6 1 Einführung Zahlen sind in der Technik mit wenigen Ausnahmen

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6
1 Einführung
Zahlen sind in der Technik mit wenigen Ausnahmen Zahlen beschränkter Genauigkeit. Häufig
sind die Ausgangswerte von Berechnungen nur mit zwei oder drei Stellen bekannt. Es ist dann
sinnlos, das Ergebnis mit acht Stellen anzugeben, nur weil es vom Taschenrechner so angezeigt
wird.
„
Beispiel 1.2 Eine Gasturbine gibt an der Welle 141 PS* je kg der in der Sekunde durch die Turbine strömenden Luft
ab. Der Luftstrom beträgt 56,7 kg/s. Das Verhältnis von Luftmasse zu Brennstoffmasse beträgt 80 : 1. Wie hoch ist der
spezifische Brennstoffverbrauch in g/PSh?
Daten
Leistung
⎛ P ⎞
⎜
⎟
⎜ m ⎟ = 141
⎝ L⎠
PS
kg L /s
Luftstrom
m L
kgL/s
Luft je Brennstoff
⎛ m L ⎞
⎜
⎟
⎜ m ⎟ = 80
⎝ B⎠
= 56, 7
Spezifischer Brennstoffverbrauch b in g/(PSh)
m B
m L
m B =
b=
P
(m L / m B )
P
b=
⎛ P ⎞
⎟
= ⎜
⎜ m ⎟ m L
⎝ L⎠
m L
1
(m L / m B ) ( P / m L ) ⋅ m L
Berechnungen ist es typisch, dass eine Vielzahl von
Größen zahlenmäßig bekannt ist; aus denen müssen die
zur Berechnung notwendigen herausgesucht werden. Oft
fehlen auch Zahlenangaben, die dann erst noch zu ermitteln oder wenigstens abzuschätzen sind.
1
b=
(m L / m B ) ( P / m L )
b=
1 kgB/s
80 kgL/s
b = 8,86 ⋅ 10− 5
b = 319
gB
PSh
1
141
kgL/s
kgB/s
Wenn es wie hier für eine der gegebenen Größen kein
bestimmtes Formelzeichen gibt, sollte es aus den üblichen sinnvoll zusammengesetzt werden. Die dabei
benutzten Klammern sind mathematisch nicht erforderlich, sollen aber anzeigen, dass es sich um ein für eine
einzelne Größe zusammengesetztes Formelzeichen
handelt.
Für den Massenstrom wird das Formelzeichen für die
Masse mit einem darüber gesetzten Punkt (entsprechend
der zeitlichen Ableitung) verwendet.
Größen- und Einheitensymbole werden hier zweckmäßigerweise mit L für Luft und B für Brennstoff gekennzeichnet.
Für die Floskel „80 : 1“ wird einfach eine „80“ gesetzt;
diese wird mit einer (dimensionslosen**) Einheit versehen.
Die Überschrift nennt die zu berechnende Größe, legt
außerdem das dafür verwendete Formelzeichen fest und
gibt die verlangte Einheit an. Da keine Gleichung („Formel“) für die zu berechnende Größe bekannt ist, wird sie
aus der geforderten Einheit abgeleitet.
Dabei zeigt sich, dass mehrere Größen in dieser Gleichung nicht gegeben sind, sondern erst mit weiteren
Gleichungen ermittelt werden müssen.
Beim Zusammenfassen der drei Gleichungen fällt der
gegebene Luftmassenstrom m L heraus; für technische
Bei der zahlenmäßigen Berechnung werden noch die
Umrechnungsfaktoren für die Einheiten berücksichtigt.
Da die gegebenen Daten nur mit drei Stellen bekannt
gB
s sind, ist das Ergebnis auch nur auf höchstens drei Stellen
3
⋅ 3, 6 ⋅ 10
kgB
h genau, wobei der Wert der letzten Stelle als unsicher
anzusehen ist. Die Angabe von mehr als drei Stellen ist
sinnlos.
kgL/s
PS
kgB/s
⋅ 103
PS
*
Die heute nicht mehr zulässige Einheit der Leistung Pferdestärke wird mit PS abgekürzt.
**
In der Technik ist es üblich, Größen mit der Dimension 1 als dimensionslos zu bezeichnen.
1.4 Fragen und Übungen
7
1.4 Fragen und Übungen
Fragen – Versuchen Sie, zunächst ohne Benutzung von Hilfsmitteln zu antworten, also ohne
Rechner, ohne Tabellen und ohne in dem entsprechenden Abschnitt nachzuschlagen. Gelingt
dies nicht, versuchen Sie es mit einer dieser Hilfen. Bitte beachten Sie, dass bei den Fragen, bei
denen mehrere Antworten zur Auswahl gegeben sind, grundsätzlich nur eine Antwort richtig
ist (von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen).
Übungen – Für die Bearbeitung wird im Allgemeinen die Benutzung von Rechnern und
Tabellen (vor allem der hinten im Buch eingefügten) sowie auch der Formelsammlung
THERMODYNAMIK MEMORY (kostenlos abrufbar unter www.viewegteubner.de, das Suchwort
) angebracht sein. Die Lösungen finden sich
Langeheinecke, den Buchtitel und das Symbol
im Buch im Anschluss an die Tabellen.
Frage 1.1 Welche der folgenden Einheitenkombinationen hat die Dimension 1?
(a) (kg ⋅ m3) (m2/s) (m · s/kg)–1
(d) (kg/m3 · m) (m/s) (kg/[m ⋅ s])–1
3
2
(b) (kg/m ) (m /s) (1/kg m ⋅ s)
(e) (kg/m3 · m) (m2/s) (kg/[m2 ⋅ s])–1
(c) (m/s) (kg/m3) (m2 ⋅ s/kg)–1
Frage 1.2 Welcher Buchstabe oder welche Buchstabenkombination steht nicht für eine SI-Basiseinheit?
(a) A
(b) C
(c) cd
(d) K
(e) mol
Frage 1.3 Mit welcher der folgenden Gleichungen kann eine Kraft F aus einer Geschwindigkeit c, einer Masse m
und einem Radius r ermittelt werden?
[c] = m/s
[F] = kg m
[m] = kg
s–2
[r] = m
(a)
(b)
F = rc2/m
F= r
mc
(c)
F = mc2/r
(d)
m2rc
F=
(e)
F = c2/mr
Übung 1.1 Eine Größe R muss mehrfach aus Messwerten des Volumenstroms V in dm3/h und des
Durchmessers D in mm sowie den Konstanten z = 0,7 ⋅ 103 kg/m3 und n = 100 ⋅ 10–6 kp s/m2 mit der
folgenden Gleichung berechnet werden. Entwickeln Sie dafür eine zugeschnittene Größengleichung.
4 ⋅ V ⋅ z
R=
π ⋅D⋅n
Übung 1.2 In Dampfturbinen wird die im Dampf enthaltene kalorische Energie zum Teil in kinetische Energie des
Dampfes umgewandelt. Die kalorische, auf die Masse bezogene Energie hat das Formelzeichen h und wurde früher
in kcal/kg gemessen. In der Gleichung für die auf die Masse bezogene kinetische Energie steht das Formelzeichen c
für die Geschwindigkeit.
Die durch die Energieumwandlung erzielbare Geschwindigkeit c ergibt sich aus der Gleichung
c=
2Δh .
Entwickeln Sie aus dieser Gleichung eine zugeschnittene Größengleichung, um die Geschwindigkeit c in m/s aus
der Abnahme des Energiegehaltes Δ h in kcal/kg zu berechnen (Umrechnungsfaktoren siehe Tabelle T.1 im Anhang).
24
„
2 Die Systeme und ihre Beschreibung
Beispiel 2.5 Welche empirische Temperatur hat auf der Celsius-Skala und auf der Fahrenheit-Skala den gleichen
Zahlenwert?
Mit dem Ansatz
t1
deg F
=
t1
°C
und
t1
°C
=
⎞
t1
t1
5 ⎛ t1
⎜
⎟ nach Gleichung (2.23) ergibt sich
=
= – 40.
− 32 ⎟
deg
F
°
C
9⎜
deg
F
⎝
⎠
Normzustand – Um druck- und temperaturabhängige Werte wie beispielsweise das spezifische
Volumen υ und die Dichte ρ miteinander vergleichen zu können, benutzt man die Werte im
Normzustand. In DIN 1343 sind dafür die Werte
Normdruck
pn = 0 1,01325 bar
(2.25)
Normtemperatur Tn = 273,15
K
festgelegt.
Energieeinheiten – Auf die verschiedenen Arten von Energien ist bereits hingewiesen worden
und wird in Abschnitt 4 noch ausführlich einzugehen sein. Hier sollen zunächst die Einheiten
vorgestellt werden, die im Internationalen Einheitensystem (SI-System) für alle Energiegrößen
in gleicher Weise gebildet werden.
Die Einheit der Energie ergibt sich aus der Definition der Energieform Arbeit als Produkt aus
einer Kraft und einem Weg.
⎛ m ⎞2
1 Joule = 1 J = 1 Nm = 1 kg ⎜ ⎟
⎝s⎠
(2.26)
Die Einheit von Energieströmen ergibt sich aus der Energieeinheit und der Zeiteinheit.
1 Watt = 1 W = 1
J
s
=1
2
kg ⎛ m ⎞
⎜ ⎟
s ⎝s⎠
(2.27)
Häufig werden Energien auf die Masse eines Systems bezogen, also spezifische Energiegrößen
gebildet. Diese ergeben sich auch, wenn ein Energiestrom auf einen Massenstrom bezogen
wird. Beide bezogenen Größen haben daher die gleiche Einheit.
1
⎛ m ⎞2
J
W
=1
= 1⎜ ⎟
⎝s⎠
kg
kg/s
(2.28)
In der älteren Literatur trifft man noch häufig auf die früher benutzte Wärmeeinheit Kilokalorie
(kcal) und die Arbeitseinheit Meterkilopond (mkp). Die Wärme, mit der 1 kg Wasser um 1 °C erwärmt werden konnte, war als 1 kcal definiert; dazu wurde die spezifische Wärmekapazität von
Wasser willkürlich als 1 kcal/(kg °C) gesetzt. Dieser Wert beträgt im SI-System 4,186 kJ/(kgK).
kcal
kJ
(2.29)
⋅ 1 ° C = 1kg⋅ 4,186
⋅ 1K = 4,186 kJ
1 kcal = 1kg⋅ 1
kg ° C
kg K
Die Wärmeeinheit des englischen Maßsystems British thermal unit (BTU) ist in gleicher Weise
definiert wie die Kilokalorie, aber natürlich mit den englischen Einheiten Pfund (lb) und Grad
Fahrenheit (degF).
BTU
· 1 degF = 0,2520 kcal = 1,055 kJ
(2.30)
1 BTU = 1 lb · 1
lb deg F
Da das englische Pfund und das Grad Fahrenheit beide etwa halb so groß wie die entsprechenden SI-Einheiten sind, ist 1 BTU angenähert so groß wie 1/4 kcal und damit wie 1 kJ.
30
2 Die Systeme und ihre Beschreibung
Frage 2.2 In welchem der Zustandsdiagramme wird eine Isochore als Abszissenparallele dargestellt?
(a) p, υ -Diagramm
(c) T, p -Diagramm
(b) υ, T -Diagramm
(d) p, T -Diagramm
Frage 2.3 Wie viel Fahrenheit-Grade hat eine Temperaturdifferenz von 1 Kelvin?
(a) 0,59 °F
(c) 5/9 °F
(b) 0,95 °F
(d) 9/5 ºF
Frage 2.4 An einem Autoreifen wird von einem handelsüblichen kleinen Manometer ein Überdruck von 2,2 bar
angezeigt. Der Atmosphärendruck lässt sich an einem Quecksilberbarometer mit 1,023 bar ablesen. Welchen Wert
können Sie für den absoluten Druck im Autoreifen angeben?
(a) p = 1,177 bar
(c) p = 3,2 bar
(b) p = 2,2 bar
(d) p = 3,223 bar
Frage 2.5 Wie groß ist das spezifische Volumen von Luft in einem Raum von 25 m3, der 30 kg Luft enthält?
(a) υ = 1,2
kg/m3
(b) υ = (1/1,2) m3/kg
(c) υ = 1,2
m3/kg
(d) υ = (1/1,2) kg/m3
Frage 2.6 Welchen Wert hat eine Temperaturdifferenz von 250 °C ungefähr in Grad Rankine?
(a) 125 °R
(c) 250 °R
(e) 550 °R
(b) 137 °R
(d) 450 °R
Frage 2.7 Welche Stoffmenge ist in 22 kg CO2 enthalten? (Die Molmasse von Kohlenstoff ist 12 kg/kmol,
die von Sauerstoff 16 kg/kmol.)
(a) n = 2 kmol
(c) n = 0,5 kmol
(b) n = 1 kmol
(d) n = 0,25 kmol
Frage 2.8 Durch die Turbinen eines Kraftwerks strömt in 24 Stunden eine Wassermenge von 514 Millionen
Kubikmetern. Wie groß ist der Massenstrom?
(a) 5,95 · 103 kg/s
(b) 5,95 · 106 kg/s
(c) 5,95
kg/s
(d) 77,1 · 109 kg/s
(e) 77,1 · 1012 kg/s
(f) völlig anderer Wert
Frage 2.9 Durch die AVOGADRO-Zahl wird angegeben
(a) die Anzahl der Moleküle in einem Kilomol.
(b) die Anzahl der Moleküle in einem Kilogramm.
(e) die Energie der Teilchen je Kilomol.
(d) keiner der vorstehend beschriebenen Werte.
Frage 2.10 Welche Art von Zustandsgrößen ändert bei der Teilung eines homogenen geschlossenen Systems
ihren Wert?
(a) intensive
(c) molare
(e) keine der genannten Größen
(b) extensive
(d) spezifische
Frage 2.11 Um die Zustandsänderung eines geschlossenen Systems bekannter Masse rechnerisch verfolgen zu
können, werden drei Angaben gebraucht. Was muss angegeben werden?
(a) Druck, Temperatur, spezifisches Volumen
(b) Stoffart, Druck, Wärmezufuhr
(c) Anfangszustand, Temperaturdifferenz, Endzustand
(d) Anfangszustand, Verlaufsvorschrift, Endvorschrift
(e) Anfangszustand, Wärmezufuhr, Endvorschrift
Frage 2.12 Was sind spezifische Zustandsgrößen?
(a) extensive Zustandsgrößen
(b) intensive Zustandsgrößen
(c) thermische Zustandsgrößen
(d) auf die Masse bezogene Zustandsgrößen
(e) auf die Stoffmenge bezogene Zustandsgrößen
86
5 Prozesse
Reversibel heißt wörtlich umkehrbar, irreversibel heißt wörtlich nicht umkehrbar. In der Thermodynamik bedeutet jedoch reversibel umkehrbar ohne bleibende Änderung in der Umgebung
und irreversibel nicht umkehrbar ohne bleibende Änderung in der Umgebung. Mit Hilfe der
Umgebung, also mit Energiezufuhr lassen sich irreversible Prozesse rückgängig machen, doch
sind damit eben bleibende Änderungen in der Umgebung verbunden.
Optimale Energieumwandlung – Die Behauptung, dass reversible Prozesse optimale Ergebnisse liefern, lässt sich beispielsweise für die Umwandlung von Enthalpie in Arbeit nachweisen. Hierzu wird ein adiabates offenes System untersucht und gefragt, wie viel Arbeit
einem Stoffstrom durch Expansion in einer Maschine entnommen werden kann (Bild 5-2). Der
Anfangszustand und der Enddruck sind dabei gegeben.
Bild 5-2
Adiabates offenes System
Der Stoffstrom hat beim Eintritt in die Maschine den Zustand 1 (p1, T1) und damit die
Enthalpie h1. Der Druck am Ende der Expansion, also am Austritt aus der Maschine, sei p2.
Die vom Stoffstrom abgegebene Arbeitsleistung P12 ergibt sich aus Gleichung (4.50), da die
Maschine als adiabates System angesehen werden kann.
(5.1)
P12 = m ⋅ wt12 = m (h2 – h1)
Wenn die Hubarbeit wH und die Beschleunigungsarbeit wB vernachlässigt werden, ist die
Technische Arbeit wt gleich der Summe aus Druckarbeit wp und Streuenergie j. Mit Gleichung
(4.32) ergibt sich
2
P12 = m (∫ υ d p + j12 ) = m (h2 – h1).
(5.2)
1
2
(∫ υ d p + j12 ) =
(h2 – h1)
(5.3)
1
Differenziert man diese Gleichung und wendet sie auf reversible Prozesse an, so erhält man die
Differentialgleichung, die den Verlauf der Zustandsänderung beschreibt.
υ dp + 0
= dh
(5.4)
dp
dh
=
1
(5.5)
υ
Bild 5-3
Reversible Expansion 1–2a und
irreversible Drosselung 1–2b
in einem p, h -Diagramm
94
5 Prozesse
Bei reversiblen Zustandsänderungen ist die Streuenergie j12 Null; die Fläche zwischen der
Kurve der Zustandsänderung und der bei einer Temperatur von 0 Kelvin zu zeichnenden
Abszisse ist proportional der übertragenen Wärme q12.
Bei reversiblen Zustandsänderungen adiabater Systeme verschwindet die Fläche. Die
Zustandsänderung ist isentrop und verläuft daher parallel der Ordinate. Bei irreversiblen
Zustandsänderungen adiabater Systeme nimmt die Entropie zu, und die Fläche stellt die
Streuenergie j12 dar.
Bild 5-11
Bedeutung von Flächen
unter der Verlaufskurve
von Zustandsänderungen
Die differenzierte Definitionsgleichung der Enthalpie (4.46) liefert eine Ergänzung zu den
Gleichungen (5.29) und (5.30).
d h = d( u + p υ ) = d u + p d υ + υ d p
(5.31)
d h −υ d p = d u + p d υ
2
∫T d s =
1
( h 2 − h1 ) −
(5.32)
2
2
1
1
∫υ d p = ( u2 − u1) + ∫ p d υ
(5.33)
Bei isobaren Zustandsänderungen wird das Differential dp Null, sodass die Fläche proportional der
Enthalpieänderung h2 – h1 ist. Die Fläche unter isochoren Zustandsänderungen stellt entsprechend
die Änderung der Inneren Energie u2 – u1 dar, da d υ Null wird. Die Fläche unter einer Isobaren im
Nassdampfgebiet gibt die Verdampfungsenthalpie Δ hd [Gleichung (4.58)] wieder (Bild 5-12).
2
∫T ′ ds = T ′(s′′− s′) = h′′− h′ = Δh d
(5.34)
1
Bild 5-12
Bedeutung von Flächen
unter der Verlaufskurve
von Zustandsänderungen
„
Beispiel 5.2 Der einer Dampfmaschine zugrundeliegende theoretische Kreisprozess mit zwei isobaren und zwei
isentropen Zustandsänderungen lässt sich im t,s -Diagramm darstellen. Dieser Vergleichsprozess wird als CLAUSIUSRANKINE-Prozess bezeichnet. Das Anlageschema Bild 5-13 nennt dazu die Zustände 1 bis 6 des Arbeitsmittels und
dessen im Kraftwerk übliche Bezeichnungen.
98
5 Prozesse
Wärmeentzug Q [Gleichungen (4.40), (4.46)]
Q
= UK – UW = mR[(hK – hW) – (pK – pW) υR ]
⎡
kJ
kN
m3 ⎤
= 0,18 kg⎢ (370 − 420)
− (2,9 − 3, 7) ⋅ 102 2 ⋅ 0, 06
⎥
kg
kg ⎦
m
⎣
Q
= 0,18 kg [– 50 + 4,8] kJ/kg = – 8,14 kJ
CLAUSIUS-CLAPEYRONsche Gleichung – Der Verlauf von Dampfdruckkurven p′ = p′(T ) in
p,T -Diagrammen lässt sich angenähert aus wenigen Versuchsergebnissen durch die folgenden
Überlegungen ermitteln.
Man geht von einem Kreisprozess im Nassdampfgebiet aus, wie ihn Bild 5-17 im p, υ - und im
T,s -Diagramm zeigt. Die oberen und unteren Werte von Druck p und Temperatur T unterscheiden sich durch die Differentiale d p und d T .
Kreisprozess im Nassdampfgebiet
zwischen den Grenzkurven. Die
Fläche innerhalb des Kreisprozesses
stellt im p, υ -Diagramm die
Kreisprozessarbeit wK dar
und im T,s-Diagramm
die Differenz q − q0
der zu- und abgeführten Wärmen.
Bild 5-17 Zur CLAUSIUS-CLAPEYRONschen Gleichung
Die Arbeit wK, die an den oder von dem Kreisprozess insgesamt übertragen wird, ist gleich der
Differenz der beiden übertragenen Wärmen q und q0 [Gleichung (4.65)], mit Differentialen
d wK = −d q − d q0 .
(5.37)
Für diese Größen lassen sich aus den beiden Diagrammen die Flächen entnehmen, wobei wegen der differentiellen Rechteckhöhe die Grenzkurvenstücke als senkrecht angesehen werden
können.
Δ hd
⋅ dT
(υ′′ − υ′) d p = ( s′′ − s′) d T =
(5.38)
T′
Hieraus folgt der Differentialquotient der Dampfdruckkurve.
Δ hd
dp
=
(5.39)
dT
( υ′′ − υ′) T ′
Bei kleineren Drücken ist das spezifische Volumen der Flüssigkeit υ′ vernachlässigbar gegenüber dem des Dampfes υ′′ . Außerdem verhält sich der Dampf fast ideal, sodass für den Sattdampf die Gasgleichung (3.21) eingeführt werden kann.
RT
υ′′ υ′
υ′′ = p
Die Differentialgleichung
Δ hd dT
dp
(5.40)
=
p
R T2
lässt sich mit konstanter Verdampfungsenthalpie Δ h d für einen Bezugszustand p0, T0 integrieren.
5.4 Energieumwandlung
103
CARNOT-Prozess – Zum gleichen Ergebnis kommt man mit dem in Bild 5-23 dargestellten,
nach CARNOT benannten Kreisprozess, der aus zwei isothermen und zwei isentropen Zustandsänderungen zusammengesetzt ist. Wärme wird nur bei den beiden isothermen Zustandsänderungen übertragen. Die beiden anderen Zustandsänderungen verlaufen adiabat und reversibel, sind also isentrop.
Bild 5-23
CARNOT-Prozess
Theoretischer Prozess aus zwei Isothermen und zwei Isentropen
für Wärmekraftmaschinen (rechtsläufig) und
für Kühlmaschinen und Wärmepumpen (linksläufig)
Der zugeführte Wärmestrom Q ist nach Gleichung (5.30)
Q = m
3
∫T d s = m T
(5.63)
Δ s,
2
die abgeführte Wärmeleistung Q 0 nach derselben Gleichung
Q 0 = m
1
∫T0 d s =− m T0 Δ s
(5.64)
4
und die gewonnene Arbeitsleistung P nach den Gleichungen (5.47) und (5.44)
P = – Q + | Q | = m ∫ T d s =−m (T −T ) Δ s .
0
v
0
Damit ergibt sich als thermischer Wirkungsgrad
Arbeitsfaktor ηC [Gleichung (5.50) und (5.62)].
| P|
m (T − T0 )Δ s
T − T0
=
=
=
ηt =
Q
m
T Δs
T
(5.65)
ηt des CARNOT-Prozesses der CARNOT-
ηC
(5.66)
In gleicher Weise lassen sich die optimalen Leistungszahlen für die Kühlmaschine, der
CARNOT-Kühlfaktor ε KC [Gleichung (5.54)], und für die Wärmepumpe, der CARNOT-Wärmepumpfaktor εWPC [Gleichung (5.58)], ableiten.
Die Bedeutung der Temperatur für die optimalen Nutzen-Aufwand-Verhältnisse hat bereits
CARNOT erkannt. Seine 1824 veröffentlichte Fassung des Zweiten Hauptsatzes lautet in heutige
Sprache übertragen:
Der in Arbeit umwandelbare Anteil einer Wärme ist unabhängig vom Arbeitsmittel
des Umwandlungsprozesses und wird letztlich begrenzt durch die Temperaturen der
Wärmequelle und der Wärmesenke.
Um den Einfluss der Temperaturen auf die Nutzen-Aufwand-Verhältnisse zu verdeutlichen,
zeigt Bild 5-24 Zahlenwerte der drei CARNOT-Faktoren für eine Umgebungstemperatur von
300 K gleich 27 °C. Es muss betont werden, dass es sich dabei um theoretische Werte handelt,
die in der Praxis nur zu einem mehr oder weniger großen Teil erreichbar sind.
136
7 Zustandsänderungen Idealer Gase
Auch die Änderungen der kinetischen und der potentiellen Energien bleiben unbeachtet.
c 22 − c12
+ g (z 2 – z 1) = 0
2
„
(7.2)
Beispiel 7.1 Am Verdichtungsprozess eines Luftstromes wird gezeigt, wie eine Zustandsänderung rechnerisch
behandelt werden kann. Der Luftstrom m L wird aus der Umgebung angesaugt, in der der Druck pamb und die Temperatur Tamb herrschen, und auf den Druck p2 verdichtet (Bild 7-1). Dafür muss im Verdichter die Arbeitsleistung P12
zugeführt werden, so dass sich die spezifische Enthalpie der Luft von hamb auf h2 erhöht.
Bild 7-1
Verdichtung eines Luftstromes
in einem Luftverdichter
Wenn der Druck pamb und die Temperatur Tamb der Umgebung bekannt sind, für den Verlauf eine reversible und
adiabate Verdichtung vorgeschrieben wird und der Druck am Austritt den Wert p2 haben soll, lassen sich die Enthalpien h und spezifischen Volumen υ für Umgebung und Austritt berechnen. Mit der Angabe des Massenstromes m L
ist auch die notwendige Arbeitsleistung P12 ermittelbar.
7.2 Isobare Zustandsänderung
In Rohrleitungen und Wärmeaustauschern ändert sich der Druck in einem Stoffstrom nur
wenig. Wie verhalten sich die anderen Zustandsgrößen? Welche Energien werden
übertragen?
Der Anfangszustand einer Zustandsänderung sei mit dem Druck p1 und der Temperatur T1
gegeben. Der Verlauf soll isobar sein, der Druck bleibt also konstant. Das Ende der Zustandsänderung wird häufig durch eine Temperatur T2 festgelegt.
Diese Angaben genügen, um die Zustandsänderung in das p,υ - und das T, s-Diagramm desjenigen Stoffes einzutragen, mit dem die Zustandsänderung ausgeführt wird (Bild 7-2).
Thermische Zustandsgrößen – Die nicht gegebenen thermischen Zustandsgrößen werden mit
der Gasgleichung (6.1) berechnet. Das spezifische Volumen υ im Anfangszustand 1 ist damit
R T1
υ1 =
.
(7.3)
p1
Für den Endzustand 2 liefert die Division der für den Zustand 2 geschriebenen Gasgleichung
durch die Gasgleichung für den Zustand 1 eine Aussage.
p2 υ2
R T2
=
p 1 υ1
R T1
T2
(7.4)
T1
Das spezifische Volumen υ ändert sich bei einer isobaren Zustandsänderung proportional der
absoluten Temperatur T. Dies lässt sich auch in der Form schreiben
T
= const.
(7.5)
υ 2 = υ1
υ
7.2 Isobare Zustandsänderung
137
Daraus kann dann wieder abgeleitet werden
T2 = T1 ⋅
υ2
.
υ1
(7.6)
Arbeiten und Wärmen – Die bei einer isobaren Zustandsänderung übertragene Druckarbeit
wp12 ist Null, weil das Differential des Druckes d p Null ist.
2
wp1 2 =
∫υ dp = 0
(7.7)
1
Dies wird verständlich, wenn man überlegt, dass beispielsweise eine Rohrleitung, in der sich
keine Maschine befindet, keine Einrichtung zur Übertragung technischer Arbeit enthält. Die
spezifische Volumenarbeit wV12 wird bei dieser Art von Zustandsänderung
2
wV12 = −∫ p d υ = p (υ1 – υ2) = R (T1 – T2).
(7.8)
1
Die übertragene Wärme ergibt sich aus dem Ersten Hauptsatz [Gleichung (4.47)], der Kalorischen Zustandsgleichung (6.23) und der oben abgeleiteten Gleichung (7.7) als proportional der
Temperaturänderung.
q12 = h2 – h1 = cp (T2 – T1)
(7.9)
Diagrammdarstellungen – Die Isobare verläuft im p,υ -Diagramm selbstverständlich waagerecht und im T, s -Diagramm nach Gleichung (6.47) als e-Funktion (Bild 7-2). Die Fläche zwischen der Isobaren und der Abszisse stellt im p,υ -Diagramm die Volumenarbeit wV
[Gleichung (7.8)] dar. Für das T, s -Diagramm ergibt sich aus den Gleichungen (5.30), (7.1)
und (7.7)
2
∫T d s
= q12 = h2 – h1.
(7.10)
1
Die Fläche zwischen Isobare und Abszisse repräsentiert sowohl die übertragene Wärme q12 als
auch die Enthalpiedifferenz h2 – h1.
Bild 7-2 Isobare Zustandsänderung 1–2 eines Idealen Gases,
dargestellt im p,υ -Diagramm und im T, s -Diagramm.
Die schraffierten Flächen sind den angegebenen Energien proportional, die während der
Zustandsänderung übertragen werden.
7.3 Isochore Zustandsänderung
139
7.3 Isochore Zustandsänderung
In geschlossenen Behältern bleibt das Volumen unverändert.
Wie verhalten sich bei Idealen Gasen die anderen Größen?
Wenn eine Zustandsänderung isochor verläuft, bleibt bei einem geschlossenen System das
Volumen V konstant, bei einem offenen System der betreffende Volumenstrom V . Das kann
auch in der Form ausgesprochen werden, dass das spezifische Volumen υ oder das molare
Volumen Vm oder die Dichte ρ unverändert bleiben.
Mit den in Abschnitt 7.1 beschriebenen notwendigen Angaben lässt sich auch diese Zustandsänderung in die Zustandsdiagramme eintragen (Bild 7-4).
Thermische Zustandsgrößen – Die Gasgleichung (6.1) wird wieder für den Anfangszustand 1
und für den Endzustand 2 angeschrieben. Die Division liefert die Aussage, dass sich bei einer
isochoren Zustandsänderung der Druck p proportional der absoluten Temperatur T ändert.
p2 υ2
R T2
=
p 1 υ1
R T1
T2
p2 = p 1
(7.11)
T1
p
T2 = T1 2
(7.12)
p1
T
= const.
(7.13)
p
Arbeiten und Wärmen – Die bei einer isochoren Zustandsänderung übertragene Druckarbeit
wp12 hat den Wert
2
wp12 =
∫υ dp
= υ (p2 – p1) = R (T2 – T1).
(7.14)
1
Die spezifische Volumenarbeit wV12 wird bei isochoren Zustandsänderungen Null.
2
wV12 = −∫ p d υ = 0
(7.15)
1
Die übertragene Wärme ergibt sich aus dem Ersten Hauptsatz [Gleichung (4.38)], der Kalorischen Zustandsgleichung (6.24) und der Gleichung (7.15) als proportional zur Temperaturänderung.
(7.16)
q12 = u2 – u1 = cv (T2 – T1)
Diagrammdarstellungen – Die Isochore verläuft im p,υ -Diagramm selbstverständlich senkrecht und im T, s -Diagramm nach Gleichung (6.48) als e-Funktion (Bild 7-4). Die Fläche zwischen der Isochoren und der Ordinate stellt im p,υ -Diagramm die Druckarbeit wp [Gleichung
(7.14)] dar. Für das T, s -Diagramm ergibt sich aus den Gleichungen (5.33), (7.1) und (7.15)
2
∫T
d s = q12 = u2 − u1
(7.17)
1
Die Fläche zwischen Isochore und Abszisse repräsentiert sowohl die übertragene Wärme q12
als auch die Differenz der Inneren Energie u2 – u1.
http://www.springer.com/978-3-8348-1356-5
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