Operationsergebnisse nach erfolgter Urethroplastik mit autologer

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Aus der Urologischen Klinik
des Marien Hospital Herne
Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum
Direktor: Prof. Dr. med. J. Noldus
Operationsergebnisse nach erfolgter Urethroplastik mit
autologer Mundschleimhaut bei
männlichen Patienten mit Harnröhrenstrikturen
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Magdalena Aretz, geb. Bergmann
aus Elblag/Polen
2014
Dekan:
Prof. Dr. med. Albrecht Bufe
Referent:
Prof. Dr. med. Joachim Noldus
Korreferent:
Prof. Dr. med. Georg Hofmockel
Tag der mündlichen Prüfung:
11. Juni 2015
Meinen Eltern gewidmet
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung............................................................................................................ 6
1.1
Einführung in die Thematik ........................................................................ 6
1.2
Grundlagen und Stand der Forschung ..................................................... 8
1.2.1 Anatomie der männlichen Harnröhre ....................................................... 8
1.2.2 Ätiologie und Klassifikation der Urethrastrikturen .................................. 10
1.2.3 Epidemiologie der Urethrastrikturen ...................................................... 11
1.2.4 Symptomatik der Urethrastrikturen ........................................................ 12
1.2.5 Diagnostik der Urethrastrikturen ............................................................ 12
1.2.6 Therapie der Urethrastrikturen............................................................... 15
2 Zielsetzung der Arbeit ..................................................................................... 19
3 Patienten und Methodik................................................................................... 20
3.1
Studiendesign ........................................................................................... 20
3.2
Erhobene Parameter ................................................................................. 21
3.3
Angewandte Operationsmethode ............................................................ 21
3.4
Statistische Methoden .............................................................................. 23
3.5
Literaturrecherche .................................................................................... 24
4 Ergebnisse........................................................................................................ 25
4.1
Patientencharakteristika .......................................................................... 25
4.1.1 Altersverteilung ...................................................................................... 25
4.1.2 Genese .................................................................................................. 26
4.2
Präoperative klinische Parameter ........................................................... 27
4.2.1 Vorangegangene Urethrotomia interna nach Sachse ............................ 27
4.2.2 Vorangegangene Mundschleimhautplastik ............................................ 27
4.2.3 Lokalisation ........................................................................................... 27
4.2.4 Strikturlänge .......................................................................................... 28
4.2.5 Spongiofibrose....................................................................................... 29
4.3
Intraoperative klinische Parameter ......................................................... 29
4.3.1 OP-Technik und OP-Dauer ................................................................... 29
4.3.2 Korrelation Strikturlänge und Operationszeit ......................................... 30
4.3.3 Intraoperative additive Maßnahmen ...................................................... 31
4.3.4 Präoperative Urinkulturen ...................................................................... 32
4.4
Postoperative klinische Parameter ......................................................... 32
4.4.1 Zeit bis zur Miktionsfreigabe .................................................................. 32
4.4.2 Postoperative Komplikationen ............................................................... 33
4.4.3 Orale Komplikationen ............................................................................ 33
4.4.4 Besonderheiten ..................................................................................... 34
4.5
Follow-up ................................................................................................... 34
4.6
Vergleich prä- und postoperative Parameter ......................................... 35
4.6.1 Maximaler Harnstrahlfluss (Q max) ....................................................... 35
4.6.2 Miktionsvolumen .................................................................................... 36
4.6.3 Restharnbestimmung ............................................................................ 37
4.7
Ergebnisse aus Patientensicht ................................................................ 39
4.7.1 Allgemeine Zufriedenheit ....................................................................... 39
4.7.2 Notwendigkeit weiterer Interventionen................................................... 40
4.7.3 Strikturlänge der Primärläsionen bei späteren Re-Strikturen................. 41
4.7.4 Harnwegsinfektionen ............................................................................. 42
4.7.5 Folgen ................................................................................................... 42
1
5
6
7
Diskussion ........................................................................................................ 43
Zusammenfassung .......................................................................................... 56
Literaturverzeichnis ......................................................................................... 58
2
Abkürzungsverzeichnis
bzw
beziehungsweise
cm
Zentimeter
d
Tage
g
Gramm
ggf
gegebenenfalls
mHz
Megahertz
min
Minuten
MKG-Chirurg
Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg
ml
Milliliter
ml/s
Milliliter pro Sekunde
n
Anzahl
OP
Operation
PDS
Polydioxanon
Q max
maximaler Harnfluss
RH
Restharn
s
Sekunden
Sono
Sonographie
TUR-BT
transurethrale Blasentumorresektion
TUR-P
transurethrale Prostataresektion
Z.n.
Zustand nach
3
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Anatomie der männlichen Harnröhre
8
Abbildung 2:
Uroflowmeter
13
Abbildung 3:
Harnflusskurven
14
Abbildung 4:
ventrale und dorsale Onlay-Technik, schematisch
17
Abbildung 5:
Altersverteilung
25
Abbildung 6:
Genese der Urethrastrikturen
26
Abbildung 7:
Lokalisation der Urethrastrikturen
28
Abbildung 8:
Operationszeit
30
Abbildung 9:
Korrelation zwischen der Strikturlänge und der
OP-Zeit
31
Abbildung 10:
maximaler Harnstrahlfluss
36
Abbildung 11:
Miktionsvolumina
37
Abbildung 12:
Restharnvolumina
38
Abbildung 13:
subjektive Zufriedenheit postoperativ
39
Abbildung 14:
Sonographisch und intraoperativ ermittelte
Strikturlänge
41
4
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Urethrotomie nach Sachse präoperativ
27
Tabelle 2:
Längenangaben der Strikturen
29
Tabelle 3:
Besonderheiten intraoperativ
31
Tabelle 4:
Keimnachweis präoperative Urinkultur
32
Tabelle 5:
Zeit postoperativ bis Miktionsfreigabe
33
Tabelle 6:
Liegezeit der suprapubischen Blasenfistel
33
Tabelle 7:
Ergebnis erster Nachuntersuchung durch
MKG-Chirurgen
34
Tabelle 8:
Zeit seit der OP
34
Tabelle 9:
maximaler Harnstrahlfluss
35
Tabelle 10:
Interventionen postoperativ
40
Tabelle 11:
Länge der primären Strikturen bei Patienten
mit Rezidiv
41
Harnwegsinfektionen
42
Tabelle 12:
5
1
1.1
Einleitung
Einführung in die Thematik
Die Harnröhrenstriktur stellt seit Jahrhunderten eine große Herausforderung in der
Urologie dar, mit der insbesondere der männliche Teil der Bevölkerung
konfrontiert ist. Erste Beschreibungen über Therapieversuche finden sich in der
Antike im heutigen Iran und Ägypten. Die älteste angewandte Therapiemethode
stellt die Dilatation der Urethra dar, die früher mit Metallsonden erfolgte und von
Ambroise Parré 1575 erstmals beschrieben wurde [22].
Lange Zeit gab es nur die bereits erwähnte Dilatation oder Urethrotomie zur
Behandlung der Harnröhrenengen [4]. Schließlich kamen in den 1950er und
1960er Jahren zwei weitere Methoden hinzu, die das Spektrum erweiterten. Zum
einen wurden die End-zu-End-Anastomosen für kurze Strikturen eingeführt, zum
anderen erhielten autologe Transplantate zur Behandlung längerer Engen Einzug
in die Therapie [4]. Es wurden Interponate aus verschiedenen Hautarealen als
Transplantat verwendet, einerseits als freie Transplantate wie auch als gestielte
Lappen mit eigener Blutversorgung. Viele dieser Interponate führten zwar zu
kurzzeitigen
Erfolgen,
konnten
den
Erwartungen
aber
bei
längeren
Verlaufsbeobachtungen leider nicht standhalten [4, 55] . Erst die Einführung der
Mundschleimhaut als freies Transplantat konnte die ersten erwünschten
Langzeitergebnissen liefern und ermutigte zur weiteren Anwendung und
Optimierung des Verfahrens in der Urologie [18]. Nicht zuletzt die Fortschritte in
der Anästhesie und der Zugang zu zahlreichen Antibiotika haben die operativen
Möglichkeiten in der Urologie deutlich erleichtert und die Sicherheit bei den
Eingriffen für den Patienten erhöht [4].
Da die Bevölkerung eine zunehmend höhere Lebenserwartung aufweist, stellen
sich
nunmehr
vermehrt
ältere
Patienten
mit
Urethrastrikturen
vor.
Mit
fortgeschrittenem Alter steigt auch der Anteil an vorangegangenen Manipulationen
an der Urethra [53], somit wird die Anzahl der behandlungsbedürftigen Patienten
ebenfalls zunehmen. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, optimale
Therapiestrategien für diese Patienten zu entwickeln, um langfristige Erfolge und
hohe Patientenzufriedenheit zu erreichen. Befürchtungen, dass ältere Patienten
die offen-chirurgischen Maßnahmen schlechter tolerierten als endoskopische
6
Therapieformen, bestätigten sich nicht, so dass diese Eingriffe auch in höherem
Lebensalter gute Resultate erzielen und Anwendung finden sollten [76, 78].
Diese Arbeit soll einen Einblick in die Ursachen und therapeutischen
Möglichkeiten der Urethrastrikturen am eigenen Kollektiv geben. Hauptaugenmerk
wird dabei auf die Verwendung autologer Mundschleimhaut als freies Transplantat
gelegt.
7
1.2
Grundlagen und Stand der Forschung
1.2.1 Anatomie der männlichen Harnröhre
Die männliche Harnröhre misst im Durchschnitt etwa 20-25 cm und wird im
Wesentlichen in drei Bereiche unterteilt:
 Pars prostatica
 Pars membranacea und
 Pars spongiosa
Abbildung 1: Anatomie der männlichen Harnröhre, modifiziert nach Netter [61]
8
Der nur kurze Verlauf der Urethra in der Harnblasenwand findet auch Verwendung
unter dem Namen Pars intramuralis. Die sich anschließende Pars prostatica der
Harnröhre beginnt direkt am Ostium urethrae internum. Dieser Teil der Urethra
erstreckt sich etwa über 3,5 cm und verläuft durch das Gewebe der Prostata. Am
Übergang der Harnblase zu Prostata wird die Urethra nur im hinteren und
seitlichen Teil von der Prostata umschlossen. An der posterioren Wand der
Urethra verläuft eine longitudinale Schleimhautfalte, die Crista urethralis. Es
handelt sich hierbei um die Fortführung der Uvula vesicae, die im zentralen
Bereich der Pars prostatica den Colliculus seminalis ausbildet. Durch die so
entstehende zentrale Wölbung, bilden sich beidseits lateral des Colliculus
seminalis zwei längliche Falten, die als Sinus prostatici bezeichnet werden. In der
Mitte des Colliculus seminalis befindet sich der Utriculus prostaticus, hierbei
handelt es sich um ein Rudiment der Müllerschen Gänge aus der Embryonalzeit,
seitlich davon finden sich die Ausführungsgänge der Ductus ejaculatorii. Im
Bereich der Sinus prostatici ergießen sich beidseits die Ausläufe der Ductuli
prostatici, die vermutlich beim Urinieren durch von der Urethrawand ausgehenden
Muskeldruck verschlossen werden.
Die sich anschließende Pars membranacea ist mit 1-2 cm Länge der kürzeste
Anteil der Urethra. Dieser Bereich umfasst den Übergang von der Prostata durch
das Diaphragma urogenitale und findet ihr Ende im Bulbus penis. Dieser Bereich
der Harnröhre ist am wenigsten nachgiebig und stellt den schmalsten Anteil der
Urethra dar, da das Diaphragma urogenitale aus stabil beschaffenen Faszien
besteht. Nachdem die Pars membranacea das Diaphragma urogenitale passiert
hat wird die Urethra vom Spongiosagewebe des Bulbus penis umgeben. Knapp
nach Durchtritt in das Spongiosagewebe verbreitert sich die Urethra zur
sogenannten Ampulla urethrae, hier enden die Ausführungsgänge der Glandulae
bulbourethrales (Cowper-Drüsen) an der dorsalen Seite.
Im Verlauf der Pars spongiosa befinden sich longitudinal verlaufende Rinnen in
der Schleimhaut, in denen sich die Lacunae urethrales und die Glandulae
urethrales, die Littreschen Drüsen, befinden. Mit 15 cm stellt sie den längsten
Abschnitt der Harnröhre dar. Umgeben wird die Pars spongiosa von den Corpora
cavernosa urethrae und ist im posterioren Bereich mit Diaphragma urogenitale
und Symphyse fest verwachsen, im Gegensatz zum anterioren Teil, der flexibel
ist. Das Lumen der Urethra ist verschlossen und eröffnet sich nur zur
9
Flüssigkeitspassage, während sonst die Wände einander anliegen. Am distalen
Ende der Harnröhre dehnt sich diese zur Fossa navicularis auf, bevor sie mit dem
Ostium urethrae externum auf der Glans penis endet. In diesem Zusammenhang
sei nochmals auf die physiologischen Engstellen der Urethra hingewiesen, die sich
im Bereich des Ostium urethrae externum, der Pars membranacea und des
Ostium urethrae internum befinden [14, 77].
Eine weitere Unterteilung im klinischen Alltag bezeichnet die Gliederung der
Harnröhre in einen vorderen und einen hinteren Anteil. Als vordere Urethra wird
hierbei der vom Corpus spongiosum umgebende Teil genannt. Der hintere Teil
bezeichnet den restlichen Anteil, der von der Pars prostatica und der Pars
membranacea gebildet wird [4].
1.2.2 Ätiologie und Klassifikation der Urethrastrikturen
Als Urethrastriktur wird eine Verengung des Lumens der Harnröhre bezeichnet,
dies erfolgt zunächst ohne Bezug zur Lage oder Länge der Engstelle. Man
unterscheidet im Wesentlichen folgende Formen der Urethrastrikturen:
Kongenitale
Erworbene
 Postentzündliche
 Iatrogene
 Posttraumatische
Die kongenitalen Formen sind meist kurz und im vorderen Bereich der Urethra zu
finden. Nicht selten findet man Vergesellschaftungen mit anderen angeborenen
Anomalien wie beispielsweise einer Hypospadie [51, 69]. Hierbei handelt es sich
um eine Fehllage des Meatus urethrae externus, der sich dann an der ventralen
Penisseite befindet [80].
Zu den erworbenen Urethrastrikturen kommt es durch Verdickungen der
Schleimhaut und narbige Umwandlung der Harnröhre. Bei männlichen Patienten
wird auch das Corpus spongiosum Teil dieser Umwandlung, dies wird dann als
sogenannte „Spongiofibrose“ bezeichnet. Andere Ursachen können beispielsweise
der Lichen sclerosus sein, eine chronisch entzündliche Erkrankung, über deren
Ursache noch immer keine Klarheit herrscht [86]. Darüber hinaus kann eine
vorangegangene Infektion, häufig eine Gonorrhö, zur Spongiofibrosebildung und
10
anschließender Urethrastriktur führen. Ebenfalls können andere Erreger zur
Bildung einer Harnröhrenstriktur führen, wenn auch deutlich seltener; hierzu
zählen
beispielsweise
Chlamydia
trachomatis,
Mykoplasmen,
Viren
oder
Protozoen [51, 86]. Nicht zuletzt stellen Traumata sowie medizinische Eingriffe wie
etwa Katheterisierung, Spiegelungen der Harnblase sowie transurethrale Blasenoder Prostataresektionen einen großen Anteil der Ursachen dar [69, 86]. Bei
intensivpflichtigen Patienten kommt es häufig zu einer Harnableitung über
transurethrale Katheter, die bei längerer Verweildauer zur Minderperfusion der
Harnröhrenschleimhaut führen können und damit ebenfalls die Bildung von
Urethrastrikturen begünstigen können [51].
In der Literatur werden Strikturen oft nach ihrer Lokalisation, Ätiologie und
Ausdehnung unterschieden, um eine genauere Zuordnung zu ermöglichen.
Hierbei werden penile, bulbäre, und membranöse Engen voneinander abgegrenzt.
Des Weiteren finden sich Beschreibungen von Harnröhrenengen im Bereich der
Fossa navicularis, der prostatischen Harnröhre oder am Blasenhals [51, 71].
1.2.3 Epidemiologie der Urethrastrikturen
Die genaue Inzidenz der Harnröhrenverengungen in Deutschland ist nicht bekannt
[71]. Schätzungen zufolge beläuft sich die Anzahl der Betroffenen in den
Vereinigten Staaten von Amerika auf 0,9% aller Männer im Jahre 2001 [6].
Der online veröffentlichten Statistik der Gesundheitsberichterstattung des Bundes
ist zu entnehmen, dass sich im Jahre 2011 11062 männliche Patienten mit der
Diagnose einer Harnröhrenstriktur (ICD-10: N35) in stationärer Behandlung
befanden [17]. Allerdings ist aus diesen Zahlen nicht ersichtlich, welcher
Therapieform die Patienten unterzogen worden sind. Die durchschnittliche
stationäre Verweildauer wird mit 4,4 Tagen angegeben. Eine ähnliche Statistik aus
England zeigt, dass sich von 2002-2003 20297 Patienten (75% davon männlich)
mit einer Harnröhrenstriktur ambulant vorstellten, in 98% der Fälle wurden die
Patienten auch stationär behandelt. Hierbei wurde eine durchschnittliche
Verweildauer in der Klinik von 3,1 Tagen angegeben [19]. Santucci et al. geben in
ihrer Veröffentlichung an, dass 0,6% männlicher Veteranen der Vereinigten
Staaten von Amerika an einer Harnröhrenstriktur leiden, die entstehenden Kosten
der Behandlung dieser Erkrankung werden mit 200 Millionen Dollar beziffert [74].
11
1.2.4 Symptomatik der Urethrastrikturen
Urethrastrikturen äußern sich häufig durch Miktionsbeschwerden, die der Patient
subjektiv als verlängerte Miktionszeit mit Restharngefühl beschreibt. Darüber
hinaus wird über Drangsymptomatik, Palmurie, definiert als ein gespaltener
Harnstrahl, Nachträufeln sowie eine erhöhte Miktionsfrequenz berichtet. Auch ein
akuter Harnverhalt mit konsekutiven Harnstauungsnieren kann auftreten. Des
Weiteren kommen Blasensteine und rezidivierende Harnwegsinfektionen sowie
Epididymitiden gehäuft vor. Selten kommt es zum Nierenaufstau mit Ausbildung
von Schrumpfnieren [69, 71, 86].
1.2.5 Diagnostik der Urethrastrikturen
Wie bei jeder Untersuchung steht zunächst die ausführliche Anamnese des
Patienten im Vordergrund. Hierbei ist es wichtig, die Beschwerdedauer zu
erfragen, ebenso wie vorangegangene Verletzungen, erfolgte Eingriffe an der
Harnröhre oder abgelaufene Infektionen [69]. Der Verdacht auf eine Striktur lässt
sich mittels Uroflowmetrie mithilfe eines Uroflowmeters (Abbildung 2 und 3) recht
sicher erhärten oder entkräften. Es handelt sich hierbei um eine Meßmethode, die
nicht-invasiv und schmerzfrei eine qualitative und quantitative Beurteilung der
Miktion ermöglicht. Dabei wird die Harnmenge (in ml), die pro Zeiteinheit (in s) die
Urethra passiert, errechnet und als Harnflusskurve (ml/s) aufgezeichnet. Hierbei
uriniert der Patient unbeobachtet stehend in einen Behälter, um möglichst
realistische Miktionsverhältnisse zu gewährleisten. Auch ist auf eine ausreichende
Blasenfüllung vor der Messung zu achten, da es bei geringen Urinmengen zu
einer falschen Interpretation der Befunde kommen kann [56, 79]. Als Grenzbereich
für einen regelrechten maximalen Harnstrahlfluss werden Messwerte kleiner 15
ml/s für männliche Patienten angegeben. Werte unter 10 ml/s sind sicher
pathologisch [79]. Im Anschluss an die Uroflowmetrie erfolgt in der Regel der
sonographische Nachweis des Restharnvolumens bei liegendem Patienten.
12
Abbildung 2: Uroflowmeter
Die bei der Uroflowmetrie erhobenen Parameter enthalten die Entleerungszeit, die
Harnflusszeit, die Zeit bis zum maximalen Harnfluss, die maximale Harnflussrate,
die durchschnittliche Harnflussrate und das entleerte Gesamtvolumen [85]. Bei
Patienten mit einer Urethrastriktur zeigt sich ein typisches Bild in der
Uroflowmetrie, dies ist gekennzeichnet durch eine Plateaubildung in geringem
Flussratenbereich vergesellschaftet mit einer längeren Miktionsdauer (Abbildung
3) [60, 86]. Zur Erlangung verlässlicher Messergebnisse ist eine Urinmenge von
mehr als 100 ml erforderlich [79].
13
Abbildung 3: Harnflusskurven, modifiziert nach Seif, C. und Jünemann, K.P. [79]
Zu berücksichtigen ist allerdings, dass bei Vorliegen kombinierter Obstruktionen
wie beispielsweise einer Harnröhrenstriktur und benigner Prostatahyperplasie,
eine genaue Unterscheidung dieser nicht möglich ist [49]. Die Uroflowmetrie
eignet sich daher ideal als Screeningmethode, allerdings wird zur weiteren
Beurteilung einer Striktur ein bildgebendes Verfahren, die sogenannte retrograde
Urethrographie,
benötigt. Hierbei injiziert man durch den Meatus urethrae
externus ein Kontrastmittel mit möglichst geringem Druck in die Harnröhre. Der
geringe Druck soll eine Epithelverletzung mit möglichem Kontrastmittelübertritt und
damit verbundener Keimaussaat in die Blutbahn verhindern [49]. Bei dieser
Untersuchung können dann die genaue Lage und Länge der Striktur dargestellt
werden. Um exakte Ergebnisse zu erhalten, muss hierfür das proximale und das
distale Ende der Striktur gut zu erkennen sein. Sollte die Darstellung der proximal
der Striktur gelegenen Harnröhre nicht gelingen, wird ein Miktionsurethrogramm
nötig, hierbei handelt es sich um die Darstellung des physiologischen
Miktionsablaufes, also eine antegrade Beobachtung der Miktion. Die Füllung der
Blase kann dafür entweder über eine suprapubische Punktion erfolgen oder im
Rahmen des Zystourethrogramms retrograd durchgeführt werden.
Auf eine Katheterisierung der Harnröhre sollte verzichtet werden, um das Risiko
für ein zusätzliches iatrogenes Trauma möglichst gering zu halten. Daher ist die
Urethroskopie in diesem Zusammenhang von geringer Relevanz, nicht zuletzt, da
die Enge mit dem Zystoskop häufig nicht überwunden werden kann und somit nur
eine Beurteilung des Bereiches distal der Striktur ermöglicht wird [60, 79, 85, 86].
14
Einen weiteren wichtigen diagnostischen Parameter stellt die abdominale
Sonographie dar. Sie liefert Informationen bezüglich der Restharnmenge nach
erfolgter Miktion und ermöglicht die morphologische Beurteilung der Harnblase
und der Nieren. Sollte eine exakte Beurteilung der Striktur durch die bereits
beschriebenen
Methoden
nicht
möglich
sein,
kann
auch
die
Harnröhrensonographie zum Einsatz kommen. Hierbei wird mit einem 7,5 mHz
Sonographiekopf eine detaillierte Untersuchung der Harnröhre möglich, die
genaue Aussagen über die Länge der Striktur und den Grad der Spongiofibrose
geben kann. [69]. Auch ein akuter Harnwegsinfekt sollte im Rahmen der
präoperativen Diagnostik ausgeschlossen werden [86].
1.2.6 Therapie der Urethrastrikturen
Die therapeutischen Ansätze können in endoskopische und offen-chirurgische
Verfahren unterteilt werden. Zu den endoskopischen Therapien gehören die
Bougierung und die Urethrotomia interna. Diese wird nochmals in zwei Verfahren
unterteilt, zum einen das „blinde“ Verfahren nach Otis, zum anderen der Eingriff
unter Sicht nach Sachse. Die erstgenannte Methode findet Anwendung bei penilen
Strikturen, die ohne Sichtkontrolle erfolgt und dadurch das Risiko iatrogener
Verletzungen der Harnröhre mit sich führt [51]. Bei der Urethrotomie nach Sachse
wird das Sachse-Urethrotom, das aus einer Optik, einem Messer und einem
weiteren Arbeitskanal besteht, in die Urethra eingeführt. Die vernarbte Striktur wird
dann bei 12 Uhr inzidiert, um das Lumen zu erweitern, wobei darauf zu achten ist,
benachbarte Strukturen nicht zu verletzen. Das Verletzungsrisiko lässt sich
aufgrund der Sichtkontrolle gering halten [51, 68]. Für die Dauer des Belassens
des Katheters nach der Urethrotomie nach Sachse besteht noch immer keine
allgemeingültige Empfehlung [51, 66]. Der Großteil der Autoren spricht sich heute
für eine kurze Liegezeit von 1-2 Tagen aus, um das Infektionsrisiko möglichst
gering zu halten [66, 71], wohingegen früher angenommen wurde, dass eine
Liegezeit des Katheters von drei Tagen zur besseren Ergebnissen führte und die
Rate von Re-Strikturen und Infektionen zu vermeiden half [21]. Diese Form der
Behandlung wird nur bei Patienten mit kurzen bulbären Strikturen empfohlen, die
bislang keine anderweitige Behandlung erhalten haben. Von ihnen können mit
dieser Methode etwa 50% geheilt werden. Haben bereits Vorbehandlungen wie
eine vorangegangene Urethrotomie nach Sachse oder Dilatationen stattgefunden,
15
empfiehlt sich die Wiederholung nicht, da dies zu erhöhten Rezidivraten führt [41,
65].
Eine weitere Form der endoskopischen Behandlung stellt die Bougierung der
Harnröhre dar, sie ist die älteste dokumentierte Form der Behandlung der
Harnröhrenstriktur [22, 51, 60]. Hierbei wird eine Dehnung der Urethra durch
wiederholte Dilatation mit Bougies unterschiedlicher Größe erreicht. Es sollte
besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, die urethrale Mukosa nicht zu
verletzen, da es hierdurch zur Ausbildung weiterer Fibrosierungen kommt. Die
erwünschte Dilatation der Harnröhre erreicht man, indem Urethralbougies mit
zunehmender Kalibergröße in die Urethra eingeführt werden. Hierbei ist zu
beachten, dass besonders schmale Bougies zur Bildung einer Via falsa führen
können und somit bei diesen Kalibern besondere Vorsicht geboten ist [66]. Es
kommt zu einer Aufdehnung der Spongiofibrose und der Entstehung multipler
kleiner Gewebsverletzungen, die eine weitere Vernarbung nach sich ziehen, daher
hat diese Technik leider oft keinen dauerhaften therapeutischen Effekt [86].
Allerdings konnten Studien zeigen, dass es keinen signifikanten Unterschied gibt
in Bezug auf die Erstbehandlung mittels Dilatation oder der Urethrotomie nach
Sachse [41, 81].
Des Weiteren stehen verschiedene Methoden der offenen Rekonstruktion der
Urethrastrikturen zur Verfügung. Bei kurzstreckigen Strikturen der bulbären und
membranösen Harnröhre mit einer Länge unter 2 cm erfolgt die Resektion mittels
einer End-zu-End-Anastomose. Hierbei wird die Harnröhre freigelegt, die Striktur
komplett entfernt und die beiden Enden wieder miteinander vernäht. Dabei ist
insbesondere das Erreichen einer spannungsfreien Anastomose für den
Langzeiterfolg von Bedeutung. Bei zu starkem Zug auf der Anastomose kann es
zur Penisdeviation und damit verbundener erektiler Dysfunktion kommen [39, 51,
85].
Bei längeren Strikturen wird eine Urethroplastik mit einem freien Transplantat
durchgeführt. Das Transplantat kann aus Mundschleimhaut, Vorhaut oder auch, in
selteneren Fällen, aus Oberschenkelhaut bestehen. Wichtig bei dieser Technik ist
das gute Einheilen des Fremdmaterials, daher muss eine breite Kontaktfläche
zwischen
Spender-
und
Empfängermaterial
gegeben
sein.
Eine
gute
Vaskularisierung ist in diesem Zusammenhang unverzichtbar [85]. Das Aufbringen
des Transplantates kann entweder in ventraler oder dorsaler Onlay-Technik
erfolgen. Bei der ventralen Anwendung wird das Transplantat auf die intakte
16
Urethralplatte aufgenäht und im Anschluss für 7-10 Tage mit einem Katheter
geschient. Bei der dorsalen Technik trennt man zunächst die Urethra von den
Corpora cavernosa, dreht diese dann um 180° und inzidiert dorsal über der
Striktur bis in das normale Lumen [79, 82].
Abbildung 4: ventrale und dorsale Onlay-Technik, schematisch, modifiziert nach
Andrich et al. [2]
Es besteht auch die Möglichkeit, ein freies Transplantat in der sogenannten TubeTechnik zu verwenden. Dabei wird das gewonnene Transplantat über einem
Katheter zu einem Rohr geformt und nach Resektion der Striktur zwischen den
Enden der normal geformten Urethra eingenäht [82].
Eine weitere Möglichkeit der Versorgung besteht in der Verwendung von
gestielten Hautlappen, sogenannten „flaps“. Verwendung finden in dieser Technik
entweder Penishaut oder Präputialhaut [69]. Hierbei wird die Urethra ebenfalls
längs im Bereich der Striktur inzidiert und ein entsprechender Genitalhautlappen in
die Harnröhre hineinrotiert [86]. Im Bereich der hinteren Harnröhre ist diese
Technik schwieriger anzuwenden, da es zu starkem Zug am Gefäßstiel kommt.
Auch Komplikation der Perfusion des flaps, die sich als komplette Nekrose oder
Fistelbildung zeigen können, schmälern die Operationserfolge [51]. Es ist
ebenfalls zu beachten, dass aufgrund des höheren operativen Aufwandes die
Operationszeit steigt [43]. Daher sollte diese Technik nur bei Patienten angewandt
17
werden, bei denen aufgrund einer schlechten Durchblutungssituation im Bereich
der strikturierten Urethra das Einwachsen eines freien Transplantates erschwert
ist, dies kann beispielsweise nach vorangegangender Radiatio in diesem Bereich
oder nach multiplen Rezidiven der Fall sein [4, 85].
Obgleich die meisten Eingriffe in einzeitiger Technik erfolgen, ist bei besonders
langen Strikturen, multiplen Voroperationen oder schlechtem Empfängergewebe
auch das zweizeitige Vorgehen möglich [29]. Hierbei wird in der ersten Sitzung die
Harnröhre in ihrem gesamten Verlauf im ventralen Bereich eröffnet, das vernarbte
Gewebe reseziert und Meshgraft eingenäht. In einem zweiten Eingriff, der etwa
ein halbes Jahr später erfolgt, wird die so entstandene „Urethralplatte“ weiter
eröffnet und zu einer neuen Urethra geformt [86]. Die Entscheidung für eines der
oben genannten Operationsverfahren erfolgt in der Planung je nach individueller
Ausgangssituation des Patienten.
18
2
Zielsetzung der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit ist die Auswertung der postoperativen Ergebnisse nach
erfolgter Mundschleimhautplastik in ventraler Onlay-Technik bei Urethrastrikturen.
Eingeschlossen wurden männlichen Patienten, die in der Urologischen Klinik des
Marien Hospitals Herne zwischen 2005 und 2010 operiert worden sind.
Der Schwerpunkt wurde auf folgende Fragen gelegt:
 Welche Genesen lagen den Urethrastrikturen zugrunde?
 Welche therapeutischen Maßnahmen wurden vor Durchführung der
Mundschleimhautplastik ergriffen?
 Wie häufig kam es zu Rezidiven und wurden weitere Eingriffe nach erfolgter
Mundschleimhautplastik erforderlich?
 Lässt sich der Operationserfolg in der Uroflowmetrie und mittels
Restharnbestimmung objektivieren?
 Welche Komplikationen treten auf und bleiben ggf. dauerhaft bestehen?
 Wie zufrieden waren die Patienten nach dem Eingriff?
19
3
Patienten und Methodik
3.1
Studiendesign
In dieser Arbeit wurden 79 Patienten untersucht, die sich in der Zeit von 2005 bis
2010
in
der
Urologischen
Mundschleimhautplastik
Klinik
in
des
ventraler
Marien
Hospitals
Onlay-Technik
bei
Herne
einer
bestehender
Urethrastriktur unterzogen haben. Es handelte sich um eine retrospektive
Erhebung anhand der Krankenakten, Operationsberichte und routinemäßiger
Kontrollen
im
unvollständigen
Rahmen
der
postoperativen
Datensätzen
wurden
Urologen
eingeholt.
niedergelassenen
die
Nachuntersuchungen.
fehlenden
Parameter
Eingeschlossen
wurden
bei
in
Bei
den
diese
Untersuchung nur Patienten männlichen Geschlechtes mit Urethrastrikturen
unterschiedlicher Lokalisation.
Bei den ambulanten Nachuntersuchungen wurden die Patienten über den
weiteren Verlauf befragt. Insbesondere wurden Eingriffe erfragt, die nach der
erfolgten Mundschleimhauttransplantation notwendig geworden waren und großes
Augenmerk wurde auf die subjektive Zufriedenheit der Patienten nach dem Eingriff
gelegt. Als weiteres Kriterium wurde das Auftreten von Harnwegsinfektionen nach
der Operation erfasst, hierbei wurden allerdings nur schwerwiegende Verläufe mit
intravenöser Applikation von Antibiotika und stationärem Aufenthalt berücksichtigt.
Nach ausführlicher Aufklärung der Patienten über die Vorgehensweise und
Verwendung
der
erhobenen
Ergebnisse
wurde
eine
pseudonymisierte
Datenerfassung unter strikter Einhaltung des Datenschutzes durchgeführt. Die
statistische Auswertung erfolgte ebenfalls unter diesen strengen Kriterien, so dass
ein Rückschluss auf die persönlichen Patientendaten nicht möglich war.
Für die vorhandene Arbeit liegt ein positives Ethikvotum der Ethik-Kommission der
Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum unter der Registriernummer
4893-14 vor.
20
3.2
Erhobene Parameter
Es
wurden
Daten
erhoben
zu
Lebensalter,
Operationszeitpunkt
und
Voroperationen oder Vorbehandlungen. Weiteres Augenmerk wurde auf die
Genese der Harnröhrenverengung gelegt, wie auch auf das zeitliche Auftreten
dieser. Im Rahmen des stationären Aufenthaltes wurden präoperativ weitere
Kriterien erhoben, die die genaue Lokalisation der Urethrastriktur betrafen, auch
eine präoperative Urinkultur wurde angelegt. Die Länge der Strikturen wurde
erfasst, zum einen präoperativ sonographisch als auch intraoperativ mit dem
Lineal gemessen. Darüber hinaus wurde die Länge des benötigten autologen
Mundschleimhauttransplantates
in
die
Datenerhebung
mit
aufgenommen.
Präoperativ wurden die Werte des maximalen Harnstrahlflusses anhand des Q
max - Wertes mittels Uroflowmetrie ermittelt, ebenso wie das Miktionsvolumen und
das Restharnvolumen. Es wurde ebenfalls untersucht ob bei den Patienten eine
Spongiofibrose vorlag. Weiterhin wurden Besonderheiten oder intra- und auch
postoperative Komplikationen in die Erhebung mit aufgenommen. Auch die Dauer
der jeweiligen Operationen wurde statistisch erfasst. Die erhobenen Daten wurden
mit den postoperativen Werten für Q max, Miktionsvolumen und Restharn
verglichen, ebenso erfolgte die Überprüfung hinsichtlich erforderlicher ReInterventionen oder aufgetretener Rezidive. Auch das subjektive Empfinden der
Patienten und die Zufriedenheit mit dem stattgehabten Eingriff wurden
ausgewertet. Da nicht für alle Patienten alle erhobenen Daten verfügbar waren,
variiert die angegebene Anzahl n.
3.3
Angewandte Operationsmethode
Bei allen Patienten, die in dieser Arbeit untersucht wurden, ist ein autologes
Mundschleimhauttransplantat in ventraler Onlay-Technik verwendet worden.
Dieser Eingriff wurde bei allen Patienten in Intubationsanästhesie durchgeführt.
Zur Verkürzung der Operationszeit, Meidung von Komplikationen durch lange
Steinschnittlagerung
und
Minimierung
von
Beschwerden
an
der
oralen
21
Entnahmestelle wurde mit zwei Operationsteams, bestehend aus Urologen und
Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, gearbeitet.
Nach Unterspritzen der Mundschleimhaut mit einem Lokalanästhetikum und
Adrenalin wurde das Transplantat unter Schonung des Parotisausführungsganges
durch die Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen entnommen [82]. Die Entnahmestelle
wurde nach ausreichender Mobilisation der Ränder primär verschlossen [83].
Nach Gewinnung des Transplantates wurde dies vom überschüssigen Fettgewebe
befreit und konnte durch die Urologen eingesetzt werden. Dazu wurde die
strikturierte Urethra freigelegt, die Engstelle wurde mithilfe eines vorgeschobenen
Katheters aufgesucht und konnte dann ventral in Längsrichtung inzidiert werden.
Im Folgenden
wurde das Mundschleimhauttransplantat auf den entstandenen
Defekt mittels zweier fortlaufender Fäden 5x0 PDS (Ethicon®) aufgenäht [82, 86].
Im Anschluss wurde die Urethra mit einem transurethralen Dauerkatheter
geschient um eine Immobilisierung des Operationsbereiches zu gewährleisten
[85]. Darüber hinaus wurde eine suprapubische Blasenfistel gelegt und alle
Patienten erhielten intraoperativ 2g Ceftriaxon intravenös injiziert.
Nach sieben Tagen wurde der transurethrale Katheter entfernt und der Ablauf
erfolgte über den suprapubischen Fistelkatheter, um eine Wundheilung ohne
Fremdmaterial zu gewährleisten [85]. Bei Beschwerdefreiheit erfolgte die nächste
Kontrolle am 21. postoperativen Tag. Hierbei wurde ein Urethrocystogramm
durchgeführt. Wenn sich bei dieser Untersuchung kein Hinweis auf Paravasate
ergab und eine restharnfreie Miktion möglich war, wurde auch der suprapubische
Katheter entfernt.
22
3.4
Statistische Methoden
Die Ergebnisse in dieser Arbeit wurden statistisch mit SPSS für Windows, Version
20.0 (SPSS Inc., USA) ausgewertet. Metrische Variablen wurden dargestellt als
Mediane und Mittelwerte, wohingegen als Streumaße Standardabweichung und
Quartile gewählt wurden.
Die Überprüfung der metrischen Variablen bezüglich ihrer Normalverteilung
erfolgte mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test. Der Großteil der Variablen war
allerdings nicht normalverteilt (Kolmogorov-Smirnov-Test: p<0,05). Wurden
Stichproben verglichen, geschah dies mit nichtparametrischen Tests für nicht
normalverteilte Stichproben.
Bei zwei unabhängigen, nicht normal verteilten Stichproben wurde der MannWhitney-U-Test verwendet, während bei zwei verbundenen, nicht normalverteilten
Stichproben der Wilcoxon-Test eingesetzt wurde, um die Ergebnisse auf
signifikante Unterschiede zu untersuchen.
Alle erhobenen Test durchliefen eine zweiseitige Signifikanzüberprüfung, ein pWert < 0,05 wurde als statistisch signifikant angesehen.
Mithilfe von SPSS wurden auch die Grafiken in dieser Arbeit erstellt. Mediane und
Quartilsabstände wurden als Boxplots dargestellt. Innerhalb der Boxen wurden der
Median sowie die 25.-75. Perzentile aufgeführt, die T-Balken geben jeweils die
kleinsten und größten Werte an, sofern es sich hierbei nicht um Ausreißer oder
Extremwerte handelte. Als Ausreißer sind Werte zu verstehen, die zwischen 1 ½
bis 3 Boxlängen außerhalb der Box lagen, diese wurde graphisch mithilfe von
Kreisen aufgetragen, während zur Darstellung der Extremwerte Sternchen
verwendet wurden. Kategorisierte Daten wurden als Balken- oder Kreisdiagramme
aufgeführt, während Histogramme für die Verteilung von Werten stetiger Variablen
Verwendung fanden.
23
3.5
Literaturrecherche
Die Literaturrecherche erfolgte zur Datenerhebung und Vergleich von Ergebnissen
nach erfolgter Mundschleimhautplastik aktuell und im Verlauf der letzten Jahre.
Erfasst wurden dabei systematische Reviews und Meta-Analysen sowie
Veröffentlichungen verschiedener Zentren über hauseigene oder multizentrische
Ergebnisse.
Berücksichtigung
Operationsmethoden
sowie
fand
auch
der
Berichte
Vergleich
über
unterschiedlicher
unterschiedliche
Transplantateigenschaften (Mundschleimhaut, Penishaut, Vollhaut).
Das Hauptaugenmerk wurde dabei auf deutsche, europäische und amerikanische
Veröffentlichungen gelegt. Recherchiert wurde in der Datenbank PubMed.
24
4 Ergebnisse
4.1
Patientencharakteristika
4.1.1 Altersverteilung
Die Altersverteilung des Gesamtkollektivs (n=79) zeigte eine Spannbreite von 23,7
bis 76,2 Jahren, wobei das mittlere Alter bei 58,6±14,5 Jahren lag (Median 61,8).
Aus Abbildung 5 ist ersichtlich, dass der Großteil der Patienten zwischen 55 und
76 Jahre alt waren.
Abbildung 5: Altersverteilung
25
4.1.2 Genese
Bei der Verteilung der Ursachen der Urethrastrikturen zeigte sich eine große
Variabilität. Die größte Gruppe nahm mit 34,7% (n=26) eine vorangegangene
transurethrale Prostataresektion (TUR-P) ein. Diese wurde gefolgt von 25,3% des
Kollektivs mit idiopathischer Ursache (n=19). Nachfolgend zeigten sich kleinere
Verteilungen ähnlicher Fallzahlen auf Urethratraumata mit 9,3% (n=7), Zustand
nach einer transurethralen Blasentumorresektion mit 8,0% (TUR-BT) (n=6) sowie
Zustand nach längerfristiger Dauerkatheter-Ableitung mit 6,7% (n=5). Die
restlichen Ursachen verteilten sich, wie in Abb. 6 ersichtlich, auf seltenere
Ereignisse, die insgesamt etwa 15% (n=12) der Ursachen ausmachten.
Abbildung 6: Genese der Urethrastrikturen
26
4.2
Präoperative klinische Parameter
4.2.1 Vorangegangene Urethrotomia interna nach Sachse
Im gesamten Kollektiv wurde vor erfolgter Mundschleimhautplastik zwischen null
und zehnmal eine endoskopische Sichturethrotomie nach Sachse durchgeführt
(Median 2,0). Bei 34,2% der Patienten wurde die Schlitzung der Urethra unter
Sicht zweimal präoperativ durchgeführt (n=27), 29,1% unterzogen sich dieser
Prozedur zumindest einmal (n=23). Ohne diese Maßnahme stellten sich 6,3% der
Patienten vor (n=5). Etwa 30% des restlichen Kollektivs wurden dreimal und mehr
behandelt (n=24), wobei sich darunter ein extremer Ausreißer mit 10
Urethrotomien nach Sachse befand.
Tabelle 1: Urethrotomie nach Sachse (n) präoperativ
n
79
Mittelwert ± SD
2,20± 1,60
Median
2,0
Minimum
0
Maximum
10
4.2.2 Vorangegangene Mundschleimhautplastik
96,2% der Patienten (n=76) wurden erstmalig mit einer Mundschleimhautplastik
versorgt.
Bei
3,8%
(n=3)
handelte
es
sich
um
eine
erneute
Mundschleimhautplastik. Bei einem Patienten erfolgte die zweite Urethroplastik
nach drei Jahren, bei den beiden anderen Patienten jeweils nach 18 Monaten und
innerhalb von 12 Monaten aufgrund von Re-Strikturen.
4.2.3 Lokalisation
Abbildung 7 zeigt, dass der Großteil der behandelten Urethrastikturen sich mit
64,6% der Fälle (n=51) im bulbären Anteil der Harnröhre befand, gefolgt von penil
gelegenen Strikturen mit 17,7% (n=14). Die restlichen Lokalisationen waren
27
Mischformen (10,1%, n=8)
sowie sphinkternah gelegene Verengungen mit
insgesamt 7,5% (n=6).
Abbildung 7: Lokalisation der Urethrastrikturen
4.2.4 Strikturlänge
Aus der folgenden Tabelle 2 ist die Längenverteilung der behandelten Strikturen
ersichtlich. Diese variierten bei den präoperativ sonographisch gemessenen von
0,3 cm bis zu 11,0 cm mit einem Mittelwert von 2,6±2,1 cm (Median 2,0). Im
Gegensatz hierzu wurden intraoperativ Strikturlängen von 0,5 cm bis 7,5 cm mit
einem Mittelwert von 3,5±1,9 cm (Median 3,0) angegeben.
Die verwendeten Mundschleimhauttransplantate zeigen Längen von 1,5 cm bis zu
12,0 cm mit einem Mittelwert von 5,2±1,8 cm (Median 5,0).
28
Tabelle 2: Längenangaben der Strikturen (cm)
Sono (cm) Länge intraoperativ (cm)
n=63
n=62
Mittelwert ±SD
2,6±2,1
Median
2,0
Minimum
0,3
Maximum
11,0
3,5±1,9
3,0
0,5
7,5
Länge
Transplantat (cm)
n=79
5,2±1,8
5,0
1,5
12,0
4.2.5 Spongiofibrose
Als präoperativer Parameter wurde ebenfalls eine vorhandene Spongiofibrose in
der Datenerhebung berücksichtigt. Diese bestand bei 19,2% (n=15) der
behandelten Patienten.
4.3
Intraoperative klinische Parameter
4.3.1 OP-Technik und OP-Dauer
Alle Patienten (100%, n=79) wurde mit einer ventralen Onlay-Technik mit einem
Transplantat aus autologer Mundschleimhaut behandelt.
Die benötigte Operationszeit wurde in Minuten angegeben und variierte zwischen
55 und 250 Minuten, im Mittel lag sie bei 132,3±34,9 Minuten (Median 130,0), was
Abbildung 8 veranschaulicht.
29
Abbildung 8: Operationszeit (Minuten)
4.3.2 Korrelation Strikturlänge und Operationszeit
Abbildung 9 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen der Länge der Striktur
und der Operationszeit. Es zeigt sich hierbei eine breite Streuung, so dass die
Länge der Verengung der Harnröhre in keinem Zusammenhang mit der
Operationszeit zu sehen ist. Der Korrelationskoeffizient zeigte eine nicht
signifikante Korrelation dieser beiden Parameter (Korrelation nach Spearman-Rho:
r=0,116: p=0,370).
30
Abbildung 9: Korrelation zwischen der Strikturlänge und der OP-Zeit
4.3.3 Intraoperative additive Maßnahmen
Bei insgesamt 10,1% (n=8) Patienten zeigten sich intraoperative Besonderheiten.
6 Patienten (7,6%) benötigten aufgrund der Strikturlänge zwei Transplantate, bei
einem Patienten (1,3%) wurde intraoperativ eine Meatusplastik nötig, bei einem
weiteren Patienten (1,3%) erfolgte eine Urethrotomie nach Sachse unter der OP,
wie Tabelle 3 veranschaulicht.
Tabelle 3: Besonderheiten intraoperativ
n
mit Meatusplastik
1
2 Transplantate
6
Sachse intraoperativ
1
Gesamt
8
%
1,3
7,6
1,3
10,1
31
4.3.4 Präoperative Urinkulturen
Tabelle 4 ist zu entnehmen, dass der Großteil der Patienten mit 83,5% (n=66)
präoperativ eine sterile Urinkultur hatte.
Lag ein Keimnachweis vor, so handelte es sich in der Mehrzahl der Fälle mit 6,3 %
(n=5) um Escherichia coli, in 3,8% (n=3) um Enterococcus faecalis und nur
unwesentlich seltener um Enterobacter cloacae (2,5%, n=2). In jeweils drei
weiteren Fällen wurden seltenere Keime nachgewiesen (jeweils 1,3%, n=1).
Tabelle 4: Keimnachweis präoperative Urinkultur
n
kein Keim
66
Escherichia coli
5
Enterococcus faecalis
3
Enterobacter cloacae
2
Pseudomonas aeruginosa
1
Staphylococcus aureus
1
Serratia marcescens
1
Gesamt
79
4.4
%
83,5
6,3
3,8
2,5
1,3
1,3
1,3
100,0
Postoperative klinische Parameter
4.4.1 Zeit bis zur Miktionsfreigabe
Intraoperativ erfolgte die Anlage eines transurethralen Dauerkatheters sowie einer
suprapubischen Blasenfistel. Nach sieben Tagen wurde der transurethrale
Dauerkatheter entfernt. Die suprapubische Blasenfistel wurde im Mittel für 23,2 ±
4,8 Tage belassen (Median 21,0 Tage), wie Tabelle 5 zeigt.
Am 21.
postoperativen Tag erfolgte die radiologische Dokumentation einer suffizienten
Anastomose der Mundschleimhautplastik mittels Urethrozystogramm. In 56,9%
(n=33) der Fälle wurde daraufhin die erste Messung des maximalen Harnflusses
(Q max) durchgeführt (Tabelle 6).
Bei 43,1% (n=25) der Patienten zeigte sich noch ein Paravasat bei der ersten
Kontrolle, so dass in diesen Fällen die suprapubische Blasenfistel für weitere 7
Tage belassen wurde. Bei der weiteren Kontrolle zeigte sich bei allen Patienten
eine Miktion ohne Paravasat und die Fistel konnte entfernt werden.
32
Tabelle 5: Zeit postoperativ bis Miktionsfreigabe (Tage)
n
58
Mittelwert±SD
23,2±4,8
Median
21,0
Minimum
14
Maximum
38
Tabelle 6: Liegezeit der suprapubischen Blasenfistel (Tage)
n
%
= 21 d
33
56,9
> 21 d
25
43,1
Gesamt
58
100,0
4.4.2 Postoperative Komplikationen
Bei
5,1%
(n=4)
der
behandelten
Patienten
zeigten
sich
postoperative
Komplikationen. Zwei Patienten erlitten eine postoperative Nachblutung, die eine
Revision erforderlich machte. Bei einem weiteren Patienten kam es zu einem
Blutverlust von mehr als 500 ml, eine Transfusion war nicht nötig. Ein weiterer
Patient erlitt zwei Wochen nach der Operation eine Urosepsis, die stationär
antibiotisch behandelt werden musste.
4.4.3 Orale Komplikationen
In der ersten Nachuntersuchung postoperativ zeigte sich ein reizfreier Befund der
Mundhöhle bei 94,9% (n=75). Bei 4 Patienten (5,2%) traten die untenstehenden
Beschwerden/Komplikationen
auf,
die
sich,
bis
auf
einen
Fall
starker
Narbenbildung, innerhalb weniger Wochen wieder erholten, wie Tabelle 7
veranschaulicht.
33
Tabelle 7: Ergebnis erster Nachuntersuchung durch die MKG-Chirurgen
n
%
reizfrei
75
94,9
Nachblutung
1
1,3
Parotitis postoperativ
1
1,3
Wunddehiszenz
1
1,3
inkomplette Mundöffnung durch starke Narbenbildung
1
1,3
Gesamt
79 100,0
4.4.4 Besonderheiten
Im Gesamtkollektiv fanden sich bei 93,7% (n=75) keine Besonderheiten.
Postoperativ wurde bei 2 Patienten (2,5%) ein Blasenkarzinom diagnostiziert, bei
einem ein Prostatakarzinom (1,3%). Bei einem weiteren Patienten war das
Anlegen einer Boutonniere (Verlagerung des Meatus urethrae externus in den
Dammbereich) im Verlauf erforderlich (1,3%).
4.5
Follow-up
Wie Tabelle 8 veranschaulicht, betrug die Follow-up Zeit im Mittel 47,5 ± 19,1
Monate (Median 44,6). Dadurch ergaben sich Beobachtungszeiträume zwischen
18,2 und 93,4 Monaten.
Tabelle 8: Zeit seit der OP (Monate)
n
79
Mittelwert±SD
47,5±19,1
Median
44,6
Standardabweichung
19,0
Minimum
18,2
Maximum
93,4
34
4.6
Vergleich prä- und postoperative Parameter
4.6.1 Maximaler Harnstrahlfluss (Q max)
Tabelle 9 und Abbildung 10 zeigen die präoperativ in der Uroflowmetrie
gemessenen maximalen Harnstrahlflusswerte, diese lagen zwischen 2,8 und 30,7
ml/s und einem Mittelwert von 11,0±5,6 ml/s (Median 10,0). Bei der Messung des
ersten postoperativen Wertes zeigten sich signifikante Verbesserungen zu den
präoperativen Werten. Sie stiegen in der frühen postoperativen Phase auf Werte
zwischen 6,5 und 42,0 ml/s, im Mittel 18,2±8,9 ml/s (Median 16,5), wobei im
Wilcoxon-Test mit p < 0,001 Signifikanz berechnet wurde. Im Follow-up steigerten
sich die Messwerte auf 1,7 bis 55,8 ml/s (im Mittel 17,2±9,3 ml/s, Median 16,9),
hier zeigte sich keine signifikante Verbesserung mehr im weiteren postoperativen
Verlauf (Wilcoxon-Test, p=0,439). Daraus ist ersichtlich, dass es zu einer
signifikanten Steigerung der Q max - Werte postoperativ gekommen ist, deren
Niveau im weiteren Verlauf gehalten werden konnte.
Tabelle 9: maximaler Harnstrahlfluss (ml/s)
Q max
1.Q max
Q max
präoperativ postoperativ
Follow-up
n=77
n=78
n=61
Mittelwert±SD
11,0±5,6
18,2±8,9
17,2±9,3
Median
10,0
16,5
16,9
Minimum
2,8
6,5
1,7
Maximum
30,7
42,0
55,8
35
Abbildung 10: maximaler Harnstrahlfluss (n=77, n=78, n=61)
4.6.2 Miktionsvolumen
Abbildung 11 zeigt die Messungen der präoperativen Miktionsvolumina mit Werten
zwischen 12 bis 1035 ml, im Mittel 306,6±196,8 ml (Median 264,0). In der frühen
postoperativen Phase konnten Volumina zwischen 50 und 638 ml, im Mittel
263,6±114,4 ml (Median 242,0) gemessen werden. Hierbei zeigten sich keine
statistisch signifikanten Erhöhung zu den präoperativen Werten (Wilcoxon-Test,
p=0,571). Im Follow-up zeigten sich Werte zwischen 13 und 676 ml, dies
entsprach im Mittel 310,7±160,6 ml (Median 292,0), auch hierbei ließen sich keine
statistisch signifikanten Veränderungen zu den präoperativen Werten feststellen
(Wilcoxon-Test, p=0,389).
Allerdings zeigten sich statistisch signifikante Verbesserungen der Volumina im
Follow-up, verglichen mit den ersten postoperativ gemessenen Werten (WilcoxonTest, p<0,013).
36
Abbildung 11: Miktionsvolumina (n=74, n=78, n=61)
4.6.3 Restharnbestimmung
Die
Restharnmessung
des
untersuchten
Kollektivs
ergab
präoperativ
Schwankungen zwischen 0 und 500 ml, was im Mittel 79,6±97,7 ml entsprach
(Median 50,0). In der frühen postoperativen Phase wurden Werte zwischen 0 und
350 ml mit einem Mittelwert von 29,1±56,0 ml (Median 10,0) gemessen. Hier
zeigen sich statistisch signifikante Verbesserungen der Restharnvolumina
(Wilcoxon-Test p < 0,001). Im weiteren Verlauf zeigten sich Restharnvolumina
zwischen 0 und 112 ml, im Mittel 20,4±26,0 ml (Median 12,4). Auch bei diesen
Werten lassen sich signifikante Verbesserungen in Bezug auf die präoperativen
Werte feststellen (Wilcoxon-Test, p<0,001). Im weiteren Verlauf zeigten sich keine
statistisch signifikanten Unterschiede mehr zwischen den Restharnwerten der
frühen postoperativen Phase und den im weiteren Follow-up gemessenen Werten
(Wilcoxon-Test, p=0,397, Abbildung 12).
37
Abbildung 12: Restharnvolumina (n=73, n=78, n=60)
38
4.7
Ergebnisse aus Patientensicht
4.7.1 Allgemeine Zufriedenheit
45,3% (n=29) der behandelten Männer waren mit dem postoperativen Ergebnis
sehr zufrieden, gleich große Anteile bezeichneten sich als zufrieden, was
Abbildung 13 entnommen werden kann. Lediglich 3,1% (n=2) waren mit dem
Ergebnis unzufrieden. Aus dem Gesamtkollektiv sind im Verlauf 6,3% (n=4) der
Patienten aufgrund anderer Ursachen und unabhängig von der Operation
verstorben.
Abbildung 13: subjektive Zufriedenheit postoperativ
39
4.7.2 Notwendigkeit weiterer Interventionen
Des
Weiteren
wurden
die
Patienten
befragt,
ob
nach
erfolgter
Mundschleimhautplastik weitere Eingriffe an der Harnröhre erforderlich geworden
seien. 79,7% des Kollektivs (n=47) konnten dies verneinen, wie Tabelle 10
darstellt. Bei 13,6% (n=8) wurde einmalig eine Nachkorrektur erforderlich, bei
3,4% (n=2) zweimal. Es handelte sich hierbei um eine Urethrotomie nach Sachse,
danach waren keine weiteren Interventionen nötig.
Weitere zwei Patienten (3,4%) berichteten über vier oder mehr Prozeduren, von
denen ein Patient regelmäßige Bougierungen im dreimonatlichen Abstand angab,
bei dem anderen wurde eine erneute Mundschleimhautplastik nach 38 Monaten
nötig,
aufgrund
einer
hochgradigen
Striktur
im
Bereich
des
alten
Mundschleimhauttransplantates.
Tabelle 10: Interventionen (n) postoperativ
n
%
0
47
79,7
1
8
13,6
2
2
3,4
>4
2
3,4
Gesamt
59
100,0
40
4.7.3 Strikturlänge der Primärläsionen bei späteren Re-Strikturen
Bei der Auswertung der primären Strikturlängen der Patienten, bei denen eine ReStriktur nach Mundschleimhautplastik aufgetreten ist , zeigte sich, dass die Länge
der Enge präoperativ sonographisch gemessen zwischen 0,7 und 11,0 cm lag, im
Mittel 4,0±3,4 cm (Median 3,0). Bei den intraoperativ gemessenen Werten zeigte
sich eine Spannbreite von 1,0 und 7,5 cm, im Mittel 4,1±2,3 cm (Median 4,0)
(Abbildung 14 a+b und Tabelle 11). Im Mann-Whitney-U-Test lässt sich keine
statistische Signifikanz berechnen (p für die sonographisch gemessenen
Werte=0,241, p für die intraoperativ gemessenen Werte=0,454).
Abbildung 14 a+b: a) Sonographisch und b) intraoperativ ermittelte Strikturlänge
Tabelle 11: Länge der primären Strikturen bei Patienten mit Rezidiv
Sono (cm) Länge intraoperativ (cm)
n=10
n=10
Mittelwert±SD
4,0±3,4
4,1±2,3
Median
3,0
4,0
Minimum
0,7
1,0
Maximum
11,0
7,5
41
4.7.4 Harnwegsinfektionen
Bei 78% der Patienten (n=46) traten postoperativ keine Harnwegsinfektionen auf
(Tabelle 12). 13,6% (n=8) berichteten über eine einmalige Infektion, 8,5% (n=5)
über drei oder mehr Entzündungen der ableitenden Harnwege. Erfasst wurden
hier nur solche Infektionen, die mit Fieber und intravenöser Antibiotikaapplikation,
ggf. auch stationärem Aufenthalt einhergingen.
Tabelle 12: Harnwegsinfektionen (n)
n
%
0
46
78,0
1
8
13,6
3
2
3,4
4
1
1,7
5
1
1,7
7
1
1,7
Gesamt
59
100,0
4.7.5 Folgen
Die Patienten wurden des Weiteren über Besonderheiten befragt, die seit dem
Eingriff bestünden. Hierbei gaben 11,3% (n=9) der Männer an, von dauerhaften
Veränderungen betroffen zu sein. 2,5% (n=2) von ihnen berichteten über ein
verbliebenes
Taubheitsgefühl
im
Entnahmebereich
der
Mundschleimhaut.
Genauso viele Patienten berichteten über eine erektile Dysfunktion seit der
erfolgten Operation. Die größte Gruppe mit 6,3 % (n=5) beklagte eine andauernde
Inkontinenz, die das tägliche Tragen von Vorlagen erforderlich mache.
42
5 Diskussion
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Ergebnissen der in der Urologischen
Klinik
im
Marien
Urethrastrikturen,
Hospital
die
Herne
mittels
operierten
autologen
männlichen
Patienten
Mundschleimhauttransplantaten
mit
in
ventraler Onlay-Technik versorgt worden sind. Im Folgenden sollen die
Ergebnisse mit denen in der Literatur beschriebenen verglichen und ausgewertet
werden.
Patientenkollektiv und Genese
Mit einem Alter von im Mittel 58,6±14,5 Jahren waren die Patienten etwas älter als
in ähnlichen in der Literatur zu findenden Erhebungen [62, 64, 67, 75]. Besonders
genau untersucht sind in den unterschiedlichen Veröffentlichungen die Ursachen
der Urethrastrikuren. In einer aktuellen Meta-Analysen aus dem Jahre 2012
wurden 1439 männliche Patienten ausgewertet, die sich zwischen 2000 – 2010
einer operativen Therapie einer Urethrastriktur unterzogen haben [63]. Der
Großteil der Strikturen ließ sich auf iatrogene Einflüsse zurückführen (38,6%),
gefolgt von idiopathischen (35,8%) und traumatischen Gründen (10,8%) [63]. Eine
ähnliche Verteilung fand sich in unserem Kollektiv, wo die Gruppe der iatrogenen
Ursachen 61,3% ausmacht, gefolgt von den idiopathischen mit 25,3% und den
Traumata mit 9,3%. Auch in einer älteren Publikation von 2005 finden sich
ähnliche Verteilungsmuster, hier überwiegen allerdings die idiopathischen
Ursachen mit 34% leicht gegenüber den iatrogen bedingten mit 32% [33]. Ähnliche
Verteilungsmuster finden sich in anderen Erhebungen [3, 27]. Die große Gruppe
der idiopathischen Urethrastrikturen könnte dadurch bedingt sein, dass einige
Strikturen im Kindesalter unerkannt blieben oder gar kongenital vorhanden waren
[13]. Dass in unserer Arbeit der Anteil der Patienten mit iatrogenen verursachten
Urethrastrikturen höher ausfällt als in anderen Veröffentlichungen, könnte im
Zusammenhang mit dem etwas höheren Patientenalter stehen. Lumen et al.
haben in ihrer Publikation anschaulich dargestellt, dass bei Patienten über 45
Jahren ein höherer Anteil an iatrogenen Genesen zu finden ist, was auf die
häufiger
durchgeführten
Therapien
in
fortgeschrittenem
Lebensalter
zurückzuführen ist [53].
43
Vorangegangene Eingriffe
In Bezug auf die Anzahl der vorangegangenen Urethrotomien nach Sachse zeigte
sich in dieser Arbeit, dass die untersuchten Patienten im Median zweimal eine
solche Inzision der Urethra erfahren haben, bevor die Mundschleimhautplastik
durchgeführt worden ist. Lediglich 6,3% (n=5) der Patienten haben sich dieser
Prozedur vorher nicht unterzogen. Ähnliche Daten sind auch in anderen
Veröffentlichungen zu finden, Kessler et al. beschrieben bei 15,5% ihrer Patienten
eine einmalige, bei 6,3% eine zweimalige und bei 34,9% eine dreimalige oder
häufigere
Urethrotomie
nach
Sachse
vor
offen-chirurgischer
Transplantataufnähung. Die Zahl der vorangegangen Dilatationen wurde sogar mit
61,8% beziffert [48]. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, da die
Dilatation ebenso wie die Urethrotomie nach Sachse zu einer zunehmenden
Vernarbung und somit Vergrößerung des Defektes und Verlängerung der Striktur
führt und sich hiermit das Risiko für das Auftreten von Re-Strikturen erhöht [16,
29, 33, 38, 42, 44, 48, 68, 70, 72, 89].
Lokalisation
Die Verteilung der Lokalisation der Striktur dieser Arbeit zeigte ähnliche
Ergebnisse wie die Literatur. Der Großteil der Strikturen trat mit 64,6% bulbär auf,
gefolgt von den penilen mit 17,7%, den penil-bulbären mit 10,1% und den
sphinkternahen mit 7,5%. Ähnliche Verteilungsmuster fanden sich in der Arbeit
von Palminteri et al. (46,9% bulbär versus 30,5% penil, versus 9,9% penil-bulbär)
[63]. Die Strikturlänge variierte in den hier erhobenen Daten zwischen 0,3-11 cm,
was im Wesentlichen den Angaben der Literatur entspricht, wo Werte zwischen 317 cm, 2,5-12 cm sowie 1,5-24 cm angegeben werden [9, 27, 34]. Auch die
Transplantatlänge unterschied sich nur unwesentlich von anderen publizierten
Daten. Während bei den Operationen in Herne Mundschleimhauttransplantate von
1,5-12 cm Länge entnommen worden sind, beschrieben andere Autoren
Entnahmelängen von 3,5-17 cm, 2,5-5 cm sowie 2,5-8 cm [9, 27, 59].
Operationstechnik und -zeit
Im Marien Hospital Herne wurden die Mundschleimhauttransplantate durch MundKiefer-Gesichtschirurgen entnommen. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten,
den
Parotisausführungsgang
nicht
zu
verletzen,
um
Störungen
des
Speichelflusses zu vermeiden [28, 58]. Darüber hinaus sollte bei größeren
44
Transplantaten darauf geachtet werden, das Lippenrot nicht zu verletzten, da dies
Sensibilitätsstörungen sowie störende kosmetische Veränderung nach sich ziehen
kann [28]. Allerdings kann zur Gewinnung längerstreckiger Transplantate ein
gemeinsamer Streifen aus Wangen- und Lippenschleimhaut gewonnen werden
[82].
Im Marien Hospital betrug die Dauer der Eingriffe zwischen 55 und 250 Minuten.
Leider finden sich nicht in allen Arbeiten genaue Angaben zur Dauer der
Interventionen.
Elliott et al. beschrieben eine Operationszeit von 108 - 630
Minuten, allerdings wurden in dieser Arbeit nur Mundschleimhauttransplantate der
bulbären Urethra eingeschlossen [27]. Morey et al. gaben in einer Publikation von
1996 zwar an, dass die Operationsdauer signifikant kürzer war als bei anderen
Eingriffen, allerdings ohne genaue Zeitangaben [59]. Darüber hinaus wurden in
dieser Arbeit ebenfalls nur bulbäre Urethrastrikturen berücksichtigt. Auch
Pansadoro et al. gaben eine mittlere Operationszeit von 140 Minuten bei der
Versorgung bulbärer Urethrastrikturen an [67]. Heinke et al. berichteten in ihrer
Arbeit über Operationszeiten von durchschnittlich 143 Minuten, hier wurden im
Gegensatz zu den anderen Erhebungen sowohl bulbäre als auch penile Strikturen
in die Betrachtung eingeschlossen [40]. In unserem Kollektiv bestand zwischen
der Größe der Harnröhrenstriktur und der Operationszeit keine Korrelation.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Operationszeit durch das Vorgehen
mit
zwei
Operationsteams,
bestehend
aus
Urologen
und
Mund-Kiefer-
Gesichtschirurgen, wie dies im Marien Hospital Herne routinemäßig praktiziert
wird, verkürzt werden kann. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, da
dadurch Komplikationen durch eine lange Steinschnittlagerung des Patienten
vermieden werden können [59]. Anema et al. beschrieben in ihrer Arbeit eine Rate
von 10% neurologischer Ausfälle bedingt durch die Steinschnittlage [5].
83,5% der hier behandelten Patienten hatten präoperativ eine sterile Urinkultur.
Dies ist insbesondere deshalb wichtig, da früher die Urethrastrikturen deutlich
häufiger durch Infektionen, besonders der gonorrhoischen Urethritis, verursacht
worden sind. In der heutigen Zeit haben sich die Genesen zugunsten der bereits
erwähnten
ursächlichen
Ereignisse
(iatrogen,
idiopathisch,
traumatisch)
verschoben [50, 53].
Die
Patienten
erhielten
einen
transurethralen
Dauerkatheter
und
eine
suprapubische Blasenfistel nach dem Eingriff. Der Dauerkatheter wurde am
siebten postoperativen Tag entfernt, in anderen Veröffentlichungen teils erst nach
45
10 Tagen [34]. Die Miktionsfreigabe erfolgte nach 21 Tagen, wenn sich im
Urethrocystogramm eine restharnfreie Miktion ohne Paravasate zeigte. Auch in
anderen Studien ist man nach diesem Prinzip vorgegangen oder empfiehlt eine
solche Vorgehensweise [9, 34]. Haben sich bei der Kontrolle nach 21 Tagen noch
Leckagen gezeigt, wurde die suprapubische Blasenfistel für weitere sieben Tage
belassen, um ein längeres Einheilen des Transplantates zu ermöglich. Auch
Tritschler et al. empfehlen in ihrer Arbeit die Harnablassung mittels Katheter
aufgrund der instabilen Narbe nach Implantation eines Transplantates [85].
Darüber hinaus bewerteten sie die Anlage eines suprapubischen Katheters als
sinnvoll, um den transurethralen Katheter nach sieben Tagen zugunsten einer
Abheilung der Operationswunde ohne Fremdmaterial zu gewährleisten [85].
Postoperative Komplikationen und Operationserfolg
Wie in anderen Arbeiten in der Literatur zeigten sich auch bei den in Herne
operierten Patienten kaum postoperative Komplikationen. Bei zwei Patienten des
Kollektivs trat postoperativ eine Nachblutung auf, die eine Revision erforderlich
machte. Ein Patient erlitt einen Blutverlust von mehr als 500 ml, eine Transfusion
war nicht nötig. Bei einem weiteren Patienten kam es zwei Wochen nach dem
Eingriff zu einer Urosepsis, die stationär antibiotisch behandelt werden musste. Zu
Komplikationen im Bereich der Entnahmestelle der Mundschleimhaut wird weiter
unten noch ausführlicher Stellung genommen. Fichtner et al. beschrieben eine
postoperativ
aufgetretene
Fistel
in
der
bulbären
Urethra
und
eine
Transplantatnekrose im penilen Bereich, sowie zwei orale Komplikationen [34].
Elliott et al. hingegen berichteten, dass keine postoperativen Komplikationen
aufgetreten seien [27]. Im Hinblick auf die Beschwerden an der Entnahmestelle
des Transplanates zeigten sich ebenfalls nur sehr wenige Komplikationen. Ein
Patient erlitt eine Nachblutung an der Entnahmestelle, bei einem anderen kam es
zur Wunddehiszenz. Ein weiterer Patient beklagte eine Parotitis nach dem Eingriff,
bei einem Patienten kam es zu einer dauerhaften inkompletten Mundöffnung
durch starke Narbenbildung. Die bereits erwähnten oralen Komplikationen, die
Fichtner et al. beschrieben, ergaben sich ebenfalls durch Narbenbildung und
dadurch beeinträchtigte Lippenbewegung [34]. Kane et al. beschrieben in ihrer
Veröffentlichung einen Fall eines Wangenhämatoms, das eine operative
Entlastung erforderte [45]. Morey et al. hingegen berichteten über keinerlei
Komplikationen an der Entnahmestelle [59]. Auch Szulczewski et al. beschrieben
46
gute funktionelle Ergebnisse im Bereich der oralen Entnahmestelle, die keine
dauerhaften Schäden hinterließen, ebenso wie Eppley et al. und Cohen et al. [20,
30, 83]. Tolstunov et al. wiesen auf Komplikationen hin die nach einer
Mundschleimhautentnahme
entstehen
können
[84].
Sie
zählten
hierzu
insbesondere die Verletzung des Ausführungsganges der Glandula parotis, die
Störungen der Speichelproduktion nach sich ziehen könnte. Ebenso wurden eine
reduzierte Mundöffnung durch Narbenbildung im Entnahmebereich, Blutungen,
Infektionen, postoperative Schmerzen und Schwellungen sowie Verletzungen des
Nervus mentalis beschrieben, die zu Parästhesien führen könnten. All diese
Folgen wurden von den Autoren im frühen postoperativen Intervall beobachtet.
Beschwerden durch zu geringe Speichelbildung waren bereits in der ersten
postoperativen Woche rückläufig, Einschränkungen bei der Mundöffnung waren
nach drei Monaten bei keinem Patienten mehr nachweisbar. Blutungen und
Infektionen im Entnahmebereich wurden nicht beobachtet. Parästhesien durch
Verletzungen des Nervus mentalis werden als extrem selten angegeben und
kommen insbesondere bei atypischen anatomischen Verläufen vor [84]. Der gute
Heilungsverlauf war auf die strenge submuköse Präparation der Transplantate
ohne Verletzung der muskulären Strukturen zurückzuführen [52]. Auch Barbagli et
al. beschrieben gute Resultate im Hinblick auf die Komplikationsrate an der
Entnahmestelle der Mundschleimhaut. In ihrer Erhebung wurden die Patienten
befragt, ob sie sich einer solchen Prozedur auch ein zweites Mal unterziehen
würden. Diese Frage beantworten 98% der Patienten mit einem „Ja“, nur 2%
verneinten die Bereitschaft zu einem wiederholten Eingriff [11]. Die Autoren
beschrieben im Folgenden, dass es sich bei den 2% der Patienten um solche
handelte, die bereits mehrere erfolglose Eingriffe an der Urethra hinter sich hatten
und auch bei der aktuellen Studie leider keinen dauerhaften Operationserfolg
verzeichnen konnten. Aufgrund dessen stellten sie die Hypothese auf, dass die
Unzufriedenheit über den urologischen Eingriff, die Beurteilung der oralen
Entnahmestelle negativ beeinflussen könnte [11]. Darüber hinaus wiesen Duckett
et al. bereits 1995 auf die Vorteile der Mundschleimhaut gegenüber anderen
Spendermaterialien hin, wie beispielsweise Blasenmukosa oder Vollhaut [26].
Diese ist zurückzuführen auf die bessere Vaskularisierung der Mundschleimhaut
und die dünne Lamina propria, in der die Basalzellen des Epithels eine bessere
Überlebenschance haben [26]. Das relativ dicke Epithel der Mundschleimhaut
macht sie mechanisch stabil und damit unempfindlich gegen Bewegungen im
47
Urogenitaltrakt [12, 35]. Darüber hinaus bestehen weitere Vorteile in der
konstanten Verfügbarkeit, einfachen Gewinnung sowie günstiger immunologischer
Eigenschaften wie beispielsweise der Widerstandsfähigkeit gegenüber Infektionen
oder Hauterkrankungen und nicht zuletzt in ihrer haarlosen Beschaffenheit [35].
Auch konnte in immunhistochemischen Untersuchungen nachgewiesen werden,
dass sich der Gehalt an Immunglobulin A in beiden Geweben gleicht. Auch die
Expression von Zytokeratin 20 sowohl im Urothel als auch in der transplantierten
Mundschleimhaut liefert einen Nachweis für die Ähnlichkeit beider Gewebe [35].
Die gleiche Studie konnte zeigen, dass nach sieben Monaten, die die
transplantierte Mundschleimhaut und das Vollhauttransplantat permanentem
Urinkontakt ausgesetzt waren, es zu signifikant weniger Entzündungen, weniger
Narbengewebe und keinen Nekrosen bei der Mundschleimhaut gekommen war
[35]. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Mundschleimhaut als
autologes Transplantat ideale Voraussetzungen zur Verpflanzung mitbringt. Ein
weiterer Vorteil ist darin zu sehen, dass durch die Entnahme für den Patienten
keine störenden kosmetischen Narben entstehen [3]. Auch Wang et al. verglichen
in einer Meta-Analyse die Eigenschaften unterschiedlicher Spendermaterialien
und kamen zu dem Schluss, dass bei Verwendung der Mundschleimhaut die
besten Ergebnisse zu erzielen waren [88].
Erfreulicherweise waren in unserem Patientenkollektiv bei 79,7% keine weiteren
Eingriffe nach erfolgter Mundschleimhautplastik nötig. Bei acht Patienten (13,6%)
wurde einmalig nach dem Eingriff eine weitere Prozedur vorgenommen, bei zwei
Patienten (3,4%) zweimal. Weitere zwei Patienten mussten sich viermal oder mehr
einer erneuten Behandlung unterziehen. Bei den Eingriffen handelte es sich
entweder um eine Urethrotomia interna nach Sachse oder Bougierungen. Ein
Patient berichtete über Bougierungen im Abstand von jeweils 3 Monaten, da er ein
erneutes offen-chirurgisches Verfahren ablehnte. Lediglich bei einem Patienten
wurde nach 38 Monaten eine erneute Mundschleimhautplastik nötig aufgrund
einer
hochgradigen
Harnröhrenstriktur
im
Bereich
des
alten
Mundschleimhauttransplantates. Die Zahlen decken sich mit den in der Literatur
als Gesamterfolg angegebenen Daten. Markiewicz et al. beschrieben in einem
systematischen Überblick von Studien bis 2006 eine Erfolgsrate von 76,4%
insgesamt, von denen in reiner Onlay-Technik operierten Patienten betrug die
Erfolgsrate 79,2% (davon 87,7% Erfolgsrate bei ventralen Onlays und 68,2% bei
dorsalen Onlays) [55]. Andere Autoren geben Erfolgsraten von 84% [7], 90% [27],
48
94,3% [45], 86% [62], 94% [36] und 96% [67] an. In all den hier erwähnten Studien
wurden allerdings nur bulbäre Urethrastrikturen untersucht. Zusammenfassend
kann
gesagt
werden,
dass
es
sich
bei
der
Urethroplastik
Mundschleimhauttransplantat um eine komplikationsarme Technik
mit
handelt,
allerdings treten Komplikationen in 10-20% der Fälle auf [34, 91]. In diesem
Zusammenhang waren viele Autoren übereinstimmend der Ansicht, dass die
Komplikationsrate
mit
der
Anzahl
der
vorangegangenen
Eingriffe
stieg,
insbesondere durch die Häufigkeit der präoperativ durchgeführten Urethrotomien
nach Sachse, die zu einer zunehmenden Vernarbung und somit Vergrößerung des
Defektes und Verlängerung der Striktur führten und dadurch das Risiko für ReStrikturen erhöhten [16, 29, 33, 38, 42, 44, 48, 68, 70, 72, 89]. Aufgrund dessen
wurde dazu geraten, frühzeitig eine Versorgung durch ein offen-chiurgisches
Verfahren anzustreben [29, 40, 48, 65]. Die höchsten Erfolgsraten werden von der
Urethrotomie nach Sachse bei Erstdiagnose einer bulbären Striktur mit einer
Länge von < 1,0 bzw. 1,5 cm erreicht und sollten bei dieser Art der Verengung
auch weiterhin primär durchgeführt werden [54, 85].
Unterschiedliche Autoren beschrieben die Möglichkeit der Verbesserung der
langfristigen Ergebnisse mit einer postoperativ durchgeführten Urethrotomia
interna nach Sachse nach erfolgter Mundschleimhautplastik. Barbagli et al.
konnten damit die Erfolgsrate bei fünf weiteren Patienten steigern [7], Elliott et al.
berichteten über eine Steigerung der Erfolgsrate von 90% auf 97% nach
einmaliger Urethrotomia nach Sachse [27]. Eine ähnlich gute Steigerungsrate
beschrieben Kellner et al. bei ventralen Onlays, wo die anfängliche Erfolgsrate bei
87% lag und nach einmaliger Urethrotomia nach Sachse zu einer Erfolgsrate von
96% führte [46]. Auch in unserer Arbeit zeigten sich ähnliche Resultate. Insgesamt
wurde eine primäre Erfolgsrate von 79,7% erzielt. Durch ein- bzw. zweimalige
Urethrotomien nach Sachse konnte die Erfolgsrate sogar auf 96,7% gesteigert
werden.
Kane et al. beschrieben in ihrer Übersichtsarbeit verschiedener Studien hohe
Erfolgsraten zwischen 54-100%, bemängelten allerdings die große Heterogenität
der einzelnen Veröffentlichungen [45]. Da in den verschiedenen Arbeiten häufig
unterschiedliche Techniken wie beispielsweise die Onlay-Technik, die TubeTechnik oder auch End-zu-End-Anastomosen sowie unterschiedliche Ursachen
wie
etwa
vorangegangene
Hypospadiekorrekturen
und
Urethrastrikturen
unterschiedlicher Genesen miteinander verglichen wurden, war eine exakte
49
Beurteilung der Daten mitunter schwierig [45]. Auch Kessler et al. und Tritschler et
al. wiesen auf die erschwerte Vergleichbarkeit der in der Literatur zu findenden
Studienergebnisse hin [47, 86]. Diese ergab sich aus der Tatsache, dass bislang
nur retrospektive Studiendesigns vorlagen, in denen unterschiedlich lange
Nachbeobachtungszeiten
und
teils
unterschiedliche
Transplantatmaterialien
miteinander verglichen worden sind. Auch waren die Patientenkollektive sowie die
Auswahlkriterien für das jeweils gewählte Transplantat sehr inhomogen. Daher
verwiesen sie darauf, all diese Faktoren bei der Analyse der unterschiedlichen
Veröffentlichung zu berücksichtigen [47, 86].
Im Zusammenhang mit postoperativen Komplikationen und der Höhe der ReStrikturrate wiesen Santucci et al. darauf hin, dass Re-Strikturen, die innerhalb von
drei Monaten nach dem Eingriff vorkamen, auf technische Fehler hindeuteten [75].
Später auftretende Re-Strikturen waren hingegen eher auf das Wiederauftreten
oder als Progression der ursprünglichen Genese, beispielsweise idiopathischer
oder entzündlicher Natur, zu sehen [27, 75]. In der Literatur fanden sich für diese
Theorie keine weiteren Hinweise. Es fand sich der Verweis, dass die Rate der
Harnwegsinfektionen
mit
der
Höhe
der
Re-Strikturrate
und
somit
dem
Operationserfolg in Zusammenhang stünde [70].
In dieser Arbeit zeigte sich, dass die Patienten, die postoperativ eine Re-Striktur
entwickelten, im Mittel etwas längere Harnröhrenengen aufwiesen als Patienten
ohne Rezidiv (Mittelwert 2,6±2,1cm bei allen Patienten sonographisch ermittelt
versus 4,0±3,4 bei Patienten mit Re-Strikturen, bei intraoperativ gemessenen
Werten 3,5±1,9 cm bei allen Patienten versus 4,1±2,3cm bei Patienten mit ReStrikturen). Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant. Auch andere
Autoren beschrieben Re-Strikturen häufiger bei längeren Primärstrikturen [32, 56].
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die Länge der Strikturen neben
vorangegangenen Behandlungen als Risikofaktor für das Auftreten erneuter
Harnröhrenengen angesehen werden kann [16, 32, 56].
Der überwiegende Teil der Autoren berichtete über bessere Ergebnisse im
Bereich der bulbären Urethra gegenüber den penil gelegenen Strikturen [4, 37, 88,
91]. Wessels et al. führten dies darauf zurück, dass die penile Urethra über eine
schlechtere Blutversorgung als die bulbäre Urethra verfügt und damit ein
schlechteres Empfängerbett für freie Transplantate darstellte [90]. Allerdings
waren sie der Auffassung, dass dieses Problem reduziert werden könnte, wenn
die Striktur in der ventralen oder dorsalen Mittellinie eingeschnitten würde und
50
dadurch die anatomisch vorgegebene Blutzufuhr nicht beeinträchtigt oder
unterbrochen würde [90]. In diesem Zusammenhang hoben sie vor allem die
Vorteile der dorsalen Onlay-Technik hervor, die zu sehr guten Ergebnissen führte,
auch dann, wenn im ventralen Teil der Urethra schlechte Voraussetzungen für ein
Einwachsen des Transplantates vorherrschten [90].
In dieser Arbeit zeigte sich kein Unterschied zwischen den bulbären und penilen
Strikturen im Hinblick auf die postoperativ notwendig gewordenen Interventionen.
Diese waren bei sieben Patienten mit bulbären Stenosen, bei zwei Patienten mit
peniler Stenose sowie bei drei Patienten mit penil-bulbären Stenosen erforderlich.
Auch Dobkowicz et al. beschrieben keine erhöhte Komplikationsrate bei
Verwendung des Mundschleimhauttransplantates in der penilen Harnröhre [23].
Dubey et al. sahen in der
Mundschleimhaut ein sehr gutes Material zur
Verwendung als freies Transplantat in allen Teilen der vorderen Urethra ohne
Unterschiede im Ergebnis zwischen bulbären oder penilen Engen [24]. Somit
zeigte sich in der hiesigen Arbeit eine Erfolgsrate von 79,7%, die durchaus
vergleichbar ist mit vielen anderen Studien, obwohl hier bulbäre und auch penile
Strikturen in die Beurteilung miteingegangen sind, was die guten Ergebnisse der
Operationen unterschiedlicher Lokalisation unterstreicht. Die erfreulich hohe
Erfolgsrate in dieser Arbeit kann auch durch die bei allen Patienten durchgeführte
ventrale Onlay-Technik bedingt sein. Bereits 1998 beschrieben Venn et al.
bessere Ergebnisse mit der Onlay-Technik im Vergleich mit Tubes [87].
Markiewicz et al. fanden in ihrer Übersichtsarbeit eine Erfolgsrate von 87,7% bei
Patienten mit Urethrastrikturen, die mit ventralen Onlays versorgt worden waren.
Demgegenüber stand die Gruppe der mit dorsalen Onlays behandelten Patienten
mit einer Erfolgsrate von 68,2% [55]. Auch Heinke et al. beschrieben eine
Erfolgsrate von 80% bei Anwendung der ventralen Onlay-Technik. Sie sehen die
Vorteile dieser Methode in der einfacheren Strikturexposition, schnellerer
Dissektion und Mobilisierungszeit, sowie einfacheren Transplantataufnähung, was
insgesamt zu einer kürzeren Operationszeit führt [40].
Barbagli, der 1996 die
dorsale Onlay-Technik ausführlich beschrieb und diese Technik dadurch populär
machte, berichtete hingegen über bessere Ergebnisse der dorsalen Methode als
der zuvor häufiger angewandten ventralen Onlay-Technik [10]. Insbesondere die
Reduktion der Blutungsneigung im Bereich des Corpus spongiosum und das
Verhindern der mechanischen Schwächung des Transplantates sahen die Autoren
als großen Vorteil gegenüber der ventralen Technik [10]. Zu ähnlichen Resultaten
51
kam auch eine andere Arbeitsgruppe, die die ventrale mit der dorsalen Technik
verglich. Hierbei zeigten sich Sakkulationen und Divertikelbildungen nach
Verwendung der ventralen Onlay-Technik bei sechs von 21 Patienten.
Demgegenüber stand die Gruppe der 19 in dorsaler Onlay-Technik operierten
Patienten, in der keiner solche postoperativen Veränderungen zeigte. Die Autoren
beschrieben hier sogar eine nahezu normal anmutende Urethra in dem
postoperativ durchgeführten retrograden Urethrogramm
beschrieben
in
ihrer
Veröffentlichung,
dass
sie
[15]. Kane et al.
keine
Korrelation
von
Sakkulationen und einem schlechteren postoperativem Ergebnis fanden. Sie
betonten, dass die Bedeutung des radiologischen Nachweises von Sakkulationen
noch immer unklar bleibt. Patienten aus dieser Erhebung hatten trotz
Sakkulationen gute Harnflusskurven, so dass die Autoren hier nur eine geringe
klinische Relevanz sahen. Gleichwohl empfahlen sie die Vermeidung der
Aussackungen durch eine möglichst genaue Anpassung des benötigten
Transplantates für die vorhandene Strikturlänge [45].
Parameter des Operationserfolges
Als weitere objektive Parameter der erfolgreichen Operationen wurden der
maximale
Harnstrahlfluss
(Q
max
-
Wert)
mittels
Uroflowmetrie,
das
Miktionsvolumen sowie die Restharnbestimmung direkt nach Blasenentleerung
erhoben. Hierbei zeigte sich ein Anstieg des Q max - Wertes im Mittel präoperativ
von 11,0±5,6 ml/s auf 18,2±8,9 ml/s in der ersten postoperativen Kontrolle, die drei
Wochen nach dem Eingriff erfolgte. Diese Verbesserung war statistisch signifikant
(p < 0,001). Im weiteren Follow-up wurden Q max - Werte von im Mittel 17,2±9,3
ml/s gemessen. Diese Stabilisierung macht deutlich, dass es im Verlauf zu keiner
wesentlichen Änderung des maximalen Harnstrahlflusses kam. Dadurch ist die
Festigung der Werte nach erfolgtem Eingriff ersichtlich, deren Niveau in den
weiteren Kontrollen gehalten werden konnte. Über ähnliche Verbesserung in der
Uroflowmetrie berichteten auch Morey et al. mit einem Anstieg der Q max - Werte
von präoperativ 5,2 ml/s auf postoperativ 22,6 ml/s [59] ebenso wie Kane et al.
von 7,9 ml/s präoperativ auf 30,9 ml/s postoperativ [45]. Auch Erickson et al.
beschrieben
Verbesserungen
des
Q
max
-
Wertes
nach
erfolgreich
durchgeführten Urethroplastiken, wohingegen bei Patienten mit aufgetretenen ReStrikturen
diese
Verbesserungen
bei
der
Messung
des
maximalen
Harnstrahlflusses nicht nachzuweisen waren [31]. Der Anstieg des maximalen
52
Harnstrahlflusses wird als Operationserfolg gewertet, da durch den Anstieg des Q
max
-
Wertes
eine
Verbesserung
der
zuvor
bestandenen
Blasenentleerungsstörung des Patienten objektiviert werden kann. Auch die
sonographisch
gemessenen
Restharnwerte
zeigten
statistisch
signifikante
Verbesserungen im Vergleich der prä- mit den postoperativen Werten. Wurden vor
dem Eingriff Werte von durchschnittlich 79,6±97,7 ml gemessen, reduzierte sich
das Volumen postoperativ auf 29,1±56,0 ml bei der ersten Kontrolle nach drei
Wochen (p<0,001). Im weiteren Follow-up wurden Werte von im Mittel 20,4±26,0
ml gemessen, die immer noch eine statistisch signifikante Verbesserung im
Vergleich
zu
den
präoperativen
Werten
darstellten
(p<0,001).
Dies
ist
insbesondere deshalb von Bedeutung, da die Restharnbestimmung zusammen
mit der Uroflowmetrie auf Blasenentleerungsstörungen hinweist. Geringere
Restharnmengen, die sonographisch nachzuweisen sind, stellten somit ebenfalls
einen weiteren Parameter für den Operationserfolg dar. In der Literatur wurden
kaum genaue Restharnwerte angegeben. Hier wurde der Operationserfolg oft
definiert als Wasserlassen ohne Beschwerden und Rezidivfreiheit
durchgeführten
offen-chirurgischen
Verfahren.
Weitere
nach
radiologische
Untersuchungen wurden eingeleitet, wenn sich ein Q max - Wert von unter 14ml/s
in der Uroflowmetrie zeigte [8, 9]. Ähnliche Maßstäbe setzten Breyer et al. in dem
sie den Operationserfolg definierten als maximalen Harnstrahlfluss in der
Uroflowmetrie größer 15 ml/s, radiologisch nicht nachweisbarer Re-Striktur sowie
Ausbleiben weiterer Eingriffe an der Urethra [16].
Mehrsai et al. beschrieben
ebenfalls eine Verminderung des sonographisch gemessenen Restharnwertes von
550 ml präoperativ auf 35 ml postoperativ [57]. Bei dieser Studie wurden allerdings
keine Onlay-flaps verwendet, sondern die Patienten mittels einer umlaufenden
Tube-Technik operiert.
Harnwegsinfektionen
Des Weiteren wurden die Patienten im Rahmen der letzten Kontrolle bezüglich
des Auftretens von Harnwegsinfektionen nach erfolgtem Eingriff befragt, ebenso
wurden dauerhafte Komplikationen eruiert, die sich auch nach mehr als 18
Monaten nicht gebessert hatten. Entzündungen der ableitenden Harnwege traten
bei 22,1% der Patienten (n=13) auf. 13,6% (n=8) von ihnen berichteten über eine
einmalige Episode, fünf Patienten (8,5%) litten dreimal oder häufiger an
53
Harnwegsinfektionen. Die geringe Zahl der Infektionen könnte durch die
postoperativ verminderte Restharnmenge bedingt sein, da zu den vesikalen
Faktoren einer Urozystitis Restharn gezählt wird [73].
Postoperative Folgen
Die postoperativen Folgen des Eingriffes, die auch nach 18 Monaten nicht
zurückgegangen waren, fallen mit 11,3% (n=9) erfreulicherweise niedrig aus.
Hierbei geben zwei Patienten eine dauerhafte Sensibilitätsstörung im Bereich der
Entnahmestelle der Mundschleimhaut an. Fünf Patienten berichteten über eine
anhaltende Inkontinenz, die das ständige Tragen von Vorlagen erforderlich
machte und weitere zwei Patienten litten an einer erektilen Dysfunktion, die
bislang keine Besserungstendenz zeigte. Betrachtet man die Langzeitergebnisse
aus der Arbeit von Andrich et al., zeigten sich ähnliche dauerhafte Beschwerden,
wie erektile Dysfunktionen bei 2%, Nachträufeln post mictionem in 28% der Fälle,
Harnwegsinfektionen bei 5% und urethrokutane Fistelbildung bei 3% des
Kollektivs [1]. Somit kann zusammenfassend gesagt werden kann, dass der
überwiegende Teil der Patienten auch 12 und mehr Monate nach dem Eingriff
beschwerdefrei blieb, allerdings eine geringe Anzahl von Patienten dauerhafte
Beeinträchtigungen in Kauf nehmen musste.
Subjektive Zufriedenheit
Vor diesem Hintergrund war die Betrachtung der subjektiven Zufriedenheit nach
der Operation in unserer Untersuchung umso erfreulicher. Hierbei gaben 45,3%
(n=29) an, sehr zufrieden mit dem Ergebnis zu sein, ein gleich großer Anteil
(45,3%, n=29) bezeichnete sich als zufrieden. Unzufrieden zeigten sich lediglich
3,1% (n=2) der behandelten Männer. Zu ähnlich Ergebnissen kamen Heinke et al.
Hierbei waren lediglich 8,6 % (n=3) der Patienten unzufrieden mit dem Ergebnis
des Eingriffes, mehr als 80% (n=29) bezeichneten sich als zufrieden oder sehr
zufrieden [40].
Auch Dubey et al. befragten die Patienten nach ihrer Zufriedenheit sechs Monate
nach dem Eingriff. Hierbei wurde die Gesamtzufriedenheit der Patienten zwischen
solchen, die sich einer Mundschleimhautplastik unterzogen, mit denen nach
peniler flap-Technik verglichen. Dabei gaben 35,7% (n=10) der Patienten der „flapGruppe“ an, diesen Eingriff nicht weiterzuempfehlen, in der Gruppe der
Mundschleimhaut-Operationen lehnten nur 11,1% (n=3) diese Empfehlung ab [25].
54
Diese
Ergebnisse
geben
Hinweise
auf
die
gute
Anwendbarkeit
der
Operationstechnik und sollten Anlass sein, Patienten mit Urethrastrikturen mittels
dieses Eingriffes frühzeitig zu behandeln [29].
55
6
Zusammenfassung
Harnröhrenstrikturen
und
ihre
Therapiemöglichkeiten
stellen
schon
seit
Jahrhunderten eine Herausforderung für Patienten und zunehmend auch für den
Behandler dar. Hierbei wurden bereits in der Antike einfachste Techniken
angewendet und fortlaufend zu technisch aufwändigen Therapien weiterentwickelt.
Neben anatomischen Unterschieden und verschiedenen Ursachen der Erkrankung
wurden in dieser Arbeit vorangegangene Eingriffe an der Urethra ebenso
untersucht wie nach dem Eingriff aufgetretene Komplikationen und die Rate der
Re-Strikturen. Nicht außer Acht gelassen wurde ebenfalls die Zufriedenheit der
Patienten nach dem Eingriff, so dass der subjektive wie auch der objektive Erfolg
des Eingriffes erfasst wurde. Hierzu wurden 79 männliche Patienten untersucht,
die in den Jahren 2005 bis 2010 in der Urologischen Klinik des Marien Hospitals
Herne an einer Urethrastriktur in ventraler Onlay-Technik mit einem autologen
Mundschleimhauttransplantat operiert worden sind. Dabei fanden sich folgende
Ergebnisse: Die Patienten waren im Mittel 58,6±14,5 Jahren alt, der Großteil der
Strikturen war iatrogen bedingt (61,3%), gefolgt von idiopathischen (25,3%) und
traumatischen (9,3%). 93,7% der Patienten wurden bereits vor der erfolgten
Operation mittels einer oder mehreren Urethrotomien nach Sachse behandelt, im
Mittel erfolgte dies 2,2 Mal. Bei drei Patienten handelte es sich um eine erneute
Mundschleimhautplastik (3,8%). Die Lokalisation war mit 64,4% größtenteils
bulbär gelegen, gefolgt von penilen Strikturen (17,7%) und anderen Mischformen
(17,6%). Die Länge der Striktur betrug im Mittel 2,6±2,1 cm sonographisch und
3,5±1,9 cm intraoperativ gemessen. Eine durchschnittliche Operationszeit von
132,3±34,9 Minuten ergab bei der Analyse keine signifikante Korrelation in Bezug
auf die Strikturlänge. Bei präoperativ durchgeführten Urinkulturen konnten in
83,5% sterile Kulturen nachgewiesen werden. Im Mittel dauerte es 23,2±4,8 Tage
bis zur Miktionsfreigabe. Postoperativ wurden lediglich bei 5,1% der Patienten
Komplikationen beobachtet, diese zeigten sich hauptsächlich in Nachblutungen
und einer Urosepsis. Auch zeigten sich 94,9% der Patienten ohne orale
Komplikationen. Selten aufgetretene Beschwerden bildeten sich innerhalb weniger
Wochen zurück. Auch der Vergleich der prä- mit den postoperativen Werten für
den maximalen Harnstrahlfluss (Q max) zeigte eine signifikante Verbesserung von
11,0±5,6 ml/s auf postoperativ 18,2±8,9 ml/s (p<0,001). Ebenso reduzierte sich die
sonographisch gemessene Restharnmenge von präoperativ 79,6±97,7 ml auf
56
29,1±56,0 ml postoperativ. Auch diese Verbesserung war statistisch signifikant
(p<0,001). Insgesamt bezeichneten sich 90,6% der Patienten als zufrieden oder
sehr zufrieden. 79,7% des Kollektivs benötigten keine weiteren Eingriffe. 17,0%
wurde mit einer ein- bzw. zweimaligen Urethrotomie nach Sachse zur dauerhaften
Beschwerdefreiheit verholfen und somit konnte die primäre Erfolgsrate von 79,7%
auf 96,7% gesteigert werden. Bei einem Patienten wurde innerhalb von 38
Monaten eine erneute Mundschleimhautplastik nötig. Darüber hinaus zeigt sich,
dass die Re-Strikturen insgesamt häufiger bei primär längeren Engen der
Harnröhre vorkommen. Als dauerhafte Folgen konnten in 2,5% ein verbliebenes
Taubheitsgefühl im Entnahmebereich und in weiteren 2,5% eine andauernde
erektile Dysfunktion festgestellt werden. Bei 6,3% verblieb eine Inkontinenz.
Unter Hinzuziehung der aktuellen Literatur kann zusammengefasst werden, dass
sich
die
Mundschleimhautplastik
zur
Behandlung
der
Urethrastrikturen
unterschiedlicher Genesen sehr gut eignet. Die Operationszeiten und Erfolgsraten
decken sich mit den in der Literatur angegebenen Zahlen, ebenso wie die geringe
Rate an urologischen und oralen Komplikationen. Anders als in der Literatur zeigte
sich in dieser Arbeit kein Unterschied zwischen den Erfolgsraten unterschiedlicher
Lokalisationen, hier erzielten bulbäre wie auch penile Strikturen gleich gute
Ergebnisse. Ebenso konnten trotz höherem Lebensalter der behandelten
Patienten, gute Resultate erbracht werden. Beide Faktoren unterstreichen die
Sicherheit und Erfahrung der hier beteiligten Operateure. Objektivierbare
Operationserfolge konnten mit Harnstrahlflusskurven und Restharnbestimmungen
dargelegt werden, zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch andere Autoren. Auch
die Zufriedenheit der Patienten mit dem Eingriff, sowie die geringe Rate an später
notwendig gewordenen Interventionen decken sich mit den Angaben der Literatur.
Es konnte somit insgesamt herausgearbeitet werden, dass es sich bei der
ventralen Onlay-Technik mit autologer Mundschleimhauttransplantation zur
Rekonstruktion
von
Urethrastrikturen
um
ein
komplikationsarmes
Operationsverfahren handelt, das zu einer hohen Rate an objektiv und subjektiv
messbaren Erfolgen führt. Unter Berücksichtigung der aktuellen Literatur sollte
dieses Verfahren in Zukunft frühzeitig angewandt werden, um Komplikationen
durch vorangegangene endoskopische Verfahren zu minimieren und dadurch
langfristige Erfolge zu ermöglichen.
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Danksagung
An dieser Stelle möchte ich ganz besonders Herrn Prof. Dr. med. Noldus, Direktor
der Urologischen Klinik des Marien Hospital Herne, danken für die Vergabe der
Arbeit, die Unterstützung während der Fertigstellung und den Glauben daran,
diese Promotion auch während des Berufsalltags fertigzustellen zu können.
Darüber hinaus gilt mein Dank Herrn Dr. med. Lipphardt, Funktionsoberarzt, sowie
Frau Dr. med. Braun, Funktionsoberärztin der Urologischen Klinik des Marien
Hospital Herne, die mir in allen Fragen hilfreich zur Seite standen und mit vielen
Anregungen zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.
Ich danke Frau Dr. med. Tanja Kottmann für die kompetente statistische Beratung
und häufige Ansprechbarkeit.
Meinen Eltern danke ich für die unermüdliche Unterstützung zu jeder Zeit sowie
die
gegebene
Möglichkeit,
das
Studium
der
Humanmedizin
erfolgreich
abzuschließen.
Mein abschließender Dank gilt meinem Mann Thomas Aretz, der mir immer
beratend und unterstützend zur Seite stand und mit viel Verständnis und teils auch
Nachsicht die Durchführung dieser Arbeit ermöglichte.
Nicht zuletzt danke ich unserem Sohn Philipp, dessen nahende Geburt sich als
„Katalysator“ bei der Fertigstellung der Arbeit herausstellte.
Lebenslauf
Persönliche Daten
Name:
Magdalena Aretz, geb. Bergmann
Geburtsdatum-/ort:
12.03.1980 in Elblag/Polen
Schulbildung
1986 – 1990
Aabachgrundschule Ahaus
1990 – 1992
Bischöfliche Canisiusschule Ahaus
1992 – 1999
Gymnasium Canisianum Lüdinghausen
Abschluss: Abitur
Hochschulbildung
1999 – 2006
Studium der Humanmedizin an der
Humboldt Universität zu Berlin
Beruflicher Werdegang
07/06 – 02/10
Assistenzärztin der Augenheilkunde im Klinikum
Dortmund
03/10 – 10/10
Assistenzärztin der Augenheilkunde an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
seit 11/10
Assistenzärztin der Augenheilkunde im Klinikum
Dortmund
seit 08/11
Fachärztin für Augenheilkunde
seit 05/12
Fellow of the European Board of Ophthalmology
seit 07/14
tätig in Augenarztpraxis Dr. Hoops, Dortmund
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