Statement von Ansgar Belke für KULIN

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1 Statement von Ansgar Belke für KULIN
Professor Dr. Ansgar Belke, University of Duisburg-Essen, Research Director for
International Macroeconomics at the German Institute for Economic Research (DIW)
Berlin, and Member of the “Monetary Experts Panel” in the European Parliament
1. Was zeichnet eine starke Währung aus?
Was ihren Binnenwert angeht, zeichnet sich eine starke Währung durch Preisniveaustabilität aus.
Diese wird durch eine mittelfristige Ausrichtung der Geldpolitik am Ziel der Preisniveaustabilität
gewährleistet. Preisstabilität wird in der Regel als eine Situation definiert, in der das
gesamtwirtschaftliche Preisniveau über die Zeit weder ansteigt noch fällt; Preisniveaustabilität wird
also als eine Situation betrachtet, in der Inflation (d.h. ein anhaltender Anstieg des
gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus) und Deflation (d.h. eine fortlaufende Verringerung des
gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus) abwesend sind, oder, anders ausgedrückt: Preisniveaustabilität
stellt eine Situation dar, in der die Kaufkraft des Geldes im Zeitablauf unverändert bleibt. Ist der
Binnenwert einer Währung hoch, wird sie auf Devisenmärkten auch stark nachgefragt. Entsprechend
ist ihr Außenwert – gemessen am Wechselkurs – ebenfalls hoch. Eine starke Währung wertet durch
eine hohe Nachfrage also eher auf. Dies macht sie weltweit für Zentralbanken als Reservewährung
attraktiv. Dadurch, dass sie für Preisstabilität sorgt, wird sie auch für den Außenhandel attraktiv. Sie
wird zur so genannten Vehikelwährung. Die Erfahrung zeigt, dass ein hoher Binnenwert letztlich auch
einen hohen Außenwert nach sich zieht und umgekehrt. Die Notenbank einer starken Währung ist
typischerweise unabhängig von der Regierung, um zu vermeiden, das sich der Staat durch die
Notenpresse seiner Verschuldung entledigt und/oder politische Konjunkturzyklen erzeugt, um ihre
Wiederwahlchancen zu erhöhen.
Die geldpolitische Geschichte der Balkanländer zeigt indes das Gegenteil. Mein Eindruck war, dass
nach der Transformation die meisten Leute in Bosnien und anderen Balkan-Staaten dem Central
Banking in ihrem Land nicht mehr trauten. Sie vermuteten vielmehr zu Recht, dass die Zentralbanken
ihrer Länder zu Instrumenten starker sektoraler und politischern Interessen verkommen waren. Wenig
überraschend wurde dann zunächst die DM zur Rechnungseinheit und zur präferierten Währung auf
dem Balkan.
2. In welchem Zusammenhang stehen die Wirtschaft eines Landes und dessen
Währung?
Zunächst zum Binnenwert der Währung Ist die Preisstabilität hoch, erfüllen die Preise in einer
Marktwirtschaft ihre Funktion als Knappheitsindikator und es kommt zu höherem
Wirtschaftswachstum. Bei Deflation halten sich zum Beispiel die Konsumenten bei ihren
Güterkäufen zurück, da sie auf noch niedrigere Preise in der Zukunft warten. Hierdurch fällt
bereits heute Nachfrage aus, was bereits in der Gegenwart die Preise weiter verfallen lässt. Es
kommt zu einer sich selbst verstärkenden Abwärtsspirale bei den Preisen und dann auch
wegen der fehlenden Produktionsanreize und pessimistischen Zukunftserwartungen beim
Wirtschaftswachstum. Bei Inflation kommt es ebenfalls zu verringerten Produktionsanreizen,
da die höhere zukünftige Inflation in die Kreditzinsen eingepreist wird. Die höheren Zinsen
würden die Wirtschaft ab. Gleichzeitig begünstigt Inflation die Schuldner und benachteiligt
Gläubiger, die letztlich für ihre Kredite real gesehen weniger Gegenwert zurückbekommen.
Der Staat als größter Schuldner eines Landes wird sich bei diesen günstigen Bedingungen
immer mehr verschulden – gegebenenfalls bis zum Staatsbankrott.
Der Außenwert der Währung wird maßgeblich durch den Wechselkurs bestimmt. Der
Wechselkurs ist ein flexibles Instrument, die heimischen Güter im Ausland teurer oder billiger
zu machen. Aber nur ein großes Land kann dieses Instrument aktiv nutzen. Im Normalfall
sind es eher die Märkte, die den Wechselkurs bestimmen. Der Vorteil flexibler Wechselkurse
2 besteht darin, dass sie negative Schocks wie einen Nachfrageeinbruch abpuffern können.
Wenn beispielsweise Griechenland die Eurozone verlassen und die Drachme wieder einführen
würde, würde letztere massiv abwerten und die griechischen Exporte massiv verbilligen. Der
Nachteil ist, das Wechselkurse nicht immer auf Fundamentaldaten reagieren und sie häufig
stark schwanken, ohne diese Pufferfunktion auszuüben. Dies ist kostenträchtig für eine offene
Volkswirtschaft, die viel handelt, denn es muss viel Kurssicherung betrieben werden. Dies
spricht für feste Wechselkurse – ebenso wie die Möglichkeit, sich durch einen WechselkursAnker Stabilität aus dem Ankerland mit seiner starken Währung zu importieren.
Bosnien und Herzegowina ist eine offene Volkswirtschaft. So entspricht das Handelsvolumen
knapp 94% des BIP. Für solche kleinen offenen Volkswirtschaften empfiehlt sich eine feste
Anbindung an eine stabile Währung. Denn der Stabilitätsimport nützt mehr als die
Abschaffung flexibler Wechselkurse schadet. Die Landeswährung, die Konvertible Mark, ist
über ein Currency Board im Verhältnis 1,95583 fest an den Euro gebunden. Zuvor war sie 1
zu 1 an die Deutsche Mark gekoppelt. Die Wechselkursparität zwischen Konvertibler Mark
und Euro scheint nicht zuletzt aufgrund des bestehenden Polsters an Währungsreserven nicht
gefährdet zu sein. Dieses umfasste beispielsweise Ende Mai 2009 rund 2,4 Mrd. Euro.
Die Wahl eines Currency Boards folgt in der Regel zwei Motiven. Erstens stellt es in Gestalt
eines festen Wechselkurses einen nominalen Anker für die die Geldpolitik dar. Letztere kann
ihren Kurs daran ausrichten, statt willkürlich den Regierungsinteressen der Monetisierung von
Staatsschulden zu folgen. Dieses erste Motiv wurde in der politisch und ökonomisch extrem
unsicheren Nachkriegssituation in BiH als besonders wichtig angesehen. Zweitens stellt es
einen regelgebundenen Ansatz der Geldpolitik dar, der die Schwierigkeiten bei der
Etablierung von Institutionen und der politischen Entscheidungsfindung in der komplexen
Umgebung in BiH nach dem Krieg berücksichtigt. In diesem Sinne führt die
Wechselkursstabilisierung in institutionell noch schwachen Emerging Markets in der Regel zu
mehr Disziplin der Wirtschaftspolitik und, vorausgesetzt das Set institutioneller Regeln auf
Arbeitsmärkten und im Bereich des Steuersystems ist effizient anreizkonform ausgestaltet –
auch zu einer besseren Arbeitsmarkt-Performance.
Die Fixbindung der Währung ist nach wie vor der beste Weg Bosniens zum Euro und
unterstützt übrigens die stabile Preisentwicklung in Bosnien und Herzegowina, wobei die
Inflation in der RS in den letzten Jahren stets höher lag als in der Föderation. Die
kontinuierliche Verringerung des Inflationsdifferenzials lässt auf ein langsames
wirtschaftliches Zusammenwachsen der beiden Entitäten schließen.
3. Bosnische Währung (Konvertible Mark) ist an den Euro gebunden und somit relativ
stabil. Bei einer Arbeitslosigkeit von 50% und derart schwacher Wirtschaft, wie ist es
möglich, dass die Währung dennoch stabil bleibt
und
wie sicher können wir sein, dass diese Stabilität bestehen bleiben wird bzw. können wir
damit rechnen, dass solange Euro stabil ist, die bosnische Wirtschaft von der Inflation
geschont bleiben wird?
Ein Großteil des bosnischen Wachstums basierte auf dem Zufluss von ausländischem Kapital
(FDI), was die Leistungsbilanz stark negativ werden ließ. Die Finanzkrise beeinflusste
Bosnien signifikant, denn Bankkredite trockneten aus und die Nachfrage nach bosnischen
3 Exporten fiel wegen des Wirtschaftseinbruchs in der EU, dem wichtigsten Handelspartner
Bosniens. Ein guter Teil der schlechten volkswirtschaftlichen Lage Bosniens ist folglich der
Finanzkrise geschuldet und dürfte durch die rasche weltweite Erholung gerade in den
Schwellenländern wieder kompensiert werden. Der IWF schätzt in seinem aktuellsten World
Economic Outlook das bosnische reale BIP-Wachstum auf 0,5 Prozent im laufenden Jahr, 4 %
in 2011 und 5, 8 % in 2012. Dies stimmt recht zuversichtlich. Mit einem Rückgang der
Wirtschaftleistung um rund 3% im Jahr 2009 hatte auch Bosnien und Herzegowina unter den
Auswirkungen der globalen Finanzkrise zu leiden. Dies trifft das Land umso härter, weil sein
wirtschaftlicher Aufholbedarf noch immer groß ist. Ein besonders gravierendes, weil
strukturelles, Problem dabei ist sicherlich die hohe offizielle Arbeitslosenquote von über 40%,
vor allem der Anteil der hohen Jugendarbeitslosigkeit. Von diesen offiziell gemeldeten
Arbeitslosen dürfte aber mindestens die Hälfte in der Schattenwirtschaft tätig sein. Letzteres
hat wenig mit der Wechselkursbindung, sondern mit der Ineffizienz der Steuerhebung und
einem wenig anreizkonformen Steuersystem zu tun. Andererseits ist die inoffizielle
Arbeitslosigkeit weitaus höher. Jedoch sind die über Jahre hinweg niedrige Inflationsrate und
das relativ konstante Wirtschaftswachstum der wirtschaftlichen Stabilität im Prinzip dienlich.
Dass der Wechselkurs nicht reagiert, liegt daran, dass die bosnische Marka an die D-Mark
gebunden war und jetzt mit einem Kurs von 1,95583 BAM/EUR an den Euro gekoppelt ist.
Das geldpolitische Regime von BiH besteht, wie oben schon gesagt, in einem Currency
Board. Dieses ist neben dem fixen Wechselkurs dadurch gekennzeichnet, dass die Geldmenge
voll durch Devisenreserven gedeckt sein muss. Das Verhältnis zwischen der Geldmenge M1
und den Devisenreserven liegt seit 2001 bei etwa 100%. Mit dieser Geldpolitik gelang es der
bosnischen Nationalbank, Vertrauen in die Währung zu schaffen und die Inflationsrate BiHs
über Jahre hinweg auf einem sehr niedrigen Niveau zu halten, auch und gerade im Vergleich
mit anderen SEE-Ländern. Solange der Euro stabil bleibt, und hiermit rechne ich wegen der
massiven Verschuldungsprobleme und der ultraleichten Geldpolitik der USA fest, ist die
bosnische Geldpolitik beim Euro gut verankert.
Die niedrige Inflationsrate wurde also mit einer als Currency Board bezeichneten Geldpolitik
erzielt. Solange diese funktioniert, bleibt der Wechselkurs unabhängig von den
volkswirtschaftlichen Fundamentaldaten kontant. Eine Garantie des Funktionierens gibt es
aber nicht. Dieses geldpolitische System ist nämlich bei anhaltenden außenwirtschaftlichen
Ungleichgewichten mit Risiken verbunden. Aufgrund des hohen Leistungsbilanzdefizits und
der Abhängigkeit vom Rohstoffsektor besteht hier eine Stabilitätsgefahr.
Das Leistungsbilanzdefizit hat sich allerdings zuletzt reduziert und wird laut IWF überschätzt.
Das weiterhin bedenklich hohe Handelsbilanzdefizit wird durch stabile Zuwendungen von im
Ausland lebenden Landsleuten zum Teil kompensiert. Diese Einnahmequelle trägt zur
makroökonomischen Stabilität des Landes bei.
Der IWF betonte jüngst zu Recht den Bedarf der Erhaltung makroökonomischer Stabilität und
der weiteren Stärkung der Angebotsseite der bosnischen Volkswirtschaft. Nach der Erholung
von der Finanzkrise wird Bosnien seine Binnennachfrage im Zaum halten müssen, um
Inflation in Schach zu halten und das gegenwärtige Leistungsbilanzdefizit zu verringern.
Wegen seinem Currency Board kann Bosnien und Herzegowina seine Geldpolitik nicht gegen
eine zu stark steigende Nachfrage einsetzen. Dies bedeutet, dass Fiskal- und
Einkommenspolitiken einspringen müssen. Die Implementierung einer Regel zu Einhaltung
eiens ausgeglichenen Budgets würde die fiskalpolitische Nachhaltigkeit sichern und eine
einfach zu verfolgende Regel in Bosnien und Herzegowinas komplexer politischer und
ökonomischer Umgebung darstellen. Auch die Beschränkung des Lohnwachstums im
4 öffentlichen Sektor ist bedeutsam: die Löhne im öffentlichen Dienst beeinflussen direkt die
fiskalische Situation Bosniens und sind Referenzpunkt für die Lohnsetzung im Rest der
Volkswirtschaft. Was Strukturreformen angeht, bestehen Prioritäten in den folgenden
Bereichen: Umstrukturierung des Unternehmenssektors, Ausdünnung der
Unternehmensregulierung, Stärkung der Rechtsdurchsetzung und eine Verschlankung und
Effizienzerhöhung des Staatsapparates. Denn die Hälfte des bosnischen BIPs wird durch die
160 Ministerien auf Ebenen der Kommunen, Teilrepubliken und des Zentralstaats verbraucht.
Auch der IWF sieht für Bosnien unter der Annahme weiterer Reformfortschritte deshalb keine
Inflationsgefahr für die Zukunft. Seine Projektionen weisen bis 2015 Inflationsraten von
zunächst unter zwei und danach knapp über zwei aus. Für das laufende Jahr beläuft sich die
Prognose auf 1,6 Prozent Verbraucherpreisinflation.
4. Der komplette private Finanzsektor in Bosnien wird fast ausschließlich von den
ausländischen Banken kontrolliert. Wie gefährlich ist es für die Volkswirtschaft des
Landes und können wir uns von den eventuellen Manipulationen dieser Banken
schützen?
Im Prinzip war dies für Bosnien anfangs eine gute Sache, denn die DM-isierung und später
die Euroisierung mit den oben schon benannten Vorteilen konnte hierdurch schnell
vorangetrieben werden. In der Tat werden mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung
Bosniens aber auch zunehmend Risiken dieser Strategie offensichtlich. Bei einem Currency
Board verfügt die Nationalbank mit der Mindestreservenanforderung nur über ein einziges
Instrument, um das Kreditwachstum einzudämmen. Die Nationalbank BiHs machte in der
Vergangenheit mehrmals von diesem Instrument Gebrauch. Risiken gehen bei einem
Currency-Board-Regime von anhaltenden außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten (hohes
Leistungsbilanzdefizit) aus. Denn wenn eine dadurch ausgelöste Verunsicherung der
Investoren zu einem abrupten Mittelabfluss (oder verminderten Mittelzufluss) führt, resultiert
automatisch über eine abnehmende Geldmenge (oder nur schwach wachsende Geldmenge)
eine wachstumsgefährdende restriktive Geldpolitik und die Nationalbank könnte sich wegen
der Deflationsgefahren (siehe meine Antwort zu 2) einer Wechselkursanpassung gezwungen
sehen.
Das oben beschriebene Risiko ist in Bosnien besonders eng mit dem Bankensektor verknüpft,
der den Finanzsektor dominiert, da Versicherungs- und Aktienmarkt kaum entwickelt sind.
Der bosnische Bankensektor wurde rasch und konsequent privatisiert. Grundsätzlich wurde
durch die Dominanz ausländischer Banken die Stabilität des Finanzsektors gestärkt, jedoch
besteht das bereits erläuterte Risiko im Zusammenhang mit dem Currency Board vor allem
bei einer Unterschätzung des Kreditrisikos in Zeiten schnellen Kreditwachstums. Ehrgeizige
Rentabilitätsziele der Muttergesellschaften an die Konzerntöchter können zu einer überhöhten
Risikobereitschaft der bosnischen Banken führen. Da aufgrund der strikten Vorschriften für
die Fristenkongruenz kurzfristige (inländische) Einlagen nicht zur Finanzierung langfristiger
Kredite verwendet werden können, finanzieren sich die Banken zu einem Großteil über die
Mutterbanken im Ausland.
Die Verbindung zwischen Kapitalzuflüssen und Kreditvergabe ist daher in Bosnien besonders
stark und der IWF empfiehlt deshalb folgerichtig, die Fristenkongruenzregelung zu
entschärfen. Die Kapitalzuflüsse von ausländischen Mutterbanken zur Finanzierung der
Kredite trugen wesentlich zur Erhöhung der Devisenreserven bei. Eine Verunsicherung durch
anhaltende externe Ungleichgewichte und im Extremfall durch eine Finanzkrise könnte zu
höherer Volatilität dieser Zuflüsse führen. Wenn die ausländischen Banken wie in der
5 vergangenen Finanzkrise das Kreditwachstum reduzieren, führt dies zu einer starken
Reduktion der Kapitalzuflüsse und ruft eine Verminderung der Devisenreserven hervor. Die
Devisenreserven müssten zur Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits verwendet werden,
welches allerdings aufgrund des verminderten Mittelzuflusses aus dem Ausland ebenfalls
zurückgehen sollte. In Folge würde auch die Geldmenge sinken. Die Gefahr wäre wieder
Deflation (siehe Antwort zu 2). Es bleibt dann nur zu hoffen, dass die Inanspruchnahme der
Devisenreserven weniger stark ausfallen würde, wenn das Vertrauen in die heimische
Währung bestehen bleibt und die Bevölkerung nicht ihre Devisen beispielsweise in Euro
umwechselt.
5. Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage in Bosnien die zur Verzweiflung vieler
Menschen geführt hat, möchten wir Ihnen die Möglichkeit geben einen Rat den
Menschen dort zu geben.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich berechtigt bin, der bosnischen Bevölkerung einen Rat zu
geben. Falls ja: wirken Sie auf einen Abbau der im Folgenden genannten Einschränkungen
der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Bosniens hin! Vor allem möchte ich aber auch auf
einige handfeste Hoffnungszeichen für die bosnische Volkswirtschaft hinweisen, die auch der
IWF so sieht (siehe meine Antwort zu 3).
Aufgrund seiner zentralen geografischen Lage wird Bosnien und Herzegowina als günstiger
Standort zur Bearbeitung der umliegenden Märkte Südosteuropas gesehen. Zu den
Nachbarländern Serbien und Kroatien ist noch ein eindeutiger Abstand beim Niveau des BIPs
erkennbar. Dadurch wird der wirtschaftliche Aufholbedarf deutlich, der weiterhin hohe
Wachstumsraten aufgrund eines „Catching-Up-Prozesses“ erwarten lässt. Ein hohes, den
Aufholbedarf des Landes widerspiegelndes Wirtschaftswachstum kombiniert mit einer
niedrigen Inflationsrate spricht aber für die Attraktivität der bosnischen Volkswirtschaft. Der
zu erwartende Schub im regionalen Handel (CEFTA) und eine mittelfristige EU-Perspektive
sind ebenfalls positiv zu erwähnen.
Die Attraktivität wird eingeschränkt durch die politische und ethnische Fragmentierung (die
es auch aus ökonomischer Sicht dringend zu überwinden gilt) und die relativ geringe Größe
des Landes. Bosnien hat weiter die Perspektive auf einen EU- und einen Nato-Beitritt. Unsere
eigenen empirischen Untersuchungen zeigen, dass die Perspektive einer NATOMitgliedschaft fast noch wichtiger als die EU-Perspektive für die Ausbildung eines
wachstumsfreundlichen institutionellen Rahmens in Emerging Markets ist.
Die EU-Perspektive gibt allerdings Hoffnung, dass die institutionellen Rahmenbedingungen
und die Koordination in Bosnien verbessert werden. Im Zuge des Stabilisierungs- und
Assoziierungsabkommen sollen der Handel mit der EU weiter liberalisiert und Waren aus der
Gemeinschaft bis 2013 ganz vom Zoll befreit werden. Den wichtigsten mobilisierenden
Faktor in Bosnien und Herzegowina stellt zweifellos die Perspektive der vollen EUIntegration dar. Der 2000 von der EU initiierte Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess
(SAP) zielt auf eine schrittweise Umsetzung des Rechtsnormenbestands der EU, die
Abschaffung von Handelsbarrieren sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen den Ländern
des Westbalkan ab. Voraussetzung für die Realisierung der hiermit verbundenen Vorteile ist
aber, dass sich das Land trotz der Spannungen zwischen den drei Volksgruppen nicht spaltet.
Um in den nächsten Jahren einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung einzuleiten und den
Lebensstandard der Bevölkerung zu erhöhen, bedarf es neben der Hilfe von EU und IWF auch
des Engagements ausländischer Investoren, die neben Kapital auch Know-how ins Land
6 bringen. Anreize bietet das Land dafür eigentlich genug; derzeit sind es aber vor allem
politische und bürokratische Hemmnisse, die Investoren noch abschrecken. Die
Wirtschaftsperspektiven sind damit nicht zuletzt von der weiteren Entwicklung der
politischen Rahmenbedingungen abhängig.
Ich finde schließlich wichtig, der bosnischen Bevölkerung das folgende Statement des IWF zu
kommunizieren (aus http://www.imf.org/external/np/sec/pr/2010/pr10203.htm):
"Macro‐financial vulnerabilities have been reduced, household deposits have fully recovered from their low point in late 2008, the central bank’s foreign exchange reserves have remained stable, and foreign‐owned banks have broadly maintained their exposure to BiH," Positive developments so far this year include growth in industrial production in both BiH’s entities, strong pickup in exports, and gains in indirect tax revenue collection, he said. "Accelerated implementation of policies is now needed to preserve these early gains. All the quantitative targets for end‐March 2010, for which information is available, were met but effective implementation of the Federation’s structural benchmarks has been slow." "With the initial signs of the economic recovery under way, it is important that the BiH population’s hopes for better growth and employment prospects are not undermined by policy uncertainty ahead of the October elections. "Against this background, strong leadership by all authorities will be required to mobilise support for the difficult decisions that may still need to be taken. Perseverance with reforms of rights‐based benefits and continued efforts to strengthen the fiscal position will remain critical for the better targeting of social benefits, and for the financial integrity of the public pension systems.” 
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