81 manunem NEM-Legierungen I. Dental-Stahl Definition: Was ist Stahl? Stahl ist eine schmiedbare Eisen-Kohlenstoff-Legierung mit einem Kohlenstoff-Gehalt < 2% . Rostfreie Stähle z.B. Dentalstahl haben einen besonders geringen Kohlenstoff-Gehalt nämlich unter 0,1%. Weitere Bezeichnungen für Dental-Stahl: 18/8 -Stahl, V2A-Stahl, Rostfreier Stahl, Edelstahl u.s.w. Wo wird Dental-Stahl heute in der Zahntechnik angewendet ? Dental-Stahl wird heute nur noch als einfacher kieferorthopädischer Klammerdraht verwendet,der nicht gelötet werden darf. Zur Beachtung: Für den sogenannten Stahlguß wird kein Dental-Stahl verwendet.Hierfür verwendet man heute Kobalt-Chrom-MolybdänLegierungen. Bis in die sechziger Jahre wurde hierfür tatsächlich Dental-Stahl verwendet,der jedoch durch die besseren CoCr-Mo-Legierungen ersetzt wurde.Der heute falsche Ausdruck ist also historisch bedingt. Zusammensetzung von Dental-Stahl: Fe : ca. 75%, C : <0,1% Cr : ca. 18% Ni : ca. 8% daher die Bezeichnung 18/8 -Stahl Warum darf einfacher Dental-Stahl Klammerdraht nicht gelötet werden ? Klammerdrähte müssen sehr hart sein damit einer gute Federwirkung zustande kommt.Die Härte der Klammerdrähte ist eine Kaltverformungshärte die durch den Ziehvorgang erreicht wurde.Dental-Stahl hat eine sehr kurze Weichglühdauer. Wird ein solcher Draht gelötet,dann erfolgt durch den Lötvorgang ein gleichzeitiges Rekristallisationsglühen.Die Kaltverformungshärte wird hierdurch rückgängig gemacht und die Klammer ist dadurch weich.Eine weiche Klammer federt jedoch nicht mehr. Bei einfachem Maschinenbaustahl könnte die verlorengegangene Härte durch einen Vergütungsvorgang wiedergewonnen werden.Rostfreie Stähle sind jedoch wegen des geringen Kohlenstoffgehalts nicht vergütbar. Die Klammer ist also nach einem Löten nicht mehr verwertbar. Zur Beachtung: Ein Vergüten nach dem Weichglühen ist jedoch bei Edelmetall-Klammerdrähten möglich.Ein Weichglühen macht die Klammer leichter verformbar und durch Härten kann dann die Federkraft wieder hergestellt werden. II.Kobalt-Chrom-Molybdän- Legierungen Verwendung in der Zahntechnik: Diese Legierungen werden ausschließlich in der Gießtechnik verwendet als Modellgußlegierungen z.B. für partielle Prothesen (sogen. Stahlgußplatten). Diese Legierungen haben den früher verwendeten Dental-Stahl vollkommmen ersetzt.Der sogenannte Stahlguß hat also heute mit Stahl nichts mehr zu tun. Typische Firmen-Marken: Wisil (Krupp), Biosil (Degussa),Resilium (Renfert),Wironium (Bego) ,Remanit (Dentaurum) u.s.w. Manunem.doc: Teichmann , März 99 82 Zusammensetzung: Co : 60%-65% Cr : 27% - 31 % Dichte: 8,3 g/cm3 Mo : 4,5% - 5,5% C : 0,3% Schmelzbereich : 1350°C - 1425°C Eigenschaften: Diese Legierungen haben eine besonders dünnflüssige Schmelze und dadurch eine hervorragende Gießfähigkeit (Im Gegensatz zum Dental-Stahl!). Es können also sehr grazile Formen gegossen werden. Die hohe Korrosionsbeständigkeit ist durch den Chromgehalt bestimmt.(Passivierung der Oberfläche durch Oxidbildung) Zusätzlich wird durch den hohen Schmelzpunkt von Molybdän eine Kornverfeinerung verursacht und dadurch Härte und Korrosionsbeständigkeit erhöht.Das hexagonale homogene Mischkristallgefüge erhöht außerdem die Härte und verhindert elektrochemische Korrosion.Die Härte dieser Legierungen wird außerdem wesentlich durch den geringen Kohlenstoffgehalt bestimmt.Es bilden sich Karbide (Chromkarbid,Molybdänkarbid) die die Härte und Sprödigkeit der Legierung stark beeinflussen. Wird dieser Kohlenstoffgehalt nur gerinfügig verändert z.B. Durch Aufkohlung der Schmelze während dem Gießvorgang,dann wird hierdurch die Härte wesentlich gesteigert und es kommt zur Versprödung der Legierung (Bruchgefahr). Verarbeitungshinweise: Beim Schmelzen mit offener Azetylenflamme ist eine Aufkohlung durch richtige Brennereinstellung und richtigen Brennerabstand zu vermeiden.Besser: Vakuum-Hochfrequenz-Tiegelschleuder verwenden. Die Schutzschlacke darf während des Schmelzens nicht zerstört werden .Die Schmelze darf nicht spiegeln. Die Schutzschlacke schützt die Schmelze vor weiterer Oxidation.Kein Schmelzpulver erforderlich. Die hohe Schwindung im festen Zustand nach dem Guß (2,5% lin.) macht phosphatgebundene Cristobalit-Einbettmassen erforderlich. Die hohe Härte und der hohe Elastizitätsmodul der Legierung (210 000 ) erlauben,daß Klammern als sogenannte Gußklammern beim Modellieren in die gegossene Prothesenplatte miteinbezogen werden können.Durch ein sogenanntes Anlaßglühen kann die Karbidausscheidung im Kristallgitter gefördert werden und dadurch noch gesteigert werden. (Ähnlicher Vorgang wie beim Vergüten) III. Kobalt-Chrom-Nickel-Legierungen (Wiptam) Diese Legierungen sind speziell für die Zahntechnik entwickelte lötbare Klammerdrahtlegierungen.Sie sind besonders für die Kaltverformung geeignet (Klammern biegen).Sie haben eine hohe Dehnbarkeit und schon eine geringe Kaltverformung hat eine wesentliche Steigerung der Kaltverformungshärte und der Elastizität zur Folge. Zusammensetzung: Co: 45% Cr: ca. 27% Ni: ca. 25% sowie geringfügig C,Fe,Mn Warum können Co-Cr-Ni-Drähte gelötet werden ? Im Gegensatz zum 18/8-Stahl haben Co-Cr-Ni-Legierungen eine lange Manunem.doc: Teichmann , März 99 83 Weichglühdauer und hohe Weichglühtemperatur,sodaß ein kurzfristiges Glühen wie beim Löten keine Rekristallisation zur Folge hat.Die Kaltverformungshärte bleibt erhalten. IV. Nickel-Chrom-Legierungen Diese kostengünstigen NEM-Legierungen werden meist in Verbindung mit Haftoxidbildnern als keramisch verblendbare NEM-Legierungen für große Brücken verwendet.Wegen des hohen Nickelgehalts jedoch wird die Biokompatibilität dieser Legierungen in der Fachliteratur immer wieder in Frage gestellt. Typische Markennamen:Wiron 88 , Wiron 99, Remanium,Rexilium,Wirolloy,Duceranium u.s.w. Zusammensetzung: (Hauptbestandteile) Nickel : 59% - 75% , Chrom : 13% - 26%, Molybdän : ca. 5% - 10% Dichte: 8 - 8,5 g/cm³ (sowie Haftoxidbildner bei Aufbrennlegierungen) Schmelzbereich: ca. 1200 °C - 1400 °C Die Legierungen haben einen hohen Elastizitäts-Modul d.h. es sind hohe Kräfte erforderlich um eine elastische Verformung zu bewirken.Auch bei längeren Brücken ist ein Abplatzen der Keramik bei Kaubelastung nicht zu befürchten.Die hohe Härte und Biegefestigkeit erlaubt grazile Gerüste und dünne Kappen (0,2 mm Wandstärke) Wie bei den Co -Cr-Mo -Legierungen sind die mechanischen Eigenschaften stark vom Kohlenstoffgehalt abhängig. (Versprödung durch Aufkohlung) Bei Gießvorgang mit neutraler Flamme arbeiten.Keinen Kohletiegel verwenden.Immer nur neues Material verwenden.Schmelze darf nicht spiegeln.Wegen der Toxizität der Schwermetalle ist bei der Verarbeitung von NEM Legierungen ist ein Einatmen der Metalldämpfe zu vermeiden . Beim Schleifen unbedingt Absaugung einschalten. V. Reintitan Technische Daten: Schmelzpunkt 1668 °C, Dichte 4,51 g/cm³ Der in der Zahntechnik verwendete Ausdruck "Reintitan" ist nicht ganz richtig. Nach DIN 17850 sind dem Titan geringste Mengen Fremdstoffe beigemischt,die wesentlich die mechanischen Werkstoffeigenschaften bestimmen.Dies sind bis zu 0,05% Stickstoff, 0,06% Kohlenstoff und 0,013% Wasserstoff sowie Sauerstoff. Durch die bewußte Zugabe von Sauerstoff können die mechanischen Werkstoffeigenschaften gezielt beeinflußt werden.Je nach Sauerstoffgehalt wird Reintitan in vier Gruppen eingeteilt, mit unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften je nach prothetischer Indikation: Sauerstoffgehalt Vickershärte HV Zugfestigkeit N/mm² Bruchdehnung % Ti 1 0,12% 120 350 45 Ti 2 0,18% 150 470 35 Ti 3 0,25% 170 560 25 Ti 4 0,35% 200 640 25 Ti 1 wird z.B. für Brücken und Kronen verwendet sowie für Aufbrennarbeiten. Manunem.doc: Teichmann , März 99 84 Ti 4 verwendet man für Modellgußprothesen. Prothetische Eigenschaften: Titan hat als Prothesenwerkstoff viele Vorzüge: 1. Äußerst Korrosionsbeständig durch Passivierung. 2. besonders gute biologische Verträglichkeit 3. geschmacksneutral 4. geringe Wärmeleitfähigkeit 5. röntgenstrahlendurchlässig,ermöglicht die Kontrolle überkronter Zähne 6. Geringe Dichte Verarbeitbarkeit Die positiven prothetischen Eigenschaften werden leider durch eine besonders schwierige Verarbeitbarkeit zum Teil aufgehoben.Die Gießbarkeit ist nur mit aufwendigen Vakuum-HF-Anlagen möglich. 1) Hohe Gießtemperatur (ca. 1800°C) 2) Hohe chemische Affinität im geschmolzenen Zustand zu Kohlenstoff,Stickstoff,Wasserstoff,Phosphaten,Sulfaten und Sauerstoff,deshalb Vakuum erforderlich 3) Besondere Einbettmassen sind erforderlich,wegen den obengenannten Gründen 4) Wegen der geringen Wärmekapazität von Titan muß der Gießvorgang schnell erfolgen. Geringe Gußverzugszeit. 5) Im gegossen Zustand hat das Gußobjekt eine Art Zunderschicht (- case-Schicht) die relativ dick ist (100 µ bis 200 µ) mit negativen Eigenschaften und deshalb entfernt werden muß. 6) Oberhalb 805°C nimmt Titan Sauerstoff auf und macht bei 882°C eine Gefügeumwandlung durch,die mit einem Volumensprung verbunden ist. Dies erfordert spezielle keramische Massen mit entsprechenden niedrigen Brenntemperaturen. 7) Die Abkühlung im festheißen Zustand sollte bei Titanguß schnell erfolgen (Abschrecken, kalte Muffel), denn je langsamer die Abkühlung umso dicker ist die unerwünschte - case-Schicht.Diese muß spanabhebend entfernt werden und beinträchtigt dadurch auch die Paßgenauigkeit.Ein weiterer Grund für die schnelle Abkühlung ist die Gefügeumwandlung bei 882° C. Oberhalb der Kristallumwandlungsgrenze ist das Gefüge kubisch-raumzentriert und damit härter und hat bessere mechanische Eigenschaften.Unterhalb 882° C ist das Gefüge hexagonal. Bei einer schnellen Abkühlung bleibt das kubisch-raumzentriete Gefüge erhalten und die mechanischen Eigenschaften entsprechen dann denen von extraharten Edelmetall-Legierungen. 8) Titan schmiert bei spanabhebender Verarbeitung. Dies kann durch kreuzverzahnte Fräser etwas vermindert werden. 9) Nach und während der spanabhebenden Bearbeitung muß ein Kontakt mit Wasser vermieden werden bis die Passivierungsschicht wieder hergestellt ist (ca. 10 min.) Sonst bilden sich Flecken. NEM-Legierungen 1) Was ist Stahl ? (keine Co-Cr-Mo-Legierung!) 2) Warum darf einfacher Dental-Stahl-Klammerdraht nicht gelötet werden? 3) Nennen Sie drei NEM-Legierungen, deren Zusammensetzung und deren Anwendung in der Zahntechnik. 4) Welche besondere Eigenschaften haben Edelmetall-Legierungen und NEM-Legierungen für zahntechnische Zwecke. (je 6 Beispiele) 5) Wie unterscheiden sich die Titansorten Ti 1 bis Ti 4 in der Zusammensetzung und in ihren Manunem.doc: Teichmann , März 99 85 mechanischen Eigenschaften ? Manunem.doc: Teichmann , März 99