Auf dem Monde wars Nacht. Und die dicke Luft war ganz still. Und die Goldkäfer saßen auf den dunklen Moosfeldern und leuchteten - so wie die Sterne am schwarzen Himmel leuchteten. Von der Erde war nur ein Viertel als Halbkreis zu sehen. Und fünf Mondmänner schwebten über den Moosfeldern und leuchteten auch aber so wie Kugeln von Phosphor. Und der Mondmann, der voranflog, wurde plötzlich so rot wie eine feurige Kohle, und da flogen die vier anderen Mondmänner an seine Seite und wurden ganz allmählich ebenfalls so rot. Durch dieses Rotwerden sagten sich die Mondleute, daß sie bereit wären, miteinander zu sprechen. Und der Mondmann, der zuerst rot wurde, sprach jetzt langsam und nachdenklich: »Der Stern, mit dem wir leben, unser guter Mond, will ein großes Auge haben und wenns möglich wäre - schließlich ein großes Auge sein - bloß noch ein einziges Auge sein - ganz Auge sein.« Meine Damen und Herren, ich habe eine Pflicht übernommen und eine angenehme Aufgabe zu lösen. Die Pflicht besteht darin, Sie alle herzlich im Auftrag des bbk Bergischland zur Eröffnung der Ausstellung „Die Rückseite des Mondes - Inszenierungen zu Land und Wasser“ hier auf Schloss Lüntenbeck zu begrüßen, Ihnen die Künstlerinnen und Künstler sowie das Programm der Ausstellung vorzustellen. Die angenehme Aufgabe umfasst eine Einführung in die Ausstellung. Damit es Ihnen nicht zu langweilig wird, habe ich die Texte mit Zitaten aus der Mondliteratur aufgelockert. Als erstes hörten sie den Anfang aus dem Mondroman: Paul Scheerbart, Die große Revolution, Ein Mondroman, 1902 1 Da scholl Undinens anmutige Stimme durch das Getöse hin, der Mond trat aus den Wolken, und mit ihm ward Undine auf den Höhen des Talgrundes sichtbar. Sie schalt, sie drohte in die Fluten hinab, die drohende Turmeswoge verschwand murrend und murmelnd, leise rannen die Wasser im Mondglanze dahin, und wie eine weiße Taube sah man Undinen von der Höhe hinabtauchen Friedrich de la Motte Fouqué: Undine, 1811 Der Bundsverband Bildender Künstler (Bergischland) stellt Werke von insgesamt 23 Künstler und -gruppen aus. Davon kommen 20 Künstler/innen aus dem Bergischen Land und dem Umland sowie 3 Künstler/innen aus den Niederlanden, Großbritannien und USA. 27 Personen und Gruppen hatten ihre Bewerbungen eingereicht. Die Jury bestand aus Toni Barb., Künstlerin, Wuppertal, Giesela Schmoeckl M.A., Kunstkritikerin, Remscheid, Dr. Vera Thiel, Museum Baden, Solingen, Georg Westerholz, Stadtsparkasse Wuppertal,. Dr. Herbert Pogt, Von der Heydt-Museum. Vergangenen Sonntag machte ich mir erste Gedanken zu meiner Einführung in die Ausstellung „Die Rückseite des Mondes“. Ich surfte im Internet, blätterte in Bildbänden zur Kunst der Romantik und suchte im Bücherregal eine Broschüre esoterischen Inhalts zu den angeblichen Kräften des Mondes. Ein Freundin hatte sie mir einst geschenkt. Geheime und geheimnisvolle Aussagen eignen sich für eine Ausstellungseröffnung immer gut. Das Büchlein fand ich nicht, die Mondscheinbilder Caspar David Friedrichs inspirierten mich auch nicht, und die Infos aus dem Netz waren viel zu umfangreich und zu trivial. Aus irgendwelchen Gründen konnte ich in der folgenden Nacht schlecht schlafen – vielleicht war der fast vollendete Vollmond die Ursache. Auf jeden Fall stand ich am Montag schon um 4:30 Uhr auf, trat auf den Balkon, um die Temperatur zu prüfen - und war fasziniert. Riesengroß hing am westlichen Horizont ein Ball, orange gelb von großer Leuchtkraft. Sekundenlang zog ich in Erwägung, die Sonne habe ihre Bahn verlassen und ginge hinter einer Dunstschicht von der faschen Seite 2 her auf. Oder hatte sich ein zweites Zentralgestirn über Nacht in unser Sonnensystem geschlichen? Wie im Zusammenhang dieser Einführung nicht anders zu erwarten handelte es sich um keine zweite Sonne sondern um den Mond, der hinter den bewaldeten Höhen Wuppertals unterging. Natürlich habe ich den Mond schon häufiger gesehen. Morgens wenn ich an der Bushaltestelle stand, um in die Elberfelder Innenstadt zu fahren, hing er meist blass und mitunter fast durchsichtig über den Giebeln der Häuser. Abends, wenn ich im Auto nach Osten fuhr, hatte ich gelegentlich den Eindruck in den tief stehenden Mond hinein zu fahren, von ihm angesaugt zu werden. Glücklicherweise schlug die A 46 dann doch noch einen Bogen und der Mond verschwand aus der Windschutzscheibe. Ich habe ihn rot aber auch knochenweiß erlebt in allen seinen Phasen. Aber ich kann mich nicht entsinnen, ihn je wie am vergangenen Montag gesehen zu haben als eine leuchtende Sonne. Das milde warme Licht drang tief und großer Friede kam über mich. Dort ist es, wo ich einst am blumichten Ufer beym Mondlicht das schönste Mädchen fand, es lag da in Blumen hingegossen, im leichten Kleid, leicht, wie die dünnesten Wolken, in die sich durchscheinend der Mond oft hüllt; eine Cither ruhte in dem sanften Schoosse, und im zarten Arm, indem die flaternde Hand Thöne aus den hellklingenden Saiten lockte, Thöne deren jeder mehr entzückte, als das ganze schöne Lied von tausend entzückenden Mädchen. Salomon Geßner, Die Nacht, (1753) Wir, die Menschen unserer urbanen Zivilisation haben den Mond verloren. Wir hocken in unseren Häusern, in Büros, Werkstätten und Silos, wir starren auf PCs und Fernsehgeräte, bedienen Geräte und Maschinen, bewegen uns in Blechbehältnissen über und unter der Erde und durch die Luft und kommunizieren via Handy und E-Mail, aber wir machen kaum noch Naturerfahrungen. Wer von Ihnen weiß, wo der Mond heute, jetzt steht? Ist er sichtbar oder wird er erst in der Dunkelheit aufsteigen? (heute, 2. Sep. 2007 geht er um 13:46 Uhr unter) Vor 200 3 Jahren war das Wissen um den Mond noch selbstverständlich, war er doch die zweitstärkste Lichtquelle am Firmament – heute macht der Städter die Nacht zum Tag, der Mond und die Sterne wurden als universale Orientierungspunkte ausgeknipst.. Dafür erfährt der Mond in anderen Bereichen bemerkenswerte Wiederbelebung - als Lebenshilfe. Werden Möhren nach dem Mondkalender von oben nach unten geschrabbt oder macht man es genau umgekehrt? Mondkalender fürs Haare schneiden und für Hexenrituale finden sich im Internet so viele, wie Sterne am Himmelszelt stehen. Hilfe fürs Leben werden sie aber wohl nur den Autoren und Verlegern bieten. Mein Sohn (sprach Geheimrat von Goethe) glaubt beim Wetter an den Einfluß des Mondes, und Sie glauben vielleicht auch daran, und ich verdenke es euch nicht, denn der Mond erscheint als ein zu bedeutendes Gestirn, als daß man ihm nicht eine entschiedene Einwirkung auf unsere Erde zuschreiben sollte; allein die Veränderung des Wetters, der höhere oder tiefere Stand des Barometers rührt nicht vom Mondwechsel her, sondern ist rein tellurisch. Johan Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, 1832 Im Folgenden zitiere ich aus der Pressemitteilung, die der bbk Bergischland herausgegeben hat. (Die Reihenfolge hat sich im Nachhinein geändert..) Bereits vor dem Schlosseingang findet der Besucher eines der 23 Exponate der diesjährigen Kunstschau auf Schloss Lüntenbeck. Ruth Velser aus Wuppertal zeigt auf dem vorderen Lüntenbecker Teich ihr Schwimmobjekt „ohne Titel“, das aus 6-7 Hula Hup-Reifen besteht, die mit beschrifteter Klarsichtfolie bespannt sind. Hier treiben Vollmonde zwischen den Schwänen, die auch an die Wasserrose Viktoria erinnern sollen. Durch den Schlosseingang blickend wird das Auge des Betrachters durch verschiedene Exponate eingefangen. Linkerhand hat die Bochumer Künstlerin Monika Ortmann ein großes Netz aus roten Fäden zwischen Bäumen und alten Feldbetten gespannt. Die Fäden verweisen auf 4 Verbindungslinien, die wir tagtäglich zwischen Momenten spinnen, Assoziationen, die auch bei der Auseinandersetzung mit der Rückseite des Mondes frei werden. Am Haus linkerhand wird sich eine Plexiglasscheibe mit einem Text von Matthias Claudius beschriftet finden. Dieses Werk stammt von der Wuppertaler Künstlerin Barbara Held. Der Mond ist aufgegangen, Die goldnen Sternlein prangen Am Himmel hell und klar; Der Wald steht schwarz und schweiget, Und aus den Wiesen steiget Der weiße Nebel wunderbar. Matthias Claudius, Abendlied, 1779, erste Strophe, die weitern folgen Auf der Rasenfläche unter der alten Linde in der Lüntenbecker Hofmitte spinnt Maria Bemelmans aus den Niederlanden (AT Doenrade) eine Reuse. Die Installation symbolisiert Luna, eine Verbindung zwischen Himmel und Erde, der Mond als Reisegefährte. Am Baum rechts vor dem Haupthaus hängen zwei Scheiben des Remscheider Künstlers Boris Meißner. Die zwei Seiten sind mit jeweils anderen Halbreliefs ausgestattet – menschliche Profile pendeln im Wind. Vor dem Haupthaus zieht die Skulptur des Wuppertaler Künstlers Martin Smida den Betrachter in ihren Bann. Eine lebensgroße geduckte Gestalt, die einen übergroßen, bunten Sonnenhut trägt – die Rückseite des Mondes ist hier die Sonne, vor der sich die Gestalt versteckt. Wie ist die Welt so stille, Und in der Dämmrung Hülle So traulich und so hold! Als eine stille Kammer, Wo ihr des Tages Jammer Verschlafen und vergessen sollt. 5 Neben dem Pächterhaus kann man ein Werk von Rolf Hucke aus Bergisch Gladbach finden, ein 3,80 Meter langer Schattenriss, der den Rasen eindrückt. Der Künstler beschäftigt sich hier mit der „Abwesenheit von Licht“ – so auch der Titel der Installation. Weiter durch, in Richtung Mühlenturm wird der Blick des Betrachters rechterhand durch eine Skulptur mit 2 Meter Durchmesser von der Wuppertaler Künstlerin Ulle Huth eingefangen. An Eisenstäben sind filigrane Drähte befestigt, in denen sich die Gedanken des Beobachters verfangen sollen, wie auch bei der Kontemplation über die Rückseite des Mondes. Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen, Und ist doch rund und schön! So sind wohl manche Sachen, Die wir getrost belachen, Weil unsre Augen sie nicht sehn. Links baut sich eine Globusscheibe der Künstlerin Bettina Ballendat aus Bergisch Gladbach auf. Das Werk misst drei Meter hoch und breit und ist mit Zeitungstexten über und über beschrieben und beklebt – ein Verweis darauf, dass die Rückseite des Mondes nur mit unserem eigenen Vorstellungsvermögen erfassbar ist - aber ob das genügt? Dahinter – ganz konkret – wird ein Objekt stehen, das wie ein Satellit anmutet. Jeden Moment kann hier ein Wesen aus dem Weltall entstehen. Michael Hoffmann aus Wuppertal hat hier das Fahrzeug für die anderen Wesen gefertigt. Wir stolze Menschenkinder Sind eitel arme Sünder Und wissen gar nicht viel; Wir spinnen Luftgespinste Und suchen viele Künste Und kommen weiter von dem Ziel. 6 Vom Baum auf der hinteren Wiese herunter wehen träge lange Pergamentpapierfahnen herunter. Die Solinger Künstlerin Duda Voivo präsentiert die Darstellung, von dem, was ist, wenn das Licht nicht mehr gebrochen werden kann. Etwas versteckt finden sich dahinter eine weitere Installationen: von Andrea Raak stammen 1,50 Meter hohe (Bohr)Stelen, die ins hohe Farn gestellt wurden – um die Rückseite des Mondes zu erforschen. Gott, laß uns dein Heil schauen, Auf nichts Vergänglichs trauen, Nicht Eitelkeit uns freun! Laß uns einfältig werden Und vor dir hier auf Erden Wie Kinder fromm und fröhlich sein! Auf dem gepflastert Hof hinter dem Lüntenbecker Schloss findet sich eine Skulptur von Anja Matzerath (Kreuzau) aus Marmor – eine Verwandlung/Verschmelzung von Hackmesser und Schädelschale, zweier Attribute der Dakini Vajnavaraki. Von Doris Hommes (Schwelm) stammt das blau leuchtende „Sternenzelt“, das zwischen Bäumen am Seeufer aufgehängt ist. Auch hier verfängt sich der Betrachter über die Rückseite des Mondes sinnierend. Wollst endlich sonder Grämen Aus dieser Welt uns nehmen Durch einen sanften Tod! Und, wenn du uns genommen, Laß uns in Himmel kommen, Du unser Herr und unser Gott! Auf dem Weg zum hinteren Teich werden sich links 3 Bewegungsmelder der Künstlerin Petra Rheinländer (Erkrath) lauthals bemerkbar machen, wenn der Kunstgenießer vorbei marschiert. 7 Der Betrachter wird aufgefordert, in die Büchsen zu schauen und wird wundersame Kaleidoskope betrachten können – die Rückseite des Mondes in großartiger Farbenpracht. Auf dem Dach der Remise ist das Werk von Erika Post aus Leverkusen zu sehen. Ihr zufolge ist auf der Rückseite des Mondes eine Brutstation! Fünf riesige Eier liegen dort und aus ihnen schlüpft unbekanntes Leben. So legt euch denn, ihr Brüder, In Gottes Namen nieder; Kalt ist der Abendhauch. Verschon uns, Gott! mit Strafen, Und laß uns ruhig schlafen! Und unsern kranken Nachbar auch! Auf dem mittleren Teich findet sich eine weitere Installation von Monika Ortmann (Bochum). Bis zu 100 blautransparente Schwimmringe werden die Seerosen umkreisen. Jeder einzelne Schwimmring ist ein Rahmen für die Spiegelung des Himmels. Ich komme zur Rückseite des Mondes Ich könnte viel von dem Klima des Mondes erzählen, von dem wunderbaren Wechsel von Wärme und Kälte, von dem unerbittlichen glühenden Sonnenschein, der stets vierzehn Tage hintereinander anhält, und der darauf folgenden vierzehntägigen mehr wie polaren Eiseskälte; könnte vieles über eine beständige Zufuhr an Feuchtigkeit durch Destillation wie in einem Vakuum von dem Punkte unter der Sonne bis zu dem am weitesten entfernten erzählen; von einer veränderlichen Zone fließenden Wassers könnte ich sprechen; dann über die Einwohner selbst – über ihre Sitten und Gewohnheiten, ihre politischen Einrichtungen, ihren besonderen Organismus, ihre Häßlichkeit, ihren Mangel an Ohren, die in einer so anderen Atmosphäre nur nutzlose Anhängsel sein würden, über das Fehlen jeglicher Sprache bei ihnen, über ihre seltsame Methode einer Innern Mitteilung, welche die Sprache vollständig ersetzt; könnte von der 8 unerklärlichen Beziehung reden, die je einen Mondbewohner mit je einem Erdenbürger verbindet – eine Beziehung, die den Bahnen des Planeten und des Satelliten analog ist, von ihnen abhängt, und mittels deren das Leben und Schicksal der Bewohner beider Sterne innig miteinander verbunden sind – und vor allem, mit Eurer Exzellenzen Erlaubnis, möchte ich über die dunklen, fürchterlichen Geheimnisse der anderen Hemisphäre des Mondes sprechen, die, dank der fast wunderbaren Übereinstimmung der Umdrehung des Satelliten um seine eigene Achse mit seiner Sternbahn um die Erde und durch Gottes Barmherzigkeit den Teleskopen der Menschen niemals zugänglich sein wird. Edgar Allan Poe, Hans Pfaalls Mondfahrt Die Rückseite bzw. die dunkle Seite des Mondes ist jene Mondseite, die der Erde abgewandt ist und von der die Menschen über die längste Zeit kein Bild hatten. Alles, was sie nie gesehen haben, nicht sehen konnten, beflügelte ihre Phantasie. Sie vermuteten etwa, dass der Mond hohl oder auf der abgewandten Seite bewohnt sei. „Die Rückseite des Mondes“ gilt als eine Metapher für das, was man nicht sehen, nicht greifen und nicht mit dem Verstand fassen kann. Diese dunkle Seite des Mondes ist natürlich nicht immer dunkel, sondern unterliegt dem entsprechend versetzten Phasenwechsel – bei Neumond liegt sie im hellen Sonnenlicht. Das alte Abendlied hat Recht: Der Mond ist stets nur "halb zu sehen". Weil er sich einmal um sich selbst dreht, während er die Erde umkreist, zeigt der Mond nie seine Rückseite. Eine Aussicht, dies zu ändern, bringt erst die Raumfahrt. Erst die sowjetische Sonde Luna 3 umkreist 1959 den Mond - und sendet am 18. Oktober die ersten Fotos von der unbekannten Rückseite. Die verwackelten, überbelichteten und unscharfen Bilder der automatischen Kamera liefern eine Sensation: Die Mondrückseite sieht völlig anders aus als sein bekanntes, uns zugewandtes Gesicht. Sie ist heller. Es fehlen die charakteristischen Spuren großer Vulkanausbrüche. Erst die späteren Mondfahrten werden die schon 1959 9 vermutete Erklärung bestätigen: Die Mondvorderseite ist durch die Erdanziehungskraft mit der Zeit abgeschliffen worden. Durch die dünner gewordene Kruste [70 km] brach sich der Vulkanismus Bahn. Der Rückseite blieb dieser Prozess erspart. [150 km] Unser Trabant hat einen Dickschädel, einen von der Erde unbeeinflussten Hinterkopf.. WDR3 Zeitzeichen 2004 Wollen Sie selbst sich ein Bild von der Rückseite des Mondes machen, sehen Sie sich die Einladungskarte an: dreimal ist die Rückseite, einmal die Vorderseite abgebildet Das Mondschaf steht auf weiter Flur. Es harrt und harrt der großen Schur. Das Mondschaf. Das Mondschaf rupft sich einen Halm und geht dann heim auf seine Alm. Das Mondschaf. Das Mondschaf spricht zu sich im Traum: "Ich bin des Weltalls dunkler Raum." Das Mondschaf. Das Mondschaf liegt am Morgen tot. Sein Leib ist weiß, die Sonn ist rot. Das Mondschaf. Christian Morgenstern, Das Mondschaf Die Ausstellung „Die Rückseite des Mondes - Inszenierungen zu Land und Wasser“ ist die dritte ihrer Art, die der BBK (Bergisch Land) im Park von Schloss Lüntenbeck veranstaltet.. Die Idee des BBK auch für das kommenden Jahr wieder eine solche Ausstellung zu planen, sollte unser aller Unterstützung finden. Solange städtische Kultureinrichtungen sich nicht in der Lage sehen, der Wuppertaler Künstlerschaft ein angemessenes Forum zu bieten, muss Selbstorganisation und Sponsoring für Abhilfe sorgen. Wie das gegenwärtige Beispiel zeigt, ist das realisierbar. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn die Arbeit nicht nur immer 10 wieder auf denselben Schultern abgeladen würde, sondern wenn auch einmal andere Nutznießerinnen und Nutznießer mit anpacken und organisieren würden. Nach meiner Einführung können Sie im Laufe des Nachmittages folgende Veranstaltungen, Performances und Darbietungen erleben: 13 Uhr Kranemann & BrindlArt mit einer Klangperformance 14 Uhr Ein besonderer Schmaus für das Auge ist von der choreografischen Werkstatt Anne Grafweg aus Haan zu erwarten. 15 Uhr Wuppertaler Musikgruppe „Homeless“ Zwischen diesen Darbietungen gibt es Führungen durch die Ausstellung sowie Kulinarisches. Es lohnt sich also, den Nachmittag hier zu verbringen. Aber Fidje Pappendeik überschrie alle: »Laßt mich doch, ich fahre jetzt nach dem Monde!« Damit sprang er über die Barriere, lief in die abgesperrte innere Wiese, wo außer einem Arzt, einem Schutzmann, einem Fahrrad, einer Bahre und zwei Sanitätern sich nichts und niemand befand. Fidje Pappendeik aber sprang mit behender Schnelligkeit auf das Fahrrad, fuhr ein Stück über die holperige Wiese hin, und auf einmal – – ehe jemand daran dachte, den Störenfried – – auf einmal – ohne daß irgend jemand bemerkte – – niemand ahnte oder war darauf gefaßt – – kurz, auf einmal hob sich das Fahrrad, und Fidje Pappendeik fuhr auf einem ganz gewöhnlichen Fahrrad, nicht anders, als wie jeder Radfahrer fährt, fuhr aber durch die Luft, auf, über Luft, fuhr schräg aufwärts in die Wolken. Joachim Ringelnatz: Der arme Pilmartine Zum Wendefest am 21. September wartet dann die amerikanisch/britisch/deutsche Performance-Gruppe mit Annette Schulze-Lohhoff (Hattingen), Roberto SánchezCamus (New York) und Alexa Reid (London) mit Ihrer Darbietung auf. 11 Begleitend zur Ausstellung gibt es ferner ein Programm der Philosophischen Tafelrunden. Jeweils mittwochs am 5., 12. und 19. ist das breite Publikum eingeladen, zu den Themen „Löffel, Apfel und Stuhl zu philosophieren. Eintritt und Verpflegung sind kostenfrei, zur Einführung sprechen geladene Philosophen. Nun ging es immerzu, weit weit, bis an der Welt Ende. Da kam es zur Sonne, aber die war zu heiß und fürchterlich, und fraß die kleinen Kinder. Eilig lief es weg und lief hin zu dem Mond, aber der war gar zu kalt und auch grausig und bös, und als er das Kind merkte, sprach er: »Ich rieche Menschenfleisch.« Da machte es sich geschwind fort und kam zu den Sternen, die waren ihm freundlich und gut, und jeder saß auf seinem besondern Stühlchen. Gebrüder Grimm, Die sieben Raben Übrigens: Jedes Jahr entfernt sich der Mond um 3,8 cm von der Erde. Die Gezeiten werden immer schwächer. Irgendwann wird der Mond sich selbständig machen und uns verlassen. Vergiß den Mond! Schlaf ein, mein Kind! Und laß die Sterne scheinen. Vergiß auch mich! Vergiß den Wind! Nun gute Nacht! Schlaf ein, mein Kind! Und, bitte, laß das Weinen... Erich Kästner: Das Wiegenlied väterlicherseits, Herbert Pogt [email protected] 12