10 2 Patientenauswahl 쐽 Welche Patienten profitieren von einer Operation am meisten? Patienten mit der Diagnose einer Rhinosinusitis und Polyposis nasi, die trotz maximaler medikamentöser Behandlung nicht symptomfrei geworden sind, profitieren am meisten. Diese Patienten sprechen zwar zunächst sehr gut auf systemische Steroide an; die Symptome der Hyposmie und Obstruktion treten jedoch, trotz Weiterführung einer topischen Kortikoidbehandlung, wieder auf. Die Schlüsselfragen lauten: 쐌 Über welche Symptome klagen die Patienten? − und 쐌 Wie ausgeprägt sind diese? Symptomorientierte Patientenauswahl Welche Symptome stehen im Vordergrund? Nasale Obstruktion Diese ist die beste Indikation zur Operation (Abb. 2.1). Bei einer behinderten Nasenatmung ist der Eingriff fast immer erfolgreich. Wenn dieses Leitsymptom nicht im Vordergrund steht, ist Vorsicht geboten! Zurückhaltung ist bei Patienten angebracht, die zwar über eine verstopfte Nase klagen, jedoch keine Befunde eines schlechten Nasendurchflusses zeigen. Gesichtsschmerz und Druckgefühl Vorsicht! Dieses Leitsymptom wird nur sehr selten durch eine Polyposis nasi verursacht Abb. 2.2). 5 Nur bei der Kombination von Gesichtsschmerz und Druckgefühl mit einer Behinderung der Nasenatmung und einer Anosmie kann den Patienten eine Verbesserung durch einen operativen Eingriff in Aussicht gestellt werden. Dies gilt vor allem, wenn der Gesichtsschmerz und das Druckgefühl bei Erkältungen, beim Fliegen oder Skifahren zunehmen. Die Mehrheit der Patienten mit Nasenpolypen leidet nicht unter Gesichtsschmerzen oder einem Druckgefühl (Fahy et al. 2001). Posteriore Rhinorrhö Bei einer posterioren Rhinorrhö als Hauptbeschwerde müssen Sie sich − genau wie beim Gesichtsschmerz − mit der Empfehlung zur Chirurgie sehr zurückhalten (Abb. 2.3). a Abb. 2.1 a, b Schwere Polyposis, nach deren Beseitigung der Patient sicher besser atmen wird. Simmen/Jones, Chirurgie der Nasennebenhöhlen (ISBN 3-13-130171-6) © 2005 Georg Thieme Verlag b Welche Patienten profitieren von einer Operation am meisten? 11 a Abb. 2.2 a Typische Schmerzzone eines Patienten mit einem Mittelgesichtsschmerz bei freien nasalen Luftwegen und normalem CT-Befund der Nasennebenhöhlen (b). b a b Abb. 2.3 a Klare Schleimsekretion aus einem akzessorischen Kieferhöhlenostium. b Pharynxwärts transportierter Schleim aus dem Recessus sphenoethmoidalis und dem mittleren Nasengang. Eine Operation kann zwar die Menge des postnasalen Schleimflusses reduzieren. Es darf jedoch keine vollständige Heilung versprochen werden, da die Schleimproduktion auf eine systemische Schleimhauterkrankung zurückzuführen ist. Der Patient muss aus diesem Grund für eine ergänzende medikamentöse Behandlung motiviert werden. Eine vermehrte Schleimproduktion, welche die Patienten an der Rachenhinterwand spüren, wird „postnasaler Drip“ genannt (Abb. 2.4). Die Patienten klagen oft über das Gefühl, „etwas im Rachen zu haben“. Sie können aber trotz ständiger Versuche, das Sekret zu bewegen, den Rachen nicht freibekommen. Normalerweise produzieren die Nasennebenhöhlen pro Tag etwa 200 ml Schleim (vgl. Abb. 1.5 a), die mit 1,5 l Speichel vermischt herunterge- schluckt werden. Im Zusammenhang mit einer Schleimhauterkrankung (Rhinosinusitis) kann sich die Sekretmenge verdoppeln. Asthmapatienten dürfen eine Besserung ihrer unteren Atemwegssymptome erwarten. Nehmen Sie sich als Chirurg unbedingt genügend Zeit, um den Patienten den Zusammenhang zwischen den oberen und unteren Atemwegen zu erklären. Simmen/Jones, Chirurgie der Nasennebenhöhlen (ISBN 3-13-130171-6) © 2005 Georg Thieme Verlag