Abschlussbericht zum Max-Buchner-Forschungsstiftungs-Stipendium zum Thema „Untersuchungen zur Biosynthese des Pflanzenwachstumsregulators Thienodolin aus Streptomyces albogriseolus MJ286-76F7“ (FKZ 2790) Das Alkaloid Thienodolin wurde 1993 von Kanbe et al. aus Streptomyces albogriseolus MJ286-76F7 in einem Screening nach das Pflanzenwachstum stimulierenden Metaboliten isoliert (Kanbe et al., 1993a). Die Aufklärung der Struktur mittels spektroskopischer und Röntgenstrukturanalyse ergab, dass es sich um 6-Chlor-8H-thien[2,3-b]indol-2-carboxamid (Abb. 1) handelt (Kanbe et al. 1993b). Engqvist et al. (2004) publizierten die Synthese von Thienodolin, dessen in der 5-Position chlorierten und des unchlorierten Analogons ausgehend von den entsprechenden Oxindolen in drei Schritten. Cl N H S C O NH2 Thienodolin N H C OH N HC H2 O Tryptophan Abb. 1: Chemische Strukturen von Thienodolin und des postulierten Vorläufermoleküls Tryptophan Im Gegensatz zur chemischen Synthese lagen zu Beginn unsere Arbeiten keine Daten über die Biosynthese von Thienodolin vor. Allerdings legt die chemische Struktur des Moleküls Tryptophan als Vorläufermolekül nahe. Ausgangspunk für unsere Arbeiten war die Klonierung eines Tryptophan-6-Halogenasegens aus dem Thienodolin-Produzenten, das auf einem 4,5 kb großen Plasmid isoliert werden konnte (Seibold et al., 2006). Dieses Gen diente als Sonde für das Screening einer Cosmidgenbank des Thienodolin-Produzenten. Aus dieser Cosmidgenbank konnten einige Cosmid-Klone isoliert werden, die das Halogenasegen enthielten. Die Sequenzierung der zum Halogenasegen benachbarten DNA-Sequenzen führte zur Identifizierung des potentiellen Biosynthesegen-Clusters für Thienodolin. Dieses Cluster besteht nach unseren Daten aus den Genen für folgende Enzyme: Methylthioadenine-Synthetase, Amidotransferase, Dehydrogenase/Reductase Cytochrom-P450-Enzym, kurzkettiger Säuren, 2- FAD- abhängige Oxidase, Tryptophan-6-Halogenase, Flavin-Reduktase, Aminotransferase und für zwei Enzyme mit unbekannter Funktion (Abb. 2). Aufbauend auf diesen Ergebnissen konnte die Funktion einzelnen Enzyme in der Thienodolin-Biosynthese analysiert werden. K 0k b 1k b L 2k b X 3k b D 4k b B 5k b C 6k b M E 7k b 8k b Y 9k b O 10k b thiK – Zwei-Komponenten-System Sensor Kinase thiL – Zwei Komponenten-System Responseregulator thiX – unbekannteFunktion thiD – Amidotransferase thiB – DNA-Bindeprotein thiC – Cytochrom P-450 thiM – 2-Methylthioadenine-Synthetase thiE – Short-chain Dehydrogenase/Reduktase H 11k b 12k b F N 13k b 14k b A 15k b R 16k b 17k b thiY – unbekannte Funktion thiO – FAD-abhängige Oxidase thiH – Tryptophan 6-Halogenase thiF – Flavin-Reduktase thiN – Aminotransferase thiA – Ionen Antiporter thiR – transkriptionaler Regulator Abb. 2: Vorschlag für das Thienodolin-Biosynthesgen-Cluster Hierfür wurden einzelnen Gene nach dem in Abb. 2 gezeigten Prinzip durch Einbringen einer Antibiotikaresistenz-Kassette inaktiviert, ohne dass dabei die Funktion benachbarter Gene betroffen ist. Nach Einbringen der Plasmide mit dem zerstörten Gen in den ThienodolinProduzenten wurde die Integration in das Genom erzwungen, wodurch es zu einem „single cross-over“ oder zu dem erwünschten „double cross-over“ kam. tsr Chromosom 1 2 13 33 33 1 1 3 Vektor mit Thiostreptonresistenz und durch die Apramycin-Kassette zerstörtem Gen 15 apra 2 1 4 1 5 1 6 1 7 Chromosom 12 13 apra 15 16 17 Tsrs apraR Abb. 2: Prinzip der Zerstörung der einzelnen Gene zur Analyse ihrer Funktion in der Thienodolin-Biosynthese. Begonnen wurden diese Untersuchungen mit dem Gen für die Amidotransferase, von der vermutet wurde, dass sie den letzten Schritt in der Biosynthese katalysiert. Die Extrakte des Kulturmediums und der Zellen der erhaltenen „double cross-over“ Klone wurden mittels HPLC, HPLC-UV und HPLC-MS untersucht und mit denen des Wildtyp-Stamms verglichen. Dabei zeigte es sich, dass diese Klone kein Thienodolin mehr bildeten. Dafür konnte ein neuer Peak in den HPLC-Chromatogrammen detektiert werden (Abb. 3), dessen UVSpektrum Ähnlichkeiten zum UV-Spektrum von Thienodolin zeigte (Abb. 4). Abb. 3: HPLC-Chromatogramm des Extrakts der Kulturmedien des ThieneodolinProduzenten (blau) und der Mutante mit dem zerstörten Amidotransferasegen (rot). Abb. 4: UV-Spektren von Thienodolin (oben) und des von dem Klons mit dem zerstörten Amidotransferasegen akkumulierten Metaboliten (unten). Anhand von HPLC-MS- und 1HNMR-Daten konnte der neu auftretende Metabolit als Thienodolinsäure (Abb. 4) identifiziert werden. Dies konnte durch chemische Synthese bestätigt werden. HO 9 3 4 5 3b 2 3a 8a Cl 6 7 7a O S1 N8 H Abb. 4: Struktur der Thienodolinsäure, die von der Mutante mit dem inaktivierten Amidotransferasegen akkumuliert wird. Es gelang, Thienodolinsäure chemisch zu synthetisierte und in vivo durch einen Pseudomonas-Stamm der das klonierte Amidotransferasegen exprimiert, zu Thienodlolin umzusetzen. Die Umsetzung der Thienodolinsäure zu Thienodolin in vitro gelang auch in zellfreien Extrakten des rekombinanten Pseudomonas-Stamms, wenn den Extrakten ATP und Glutamin zugesetzt wurde, wobei Glutamin auch durch Ammoniumionen ersetzt werden konnte (Abb. 5). Cl N H Gln + ATP Glu + ADP + Pi NH2 a) C C COOH H H2 b) Cl + NH4+ + ATP ADP + Pi+ H NH2 C C CONH2 H2 H N H Abb. 5: Umsetzung von Thienodolinsäure zu Thienodolin durch die Amidotransferase ThiD mit Glutamin als Amminogruppendonor (a) oder Ammoniumionen als Aminogruppendonor (b). Als weiteres Gen aus dem potentiellen Thienodolingen-Cluster wurde das Gen der Tryptophan-6-Halogenase ThiH zerstört. Di Analyse der „double cross-over“-Mutante ergab, das diese nicht mehr in der Lage war, Thienodolin zu synthetisieren. Im Gegensatz zur Mutante im Amidotransferasegen akkumuliert die Mutante im Tryptophan-6-Halogenasegen kein Zwischenprodukt. Dies ist ein starker Hinweis darauf, dass die Tryptophan-6-Halogenase den ersten Schritt in der Thienodolin-Biosynthese katalysiert und dass die Chlorierung in 6Position des Indolrings für den nächsten Schritt in Richtung Thienodolin unbedingt notwendig ist, da kein unhalogeniertes Thienodolin-Derivat gebildet wird, wie das bei einigen anderen halogenierten Naturstoffen wie z.B. Tetracyclin oder Vancomycin der Fall ist. Die in diesem Projekt erhaltenen Ergebnisse legen nahe, dass die Thienodolin-Biosynthese mit der regioselektiven Chlorierung des Tryptophan in der 6-Position beginnt und der letzte Schritt in der Biosynthese die Bildung der Säureamidgruppe des Thienodolin durch die Amidotransferase ist. Durch weitere Arbeiten soll untersucht werden, ob die Aminotransferase den zweiten Biosyntheseschritt katalysiert und ob das Enzym mit Ähnlichkeiten zu einer 2-Methylthioadenine-Synthetase an der Einführung des Schefelatoms beteiligt ist. Aus den bisher erhaltenen Ergebnissen lässt sich die in Abb. 6 gezeigte Hypothese für den Verlauf der Thienodolin-Biosynthese ableiten. NADH + H+ NAD+ ThiF COOH FADH2 NH2 N H FAD + H2O COOH ThiH + O2 + Cl + H H2O Cl Tryptophan NH2 N H 6-Chlorotryptophan ThiN, M, E, Y? Glu + ADP + Pi O Cl N H S Gln + ATP ThiD C O NH2 Cl Thienodolin N H S C OH Thienodolinsäure Abb. 6: Hypothese für den Thienodolin-Biosyntheseweg. Noch unklar sind die Schritte, die zwischen 6-Chlortryptophan und der Thienodolinsäure liegen. Literaturangaben Engvist, R., A. Javaid, J. Bergman (2004) Synthesis of thienodolin. Eur. J. Org. Chem. 2004, 2589-2592. Kanbe, K., H. Naganawa, K. T. Nakamura, Y. Okami, T. Takeuchi (1993b) Thienodolin, a new plant growth-stimulating substance produced by a Streptomycete strain: II. Structure of thienodolin. Biosci. Biotech. Biochem. 57, 636-637. Kanbe, K., M. Okamura, S. Hattori, H. Naganawa, M. Hamada, Y. Okami, T. Takeuchi (1993a) Thienodolin, a new plant growth-stimulating substance produced by a Streptomycete strain: I. Taxonomy and fermentation of the producing strain, and the isolation and characterization of thienodolin. Biosci. Biotech. Biochem. 57, 632-635. Seibold, C. H. Schnerr, J. Rumpf, A. Kunzendorf, C. Hatscher, T. Wage, E. J. Ernyei, C. Dong, J. H. Naismith, K.-H. van Pée (2006) A flavin-dependent tryptophan 6-halogenase and its use in modification of pyrrolnitrin biosynthesis. Biocat. Biotrans. 24, 401-408.