fachanwalt rechtsanwalt

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F ACHANWALT
R ECHTSANWALT
KANZLEI
KISTNER
Eisenberg im Januar 2016
Unfall, Krankheit…! Was nun?
Alles rund um die Patientenverfügung!
Sehr geehrte Damen und Herren,
laut aerzteblatt.de, News vom 2014-12-10 haben 28 % der
Deutschen eine Patientenverfügung ausgefüllt. Laut Allensbach heißt es:
-
1
„Drei von zehn Deutschen haben mit einer Patientenverfügung Vorsorge für oder gegen lebensverlängernde Maßnahmen bei einem Unfall oder am
Lebensende getroffen. Wie aus einer am Dienstag
vom Meinungsforschungsinstitut Allensbach veröffentlichten Umfrage weiter hervorgeht, beschäftigen
sich immer mehr Bürger mit diesen Fragen. Hatten
2009 nur 15% der Befragten eine Patientenverfügung verfasst, waren es nun 28 %1.“
aerzteblatt.de News 2014-12-10
-2-
Laut der Statistik der Bundesnotarkammer, zentrales Vorsorgeregister, waren 2015 70.974 Eintragungen mit einer
Patientenverfügung verbunden und gab es 53.823 Justizabfragen2.
Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Vorausverfügung einer Person für den Fall, dass sie ihren Willen nicht
mehr (wirksam) erklären kann. Sie bezieht sich auf medizinische Maßnahmen, wie ärztliche Heileingriffe und steht
meist im Zusammenhang mit der Verweigerung lebensverlängernder Maßnahmen. Die Einzelheiten richten sich nach
der jeweiligen nationalen Rechtsordnung. Die Bestimmung
des § 1901 des Bürgerlichen Gesetzbuches lautet wie folgt:
„1) Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten
nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich
zu besorgen.
(2) Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht.
Zum Wohl des Betreuten gehört auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben
nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen
zu gestalten.
(3) Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. Dies gilt
auch für Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, dass
er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten
will. Ehe der Betreuer wichtige Angelegenheiten erledigt, bespricht er sie mit dem Betreuten, sofern
dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft.
2
Bundesnotarkammer, Zentrales Vorsorgeregister, Informationsmaterialien Statistik 2015, Stand 2015-06-30
-3-
(4) Innerhalb seines Aufgabenkreises hat der Betreuer
dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten
zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu
verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Wird die Betreuung berufsmäßig geführt, hat der Betreuer in
geeigneten Fällen auf Anordnung des Gerichts zu
Beginn der Betreuung einen Betreuungsplan zu erstellen. In dem Betreuungsplan sind die Ziele der
Betreuung und die zu ihrer Erreichung zu ergreifenden Maßnahmen darzustellen.
(5) Werden dem Betreuer Umstände bekannt, die eine
Aufhebung der Betreuung ermöglichen, so hat er
dies dem Betreuungsgericht mitzuteilen. Gleiches
gilt für Umstände, die eine Einschränkung des Aufgabenkreises ermöglichen oder dessen Erweiterung, die Bestellung eines weiteren Betreuers oder
die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (§
1903) erfordern.“
Salopp formuliert muss die Patientenverfügung in Schriftform verfasst sein. Dafür muss der Verfasser sowohl volljährig als auch einwilligungsfähig sein.
Wie das Bundesministerium der Justiz zutreffend ausführt,
machen es der wissenschaftliche und technische Fortschritt
möglich, dass wir heute schwerstkranken Menschen helfen
können, für die es noch vor 50 Jahren keine Rettung gegeben hätte. Während diese Perspektive für viele Menschen
Hoffnung und Chance bietet, haben andere Angst vor einer
Leidens- und Sterbensverlängerung durch Apparatemedizin. Jeder Mensch hat das Recht für sich zu entscheiden,
ob und welche medizinischen Maßnahmen für ihn ergriffen
werden.
-4-
Ärztinnen und Ärzte brauchen für jede Behandlung die Zustimmung des Betroffenen. Das gilt für die Einleitung wie für
die Fortführung einer Therapie. Solange der kranke Mensch
noch entscheidungsfähig ist, kann er selbst dem Arzt diese
Zustimmung geben oder verweigern.
Wie stellt man aber den Willen eines Menschen fest, wenn
er nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen zu äußern. Wer
in einer solchen Situation nicht möchte, dass ein anderer
über das Ob und das Wie der ärztlichen Behandlung entscheidet, kann in einer Patientenverfügung festlegen, ob er
bei einem konkret beschriebenen Krankheitszustand bestimmte medizinische Maßnahmen wünscht oder ob sie unterlassen werden sollen.
Nach meinem Ermessen sollte dies nicht ohne den Sachverstand und die praktische Erfahrung von Ärzten und Juristen geklärt werden.
Wie Herr Kollege Prof. Dr. Rosenau ausführt, befand sich
Deutschland auf einem guten Weg zu einem selbstbestimmten Sterben3. Der Bundesgerichtshof hatte die direkte
und passive Sterbehilfe (nun: Behandlungsabbruch) akzeptiert. Der Bundestag selbst hatte den Stimmen aus seiner
Mitte, die Wirksamkeit der Patientenverfügung auf die Sterbephase zu begrenzen, eine Absage erteilt. Er lag mit dieser Position in der Mitte der Gesellschaft. Die Menschen
wollen sich ihre Autonomie auch am Lebensende bewahren
und sich dieses nicht vorschreiben lassen. Am 2015-11-06
hat der Bundestag diesen Weg verlassen und ist in das alte, von Paternalismus geprägte Denken zurückgefallen.
Erstmals seit 1871 wurde die Beihilfe zum Suizid unter Strafe gestellt, soweit sie geschäftsmäßig erfolgt (§ 217 Straf3
NJW 2015, Heft 49 Editorial
-5-
gesetzbuch neue Fassung). Das ist nicht nur ahistorisch,
sondern zugleich unsystematisch, weil damit eine Beihilfe
ohne strafbare Haupttat formuliert wird. Nun kommen auch
Ärzte in das Visier der Staatsanwaltschaft. Denn wer mehr
als einmal im Leben altruistisch einem Patienten in verzweifelter Lage beim Suizid helfen will, kann unter die „Geschäftsmäßigkeit“ subsumiert werden. Statt den Suizidgefährdeten, Beistand und Fürsorge zu leisten, wird sich der
Arzt wie zu Zeiten des Hippokrates von solchen Menschen
abwenden. Diesen sendet der Bundestag stattdessen folgende Botschaft: Zwar darf sich der Bundesbürger selbst
das Leben nehmen, er möge sich dazu aber vor den Zug
werfen, von der Brücke springen oder den Strick um binden. Das ist weder ethisch noch moralisch noch christlich
(Prof. Dr. Henning Rosenau a. a. O.)
Allgemein empfehle ich zur vertiefenden Informationen die
als PDF verfügbare Veröffentlichung des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Patientenverfügung Leiden - Krankheit - Sterben, wie bestimme ich, was
medizinisch unternommen werden soll, wenn ich entscheidungsunfähig bin.4
Nach meiner Auffassung sollte jeder überlegen, eine Patientenverfügung zu erstellen, wenn er bei existenziellen
Fragen, die Krankheit, Leiden und auch das Sterben betreffen keine Abhängigkeit und Fremdbestimmung in Kauf
nehmen will.
Bei einer umfassenden Betrachtungsweise ist es mit diesen
Vorüberlegungen nicht getan, da im Vorfeld eine Vorsorgevollmacht und entsprechend der individuellen Bedürfnisse
darüber hinausgehend Spezial- bzw. Generalvollmachten
4
PDF Patientenverfügung-Bundesministerium der Justiz und FÜ…
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Patientenverfuegung.pdf?__blob=publicationFile&v=7
-6-
erteilt werden sollten. Was nutzt eine wirksame Patientenverfügung, wenn die Zusammenhangsangelegenheiten ungeregelt bleiben und nichts für die Durchsetzung der Regelungen getroffen wird. Ihr Wille muss im Zweifel auch von
jemanden zur Geltung gebracht werden. Das kann eine
Person sein, der Sie vertrauen und die Sie dazu ausdrücklich bevollmächtigt haben. Wenn Sie eine solche Person
bevollmächtigt haben, Sie in Gesundheitsangelegenheiten
zu vertreten, sollten Sie Ihre Patientenverfügung unbedingt
mit ihr besprechen.
Wenn Sie niemanden eine Vollmacht erteilt haben, wird das
Vormundschaftsgericht im Bedarfsfalle für Sie einen Betreuer bestellen, der dann alle Fragen im Zusammenhang
mit Ihrer Gesundheitsfürsorge entscheidet; möglicherweise
wird dies ein Berufsbetreuer sein, nicht Ihr Ehegatte, Ihr
Lebenspartner oder Ihre Kinder etc..
Abschließend sollten Sie bedenken, dass in derartigen Fällen in der Praxis regelmäßig weitere Hilfestellungen auch
für andere als gesundheitliche Fragen benötigt werden, wie
dann im Zusammenhang Spezial- und Generalvollmachten.
Zwischenergebnis:
Grundsätzlich sollte jeder Volljährige, der eine Abhängigkeit
und Fremdbestimmung nicht nur in Gesundheitsangelegenheiten, insbesondere eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts im Bedarfsfalle für einen Betreuer vermeiden möchte, rechtzeitig Vorsorge treffen. Eigentlich müsste
dies alle Bürgerinnen und Bürger, nicht nur der oben erwähnte Prozentsatz betreffen.
Vor dem Hintergrund des auch medial im Interesse stehenden demographischen Wandels erbringen auch ältere Men-
-7-
schen ihren dritten Lebensabschnitt immer öfter in sonnigen
Gefilden, sei es im Süden Europas, Asien oder sonst wo;
manchmal auch in mehreren Ländern und Kontinenten.
Dies gilt sowohl für Reisen als auch Auslandsaufenthalte.
Grundsätzlich gilt die deutsche Patientenverfügung aber
nicht im Ausland. In vielen Ländern gelten ganz unterschiedliche Regelungen zum Thema Patientenwillen. Ein
Formular oder Dokument für die Patientenverfügung und
Co., das international gilt, existiert nicht. Innerhalb der EU
finden sich zwar teilweise auch gesetzliche Regelungen zur
Patientenverfügung, diese fallen aber auch häufig deutlich
abweichend zum deutschen Gesetz aus. Beispielsweise
kann gefordert sein, dass die Verfügung von mehreren
Zeugen bestätigt oder notariell beurkundet wurde. Andere
Länder kennen das Institut der Patientenverfügung gar
nicht.
Ärzte in anderen Ländern müssen sich an die im jeweiligen
Land geltenden Gesetze halten. Daher ist eine deutsche
Patientenverfügung für sie nicht bindend. Natürlich kann es
trotzdem hilfreich sein, die Verfügung im Reisegepäck dabei zu haben (natürlich mit Übersetzung).
Idealerweise sollte bei Auslandsaufenthalten geprüft werden, wie Ihr Wille umgesetzt und dies nach nationalem
Recht zulässig bewerkstelligt werden kann. Wollen Sie
Deutschland endgültig den Rücken kehren oder planen Sie
einen längeren Aufenthalt im Ausland, kann es sinnvoll
sein, sich über die nationalen Regelungen zu informieren
und gegebenenfalls eine dort gültige Verfügung zu treffen.
Aber was nutzt die beste Vorsorge, wenn die Patientenverfügung und Co. im Falle des Falles nicht gefunden werden?
-8-
In Deutschland kann durch das zentrale Vorsorgeregister
der Bundesnotarkammer einfach, schnell und sicher geholfen werden.
Gerichte können vor Anordnung einer gesetzlichen Betreuung über einen besonders geschützten Bereich im Internet
bzw. über das Justiznetz beim zentralen Vorsorgeregister
anfragen und klären, ob es eine Vorsorgeurkunde gibt. Diese Anfrage bei der Bundesnotarkammer ist weder zeitnoch kostenaufwändig und dadurch selbst in Eilfällen noch
möglich. Das Gericht kann mit den vorhandenen Informationen die richtige Entscheidung treffen, die dem in der Vorsorgevollmacht bzw. Betreuungsverfügung niedergelegten
Willen entspricht. Ein Arzt braucht z.B. die Einwilligung zu
einer das Leben gefährdenden Operation und beantragt
beim Gericht die Bestellung eines Betreuers. Ist die Vorsorgevollmacht registriert, dann kann das Gericht dem Arzt
mitteilen, dass eine Vertrauensperson vorhanden ist, an die
er sich wenden kann.
Auch ohne die Registrierung muss das Gericht zwar ermitteln, ob es Verfügungen gibt. Muss aber die Operation bald
durchgeführt werden, kann das Gericht keine umfangreichen Ermittlungen anstellen und muss einen Betreuer bestellen. Nicht die gewünschte Vertrauensperson trifft dann
die weitreichende Entscheidung über die medizinische Behandlung, sondern ein vom Gericht bestellter Fremder.
Deshalb ist die Registrierung im zentralen Vorsorgeregister
der Bundesnotarkammer zur Verwirklichung der Selbstbestimmung so wichtig.
Bitte beachten Sie, dass die Registrierung nicht durch einen
Notar erforderlich ist, sondern auch von jeder Privatperson erfolgen kann. Einzelheiten können Sie der Homepage zentrales
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Vorsorgeregister (ZVR)/Bundesnotarkammer unter www.vorsorgeregister.de/ZVR-Zentrales-Vorsorgeregister/ZentralesVorsorgeregister-ZVR.php entnehmen.
Kürzlich hat Herr Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr.
Andreas Jurgeleit in einem Aufsatz5 zur aktuellen Gesetzeslage die Meinung vertreten, es bestehe grundsätzlich
kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Dem kann ich nur
entgegentreten.
Solange nicht zumindest einmal innerhalb der EU einfache,
verständliche und gültige Regelungen zu der Problematik
gelten, handelt es sich um nationales schon teilweise unübersichtliches Stückwerk. Bei dem von mir als schwarzem
2015-11-06 bezeichnetem Datum darf ich ohne weitere
Anmerkung Herrn Richter am Amtsgericht Martin Weise,
Betreuungsgericht Hamburg-Altona wie folgt auszugsweise
zitieren6:
„ Die Besprechung des Entwurfs der „Strafbarkeit
der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“
legt nicht dar, warum eine Handlung, die straffrei
ist, wenn sie nicht geschäftsmäßig erfolgt, strafbar
sein soll, wenn sie geschäftsmäßig erfolgt. Alle
existenziellen Bedürfnisse des Menschen werden in
der Bundesrepublik Deutschland dem geschäftsmäßigen Handeln, wenn nicht gar dem Handeln mit
Gewinnerzielungsabsicht überlassen. Menschen
müssen sich „nackt ausziehen“, wenn sie eine
Wohnung mieten oder einen Arbeitsplatz erhalten
wollen. Bei Essen und Trinken haben die „Geringverdiener“ die Wahl zwischen Aldi, Lidl und, falls
vorhanden, der örtlichen Tafel.
5
6
Richter am BGH Prof. Dr. Jurgeleit, Sterbehilfe in Deutschland, NJW 2015, 2708 ff.
Leseforum NJW 40/2015
- 10 -
Überlasteten Stationsärzten in den Krankenhäusern
sollen die Menschen sich überlassen dürfen bzw.
müssen, nicht aber geschäftsmäßigen Helfern bei
der Selbsttötung?
Die Besprechung des Entwurfs zur „Regelung der
ärztlichen begleitenden Lebensbeendigung“ beanstandet mit Recht, dass der Leidensdruck, der von
einer nicht tödlich verlaufenden Erkrankung herrührt, unbeachtlich sein soll („ewige Quälerei“).“
In Anlehnung an den bekannten Werbespruch sollten Sie
zur Durchsetzung ihres Selbstbestimmungsrechts für den
Fall von Leiden, Krankheit und Sterben Ihren Arzt, Anwalt
und/oder Notar; und zwar Mediziner und Juristen gemeinsam zu Rate ziehen.
Empfehlungen zu Mustern fallen daher schwer, da sie ohne
Kenntnis und sachgerechte Beratung schnell in die Irre führen könnten. Allgemein bietet Ihnen das Bundesministerium
der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) weitere Informationen und Formulare, insbesondere zur Patientenverfügung und stellt entsprechende Textbausteine für eine
schriftliche Patientenverfügung zur Verfügung. Auch findet
sich beim Bundesanzeiger als Verlag ein Muster zum Thema Vorsorge-Vollmacht.
Exemplarisch habe ich Ihnen diese Muster als Anhang
„Textbausteine“7 angehängt.
7
BMJV, Textbausteine Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht
- 11 -
Ironisch und unterhaltend darf ich aus den Reden zweier
Bundespräsidenten zitieren. Roman Herzog hat im Zusammenhang mit der deutschen Gesetzgebungsleidenschaft im
Rahmen diverser Vorträge das Gütesiegel: „made in Germany“ übersetzt mit: „in Deutschland ist die Made drin“ und
auch ein weitere Bundespräsident, nämlich Horst Köhler,
hat sicher recht, soweit er einmal anmerkte: „Gesetze und
Verordnungen sind keine Bananen; sie dürfen nicht erst
beim Abnehmer reifen.“
Die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Anscheinend ist es
heute effektiver von einem „lernenden“ Gesetz, also von einem Gesetz, bei dem langjährige Lernprozesse nötig sind,
um es verstehen können, zu reden, anstatt kundenfreundliche Gesetze zu schaffen. Früher litten wir an Verbrechen,
heute an Gesetzen.
Nun bitte ich meinen Korreferenten, Herrn Dr. med. Helmut
Brünesholz Ihnen aus Sicht eines erfahrenen Facharztes
für Allgemeinmedizin exemplarisch anhand der Textbausteine des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz unter anderem seine Sicht der Dinge näher zu
bringen
Ich bedanke mich zunächst für Ihre Aufmerksamkeit und
stehe Ihnen anschließend gemeinsam mit Herrn Dr. Brünesholz zu einer kleinen Diskussionsrunde zur Verfügung.
Kistner
Rechtsanwalt
- 12 -
Anhang -BMJV, Textbausteine Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht
Eingangsformel
Ich ... (Name, Vorname, geboren am, wohnhaft in) bestimme hiermit für den Fall, dass ich meinen Willen nicht mehr
bilden oder verständlich äußern kann ....
Exemplarische Situationen, für die die Verfügung gelten soll
Wenn
→
ich mich aller Wahrscheinlichkeit nach unabwendbar
im unmittelbaren Sterbeprozess befinde ...
→
ich mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich
verlaufenden Krankheit befinde, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist ...
→
infolge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und
mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, nach
Einschätzung zweier erfahrener Ärztinnen oder Ärzte
(können namentlich benannt werden) aller Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist,
selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar
ist. Dies gilt für direkte Gehirnschädigung z.B. durch
Unfall, Schlaganfall oder Entzündung ebenso wie für
indirekte Gehirnschädigung z.B. nach Wiederbelebung, Schock oder Lungenversagen. Es ist mir bewusst, dass in solchen Situationen die Fähigkeit zu
Empfindungen erhalten sein kann und dass ein Aufwachen aus diesem Zustand nicht ganz sicher auszuschließen, aber unwahrscheinlich ist.
- 13 -
→
ich infolge eines weit fortgeschrittenen Hirnabbauprozesses (z.B. bei Demenzerkrankung) auch mit ausdauernder Hilfestellung nicht mehr in der Lage bin,
Nahrung und Flüssigkeit auf natürliche Weise zu mir
zu nehmen
→
Eigene Beschreibung der Anwendungssituation:
___________________________________________
___________________________________________
___________________________________________
___________________________________________
___________________________________________
(Anmerkung: Es sollten nur Situationen beschrieben
werden, die mit einer Einwilligungsunfähigkeit einhergehen können.)
Festlegungen zu Einleitung, Umfang oder Beendigung
bestimmter ärztlicher Maßnahmen
Lebenserhaltende Maßnahmen
In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich,
→
dass alles medizinisch Mögliche und Sinnvolle getan
wird, um mich am Leben zu erhalten.
oder
→
dass alle lebenserhaltenden Maßnahmen unterlassen
werden. Hunger und Durst sollen auf natürliche Weise gestillt werden, gegebenenfalls mit Hilfe bei der
Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. Ich wünsche
fachgerechte Pflege von Mund und Schleimhäuten
sowie menschenwürdige Unterbringung, Zuwendung,
Körperpflege und das Lindern von Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Angst, Unruhe und anderer belastender
Symptome.
- 14 -
Schmerz- und Symptombehandlung
In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich eine
fachgerechte Schmerz- und Symptombehandlung,
→
aber keine bewusstseinsdämpfenden
Schmerz- und Symptombehandlung.
Mittel
zur
oder
→
wenn alle sonstigen medizinischen Möglichkeiten zur
Schmerz- und Symptomkontrolle versagen, auch bewusstseinsdämpfende Mittel zur Beschwerdelinderung.
→
die unwahrscheinliche Möglichkeit einer ungewollten
Verkürzung meiner Lebenszeit durch schmerz- und
symptomlindernde Maßnahmen nehme ich in Kauf.
Künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr
In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich,
→
dass eine künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr begonnen oder weitergeführt wird, wenn damit
mein Leben verlängert werden kann.
oder
→
dass eine künstliche Ernährung und/oder eine künstliche Flüssigkeitszufuhr nur bei palliativmedizinischer
Indikation zur Beschwerdelinderung erfolgen.
oder
→
dass keine künstliche Ernährung unabhängig von der
Form der künstlichen Zuführung der Nahrung (z. B.
Magensonde durch Mund, Nase oder Bauchdecke,
venöse Zugänge) und keine künstliche Flüssigkeitszufuhr erfolgen.
- 15 -
Wiederbelebung
A. In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich
→
Versuche der Wiederbelebung.
oder
→
die Unterlassung von Versuchen der Wiederbelebung.
→
,dass eine Notärztin oder ein Notarzt nicht verständigt
wird bzw. im Fall einer Hinzuziehung unverzüglich
über meine Ablehnung von Wiederbelebungsmaßnahmen informiert wird.
B. Nicht nur in den oben beschriebenen Situationen, sondern
in allen Fällen eines Kreislaufstillstands oder Atemversagens
→
lehne ich Wiederbelebungsmaßnahmen ab.
oder
→
lehne ich Wiederbelebungsmaßnahmen ab, sofern
diese Situationen nicht im Rahmen ärztlicher Maßnahmen (z. B. Operationen) unerwartet eintreten.
Künstliche Beatmung
In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich
→
eine künstliche Beatmung, falls dies mein Leben verlängern kann.
oder
→
dass keine künstliche Beatmung durchgeführt bzw.
eine schon eingeleitete Beatmung eingestellt wird,
unter der Voraussetzung, dass ich Medikamente zur
Linderung der Luftnot erhalte. Die Möglichkeit einer
Bewusstseinsdämpfung oder einer ungewollten Verkürzung meiner Lebenszeit durch diese Medikamente
nehme ich in Kauf.
- 16 -
Dialyse
In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich
→
eine künstliche Blutwäsche (Dialyse), falls dies mein
Leben verlängern kann.
oder
→
dass keine Dialyse durchgeführt bzw. eine schon eingeleitete Dialyse eingestellt wird.
Antibiotika
In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich
→
Antibiotika, falls dies mein Leben verlängern kann.
oder
→
Antibiotika nur bei palliativmedizinischer Indikation zur
Beschwerdelinderung.
oder
→
keine Antibiotika.
Blut/Blutbestandteile
In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich
→
die Gabe von Blut oder Blutbestandteilen, falls dies
mein Leben verlängern kann.
oder
→
die Gabe von Blut oder Blutbestandteilen nur bei palliativmedizinischer Indikation zur Beschwerdelinderung.
oder
→
keine Gabe von Blut oder Blutbestandteilen.
- 17 -
Ort der Behandlung, Beistand
Ich möchte
→
zum Sterben ins Krankenhaus verlegt werden.
oder
→ wenn möglich zu Hause bzw. in vertrauter Umgebung
sterben.
oder
→ wenn möglich in einem Hospiz sterben.
Ich möchte
→
Beistand durch folgende Personen:
___________________________________________
___________________________________________
____________________________________
→
Beistand durch eine Vertreterin oder einen Vertreter
folgender Kirche oder Weltanschauungsgemeinschaft:
___________________________________________
___________________________________________
____________________________________
→
hospizlichen Beistand.
- 18 -
Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht
→
Ich entbinde die mich behandelnden Ärztinnen und
Ärzte von der Schweigepflicht gegenüber folgenden
Personen:
___________________________________________
___________________________________________
___________________________________________
___________________________________________
Aussagen zur Verbindlichkeit, zur Auslegung und
Durchsetzung und zum Widerruf der Patientenverfügung
→
Der in meiner Patientenverfügung geäußerte Wille zu
bestimmten ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen
soll von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und
dem Behandlungsteam befolgt werden. Mein(e) Vertreter(in) – z. B. Bevollmächtigte(r)/ Betreuer(in) – soll
dafür Sorge tragen, dass mein Patientenwille durchgesetzt wird.
→
Sollte eine Ärztin oder ein Arzt oder das Behandlungsteam nicht bereit sein, meinen in dieser Patientenverfügung geäußerten Willen zu befolgen, erwarte
ich, dass für eine anderweitige medizinische und/oder
pflegerische Behandlung gesorgt wird. Von meiner
Vertreterin/meinem Vertreter (z. B. Bevollmächtigte(r)/Betreuer(in)) erwarte ich, dass sie/er die weitere
Behandlung so organisiert, dass meinem Willen entsprochen wird.
- 19 -
→
In Lebens- und Behandlungssituationen, die in dieser
Patientenverfügung nicht konkret geregelt sind, ist
mein mutmaßlicher Wille möglichst im Konsens aller
Beteiligten zu ermitteln. Dafür soll diese Patientenverfügung als Richtschnur maßgeblich sein. Bei unterschiedlichen Meinungen über anzuwendende oder zu
unterlassende ärztliche/pflegerische Maßnahmen soll
der Auffassung folgender Person besondere Bedeutung zukommen:
(Alternativen)
 meiner/meinem Bevollmächtigten.
 meiner Betreuerin/meinem Betreuer.
 der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden
Arzt.
 anderer Person: ...
→
Wenn ich meine Patientenverfügung nicht widerrufen
habe, wünsche ich nicht, dass mir in der konkreten
Anwendungssituation eine Änderung meines Willens
unterstellt wird. Wenn aber die behandelnden Ärztinnen und Ärzte/das Behandlungsteam/mein(e) Bevollmächtigte(r)/Betreuer(in) aufgrund meiner Gesten,
Blicke oder anderen Äußerungen die Auffassung vertreten, dass ich entgegen den Festlegungen in meiner
Patientenverfügung doch behandelt oder nicht behandelt werden möchte, dann ist möglichst im Konsens aller Beteiligten zu ermitteln, ob die Festlegungen in meiner Patientenverfügung noch meinem aktuellen Willen entsprechen. Bei unterschiedlichen
Meinungen soll in diesen Fällen der Auffassung folgender Person besondere Bedeutung zukommen:
- 20 -
(Alternativen)
 meiner/meinem Bevollmächtigten.
 meiner Betreuerin/meinem Betreuer.
 der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden
Arzt.
 anderer Person: ....
Hinweise auf weitere Vorsorgeverfügungen
→
Ich habe zusätzlich zur Patientenverfügung eine Vorsorgevollmacht für Gesundheitsangelegenheiten erteilt und den Inhalt dieser Patientenverfügung mit der
von mir bevollmächtigten Person besprochen:
Bevollmächtigte(r)
Name:
___________________________________
Anschrift:___________________________________
Telefon: ____________Telefax: ________________
→
Ich habe eine Betreuungsverfügung zur Auswahl der
Betreuerin oder des Betreuers erstellt (ggf.: und den
Inhalt dieser Patientenverfügung mit der/dem von mir
gewünschten Betreuerin/Betreuer besprochen).
Gewünschte(r) Betreuerin/Betreuer
Name:
__________________________________
Anschrift: ___________________________________
Telefon: _____________Telefax: _______________
- 21 -
Hinweis auf beigefügte Erläuterungen zur Patientenverfügung
Als Interpretationshilfe zu meiner Patientenverfügung habe
ich beigelegt:
→
Darstellung meiner allgemeinen Wertvorstellungen.
→
Sonstige Unterlagen, die ich für wichtig erachte:
Organspende
→
Ich stimme einer Entnahme meiner Organe nach
meinem Tod zu Transplantationszwecken zu (ggf.:
Ich habe einen Organspendeausweis ausgefüllt).
Komme ich nach ärztlicher Beurteilung bei einem sich
abzeichnenden Hirntod als Organspender in Betracht
und müssen dafür ärztliche Maßnahmen durchgeführt
werden, die ich in meiner Patientenverfügung ausgeschlossen habe, dann
(Alternativen)
 geht die von mir erklärte Bereitschaft zur Organspende vor.
 gehen die Bestimmungen in meiner Patientenverfügung vor.
oder
→
Ich lehne eine Entnahme meiner Organe nach meinem Tod zu Transplantationszwecken ab.
- 22 -
Schlussformel
→
Soweit ich bestimmte Behandlungen wünsche oder
ablehne, verzichte ich ausdrücklich auf eine (weitere)
ärztliche Aufklärung.
Schlussbemerkungen
→
Mir ist die Möglichkeit der Änderung und des Widerrufs einer Patientenverfügung bekannt.
→
Ich bin mir des Inhalts und der Konsequenzen meiner
darin getroffenen Entscheidungen bewusst.
→
Ich habe die Patientenverfügung in eigener Verantwortung und ohne äußeren Druck erstellt.
→
Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte.
Information/Beratung
→
Ich habe mich vor der Erstellung dieser Patientenverfügung informiert bei/durch _____________________
und beraten lassen durch
___________________________________________
Ärztliche Aufklärung/Bestätigung der Einwilligungsfähigkeit
Herr/Frau _______________________________________
wurde von mir am ________________________________
bezüglich der möglichen Folgen dieser Patientenverfügung
aufgeklärt.
- 23 -
Er/Sie war in vollem Umfang einwilligungsfähig.
Datum _________________________________________
Unterschrift, Stempel der Ärztin/des Arztes
_______________________________________________
_______________________________________________
_______________________________________________
→
Die Einwilligungsfähigkeit kann auch durch eine Notarin/Rechtsanwältin oder einen Notar/Rechtsanwalt
bestätigt werden.
Aktualisierung
→
Diese Patientenverfügung gilt solange, bis ich sie widerrufe.
oder
→
Diese Patientenverfügung soll nach Ablauf von (Zeitangabe) ihre Gültigkeit verlieren, es sei denn, dass
ich sie durch meine Unterschrift erneut bekräftige.
→
Um meinen in der Patientenverfügung niedergelegten
Willen zu bekräftigen, bestätige ich diesen nachstehend:
(Alternativen)
 in vollem Umfang.
 mit folgenden Änderungen:
_______________________________________
_______________________________________
_______________________________________
Datum:
______________________
Unterschrift:
_______________________
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