artikel 39 Absatz 4 EG zulässig. 51. Das Urteil vom 31. Mai 2001 in der Rechtssache C-283/99 (Kommission/Italien, Slg. 2001, I-4363, Randnr. 25), das vereidigte private Wachleute betroffen habe, könne diese Beurteilung nicht in Frage stellen, da hoheitliche Befugnisse den Schiffsführern gerade deshalb übertragen würden, um die allgemeinen Belange des Staates zu wahren. 52. Eine Privatperson könne jedoch eine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung im Sinne von Artikel 39 Absatz 4 EG nur dann ausüben, wenn die Träger hoheitlicher Befugnisse, die institutionell zur öffentlichen Verwaltung gehörten, nicht die Möglichkeit hätten, einzugreifen, oder wenn ihnen dies schwer falle. Allein die Verleihung hoheitlicher Befugnisse reiche daher nicht aus, um Artikel 39 Absatz 4 EG heranziehen zu können. Es sei außerdem erforderlich, dass kein Träger hoheitlicher Befugnisse im Konfliktfall regelnd eingreifen könne. 53. Darüber hinaus sei die Frage, ob die zugewiesenen Befugnisse über diejenigen hinausgingen, die zivil- oder strafrechtlich jedem Eigentümer, jedem Arbeitgeber oder jedem Bürger zustünden, nach nationalem Recht zu beurteilen und vom vorlegenden Gericht zu entscheiden. Wenn festgestellt werde, dass diese Befugnisse unter die öffentliche Gewalt fielen, könne der Rückgriff auf die in Artikel 39 Absatz 4 EG vorgesehene Ausnahme außerdem weder vom Wahrscheinlichkeitsgrad der Fälle abhängen, in denen der Kapitän des betreffenden Schiffes tatsächlich solche hoheitlichen Befugnisse ausüben müsse, noch von der Größe dieses Schiffes. 54. Schließlich sei der Vergleich mit den Verhältnissen in der Luftfahrt unerheblich, da Artikel 39 Absatz 4 EG sich darauf beschränke, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu belassen, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu beschränken. 55. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Artikels 39 Absatz 3 EG ist die Kommission im Übrigen der Auffassung, dass diese Bestimmung nur für Personen gelte, deren individuelles Verhalten die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde. Er könne daher nicht herangezogen werden, um einen Beruf mit der Begründung vollständig von der Anwendung des Grundsatzes der Freizügigkeit auszuschließen, dass die Angehörigen dieses Berufes die Aufgabe hätten, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit an Bord zu gewährleisten (in diesem Sinne auch Urteil vom 29. Oktober 1998 in der Rechtssache C-114/97, Kommission/Spanien, Slg. 1998, I-6717, Randnr. 42). Antwort des Gerichtshofes 56. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 39 Absätze 1 bis 3 EG den Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten verankert. Nach Artikel 39 Absatz 4 EG findet dieser Artikel jedoch keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung. 57. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist der Begriff der öffentlichen Verwaltung im Sinne von Artikel 39 Absatz 4 EG in der gesamten Gemeinschaft einheitlich auszulegen und anzuwenden; seine Bestimmung kann daher nicht völlig in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt werden (vgl. insbesondere Urteil vom 12. Februar 1974 in der Rechtssache 152/73, Sotgiu, Slg. 1974, 153, und Urteil Kommission/Belgien, Randnrn. 12 und 18). 58. Er betrifft diejenigen Stellen, die eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung von Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind, so dass sie ein Verhältnis besonderer Verbundenheit des jeweiligen Stelleninhabers zum Staat sowie die Gegenseitigkeit der Rechte und Pflichten voraussetzen, die dem Staatsangehörigkeitsband zugrunde liegen (Urteile Kommission/Belgien, Randnr. 10, und Kommission/Griechenland, Randnr. 2). 59. Hingegen gilt die Ausnahme in Artikel 39 Absatz 4 EG nicht für Stellen, die zwar dem Staat oder anderen öffentlich-rechtlichen Einrichtungen zuzuordnen sind, jedoch keine Mitwirkung bei der Erfüllung von Aufgaben mit sich bringen, die zur öffentlichen Verwaltung im eigentlichen Sinne gehören (Urteile Kommission/Belgien, Randnr. 11, und Kommission/Griechenland, Randnr. 2), und erst recht nicht für Stellen im Dienst einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts, unabhängig von den Aufgaben, die der Beschäftigte zu erfüllen hat (Urteile Kommission/Spanien, Randnr. 33, und vom 31. Mai 2001, Kommission/Italien, Randnr. 25). 60. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt sich auch, dass Artikel 39 Absatz 4 EG als Ausnahme vom Grundprinzip der Freizügigkeit und der Nichtdiskriminierung der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft so auszulegen ist, dass sich seine Tragweite auf das beschränkt, was zur Wahrung der Interessen, die diese Bestimmung den Mitgliedstaaten zu schützen erlaubt, unbedingt erforderlich ist (vgl. u. a. Urteil vom 16. Juni 1987, Kommission/Italien, Randnr. 7). 61. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das deutsche Recht den Kapitänen der Seefischereischiffe unter deutscher Flagge Rechte im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit und der Ausübung polizeilicher Befugnisse, insbesondere bei Gefahr an Bord, verleiht, gegebenenfalls in Verbindung mit Untersuchungs-, Zwangsoder Sanktionsbefugnissen, die über den bloßen Beitrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, zu dem jedermann verpflichtet sein kann, hinausgehen. Darüber hinaus werden dem Kapitän einige nicht nur durch die Erfordernisse der Schiffsführung zu erklärende personenstandsrechtliche Hilfsfunktionen verliehen, insbesondere die Entgegennahme der Mitteilung von der Geburt oder dem Tod einer Person während der Reise, auch wenn ein Standesbeamter an Land die öffentlichen Urkunden auszustellen hat. Auch wenn hinsichtlich dieser personenstandsrechtlichen Aufgaben gewisse - vom vorlegenden Gericht auszuräumende - Zweifel daran bestehen bleiben mögen, ob sie eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse mit sich bringen, so steht doch außer Frage, dass die mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit und der Ausübung polizeilicher Befugnisse verbundenen Aufgaben eine Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse zur Wahrung der allgemeinen Belange des Flaggenstaats darstellen. 62. Der Umstand, dass die Kapitäne von einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts beschäftigt werden, ist für sich genommen nicht geeignet, die Anwendbarkeit des Artikels 39 Absatz 4 EG auszuschließen, da feststeht, dass die Kapitäne bei der Erfüllung der ihnen übertragenen öffentlichen Aufgaben als Vertreter der öffentlichen Gewalt im Dienst der allgemeinen Belange des Flaggenstaats tätig werden. 63. Der Rückgriff auf die in Artikel 39 Absatz 4 EG vorgesehene Ausnahme von der Freizügigkeit der Arbeitnehmer kann jedoch nicht allein damit gerechtfertigt werden, dass nach dem nationalen Recht den fraglichen Stelleninhabern hoheitliche Befugnisse zugewiesen sind. Hinzu kommen muss, dass diese Befugnisse von den Stelleninhabern tatsächlich regelmäßig ausgeübt werden und nicht nur einen sehr geringen Teil ihrer Tätigkeiten ausmachen. Wie in Randnummer 60 des vorliegenden Urteils erwähnt, ist nämlich die Tragweite dieser Ausnahme auf das zu beschränken, was zur Wahrung der allgemeinen Belange des betreffenden Mitgliedstaats unbedingt erforderlich ist; diese würden nicht gefährdet, wenn hoheitliche Befugnisse nur sporadisch oder ausnahmsweise von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten ausgeübt würden. 64. Aus den Angaben des vorlegenden Gerichts geht hervor, dass es sich bei der Tätigkeit als Kapitän von in der Kleinen Hochseefischerei eingesetzten Schiffen, die im Wesentlichen darin besteht, kleinere Schiffe mit geringer Besatzung zu führen und unmittelbar am Fischfang und an der Verarbeitung der Fischereierzeugnisse mitzuwirken, um eine Tätigkeit handelt, bei der die Aufgabe der Vertretung des Flaggenstaats in der Praxis einen unbedeutenden Stellenwert hat. 65. Wie die Generalanwältin im Übrigen in Nummer 68 ihrer Schlussanträge zutreffend ausgeführt hat, verlangt das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen nicht, dass ein Schiffsführer die Staatsangehörigkeit des Flaggenstaats besitzt. 66. Ferner ist zu prüfen, ob das Staatsangehörigkeitserfordernis, von dem der Zugang zu den fraglichen Stellen abhängt, auf der Grundlage von Artikel 39 Absatz 3 EG gerechtfertigt werden könnte. 67. Insoweit genügt es, darauf hinzuweisen, dass das Recht der Mitgliedstaaten, die Freizügigkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit einzuschränken, nicht bezweckt, Wirtschaftsbereiche wie den der Fischerei oder Berufe wie den des Kapitäns eines Seefischereischiffes hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung von der Anwendung dieses Grundsatzes auszunehmen, sondern den Mitgliedstaaten die Möglichkeit verschaffen soll, Personen die Einreise oder den Aufenthalt im Staatsgebiet zu verwehren, deren Einreise oder Aufenthalt in diesem Staatsgebiet für sich genommen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit darstellen würde (vgl. in Bezug auf die öffentliche Gesundheit Urteil vom 7. Mai 1986 in der Rechtssache 131/85, Gül, Slg. 1986, 1573, Randnr. 17, und in Bezug auf die private Sicherheit Urteil Kommission/Spanien, Randnr. 42). 68. Folglich kann ein genereller Ausschluss vom Zugang zur Beschäftigung als Kapitän eines Seefischereischiffes nicht mit den in Artikel 39 Absatz 3 EG angegebenen Gründen gerechtfertigt werden. 69. Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 39 Absatz 4 EG dahin auszulegen ist, dass er einen Mitgliedstaat nur dann berechtigt, seinen Staatsangehörigen die Beschäftigung als Schiffsführer (Kapitän) der in der Kleinen Seeschifffahrt eingesetzten Schiffe unter seiner Flagge vorzubehalten, wenn die den Schiffsführern solcher Schiffe zugewiesenen hoheitlichen Befugnisse tatsächlich regelmäßig ausgeübt werden und nicht nur einen sehr geringen Teil ihrer Tätigkeit ausmachen. Kosten 70. Die Auslagen der deutschen, der dänischen und der französischen Regierung sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Aus diesen Gründen hat DER GERICHTSHOF auf die ihm vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. Januar 2002 vorgelegte Frage für Recht erkannt: Artikel 39 Absatz 4 EG ist dahin auszulegen, dass er einen Mitgliedstaat nur dann berechtigt, seinen Staatsangehörigen die Beschäftigung als Schiffsführer (Kapitän) der in der Kleinen Seeschifffahrt eingesetzten Schiffe unter seiner Flagge vorzubehalten, wenn die den Schiffsführern solcher Schiffe zugewiesenen hoheitlichen Befugnisse tatsächlich regelmäßig ausgeübt werden und nicht nur einen sehr geringen Teil ihrer Tätigkeit ausmachen. Rodríguez Iglesias Puissochet Wathelet Schintgen Timmermans Gulmann Edward La Pergola Jann Skouris Macken Colneric von Bahr Cunha Rodrigues Rosas Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. September 2003. Der Kanzler Der Präsident R. Grass G. C. Rodríguez Iglesias 1: Verfahrenssprache: Deutsch. SCHLUSSANTRÄGE DER FRAU GENERALANWALT CHRISTINE STIX-HACKL vom 12. Juni 2003(1) Rechtssache C-47/02 Albert Anker u. a. gegen Bundesrepublik Deutschland (Vorabentscheidungsersuchen des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts [Deutschland]) Auslegung des Artikels 39 EG - Schiffsführer auf Schiffen der Kleinen Seeschifffahrt - Kleine Fischereifahrzeuge - Staatsangehörigkeitsvorbehalt - Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung I - Einleitung 1. Mit seiner Vorabentscheidungsfrage möchte das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen erfahren, ob die Stelle eines Schiffsführers (Kapitäns) auf Fischereifahrzeugen in der Kleinen Seeschifffahrt unter den Begriff der Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung gemäß Artikel 39 Absatz 4 EG fällt und ein Mitgliedstaat eine solche Stelle daher den eigenen Staatsangehörigen vorbehalten darf. 2. Die vorliegende Rechtssache wirft weitgehend ähnliche rechtliche Fragestellungen auf wie die Rechtssache C-405/01 (Colegio de Oficiales de la Marina Mercante Española gegen Administración del Estado, Beteiligte: Asociación de Navieros Españoles [ANAVE]), welche Stellen des Kapitäns und des Ersten Offiziers auf Schiffen der spanischen Handelsmarine betrifft. Meine Schlussanträge in der genannten Rechtssache trage ich ebenfalls heute vor(2). Soweit eine inhaltliche Entsprechung der Vorbringen besteht bzw. soweit der Inhalt der Vorbringen einer Würdigung zu unterwerfen ist, wie ich sie in den Schlussanträgen zur Rechtssache C-405/01 vorgenommen habe, werde ich entsprechend auf diese Schlussanträge verweisen. II - Rechtlicher Rahmen A - Gemeinschaftsrecht 3. Artikel 39 EG, der die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft gewährleistet, findet gemäß seinem Absatz 4 keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung. B - Völkerrecht 4. Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (im Folgenden: Seerechtsübereinkommen) enthält u. a. folgende allgemeine Bestimmungen bezüglich der Schifffahrt auf Hoher See: Artikel 91 Staatszugehörigkeit der Schiffe (1) Jeder Staat legt die Bedingungen fest, zu denen er Schiffen seine Staatszugehörigkeit gewährt, sie in seinem Hoheitsgebiet in das Schiffsregister einträgt und ihnen das Recht einräumt, seine Flagge zu führen. Schiffe besitzen die Staatszugehörigkeit des Staates, dessen Flagge zu führen sie berechtigt sind. Zwischen dem Staat und dem Schiff muss eine echte Verbindung bestehen. ... Artikel 92 Rechtsstellung der Schiffe (1) Schiffe fahren unter der Flagge eines einzigen Staates und unterstehen auf Hoher See seiner ausschließlichen Hoheitsgewalt, mit Ausnahme der besonderen Fälle, die ausdrücklich in internationalen Verträgen oder in diesem Übereinkommen vorgesehen sind. ... Artikel 94 Pflichten des Flaggenstaats (1) Jeder Staat übt seine Hoheitsgewalt und Kontrolle in verwaltungsmäßigen, technischen und sozialen Angelegenheiten über die seine Flagge führenden Schiffe wirksam aus. (2) Insbesondere hat jeder Staat ... b) die Hoheitsgewalt nach seinem innerstaatlichen Recht über jedes seine Flagge führende Schiff sowie dessen Kapitän, Offiziere und Besatzung in Bezug auf die das Schiff betreffenden verwaltungsmäßigen, technischen und sozialen Angelegenheiten auszuüben. (3) Jeder Staat ergreift für die seine Flagge führenden Schiffe die Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Sicherheit auf See erforderlich sind, ... Gemäß Artikel 94 Absatz 5 ist ein Staat, wenn er solche Maßnahmen ergreift, verpflichtet, die Beachtung der allgemein anerkannten internationalen Vorschriften, Verfahren und Gebräuche sicherzustellen. In Artikel 97 ist u. a. festgelegt, dass im Falle eines Zusammenstoßes oder eines anderen mit der Führung eines Schiffes zusammenhängenden Ereignisses auf Hoher See ein allfälliges Straf- oder Disziplinarverfahren gegen den Kapitän oder sonstige Besatzungsmitglieder nur vor den Justiz- oder Verwaltungsbehörden des Flaggenstaates oder des Staates eingeleitet werden [darf], dessen Staatsangehörigkeit die betreffende Person besitzt. In Disziplinarangelegenheiten ist nur der Staat, der ein Kapitänspatent oder Ähnliches erteilt hat, zuständig, die Entziehung einer solchen Urkunde zu erklären, auch wenn deren Inhaber nicht die Staatsangehörigkeit des ausstellenden Staates besitzt. C - Nationales Recht 1. Vorschriften über die Befähigung zum Dienst als Schiffsführer auf Fischereifahrzeugen a) Schiffsbesetzungsverordnung vom 26. August 1998 (BGBl. I, S. 323), geändert durch die Verordnung vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I, S. 2785) (im Folgenden: Schiffsbesetzungsverordnung) 5. § 2 Absatz 2 der Schiffsbesetzungsverordnung bestimmt: Unabhängig von der Bruttoraumzahl des Schiffes muss der Kapitän Deutscher im Sinne des Grundgesetzes und Inhaber eines gültigen deutschen Befähigungszeugnisses sein. b) Schiffsoffizier-Ausbildungsverordnung vom 11. Februar 1985 (BGBl. I, S. 323), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I, S. 2785) (im Folgenden: Schiffsoffizier-Ausbildungsverordnung) 6. In der Schiffsoffizier-Ausbildungsverordnung ist die Ausbildung der Schiffsoffiziere sowie die Erteilung von Befähigungszeugnissen geregelt. 7. Nach ihrem § 21a werden Befähigungsnachweise der Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unter bestimmten Voraussetzungen als den deutschen Befähigungszeugnissen gleichwertig anerkannt. 8. Gemäß § 21c der Verordnung stellt die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord auf Antrag eine Gültigkeitsbescheinigung für die nach § 21a dieser Verordnung als gleichwertig anerkannten Befähigungsnachweise aus. 9. Diese als gleichwertig anerkannten Befähigungsnachweise geben jedoch den Personen, die die deutsche Staatsbürgerschaft im Sinne des Grundgesetzes nicht besitzen, nicht das Recht, Schiffe unter der Flagge der Bundesrepublik zu führen. § 24 Absatz 2 der Verordnung bestimmt nämlich: Die Ausstellung von Befähigungszeugnissen an Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind, aber die Voraussetzungen für den Erwerb von Befähigungszeugnissen (§ 7) erfüllen, kann zugelassen werden. In diesem Fall berechtigt ein Befähigungszeugnis des nautischen Dienstes jedoch nicht dazu, Schiffe unter der Bundesflagge zu führen. Dies ist in dem Befähigungszeugnis zu vermerken. ... 2. Vorschriften betreffend die Aufgaben und Befugnisse des Kapitäns a) Befugnisse nach dem Seemannsgesetz vom 26. Juli 1957 (im Folgenden: Seemannsgesetz) 10. § 106 des Seemannsgesetzes lautet auszugsweise: (1) Der Kapitän ist der Vorgesetzte aller Besatzungsmitglieder (§ 3) und sonstigen an Bord tätigen Personen (§ 4). Ihm steht die oberste Anordnungsbefugnis zu. (2) Der Kapitän hat für die Erhaltung der Ordnung und Sicherheit an Bord zu sorgen und ist im Rahmen der nachfolgenden Vorschriften und der sonst geltenden Gesetze berechtigt, die dazu notwendigen Maßnahmen zu treffen. (3) Droht Menschen oder dem Schiff eine unmittelbare Gefahr, so kann der Kapitän die zur Abwehr der Gefahr gegebenen Anordnungen notfalls mit den erforderlichen Zwangsmitteln durchsetzen; die vorübergehende Festnahme ist zulässig. Die Grundrechte des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 und des Art. 13 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes werden insoweit eingeschränkt. Kommt die Anwendung mehrerer Mittel in Frage, so ist tunlichst das Mittel zu wählen, das den Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt. (4) Die Anwendung körperlicher Gewalt oder die vorübergehende Festnahme sind nur zulässig, wenn andere Mittel von vornherein unzulänglich erscheinen oder sich als unzulänglich erwiesen haben. Sie dürfen nur insoweit und so lange angewendet werden, als die Erfüllung der Aufgaben des Kapitäns im Rahmen der Absätze 2 und 3 dies erfordert. (5) Der Kapitän kann die Ausübung der sich aus den Abs. 1 bis 4 ergebenden Befugnisse auf den Ersten Offizier des Decks- und den Ersten Offizier des Maschinendienstes innerhalb ihrer Dienstzweige übertragen, wenn er nicht in der Lage ist, sie selbst auszuüben. ... 11. Gemäß § 115 des Seemannsgesetzes kann die Nichtbefolgung einer Anordnung des Kapitäns strafrechtlich geahndet werden, wenn die Anordnung dazu dienen soll, drohende Gefahr für Menschen, für ein Schiff oder dessen Ladung abzuwenden, einen unverhältnismäßig großen Schaden zu vermeiden, schwere Störungen des Schiffsbetriebs zu verhindern, öffentlichrechtliche Vorschriften über die Sicherheit zu erfüllen oder Sicherheit und Ordnung an Bord aufrechtzuerhalten. 12. Der Missbrauch der Befugnis, solche Anordnungen zu treffen, ist seinerseits unter Strafe gestellt (§ 117 in Verbindung mit § 115 Absatz 4 Seemannsgesetz). b) Personenstandsrechtliche Regelungen nach der Ausführungsverordnung zum Personenstandsgesetz vom 12. August 1957, zuletzt geändert durch die Verordnung vom 17. Dezember 2001 (BGBl. I, S. 3752) (im Folgenden: Ausführungsverordnung zum Personenstandsgesetz) - Gemäß § 45 Absatz 1 der Ausführungsverordnung ist die Geburt oder der Tod eines Menschen während der Reise auf einem deutschen Seeschiff vom Standesbeamten des Standesamts I in Berlin zu beurkunden. Gemäß § 45 Absatz 2 der Ausführungsverordnung muss die Geburt oder der Tod dem Schiffsführer spätestens am folgenden Tag angezeigt werden. Beendigt der zur Anzeige Verpflichtete seine Reise vor Ablauf dieser Frist, so muss die Anzeige noch auf dem Schiff erstattet werden. - Gemäß § 45 Absatz 3 hat der Schiffsführer über die Anzeige der Geburt oder des Todes eine Niederschrift aufzunehmen, die von ihm dem Seemannsamt zu übergeben ist, bei dem es zuerst möglich ist. - Gemäß § 48 Absatz 2 werden Geburten auf Binnenschiffen von dem Standesbeamten beurkundet, in dessen Bezirk das Schiff zuerst vor Anker geht oder anlegt. - Nach § 49 werden Sterbefälle u. a. auf Binnenschiffen von dem Standesbeamten beurkundet, in dessen Bezirk der Verstorbene aus dem Fahrzeug herausgenommen wird. III - Ausgangsverfahren und Vorlagefragen 13. Die Kläger des Ausgangsverfahrens, Albert Anker, Klaas Ras und Albertus Snoek, sind niederländische Staatsangehörige, die als Seeleute auf Fischereischiffen unter deutscher Flagge in der Kleinen Hochseefischerei beschäftigt sind. Sie sind allesamt Inhaber eines Diploma voor de Zeevisvaart SW V, das nach niederländischem Recht zum Führen von Seeschiffen jener Klasse berechtigt, auf denen sie derzeit tätig sind. 14. Den Hintergrund des Ausgangsverfahrens bildet ein Rechtsstreit um die Zulassung der Kläger - auch - für den Dienst als Schiffsführer auf Fischereifahrzeugen unter der Flagge der Bundesrepublik Deutschland. 15. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord, Beklagte des Ausgangsverfahrens, hatte Anträge der Kläger auf Erteilung von Gültigkeitsbescheinigungen gemäß § 21c der Schiffsoffizier-Ausbildungsverordnung mit Bescheid und Widerspruchsbescheid unter Berufung auf § 106 Seemannsgesetz und § 24 Absatz 2 der SchiffsoffizierAusbildungsverordnung jeweils zurückgewiesen. 16. Die gegen die Widerspruchsbescheide erhobenen Klagen hat das in erster Instanz angerufene Verwaltungsgericht mit Urteilen vom 14. November 2000 abgewiesen. Dieses Verwaltungsgericht war der Auffassung, dass die Regelung des § 24 Absatz 2 Schiffsoffizier-Ausbildungsverordnung, wonach ausländische Befähigungszeugnisse des nautischen Dienstes nicht dazu berechtigen, Schiffe unter der Bundesflagge zu führen, mit höherrangigem Recht und insbesondere mit Artikel 39 Absatz 4 EG vereinbar sei. 17. Das vorlegende Gericht hat nunmehr über die Berufung der Kläger gegen diese Urteile des Verwaltungsgerichts zu entscheiden. 18. Laut den Ausführungen im Vorlagebeschluss kommt es für diese Entscheidung rechtlich darauf an, ob die Regelung des § 24 Absatz 2 Schiffsoffizier-Ausbildungsverordnung mit Artikel 39 EG vereinbar ist. Die Kläger haben vor dem vorlegenden Gericht bestritten, dass die Ausnahme gemäß Artikel 39 Absatz 4 EG auf sie Anwendung finde. 19. Das vorlegende Gericht führt zunächst an, dass es nicht daran zweifle, dass sich die Kläger auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen könnten. Sie befänden sich nämlich in den Tätigkeiten als Schiffsführer, die sie zu übernehmen beabsichtigten, in abhängigen und entgeltlichen Beschäftigungsverhältnissen mit dem jeweiligen Seefischereibetrieb. Dies treffe nach Meinung des Vorlagegerichts auch auf den Kläger Ras - trotz dessen Beteiligung an der Seefischereibetrieb SC-25 GmbH - zu, weil dies nichts an der Tatsache ändere, dass er - auch - in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit dem Seefischereibetrieb stünde. 20. Das vorlegende Gericht hegt sodann laut Vorlagebeschluss erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung des § 24 Absatz 2 Schiffsoffizier-Ausbildungsverordnung mit Artikel 39 EG und insbesondere daran, dass sich diese Vorschrift durch Artikel 39 Absatz 4 EG rechtfertigen lässt. 21. Nach seiner Überzeugung spreche weit Überwiegendes dafür, dass die Tätigkeit als Schiffsführer in der Kleinen Hochseefischerei in ihrer praktischen Ausprägung ungeachtet der Befugnisse des Kapitäns aus § 106 Seemannsgesetz im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht dem Bereich der öffentlichen Verwaltung im Sinne des Artikels 39 Absatz 4 EG zugeordnet werden könne. 22. Das vorlegende Gericht führt insbesondere aus, dass sich diese Befugnisse des Kapitäns im Wesentlichen aus allgemeinen zivil- und strafrechtlichen Handlungspflichten ableiten ließen und nicht erkennbar den Schwerpunkt des Berufsbildes des Kapitäns darstellten, sodass bereits nach Maßgabe des nationalen Rechts eine Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch den Kapitän zumindest zweifelhaft sei. 23. Gemäß dem Vorlagebeschluss ist zur Lösung der sich im Anlassfall in Bezug auf Artikel 39 Absatz 4 EG stellenden Rechtsfragen in Ansehung der Rechtsprechung des Gerichtshofes vor allem zu beantworten, ob erstens ein Bereich, der nach dem Recht des Mitgliedstaats nicht einmal der institutionellen öffentlichen Verwaltung zugehört, überhaupt Teil der öffentlichen Verwaltung im Sinne des Artikels 39 Absatz 4 EG sein könne und zweitens, ob die besonderen Befugnisse des Kapitäns aus § 106 Seemannsgesetz als Ausübung öffentlicher Verwaltung dessen Tätigkeit in dem Sinne prägen, dass sie den Kern seiner Tätigkeit ausmachen. Es liege nahezu auf der Hand, dass beide Fragestellungen zu verneinen seien. 24. Zur Ausräumung letzter Zweifel hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts jedoch mit Beschluss vom 31. Januar 2002 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Sind Vorschriften nationalen Rechts, die für die Ausübung der Arbeitnehmertätigkeit als Schiffsführer (Kapitän) auf einem in der Kleinen Seeschifffahrt unter der jeweiligen Flagge des nationalen Mitgliedstaats eingesetzten Schiff die Staatsangehörigkeit des jeweiligen Flaggenstaats - hier die deutsche - vorschreiben, mit Artikel 39 EG vereinbar? IV - Wesentliche Vorbringen der Beteiligten 25. In der vorliegenden Rechtssache haben die Kläger des Ausgangsverfahrens, die deutsche Regierung - mit der Beklagten des Ausgangsverfahrens gemeinsam vertreten - die dänische und die französischeRegierung sowie die Kommission Stellungnahmen abgegeben. Mit Ausnahme der Kläger des Ausgangsverfahrens haben sich alle Beteiligten auch in der Rechtssache C-405/01 (Colegio de Oficiales de la Marina Mercante Española gegen Administración del Estado, Beteiligte: Asociación de Navieros Españoles [ANAVE]) geäußert. 26. Nach Ansicht der Kläger des Ausgangsverfahrens ist die Vorlagefrage zu verneinen. 27. Vorab stellen sie fest, dass die Arbeitnehmereigenschaft bei den Klägern Anker und Snoek unzweifelhaft vorliege. In Bezug auf den Kläger Ras, der Minderheitsgesellschafter der Zeevisserijbedrijf Ras BV sei, die wiederum alleinige Gesellschafterin der Seefischereibetrieb SC-25 GmbH sei, die das Fischereischiff betreibe, auf dem der Kläger Ras fahre, könne diese Eigenschaft fraglich sein. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sei dessen Arbeitnehmereigenschaft aber jedenfalls nicht ausgeschlossen, zumal dem Minderheitsgesellschafter Ras eine Kontrolle der Geschäftstätigkeit der Zeevisserijbedrijf Ras BV oder mittelbar der Seefischereibetrieb SC-25 GmbH nicht möglich sei und es keinen Unterschied mache, dass er als Geschäftsführer der letztgenannten Gesellschaft im Handelsregister eingetragen sei. Ohnehin verstießen die Vorschriften der SchiffsoffizierAusbildungsverordnung auch gegen die Niederlassungsfreiheit. 28. Nach Auffassung aller drei Kläger fällt die Tätigkeit eines Kapitäns auf einem Seefischereischiff unter keinen Umständen unter die Ausnahme des Artikels 39 Absatz 4 EG. Sie verweisen darauf, dass diese Bestimmung eng auszulegen sei und funktional zu verstehen sei. Es komme darauf an, dass die betreffende Stelle typischerweise die Ausübung hoheitlicher Befugnisse umfasse und der Stelleninhaber mit der Verantwortung für die allgemeinen Belange des Staates betraut sei. 29. Aus den Urteilen in den Rechtssachen Lawrie-Blum(3) und Bleis(4) ergebe sich, dass die betreffende Tätigkeit nur dann typischerweise die Ausübung hoheitlicher Befugnisse umfasse, wenn die Ausübung hoheitlicher Befugnisse den Kern dieser Tätigkeit ausmache; eine nur untergeordnete Bedeutung reiche nicht aus. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Kapitäns liege in der Führung des Schiffes und dem Management der Besatzung. Solche Funktionen kämen üblicherweise Produktions- und Werksleitern zu. 30. Im vorliegenden Fall räumten bereits die nationalen Vorschriften dem Kapitän keine hoheitlichen Befugnisse ein. Die Rechte des Kapitäns nach § 106 Seemannsgesetz seien vielmehr Ausformungen allgemeiner zivilrechtlicher und strafrechtlicher Grundsätze. Hoheitliche Befugnisse ergäben sich auch nicht schon aus dem Seerechtsübereinkommen. Insbesondere schreibe dieses nicht vor, dass der erforderliche genuine link zwischen dem Schiff und dem Flaggenstaat gerade über die Staatsangehörigkeit des Kapitäns hergestellt werden müsse. Diese Verbindung könne genauso über die Eigentumsverhältnisse am Schiff etabliert werden, was in Deutschland nach § 1 des Gesetzes über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (im Folgenden: Flaggenrechtsgesetz) der Fall sei(5). 31. Außerdem seien in der Praxis die Situationen, in denen das Schiff auf sich allein gestellt Gefahrensituationen begegnen müsse, erheblich zurückgegangen, insbesondere aufgrund moderner Kommunikationsmittel und der Verkürzung der Zeit auf See, die auf die Werktage beschränkt sei, wenn es sich um kleine Fischereischiffe handle, welche außerdem ständig in Küstennähe fischten. Zu einer Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch den Kapitän komme es also in der Praxis nicht, erst recht nicht typischerweise. 32. Die Kläger führen weiters aus, dass der Gerichtshof bereits in seinem Urteil in der Rechtssache C-290/94(6) festgestellt habe, dass der Bereich des See- und Luftverkehrs nicht zu den Bereichen gehöre, in denen eine spezifische Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung ausgeübt werde, und dass daher die nationalen Behörden zu beweisen hätten, dass dennoch die Voraussetzungen des Artikels 39 Absatz 4 EG erfüllt seien(7). 33. Schließlich weisen die Kläger darauf hin, dass die Kapitäne, um die es hier geht, auch nicht unter den institutionellen Begriff der öffentlichen Verwaltung fallen, da Schiffsführer/Kapitäne nicht Bedienstete des Staates, sondern Angestellte privater Unternehmen seien. Der Gerichtshof habe den funktionalen Begriff der öffentlichen Verwaltung entwickelt, um den Bereich, der durch den institutionellen Begriff der Verwaltung der Mitgliedstaaten eröffnet sei, einzuschränken. Der funktionale Ansatz dürfe aber nicht dazu dienen, den Bereich der öffentlichen Verwaltung auszudehnen. 34. Zu den wesentlichen Ausführungen der deutschen Regierung -mit der Beklagten des Ausgangsverfahrens gemeinsam vertreten - der dänischen und der französischenRegierung sowie der Kommission bezüglich der Auslegung des Artikels 39 Absatz 4 EG verweise ich zunächst entsprechend insbesondere auch auf die Nummern 27 f. und 35 bis 42 der Schlussanträge in der Rechtssache C-405/01, die ich ebenso heute vortrage. Diese Beteiligten sind sich im Wesentlichen darin einig, dass ein Mitgliedstaat eine Stelle als Schiffsführer eines in der Kleinen Seeschifffahrt unter seiner Flagge eingesetzten Schiffes den eigenen Staatsbürgern vorbehalten kann. 35. Die deutsche Regierung unterstreicht hiezu ergänzend, dass die Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtung des Flaggenstaats durch den Kapitän im internationalen Rahmen zunehmend eingefordert werde. Sie bezieht sich auch auf gemeinschaftsrechtliche Regelungen in den Bereichen der Sicherheit auf See, der Verhütung der Umweltverschmutzung, der Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord sowie im Bereich des Fischereiwesens, deren Durchführung den Mitgliedstaaten für Schiffe unter ihrer Flagge obliege. 36. Die deutsche Regierung weist hier - konkretisierend zu ihren Ausführungen in der Rechtssache C-405/01 - auf die Bestimmungen der §§ 106, 115 und 117 des Seemannsgesetzes und auf die personenstandsrechtlichen Befugnisse des Kapitäns nach § 45 der Ausführungsverordnung zum Personenstandsgesetz hin. 37. Dass es in der normalen Praxis der Fischerei nicht immer zur Ausübung dieser hoheitlichen Befugnisse komme, spreche nicht gegen deren hoheitlichen Charakter. Es komme nämlich auf die rechtliche Qualität der Maßnahmen an, zu denen der Kapitän befugt ist. In der Gesamtschau der speziellen Befugnisse des Kapitäns liege der Schwerpunkt deutlich im öffentlich-rechtlichen Bereich. 38. Außerdem unterliege auch ein in der Kleinen Hochseefischerei zum Einsatz kommendes Schiff grundsätzlich keinen Fahrtbeschränkungen, sodass nicht gewährleistet sei, dass solche Schiffe ihre Tätigkeit nur im Küstenmeer des Flaggenstaats oder in unmittelbarer Küstennähe ausüben dürften. 39. Auch nach Ansicht der dänischen Regierung ist die Vorlagefrage zu bejahen, wobei sie ebenfalls auf die Begründung, die sie in der Rechtssache C-405/01 vorgetragen hat, verweist. 40. Sie führt außerdem aus, dass die dänischen Vorschriften über den Zugang zu den Stellen des Schiffsführers den diesbezüglichen deutschen Vorschriften ähnlich seien. Ihrer Ansicht nach liege eine unmittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse jedenfalls vor, wenn eine Stelle als Schiffsführer die Ausübung von Ordnungsbefugnissen an Bord mit sich bringe, die an Land den Polizeibehörden zustünden, darunter Befugnisse zur Festnahme Verdächtiger oder zur Entgegennahme von Erklärungen. Die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung stelle die Art der Aufgaben dar, deren Wahrnehmung eine besondere Verbundenheit mit dem Staat voraussetze. 41. Dass es im vorliegenden Fall um ein in der Kleinen Seeschifffahrt eingesetztes Schiff gehe, führe zu keiner Beschränkung der Befugnis des Mitgliedstaats, Stellen als Schiffsführer eigenen Staatsangehörigen vorzubehalten, da Situationen, in denen sich die Ausübung hoheitlicher Befugnisse als geboten erweisen könnte, jederzeit eintreten könnten. 42. Im Übrigen sei der Umstand, dass der betreffende Mitgliedstaat in der Luftfahrt von der Möglichkeit des Staatsangehörigkeitsvorbehalts keinen Gebrauch gemacht habe, unerheblich, weil Artikel 39 Absatz 4 EG den Mitgliedstaaten nur eine entsprechende Möglichkeit einräume. 43. Die französische Regierung trägt insbesondere noch vor, dass das vorlegende Gericht in Wirklichkeit zwei Fragen in Bezug auf die Auslegung des Artikels 39 Absatz 4 EG stelle, nämlich erstens, ob dieser Artikel eine Stelle als Schiffsführer erfasse, auch wenn sie nicht dem Staat oder staatlichen Einrichtungen zuzuordnen sei, und zweitens, ob eine solche Stelle auch dann unter diese Bestimmung falle, wenn die Ausübung hoheitlicher Gewalt nur einen sehr geringen Teil der Tätigkeit ausmache. 44. Zur ersten Frage führt sie aus, dass der Schiffsführer offensichtlich Aufgaben wahrnehme, bei denen hoheitliche Befugnisse ausgeübt würden; diese Aufgaben seien nicht mit den Verpflichtungen zu verwechseln, die jedem Bürger, jedem Unternehmens- oder Werksleiter oder Luftfahrzeugführer oblägen. 45. Zum Vergleich bezieht sie sich auf die französischen Regelungen bezüglich der Schiffsführer und kommt zu dem Schluss, dass diesen echte Polizeibefugnisse wie die Festnahme verliehen seien und sie in Ausübung dieser Befugnisse an der Rechtspflege teilnehmen würden. Sie stellt fest, dass diese Befugnisse eindeutig über jene hinausgingen, die jedermann im Fall auf frischer Tat betroffener Straftäter zustünden. 46. Nach Ansicht der französischen Regierung fielen die Stellen der Schiffsführer selbst dann unter Artikel 39 Absatz 4 EG, wenn die Stelle im Wege von Privatunternehmen wahrgenommen werde, da im Auftrag des Staates für diesen und nicht für den privaten Arbeitgeber spezifische Tätigkeiten der öffentlichen Verwaltung ausgeübt würden. Die Urteile in den Rechtssachen C-114/97(8) und C-283/99(9) stünden nicht im Einklang mit der funktionalen Bedeutung des Begriffes der Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes. 47. Hilfsweise trägt sie vor, dass ein Mitgliedstaat diese Stellen seinen eigenen Staatsangehörigen aus den in Artikel 39 Absatz 3 EG genannten Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorbehalten könne, weil mit diesen Stellen die Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sei. 48. Zur zweiten Frage, ob die Ausübung hoheitlicher Befugnisse den Kernbereich der fraglichen Tätigkeit ausmachen müsse, vertritt sie die Auffassung, dass es für die Anwendbarkeit des Artikels 39 Absatz 4 EG unerheblich sei, dass Schiffsführer nur selten hoheitliche Befugnisse ausübten oder diese Befugnisse nur eine marginale Rolle spielten. Eine Stelle falle nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes bereits dann unter diese Ausnahme, wenn sie hoheitliche Befugnisse mit sich bringe(10). 49. Darüber hinaus stellt die französische Regierung unter Bezugnahme auf das Urteil in der Rechtssache Reyners(11) fest, dass sich die hoheitlichen Befugnisse, über die der Schiffsführer verfügt, von seinen sonstigen Tätigkeiten nicht trennen ließen. 50. Die Kommission hält zunächst fest, dass die Antwort auf die Frage, ob alle Kläger im Ausgangsverfahren die Voraussetzungen erfüllen, um als Arbeitnehmer im Sinne des Artikels 39 EG angesehen zu werden, Sache des nationalen Gerichts sei(12). Das Vorlagegericht habe diese Frage in Bezug auf alle drei Kläger bejaht. 51. Sie verweist ferner ebenfalls auf ihre bereits in der Rechtssache C-405/01 dargelegte Rechtsauffassung, wonach zwar die Tätigkeit eines Privaten, der nicht institutionell mit der öffentlichen Verwaltung verbunden sei, grundsätzlich nicht unter die Ausnahme gemäß Artikel 39 Absatz 4 EG falle, die Tatsache der Entrückung der Schiffe aus der Zugriffsmöglichkeit staatlicher Behörden es aber rechtfertigen könnte, dass ein mit staatlichen Vertretungsfunktionen ausgestatteter Kapitän dennoch unter diese Ausnahmebestimmung falle. Es sei Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob eine entsprechende Übertragung hoheitlicher Befugnisse vorliege. 52. Die Kommission bezieht sich in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Artikel 94 und 92 Absatz 1 des Seerechtsübereinkommens, wonach die Schiffe, die unter der Flagge eines einzigen Staates führen, auf Hoher See der ausschließlichen Hoheitsgewalt des Flaggenstaats unterstünden. In Erfüllung dieser Pflicht werde daher eine Person, die sich auf einem die Flagge eines Staates führenden Schiff befinde, das der Zugriffsmöglichkeit des Flaggenstaats faktisch entzogen sei, mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse beliehen. Nach deutschem Recht, insbesondere § 106 Seemannsgesetz, sei dies der Kapitän. 53. Werde festgestellt - was Sache des nationalen Gerichts sei - dass dem Schiffsführer nach nationalem Recht hoheitliche Befugnisse übertragen seien, so entsprächen diese Befugnisse einer permanenten Aufgabe und seien unabhängig von der Größe des Schiffes und davon, ob sie tatsächlich häufig ausgeübt würden. V - Würdigung 54. Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts ist ein Schiffsführer in der Kleinen Seeschifffahrt als abhängig Beschäftigter eines Seefischereibetriebs nach den Weisungen eines Reeders tätig. Ich gehe daher wie das vorlegende Gericht davon aus, dass der Zugang zu derartigen Stellen grundsätzlich unter die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer fällt. 55. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gemäß Artikel 39 Absatz 2 EG umfasst insbesondere auch ein Verbot der Ungleichbehandlung in Bezug auf den Zugang zur Beschäftigung. Ein Staatsangehörigkeitsvorbehalt bezüglich der Beschäftigung als Schiffsführer auf einem in der Kleinen Seeschifffahrt eingesetzten Schiff als offen diskriminierende Zugangsbeschränkung kann daher nur nach Maßgabe der Ausnahmeregelungen des Artikels 39 Absatz 3 oder Absatz 4 EG mit dem Grundsatz der Freizügigkeit und der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer vereinbar sein. 56. Im Folgenden ist also zu untersuchen, ob ein Staatsangehörigkeitsvorbehalt für die Ausübung der Arbeitnehmertätigkeit als Schiffsführer auf einem Fischereifahrzeug in der Kleinen Seeschifffahrt auf der Grundlage der Ausnahmebestimmungen des Artikels 39 Absatz 3 oder Absatz 4 EG zulässig sein kann. Da Absatz 3 des Artikels 39 EG nur zur Anwendung kommen kann, soweit die Ausnahme für die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung gemäß Absatz 4 dieses Artikels nicht greift(13), ist zunächst auf die letztgenannte Bestimmung einzugehen. 57. Zur Rechtsprechung des Gerichtshofes betreffend die Zulässigkeit eines Staatsangehörigkeitsvorbehalts in Bezug auf Stellen in der Seeschifffahrt im Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie zur Auslegung des Begriffes der Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes im Allgemeinen habe ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache C-405/01 Stellung genommen. Diese Ausführungen gelten entsprechend. Ich verweise daher auf die Nummern 50 bis 72 der Schlussanträge in der Rechtssache C-405/01, die ich ebenso heute vortrage. 58. Da die Schiffsführer, um die es vorliegend geht, nicht Bedienstete des Staates, sondern Arbeitnehmer bei privaten Unternehmen sind, stellt sich zunächst, wie in der Rechtssache C405/01, die Frage, ob die Anwendbarkeit der Ausnahme gemäß Artikel 39 Absatz 4 EG nicht schon aufgrund der mangelnden institutionellen Zuordenbarkeit dieser Beschäftigung zu staatlichen Einrichtungen ausgeschlossen ist. 59. Ich habe diese Frage bereits in den Nummern 73 bis 79 meiner Schlussanträge in der Rechtssache C-405/01 dahin gehend beantwortet, dass die Anwendbarkeit des Artikels 39 Absatz 4 EG im Falle von Kapitänen bzw. Schiffsführern und ihren Vertretern grundsätzlich nicht schon dadurch ausgeschlossen wird, dass diese Beschäftigte natürlicher oder juristischer Personen des Privatrechts sind. 60. Meine diesbezüglichen Erwägungen haben auf der Prämisse der Entrücktheit eines Schiffes vom staatlichen Hoheitsgebiet und vom Zugriff der allgemeinen staatlichen Behörden aufgebaut. 61. Im vorliegenden Fall ist jedoch anzumerken, dass in Bezug auf jene Seefischereischiffe, auf denen die Kläger des Ausgangsverfahrens aktuell tätig sind, diese Prämisse allem Anschein nach nicht erfüllt ist. Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts erfolgt die Fischerei auf diesen Schiffen nämlich in Küstennähe der Bundesrepublik Deutschland. Andererseits gilt dies, wie aus der Stellungnahme der deutschen Regierung hervorgeht, offenbar nicht generell für die Kleine Hochseefischerei, zu der auch Fangtätigkeiten außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets zählen. 62. Es ist daher darauf einzugehen, ob Stellen mit den Merkmalen, wie sie den Gegenstand des Vorlageverfahrens bilden, unter funktionellen Gesichtspunkten, also nach Art der mit der Stelle verbundenen Aufgaben, unter den Begriff der öffentlichen Verwaltung nach Artikel 39 Absatz 4 EG fallen. 63. Die Tätigkeit eines Schiffsführers in der Kleinen Hochseefischerei besteht offenbar in der unternehmerischen und technischen Leitung des Schiffes und darüber hinaus, wie aus dem Vorlagebeschluss hervorgeht, in der Mitwirkung am Fischfang und an der Verarbeitung des Fanges. Zweifellos handelt es sich dabei inhaltlich nicht um Verwaltungstätigkeiten, es wurde aber argumentiert, dass mit dieser Stelle auch staatliche Vertretungsfunktionen verbunden wären. 64. Ob die Tätigkeit des Schiffsführers in der Kleinen Seeschifffahrt mit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung verbunden ist, ist nach der Rechtsprechung anhand der Kriterien Ausübung hoheitlicher Befugnisse und Wahrung der allgemeinen Belange des Staates zu beurteilen, zu deren näherer Bedeutung sich der Gerichtshof bislang jedoch nicht geäußert hat. 65. Dies ist nicht unproblematisch, weil diese Begriffe aufgrund der Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung des Artikels 39 Absatz 4 EG auch nicht allein aus der jeweiligen Perspektive des nationalen Rechts verstanden werden dürfen. 66. Jedenfalls darf man aber annehmen, dass es sich bei den hoheitlichen Befugnissen um solche handeln muss, die über jene Befugnisse hinausgehen, wie sie jedermann zustehen, nämlich insbesondere - als Ausdruck des Kernbereichs staatlicher Herrschaftsmacht - um Befugnisse zur Ausübung von Zwangsgewalt(14). 67. Daneben bezieht sich der Gerichtshof immer auch auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates. Da der Gerichtshof die Kriterien der Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und der Wahrung der allgemeinen Belange des Staates - in der Regel - durch das Wort und verbindet und eine restriktive Auslegung des Begriffes der öffentlichen Verwaltung geboten ist, wurde des Weiteren bereits verschiedentlich darauf hingewiesen, dass beide Voraussetzungen grundsätzlich nebeneinander erfüllt sein müssen(15). 68. Was nun die mit den im vorliegenden Fall fraglichen Stellen der Schiffsführer auf in einem in der Kleinen Seeschifffahrt eingesetzten Fischereischiff verbundenen Befugnisse betrifft, ist zunächst festzuhalten, dass aus den maßgeblichen Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens nicht zu schließen ist, dass Schiffsführer bzw. Kapitäne generell Hoheitsgewalt ausüben oder mit Hoheitsbefugnissen ausgestattet werden müssen. Artikel 94 dieses Übereinkommens sieht vielmehr vor, dass der Flaggenstaat seine Hoheitsgewalt und Kontrolle über die seine Flagge führenden Schiffe wirksam ausübt. Es steht dem Flaggenstaat natürlich im Rahmen seiner Organisationsgewalt frei, dies durch den Kapitän oder dadurch, dass der Flaggenstaat den Kapitän zu diesem Zweck mit bestimmten Befugnissen oder Funktionen ausstattet, sicherzustellen. Es gibt demnach aber auch im Lichte des Seerechtsübereinkommens keinen einheitlichen hoheitlichen Aufgabenbereich der Schiffsführer bzw. Kapitäne, sodass die funktionelle Beurteilung dieser Stellen für Zwecke des Artikels 39 Absatz 4 EG von Flaggenstaat zu Flaggenstaat verschieden(16) ausfallen kann(17). 69. Ferner ist anzumerken, dass die Pflichten der Schiffsführer bzw. Kapitäne zur Einhaltung und Umsetzung öffentlich-rechtlicher, völkerrechtlicher oder gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen oder Auflagen, wie sie insbesondere die deutsche Regierung im Bereich der Sicherheit der Seefahrt und des Umweltschutzes genannt hat, nicht mit hoheitlichen Befugnissen gleichzusetzen sind. 70. Was sodann die dem Schiffsführer bzw. Kapitän nach § 106 Seemannsgesetz und nach deutschem Personenstandsrecht eingeräumten Funktionen und Befugnisse betrifft, so habe ich diesbezüglich weit größere Zweifel als im Falle der spanischen Bestimmungen bezüglich der Kapitäne und Ersten Offiziere der Handelsmarine in der Rechtssache C-405/01, dass es sich hier um hoheitliche Befugnisse und Aufgaben der allgemeinen staatlichen Interessenwahrung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes handelt. 71. Im Unterschied zu jener Rechtssache ist es nämlich nach Angaben des vorlegenden Gerichts schon nach nationalem Recht äußerst zweifelhaft, ob dem Schiffsführer durch § 106 Seemannsgesetz überhaupt Befugnisse verliehen werden, die über allgemeine zivil- und strafrechtliche Handlungspflichten und -rechte hinausgehen. Zudem dürfte es sich bei den von der deutschen Regierung beschriebenen Befugnissen nach dem Personenstandsrecht eher um Hilfsfunktionen handeln und nicht um Funktionen, die der Schiffsführer in der hier fraglichen Beschäftigung selbst anstelle des Standesbeamten wahrnimmt. So ist etwa zwar die Geburt oder der Tod eines Menschen dem Schiffsführer anzuzeigen, der darüber eine Niederschrift aufzunehmen hat, die Beurkundung erfolgt aber durch den zuständigen Standesbeamten an Land. 72. Aber selbst wenn man annimmt, dass nach den nationalen Regelungen hoheitliche Befugnisse und Aufgaben der allgemeinen staatlichen Interessenwahrung vorgesehen sind, lässt sich meines Erachtens nicht automatisch darauf schließen, dass es sich bei einer Tätigkeit deshalb um eine verwaltungstypische Tätigkeit handelt. 73. Abzustellen ist vielmehr auf die tatsächlich mit der Stelle verbundenen Aufgaben, welche in einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln sind. Wenngleich der äußerst knappen Begründung des Urteils in der Rechtssache Lawrie-Blum, auf das sich vor allem die Kläger des Ausgangsverfahrens gestützt haben, schwerlich allgemeine Kriterien für die Anwendung des Artikels 39 Absatz 4 EG zu entnehmen sind, so scheint mir die dort getroffene Feststellung, wonach die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit dieser Ausnahme im Falle des Studienreferendars nicht erfüllt seien, auch wenn er tatsächlich die vom Beklagten erwähnten Entscheidungen trifft(18), auch auf eine solche inhaltliche Gesamtbetrachtung hinzudeuten. 74. Wie ich in Nummer 94 meiner Schlussanträge in der Rechtssache C-405/01 entsprechend ausgeführt habe, ist eine Gesamtbetrachtung auch eine Notwendigkeit, die sich daraus ergibt, dass einerseits den Mitgliedstaaten unstreitig die Befugnis zusteht, ihre Verwaltungen nach ihren jeweiligen Vorstellungen auszugestalten und Stellen mit hoheitlichen Befugnissen auszustatten, und dass andererseits eine enge und einheitliche Anwendung der Ausnahme für die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung sicherzustellen ist. 75. Hält man sich so vor Augen, dass es sich bei Artikel 39 Absatz 4 EG um eine Ausnahme vom Grundsatz der Freizügigkeit handelt, deren Tragweite auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken ist, so erscheint es mir mit einer sachgerechten Anwendung dieser Ausnahme unvereinbar, dass eine Beschäftigung bereits aufgrund der üblicherweise für sie vorgesehenen hoheitlichen Befugnisse und Aufgaben als Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung vom Grundsatz der Arbeitnehmerfreizügigkeit ausgenommen sein sollte. 76. Den Angaben des Vorlagegerichts ist zu entnehmen, dass es sich bei der Stelle eines Schiffsführers bzw. Kapitäns auf einem Fischereifahrzeug in der Kleinen Seeschifffahrt um eine Beschäftigung handeln dürfte, die in der Führung von Schiffen kleineren Umfangs mit wenigen Besatzungsmitgliedern sowie in der Teilnahme am Fischfang und dessen Verarbeitung besteht, und bei der die Ausübung staatlicher Vertretungsfunktionen praktisch eine sehr geringe bis keine Rolle spielt. 77. Bei Gesamtbetrachtung der tatsächlich mit der Arbeitnehmertätigkeit als Schiffsführer (Kapitän) auf in der Kleinen Seeschifffahrt eingesetzten Fischereifahrzeugen verbundenen Aufgaben und Befugnisse komme ich daher zum Ergebnis, dass derartige Stellen die sehr engen(19) Voraussetzungen zur Anwendbarkeit der Ausnahme von der Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Artikel 39 Absatz 4 EG nicht erfüllen. 78. Zu den Gründen, warum Artikel 39 Absatz 3 EG zur Rechtfertigung eines Staatsangehörigkeitsvorbehalts nicht herangezogen werden kann, verweise ich auf die Nummern 98 bis 100 meiner Schlussanträge in der Rechtssache C-405/01. Diese gelten entsprechend. Aus Artikel 39 Absatz 3 EG lässt sich also nicht die Zulässigkeit eines Staatsangehörigkeitsvorbehalts für die Ausübung einer Arbeitnehmertätigkeit als Schiffsführer (Kapitän), wie sie im vorliegenden Verfahren fraglich ist, ableiten. VI - Ergebnis 79. Aufgrund dieser Erwägungen wird dem Gerichtshof vorgeschlagen, die Vorlagefrage wie folgt zu beantworten: Artikel 39 EG steht Vorschriften des nationalen Rechts entgegen, die für die Ausübung einer Arbeitnehmertätigkeit wie im Ausgangsverfahren als Schiffsführer (Kapitän) auf einem in der Kleinen Seeschifffahrt unter der jeweiligen Flagge des Mitgliedstaats eingesetzten Fischereifahrzeug die Staatsangehörigkeit des jeweiligen Flaggenstaats vorschreiben. 1: - Originalsprache: Deutsch. 2: - Schlussanträge vom 12. Juni 2003 in der Rechtssache C-405/01 (Colegio de Oficiales de la Marina Mercante Española/Administración del Estado, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht). 3: - Urteil vom 3. Juli 1986 in der Rechtssache 66/85 (Lawrie-Blum, Slg. 1986, 2121, Randnrn. 26 bis 28). 4: - Urteil vom 27. November 1991 in der Rechtssache C-4/91 (Bleis, Slg. 1991, I-5627, Randnr. 7). 5: - Diese Bestimmung lautet: (1) Die Bundesflagge haben alle Kauffahrteischiffe und sonstigen zur Seefahrt bestimmten Schiffe (Seeschiffe) zu führen, deren Eigentümer Deutsche sind und ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben. ... 6: - Urteil vom 2. Juli 1996 in der Rechtssache C-290/94 (Kommission/Griechenland, Slg. 1996, I-3285, Randnrn. 34 und 35). 7: - Unter Hinweis auf die Schlussanträge vom 5. März 1996 von Generalanwalt Léger in der Rechtssache C-473/93 (Kommission/Luxemburg, Urteil vom 2. Juli 1996, Slg. 1996, I-3207, Nrn. 110 bis 112). 8: - Urteil vom 29. Oktober 1998 in der Rechtssache C-114/97 (Kommission/Spanien, Slg. 1998, I-6717). 9: - Urteil vom 31. Mai 2001 in der Rechtssache C-283/99 (Kommission/Italien, Slg. 2001, I4363, Randnr. 95). 10: - Urteil vom 17. Dezember 1980 in der Rechtssache 149/79 (Kommission/Belgien, Slg. 1980, 3881). 11: - Urteil vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74 (Reyners, Slg. 1974, 631). 12: - Unter Hinweis auf das Urteil vom 19. März 1964 in der Rechtssache 75/63 (Unger, Slg. 1964, 347, Randnr. 2). 13: - Vgl. das Urteil in der Rechtssache 149/79 (zitiert in Fußnote 10), Randnr. 10. 14: - Vgl. dahin gehend die Definition des Begriffes der öffentlichen Gewalt in den Schlussanträgen vom 28. Mai 1974 von Generalanwalt Mayras in der Rechtssache 2/74 (Urteil zitiert in Fußnote 11), 665; siehe auch die Schlussanträge von Generalanwalt Mancini vom 15. April 1986 in der Rechtssache 307/84 (Kommission/Frankreich, Urteil vom 3. Juni 1986, Slg. 1986, 1725, 1729 f.). 15: - Siehe beispielsweise Generalanwalt Léger in seinen Schlussanträgen vom 5. März 1996 in der Rechtssache C-290/94 (Urteil zitiert in Fußnote 6), Nr. 23, und Generalanwalt Lenz in seinen Schlussanträgen vom 29. April 1986 in der Rechtssache 66/85 (Urteil zitiert in Fußnote 3), 2135. 16: - Vgl. etwa auch die nationalen Bestimmungen in der Rechtssache C-405/01 (zitiert in Fußnote 2). 17: - Im Übrigen muss - abgesehen davon, dass sich Mitgliedstaaten grundsätzlich ohnehin nicht auf mit Drittstaaten geschlossene internationale Übereinkünfte berufen können, um sich ihren gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen zu entziehen - die nach Artikel 91 des Seerechtsübereinkommens andernorts geforderte echte Verbindung mit dem Flaggenstaat grundsätzlich nicht unbedingt über die Staatsangehörigkeit des Kapitäns hergestellt werden. Dies geht etwa aus Artikel 97 dieses Übereinkommens hervor, wonach ein Verfahren gegen den Kapitän nur vor Behörden des Flaggenstaates oder des Staates eingeleitet werden [darf], dessen Staatsangehörigkeit die betreffende Person besitzt. Wie die Kläger des Ausgangsverfahrens dargelegt haben, wird die echte Verbindung zwischen dem Schiff und dem Flaggenstaat im Falle deutscher Schiffe nach dem Flaggenrechtsgesetz offenbar über das Eigentum am Schiff hergestellt. 18: - Urteil in der Rechtssache 66/85 (zitiert in Fußnote 3), Randnr. 28. Vgl. auch Generalanwalt Lenz in seinen Schlussanträgen vom 29. April 1986 in dieser Rechtssache (Urteil zitiert in Fußnote 3), 2136, der sich in diesem Zusammenhang auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bezieht. 19: - Urteil in der Rechtssache 66/85 (zitiert in Fußnote 3), Randnr. 28.