3.4 Geldpolitik bei konjunkturellen Schwankungen • Nachfrageschocks können durch Geldpolitik so ausgeglichen werden, – dass Inflation und Beschäftigung konstant bleiben. (Vgl. IS-LM/AD-AS) • Angebotsschocks führen zu einem Tradeoff zwischen – Stabilisierung der Beschäftigung und – Stabilisierung der Inflation. 1 Angebotsschocks: Phillipskurve und Kosten • Angebotsschocks verschieben die Phillipskurve: n e Lt = L + c (π t − π t ) + ε , ε - Zufallsvariable mit endlicher Varianz. • Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Angebotsschocks und den Schwankungen von Inflation und Beschäftigung? 2 Phillipskurve und Angebotsschocks Phillipskurve schwankt mit Angebotsschocks L = Ln + c ( π – πe) + ε Phillipskurve für ε = 0 π 1/c πe Ln L 3 Stabilisierung der Inflation unter Angebotsschocks Stabilisierung der Inflation L = Ln + c ( π – πe) + ε π Phillipskurve für ε = 0 1/c Var (L) = σ2 L schwankende Beschäftigung 4 Stabilisierung der Beschäftigung unter Angebotsschocks Stabilisierung der Beschäftigung π L = Ln + c ( π – πe) + ε Phillipskurve für ε = 0 1/c schwankende Inflationsraten Var (π) = σ2/c2 Ln L 5 Angebotsschocks: Phillipskurve und Kosten • Phillipskurve: Lt = Ln + c (π t − π te ) + ε , ε - Zufallsvariable mit endlicher Varianz. • Gesellschaftliche Zielfunktion bei Unsicherheit: min E [b(π − π *) 2 + ( L − L*) 2 ] π • Welcher Zusammenhang besteht zwischen dieser Zielfunktion und den Schwankungen von Inflation und Beschäftigung? 6 Geldpolitische Stabilisierung von Angebotsschocks L = Ln + c ( π – πe) + ε [ E b(π − π *) 2 + ( L − LN ) 2 ] π Phillipskurve 1/c für ε = 0 πe Indifferenzkurven L Ln 7 Geldpolitische Stabilisierung von Angebotsschocks L = Ln + c ( π – π*) + ε [ min E b(π − π *) 2 + ( L − LN ) 2 π ] π Phillipskurve 1/c für ε = 0 schwankende Inflationsraten Optimale Stabilisierung L schwankende Beschäftigung 8 Quadratische Kostenfunktion Erwartete Kosten [ E b(π − π *) 2 + ( L − L*) 2 [ ] ] [ ] = b ⋅ E (π − E (π ) + E (π ) − π *) 2 + E ( L − E ( L ) + E ( L ) − L*) 2 [ + E [( L − E ( L)) = b ⋅ E (π − E (π )) 2 + 2(π − E (π ))( E (π ) − π *) + ( E (π ) − π *) 2 2 + 2( L − E ( L))( E ( L) − L*) + ( E ( L) − L*) = b ⋅ E [(π − E (π )) ]+ b ⋅ E [2(π − E (π ))( E (π ) − π *)] + b ⋅ E [( E (π ) − π *) ]+ E [( L − E ( L)) ] + E [2( L − E ( L))( E ( L) − L*)] + E [( E ( L) − L*) ] 2 ] ] 2 2 2 2 9 = b ⋅ Var (π ) + b ⋅ 2( E (π ) − E (π ))( E (π ) − π *) + b ⋅ ( E (π ) − π *) + Var ( L) 2 + 2( E ( L) − E ( L))( E ( L) − L*) + ( E ( L) − L*) 2 = b ⋅Var (π ) + b ⋅ ( E (π ) − π *) + Var ( L ) + ( E ( L ) − L*) 2 2 = b ⋅Var (π ) + b ⋅ (π − π *) + Var ( L ) + ( L − L*) e 2 n 2 = b ·Varianz der Inflation + b · Inflationsbias2 + Varianz der Beschäftigung + Konstante 10 Quasilineare Kostenfunktion Zum Vergleich: quasilineare Kostenfunktion Kosten = E [b(π − π *)2 − L] [ ] = b ⋅ E (π − E (π ) + E (π ) − π *) 2 − E ( L ) = b ⋅Var (π ) + b ⋅ (π e − π *) 2 − Ln = b ·Varianz der Inflation + b ·Inflationsbias2 + Konstante Schwankungen der Beschäftigung haben keinen Einfluss auf gesellschaftliche Wohlfahrt! 11 Quasilineare vs. quadratische Verlustfunktion Warum verursachen Schwankungen der Beschäftigung Wohlfahrtsverluste? 1. Bei Verlust des Arbeitsplatzes: Verlust von firmenspezifischem Humankapital 2. Bei Neueinstellung: Kosten der arbeitsplatzspezifischen Ausbildung Daraus folgt: • Quasilineare Kostenfunktion eignet sich zur Erklärung des Inflationsbias • Für die Analyse konjunktureller Schwankungen ist die quadratische Kostenfunktion besser geeignet. 12 Reaktion auf beobachtbare Schocks Wie sollte die Zentralbank auf beobachtbare Schocks reagieren? Angebotsschocks: ε Varianz σ ε2 n e Phillipskurve: Lt = L + c (π t − π t ) + ε 2 2 [ ] min E b ( π − π *) + ( L − L *) t t Zielfunktion der ZB: π Bei beobachtbaren Schocks 2 n e 2 min b(π t − π *) + ( L + c(π t − π t ) + ε − L*) t πt 2b(π t − π *) + 2c( Ln + c(π t − π te ) + ε − L*) = 0 FOC: Auflösen nach π: (b + c 2 )π t = bπ * −c( Ln − ctπ te + ε − L*) bπ * −c( Ln − ctπ te + ε − L*) ⇔ πt = (b + c 2 ) ∂π −c ⇒ = ∂ε b + c 2 13 Beschäftigung und Inflation mit Reaktion auf Schocks Auf einen Angebotsschock, der einen positiven Beschäftigungseffekt hat, – reagiert die ZB mit kontraktiver Geldpolitik, d.h. sie reduziert die Inflationsrate. – Folge: Der Beschäftigungsanstieg fällt geringer aus als bei konstanter Inflation. Auf einen Angebotsschock, der einen negativen Beschäftigungseffekt hat, – reagiert die ZB mit expansiver Geldpolitik, d.h. sie erhöht die Inflationsrate. – Folge: Der Beschäftigungsrückgang ist dann weniger stark als bei konstanter Inflation. 14 Schwankungen bei Reaktion auf Schocks Der Einfluss des Schocks wird auf die beiden Variablen verteilt. ∂π = − c 2 ∂ε ∂L ∂π c b = 1+ c = 1− = ∂ε ∂ε b + c2 b + c2 b + c2 Lt = Ln + c (π t (ε ) − π te ) + ε Je größer das Gewicht auf dem Ziel der Preisstabilität b, – desto weniger reagiert die Inflation auf Angebotsschocks. – Folge: Die Inflationsrate schwankt weniger stark. 2 ⎛ c ⎞ 2 σε Var(π ) = ⎜ 2 ⎟ ⎝b+c ⎠ Je steiler die Phillipskurve verläuft (je kleiner c), – desto stärker beeinflussen Schocks die Beschäftigung (sofern die ZB optimal reagiert). 2 ⎛ b ⎞ 2 σε Var( L) = ⎜ 2 ⎟ ⎝b+c ⎠ 15 3.5. Flexibilität und Glaubwürdigkeit Die Zentralbank verfügt über bessere Informationen bezüglich Schocks als die Öffentlichkeit. – Wenn die ZB auf Schocks reagiert, die von der Öffentlichkeit nicht verifizierbar sind, – dann kann die Öffentlichkeit nicht unterscheiden, ob die Zentralbank die Inflation erhöht, • um damit auf einen negativen Schock zu reagieren • oder um die Beschäftigung über die natürliche Beschäftigungsquote zu erhöhen. Dies kann dazu führen, dass die ZB einen Trade-off hat, sich entweder – an die angekündigte (langfristig optimale) Inflationsrate zu halten, – oder flexibel auf die Schocks zu reagieren. 16 Reputation ohne Stochastik (vgl. Abschnitt 3.3) • Ohne Stochastik kann der Inflationsbias durch den Aufbau von Reputation vermieden werden, sofern – die Zentralbank ein hinreichend starkes Interesse an der Zukunft hat und – ein Abweichen von der angekündigten Inflation zu einem hinreichend lange andauernden Reputationsverlust führt. • Dies wurde besonders deutlich im Extremfall: ⎧π * falls π τ = π * für alle τ = 1,2,..., t − 1 π =⎨ D sonst ⎩π e t e für t > 1, π 1 = π * – Ohne Stochastik hatten wir hier als Ergebnis, dass die ZB ein Interesse hat, sich an die Regel der optimalen Inflation zu halten, sofern q > ½. 17 Auswirkung der Stochastik Gilt dies auch in einer Ökonomie mit starken konjunkturellen Schwankungen? • Trade-off der Zentralbank: 1. Soll sie sich strikt an die Regel einer konstanten, optimalen Inflation halten, 2. oder soll sie in jeder Periode diskretionär auf die Schocks reagieren? 18 Regel einer konstanten, optimalen Inflation • Angebotsschocks: ε, Erwartungswert 0, Varianz σ ε2 – • Lt = Ln + c (π t − π te ) + ε t Phillipskurve: Erwartete Kosten:∑ qt −1 ⋅ E [b(π t − π *)2 + ( Lt − L*)2 ] ∞ t =1 1. Wenn sich die ZB in allen Perioden an die Regel π t = π * hält, e π • dann gilt t = π * und die Beschäftigung ist jeweils Lt = Ln + c (π t − π *) + ε t = Ln + ε t • ( Ln + ε t − L*)2 Die Kosten betragen jeweils: Die erwarteten Kosten in jeder Periode Erwartete Gesamtkosten ∞ ( ) ∑ qi ⋅ ( Ln − L*)2 + σ ε2 = i =1 [ 1 ( L * − Ln ) 2 + σ ε2 1− q E ( Ln + ε t − L*)2 ] 19 Grafisch: πt =π * L = Ln + c ( π – πe) + ε Phillipskurve für ε = 0 π πe=π* Kosten durch (L*-Ln)2 1/c Var (π) = 0 Ln L* L Var (L) = σ2 20 Diskretionäre Reaktion auf Schocks 2. Wenn die ZB in jeder Periode diskretionär auf den Schock reagiert min b(π t − π *) 2 + ( Lt − L*) 2 πt = min b(π t − π *) 2 + ( Ln + c(π t − π te ) + ε t − L*) 2 • • πt Optimale Reaktion der Zentralbank auf den Schock: bπ * −c( Ln − cπ te + ε t − L*) ⇒ πt = b + c2 Rationale Erwartungen E (ε t ) = 0 ! n e b π * − c ( L − c π − L*) π e = E (π ) = b + c2 cε t D c e n D ⇒ πt = π − ⇔ π = π * + (L * −L ) = π 2 b b + c 14243 Inflation Bias 21 • Wie hoch ist die Beschäftigung? n Lt = L + c(π t − π ) + ε t = L + n D bε t b + c2 Daraus ergeben sich als erwartete Kosten ∞ [ t −1 2 2 q ⋅ E b ( π − π *) + ( L − L *) ∑ t t ] t =1 2 2 ε ε b c 1 ⎡ ⎛c ⎛ n ⎞ ⎤ n t ⎞ t = + E⎜ L + − L *⎟ ⎥ ⎢bE ⎜ ( L * − L ) − 2 ⎟ 2 1 − q ⎢⎣ ⎝ b b+c b+c ⎠ ⎝ ⎠ ⎥⎦ 2 2 2 ⎡ 1 c ⎛ cε t ⎞ ⎛ bε t ⎞ ⎤ n 2 n 2 + (L * − L ) + E⎜ = ⎢b 2 ( L * − L ) + bE ⎜ 2 ⎟ 2 ⎟ ⎥ 1 − q ⎢⎣ b ⎝b+c ⎠ ⎝ b + c ⎠ ⎥⎦ b 1 ⎡b + c2 n 2 2⎤ = (L * −L ) + σε ⎥ ⎢ 2 1− q ⎣ b b+c ⎦ 22 Grafisch: Diskretionäre Reaktion auf Schocks L = Ln + c ( π – πe) + ε π Phillipskurve für ε = 0 πe=πD π* Kosten durch (L*-Ln)2+c(πe-π*)2 1/c 2 Var (π) ⎛ c ⎞ 2 = ⎜⎝ b + c 2 ⎟⎠ σ Ln L* L Var (L) = 2 ⎛ b ⎞ 2 σ ⎜ 2 ⎟ ⎝b+c ⎠ 23 Diskretionär vs.konstante, optimale Inflation Ein Kostenvergleich zeigt, wann die Bindung an π t = π * der diskretionären Reaktion auf Schoks vorzuziehen ist 2 + b b c 2 ( L * − Ln ) 2 + σ ε2 < ( L * − Ln ) 2 + σ 2 ε 1442443 b + c44 14444 4244b4 3 ? Kosten von π t =π * Kosten von diskretionärer Politik ? b + c2 2 n 2 b ⇔ (1 − )σ ε <( − 1)( L * − L ) 2 b b+c ? 2 c2 2 c n 2 ⇔ σ < ( L * − L ) 2 ε b b+c ? 1 2 1 n 2 σ ( L * L ) ⇔ < − 2 ε b b+c 24 ? 1 2 1 n 2 σ ( L * L ) ⇔ < − 2 ε b b+c 2 σ Schocks ε hinreichend • Wenn die Varianz der klein ist im Verhältnis zur strukturellen Ineffizienz ( L * − Ln ) , – dann ist die feste Regel π t = π * besser – Der Inflationsbias wird vermieden – Aber die ZB muss in Kauf nehmen, dass die Schocks zu relativ großen Beschäftigungsschwankungen führen. • Wenn ( L * − Ln ) relativ klein ist, – dann ist der Inflationsbias ohnehin gering, – und die ZB sollte auf die Schocks reagieren. 25