Winfuran CHMP grounds for refusal

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Anhang I
Wissenschaftliche Schlussfolgerungen und Begründung der Europäischen
Arzneimittel-Agentur für die Versagung
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Wissenschaftliche Schlussfolgerungen und Begründung der Europäischen ArzneimittelAgentur für die Versagung
Zusammenfassung der wissenschaftlichen Beurteilung von Winfuran
•
Wirksamkeitsaspekte
Nalfurafin-Hydrochlorid (NFU) ist ein Derivat des Opioidrezeptor-Antagonisten Naltrexon. Bezüglich
des Wirkmechanismus ist NFU ein wirksamer und selektiver Agonist des Kappa-Opioidrezeptors (κOpioidrezeptor).
Es wurden Daten aus einer zulassungsrelevanten Studie (EU820UPV01) und vier unterstützenden
Studien (LCRC/G/028, STTOR002, STTOR003 und STTOR004) zur Unterstützung des folgenden
beanspruchten Anwendungsgebiets vorgelegt: „Zur Behandlung von schwerem urämischem Pruritus
(UP) bei Patienten im Alter ab 18 Jahren mit einer Nierenerkrankung im Endstadium, die sich
regelmäßigen
Hämodialysen,
Hämodiafiltrationen oder
Hämofiltrationen
(Dialyse)
unterziehen.
Schwerer UP wird als unerträglicher Juckreiz oder Juckreiz, der durch Kratzen nicht gelindert wird,
definiert“.
Derzeit gibt es keine Arzneimittel, die zur Behandlung von schwerem urämischem Pruritus (UP)
zugelassen sind. Die genaue Pathophysiologie der Erkrankung ist noch immer schwer nachvollziehbar.
Ebenso ist kein Mechanismus von Nalfurafin-Hydrochlorid, der für urämischen Pruritus spezifisch ist,
erwiesen. Das Arzneimittel ist in Europa für kein Anwendungsgebiet zugelassen.
Die Hauptstudie EU820UPV01 schloss mehr als 300 Patienten mit schwerem Pruritus (Juckreiz
schwerster Intensität (VAS) ≥50 mm mindestens 3-mal während der 1-wöchigen Run-in-Phase) ein
und hatte eine Dauer von 8 Wochen (Hauptanalyse nach vier Wochen). Es gab keinen nachweisbaren
Nutzen von NFU im Vergleich zu Placebo zur Behandlung von urämischem Pruritus. Sowohl die
Behandlung mit Placebo als auch die Behandlung mit NFU 5 µg i.v. 3-mal pro Woche reduzierten den
VAS-Wert gleichermaßen um etwa 22 mm. Es gab auch bei wichtigen sekundären Endpunkten, wie
etwa Schlafstörungen und Exkoriationen, keine signifikanten Unterschiede zwischen Placebo und
Verum. Responder-Analysen ergaben keine nützliche Wirkung im Vergleich zu Placebo.
Die unterstützenden klinischen Prüfungen (STTOR002 und STTOR003) konnten hinsichtlich des
primären Endpunktes auch keinen statistisch signifikanten Unterschied zu Placebo nachweisen.
Der Antragsteller legte Post-hoc-Analysen in Untergruppen von Patienten mit schwererem UP nach
Entblindung der Daten vor (UP-66- und UP-75-Population). Als Reaktion auf die Forderung des CHMP,
die klinische Aussagekraft der vorgelegten UP-66-Population (VAS ≥60 mm, aber ≤90 und Juckreiz-
Intensität von Grad 4 oder 5) zu begründen, schlug der Antragsteller vor, sich ausschließlich auf die
UP-75-Population zu konzentrieren.
Die UP-75-Population war als schlimmste Juckreiz-Intensität (VAS) von ≥60 mm durch den Patienten
und eine Juckreiz-Intensität von Grad 4 (Juckreiz wird durch Kratzen nicht gelindert) oder Grad 5
(unerträglicher Juckreiz) durch den Prüfer während der einwöchigen Run-in-Phase definiert. In der
zulassungsrelevanten Studie (EU820UPV01) wurde eine Verbesserung ab Ausgangswert um ≥20 mm
nach 4 Wochen sowohl in der Verum- als auch in der Placebo-Gruppe beobachtet. Der mittlere
Unterschied zwischen Verum und Placebo betrug 7,5 mm und war statistisch nicht signifikant
(p=0,08). Ein signifikanter Behandlungseffekt wurde durch keine der vordefinierten sekundären
Endpunkte in der Hauptanalyse nach 4 Wochen unterstützt. Die Analyse von schwerem UP-75 zeigte,
dass Patienten mit VAS-Ausgangswerten für den schlimmsten Juckreiz von 90 bis 100 mm sehr
geringe oder keine Wirkungen durch die Behandlung aufwiesen.
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Der Antragsteller legte weitere Post-hoc-Analysen vor, d. h. eine Meta-Analyse der Patienten aus den
klinischen Studien EU820UPV01, STTOR002 und STTOR003, welche die Kriterien der Untergruppe UP75 erfüllten. In diesen Analysen wurde eine Verbesserung ab Ausgangswert um ≥20 mm nach 4
Wochen sowohl in der Verum- als auch in der Placebo-Gruppe beobachtet. Der mittlere Unterschied
zwischen Verum und Placebo betrug 8,9 mm und war grenzwertig statistisch signifikant (p=0,055).
Die Angemessenheit der Durchführung exploratorischer Post-hoc-Analysen in einer ausgewählten
Untergruppe (Subpopulation von 75 Patienten von 315 [24 %]) ist unter Berücksichtigung, dass keine
Wirkung in der Gesamtpopulation in der zulassungsrelevanten Studie nachgewiesen wurde, nicht
gerechtfertigt.
Darüber
hinaus
ist
die
Angemessenheit
der
Anwendung
von
Post-hoc-
Subgruppenanalysen in einer Meta-Analyse über verschiedene Studien hinweg aus methodischer Sicht
fraglich.
Alle
Placebo-kontrollierten
Studien
zeigten
einen
wesentlichen
positiven
Placebo-Effekt.
Die
Ergebnisse können durch die Eigenschaften des urämischen Pruritus, einer chronische Erkrankung,
die einen zyklischen Verlauf haben kann und in der Intensität individuell sehr stark variiert,
beeinträchtigt werden. Der Placebo-Effekt konnte teilweise durch eine VAS-Wert-Regression zur Mitte
erklärt werden, da nur die Patienten mit den höchsten VAS-Werten in die kurze Run-in-Phase
eingeschlossen wurden.
•
Sicherheitsaspekte
Unter NFU betrafen die häufigsten unerwünschten Ereignisse das Nervensystem (15,1 % vs. 12,8 %
unter Placebo) und den Magen-Darm-Trakt (15,1 % vs. 10,9 % unter Placebo). Zu diesen
unerwünschten
Ereignissen
zählen
Schlaflosigkeit,
Schwindelgefühl,
Ermüdung,
Schläfrigkeit,
Kopfschmerzen, Vertigo, Übelkeit, Schmerzen im Oberbauch und Erbrechen. Darüber hinaus können
sowohl Hypo- als auch Hypertonie auftreten. Die vermehrte Häufigkeit von Kopfschmerzen und
Erbrechen blieb während der Langzeitanwendung bestehen. Insgesamt 58 % der Patienten schlossen
die offene Langzeitstudie nicht ab, verglichen mit 22 % der Patienten im Kontrollarm.
In der Langzeit- und in der Placebo-kontrollierten Studie war die Inzidenz von Thrombosierungen
einer arteriovenösen Fistel bei mit NFU behandelten Patienten etwa doppelt so hoch wie in den
Placebo-/Kontrollgruppen (18 vs. 7 Fälle). Die i.v. Infusion der Prüfpräparate wurde in einen
Fernkatheter verabreicht, der an der Fistel des Patienten befestigt wurde.
Eine
umfassende
QT/QTc-Studie
bei
gesunden
Freiwilligen
ließ
keine
Sicherheitsbedenken
aufkommen. Es wurde jedoch ein deutlicher Unterschied beim Prozentsatz der Hämodialyse-Patienten
mit QTcF-Verlängerung von >450 ms in Woche 4 zwischen der mit Nalfurafin behandelten Gruppe
(16 %) und der Placebo-Gruppe (5 %) beobachtet. Der Grund für diesen Befund ist nicht bekannt.
Herzerkrankungen und Todesfälle waren bei den mit Nalfurafin-Hydrochlorid behandelten Patienten
nicht überrepräsentiert.
Opioide
sind
dafür
bekannt,
hormonelle
Veränderungen
aufgrund
einer
Depression
der
Hypothalamus/Hypophysen-Funktion zu verursachen. Tierstudien zu Nalfurafin-Hydrochlorid zeigten
negative Auswirkungen auf die Geschlechtsorgane von Ratten und Hunden. In Humanstudien bei
gesunden Freiwilligen waren die Testosteron-, Thyroxin- und Trijodthyronin-Spiegel im Blut
verringert. In der zulassungsrelevanten Humanstudie wurden keine Hormone gemessen.
Diese Nebenwirkungen müssen in einer Patientenpopulation, die bereits stark durch eine die
Lebensqualität einschränkende Symptomatik ähnlicher Art belastet ist, als unerwünscht erachtet
werden.
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Schlussfolgerungen
Der CHMP kam am 19. Dezember 2013 zu dem Schluss, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis von
Winfuran mangels nachgewiesener Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo in den klinischen Studien
negativ ist.
Zur Behandlung von schwerem urämischem Pruritus (UP) bei Patienten im Alter ab 18 Jahren mit einer
Nierenerkrankung im Endstadium, die sich regelmäßigen Hämodialysen, Hämodiafiltrationen oder
Hämofiltrationen (Dialyse) unterziehen. Schwerer UP wird als unerträglicher Juckreiz oder Juckreiz, der
durch Kratzen nicht gelindert wird, definiert.
Auf Grundlage folgender Gründe für die Versagung der Genehmigung für das Inverkehrbringen:
•
Die Hauptwirksamkeitsstudien konnten keinen Nutzen für die Nalfurafin-Therapie gegenüber
Placebo nachweisen (p = 0,93 für den primären Endpunkt). Man ist der Ansicht, dass die
exploratorischen Post-hoc-Analysen in einer ausgewählten Untergruppe (24 %) und die MetaAnalyse von Untergruppen aus den verschiedenen Studien allenfalls eine Hypothese bilden und
weder eine vollständige noch eine Zulassung mit Auflagen unterstützen.
•
Der Behandlungseffekt im Vergleich zu Placebo in Bezug auf den primären Endpunkt in der Posthoc-Subgruppenanalyse (UP-75-Population) ist gering und grenzwertig statistisch signifikant. Die
klinische Relevanz der Ergebnisse wurde nicht nachgewiesen und sollte weitergehend
gerechtfertigt werden.
Begründung für die Versagung
In Erwägung nachstehender Gründe:
•
Die Hauptwirksamkeitsstudien konnten keinen Nutzen für die Nalfurafin-Therapie gegenüber
Placebo nachweisen (p = 0,93 für den primären Endpunkt). Man ist der Ansicht, dass die
exploratorischen Post-hoc-Analysen in einer ausgewählten Untergruppe (24 %) und die MetaAnalyse von Untergruppen aus den verschiedenen Studien allenfalls eine Hypothese bilden und
weder eine vollständige noch eine Zulassung mit Auflagen unterstützen.
•
Der Behandlungseffekt im Vergleich zu Placebo in Bezug auf den primären Endpunkt in der Posthoc-Subgruppenanalyse (UP-75-Population) ist gering und grenzwertig statistisch signifikant. Die
klinische Relevanz der Ergebnisse wurde nicht nachgewiesen und sollte weitergehend
gerechtfertigt werden –
ist der CHMP der Ansicht, dass die Wirksamkeit des oben erwähnten Arzneimittels gemäß Artikel 12
der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 nicht angemessen oder ausreichend nachgewiesen wurde. Daher
empfahl der CHMP unter Berücksichtigung, dass die Bestimmung von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a
der Verordnung (EG) Nr. 507/2006 der Kommission nicht erfüllt wird, die Versagung der Erteilung
einer Zulassung mit Auflagen für Winfuran.
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