Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung Energiewende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung Energy change 2.0: On the role of chemical research Schlögl, Robert Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin Korrespondierender Autor E-Mail: [email protected] Zusammenfassung Wenn die Reduktion der Treibhausgase oberstes Ziel der Energiew ende ist, müssen alle Sektoren des Energiesystems vernetzt w erden. Die Verbindung kann jedoch nur geschehen, w enn w ir primäre Elektrizität in stoffliche Energieträger verw andeln. Damit „speichern“ w ir diese Elektrizität, um sie anderen Anw endungen zugänglich zu machen und erreichen damit das Ziel der Sektorenintegration in eine nachhaltige Energieversorgung. In diesem Beitrag soll es um die Integration der Mobilität gehen. Für die Chemie heißt das, nachhaltige Alternativen zu einer rein elektrischen Fahrw eise zu entw ickeln. Summary Considering the reduction of greenhouse gas paramount target of “Energiew ende” all sectors of the energy system are to be crosslinked. How ever, interlinkage w ill only be possible by converting primary electricity into material energy carriers. We are “storing” this electricity in order to make it available to other applications and so achieve the target of sector integration into sustainable energy supply. This article deals w ith the integration of mobility. For chemistry that means to develop sustainable alternatives to pure electrical driving. Die Ausgliederung nuklearer Energie aus dem Mix in der Stromerzeugung ist für Deutschland gesetzlich geregelt. Die Energiew ende ist zu kurz gedacht, w enn man glaubt, dass es nun vor allem um den Ersatz fossiler Kraftw erke durch W indkraft und Photovoltaik geht. Dieser Prozess ist unbedingt erforderlich, bew irkt für sich alleine jedoch w enig, w enn man die Reduktion der Treibhausgase als oberstes Ziel der Enragiew ende bestimmt. Dies können w ir derzeit in unserem Land sehr gut beobachten. W ir haben einen Anteil von 30% erneuerbarer Energie an der Bruttostromerzeugung erreicht, sehen aber keine nennensw erte Verminderung der Treibhausgasemission. Ein Grund dafür sind die komplexen Zusammenhänge zw ischen Stromgew innung, seiner Anw endung und der Emission von Treibhausgasen. W ir w issen heute, dass es zw ingend ist, alle Sektoren des Energiesystems zu vernetzten und in die Reduktion der Treibhausgase mit einzubinden. Die Sektoren sind Strom, Mobilität, W ärme, Industrieproduktion und die Grundstoffindustrie. Die Verbindung kann nur geschehen w enn w ir primäre Elektrizität in stoffliche Energieträger verw andeln können. Damit „speichern“ w ir diese Elektrizität, allerdings nicht vorrangig um sie w ieder zu verstromen, sondern um sie anderen Anw endungen zugänglich zu machen. Damit erreicht man das Ziel der Sektorenintegration in eine nachhaltige Energieversorgung. In © 2017 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 1/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung diesem Beitrag soll es um die Integration der Mobilität gehen. Gründe sind neben der größten Treibhausgasemission aus einer einzigen Primärenergiequelle (Öl) auch die Diskussion um die Elektromobilität und die Fragen zur Luftreinhaltung, die mit der Debatte um Grenzw erte entstand. Für die Chemie ergibt sich hier die Aufgabe Alternativen zu einer rein elektrischen Fahrw eise zu entw ickeln, die nachhaltig sind, die möglichst CO 2 verbrauchen, die kompatible mit den vorhanden Technologien und Infrastrukturen sind und die zur Verw endung w esentlicher Anteile von erneuerbarer Energie beitragen. Schließlich sollten w ir keine Stoffe einsetzten, die sehr selten sind oder die zu Problemabfällen im Lebenszyklus einer solchen sehr großvolumig anzuw endenden Technologie führen. Die Chemie könnte darüber hinaus fundamentale Anstöße zur Entw icklung einer ökologischen Mobilität in einem nachhaltigen Energiesystem leisten. Dabei sind alle bisherigen Arbeitsrichtungen der Chemie in Metallurgie, Materialforschung, Kolloidforschung und Katalyse für die Mobilität w eiterhin erforderlich. Die Chemie könnte jedoch zusätzlich die Fortentw icklung von Verbrennungsmotoren grundlegend voranbringen. Hält man sich vor Augen, dass die Aggregattechnik eines Verbrennungsmotors in vielfältiger Weise entw ickelt w urde, der verw endete Kraftstoff sich zw ar in seiner Zusammensetzung, nicht aber in seinen Spezifikationen verändert hat, so erkennt man das Potenzial aus einer gegenseitigen Optimierung von Verbrennungsaggregat und Kraftstoff. Diese Überlegung w urde bereits früher angestellt, fand aber nur w enig Resonanz. Die Entw icklungslinien unter dem Eindruck der gegenw ärtigen Diskussion decken sich nicht mit der bisherigen Richtung hin zu einer maximalen Energiedichte, die nur für w enige Hochleistungsanw endungen kritisch ist (Flugzeuge, Rennw agen), nicht aber für die Massenanw endung. Dort w äre vielmehr eine optimale Verbrennung mit minimalen Emissionen w esentlich. Ein neuer „Designer“-Kraftstoff sollte möglichst geringe regulierte Emissionen und am Besten keinerlei Partikelemissionen mehr aufw eisen. Damit w ürden Abgasbehandlungen w esentlich vereinfacht. Um dies zu erreichen, sollte ein neuer Kraftstoff aus möglichst gleichartig verbrennenden Molekülen bestehen. Weiterhin sollte der Mechanismus der Verbrennung so gestaltet sein, dass möglichst w enig Kohlestoffradikale und deren Kondensationsprodukte auftreten. Schließlich sollte der Kraftstoff nachhaltig produziert w erden können. Sauerstoffhaltige Moleküle aus der Aufarbeitung von Cellulose (Biomasse) kommen dafür grundsätzlich in Frage. Bioethanol ist ein seit Langem benutzter Kraftstoff. Auch Methanol und Dimethylether sind Kraftstoffe im Versuchsstadium [1]. Diese Alternativen haben derzeit entw eder Probleme mit der kostengünstigen Herstellung in den benötigten Mengen und/oder sie haben nicht optimale Eigenschaften in der Emissionsminderung. In jedem Fall liegen in der Weiterentw icklung dieser Ansätze noch erhebliche Chancen. Leider scheint das Interesse der anw endenden Industrie hier sehr zurückhaltend zu sein, w enn man die Forschungsintensität für derartige Ansätze mit derjenigen zu Bioethanol oder zur aggregattechnischen Optimierung von Verbrennungsmotoren vergleicht. Betrachtet man die Erkenntnisse zur Verbrennung kleiner Moleküle, die Sauerstoff enthalten unter motorrelevanten Bedingungen, so w ird klar, dass C1 Bausteine eine gute Wahl sein sollten, da diese keine Reaktionsw ege zu Molekülen enthalten, die zu Partikeln führen können. Zudem sind derartige Moleküle gut [2] durch Hydrierung von CO 2 mit grünem Wasserstoff und Methanol als Zw ischenprodukt [3] zugänglich. Eine Familie von Molekülen mit hervorragenden Kraftstoffeigenschaften sind die Oxymethylenether (OME): CH3 -O-(CH2 O)n -CH3 n = 1–7 Sie verbrennen in Dieselmotoren ohne Partikelbildung und mit sehr geringen NOx-Emissionen. Auch als Gemisch mit Dieselkraftstoff können sie emissionsmindernd [4] eingesetzt w erden. Ihre Synthese gelingt gut, w enn w asserarme Quellen von Methanol und Formaldehyd als Edukte verfügbar sind. Eine Kraftstoffchemie © 2017 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 2/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung neuer Art setzt nicht auf die Veredelung von fossilem Öl oder Gas, sondern stellt aus Biomasse und/oder CO 2 sow ie „grünem“ Wasserstoff aus Elektrolyse, photochemischer Wasserspaltung oder Biomassereformierung Kraftstoffe bereit. Die riesige Dimension einer derartigen synthetischen Kraftstofferzeugung w ird augenfällig, w enn w ir uns GTL (gas-to-liquid) Anlagen vor Augen halten. Um derartige Prozesse möglich zu machen, hat die Chemie noch vielfältige Aufgaben von der Grundlagenforschung in der Chemo- und Elektrokatalyse bis hin zur chemischen Verfahrensentw icklung zu leisten. Jedes Glied einer derartigen Produktionskette von der Wasserstofferzeugung über die Reinigung der Kohlenstoffquellen zur Synthese von Zw ischenprodukten bis hin zur Gew innung eines hochqualitativen Endproduktes ist derzeit noch w eit entfernt von kostengünstigen und nachhaltigen Großprozessen. Energieversorgung eines Zudem Landes ist die systemisch Einbindung eine erhebliche solcher Verfahren in Herausforderung, da die nachhaltige grüner Strom in vergleichbaren Mengen, w ie für alle industriellen Anw endungen zusammen, zusätzlich benötigt w ird. Die Chancen einer nachhaltigen klimaneutralen Mobilität, die ohne Aufbau neuer Infrastrukturen auskommt, keine Kraftstoffe mehr importieren muss, CO 2 -Emissionen reduzieren kann und die das enorme W issen über Antriebsstränge mit Verbrennungsmotoren w eiter nutzt, sollte dennoch Antrieb genug sein, hier intensiv tätig zu w erden. Kritiken eines derartigen Lösungsansatzes bringen vor, dass die Prozesse der Kraftstoffsynthese ineffizient gegenüber der Verw endung fossiler Kraftstoffe seien. Zudem seien sie ineffizient als Energiespeicher und nicht CO 2 -frei gegenüber einer reinen Wasserstofftechnologie oder einem batterieelektrischen Konzept. Weiter w ird angeführt, dass moderne Fahrzeugkonzepte mit teilw eiser oder vollständig autonomer Steuerung de facto einen elektrischen Antriebsstrang voraussetzen und Verbrennungsmotoren mit w elchem Kraftstoff auch immer eine veraltete Basistechnologie darstellten. A bb. 1: Spe iche rdichte n e inige r flüssige r Kra ftstoffe [5]. © Forschungsve re inigung Ve rbre nnungsk ra ftm a schine n e . V. In Abbildung 1 w ird die Energiespeicherdichte einiger flüssiger Kraftstoffe pro Liter Volumen verglichen. Man erkennt, dass in der Tat der Einbau von Sauerstoffatomen in die Molekülstruktur zu deutlichen Einbußen in der Speicherdichte führt, diese aber immer noch hoch genug für praktische Anw endungen ist. Zu den Effizienzargumenten sei angeführt, dass jeder Vergleich fossiler mit nachhaltig hergestellten Energieträgern nicht zw eckdienlich ist, da fossile Energieträger die Speicherung von Energie ohne menschliches Zutun erreicht haben. Richtig ist, dass jegliche Verw endung von CO 2 einen inhärenten Nachteil dadurch hat, dass immer Wasser als unerw ünschtes, aber kinetisch notw endiges Koppelprodukt neben dem gew ünschten Speichermolekül entstehen muss und dabei w ertvoller Wasserstoff atomökonomisch gesehen verschw endet w ird. Für 4.343 kJ Energie, die man in die Wasserspaltung (idealisiert) einsetzten muss, erhält man 2.718 kJ Antriebsenergie [5] aus einem Molekül OME 3 zurück. Mit dieser Effizienz w ären w ir nicht sow eit © 2017 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 3/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung entfernt von der energetischen Effizienz der Erzeugung von Kraftstoff auf rein fossiler Basis, die bei etw a 70% liegt. Bei der Bew ertung solcher Schätzzahlen ist große Vorsicht geboten, da sehr viele Einzelw erte hier eingehen, die nicht immer exakt ermittelbar sind und damit zu einer erheblichen Gesamtunsicherheit führen. Die geringere Effizienz des nachhaltigen Prozesses w ürde teilw eise ausgeglichen, w enn die Energiespeicherung in CO 2 zunächst durch Biomasse geschieht, die w ir anschließend veredeln. Dies kann auf sehr vielen Wegen geschehen, die aber alle noch erheblicher Forschung bedürfen. Beim derzeitigen Stand sollte man technologieoffen mehrere Wege w eiter intensiv betrachten und bis zu einer Prozesskette verfahrenstechnisch als Demonstrationsanlage entw ickeln. Dies umfasst nicht nur den OME-Prozess, sondern auch alternative Kraftstoffe [6] mit anderen Eigenschaftsprofilen, w ie etw a hohe Energiedichte. Erst nach Abschluss einer solchen Erprobung kann sicher entschieden w erden, w elche Vorteile für w elchen Kraftstoff sprechen und w ie sich Biomasse gegenüber einer Direktverw endung von CO 2 aus unvermeidlichen Punktquellen (Metallurgie, Zement, Glas, Regelkraftw erke) vergleicht. Effizienz sollte immer systemisch und nicht nur auf das Element „Mobilität“ alleine bezogen gedacht w erden. Betrachtet man diese Argumente und verbindet sie mit den sich abzeichnenden Fortschritten bei elektrischen Antriebssträngen, so könnte sich parallel zur Nutzung von heutigen Fahrzeugen mit Designer-Kraftstoffen eine multi-funktionale Antriebsplattform entw ickeln, die zeitlich gestaffelt und regional angepasst mit allen Formen erneuerbarer Energie umgehen kann und trotzdem keine neuen Infrastrukturen benötigt. Zudem könnte diese Plattform die zukünftigen intelligenten Steuerungssysteme mit integrieren. Grundlage w äre ein elektrischer Antriebsstrang [7] mit einer stabilen kostengünstigen und sicheren Batterie, die für mittlere Reichw eiten ausreicht. Sie w ürde elektrisches Fahren bis etw a 100 km Entfernung, die Rekuperation der Bremsenergie (kein Bremsabrieb als Feinstaub mehr) und die Nutzung von grünem Strom durch Aufladung an einfachen Ladestrukturen ermöglichen. Diese Basisversion kann sodann mit Ergänzungslösungen aus einem Baukasten aufgestockt w erden. Diese sind w eitere Batteriemodule, eine Brennstoffzelle oder ein speziell entw ickelter Verbrennungsmotor der mit Designer-Kraftstoff betrieben w ird. Solch ein Wandler von chemischer in elektrische Energie w ürde bei konstanten Lastbedingungen betrieben und könnte mechanisch einfach gebaut sein, da er nicht auf einer einzelnen mechanischen Kraftübertragung, sondern auf mehreren elektrischen Generatoren basiert. Ein Teil einer solchen Fahrzeugflotte könnte groß genug ausgelegt w erden, dass der motorische Generator und die Batterie nicht nur als Energiequelle für Fahren, sondern im geparkten Zustand auch als lokale Regellast in Stromnetzen mit solaren Primärgeneratoren nutzbar w äre. Mit solchen Kraftstoffen und Fahrzeugen w ürde die Einsparung fossiler Kohlenstoffatome durch den Wegfall von Erdöl erfolgen. Werden nicht biogene sondern fossile Kohlenstoffquellen aus anderen Sektoren (CO 2 aus Punktquellen) verw endet, so ist diesen Quellen die Einsparung an fossilem Erdöl zuzurechnen. Damit sei angedeutet, dass ein zu heute andersartiges regulatorisches Netzw erk gelten müsste. © 2017 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 4/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung A bb. 2: Mobilitä t in e ine m ge schlosse ne n Kre isla uf von Kohle nstoff (rote Linie n). © Fritz-Ha be r-Institut de r Ma x -P la nck -Ge se llscha ft I n Abbildung 2 ist gezeigt w ie ein solches Konzept die Idee des geschlossenen Kohlenstoffkreislaufes umsetzt. Die Mobilität muss nicht mehr „dekarbonisiert“ sondern graduell nur „defossilisiert“ w erden. Dies gelingt durch den kombinierten lokalen und zentralen Einsatz von grünem Strom. Zusätzlich zur Mobilität übernehmen geparkte Fahrzeuge Stabilisierungsaufgaben im elektrischen System; sie dienen durch ihre Batterie und die Umw andlung chemischer Energie aus den Designer-Kraftstoffen in elektrische Energie als Senken für Energiespitzen und als verteilte Stromquellen. Die Herstellung dieser Kraftstoffe w äre eine Form chemischer Energiekonversion und eine Speicherung solarer Energie. Die in Abbildung 2 dargestellte w ichtige Rolle der Biomasse als Sammler für dezentral emittiertes CO 2 könnte noch um eine Funktion als Kohlenstoffsenke erw eitert w erden. W ürde man Biomasse unter Verw endung des in ihr gespeicherten Energiegehaltes und eines Anteiles von CO 2 (der in die Synthese von Designer-Kraftstoff gehen könnte) so passivieren (etw a durch hydrothermale Kondensation), dass sie als feste Form von Kohlenstoff nicht mehr leicht biologisch abbaubar w äre, so könnte man CO 2 sequestrieren ohne mit einem Gas umgehen zu müssen. Diese Idee ist nicht neu, bedarf aber noch erheblicher chemischer und ökologischer Forschung, um den Kohlenstoff dauerhaft zu fixieren und nicht zusätzliche Energie dafür aufw enden zu müssen. Zudem benötigen w ir Prozesse, w elche die in der Biomasse enthaltenen Nähr- und Mineralstoffe in den Boden zurückführen um w irklich nachhaltig zu arbeiten. Ein Vorteil gegenüber dem viel diskutierten CCSVerfahren (CCS: Carbon Capture and Storage), das auf CO 2 beruht, w äre ein Feststoff als Lagerform. Dieser ist w esentlich besser in seiner Wechselw irkung mit der Umw elt kontrollierbar als das Gas CO 2 und er könnte für Inspektion oder eventuelle spätere W eiterverw endung zugänglich bleiben. Von dem global entstehenden jährlichen Zuw achs an Biomasse (ca. 5·10 1 0 t C/a [8]) muss ein w esentlicher Teil im System bleiben, w ir müssen uns alle ernähren und nur der Rest davon könnte für energetische Zw ecke oder als Betriebsstoff für „sub-zero Emission“ Programme genutzt w erden. Gleichw ohl kann solch ein Ansatz einen erkennbaren Beitrag zur Reduktion des Zuw achses an CO 2 in der Atmosphäre leisten. Die Erde beherbergt etw a 4,1·10 7 km2 Wald. Um die Nutzung für technische Zw ecke und die Ökostabilität nicht zu gefährden nehmen w ir an, dass w ir 25% der Waldfläche für die Ernte des jährlichen Zuw achses an Biomasse nutzen könnten (Dies w ären vor allem W älder in den nördlichen Breiten in USA, Kanada und vor allem Russland). In diesen Breiten beträgt der Biomassezuw achs etw a 4·10 2 t C/a km2 [8]. Damit könnten etw a © 2017 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 5/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung 4·10 9 t C/a geerntet w erden. Selbst w enn man unvermeidliche Emissionen bei der Umw andlung in biostabile Formen von Kohlenstoff mit ca. 10% annimmt, könnte mithilfe der Chemie ein in etw a der globalen Kohlenstoffemission durch Mobilität vergleichbarer Betrag der Atmosphäre entzogen w erden. Die hier skizzierte Diskussion ist derzeit nicht in die Realität umsetzbar, da für alle nicht-fossilen Mobilitätsformen die nötige grüne Energie fehlt. Selbst für eine reine Elektromobilität des Umfanges der fossil betriebenen Mobilität in Deutschland w ürde man etw a die doppelte Menge an elektrischem Strom bereitstellen müssen, die heute erzeugt w ird. Vergleicht man dies mit dem Ziel der Bundesregierung den Primäreinsatz von Energie zu halbieren, so erkennt man schnell den W iderspruch. Das größte w issenschaftliche Hindernis auf dem Weg in eine ökologische Mobilität ist allerdings das Fehlen einer robusten Technologie für die Erzeugung von grünem Wasserstoff. Dabei ist zu beachten, dass sich heute Elektrolyseverfahren nicht für den Betrieb mit schnell w echselnden Stromflüssen aus EE Quellen eignen oder sich – w ie bei dem PEM-Verfahren – noch nicht kostengünstig auf die entsprechende Größe jenseits von Demonstratoren skalieren lassen. In der PEM- (Polymer-Elektrolyt-Membran) Technologie, die einen sauren Elektrolyten voraussetzt, kommt für die chemisch kritische Reaktion der Sauerstoffoxidation (OER) als Elektrokatalysator IrO 2 zum Einsatz. Dieses extrem seltene Element dürfte bei der Skalierung der Technologie zu einem großen Problem w erden, auch w enn man mit geringen Aufw andmengen pro Fläche Elektrokatalysator (ca. 50 Mikrogramm pro cm2 ) auskommen könnte. Daher sucht man w eltw eit nach Ersatzstoffen. Das Fritz-Haber-Institut (FHI) der MaxPlanck-Gesellschaft ist hier mit fundamentalen Ansätzen eingebunden. Einmal arbeiten w ir im Projekt MANGAN des BMBF mit. Hier versuchen 21 Teams in Deutschland aufgrund einer einheitlichen Messstrategie eine Bew ertung vorzunehmen, ob das Element Mangan in seinen Verbindungen für diese Anw endung geeignet ist. Dieses Element w urde gew ählt, w eil es in der Natur die Aufgabe der Sauerstoffoxidation in der Photosynthese als Oxokomplex übernimmt. Allerdings verhindert die notw endige, extrem komplexe Umgebung des aktiven Clusters im Enzym einen direkten „Nachbau“ dieses Katalysators. Es zeigt sich, dass w ir in der Tat Chancen haben, mit geeignet verarbeiteten Oxiden, zu technischen Elektroden zu gelangen. Leider arbeiten die nicht in PEM-Zellen, da sie bisher nur in alkalischer Lösung stabil sind. Innerhalb der Max-Planck-Gesellschaft existiert das Forschungsnetzw erk MAXNET ENERGY in dem w ir unter anderem die Funktion technischer IrO 2 -Elektroden studieren. Dabei lernten w ir, dass es nicht möglich ist, die Elektroden mit beliebig reduzierter Beladung des w ertvollen Elementes herzustellen, da die einzelnen Nanoteilchen untereinander Kontakt halten müssen, um stabil arbeiten zu können. Das Netzw erk befasst sich darüber hinaus mit der Entw icklung völlig andersartiger Elektrodenmaterialien, die nicht auf Metallen, sondern auf polymeren Formen des Kohlenstoffs beruhen. Auch hier gibt es erste Erfolge, aber von einem Ersatz des IrO 2 in saurer Lösung sind w ir offenbar noch w eit entfernt, w enn w ir Stabilität und Produktivität der Elektrode im Vergleich zum „Goldstandard“ IrO 2 betrachten. Im Projekt ECOLYZER das vom BMW I gefördert w urde gelang es unserer Gruppe eine Mischung von IrO 2 mit einem Antimon-Zinn-Oxid herzustellen. In dieser sind nur 30% des Iridiums enthalten, die man für eine herkömmliche Elektrode benötigt. Dennoch ist die Elektrode stabil und etw a 4 mal leitungsfähiger, als die gleiche Menge reines IrO 2 . Dieses Ergebnis w urde in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Jülich, das die Messungen zur W irksamkeit übernahm, erzielt und w ird derzeit patentiert. In Zusammenarbeit mit der TU Berlin [9] untersuchen w ird derzeit w eitere Strategien, um das Element Iridium w eiter zu verdünnen, ohne die hervorragenden Elektrodeneigenschaften zu verlieren. Zentral für die mehr phänomenologischen Arbeiten ist das Verständnis der Funktion des IrO 2 . Dazu muss © 2017 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 6/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung zuerst die chemische Konstitution des Materials unter Reaktionsbedingungen bekannt sein. Diese Aufgabe beschäftigte einen erheblichen Teil der Abteilung in den vergangenen Jahren. Durch den Einsatz speziell dafür entw ickelter in-situ Verfahren, die w ir am Synchrotron BESSY des Helmholtz-Zentrum Berlin durchführen, konnten w ir w esentliche Ergebnisse zur elektronischen Struktur der arbeitenden IrO x -Elektrode erzielen. Mittels chemischer Elektronenmikroskopie gelang eine Strukturaufklärung der aktiven Phase, die mit konventionellen Verfahren sehr erschw ert ist, da das aktive Material „röntgenamorph“ ist. Grundlage dieser Analyse ist eine sorgfältige Vermessung des kristallinen IrO 2 als Referenz, die sich ihrerseits auf Iridium-Metall zurückbeziehen lässt. Dies gelingt schon nicht einfach für die Kristallstruktur. Kommerzielle Proben von IrO 2 sind entw eder ebenfalls röntgenamorph oder bestehen aus einem Gemisch von Iridium-Metall und der Zielphase Rutil IrO 2 . Die Ursache dafür konnten w ir aufklären. Sie liegt in der Stabilität des Ausgangsstoffes für die Oxidsynthese, einem Chlorokomplex des Iridiums. Entfernt man das Chlorid aus der Struktur, so bildet sich nicht nur ein Gemisch aus Komplexen mit Wasser, OH und O als Liganden, sondern es findet gleichzeitig eine Reduktion des vierw ertigen Ausgangsstoffes mit Hydroxid in dreiw ertige Produkte statt, die statt tiefblau gelblich gefärbt sind. Die Tatsache, dass die Ausgangsverbindung zum Elektrokatalysator schon spontan Wasser spaltet w eist darauf hin, dass es sich hier um einen für die geplante Anw endung sehr potenten Stoff handeln muss. 2 Ir(Cl)6 2– + 2 OH– → (1) 2 Ir(Cl)6 3– + 0,5 O 2 + H2 O Die Konstitution der resultierenden ungeordneten Verbindungen w urde mittels RAMAN Spektroskopie und thermischer Analyse geklärt. Daraus w urde eine Rezeptur entw ickelt, um durch thermische Behandlung dieses Produkt in phasenreines IrO 2 mit Rutilstruktur zu überführen. Damit konnten die gew ünschten Referenzexperimente durchgeführt w erden. Diese betrafen einmal die Bestimmung der lokalen geometrischen Struktur mit der Methode der elektronenkristallographischen Paar-Korrelation-Funktionsanalyse, w elche die Strukturbestimmung auch sehr kleiner röntgenamorpher Objekte zulässt. Weiterhin w urde die Photoemission zur Bestimmung der Oxidationszustände des Iridiums und zur Analyse des reaktiven Sauerstoffes in Verbindung mit O-K Kanten Röntgenabsorption eingesetzt. Durch eine langjährige Entw icklung in unserer Abteilung sind w ir in der Lage diese Methoden nicht nur statisch für Referenzmessungen, sondern auch dynamisch [10] für Experimente w ährend der Wasserspaltung einzusetzen. Experimente mittels Schw ingungsspektroskopie und theoretische Modellrechnungen ergänzten die Strukturanalyse. Die Referenzexperimente zeigten ein sehr ungew öhnliches spektroskopisches Verhalten von Iridium. Bedingt durch eine seltene Kombination von Relaxationseffekten in der Photoemission fanden w ir, dass IrO 2 ein komplexes Spektrum mit diffusen und diskreten Energieverlusten aufw eist und durch 6 Linien mit sehr unterschiedlichen Profilen anstatt den erw arteten 2 Linien im Ir 4f Spektrum zu beschreiben ist. Zudem ist der dreiw ertige Zustand relativ zum vierw ertigen Zustand zu höheren Bindungsenergien anstatt zu tieferen Bindungsenergien verschoben. Dies erklärt die chemisch nicht haltbaren Erklärungsversuche in der Literatur [9], die fünfw ertige Zustände postulieren, w elche aber in Wasser keinesfalls existieren und nur als Fluorokomplexe in der Gasphase oder als Dotierspezies in komplexen Oxiden bekannt sind. © 2017 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 7/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung A bb. 3: (a ) Ir 4f XP S-Spe k trum e ine s hocha k tive n IrO (O H)·H 2O y Ka ta lysa tors ohne P ote nzia l a nzule ge n. Die rote n und ge lbe n Linie n ge höre n zu vie rwe rtige m Ir, die bla ue n Linie n zu dre iwe rtige m Ir. Die Anre gungse ne rgie be trug 200 e V. (b) Mode ll de r O x yl-Spe zie s. O be n Struk tur, unte n Form de s höchste n be se tzte n Mole k ülorbita ls. Viole tt Ir, rot Sa ue rstoff, bla u W a sse rstoff. © Fritz-Ha be r-Institut de r Ma x -P la nck -Ge se llscha ft Abbildung 3(a) zeigt ein Spektrum eines von uns hergestellten hochaktiven Iridiumoxides. Es handelt sich um ein bei höchster Auflösung am Synchrotron BESSY gemessenes Spektrum, bei dem durch die Verw endung geringer Strahlintensitäten sorgfältig die Beschädigung der Proben durch die Röntgenbestrahlung unterbunden w urde. Vermisst man diese Spektren bei einer Reihe von Proben die mit unterschiedlichen Mengen von Base nach Gleichung (1) hergestellt w erden und die dadurch unterschiedlich aktiv sind obgleich sie chemisch die gleiche Zusammensetzung aufw eisen, so erkennt man, dass sich auch das Ir 4f Spektrum nicht verändert. Die elektrokatalytische Aktivität ist somit keine Eigenschaft des IrO 2 als Phase und w ird auch nicht von der exakten Oxidationsstufe, die ein Gemisch aus drei- und vierw ertigem Iridium anzeigt, gesteuert. Ersetzt man die massive Probe, die für Abbildung 3(b) verw endet w urde, durch eine Anordnung von 5 nm kleinen IrO 2 -Nanoteilchen auf Graphen, so erhält man ein Spektrum das praktisch nur dreiw ertige Spezies anzeigt. Die eigentliche Ursache der katalytischen Aktivität liegt im unvollständigen Ablauf der Synthesereaktion, bei der nicht aller Sauerstoff nach Gleichung (1) freigesetzt w ird, sondern einige Sauerstoffatome als Oxyl-Spezies (O –1* ) im Feststoff verbleiben. Diese Spezies ist Teil der aktiven Zentren und vermag mit OH – unter Freisetzung von Protonen und Elektronen zu Sauerstoff zu reagieren. O –1* + OH– → (2) O 2 + H+ + e – Abbildung 3(b) zeigt ein molekulares Bild der Spezies, das in Kooperation mit M. van Gastel aus der AG Neese am Max-Planck-Institut für chemische Energiekonversion (MPI CEC) entstanden ist. Diese Spezies bildet die aktive Form von Sauerstoff, die durch das angelegte Potenzial der elektrochemischen Reaktion immer w ieder aus Hydroxo-Liganden des Oxyd-Hydrates nachgebildet w ird. Man versteht nun, w arum die Menge der Base bei der Synthese eine so w ichtige Rolle spielt. Sie bestimmt die „Erstausstattung“ des Festkörpers mit aktiven Zentren. Umgekehrt zeigen © 2017 Max-Planck-Gesellschaft diese Resultate auch, dass w w w .mpg.de die Bildung dieser Spezies nicht der 8/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung geschw indigkeitsbestimmende Schritt der Wasserspaltung ist, da sonst die Menge dieser Spezies mit der Aktivität abnehmen und nicht, w ie gefunden, zunehmen müsste. Eher ist Reaktion (2) für die Kinetik der W asserspaltung verantw ortlich. Mittels der in-situ Spektroskopie am Synchrotron und in Übereinstimmung mit den in-situ RAMAN Experimenten findet man dass eine w asserhaltige Form von Iridiumoxid der ungefähren Zusammensetzung IrO(OH)x ·nH2 O die aktive Form ist. Es handelt sich um ein hauptsächlich dreiw ertiges Oxid, w obei der vierw ertige Restanteil dem Volumenanteil der Probe die langsam in vierw ertiges IrO(OH) 2 übergeht, zugeordnet w ird. Diese Erkenntnis, die uns zu einem Patent über hochaktive Kontaktmassen verholfen hat, kann nun zu zw ei w issenschaftlichen Aktivitäten w eiterentw ickelt w erden. Einmal kann man nun w esentlich präziser als bisher Überlegungen und mechanistische Berechnungen zum genauen Ablauf der Wasserspaltung durchführen. Dazu ist ein geometrisches Strukturmodell sehr nützlich, das w ir mittels der Elektronenmikroskopie erlangen konnten. Zum anderen kann man nun nach w eiteren Verbindungen im Periodensystem suchen, die ebenfalls in der Lage sind, in Anw esenheit eines oxidierenden Potenzials und nach Ausbildung einer nichtstöchiometrischen Startverbindung eine Oxyl-Spezies als aktives Zentrum zu erzeugen. Dies kann man experimentell durch Synthese und Spektroskopie tun, aber man kann das Oxyl-Motiv auch zur theoretischen Vorhersage geeigneter Verbindungen nutzen. In diese Richtung w ird die zukünftige Arbeit an dieser Fragestellung gehen. Aus Abbildung 3(a) geht hervor, dass die Geometrie des aktiven Zentrums um das Oxyl aus drei Oktaedern mit Iridium im Zentrum besteht, die in einer verzerrten Form zueinander angeordnet sind. Diese Verzerrung stammt von den unterschiedlichen Liganden Wasser, Hydroxid, Oxyl und Oxid. Solch eine verzerrte Umgebung passt sehr schw er zu einer regelmäßigen Kristallstruktur eines Festkörpers und erklärt, w arum die aktive Form des Iridiumoxides röntgenamorph ist. Nur so kann sich eine erhebliche Konzentration solcher Fragmente, w ie in Abbildung 3(b) gezeigt, ausbilden. © 2017 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 9/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung A bb. 4: HAADF STEM Abbildunge n a k tive r Iridium ox ydhydra te . (a ) C luste r, de r a uf e ine m Kohle nstoffna noröhrche n ge trä ge rt ist, (b) C luste r, de r a uf k rista lline m IrO 2 ge trä ge rt ist. Die Trä ge r sind je we ils nicht zu se he n. Je de r he lle P unk t e ntspricht de r P roje k tion e ine r R e ihe von Ir-ha ltige n O k ta e de rn. © Fritz-Ha be r-Institut de r Ma x -P la nck -Ge se llscha ft Die räumliche Anordnung dieser Fragmente ist nun aber beileibe nicht ungeordnet. Dies w ürde den Transport von Strom durch Beobachtung, die solch ein ebenfalls System sehr erschw eren. Mittels w ie zu Abbildung 3(a) ausgefeilter elektronenmikroskopischer beschrieben, unbedingt die Beschädigung der w asserhaltigen Systeme durch den Elektronenstrahl (Abb. 4(a), Einschub) vermeiden musste, konnte die Anordnung im Mittel experimentell bestimmt w erden. Die Bilder und die dabei gew onnen Strukturinformationen aus Beugungsexperimenten zeigen, dass sich diese Fragmente zu kanalartigen Strukturen des Motives der © 2017 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 10/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung Hollanditstruktur zusammenlagern, ohne dessen lang-reichw eitige Ordnung anzunehmen. Der Bildeinschub in Abbildung 4(b) gibt eine experimentelle Vorstellung w ie sich 4 Einheiten der Abbildung 3(b) zusammenlagern und einen Hohlraum bilden, der gefüllt ist. Dabei kann es sich um einen Iridium-oxo-Oktaeder handeln oder um ein Fremdatom, das vorzugsw eise aus dem Elektrolyten stammt. Kalium oder andere Alkalimetalle w ären geeignete Zentralatome. Sie könnten auch aus der Synthese (der Base) stammen. Entsprechende Versuche, diese Frage experimentell zu klären und eventuell dadurch größere Mengen und stabilere Anordnungen zu erzielen, w erden derzeit angestellt. Dieser kurze Einblick in die analytische und synthetische Arbeit der Abteilung soll zeigen, dass die Herausforderungen an die Materialw issenschaft für Funktionsmaterialien in der Energiew ende sehr anspruchsvoll sind und w ir noch deutlich zu w enig genau die Konstitution aktiver Materialien verstehen. Daher ist eine phänomenologisch getragene Weiterentw icklung nicht zielführend, w enn es um das Erreichen des bestmöglichen Materials unter den vielen oben genannten Randbedingungen geht. Die Abteilung trägt dazu bei, methodisch und durch konkrete Ergebnisse den Mangel an Grundlagenw issen zu verringern. W ir nutzen diesen Zuw achs an Einsicht, um in den oben angegebenen Projekten rational begründete W eiterentw icklungen von Elektroden zur OER-Reaktion voranzutreiben. Verfügen w ir über genügend günstigen grünen Wasserstoff, so kann die Chemie w ichtige Impulse in die Diskussion um Antriebsstränge für die Mobilität einbringen, w elche die teilw eise extremen Forderungen, die nicht hilfreich für eine systemisch nachhaltige Energiew ende sind, abmildern. Keinesfalls soll diese Arbeit als ein Plädoyer für ein „w eiter so“ mit fossilen Kraftstoffen verstanden w erden, selbst w enn die oben aufgezeigten Optionen für ihre globale Umsetzung noch viele Jahre benötigen, die w ir eigentlich nicht mehr haben. W ürde die Option ernst genommen w erden, mittels Designer-Kraftstoffen lokale und klimarelevante Emissionen zu reduzieren, so könnten w ir sehr schnell einen w irksamen Beitrag der Mobilität zur Reduktion von Treibhausgasen erw arten. Mittels solcher Kraftstoffe könnten sow ohl die existierenden Antriebstechnologien w eiter genutzt und optimiert w erden, als auch ein neues Plattformkonzept in die globale Nutzung eigeführt w erden, ohne dass für den Endnutzer Technologiebrüche mit ihren ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen entstünden. Zudem w ürde man mit einer einheitlichen Strategie und den resultierenden ökonomischen Vorteilen der Herausforderung begegnen, die sich aus den global sehr unterschiedlichen Anforderungen an Mobilitätskonzepte ergeben. Schließlich w ürde im Rahmen des systemischen Umbaus der Energieversorgung für das Element „Mobilität“ ein Kreislauf des Kohlenstoffes etabliert und ein Beitrag zur Reduktion des emittierten CO 2 geleistet w erden, der nicht nur auf Dekarbonisierung beruht. In diese Aufgabenfelder sind soziale und ökonomische Aspekte von Anfang an mit einzubeziehen, damit deren Lösungen später gesellschaftliche Akzeptanz finden können. Die mittelfristigen Verluste von Arbeitsfeldern der Chemie, die sich mit fossilen flüssigen Energieträgern befassen, könnten dabei mehr als w ettgemacht w erden. So w ürde die Chemie zu einem Wegbereiter einer systemischen Energiew ende, die nicht von Kraftw erken und elektrischer Energie sondern von der Umgestaltung der Mobilität ausgeht. Danksagung Der Autor dankt allen Mitgliedern der Abteilung „Anorganische Chemie“ am FHI Berlin und am MPI CEC in Mülheim für ihre hervorragende Arbeit. Besonders gilt dies für „Das Iridium Team“, das unter der Leitung von A. Knop Gericke. V. Pfeifer, J. Velasco-Velez, R. Arrigo, C. Massue, T. Jones, E. W illinger, Ch. Ranjan und M. Scherzer arbeitet, und mit großem Enthusiasmus an den hier skizzierten Fragestellungen arbeitet. Ein besonderer Dank gilt auch den technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternn und den Mitarbeiterinnen und © 2017 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 11/13 Jahrbuch 2016/2017 | Schlögl, Robert | Energiew ende 2.0: Zur Rolle der chemischen Forschung Mitarbeitern der Werkstätten des FHI für die Unterstützung dieser Arbeiten, die ohne sie gar nicht möglich gew orden w ären. Literaturhinweise [1] Chang, W.-R.; Hwang, J.-J.; Wu, W. Environmental impact and sustainability study on biofuels for transportation applications Renew able and Sustainable Energy Review s 67, 277-288 (2017) [2] Lunkenbein, T.; Girgsdies, F.; Kandemir, T.; Thomas, N.; Behrens, M.; Schlögl, R.; Frei, E. 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