9 Optische Eigenschaften Die Wechselwirkung von Festkörpern mit elektromagnetischen Feldern ist ein äußerst komplexer Vorgang, der je nach der Frequenz der elektromagnetischen Strahlung zu ganz unterschiedlichen Prozessen führt. Andererseits werden wir hier zunächst nur die Wechselwirkung von Licht mit den Kristallelektronen behandeln. Die angewendete Quantenmechanik ist nicht relativistisch, während die elektromagnetischen Wellen als Lösungen der Wellengleichung invariant gegenüber Lorentz-Transformationen sind. Für die hier behandelten Prozesse genügt aber eine halbklassische Vorgehensweise, bei der wir die Wechselwirkung von Punktladungen mit klassischen elektromagnetischen Feldern darstellen und diese gegebenenfalls auch in quantisierter Form verwenden. 9.1 Elektron-Photon-Wechselwirkung Die Wechselwirkung geladener Massenpunkte mit elektromagnetischen Feldern kann man von zwei unterschiedlichen Grenzfällen her angehen. Bewegte elektrische Ladungen e j mit Bahnkurven rj (t) können als Ladungsdichte ρ und elektrische Stromdichte j aufgefasst werden ρ(r, t) = X j ej δ r − rj (t) und j(r, t) = X j ej ṙj (t)δ r − rj (t) , die auf Grund der Maxwell-Gleichungen die Ursache elektromagnetischer Felder sind. Dies führt z.B. bei beschleunigten Punktladungen zu Energieverlust durch Abstrahlung elektromagnetischer Energie. Betrachtet man umgekehrt eine Punktladung e in einem gegebenen elektromagnetischen Feld, dessen erzeugende Ladungen und Ströme weit entfernt sind, so entsteht eine Bahnkurve r(t) im Rahmen der klassischen Mechanik durch die Lorentz-Kraft mr̈ = e(E + ṙ × B), (9.1) wobei angenommen sei, dass sich die elektrische Feldstärke E und die magnetische Induktion B durch die Punktladung nicht verändern. Werden die Felder E und B durch die Potenziale A und φ wie in Gl. (5.42) ausgedrückt: E = −∇φ − Ȧ, B = ∇ × A, so erhält man die Bewegungsgleichung Gl. (9.1) mit Hilfe der Lagrange-Funktion L(r, ṙ) = m 2 ṙ + eṙ · A − eφ 2 und den Euler-Lagrange-Gleichungen d ∂L ∂L − = 0. dt ∂ ṙ ∂r Der zu r kanonisch konjugierte Impuls ist p = H(r, p) = ∂L = mṙ + eA und die Hamilton-Funktion lautet ∂ ṙ 1 (p − eA)2 + eφ, 2m woraus man mit den Hamiltonschen Gleichungen wiederum die Bewegungsgleichung Gl. (9.1) erhält. Wie in Abschn. 5.6 gezeigt, kann die Strahlung elektromagnetischer Wellen auch in Strahlungseichung mit φ = 0 und ∇ · A = 0 beschrieben werden, indem eine geeignete Eichtransformation durchgeführt wird. Betrachtet man nun ein Elektron der Masse m e und der Ladung 92 e = −e0 in einem durch A(r, t) gegebenen Strahlungsfeld und zusätzlich in einem davon unabhängigen elektrostatischen Potenzial v(r), das z.B. von den Atomkernen in einem Festkörper herrührt, so erhält man die Hamilton-Funktion H= 1 (p − eA)2 + v(r). 2me Den Übergang zur Quantenmechanik vollziehen wir in einer halbklassischen Weise, indem wir einerseits den Impulsoperator p = −ih̄∇ einsetzen und andererseits die Energie des elektromagnetischen Strahlungsfeldes nach Gl. (5.49) mit E = − Ȧ und B = ∇ × A verwenden. Der Hamilton-Operator beschreibt dann das Elektron, die elektromagnetische Strahlung und die Wechselwirkung zwischen beiden 2 1 h̄ ∇ − eA + v(r) + H= 2me i 2 1 h̄ = ∇ − eA + v(r) + 2me i Z 1 ε0 E2 + 2 Z 1 h ε0 Ȧ2 + 2 1 2 3 B dr µ0 i 1 (∇ × A)2 d3r. µ0 (9.2) Vernachlässigt man den Term mit A2 , so erhält man wegen ∇ · A = 0 h̄2 H =− ∆ + v(r) 2me {z } | Kristallelektron eh̄ − A·∇ ime {z } | Elektron–Licht–WW 1 + 2 | Z h i 1 2 ε0 Ȧ + (∇ × A) d3r µ0 {z } 2 (9.3) freies Strahlungsfeld einen Einelektronen-Hamilton-Operator aus drei Teilen, mit einem Teil H KE des Kristallelektrons, einem Teil HEL der Elektron-Licht-Wechselwirkung und H L des freien Strahlungsfeldes. Der Übergang zu dem Vielelektronensystem und einem quantisierten Strahlungsfeld ist nun mit dem Teilchenzahlformalismus denkbar einfach. Wir schreiben den Operator im Fock-Raum der Elektronen und Photonen Ĥ = ĤKE + ĤEL + ĤL (9.4) mit dem Operator der Kristallelektronen nach Gl. (8.51) ĤKE = BZ XX n En (k)a+ nk ank , (9.5) k dem Operator des freien quantisierten Strahlungsfeldes nach Gl. (5.56) ĤL = 2 X X hνj (q) c+ j (q)cj (q) + j=1 q 1 2 (9.6) und dem Operator der Elektron-Photon-Wechselwirkung nach Gl. (9.3) und dem Operator  des Vektorpotenzials nach Gl. (5.52) und dem Ausbreitungsvektor der Photonen q HEL 2 eh̄ X X =− ime j=1 q s h 1 h̄ √ exp {iq · r} uj (q) · ∇cj (q) 2πε0 νj (q) V i 1 + √ exp {−iq · r} uj (q) · ∇c+ j (q) . V 93 (9.7) Dieser Operator ist zunächst nur in Bezug auf die Photonen ein Fock-Operator, in Bezug auf die Elektronen aber ein Einelektronenoperator. Er lässt sich jedoch nach Gl. (5.4) direkt in einen Fock-Operator bezüglich der Bloch-Zustände umschreiben X X Xh M (n, k; n0 , k0 ; j, q)a+ ĤEL = n0 k 0 ank cj (q) n,k n0 ,k0 j,q (9.8) i + + 0 0 +M (n, k; n , k ; j, −q)an0 k0 ank cj (q) mit dem Übergangsmatrixelement eh̄ M (n, k; n0 , k0 ; j, q) = − ime s 0 0 1 h̄ n k √ exp {iq · r} uj (q) · ∇nk 2πε0 νj (q) V (9.9) und den Bloch-Zuständen |nki = ψn (k, r). Hier bezeichnen also a+ nk und ank die Erzeugungsbzw. Vernichtungsoperatoren für ein Elektron im Bloch-Zustand ψ n (k, r) mit der Energie En (k) und c+ j (q) bzw. cj (q) die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für ein Photon der Energie hνj (q) mit dem Impuls h̄q und der Dispersionsbeziehung ν j (q) = c|q|/2π, wobei c die Lichtgeschwindigleit bezeichnet. Die Vektoren u j (q) in Gl. (9.7) mit q · uj (q) = 0 geben die Amplituden und die Polarisation senkrecht zum Wellenvektor q an. Bei der Interpretation der Energiebänder E n (k) in Gl. (9.5) als Einelektronenenergieniveaus muss man verschiedene Anregungsprozesse unterscheiden. Bei elektrischen Feldern E, die zur Beschleunigung von Elektronen nach Gl. (8.6) führen, ändert sich der Bloch-Zustand quasistetig von ψn (k, r) nach ψn (k0 , r). Bei der Absorption eines Photons hinreichender Energie, wird aber ein Elektron im Zustand ψ V (k, r) aus dem Valenzband entfernt und in einen Zustand ψL (k, r) im Leitungsband angeregt, wobei ein Loch im Valenzband zurückbleibt. Bei der Photoemission wird andererseits ein Elektron aus einem Zustand ψ V (k, r) im Valenzband entfernt und befindet sich anschließend außerhalb des Kristalles. Die drei Vorgänge haben unterschiedliche Endzustände und entsprechende Experimente sind bezüglich der Energiebänder nicht unmittelbar vergleichbar. So gibt es z.B. bei der elektrischen Leitfähigkeit auch die in Abschn. 8.8 besprochenen Streuprozesse der Leitungselektronen untereinander, und bei der Absorption eines Photons entsteht ein Elektron-Loch-Paar, wobei zwischen Elektron und Loch eine anziehende Wechselwirkung existiert. Beides hängt mit dem in Abschn. 6.3 hergeleiteten Koopmans-Theorem zusammen, wonach die Energiebänder zwar die Photoemission genähert beschreiben, für die inneren Anregungen im Festkörper aber Korrekturen erforderlich sind. 9.2 Interbandübergänge Wir setzen voraus, dass der Operator ĤEL in Gl. (9.4) nur eine kleine Störung des durch den Operator Ĥ0 = ĤKE + ĤL beschriebenen ungestörten Systems verursacht. Die elektromagnetische Welle kann dann mit der zeitabhängigen Störungsthoerie berücksichtigt werden, und die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit für einen Übergang vom Anfangszustand |ai in einen Endzustand |ei von Ĥ0 lässt sich mit der Goldenen Regel der Quantenmechanik berechnen Wae = 2 2π 0 0 . . . ; . . . Mjq . . . δ |Ea − Eb | , (9.10) . . . Nnk . . . ; . . . Mjq . . . ĤEL . . . Nnk h̄ 0 0 wobei Ea den Anfangszustand |ai = | . . . Nnk . . . ; . . . Mjq . . .i und |ei = | . . . Nnk . . . ; . . . Mjq . . .i den Endzustand von Ĥ0 bezeichnen, mit den Besetzungszahlen N nk für die Bloch-Zustände und Mjq für die Photonen. Wir gehen davon aus, dass reichlich Licht eingestrahlt wird, so dass sich das Photonenreservoir durch einen Absorptions- oder Emissionsprozess praktisch nicht verändert. Beim Einsetzen des Elektron-Licht Wechselwirkungsoperators ĤEL Gl. (9.8) betrachten wir nur den einen Summanden mit a+ n0 k0 ank cj (q) in Gl. (9.8), der die Absorption eines Photons 94 der Energie hνj (q) beschreibt, und erhalten für die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit für ein Elektron vom Bloch-Zustand ψ n (k, r) Gl. (4.5) in einen Zustand ψn0 (k0 , r) mit dem Übergangsmatrixelement Gl. (9.9) Wnk,n0 k0 = 2 2π e2 h̄2 h̄ 0 0 1 nk √ n k exp {iq · r} u (q) · ∇ j h̄ m2e 2πε0 νj (q) V 0 (9.11) × δ |En0 (k ) − En (k) − hνj (q)| . Setzt in man das Integral die Bloch-Funktionen |nki = ψ n (k, r) ein, I= Z V 1 ψn+0 (k0 , r) √ exp {iq · r} uj (q) · ∇ψn (k, r) d3r, V so kann man die Integration über das Grundgebiet V = L 3 Ω zerlegen in eine Integration r1 über die Elementarzelle Ω und in eine Summe über die durch einen Gittervektor R abgezählten Elementarzellen, indem man r = R + r1 setzt und die Bloch-Bedingung Gl. (4.3) ψn (k, r) = ψn (k, r1 + R) = exp {ik · R} ψn (k, r1 ) beachtet. Dann lässt sich die Summe über die L 3 Gittervektoren R in V separat ausführen I= V Z X R 1 exp i(k − k0 + q) · R ψn∗ 0 (k0 , r1 ) √ exp {iq · r1 } uj (q) · ∇ψn (k, r1 ) d3r1 , V Ω die nach Gl. (3.31) V X R exp i(k − k0 + q) · R = L3 δk0 −k,q nur für k0 − k = q + G nicht verschwindet, wobei G einen reziproken Gittervektor bezeichnet. Nun sind die Ausbreitungsvektoren der Elektronen am Rande der Brillouin-Zone von der Größenordnung [k] = 2π/a, mit der Gitterkonstanten a in der Größenordnung einiger Å, z.B. 5,43 Å bei Silicium. Photonen haben bei Energien von weniger als 10 eV viel größere Wellenlängen λ > 1 µm = 104 Å a und Wellenvektoren |q| = 2π/λ |k| außer in einer kleinen Umgebung des Γ-Punktex bei k = 0. Deshalb finden optische Übergänge zwischen verschiedenen Bändern in erster Näherung der Störungstheorie nur bei k 0 = k statt, was auch als k-Auswahlregel bezeichnet wird. Intrabandübergänge innerhalb eines Energiebandes sind in dieser Näherung verboten. Betrachtet man den zweiten Term in Gl. (9.8), so findet man die gleiche Auswahlregel auch für Emissionsvorgänge. Wir betrachten jetzt die Absorption vom Valenzband in das Leitungsband etwas genauer und berücksichtigen vom Elektron-Licht-Wechselwirkungsoperator Gl. (9.8) nicht nur einen Summanden, wie in Gl. (9.11), sondern summieren über alle Bloch-Zustände der beiden Bänder, die den Energiesatz und die k-Auswahlregel näherungsweise befriedigen. Dazu berechnen wir die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit W V L (hν) für die Absorption EV (k) → EL (k) oberhalb der Bandkante durch ein Photon der Energie E = hν, indem wir den Ausdruck Gl. (9.11) mit dem Übergangsmatrixelement Gl. (9.9) für k = k 0 über die Brillouin-Zone summieren WV L (hν) = BZ X WV k,Lk = k = 2π 2V h̄ 8π 3 Z BZ 2V 8π 3 Z WV k,Lk d3k BZ M (V, k; L, k; j, q) 2 δ |EL (k) − EV (k) − hν| d3k. 95 Wegen der Deltafunktion führen wir die Integration zweckmäßig über die Flächen konstanter Energie E aus, indem wir setzen, vergl. Abschn. 8.2, d3k = d2f dk⊥ mit dE = ∇k EL (k) − EV (k) dk⊥ , wobei d2f ein Flächenelement auf der Energiefläche E = E L (k) − EV (k) und dk⊥ ein Linienelement senkrecht dazu bezeichnet. Führt man die kombinierte Zustandsdichte durch eine Integration über die Energiefläche ein E JV L (E) = 2V 8π 3 Z E d2f ∇k EL (k) − ∇k EV (k) , so erhält man für die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit Z 2 2π WV L (hν) = M (V, k; L, k; j, q) JV L (E)δ(E − hν) dE h̄ 2 2π M (V, k; L, k; j, q) JV L (hν), = h̄ (9.12) (9.13) wobei angenommen wurde, dass sich das Übergangsmatrixelement M für die k mit Energien zwischen E und E + dE kaum verändern. Optische Übergänge zwischen beiden Bändern finden besonders bei Energien hν statt, an denen JV L (hν) groß ist, was in einer Umgebung der Nullstellen des Nenners der kombinierten Zustandsdichte der Fall ist. Entwickelt man die Energiedifferenz der Bänder an den sogenannten kritischen Punkten k0 = (k01 , k02 , k03 ) mit ∂EL (k) ∂EV (k) = und EL (k0 ) > EV (k0 ) ∂k ∂k k=k0 k=k0 in eine Potenzreihe mit k = (k1 , k2 , k3 ) EL (k) − EV (k) = EL (k0 ) − EV (k0 ) + so lassen sich die Minimum Sattelpunkt Sattelpunkt Maximum 3 X j=1 aj (kj − k0j )2 + . . . , kritischen Punkte folgendermaßen klassifizieren M0 , falls alle aj > 0, M1 , falls zwei aj > 0, ein aj < 0, M2 , falls ein aj > 0, zwei aj < 0, M3 , falls alle aj < 0. Die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit W V L (hν) nach Gl.(9.13) für die Übergänge vom Valenzband in das Leitungsband zeigt in Abhängigkeit von der Photonenenergie hν oberhalb der Bandkante auf Grund der kombinierten Zustandsdichte J V L (hν) nach Gl. (9.12) Absorptionsmaxima an den kritischen Punkten. Wegen der insgesamt starken Absorption oberhalb der Bandkante lassen sich die Lage und Art der kritischen Punkte in Reflexion mit der Modulationsspektroskopie finden, wobei das Reflexionssignal mit der Frequenz der Modulation detektiert wird. Misst man dabei die Ableitung des Absorptionskoeffizienten nach der Energie, so erhält man unterschiedliche Signalformen für die verschiedenen kritischen Punkte. Bei Halbleitern mit einem Valenzband, das durch eine Bandlücke E g vom Leitungsband getrennt ist, können Photonen erst bei Energien hν > E g absorbiert werden, auch wenn Elektronen vom Valenzband in das Leitungsband angeregt sind. Kristalle mit einer Bandlücke, die größer ist, als die Energien im optischen Bereich 1, 5 eV < hν < 3 eV, sind durchsichtig, während Kristalle mit kleinerer Bandlücke durch die starke Absorption im optischen Bereich metallisch glänzend aussehen. 96 Liegt das Minimum des Leitungsbandes wie auch das Maximum des Valenzbandes im Mittelpunkt der Brillouin-Zone am Γ-Punkt, so spricht man von einem direkten Halbleiter. Daneben gibt es auch indirekte Halbleiter, wie z.B. Silicium, bei denen sich das Minimum des Leitungsbandes vom Γ-Punkt entfernt befindet, so dass der direkte Übergang vom Valenzband in das Leitungsband durch die k-Auswahlregel erst bei einer gegenüber E g höheren Energie möglich ist. Bei indirekten Halbleitern sind optische Übergänge mit hν ≈ Eg mit Beteiligung von Phononen mit einer geringeren Übergangswahrscheinlichkeit als bei direkten Übergängen möglich. In einer einfachen Vorstellung geht man davon aus, dass die Auslenkungen X nα der Atome durch die Gitterschwingungen an den Orten R nα nach Gl. (8.56) nicht nur nach Abschn. 8.7 die Elektron-Phonon-Wechselwirkung bewirken, sondern auch zu Dipolmomenten mit einer Dipoldichte oder Polarisation P(r, t) führen. Die Dipolmomente sind bei optischen Phononen und bei polaren Halbleitern besonders groß und in einfachster Näherung proportional zu X nα . Die Energie der PolarisationR oder Dipoldichte im elektrischen Feld E = − Ȧ der elektromagnetischen Strahlung E = − P(r, t) · E(r, t) d3r ist dem Hamilton-Operator hinzuzufügen und beschreibt eine Phonon-Photon-Wechselwirkung, indem die X nα , nach den Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren der Phononen b + j (p) bzw. bj (p) nach Gl. (8.56) entwickelt, eingesetzt werden. Dadurch sind Absorptions- und Emissionsprozesse zwischen Photonen und Phononen möglich, bei denen Energie- und Impulssatz gelten hνj (q) = h̄ωl (p) und h̄q = h̄p, wobei die Energie hνj (q) des Photons gleich der des Phonons h̄ω l (p) ist. Der Impulssatz kann nur von optischen Zweigen am Γ-Punkt mit h̄p ≈ 0 erfüllt werden. Die starke Absorption von Halbleitern und Isolatoren im Bereich der optischen Phononen am Γ-Punkt führt dort zu einem verstärkten Reflexionsvermögen, sodass bei wiederholter Reflexion von Strahlung unterschiedlicher Energien am Ende nur die Reststrahlenfrequenz übrig bleibt. Ferner sind auch Zweiphononenprozesse mit akustischen Phononen möglich hνj (q) = h̄ωl (p1 ) + h̄ωl (p2 ) mit h̄p1 + h̄p2 ≈ 0, bei denen die Impulse der beiden Phononen entgegengesetzt gleich sein müssen. Bei optischen Übergängen zwischen den Bandkanten indirekter Halbleiter mit Phononenbeteiligung ergibt sich der Energiesatz mit der Bandlücke E g = EL (k1 ) − EV (k0 ) EL (k1 ) − EV (k0 ) = hνj (q) + h̄ωl (p) mit h̄ωl (p) hνj (q), und auf Grund der Translationssymmetrie des Kristalles der Impulssatz h̄k1 − h̄k0 = h̄q + h̄p + h̄G, mit |h̄q| |h̄p|. Bei solchen indirekten Übergängen wird die Energie praktisch vom Photon und der Impuls vom Phonon aufgebracht. Besitzt ein Halbleiter- oder Isolatorkristall diskrete elektronische Energieniveaus z.B. an Störstellen, so werden die Spektrallinien der Übergänge an diesen lokalen Zuständen durch Kopplung mit Phononen stark verbreitert beobachtet. Hierbei gilt der Energiesatz, aber nicht der Impulssatz, der ja auf der Translationssymmetrie beruht. Die Phononenseitenbanden der Spektrallinien haben bei akustischen Phononen ein kontinuierliches Spektrum und bei optischen Phononen ein diskretes Spektrum, wobei auch Mehrphononenprozesse beobachtet werden. Bei Metallen gibt es Intrabandübergänge mit Phononenbeteiligung im ganzen optischen Bereich, und die starke Absorption verursacht ein großes Reflexionsvermögen, was zu spiegelnden Oberflächen führt. Besteht bei Metallen das Leitungsband speziell aus zwei sich überlappenden Energiebändern, tritt zusätzlich eine stärkere Absorption durch Interbandübergänge nach der k-Auswahlregel auf, was zu einer speziellen Färbung der Metalle, z.B. bei Gold, führen kann. 97 9.3 Exzitonen Bei der Anregung eines Elektrons in einem Halbleiter- oder Isolatorkristall aus dem Valenzband in das Leitungsband wollen wir hier den angeregten Zustand etwas genauer betrachten. Ausgangspunkt ist wieder die Einelektronennäherung Gl. (8.49) mit einem gitterperiodischen effektiven Einelektronenpotenzial V eff (r), wie es in der Kohn-Sham-Gleichung der Dichtefunktionaltheorie auftritt HE = N h X j=1 − i h̄2 ∆j + Veff (rj ) 2me mit HE ψn (k, r) = En (k)ψn (k, r) (9.14) und mit den Bloch-Funktionen ψn (k, r) nach Gl. (4.5). Wir beschränken uns auf ein Zweibandmodell, und im Grundzustand |0i sei das Valenzband vollständig mit Elektronen besetzt und das Leitungsband leer. Im Teilchenzahlformalismus ist es einfacher im Valenzband nur die unbesetzten Zustände zu zählen. Für die Löcher im Valenzband führen wir deshalb eigene Erzeugungsund Vernichtungsoperatoren b+ k bzw. bk durch die Festlegungen b+ k = aV k ; bk = a+ Vk + und a+ k = aLk ; ak = aLk (9.15) ein, wobei a+ V k und aV k Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren für ein Elektron im Valenzband und a+ Lk und aLk für ein Elektron im Leitungsband sind. Dann erhält man die Antivertauschungsrelationen entsprechend Gl. (5.8) und Gl. (8.52) + 0 ak , a + ; a k , a k0 = 0 = a + k0 = δkk 1 k , a k0 + 0 bk , b + ; b k , b k0 = 0 = b + (9.16) k0 = δkk 1 k , b k0 + + + + ak , bk0 = ak , bk0 = ak , bk0 = ak , bk0 = 0. Den Grundzustand |0i können wir auch als Vakuumzustand bezeichnen, weil alle Besetzungszahlen der Löcher im Valenzband und die der Elektronen im Leitungsband verschwinden. Im Abschnitt 6.3 wurden im Rahmen der Hartree-Fock-Näherung die Anregungsenergien näherungsweise durch das Koopmans-Theorem bestimmt, das sich ebenso auf die Kohn-ShamZustände mit den Bloch-Funktionen übertragen lässt. Die Anregungsenergie vom Grundzustand + |0i in einen angeregten Zustand |ai = a + k1 bk2 |0i mit einem Elektron im Leitungsbandzustand ψL (k1 , r) und einem Loch im Zustand ψV (k2 , r) ist dann nach Gl. (6.20) Ea − E0 = EL (k1 ) − EV (k2 ) − V (k1 , k2 , k2 , k1 ) + V (k1 , k2 , k1 , k2 ) (9.17) mit e2 V (k, q, q , k ) = 4πε0 0 0 Z V ∗ (k, r)ψV∗ (q, r0 )ψV (q0 , r0 )ψL (k0 , r) 3 3 0 ψL d rd r . |r − r0 | Diese Gleichung mit dem Coulomb- und Austauschintegral kann man interpretieren als Energie eines Elektron-Loch-Paares mit einer anziehenden Coulomb-Wechselwirkung und Austauschwechselwirkung. Der zugehörige Operator lautet im Teilchenzahlformalismus ĤEL = BZ X k EL (k)a+ k ak − − BZ X EV (q)b+ q bq q (9.18) BZ X BZ h X k,k0 q,q0 0 0 0 0 V (k, q, q , k ) − V (k, q, k , q ) i + a+ k a k0 b q b q0 , + und ergibt im angeregten Zustand |ai = a + k1 bk2 |0i die Energie ha|ĤEL |ai = Ea − E0 nach Gl. (9.17). 98 Wir definieren nun die Exzitonenzustände |ei als Eigenfunktionen des Hamilton-Operators Gl. (9.18) ĤEL |ei = EEx |ei mit |ei = BZ X k1 ,k2 + c k1 k2 a + k1 bk2 |0i, (9.19) wobei die Exzitonenzustände die möglichen Linearkombinationen der Einelektronenanregungszustände sind. Dabei beschränken wir uns auf Anregungen in Zustände in der Nähe der Bandkanten, so dass die Energiebänder durch die Effektive-Masse-Näherung dargestellt werden können EL (k) ≈ EL + h̄2 k2 2mn und EV (k) ≈ EV − h̄2 k2 . 2mp (9.20) Zur Vereinfachung haben wir die Bandkanten bei k = 0 und kugelförmige Energieflächen angenommen, und mn und mp bezeichnen die effektiven Massen von Elektronen im Leitungsband bzw. von Löchern im Valenzband und E g = EL − EV die Energielücke. Wir nehmen speziell für Wannier-Exzitonen an, dass Elektron und Loch so weit voneinander entfernt sind, dass der Austauschterm in Gl. (9.18) vernachlässigt werden kann, und erhalten aus Gl. (9.19) ĤEL |ei ≈ BZ X c k1 k2 k1 ,k2 − BZ X k,q h̄2 k21 h̄2 k22 + + + E g a+ k1 bk2 |0i 2mn 2mp BZ X + + + + c k1 k2 a + V (k, q, k2 , k1 )a+ a b b a b |0i = E Ex k1 bk2 |0i. k k1 q k2 k1 k2 k1 ,k2 Zur Berechnung der Exzitonenzustände |ei und Energien E Ex multiplizieren wir die Gleichung + von links mit a+ k1 bk2 |0i und erhalten wegen BZ X BZ X k,k0 q,q0 + + + a+ k ak0 bq bq0 ak1 bk2 |0i = = BZ X k,q BZ X k,q + + + a+ k ak1 bq bk2 ak1 bk2 |0i = − BZ X k,q + + a+ k ak1 bq ak1 |0i + a+ k bq |0i und auf Grund der Orthonormalitätsbeziehung der Teilchenzahlzustände Gl. (5.2) BZ h h̄2 k2 i X h̄2 k22 + + E g c k1 k2 − ckq V (k, q, k2 , k1 ) = EEx ck1 k2 . 2mn 2mp 1 (9.21) k,q Zur Berechnung des Coulomb-Integrals setzen wir die Bloch-Funktionen Gl. (4.5) ein e2 V (k, q, k2 , k1 ) = 4πε0 Z V ∗ ψL (k, r)ψV∗ (q, r0 )ψV (k2 , r0 )ψL (k1 , r) 3 3 0 d rd r |r − r0 | und ersetzen die gitterperiodischen Funktionen u L (k, r) und uV (k, r) näherungsweise durch ihren Wert bei k = 0 1 1 ψL (k, r) = √ exp {ik · r} uL (k, r) ≈ √ exp {ik · r} uL (0, r) 3 L L3 1 1 ψV (q, r) = √ exp {iq · r} uV (q, r) ≈ √ exp {iq · r} uV (0, r). 3 L L3 99 Für große Abstände zwischen Elektron und Loch im Vergleich zur Größe einer Elementarzelle ist die Funktion 1/|r−r0 | nur langsam veränderlich im Vergleich zu u L (0, r) und uV (0, r0 ), sodass wir die Absolutquadrate von u L (0, r) und uV (0, r0 ) durch ihre Mittelwerte über die Elementarzelle Ω mit V = L3 Ω ersetzen können Z Z uL (0, r)2 ≈ 1 uL (0, r)2 d3r = 1 ; uV (0, r0 )2 ≈ 1 uV (0, r0 )2 d3r 0 = 1 , Ω Ω Ω Ω Ω Ω und es folgt exp i(k1 − k) · r exp i(k2 − q) · r0 3 3 0 d r d r . (9.22) |r − r0 | V Wir multiplizieren die Gl. (9.21) mit exp − i(k1 · r1 + k2 · r2 ) , summieren über alle k1 und k2 der Brillouin-Zone, verwenden die Abkürzung 1 e2 V (k, q, k2 , k1 ) = 4πε0 L6 Ω2 ψ(r1 , r2 ) = BZ X k1 ,k2 Z ck1 k2 exp − i(k1 · r1 + k2 · r2 ) , beachten h̄2 ∆1 exp {−ik1 · r1 } = 2mn h̄2 ∆2 exp {−ik2 · r2 } = − 2mp − h̄2 k21 exp {−ik1 · r1 } 2mn h̄2 k22 exp {−ik2 · r2 } , 2mp und erhalten h i h̄2 h̄2 − ∆1 − ∆2 + Eg ψ(r1 , r2 ) 2mn 2mp − BZ X BZ X k1 ,k2 k,q (9.23) ckq exp − i(k1 · r1 + k2 · r2 ) V (k, q, k2 , k1 ) = EEx ψ(r1 , r2 ). Der Wechselwirkungsterm lässt sich weiter ausrechnen, indem wir die Fourier-Entwicklung einer mit dem Grundgebiet V = L3 Ω periodischen Funktion f (r) = f (r + La j ) beachten. Dazu verwendet man das Funktionensystem 1 φ(k, r) = √ exp {ik · r} mit V m2 m3 m1 b1 + b2 + b3 k= L L L (9.24) und ganzen Zahlen mj , das mit V periodisch ist, die Orthonormalitätsrelation Z φ∗ (k, r)φ(k0 , r) d3r = δkk0 j = 1, 2, 3, (9.25) V erfüllt, und als Lösung der Helmholtz-Gleichung (∆ + k 2 )φ(k, r) = 0 auch vollständig ist X φ(k, r)φ∗ (k, r0 ) = δ(r − r0 ), (9.26) k sodass die Fourier-Entwicklung von f (r) lautet f (r) = X k F (k)φ(k, r) mit F (k) = Z V 100 φ∗ (k, r)f (r) d3r. (9.27) Führt man in Gl. (9.22) die Fourier-Entwicklung des Coulomb-Potenzials durch und bricht die Summe am Rande der Brillouin-Zone ab, so beschreibt man nur den langreichweitigen Anteil des Potenzials richtig. In dieser Näherung kann die Vollständigkeitsbeziehung Gl. (9.26) auf eine Summe nur über die Brillouin-Zone beschränkt werden BZ X k1 exp ik1 · (r − r1 ) ≈ V δ(r − r1 ) BZ X und k2 exp ik2 · (r0 − r2 ) ≈ V δ(r0 − r2 ) und man erhält aus Gl. (9.22) BZ X BZ X k1 ,k2 k,q 1 e2 ψ(r1 , r2 ). ckq exp − i(k1 · r1 + k2 · r2 ) V (k, q, k2 , k1 ) ≈ 4πε0 |r1 − r2 | Einsetzen in Gl. (9.23) ergibt dann die Exzitonengleichung h − i 1 h̄2 e2 h̄2 ∆1 − ∆2 − ψ(r1 , r2 ) = (EEx − Eg )ψ(r1 , r2 ). 2mn 2mp 4πε0 |r1 − r2 | (9.28) Da die Exzitonengleichung nur für Wannier-Exzitonen richtig ist, bei denen sich Elektron und Loch in größerer Entfernung voneinander befinden im Vergleich zum Abstand nächster Nachbarn, muss die Gl. (9.28) noch insofern korrigiert werden, als das Coulomb-Potenzial durch die Dielektrizitätskonstante εr des Kristalles abgeschwächt wird. Man hat also ε 0 durch ε = ε0 εr zu ersetzen. Die Gl. (9.28) entspricht der des Wasserstoffatoms und lässt sich durch Einführung von Schwerpunkt- und Relativkoordinaten Rs = 1 (mn r1 + mp r2 ) M ; r = r 1 − r2 ; M = m n + mp ; mr = mn mp (9.29) M separieren. Die Bewegung des Schwerpunktes R s entspricht dann der eines freien Teilchens mit dem Impuls h̄K, und die Schrödinger-Gleichung lautet h − h̄2 e2 1 i h̄2 K2 ∆− ψ(r) = EEx − Eg − ψ(r), 2mr 4πε |r| 2M (9.30) und ergibt die diskreten Wasserstoffeigenwerte. Dadurch erhält man die Exzitonenenergieniveaus EEx = Eg + h̄2 K2 mr e4 1 − 2M 32π 2 ε2 h̄2 n2 mit n = 1, 2, 3, . . . . (9.31) Die zugehörigen Eigenfunktionen ψ(r 1 , r2 ) derExzitonengleichung Gl. (9.28) sind auf Grund der Näherungen nicht die korrekten quantenmechanischen Zustände, sondern bilden eine diese einhüllende Kurve, weil bei der Fourier-Entwicklung die Summanden außerhalb der BrillouinZone nicht berücksichtigt wurden. Diese sogenannte Enveloppe ψ(r) entspricht den Eigenfunktionen des Wasserstoffatoms und hat im Grundzustand das Maximum bei am = me 4πεh̄2 = εr aB 2 mr e mr mit dem Bohrschen Wasserstoffradius aB = 4πε0 h̄2 . me e2 Bei vielen Halbleiterkristallen sind ε r und me /mr in der Größenordnung 10, sodass die Ausdehnung der Enveloppe-Funktion das hundertfache der des Wasserstoffatoms ist, und also in der Größenordnung einiger nm liegt. Die Grundzustandsenergie liegt bei K = 0 etwa bei 10−3 Ry= 14 meV und somit dicht unterhalb der Energielücke. Die angeregten Zustände haben wasserstoffähnliche Energieniveaus ∼ 1/n 2 , n = 1, 2, . . ., die noch dichter an der Bandlücke liegen, und z.B. bei Kupferoxydul Cu 2 O bis n = 8 beobachtbar 101 sind. Bei der Absorption eines Photons mit der Energie hν und dem Impuls h/λ zur Erzeugung eines frei beweglichen Exzitons müssen Energie- und Impulssatz erfüllt sein: E Ex = hν und h̄|K| = h/λ, sodass wegen K 6= 0 die Absorptionslinie hν bei etwas höherer Energie auftritt als bei der Emissionslinie, weil der Zerfall des Exzitons bevorzugt an Störstellen oder mit Phononenbeteiligung zustande kommt, wodurch die Emissionslinie dem Exziton bei K = 0 entspricht. Zur korrekten Berechnung der Exzitonenübergänge muss die Anisotropie der effektiven Massen und der Dielektrizitätskonstanten berücksichtigt werden. Das Potenzial ergibt sich aus der dielektrischen Verschiebung D im ladungsfreien und statischen Fall 3 3 X X ∂V εjk εjk Ek = − ∇ · D = 0 mit Dj = wegen E = −∇V. ∂xk k=1 k=1 Ist der Dielektrizitätstensor speziell diagonal ε jk = εj δjk , erhält man die Potenzialgleichung 3 X j=1 εj ∂2V =0 ∂x2j bzw. 3 X ∂2V ∂qj2 j=1 =0 mit qj2 = x2j εj und V ∼ q12 1 . + q22 + q32 Daraus erhält man die Lösung 1 e2 p , V (r) = − 2 4πε0 ε2 ε3 x1 + ε3 ε1 x22 + ε1 ε2 x23 die im isotropen Fall (ε1 = ε2 = ε3 = εr ) in das Potenzial in Gl. (9.30) übergeht. Die Exzitonengleichung hat dann nach Gl. (4.23) und (4.24) die Form h̄2 ∂ h̄2 ∂ h̄2 ∂ h̄2 ∂ h̄2 ∂ h̄2 ∂ − − − − − − 2mn1 ∂x21 2mn2 ∂y12 2mn3 ∂z12 2mp1 ∂x22 2mp2 ∂y22 2mp3 ∂z22 −1/2 (9.32) e2 ε2 ε3 (x1 − x2 )2 + ε3 ε1 (y1 − y2 )2 + ε1 ε2 (z1 − z2 )2 − ψ(r1 , r2 ) 4πε0 = (EEx − Eg )ψ(r1 , r2 ) und ist an Stelle von Gl. (9.28) zu lösen. Im Unterschied zu den Wannier-Exzitonen, die sich als Elektron-Loch-Paar mit ausgebreiteten Zuständen durch den Kristall bewegen, gibt es noch die praktisch an einer Stelle des Gitters lokalisierten Frenkel-Exzitonen, die an Molekülkristallen beobachtet werden. Sie lassen sich ganz analog zu Gl. (9.18) beschreiben, indem wir als Basisfunktionen Wannier-Funktionen anstelle der Bloch-Funktionen verwenden. Wir behandeln wieder ein Zweibandmodell mit lokalen WannierFunktionen des Valenz- und des Leitungsbandes w V (r − R) bzw. wL (r − R), vergl. Abschn. 4.6. Entsprechend Gl. (9.15) führen wir Teilchenzahloperatoren im Teilchen-Loch-Bild ein: b + R und + bR erzeugt bzw. vernichtet ein Loch im Zustand w V (r − R), und aR und aR erzeugt bzw. vernichtet ein Elektron im Zustand wL (r − R). Es gelten dann die der Gl. (9.16) entsprechenden Vertauschungsrelationen und der Hamilton-Operator berechnet sich analog zu Gl. (9.18). Anders als bei den Wannier-Exzitonen bestehen die Energieniveaus der Frenkel-Exzitonen aus nur einem Band EEx (K), wobei K den Ausbreitungsvektor bezeichnet. Bei der Erzeugung oder Vernichtung mit Licht müssen Energie- und Impulssatz erfüllt sein, und es entsteht nur eine, in beiden Fällen gleiche Spektrallinie. Die Wanderung der Frenkel-Exzitonen kommt wegen der starken Lokalisierung nur durch die Austauschwechselwirkung zu Stande, während die starke Überlappung der Bloch-Funktionen die Wanderung der Wannier-Exzitonen ermöglicht. Daneben gibt es auch an Störstellen gebundene Exzitonen. Insbesondere können sich Wannier-Exzitonen an flache Donatoren oder Akzeptoren anlagern. Diese bilden im Rahmen der Effektive-Masse-Näherung Zustände analog denen des Wasserstoffmoleküls. Bei der Erzeugung oder Vernichtung gebundener Exzitonen durch Photonen spielt der Impulssatz keine Rolle, so dass die Spektrallinien deutlich schärfer sind, als bei freien Exzitonen. Darüber hinaus werden bei hochangeregtem Silicium und auch anderen indirekten Halbleitern, wegen der größeren Lebensdauer der Exzitonen, auch Exzitonenmoleküle aus zwei ElektronLoch-Paaren beobachtet, sowie Elektron-Loch-Tropfen und die Bildung eines Elektron-LochPlasmas. 102