Kommentiertes Aufgabenbeispiel aus den Bildungsstandards im Fach Biologie für den Mittleren Schulabschluss Beschluss vom 16.12.2004 15. Aufgabenbeispiel: Pflanzen wachsen auf Bäumen Basiskonzept Entwicklung Zimmerpflanzen sind vielfach Gäste aus tropischen und subtropischen Regionen dieser Welt. Die Pflanze, um die es in dieser Aufgabe geht, ist eine Bromelie. Das Exemplar in der Abbildung heißt Vrisea ensiformis. Eine ähnliche Pflanze steht zur Beobachtung bereit. Quelle: Angelika Frank (Kommission) Material 1: Die Bromelie ist im tropischen Regenwald beheimatet und gehört zu den so genannten Ananasgewächsen. Im Lexikon findet sich folgende Information: „Ananasgewächse gehören zu den Aufsitzerpflanzen. Diese wachsen in Astgabeln von Bäumen und werden von Haftwurzeln gehalten. Während der heftigen täglichen Regenschauer im Regenwald sammeln Aufsitzerpflanzen Wasser am Blattgrund.“ Material 2: Biologen haben sich mit dem anatomischen Feinbau der Blätter beschäftigt. Was man mit dem Mikroskop sieht, zeigen die folgenden Abbildungen. Die Vergrößerungen sind dabei ungleich. Abb. 1: Blattoberfläche von Vrisea ensiformis in der mikroskopischen Betrachtung.3) Quelle: Angelika Frank (Kommission) __________ 3)„Positiv-Abzug mit Nagellack“: Der Abzug wurde durch Auftragen von klarem Nagellack auf die Blattoberseite erhalten. Der getrocknete Nagellackfilm wurde anschließend von der Blattfläche abgezogen und bei 120facher Vergrößerung mikroskopiert. 1 Materialdatenbank SINUS-Transfer 2006 Abb. 2 a, b: Blattquerschnitte bei mikroskopischer Betrachtung Quelle: Katharina Schulte, Universität Frankfurt Abb. 3: Zeichnungen nach verschiedenen mikroskopischen Bildern angefertigt Quelle: http://www.bogos.uni-osnabrueck.de/projekte/blitz/bromel.htm Aufgabenstellung: 1. Nennen Sie mögliche Vor- und Nachteile des Lebens grüner Pflanzen auf Bäumen im Regenwald. 2. Informieren Sie sich über den Aufbau eines Laubblattes in Ihrem Lernbuch. Erläutern Sie dann mit Hilfe der Textinformation und den Abbildungen 1 und 2 die Veränderungen im Blattbau einer Bromelie. Gießen Sie Wasser zwischen die Blätter der Bromelienpflanze und notieren Sie Ihre Beobachtung. 3. Stellen Sie eine begründete Hypothese zur Wasseraufnahme der Bromelie auf. 4. Erklären Sie die Angepasstheit der Bromelie mit Hilfe von Mutation und Selektion. 2 Materialdatenbank SINUS-Transfer 2006 Erwartungshorizont: Erwartete Schülerleistung AFB F Standards E K 1. Überlegungen zu den Faktoren Licht, Wasser, Konkurrenz, Fortpflanzung, Mineralsalze I 1.2 1.4 3.3 2. Im Gegensatz zu einem typischen Laubblatt, dessen Spaltöffnungen auf der Blattunterseite erkennbar sind, zeigen die Mikroschnitte des Bromelienblattes auf der Blattoberseite tellerartige Strukturen mit einer Vertiefung in der Mitte. Die Abbildungen 2 a und b zeigen eine trichterförmige Struktur im Querschnitt, die von der Blattoberfläche in das Innere des Blattes führt. Die Strukturen verändern sich bei Trockenheit bzw. Feuchtigkeit. Die in den Abbildungen gebotenen Strukturen könnten als „Trichter-“ oder „Kanalzellen“ umschrieben werden, die dem Blattinneren vermutlich Wasser zuleiten, wie aus den Zeichnungen entnommen werden kann. Der Begriff „Saugschuppe“ ist nur bei Vorkenntnissen zu erwarten. Das Gießwasser bleibt zwischen den Blättern stehen. II 2.3 2.4 2 2 4 3. Pflanze nimmt das Stauwasser mit den Blättern und nicht mit den Wurzeln auf. Die Hypothese erscheint wahrscheinlich durch das Auffinden spezieller Gewebestrukturen, die sich eignen könnten, um Wasser aufzunehmen. Die Hypothese erscheint wahrscheinlich wegen des Sammelns des Wassers am Blattgrund. III 2.6 2.4 7 8 6 4. Durch Mutationen entstehen genetische und phänotypische Variationen, in diesem Beispiel unterschiedliche Ausbildungen von Laubblättern. Durch abiotische und biotische Umweltfaktoren werden die Varianten ständig „überprüft“. Die Spaltöffnungen an der Oberseite des Blattes stellen in der Regel einen Nachteil für die Pflanze dar (erhöhte Verdunstung von Wasser). In feuchtwarmen Gebieten mit einer hohen Niederschlagsmenge werden sie zu einem entscheidenden Selektionsvorteil, der sogar eine Reduktion von ehemals Wasser aufnehmenden Wurzeln erlaubt (Haftwurzeln). Die in einem Evolutionsprozess entstandenen neuen Strukturen wurden einer neuen Funktion zugeführt und ermöglichten die Besiedlung eines neuen Lebensraumes. II 1.4 1.5 2.6 3.6 3.7 3 Materialdatenbank SINUS-Transfer 2006 B