Basiswissen Norm Das bietet die Übersicht über IEC 61850 und deren Vorteile IEC 61850 ist im Vergleich zu den herkömmlich verwendeten Kommunikationsprotokollen einzigartig. Diese Norm ermöglicht eine fundamentale Verbesserung der Prozesse in der Stationsautomatisierung. Ralph Mackiewicz Aufbau eines Circuit Breaker (XCBR) mit Logical Node in IEC 61850-7-4 Ralph Mackiewicz ist Vizepräsident der Geschäftsentwicklung für SISCO Inc., einer in Sterling Heigths, Michigan, ansässigen Entwicklungsfirma für auf Normen basierende Echtzeit-Kommunikations- und Integrationsprodukte. SISCO wurde 1983 gegründet und ist Lieferant von IEC-61850-Technologie an OEMs und Endkunden weltweit. SISCOs Anliegen ist es, Kommunikations- und Integrationslösungen, die auf Normen und Echtzeit basieren, für die Energieversorgungsindustrie bereitzustellen. www.sisconet.com Alfred Maschka, AMA-SYSTEMS GmbH, Pforzheim, hat die Übersetzung übernommen. Sein Unternehmen vertritt SISCO in Europa. www.ama-systems.com 14 PRAXIS PROFILINE – IEC 61850 – April 2007 Herkömmliche Protokolle und Architekturen für die Stationsautomatisierung stellten eine Grundfunktionalität für Energie-Transport und -Verteilung bereit und sind an die technischen Beschränkungen der verfügbaren Netzwerktechnologie angepasst. In jüngerer Zeit gab es große Verbesserungen in der Datenübertragungstechnik, so zum Beispiel Switched Ethernet, TCP/IP, Hochgeschwindigkeits-WAN sowie hochleistungsfähige und kostengünstige Computer. Diese bieten heutzutage Möglichkeiten, die man sich vor Jahren, als die meisten der herkömmlichen Protokolle zur Stationsautomatisierung entwickelt wurden, nur schwer hätte vorstellen können. IEC 61850 ist ein wichtiger neuer, internationaler Standard für die Stations-Automatisierung. Dieser Standard wird künftig einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklungen elektrischer Energiesysteme haben und deren Gestaltung wird stark davon beeinflusst werden. IEC 61850 ist ein Teil der Architektur für elektrische Energiesyste- me, erstellt durch das Technische Komitee 57 (TC57) der International Electrotechnical Commission (IEC). Der modellbasierte Charakter der TC57 – einschließlich IEC 61850 – ist eine innovative Herangehensweise an die Projektierung, die einen neuen Weg des Betrachtens der Stationsautomation verlangt und die zu bedeutenden Verbesserungen im Hinblick auf Kosten und Leistung von elektrischen Energiesystemen führen wird. Anforderungen an Kommunikationssysteme Die Kommunikation hat immer eine kritische Rolle in der Reaktionszeit eines Energiesystems gespielt. Zu Anfang wurde das Telefon benutzt, um Lastwerte zurück an das Kontrollcenter zu melden, aber auch um Schaltoperationen in den Stationen durch Mitarbeiter ausfüh-ren zu lassen. Auf Telefonübertragung basierende Fernsteuerungen wurden in den Dreißiger Jahren eingeführt und konnten Statusmeldungen und Steuerfunktionen übertragen. Als die digitale Kommunikation in den 1960er Jahren als praktikable Option funktionsfähig wurde, konnte man mit Data Acquisition Systems (DAS) in Stationen eine Software zur automatischen Abfrage von Messdaten installieren. Da zu dieser Zeit die Bandbreite zur Übertragung noch begrenzt war, wurden die DAS-Kommunikationsprotokolle optimiert, um auch über Kommunikationskanäle mit niedrigerer Bandbreite arbeiten zu können. Kosten für diese Optimierung entstanden durch die benötigte Zeit, um die Position der verschiedenen Datenbits, die vom Protokoll übertragen wurden, zu konfigurieren, abzubilden und zu dokumentieren. Basiswissen Heute, im digitalen Zeitalter, sind tausende analoge und digitale Datenpunkte in einem einzigen Intelligent Electronic Device (IED) verfügbar und die Kommunikationsbandbreite stellt nicht länger eine Begrenzung der Übertragungsgeschwindigkeit dar. Kopplungen zwischen Stationen und Leitebene mit 64.000 Bits pro Sekunde, verbreiteten sich schnell und bieten zugleich die Möglichkeit für weitere Steigerungen der Übertragungsraten. Mit dieser Migration in der Technologie wurde die Kostenkomponente eines Datenerfassungssystems mittlerweile die Konfigurations- und Dokumentationskomponente. Schlüsselkomponente eines Kommunikationssystems ist die Fähigkeit, sich sowohl aus einer Datenperspektive, als auch aus einer Diensteperspektive zu beschreiben. An wichtigen Anforderungen seien genannt: Hochgeschwindigkeitskommunikation von IED zu IED Netzwerkfähigkeit im Elektrizitäts-Versorgungsunternehmen Hohe Nutzbarkeit Garantierte Übertragungszeiten Basierung auf Standards Interoperabilität (Fähigkeit zur direkten Kopplung) mit Geräten vieler Anbieter Unterstützung von Spannungsund Strom-Momentwerten Unterstützung der Dateiübertragung Auto-Konfigurierbarkeit/ Unterstützung bei der Konfiguration Unterstützung für Sicherheitsfunktionen Nachdem diese Anforderungen erfüllt waren, begannen die Arbeiten an der nächsten Generation einer Kommunikationsarchitektur mit der Entwicklung der Utility Communication Architecture (UCA) im Jahr 1988. Das Resultat dieser Arbeiten war ein Profil empfohlener Protokolle für die verschiedenen Schichten der International Standards Organization (ISO), ein Open System Interconnect (OSI)-Kommunikationssystem. Diese Architektur führte zur Definition von Protokollen, Datenmodellen und abstrakten Dienstedefinitionen, die als UCA bekannt wurden. Teil Titel 1 Einführung und Übersicht 2 Glossar der Fachbegriffe 3 Allgemeine Anforderungen 4 System- und Projektverwaltung 5 Kommunikationsanforderungen für Funktionen und Gerätemodelle 6 Sprache für die Beschreibung der Konfiguration für die Kommunikation in Stationen mit intelligenten elektronischen Geräten (IED) 7 Grundlegende Kommunikationsstruktur für stations- und feldbezogene Ausrüstung 7-1 - Grundsätze und Modelle 7-2 - Abstrakte Schnittstelle für Kommunikationsdienste (ACSI) 7-3 - Gemeinsame Datenklassen (CDC) 7-4 - Kompatible Logikknoten- und Datenklassen 8 8-1 9 Spezifische Abbildung von Kommunikationsdiensten (SCSM) - Abbildungen auf MMS (nach ISO 9506-1 und ISO 9506-2) und ISO/IEC 8802-3 Spezifische Abbildung von Kommunikationsdiensten (SCSM) 9-1 Abgetastete Werte über serielle Simplex-Mehrfach-Punkt-zu-Punkt-Verbindung 9-2 Abgetastete Werte über ISO/IEC 8802-3 10 Konformitätsprüfung Struktur des IEC 61850-Standards Die Konzepte, die in der UCA erarbeitet wurden, bildeten inzwischen die Grundlage für die Aufgaben im Technischen Komitee 57 (TC57), Arbeitsgruppe 10 (WG10), und führten zum nunmehr internationalen Standard IEC 61850 für Kommunikationsnetze und -Systeme. Anwendungsbereiche Der Anwendungsbereich von IEC 61850 ist die Kommunikation innerhalb der Stationen. Das Dokument unterteilt die verschiedenen Aspekte des Stationskommunikationsnetzwerkes in zehn Teile, die in der Tabelle oben aufgelistet werden. Die Teile 3, 4 und 5 der Norm widmen sich der Identifikation der generellen und spezifischen Funktionsanforderungen in einer Station. Zur Erfüllung dieser Gesamtanforderungen werden diese Funktionsanforderungen benötigt, um die Identifikation der benötigten Dienste und Datenmodelle, des erforderlichen Anwendungsprotokolls und den zugrundeliegenden Transport-, Netzwerk-, Datenlinkund physikalischen Schichten zu unterstützen. Die wichtigste Aufgabe bei der Gestaltung der Architektur zur IEC 61850 ist die Abstrahierung der einzelnen Daten und Dienste. Das heißt, Datenwerte/Objekte zu kreieren, die unabhängig vom zugrundeliegenden Protokoll sind. Diese abstrakten Definitionen ermöglichen die Abbildung der Datenobjekte und Dienste auf jedes andere Protokoll, das die jeweiligen Anforderungen erfüllt. Die Definition der abstrakten Dienste findet man im Teil 7-2 der Norm und die Abstrahierung der Datenobjekte (Logical Nodes) wird im Teil 7-4 aufgezeigt. Viele Datenobjekte bestehen aus allgemeinen Teilen, wie zum Beispiel Status, Kontrolle, Messung, Stationen. Das Konzept der Common Data Classes (CDC) wurde entwickelt, um allgemeine Funktionsblöcke für die Schaffung von größeren Datenobjekten bereitzustellen. Die CDC-Elemente werden im Teil 7-3 definiert. Nachdem die abstrakten Definitionen für Daten und Dienste geschaffen waren, bestand der nächste Schritt darin, die abstrakten Dienste in einem aktuellen Protokoll abzubilden. Der Teil 8-1 bestimmt die Abbildung der abstrakten Datenobjekte und Dienste in der Manufacturing Messaging Spezification (MMS) und die Teile 9-1 und 9-2 definieren die Aufzeichnung von Abtastwerten (Punkt-zu-Punkt, bi-direktional, Multipoint) auf einen EthernetDatenblock. Der Teil 9-2 bestimmt dabei jene Funktion, die als Prozessbus bekannt wurde. Aus der Systemperspektive gibt es eine bedeutende Anzahl von Konfigurationen, die benötigt werden, um alle Stücke zusammenzusetzen und damit die Funktionsfähigkeit zu erbringen. Zur Vereinfachung dieses Prozesses und um menschliches Versagen weitgehendst auszuschließen, wurde eine auf XML basierende Stations-Konfigurationssprache (SCL) in Teil 6 definiert. Diese ermöglicht die formelle Beschreibung der Beziehungen zwischen den StationsautomationsSystemen und den Schaltfeldern (switchyards). In der Anwendungsebene können die Schaltfeld-Netzstruktur selbst und die Verbindung der Schaltfeld-Struktur zu den SAS-Funktionen (Logical Nodes) konfiguriert und in den IED´s beschrieben werden. Jedes Gerät muss eine SCL-Datei bereitstellen, die die eigene Konfiguration beschreibt. PRAXIS PROFILINE – IEC 61850 – April 2007 15 Basiswissen lungssystemen im Zusammenhang stehenden Konfigurationsarbeiten vermieden, da die Geräte sich selbst konfigurieren können. Wenn man zum Beispiel einen CT/VT-Eingang (Wandler) an ein IEC-61850-Relais anschließt, kann das Relais dieses Modul erkennen und diesem automatisch eine Messeinheit zuweisen, ohne dass der Anwender tätig werden muss. Manche Geräte verwenden eine SCL-Datei, um die Objekte zu konfigurieren. In diesen Fällen muss der Ingenieur nur die SCL-Datei in das Gerät importieren, um es zu konfigurieren. Eine IEC-61850Client-Anwendung kann die Objektdefinitionen dann aus dem Gerät über das Netzwerk lesen. Diese Funktionalität führt zu großen Einsparungen hinsichtlich Kosten und Aufwand bei der Konfiguration eines IEC-61850-Gerätes. Das IEC-61850-Datenmodell beginnt mit einem physikalischen Gerät. Ein derartiges Gerät ist mit dem Netz-werk verbunden. Das physikalische Gerät ist typischerweise durch seine Netzwerkadresse bestimmt. In jedem physikalischen Gerät können ein oder mehrere logische Geräte implementiert sein. Das IEC-61850-Modell für logische IEC 61850 Datenmodell Obwohl der Anwendungsbereich System-Ingenieuren, die Objekte von IEC 61850 ursprünglich auf manuell konfigurieren und diese das Innenleben der Stationen ausauf Energiesystem-Variablen und gerichtet war, sind Diskussionen im low-level Register- und IndexnumGange, welche die Definition von mern, I/O-Module etc. abbilden. Die IEC 61850 als Master-KommuniIEC 61850 ist hier einzigartig. Diese kations-Protokoll für die Stationen Norm bietet ein nachvollziehbares zum Ziele haben soll (wird bei Modell, nach dem Energiesystemmehreren Installationen bereits Geräte ihre Daten organisieren angewandt!). Außerdem gibt es sollen, mit einer Methodik, welche funktionierende Anwendungen, konsequent und einheitlich für alle die verschiedene Komponenten Fabrikate und Geräteversionen von IEC 61850 für die Kommunigeeignet ist. kation zwischen Stationen und im Dadurch wird ein Großteil der Weitverkehr verwenden. mühsamen, nicht direkt mit ElekIm Teil 10 des Dokuments wird trizitätserzeugungs- und -verteieine Testmethodik definiert, um die Konformität mit den SPS class zahlreichen, dort aufAttribute Name Attribute Type FC TrgOp Value/Value Range M/O/C geführten ProtokollDataName Inherited from Date Class (see 61850-7-2) teilen und Auflagen zu DataAttribute bestimmen. Anforderung an die ModellGestaltung Herkömmliche Protokolle bestimmen üblicherweise, wie Bytes über die Leitungen übermittelt werden. Jedoch wird nicht darauf eingegangen, wie die Daten in einem Gerät hinsichtlich der Anwendung organisiert werden sollten. Diese Methodik erfordert die Arbeit von 16 stVal q t subEna subVal subQ subID d dU status dchg TRUE I FALSE Quality ST qchg TimeStamp ST substitution BOOLEAN SV BOOLEAN SV TRUE I FALSE Quality SV VISIBLE STRING64 SV configuartion, description and extension VISIBLE STRING255 DC Text UNICODE STRING255 DC VISIBLE STRING255 EX VISIBLE STRING255 EX VISIBLE STRING255 EX BOOLEAN PRAXIS PROFILINE – IEC 61850 – April 2007 ST Functional Constraint Geräte ermöglicht es einem einzelnen physikalischen Gerät, als Proxy oder Gateway für mehrere Geräte zu agieren. Jedes logische Gerät enthält mehrere logische Knoten (logical Node, LN). Ein logischer Knoten ist eine Gruppierung von Daten und mit diesen assoziierten Diensten, die in einer logischen Beziehung zu den Netzfunktionen stehen. Es gibt logische Knoten für automatische Steuerungen, deren Namen alle mit dem Buchstaben A beginnen. Es gibt logische Knoten für Zählen und Messen, deren Namen alle mit dem Buchstaben M beginnen. Ebenfalls gibt es logische Knoten für Überwachen und Steuern (C), Allgemeine Funktionen (G), Schnittstellen und Archivieren (I), Logische Knoten des Systems (L), Schutzfunktionen (P), Schutzbezogene Funktionen (R), Messfühler (S), Messwandler (T), Schaltgeräte (X), Leistungstransformatoren (Y) und weitere Ausrüstungen (Z). Jeder logische Knoten wird durch eine LN-Instanz-ID als Nachsilbe zum Namen des logischen Knotens eindeutig identifiziert. Angenommen, es gibt in einem Gerät zwei Eingabekanäle, um die Messwerte zweier dreiphasiger Aufbau von Single Point Status (SPS) und Common Data Class bei IEC 61850-7-3 M M M PICS_SUBST So baut sich der Objekt Name IEC 61850-8-1 in der Norm auf Relay1/XCBR1$ST$Loc$stVal PICS_SUBST PICS_SUBST Attribut PICS_SUBST Data O O Functional Constrain AC_DLNDA_M AC_DLNDA_M AC_DLN_M Mandatory/ Optional Logical Node Logical Device Basiswissen IEC 61850 Objects SERVER class MMS Object Virtual Manufacturing Device (VMD) LOGICAL DEVICE class LOGICAL NODE class DATA class DATA-SET class SETTING-GROUP-CONTROL-BLOCK class REPORT-CONTROL-BLOCK class LOG class LOG-CONTROL-BLOCK class GOOSE-CONTROL-BLOCK class GSSE-CONTROL-BLOCK class CONTROL class Files Domain Named Variable Named Variable Named Variable List Named Variable Named Variable Journal Named Variable Named Variable Named Variable Named Variable Files MMS Object Mapping bei IEC 61850 Zuleitungen zu erfassen. Der Standardname des logischen Knotens für eine dreiphasige Messwerteinheit ist MMXU. Um die Messwerte für diese zwei Zuleitungen zu unterscheiden, würden für die logischen Knoten die Namen MMXU1 und MMXU2 verwendet werden. Daneben kann der Verwendungszweck eines logischen Knotens über ein optionales anwendungsspezifisches LN-Präfix identifiziert werden. So ist zum Beispiel ein Hauptschalter als XCBR-Knoten modelliert. Er enthält eine Vielfalt von Daten, einschließlich Loc, zur Bestimmung, ob lokal oder fernbedient, OpCnt für Operations Count, Pos für Position, BlkOpn für einen block breaker open-Befehl, BlkCls für einen block breaker close-Befehl und CBOpCap für die Betriebsmöglichkeiten des Hauptschalters. Jeder Logische Knoten enthält ein oder mehrere Datenelemente. Jedes Datenelement hat einen eindeutigen Namen. Diese Datennamen sind durch die Norm festgelegt und stehen in Beziehung zu ihrer funktionalen Verwendung im Netz. Jedes Datenelement innerhalb des Logischen Knotens entspricht der Spezifikation einer gemeinsamen Datenklasse (Common Data Class, CDC) per IEC 61850-7-3. Jede CDC beschreibt den Typ und die Struktur von Daten innerhalb des Logischen Knotens. Zum Beispiel gibt es CDCs für Statusinformationen, Messwertinformationen, steuerbare Statusinformationen, steuerbare Analogwertinformation, Statuseinstellungen und Analogeinstellungen. Jede CDC hat einen bestimmten Namen und einen Satz von CDC-Attributen, von denen jedes einen definierten Namen, einen definierten Typ und einen bestimmten Verwendungszweck hat. Jedes individuelle Attribut einer CDC gehört zu einem Satz von funktionalen Abhängigkeiten (Functional Constraints, FC), welche die Attribute in Kategorien gruppieren. Typisch sind: Status (ST) Attribute, Substituted Value (SV) Attribute, Description (DC) Attribute und Extended Definition (EX) Attribute. Zum Beispiel umfassen die Statusattribute der SPS-Klasse einen Statuswert (stVal), ein QualitätsFlag (q) und einen Zeitstempel (t). Das IEC-61850-Gerätemodell ist ein virtualisiertes Modell, das mit einer abstrakten Sicht auf das Gerät und dessen Datenobjekte beginnt und in Teil 7 der IEC 61850 definiert ist. Dieses abstrakte Modell wird dann in IEC 61850-8-1 auf einen spezifischen Protokoll-Stack abgebildet, basierend auf MMS (ISO 9506), TCP/IP und Ethernet. Für den Prozess der Abbildung der IEC-61850-Objekte auf MMS gibt IEC 61850-8-1 eine Methode zur Transformation der Modellinformationen in „Named MMS Variable“Objekte an. Als Ergebnis erhält man eine eindeutige Referenz für jedes Datenelement des Modells. Soll bei einem logisches Gerät mit Namen Relay1 – bestehend aus einem Logischen Knoten für einen Leistungsschalter XCBR1 – festge- MMS das einzige offene Protokoll (ISO-Standard) ist, dessen Implementierung eine Erfolgsgeschichte aufzuweisen hat und das auf einfache Weise die komplexen Namenund Dienste-Modelle von IEC 61850 unterstützt! Zwar kann IEC 61850 theoretisch auf jedes mögliche Protokoll abgebildet werden, doch kann diese Abbildung von IEC-61850-Objekten und -Diensten sehr komplex und beschwerlich werden, wenn ein Protokoll nur Schreib-/Lese-/ReportDienste für einfache Variablen zur Verfügung stellt, auf die nur über Register- oder Indexnummern zugegriffen werden kann. Aus diesem Grunde wurde 1991 MMS für UCA ausgewählt und für IEC 61850 beibehalten. MMS ist eine sehr gute Wahl, weil es komplexe Objekte und eine große Zahl von flexiblen Diensten unterstützt, die eine Abbildung von IEC 61850 auf eine einfache Weise ermöglichen. Die Abbildung der IEC-61850-Objekt- und -Dienstmodelle auf MMS basiert auf einer Dienste-Abbildung in der spezifische MMS-Dienste gewählt werden, um die verschiedenen ACSI-Dienste zu implementieren. Zum Beispiel wird das ACSI Control Model auf MMS Lese- und Schreibdienste abgebildet. Die verschiedenen IEC-61850-Objektmodelle werden auf spezifische MMS-Objekte abgebildet. Zum stellt werden, ob der Schalter lokal oder über einen Fernzugriff geschaltet werden kann, dann braucht man lediglich das im Bild links gezeigte Objekt zu lesen. Reale Protokolle Die abstrakten Daten- und die Objektmodelle von IEC 61850 definieren eine standardisierte Methode des Beschreibens der Energie-System-Geräte, die allen IEDs ermöglicht, Daten mit identischen Strukturen, die direkt auf ihre System-Funktionen bezogen sind, darzustellen. Die ACSI (Abstract Communication Service Interface)Modelle von IEC 61850 definieren einen Satz von Diensten und die Antworten zu jenen Diensten, die es allen IEDs ermöglichen, sich in einer identischen Weise im Netzwerk zu verhalten. Während das abstrakte Modell zum Erzielen der Interoperabilität notwendig ist, müssen diese Modelle über einen realen Satz von Protokollen funktionsfähig sein. Diese sind auf eine praktikable Weise einzuführen und funktionieren in den üblichen Rechnerumgebungen. IEC 61850-8-1 bildet die abstrakten Objekte und Dienste auf das MMS (Manufacturing Message Specification, ISO 9506) Protokoll ab. Warum wird ein Protokoll verwendet, das ursprünglich für die Fertigung entwickelt wurde? Weil Generic Object Oriented Substation Event Time Sync Core ACSI Service SV GOOSE TimeSync MMS Protocol Suite GSSE (Type 4) (Type 1, 1A) (SNTP) (Type 6) (Type 2, 3, 5) (Type 1, 1A) Sampled Values (Multicast) UDP/IP TCP/IP T-Profile Generic Substation Status Event ISO CO T-Profile GSSE T-Profile ISO/IEC 8802-2 LLC ISO/IEC 8802-3 Ethertype ISO/IEC 8802-3 Übersicht über die IEC 61850-Funktionalität und die mit diesen assoziierten Kommunikationsprofilen PRAXIS PROFILINE – IEC 61850 – April 2007 17 Basiswissen IEC 61850 Services LogicalDeviceDirectory MMS Services GetNameList GetAllDataValues GetDataValues SetDataValues GetDataDirectory GetDataDefinition GetDataSetValues SetDataSetValues CreateDataSet DeleteDataSet GetDataSetDirectory Report (Buffered and Unbuffered) GetBRCBValues/GetURCBValues SetBRCBValues/SetURCBValues GetLCBValues SetLCBValues QueryLogByTime QueryLogAfter GetLogStatusValues Select SelectWithValue Cancel Operate Command-Termination TimeActivated-Operate GetFile SetFile DeleteFile GetFileAttributeValues Read Read Write GetNameList GetVariableAccessAttributes Read Write CreateNamedVariableList DeleteNamedVariableList GetNameList InformationReport Read Write Read Write ReadJournal ReadJournal GetJournalStatus Read Write Write Write Write Write FileOpen/FileRead/FileClose ObtainFile FileDelete FileDirectory Partial Service Mapping bei IEC 61850 Beispiel wird ein logisches Gerät der IEC 61850 auf eine MMS-Domain abgebildet. Die Tabelle oben fasst die Abbildung der IEC-61850-Objekte und die Abbildung der ACSIDienste auf MMS zusammen. Zusätzlich zur Abbildung der Anwendungsschicht definiert Teil 81 Profile für die anderen Schichten des Kommunikationsstacks, die wiederum abhängig von den zur Verfügung gestellten Diensten sind (vgl. Abbildung oben). Eine Anmerkung zu den verschiedenen Profilen: Die Abtastwerte und GOOSEAnwendungen werden direkt auf Ethernet-Datenblöcke abgebildet, somit wird die Verarbeitung in den mittleren Schichten eingespart. Die verbindungsorientierte MMS-Kommunikation kann über TCP/IP oder über ISO erfolgen, das Generic Substation Status Event ist auf die gleiche Weise implementiert wie UCA-GOOSE und verwendet 18 verbindungslose ISO-Dienste. Alle Daten werden auf Ethernet-Datenblöcke abgebildet und verwenden entweder den Datentyp Ethertype, im Fall der Abtastwerte (Sampled Values), GOOSE, Zeitsynchronisation (Time-Sync) und TCP/IP, oder den 802.3-Datentyp für die ISO- und GSSE-Nachrichten. Prozessbus Da die Technik zu verbrauchsarmen Spannungs- und Strommessfühlern der nächsten Generation übergeht, entsteht der Bedarf zur Digitalisierung der Basiswerte an der Quelle sowie der Übermittlung der resultierenden Abtastwerte zur Station. Zusätzlich zu den Abtastwerten ergibt sich die Möglichkeit, durch Fernzugriff Statusinformationen zu erhalten, ebenso ist es wünschenswert, Steueroperationen durchzuführen. IEC 61850 geht auf diesen Bedarf durch die Definition von Diensten PRAXIS PROFILINE – IEC 61850 – April 2007 für Abtastwerte und der Implementierung eines Prozessbusses ein. Die Prozessebene einer Station beschäftigt sich mit dem Erfassen von Informationen, wie Spannung, Strom und Statusinformationen, von Transformatoren und Wandlern, die mit den primären Netzprozessen sowie der Übertragung von Energie verbunden sind. IEC 61850 definiert das Sammeln dieser Daten über zwei verschiedene Protokolldefinitionen. Teil 9-1 beschreibt eine feste unidirektionale Multidrop-Punktzu-Punkt-Verbindung mit einem festgelegten Datensatz. Teil 9-2 definiert einen konfigurierbaren Datensatz, der als Multi-cast-Nachricht von einem Publisher an einen oder mehrere Subscriber übermittelt werden kann. Die Abbildung unten zeigt das Basiskonzept eines Prozessbusses. Messwerte von Spannungs- und Stromquellen, wie auch Statusinformationen, dienen als Eingabedaten für eine Merging Unit (MU). Mergin Units in einer Station tasten die Signale in einer vereinbarten, synchronisierten Rate ab. Auf diese Weise kann jedes IED Daten von mehreren MU´s als Eingabedaten verwenden und diese automatisch zuordnen und verarbeiten. Zur Zeit gibt es eine Implementierungsvereinbarung, die eine Basisabtastrate von 80 Abtastungen pro Systemzyklus für Basisfunktionen im Bereich Schutz und Überwachung vorsieht und eine hohe Abtastrate von 256 Abtastungen pro Systemzyklus, für hohe Auflösungen, wie Qualitätsfunktionen und Oszillographie. Teil 9-1 legt einen vorkonfigurierten oder universellen Datensatz fest, wie er in der Norm IEC 600448 definiert ist. Dieser Datensatz schließt ein: Spannungen der drei Phasen, Busspannung, Neutralleiterspannung, Ströme der drei Phasen für Schutzfunktionen, Ströme der drei Phasen für Messfunktionen und zwei 16-Bit-Statuswörter. Die analogen Datenwerte werden in diesem Fall in 16-Bit-Registern abgebildet. Teil 9-2 beschreibt eine allgemeinere Implementierung für die Übermittlung von Abtastwerten (Sampled Measured Values, SMV). Hier ist der Datensatz, das heißt die Nutzlast, durch den Anwender in SCL definierbar. Datenwerte verschiedener Größe und Typen können zu einem Datensatz zusammengefasst werden. In der existierenden Implementierungsvereinbarung wird eine Datenwertgröße von 32 Bit mit einem Skalierungsfaktor von einem Zählwert = 1 mA vorgeschlagen. Beide Teile, 9-1 und 9-2, geben eine Abbildung direkt auf Ethertype an. Abhängig von der Abtastrate, können ein bis fünf Geräte an Implementierung für die Übermittlung von Abtastwerten: Das Sample-Measured-Value-Konzept Line protection Bay controller Ethernet controller Ethernet controller Serial unidirectional multidrop point to point link Multiple ports Proprietary link Proprietary link Ethernet controller Merging unit Synchronisation, monitoring, test and configuration interfaces Basiswissen beliebigen Stellen an eine 100-MBEthernet-Verbindung angeschlossen werden. Mehrere 100-MB-Ethernet-Datenströme können dann mit einem Ethernet-Switch in einem 1-GB-Backbone zusammengefasst werden. In dieser Konfiguration können dann 50 oder mehr Datensätze für mehrere Subscriber bereitgestellt werden. Konfigurationssprache SCL IEC 61850-6 definiert eine auf XML (eXtensible Markup Language) basierende Konfigurationssprache für Stationen (Substation Configuration description Language, SCL), um die Konfiguration der auf IEC 61850 basierenden Systeme zu beschreiben. SCL gibt eine Hierarchie von Konfigurationsdateien an, die es ermöglichen, verschiedene Stufen des Gesamtsystems in eindeutigem und standardisiertem XML-Format zu beschreiben. Die verschiedenen SCL-Dateitypen umfassen Dateien zur Systemspezifikation (System Specification Description, SSD), zu den Leistungsmerkmalen eines IED (IED Capability Description, ICD), zu einer Stationskonfiguration (Substation Configuration Description, SCD) und zur Beschreibung eines konfigurier-ten IEDs (Configured IED Descripti-on, CID). Alle diese Dateien werden nach der gleichen Art und Weise und im gleichen Format angelegt, haben aber abhängig vom Typ einen anderen Einsatzbereich. Auch wenn ein IEC 61850-Client die Konfiguration eines IEDs aus diesem auslesen kann, nachdem er über ein Netzwerk mit diesem IED verbunden ist, gibt es verschiedene Szenarien, in denen die Verfügbarkeit einer formalen offline Beschreibungssprache große Vorteile für Anwender außerhalb des Bereichs der Konfiguration von IEC 61850Client-Anwendungen bringen kann. Vorteile sind unter anderem: SCL gibt Systementwicklungswerkzeugen die Möglichkeit offline automatisch ausgehend vom Systemdesign die Dateien zu erzeugen, die für die Konfiguration eines IED benötigt werden. Station Bus – 10/100/1000MB Ethernet Relay(s) Discribe to Datasets Relay Relay Relay Process Bus MC Publishes V/I/Status Datasets Remote Access Network 1/1/10GB Ethernet Clk1 MU MU PT1 I/O Otical CT PT2 I/O CT2 MU Clk2 Optical I/O Optical PT CT MU = Merging Unit IEC-61850-Stationsarchitektur Damit werden Aufwand und Kosten für die IED-Konfiguration signifikant reduziert, da die meisten, wenn nicht alle, manuell durchzuführenden Aufgaben der Konfiguration entfallen. SCL ermöglicht es Anwendern und Lieferanten die IED-Konfiguration untereinander auszutauschen und damit Inkonsistenzen und Missverständnisse in der Systemkonfiguration und den Systemanforderungen zu reduzieren oder zu eliminieren. Anwender können den Lieferanten eigene SCL-Dateien zur Verfügung stellen, um sicher zu gehen, dass IEDs korrekt konfiguriert ausgeliefert werden. SCL ermöglicht es IEC 61850Anwendungen offline zu konfigurieren, das heißt ohne dass die Netzwerk-Kopplung zum IED besteht. SCL kann verwendet werden, um die Anforderungen jedes Benutzers optimal anzupassen. Ein Benutzer kann sich dafür entscheiden, CIDDateien zur Verfügung zu stellen, um die Konfiguration eines IEDs in dessen bestehendem System-Design-Prozess zu unterstützen. Oder SCL kann dazu verwendet werden, den gesamten System-Design-Prozess zu restrukturieren, mit dem Ziel, manuelle Konfiguration unnötig zu machen, und damit Fehler bei manuellem Eintrag von Daten oder Missverständnisse zwischen Möglichkeiten und Anforderungen eines Systems zu reduzieren. Ebenso kann damit die Interoperabilität des Endsystems erhöht und die Produktivität und Effektivität der Arbeit der Systemingenieure gesteigert werden. IEC-61850-Stationsmodell Fügt man alle Teile zusammen, dann ergibt sich die in der Abbildung oben gezeigte Stationsarchitektur. Auf der Prozessebene werden Daten von optischen/elektronischen Spannungs- und Strommessfühlern sowie Statusinformationen durch eine Merging Unit (MU) gesammelt und digitalisiert. MUs können sich physikalisch entweder direkt im Feld oder in der Leitzentrale befinden. Die von den MUs bereitgestellten Daten werden über redundante 100-MB-Ethernetverbindungen über Glasfaser gesammelt. Die Sammelpunkte sind redundante EthernetSwitches, die über einen internen 1-GB-Datenbus und über einen 1-GB-Uplink verfügen und über Ethernet Prioritytagging und Virtual LAN (VLAN) verfügen. VLAN ermöglicht es dem Ehternet-Switch, Datensets nur zu diesen Switchports/IEDs weiterzuleiten, die als Empfänger für diese Daten eingetragen sind. Bei der Umstellung auf den Prozessbus werden Gerätelieferanten die Möglichkeit zur Integration der Daten aus vorhandenen CTs und PTs sowie von Daten aus neueren optischen/ elektronischen Messwandlern bereitstellen müssen. Ebenso wird man sich mit einer redundanten Architektur eines Synchronisationszeitgebers befassen müssen. In dieser Architektur wird bei Erkennen des Ausfalls des Zeitgebers 1 automatisch der Zeitgeber 2 aktiv werden und die Synchronisation der Abtastwerte zur Verfügung stellen. Auf Stationsebene wird ein Stationsbus erforderlich. Dieser Bus wird heute auf einem 10-MB-Ethernet basieren, mit einer absehbaren Migration auf 100-MB-Ethernet. Der Stationsbus wird die primäre Kommunikation zwischen den Logischen Knoten zur Verfügung stellen, zum Beispiel die Station mit den verschiedenen Daten aus Schutz-, Steuer-, Überwachungs- und Logging-Funktionen versorgen. Die Kommunikation erfolgt verbindungsorientiert. Beispiele sind: Anforderung von Informationen, Konfiguration usw. Oder verbindungslos: IEC GOOSE (Generic Object Oriented Substation Event). Auch hier wird eine redundante Kommunikationsarchitektur empfoh- PRAXIS PROFILINE – IEC 61850 – April 2007 19 Basiswissen The Justification Dilemma Benefits len, um die IED-zu-IED-Datenübermittlung auch im Fehlerfall sicher zu gewährleisten. Ergänzend unterstützt diese Architektur den Fernzugriff über das Netzwerk für alle Arten von Schreibund Lesezugriffen auf Daten. Da die gesamte Kommunikation über das Netzwerk stattfindet, können mehrere Clients Zugriff auf eine große Vielfalt von Informationen erhalten. Typische Clients sind lokale HMIs, Steuerungen, Instandhaltungen, Engineering und Planung. Der Zugriffspunkt für den Fernzugriff stellt einen logischen Ort dar, an dem Sicherheitsfunktionen, wie Verschlüsselung und Authentifizierung, implementiert werden. Diese Implementierung entbindet die einzelnen IEDs von der Aufgabe, den internen Datentransfer zu verschlüsseln, bietet aber Sicherheit für alle externen Transaktionen. Die Vorteile von IEC 61850 Eine gravierende Herausforderung für die Ingenieure ist es, die Investitionen in die Stationsautomatisierung rechtfertigen zu können. Die positiven Auswirkungen dieser Automatisierung, wie reduzierte Betriebskosten, erhöhte Qualität and insgesamt reduzierte Stromunterbrechungen, sind schon bekannt. Hier soll deshalb darauf eingegangen werden, welche Auswirkungen die Nutzung von Kommunikationsnormen auf Aufbau und Betrieb einer Station hat. 20 Costs Die bisherigen Kommunikationsprotokolle wurden üblicherweise unter zwei Zielvorstellungen entwickelt: Einerseits sollten sie die notwendige Funktionalität für die Systeme in der elektrischen Energieerzeugung und -verteilung liefern. Andererseits sollten sie die Anzahl der zu übertragenden Daten reduzieren und damit auf die Begrenzung durch die verfügbaren Bandbreiten reagieren, die für die serielle Kommunikation vor zehn bis fünfzehn Jahren – als die meisten Protokolle entwickelt worden sind – typisch war. Später, als Ethernet und die modernen Netzwerkprotokolle wie TCP/IP weit verbreitet waren, wurden diese Protokolle so modifiziert, dass sie TCP/IP verwenden konnten. Diese Vorgehensweise bot die gleiche Funktionalität für die Systeme in der elektrischen Energieerzeugung und -verteilung wie unter serieller Kommunikation, jetzt aber verknüpft mit den Vorteilen moderner Netzwerktechnologien. Diese Vorgehensweise hat jedoch einen fundamentalen Fehler: die Protokolle wurden seiner Zeit mit dem Ziel entwickelt, die Anzahl der Bytes, die über die Leitung übertragen werden müssen, zu reduzieren und können deshalb nicht von den Vorteilen profitieren, welche der enorme Zuwachs an den jetzt verfügbaren Bandbreiten liefert. Indem die von den modernen Netzwerktechnologien bereitgestellten Bandbreiten genutzt werden, PRAXIS PROFILINE – IEC 61850 – April 2007 kann ein höheres Niveau an Funktionalität bereitgestellt werden. Schließlich werden dadurch die Implementierungs- und Betriebskosten in der Stationsautomatisierung signifikant reduziert. IEC 61850 ist im Vergleich zu den herkömmlich verwendeten Kommunikationsprotokollen einzigartig. Denn IEC 61850 ist kein serielles Kommunikationsprotokoll, das auf TCP/IP-Ethernet umgesetzt wurde. IEC 61850 ist von Anfang an darauf konzipiert, unter moderner Netzwerktechnologie betrieben zu werden. IEC 61850 liefert eine beispiellose Menge an Funktionalitäten, die unter den herkömmlichen Kommunikationsprotokollen nicht gegeben ist. Diese einzigartige Eigenschaft von IEC 61850 hat eine direkte positive Auswirkung auf die Kosten für Konzeption, Implementierung, Installation, Inbetriebnahme und laufenden Betrieb von Systemen in der elektrischen Energieerzeugung und -verteilung. IEC 61850 ermöglicht eine fundamentale Verbesserung der Prozesse in der Stationsautomatisierung, die auf herkömmliche Weise nicht möglich gewesen wäre, ob mit oder ohne Ethernet – einschließlich TCP/IP. Zum besseren Verständnis der spezifischen Leistung sollen hier einige Schlüsselfunktionen und Eigenschaften von IEC 61850 erläutert werden. Schlüsselfunktionen Die Funktionen und Eigenschaften von IEC 61850 sind so umfangreich, dass es nicht möglich ist, diese in dem gegebenen Rahmen vollständig aufzulisten. Manche dieser Eigenschaften erscheinen unbedeutend, haben aber beachtliche Auswirkung auf die Stationsautomatisierung. So ermöglichen beispielsweise die Priority Tags eine intelligentere Verwendung von Ethernet-Switches für GOOSE und SMV. Dies sind für den Benutzer enorme Vorteile, die bei anderer Vorgehensweise nicht zu realisieren wäre. Wir werden einige weitere Schlüsselfunktionen auflisten, die enorme Vorteile für den Benutzer bringen: Benutzung eines virtuellen Modells. Das virtuelle Modell für ACSI, logische Geräte, logische Knoten und CDCs (gemeinsame Datenklassen) ermöglicht eine Definition von Daten, Diensten und Geräteverhalten, zusätzlich zu den Protokollen, die definieren, wie die Daten über das Netzwerk zu transportieren sind. Benutzung von Namen für alle Daten. Jedes Element eines IEC 61850-Datenobjekts hat einen das Datenelement beschreibenden Namen. Die herkömmlichen Protokolle tendierten andererseits dazu, die Daten über deren Speicheradres-se zu identifizieren und benutzten Indexnummern, Registernummern und desgleichen um Daten zu beschreiben. Alle Objektnamen sind genormt und stehen in einem Kontext zu Energieerzeugungs- und -verteilungs-Systemen: Die Datennamen in IEC 61850-Geräten werden weder vom Gerätehersteller vorgegeben, noch vom Benutzer konfiguriert. Alle Namen sind in der Norm definiert und stehen in einem Kontext zu Energieerzeugungs- und Energieverteilungssystemen. Das ermöglicht einem Ingenieur sofort die Bedeutung der Daten zu erkennen, ohne dass eine Abbildung vorgegeben werden muss, welche die Indexund Registernummern zu Daten in Energieerzeugungs- und Energieverteilungssystemen, wie Spannung und Strom, in Beziehung setzt. Geräte sind selbsterklärend. Client-Applikationen, die mit einem IEC 61850-Gerät kommunizieren, sind in der Lage, alle Bezeichnungen der Daten, die dieses Gerät unterstützt, aus diesem auszulesen, so dass die manuelle Konfiguration von Datenobjekten oder Namen entfallen kann. High-Level-Dienste. ACSI unterstützt eine große Vielfalt von Diensten, die weit über das hinausgehen, was in alten Protokollen gegeben ist. GOOSE, GSSE, SMV und Logs sind nur ein Bruchteil der Eigenschaften, die in IEC 61850 vorhanden sind.Die Konfigurationssprache SCL ermöglicht es mit Hilfe von XML-Dateien, die Konfiguration Basiswissen eines Gerätes und seiner Aufgaben in einem Energieerzeugungs- und Energieverteilungssystem genau zu definieren. Die erwähnten Schlüsselfunktionen liefern substanzielle Vorteile für Benutzer der IEC 61850, die jedoch voraussetzen, dass der Anwender nicht mehr in der bisherigen Topologie älterer Protokolle denkt. Eliminierung von Mehrdeutigkeit. SCL kann nicht nur zur Konfiguration von Geräten benutzt werden – SCL bietet ergänzend genaue Definitionen von Benutzer-Anforderungen für Stationen und deren Geräte. Damit kann genau und unzweideutig spezifiziert werden, welche Eigenschaften von einem Gerät gefordert werden um damit Missverständnisse beim Hersteller/Lieferanten des Gerätes auszuschließen. Geringere Installationskosten. IEC 61850 ermöglicht es, über das Stations-LAN GOOSE-Daten, GSSE-Daten und Stationsinformationen schnell auszutauschen, ohne über separate Verbindungen jedes zugehörige Gerät zuzuschalten. Dies reduziert Verschaltungskosten, ebenso den Bedarf an Fazit IEC 61850 wurde für die Industrie freigegeben. Zehn Teile der Norm sind nun Internationale Standards. Diese Norm spricht die meisten Angelegenheiten an, die die Migration zur digitalen Welt mit sich bringt, besonders die Standardisierung von Datennamen, Schaffung eines umfassenden Satzes an Dienstleistungen, Implementierung über Standardprotokolle und -hardware und Definition eines Prozessbusses. Interoperabilität zwischen Geräten verschiedener Hersteller wurde gezeigt und Zertifizierungsprozesse wurden eingerichtet. Diskussionen sind im Gange IEC 61850 als Protokoll für die Kommunikation von Stationen zur Leitebene zu etablieren. IEC 61850 wird das Protokoll der Wahl werden, wenn Elektrizitäts-Versorgungsunternehmen auf Netzwerklösungen für die Stationen und darüber hinaus umstellen. XCBR class Attribute Name Attribute Type Explanation T LNName Shall be inherited from Logical-Node class (see IEC 61850-7-2) M/O Data Common Logical Node Information LN shall inhert all Mandatory Data from Common Logical Node Class M M O Loc SPS Local operation (local means without substation automation communication, hardwired direct control) EEHealth INS External equipement health EEName DPL External equipement name plate O OpCnt INS Operating counter M Pos DPC Switch position M BlkOpn SPC Block opening M BlkCls SPC Block closing M ChaMotEna SPC Charger motor enabled O BRC Sum of switched Amperes, resetable O M Aufbau eines Hauptschalters, der als Logischer Knoten XCBR in IEC 61850-7-4 modelliert ist. Controls Metered Values SumSwARs Status Information CBOpCap INS Circuit breaker operating capability POWCap INS Point On Wave switching capability O MaxOpCap INS Circuit breaker operating capability when fully charged O Data Name Common Data Class Installationskosten durch Nutzung der vorhandenen Bandbreite des Stations-LAN. Anstatt für jedes Gerät einen separaten Wandler für den entsprechenden Signaleingang anzuschalten, kann eine einzelne MU die SMV-Werte von einem Wandler beziehen und mehreren weiteren Geräten zur Verfügung stellen. Damit werden Kosten für Wandler, Verkabelungen, Kalibrierungen und spätere Unterhaltsaufwendungen eingespart. Geringere Inbetriebnahmekosten. Die Konfigurations- und Inbetriebnahmekosten werden drastisch reduziert, da Geräte gemäß IEC 61850 nicht soviel manuelle Konfiguration erfordern, wie dies bei älteren Geräten notwendig ist. Client-Anwendungen müssen nicht für jeden einzelnen relevanten Punkt konfiguriert werden, da die Punkte-Liste direkt vom relevanten Gerät abgefragt oder per SCL-Datei importiert werden kann. Viele Anwendungen benötigen nicht mehr als die Eingabe der Netzwerk-Adresse, um einwandfreie Kommunikation sicherzustellen. Mit dem Entfallen von Konfigu- Mandatory/Optional rations-Anforderungen werden Übertragungsfehler und Korrekturaufwendungen wesentlich reduziert. Geringere Migrationskosten. Da IEC 61850 eher die nach außen wirksamen Funktionen anstelle der Datencodierung definiert, werden die Kosten für Gerätemigrationen verringert. Unterschiedliches Funktionsverhalten zwischen verschiedenen Gerätefabrikaten wird reduziert und zum Teil völlig ausgeschlossen. Alle Geräte folgen den gleichen Namenskonventionen, was wiederum die erneute Konfiguration in der Client-Anwendung minimiert, wenn Geräte auszutauschen sind. Geringere Erweiterungskosten. IEC 61850-Geräte müssen nicht konfiguriert werden, um Daten auszugeben. So können Erweiterungen in Stationen einfach hinzugefügt werden, ohne Neukonfiguration. Auf diese Weise können Daten bereitgestellt werden, zu denen nach alter Spezifikation kein Zugriff möglich gewesen wäre. Mit nur kleinen oder sogar ohne Auswirkungen auf die vorhandene Ausrüstung können unter IEC 61850 weitere Geräte in eine Stationsanwendung hinzugefügt werden. Geringere Integrationskosten. Mit Nutzung der heute weitgehend vorhandenen Datennetzwerke bei Versorgungsunternehmen werden die Integrationskosten wesentlich reduziert. Anstatt kostspielige RTUs zu installieren, die für jeden Datenpunkt teure Ingenieurarbeit für Konfiguration und Wartung erfordern, sind IEC 61850-Netzwerke in der Lage, Daten zu liefern, ohne separate Kommunikationsgeräte und deren Konfiguration vornehmen zu müssen. Implementierung erweiterter Leistungsmerkmale. Die fortschrittlichen Dienste und Merkmale bringen weitere Möglichkeiten, die mit bisheriger Technologie nicht möglich waren. Zu nennen sind hier flächendeckende Schutzmassnahmen, die bisher an extrem hohen Kosten gescheitert sind. Diese können mit IEC 61850-Ausrüstung leicht reali-siert werden. Da die Schutzgeräte bereits an das Stations-LAN gekoppelt sind, werden die Mehrkosten für den weiteren Datenzugriff auf weitere Geräte nahezu bedeutungslos. Dies ermöglicht neue und innovative Schutzfunktionen. PRAXIS PROFILINE – IEC 61850 – April 2007 21