Versuch B2/3: Parallelschwingkreis

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Versuch B2/3: Parallelschwingkreis
3.1
Einleitung
Als realer Parallelschwingkreis wird die Parallelschaltung einer realen Kapazität (physikalisch als kapazitive Admittanz darstellbar) und einer realen Induktivität (physikalisch als induktive Impedanz
darstellbar) gemäß Bild 3.1 bezeichnet. Dabei sind C p und Lr als ideale, d.h. verlustfreie Bauelemente anzusehen; die Verluste der realen Bauelemente werden jeweils durch R Cp bzw. RLr repräsentiert.
Diese Darstellung der physikalischen Gegebenheiten läßt sich auch durch ein Ersatzschaltbild gemäß
Bild 3.2 ausdrücken, wobei L und C wieder jeweils als ideale Bauelemente zu verstehen sind. G = 1/R
stellt den gesamten Verlustleitwert der Parallel–Ersatzschaltbilder der realen Bauelemente Kapazität
und Induktivität dar (vgl. auch Versuch B1/2: R–L und R–C Kombination).
Die Schaltung beschreibt somit eine frequenzabhängige Admittanz. Der Kehrwert der Admittanz (also
b (f ), wenn
die Impedanz der Schaltung) ist als Funktion der Frequenz f identisch mit der Spannung u
die Admittanz mit einem konstanten Strom gespeist wird
3.2
Kenngrößen des Schwingkreises
Für die Impedanz der Schaltung nach Bild 3.2 gilt, falls G = 1/R als frequenzunabhängig angesehen
wird,
Z=
1
G + jωC +
1
jωL
=
1
G + j ωC −
1
ωL
.
(3.1)
Wird der Imaginärteil von Y = 1/Z Null, so sind Y und Z reell und Y nimmt betragsmäßig seinen
kleinsten Wert an, während Z maximal wird. Dieser Zustand wird als Resonanz des Schwingkreises
bezeichnet und die zugehörige Resonanzkreisfrequenz ergibt sich z.B. aus der Bedingung Im{Y } = 0
zu
1
.
ω0 = √
LC
(3.2)
bı 0
bı (C)
RLr
Cp
RCp
Lr
C
b
u
Bild 3.1. Realer Parallelschwingkreis.
bı 0
bı (R)
R=
bı (L)
1
G
L
b
u
Bild 3.2. Ersatz–Parallelschwingkreis.
1
2
Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B2
Im Resonanzfall ist der kapazitive Blindleitwert jωC und der induktive Blindleitwert − j/(ωL). Die Beträge dieser Blindleitwerte sind gleich groß und der Wert wird als Kennleitwert Y K des Schwingkreises
bezeichnet. Es gilt
s
1
=
YK = ω 0 C =
ω0 L
C
.
L
(3.3)
b am Schwingkreis angegeben:
Unter Verwendung der Gln. (3.1) und (3.2) läßt sich für die Spannung u
b =
u
bı 0
G + j ωC −
1
ωL
=
bı 0
G + jω0 C
ω
ω0
−
ω0
ω
=
h
bı 0
0C
G 1 + j ωG
ω
ω0
−
ω0
ω
i .
(3.4)
Der Ausdruck ω0 C/G stellt eine feste, frequenzunabhängige Größe für einen bestimmten Schwingkreis
dar, er wird als Güte Q, sein Kehrwert als Verlustfaktor tan δ bezeichnet:
1
1
ω0 C
=
=
Q=
G
ω0 LG
G
s
C
L
,
tan δ =
1
.
Q
(3.5)
Der frequenzbestimmende Teil der Gl. (3.4),
v=
ω0
ω
− ,
ω0
ω
(3.6)
wird als Verstimmung v des Schwingkreises bezeichnet (siehe Bild 3.3). Damit kann nun folgende
b angegeben werden:
einfache Beziehung für die Spannung u
bzw.
b =
u
b0
bı 0
u
=
,
G [1 + jQv]
1 + jQv
b
1
u
=
b0
u
1 + jQv
Bild 3.3. Verstimmung v als Funktion der Kreisfrequenz ω.
(3.7)
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Versuch B2/3: Parallelschwingkreis
mit
= √ 1
1 + Q2 v 2
0
u
b
u
b
,
ϕ = arctan(−Qv).
(3.8)
b 0 | als Funktion der Verstimmung bzw. Frequenz wird als Resonanzkurve
b /u
Der Verlauf des Betrages |u
des Parallelschwingkreises bezeichnet. Die Resonanzkurve und der zugehörige Phasenverlauf sind in
Bild 3.4 als Funktionen der normierten Frequenz ω/ω 0 dargestellt.
Eine weitere wichtige Kenngröße des Schwingkreises ist seine Bandbreite. Sie gibt an, in welchem
Frequenzbereich die Spannung am
√ Schwingkreis über einem (noch festzulegenden) Mindestwert liegt.
Als sinnvoller Wert wurde das 1/ 2–fache des Maximalwertes (das ist die Spannung im Resonanzfall)
festgelegt. Damit folgt aus Gl. (3.8)
= √1 = √ 1
1 + Q2 v 2
2
0
u
b
u
b
=⇒
v1,2 = ±
1
= ± tan δ
Q
=⇒
ω1,2
ω0
1
−
=± ,
ω0
ω1,2
Q
b 0 | ; |Z|G
b /u
|u
Bild 3.4. Verlauf des Betrags der Spannung und des Phasenwinkels für
verschiedene Güten Q als Funktion der Kreisfrequenz ω.
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Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B2
woraus sich als sinnvolle Lösungen ergeben:
1
ω1
=−
+
ω0
2Q
1
ω2
=+
+
ω0
2Q
s
s
1
+ 1,
4Q2
1
+ 1.
4Q2
Damit ergibt sich die absolute Bandbreite (vgl. Bild 3.4)
∆ω = ω2 − ω1 =
G
ω0
= ω0 tan δ = ω0
Q
YK
(3.9)
bzw. die bezogene oder relative Bandbreite
1
∆ω
= tan δ.
=
ω0
Q
(3.10)
Die Phase der Impedanz bei den Kreisfrequenzen ω 1 und ω2 beträgt
ϕ1,2 = arctan(−Qv1,2 ) = ±45◦ .
(3.11)
Aus diesem Grund werden die Kreisfrequenzen ω 1 und ω2 auch als 45◦ –Frequenzen bezeichnet (siehe
auch Bild 3.5 und Bild 3.6).
Aus der Definition der 45◦ –Frequenzen ergibt sich außerdem mit
v2 =
=⇒
ω0 =
√
1
ω0 ω1
ω2 ω0
−
=
= −v1 =
−
ω0 ω2
Q
ω1 ω0
ω 1 ω2
bzw. mit
ω = 2πf
=⇒
f0 =
p
f 1 f2 ,
das heißt, die Resonanzfrequenz des Schwingkreises ist der geometrische Mittelwert der beiden 45 ◦ –
Frequenzen.
Im Y
ω=∞
Im Z
ω = ω2 ;
v2 = Q1 = tan δ
45◦
45◦
G
ω = ω0 ; v = 0 ω = 0
ω=∞
Re Y
ω
ω = ω1 ;
v1 = − Q1 = − tan δ
ω = ω1 ; v1 = − Q1 = − tan δ
ω
45◦
ω = ω0
1
G
45◦
ω = ω 2 ; v2 =
1
Q
Re Z
= tan δ
ω=0
Bild 3.5. Ortskurve der Admittanz des
Parallelschwingkreises.
Bild 3.6. Ortskurve der Impedanz des
Parallelschwingkreises.
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Versuch B2/3: Parallelschwingkreis
3.3
Strom und Spannung am Parallelschwingkreis
Für den in Bild 3.2 dargestellten Schwingkreis berechnen sich die Teilströme bı (R) , bı (L) und bı (C) zu
bı 0
b
u
=
,
R
1 + jQv
bı 0
b
u
=
,
=
jωL
jωLG(1 + jQv)
bı (R) =
bı (L)
und
jωCbı 0
.
G(1 + jQv)
b =
bı (C) = jωC u
Im Resonanzfall, d.h. für ω = ω0 bzw. v = 0 folgt
bı (R) = bı 0 ,
bı (L) =
und
b
u
jω0 L
(3.12)
=
bı 0
jω0 LG
b =
bı (C) = jω0 C u
= − jQ bı 0
(3.13)
jω0 Cbı 0
= jQ bı 0
G
(3.14)
Das bedeutet, im Resonanzfall tritt in der Kapazität und der Induktivität eine Stromüberhöhung um
den Faktor Q auf.
3.4
Gütemessung am Parallelschwingkreis (Pauli–Verfahren)
Mit der Schaltung nach Bild 3.7 läßt sich der unbekannte Verlustleitwert und bei Kenntnis des Kennleitwertes mit Gl. (3.5) die Güte eines Schwingkreises allein durch Spannungsmessungen und mit Hilfe
b G bzw.
bekannter Widerstände bestimmen. Da bei der Resonanzfrequenz stets die Beziehung bı 0 = u
b 0 = G gilt, ergibt sich bei Zuschaltung verschiedener äußerer ohmscher Leitwerte GZ der in Bild 3.8
bı 0 /u
skizzierte Verlauf des Kehrwertes der Spannung als Funktion von G, falls eine Konstantstromquelle
verwendet wird, die Messung bei der Resonanzfrequenz durchgeführt wird und der Innenwiderstand
des Meßgerätes bekannt oder so groß ist, daß er bei der Messung vernachlässigt werden kann.
b | = f (GZ ) kann auf den gesuchten Wert Gx , d.h. den Leitwert
Aus der gemessenen Abhängigkeit |1/u
des Schwingkreises bei der Resonanzfrequenz durch Extrapolation der Meßkurve, wie in Bild 3.8
gezeigt, geschlossen werden. Bei Kenntnis des Kennleitwertes Y K = ω0 C = 1/(ω0 L) ist dann auch die
Güte Q des Kreises bekannt.
b
u
b|
|u
C
Gx
L
Bild 3.7. Meßschaltung für das Pauli–Verfahren.
GZ
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Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B2
1
|b
u|
Gx
3.5
GZ,1
GZ,2
GZ,3
GZ,4
0
Bild 3.8. Zur Bestimmung der Güte eines Parallelschwingkreises.
GZ
Ermittlung unbekannter Admittanzen mit Hilfe eines Parallelschwingkreises
(Verstimmungsverfahren)
Unter Verwendung einer Konstantstromquelle und eines (z.B. durch einen Drehkondensator) in der
Resonanzfrequenz abstimmbaren Parallelschwingkreises läßt sich jede Impedanz bzw. Admittanz aus
zwei Spannungsmessungen und zwei Resonanzfrequenzmessungen ermitteln.
Beispiel:
Es sei Y 1 = G1 + jωC1 eine unbekannte Admittanz. Für den unbelasteten Schwingkreis nach Bild 3.9
gilt bei Resonanz:
b 0 GL
bı 0 = u
und ω0 2 =
1
,
LC0
mit C0 als dem Wert der Kapazität, der den Resonanzzustand herstellt.
Wird die Admittanz Y 1 (über einen idealen Übertrager) parallel zum Schwingkreis geschaltet, so gilt
bı 0
b|
|u
C0
∆C
L
GL
w1
w2
ü = w1 /w2
Bild 3.9. Meßschaltung zur Bestimmung unbekannter komplexer Leitwerte.
Y1
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Versuch B2/3: Parallelschwingkreis
bei der dann (durch Variation von C auf C 0 − ∆C) neu einzustellenden Resonanzfrequenz
G1
bı 0 = G + 2
ü
b1
u
und ω0 2 = 1
C0 +
C1
ü2
− ∆C L
mit
∆C = C0 − C 0 .
b 1 | und ∆C gemessen werden
b 0 |, |u
Aus diesen Beziehungen ergibt sich für C1 und G1 , falls die Größen |u
und C0 sowie das Übersetzungsverhältnis ü des Übertragers bekannt sind:
U0
G1 = ü G
−1 ,
U1
C1 = ü2 ∆C = ü2 (C0 − C 0 ) .
2
(3.15)
(3.16)
Somit ist die unbekannte Admittanz bestimmt.
Eine andere Möglichkeit zur Bestimmung von C1 besteht darin, die Verschiebung der Resonanzfrequenz
beim Zuschalten von Y 1 zu messen. Aus den Gleichungen für die Resonanzfrequenzen vor (f01 ) und
nach (f02 ) Zuschalten von Y 1 ergibt sich:
2
C1 = ü C0
3.6
"
f01
f02
2
#
−1 .
(3.17)
Bestimmung des Phasenverlaufs der Spannung als Funktion der Frequenz aus
dem Verlauf des Spannungsbetrags
Der in Gl. (3.8) angegebene frequenzabhängige Verlauf des Betrags der Spannung läßt sich meßtechnisch relativ einfach ermitteln. Die Bestimmung des Phasenverlaufs ist jedoch mit einfachen Meßgeräten bzw. Versuchsaufbauten nicht möglich.
Da der Verlauf des Betrags der Spannung jedoch proportional dem Verlauf des Betrags der Impedanz
des Schwingkreises ist, läßt sich unter Verwendung der Ortskurven nach Bild 3.5 und Bild 3.6 ein
Bestimmungsverfahren für den Phasenverlauf ableiten; der Phasenverlauf wird graphisch aus dem
gemessenen Verlauf des Spannungsbetrags ermittelt.
Voraussetzung für eine einfache und richtige Auswertung ist eine normierte Darstellung für den Betrag
b | wird auf die Maximalspannung | u
b 0 | bei
der Spannung und für die Impedanz, d.h. die Spannung | u
Resonanz, die Impedanz auf den Leitwert R = 1/G (Impedanz im Resonanzfall) bezogen. Wird f ür
b /u
b 0 | und |Z|G derselbe Maßstab gewählt, so lassen sich die normierten
die Maximalwerte von |u
Spannungsbeträge mit einem Zirkel unmittelbar in die Ortskurve der normierten Impedanz übertragen
(siehe Bild 3.10). Aus der Ortskurve lassen sich dann die zugehörigen Phasenwinkel bestimmen, so
daß der angegebene Phasenverlauf erhalten wird.
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Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B2
b /u
b 0 | ; |Z|G
|u
Bild 3.10. Zur Ermittlung des Phasenverlaufs der Spannung als Funktion der Frequenz aus dem Verlauf des Betrages der Spannung.
Versuch B2/3: Parallelschwingkreis
3.7
9
Versuchsablauf
3.7.1 Bauen Sie einen Schwingkreis nach Bild 3.9 auf. Die Schwingkreiskapazität soll 1, 8 nF betragen,
als Induktivität soll der in der Versuchsschaltung eingebaute Übertrager verwendet werden. Der
Schwingkreis wird durch eine in der Versuchsschaltung eingebaute spannungsgesteuerte Konstantstromquelle gespeist, deren Eingang an den Ausgang eines Wobbelgenerators geschaltet
werden soll. Die Wechselspannung am Schwingkreis soll auf einem Oszilloskop, die gleichgerichtete Wechselspannung (sie entspricht dem Scheitelwert der Spannung am Schwingkreis) soll auf
einem XY–Schreiber dargestellt werden.
3.7.2 Durch Handabstimmung des Wobbelgenerators ist die Resonanzfrequenz des aufgebauten Schwingkreises zu bestimmen. Die Frequenz ist auf einem eingebauten Frequenzmesser abzulesen. Danach
ist die Amplitude der Generatorspannung bei Resonanzfrequenz so einzustellen, daß ein sinnvoll
auswertbarer Maßstab für eine normierte Darstellung des Betragsverlaufs der Spannung gemäß
Bild 3.4 bzw. Bild 3.10 möglich ist (z.B. kann der normierte Betrag von 1 auf dem Schreiber
durch 10 cm dargestellt werden).
Empfindlichkeit und Verstärkung des X-Kanal-Verstärkers des Schreibers sind so einzustellen,
daß man einen gut auswertbaren Frequenzmaßstab erhält, d.h. man wählt nach Kenntnis der
Resonanzfrequenz einen sinnvollen Anfangs– und Endwert für den Wobbelbereich (die Resonanzkurve sollte mindestens ab 30 % des Maximalwertes beginnen). Zwischen diesen Werten
darf linear interpoliert werden, da die frequenzproportionale Gleichspannung des Wobbelgenerators genügend genau linear ist.
3.7.3 Zeichnen Sie die Resonanzkurve des Schwingkreises auf und ermitteln Sie aus ihr die Bandbreite
∆f sowie die Güte Q unter Verwendung der Gleichung (3.9) für zwei Fälle:
a) Übertrager sekundärseitig unbelastet,
b) Übertrager sekundärseitig bei ü = 3 mit R = 1, 2 kΩ beschaltet.
3.7.4 Mit dem unter 3.6 erläuterten Verfahren ist der Phasenverlauf der Schwingkreisspannung bei
ü = 3 mit 1, 2 kΩ belasteten Schwingkreis zu ermitteln.
3.7.5 Bestimmen Sie den Parallelersatzleitwert des Schwingkreises nach Bild 3.2 mit Hilfe des Pauli–
Verfahren. Der Übertrager soll bei ü = 1 betrieben werden.
3.7.6 Bestimmen Sie mit Hilfe des Verstimmungsverfahrens nach 3.5 drei komplexe Leitwerte unter
Verwendung eines Parallel–Ersatzschaltbildes.
Unbedingt mitzubringendes Arbeitsmaterial:
• Millimeterpapier DIN A 4
• Winkelmesser
• Lineal
• Zirkel.
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