Pioglitazon verbessert die vaskuläre Funktion

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Für Sie notiert
Pioglitazon verbessert die
vaskuläre Funktion
In mehreren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass bei
Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) doppelt so häufig
eine Insulinresistenz auftritt als bei Patienten ohne RA. Diese
war zudem mit einer koronaren Atherosklerose assoziiert.
Ormseth et al. postulieren nun eine verbesserte Insulinsensitivität durch die Behandlung von RA-Patienten mit Pioglitazon.
Arthritis Rheum 2014; 66: 2331–2338
Wandbau großer
­Gefäße. Die größeren
Wandgefäße (Arterien,
Venen) bestehen prin­
zipiell aus 3 Schichten:
Tunica intima (Intima),
Tunica media (Media)
und Aunica adventitia
(Adventitia). (Bild:
Schünke M, Schulte E,
Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der
Anatomie. Innere Organe. Illustrationen
von M. Voll und K.
Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012)
Für die Überprüfung ihrer These nutzten
die Autoren die Daten einer monozentrischen, randomisierten, doppelblinden,
plazebokontrollierten Cross-Over-Studie.
In dieser erhielten die Patienten für 8 Wochen Pioglitazon (45 mg / d) oder ein Plazebo, zusätzlich zur Grundmedikation mit
den entsprechenden Disease-modifying
antirheumatic Drugs (DMARDs). An die
8-wöchige Therapie schloss sich eine
4-wöchige Auswaschungsphase an. Daraufhin verabreichten die Autoren den Patienten, die zuvor Pioglitazon erhalten
hatten, nun für 8 Wochen das Plazebo und
die Plazebogruppe erhielt Pioglitazon
(45 mg / d).
Untersuchungen fanden vor Beginn der
Studie und im 4-wöchigen Rhythmus bis
zu Woche 20 statt. Änderte sich die Krankheitsaktivität und damit die Grundmedikation im Laufe der Studie, so wurden die
Patienten von der Studie ausgeschlossen.
Insgesamt erfassten die Autoren 34 Pa­
tienten, die den American-College-
of-Rheumatology-Klassifikationskriterien
von 1987 entsprachen. Alle wiesen eine
moderate Krankheitsaktivität (≥ 3 druckschmerzempfindliche und ≥ 3 geschwollene
Gelenke) und eine stabile Grund­
me­
dikation mit DMARDs sowie antiinflam­
ma­torischen Therapeutika (keine Änderungen im letzten Monat) auf. Bei den
­Untersuchungen im Rahmen der Studie
wurden folgende Daten erhoben:
▶▶der Augmentationsindex,
▶▶die aortale PWV (Pulswellengeschwindigkeit),
▶▶der reaktive Hyperämie Index und
▶▶der Blutdruck.
Im Mittel betrug das Alter der Patienten
51 Jahre, wobei 82 % weiblich waren. Der
mittlere Disease Acitivity Score in 28
Joints using the CRP Level (DAS28-CRP)
belief sich auf 4,58 (± SD 1,0 [SD: Standardabweichung]). Als Grundmedikation
erhielten 70,6 % Methotrexat, 53,9 % ein
biologisches DMARD und 44,1 % ein blutdrucksenkendes Präparat.
Pioglitazon senkt diastolischen
Blutdruck
▼▼
Die Behandlung mit Pioglitazon war mit
einer Veränderung des Augmentationsindex auf -4,7 % (95 % Konfidenzintervall [KI]
-7,9 bis -1,5) im Vergleich zum Plazebo
(p = 0,004) assoziiert. Eine Senkung des
systolischen Blutdrucks erfolgte nicht, jedoch verringerte sich der diastolische
Blutdruck um -3,0 mmHg (95 % KI -5,7 bis
-0,2 mmHg; p = 0,03). Signifikante Änderungen im aortalen PVW (p = 0,33) und im
reaktiven Hyperämie Index (p = 0,46)
stellten Ormseth et al. nicht fest.
In einer vorangegangen Studie konnten
die Autoren zeigen, dass Pioglitazon den
DAS28 und die Insulinresistenz um 26,4 %
(gemessen mittels Homeostatic Model Assessment of Insulin Resistence [HOMARIR]) verringert. Um zu entscheiden, ob die
Verbesserungen im Augmentationsindex
und im diastolischen Blutdruck auf eine
Verminderung der Insulinresistenz zurückzuführen waren, verglichen die Autoren die Ergebnisse vor und nach der Adjustierung auf HOMA-IR oder dem Nüchterninsulinspiegel. Hieraus ergab sich,
dass die verbesserte Insulinsensitivität
durch Pioglitazon nicht die Veränderungen im Augmentationsindex oder dem
diastolischen Blutdruck vermittelt. Auch
der antiinflammatorische Effekt von Pioglitazon war nicht mit den Änderungen im
Augmentationsindex oder dem diastolischen Blutdruck assoziiert.
Fazit
Pioglitazon verbessert den Augmentationsindex und den diastolischen Blutdruck bei RA-Patienten, was jedoch
nicht mit den antiinflammatorischen
oder den insulinsensibilisierenden Effekten in Zusammenhang steht. Als Limitationen der Studie nennen die Autoren die geringe Studiengröße, aber auch
die starken Nebenwirkungen, die eine
längerfristige Einnahme von Pioglitazon
mit sich bringt. Neue gewebsspezifische
Präparate könnten ähnliche kardiovaskuläre, insulinsensibilisierende und antiinflammatorische Effekte vermitteln –
jedoch mit weniger Nebenwirkungen, so
die Autoren.
Dr. Andrea Weilbacher, Stuttgart
Akt Rheumatol 2015; 40
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Rheumatoide Arthritis
11
Für Sie notiert
Rheumatoide Arthritis
Domänen für
Krankheitsschübe
Derzeit gibt es noch keine klare Definition zur Messung von
Krankheitsschüben bei Patienten mit rheumatoider Arthritis
(RA). Anhand qualitativer Untersuchungen und dem Delphiverfahren wurden jedoch der Schmerz, die Funktion, geschwollene und schmerzempfindliche Gelenke, die Gesamtbeurteilung
der Krankheitsaktivität durch den Arzt und Patienten, die
­Laborwerte, die Teilnahme an physischer Aktivität, die Steifigkeit, das Selbstmanagement und die Müdigkeit als Domänen
für Erkrankungsschübe identifiziert. Lie et al. untersuchten in
der vorliegenden Langzeitstudie nun die Konstrukt- und Kontentvalidität dieser Domänen.
Ann Rheum Dis 2014; 73: 1781–1787
An der norwegischen Studie beteiligten
sich insgesamt 1195 Patienten mit RA.
Alle Studienteilnehmer unterzogen sich
entweder einer Therapie mit DMARDs
(Disease-modifying Antirheumatic Drugs)
oder Biologika.
Ein Krankheitsschub wurde dadurch definiert (Arbeitsdefinition), dass die Patienten selber über eine Verschlechterung
zwischen den Monaten 3 und 6 berichteten (primär) und eine Veränderung der
Therapie nach 6 Monaten vorgenommen
wurde (sekundär). Durch die Abbildung
der Outcomes auf die Einzeldomänen der
Krankheitsschübe konnten die Autoren
die Veränderungen zwischen den Monaten 3 und 6 von Patienten mit und ohne
Schübe vergleichen. Außerdem wurde die
konvergente und divergente Konstruktund Kontentvalidität mit Hilfe von Korrelationsanalysen und logistischen Regressionen ermittelt.
Starke Intra- und Interdomänenkorrelation unterstützt Validität
▼▼
Unter Anwendung der Arbeitsdefinition
eines Krankheitsschubs die darauf ba-
siert, dass Patienten über eine Verschlechterung der Krankheit berichteten, kam es
während des 6-monatigen Studienverlaufs zu insgesamt 79 Krankheitsschüben.
Dabei lag für die Mehrheit der Outcomes
die standardisierte mittlere Differenz
(SMDs) bei > 0,5. Die höchsten SMD-Werte waren bei der Erfassung des Schmerzes
mittels visueller Analogskala (1,3), dem
SF-36 Körperschmerz (SF-36: Medical
Outcomes Study 36-item Short-Form
Health Survey; 1,24), der Beurteilung des
globalen Wohlbefindens durch den Patienten (1,20) und der Intensität der Morgensteifigkeit (1,17) zu beobachten.
Bei Anwendung der Arbeitsdefinition eines Krankheitsschubs, die auf einer Änderung der medikamentösen Therapie basierte (sekundär), wurden in dem 6-monatigen Studienverlauf 162 Krankheitsschübe registriert. Die Anpassung der
Therapie erfolgte bei 63 DMARD-behandelten Patienten aufgrund mangelnder
Wirksamkeit. Bei 110 Patienten erhöhten
die Autoren die Konzentration der verabreichten systemischen Kortikosteroide
oder initiierten eine Therapie mit diesen.
Die sekundäre Arbeitsdefinition erzielte
niedrigere SMD-Werte (< 0,5 für die meisten Variablen).
Die Interdomänenkorrelationen erwiesen
sich mit einem kleinen Durchschnittskoeffizienten für alle Domänen als generell
schwach (< 0,3). Die Ausnahmen bildeten
hier das allgemeine Wohlbefinden des Patienten, der Schmerz und die Steifigkeit.
Fazit
Bei der Suche nach einer Definition für
einen Krankheitsschub anhand der Outcome-Messwerte zeigte sich, dass die
identifizierten Domänen gut zwischen
Patienten mit und ohne Verschlechterung des Krankheitsverlaufs unterschieden. Die Inter- und Intradomänkorrelation und auch die logistische Regressionsanalyse unterstützten die Konstrukt- und Kontentvalidität der identifizierten Schubdomänen.
Britta Brudermanns, Köln
Krankheitsschübe einer rheumatoiden Arthritis äußern sich unter anderem durch eine erhöhte
­Müdigkeit. (Bild: R. Kneschke / Fotolia.com)
Zeitschriftenkürzel Jahr;Jahrgang
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Für Sie notiert
Wirksamkeit und Sicherheit
von Golimumab als Add-onTherapie
Der TNF-α-Inhibitor (TNF: Tumornekrosefaktor) Golimumab
hat im „GO“-Studienprogramm eine gute Wirksamkeit bei
­Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) gezeigt, die nicht
mit Methotrexat (MTX) vorbehandelt waren oder auf andere
TNF-α-Hemmer und / oder MTX nicht angesprochen haben.
GO-MORE untersucht jetzt Golimumab im alltäglichen klinischen Umfeld.
Ann Rheum Dis 2014; 73: 1477–1486
Die zusätzliche subkutane Gabe von Golimumab zur Nicht-Biological-DMARDsTherapie (DMARDs: Disease-modifying
anti-rheumatic Drugs) kann auch in einer
heterogenen Patientenpopulation mindestens akzeptable Ergebnisse erreichen
und ist dabei gut verträglich. Diesen
Schluss ziehen Bernard Combe und seine
Mitarbeiter, die in der vom Hersteller unterstützten offenen internationalen Studie die Daten von mehr als 3000 Patienten
mit aktiver RA ausgewertet haben.
Bei allen Studienteilnehmern bestand
trotz Therapie mit konventionellen
DMARDs eine aktive RA, entsprechend ei-
nem Punktwert von mindestens 3,2 im
Disease Activity Score für 28 Gelenke plus
Erythrozytensenkungsgeschwindigkeit
(DAS28-ESR). Im Mittel lag der Wert bei
5,97. Biologicals waren bislang nicht verabreicht worden. Die Studie bestand aus 2
Teilen:
In Teil 1 erhielten die Teilnehmer Golimumab 50 mg subkutan einmal pro Monat über 6 Monate plus ihre bisherige Therapie, in Teil 2 wurden Patienten mit gutem bis mäßigem Ansprechen (Verbesserung laut DAS28-ESR > 1,2 oder 0,6–1,2
bei Ausgangswerten ≤ 5,1) randomisiert
zur weiteren subkutanen Gabe Goli-
„hintere“
Nasenlöcher
(Choanae)
Nasenhöhle
(Cavitas nasi)
Rachen
(Pharynx)
(vordere)
Nasenlöcher
(Nares)
Sicht auf Nasenhaupt­
höhle und Rachen von
rechts bei nach links
gedrehtem Kopf. Die
Nasenhaupthöhle ist
nicht nur Atemweg,
sondern dient auch der
Geruchswahrneh­
mung. Bei einer Be­
handlung mit TNF-αInhibitoren kommt es
häufig zu Nasopharyn­
gitiden. (Bild: Schünke
M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus.
LernAtlas der Anatomie. Kopf, Hals und
Neuroanatomie. Illustrationen von M. Voll
und K. Wesker. 3. Aufl.
Stuttgart: Thieme;
2012)
mumab oder zur zusätzlichen intravenösen Verabreichung von 2 mg / kg Körpergewicht bis zum Erreichen einer Remission. Beurteilt wurde in Teil 1 der Anteil von
Patienten mit gutem bis mäßigem Ansprechen, in Teil 2 wurde zwischen den
beiden Gruppen mit subkutaner gegenüber subkutaner plus intravenöser Gabe
die Häufigkeit von Remissionen (DAS28ESR < 2,6) verglichen.
Die Auswertung ergab
▶▶in Teil 1 in Monat 6 ein gutes bis mäßiges Ansprechen bei 82,1 % der Patienten (n = 2692 von 3280) und eine Remission bei 23,9 %;
▶▶in Teil 2 wurden die Daten von 490 der
Patienten mit gutem bis mäßigem Ansprechen, aber ohne Remission ausgewertet, dabei fanden sich in Monat 12
ähnliche Remissionsraten für die alleinige subkutane versus die zusätzliche
intravenöse Gabe, mit 24 bzw. 27 %.
Die Ansprechraten in Teil 1 waren dabei
unabhängig von der Art und Anzahl der
Vorbehandlungen, der Dosis einer begleitenden MTX-Gabe und dem eventuellen
Einsatz von Kortikosteroiden.
Unerwünschte Ereignisse in beiden Studienphasen entsprachen denen, die für
TNF-α-Inhibitoren bekannt sind, und umfassten vor allem Nasopharyngitiden,
Harnwegsinfekte, Diarrhoen und Bronchitiden.
Fazit
Patienten mit aktiver RA unter Therapie
mit konventionellen DMARDs können
von der zusätzlichen subkutanen Verabreichung von Golimumab profitieren,
meinen die Autoren. Dabei scheint die
zusätzliche intravenöse Gabe die Remissionsraten aber nicht zu erhöhen. Golimumab wurde insgesamt gut vertragen,
neue Sicherheitsbedenken traten nicht
auf.
Dr. Elke Ruchalla, Trossingen
a
Akt Rheumatol 2015; 40
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Rheumatoide Arthritis
13
Für Sie notiert
Vermindern Statine die
körperliche Aktivität?
Regelmäßige körperliche Aktivität gehört zu den Standard-Ratschlägen, wenn es um einen gesunden Lebensstil geht – nicht
nur, aber auch bei älteren Menschen. In dieser Altersgruppe
gehören weiterhin Statine zu den vielfach verordneten Medikamenten. Da eine der häufigsten unerwünschten Wirkungen
der Statine aber Muskelschmerzen und Muskelermüdung umfassen, haben einige Mediziner die Vermutung geäußert, dass
die Statintherapie mit einer verminderten körperlichen Aktivität einhergehen könnte. David Lee et al. haben dies überprüft.
JAMA Intern Med 2014; 174: 1263–1270
Bei der Auswertung von Teil 2 nahmen
727 Männer zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung ein Statin ein (Gruppe A), bei
weiteren 845 kam eine Statin-Verordnung
im Lauf der Studie dazu (Gruppe B), und
knapp die Hälfte der Teilnehmer (Gruppe C; n = 1464; 48 %) nahm zu den dr3ei
Untersuchungszeitpunkten kein Statin.
Die regelmäßige Behandlung mit einem
Statin ist bei älteren Männern mit einer
verminderten körperlichen Aktivität verbunden. Zu diesem Schluss kommen die
Wissenschaftler aus Oregon, die die zwischen März 2000 und April 2002 begonnene multizentrische prospektive Osteoporotic Fractures in Men Study daraufhin
ausgewertet haben. Die Kohortenstudie
soll u. a. die Häufigkeit und die Risikofaktoren von Osteoporose und Frakturen bei
älteren Männern über die Zeit untersuchen. Dazu dienten eine Ausgangsuntersuchung sowie 2 Folgeuntersuchungen,
im Durchschnitt 4,6 und 6,9 Jahre nach
der ersten Begutachtung.
Für die aktuelle Arbeit wurden 2 Analysen
durchgeführt:
▶▶Teil 1: Querschnittsuntersuchung, in
die Daten von 4137 Teilnehmern der
Ausgangsuntersuchung eingingen
▶▶Teil 2: Längsschnittauswertung mit
3039 Männern, die die Veränderungen
im Verlauf erfassen sollte.
Akt Rheumatol 2015; 40
Dabei wurden bei den Männern im Hinblick auf Statine 2 bzw. 3 Kategorien verwendet: Einnahme
▶▶keine Einnahme
▶▶für die Längsschnittauswertung kam
die Kategorie „erstmalige Einnahme“
dazu, wenn während der Studie ein
Statin neu verordnet und zum Untersuchungszeitpunkt auch noch eingenommen wurde.
Als Maß für die körperliche Aktivität diente das Ergebnis in der Physical Activity
Scale for the Elderly (PASE). Außerdem
wurde – Teil 3 – bei 3071 Männern bei der
letzten Studienvisite die Aktivität für 7
Tage mithilfe eines Bewegungsmessers
anhand der Metabolic Equivalents (MET,
definiert als verbrauchte kcal / h) objektiv
beurteilt.
Die Auswertung ergab für Teil 1 zunächst
eine Statineinnahme bei knapp einem
Viertel der Studienteilnehmer (n = 989;
24 %), bei einem vergleichbaren Durch-
In Gruppe C nahm der PASE-Wert jährlich
im Mittel um 2,5 Punkte ab, in Gruppe A
waren es 2,8 Punkte und in Gruppe B 3,4
Punkte – jeweils nach Adjustierung für die
genannten Faktoren. Der Unterschied
zwischen Gruppe B und Gruppe C verfehlte dabei knapp die statistische Signifikanz
(p = 0,07).
Bei Teil 3 schließlich zeigte sich bei den
1542 Statin-Teilnehmern (50 %) eine insgesamt geringere körperliche Aktivität als
bei Nicht-Statin-Teilnehmern, sowohl für
mäßige (METs ≥ 3,0) als auch für starke
Anstrengungen (MET ≥ 6,0), dagegen fanden sich bei ihnen häufiger Phasen geringer bis fehlender körperlicher Aktivität
(MET ≤ 1,5). Für alle Vergleiche zeigte sich
ein signifikanter Unterschied (p ≤ 0,01).
Fazit
Die Einnahme von Statinen könnte dazu
zu führen, dass ältere Männer sich weniger körperlich belasten, möglicherweise
aufgrund der oft für Statine beschriebenen Muskelschmerzen bzw. schnellen
muskulären Ermüdung, meinen die Autoren. Die gemessenen Unterschiede
entsprechen dabei eine rum 37,8 min
geringeren körperlichen Betätigung pro
Woche bei Statin-Patienten. Fachgesellschaften empfehlen, sich 3- bis 4-mal
pro Woche ca. 40 min zumindest mäßig
körperlich zu belasten – in Anbetracht
dessen scheinen die knapp 40 min, die
Statin-Nutzer sich eben nicht belasten,
nicht ganz unerheblich. Weitere Untersuchungen sollten diesen Zusammenhang genauer klären
Dr. Elke Ruchalla, Trossingen
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schnittsalter der beiden Gruppen (knapp
73 Jahre). Dabei lagen die PASE-Werte bei
den Statin-Patienten zunächst um 11,2
Punkte niedriger; nach Adjustierung für
Alter, Vorerkrankungen wie Myokardinfarkt, Schlaganfall und Diabetes sowie
Body Mass Index schwächte sich der Unterschied zwar ab, blieb aber statisch signifikant (5,8 Punkte; p = 0,03).
Osteoporose
Bild: PhotoDisc
14
Für Sie notiert
Gonarthrose
Huebner et al. untersuchten in der vorliegenden Studie die
Veränderungen im Gelenkgewebe in Abhängigkeit von der
Konzentration des α-C-Telopeptids des Typ I Kollagens (α-CTX)
und des C-Telopeptids des Typ II Kollagens (CTX-II) im Urin. Dadurch sollte der Zusammenhang zwischen diesen Biomarkern
und dem Schweregrad und der Progression der Gonarthrose,
sowie dem Turnover der Knochen des Kniegelenks bestimmt
werden.
Arthritis Rheum 2014; 66: 2440–2449
An der dänischen Studie beteiligten sich
149 Personen mit symptomatisch und radiologisch diagnostizierter Gonarthrose.
Bei allen Teilnehmern fertigten die Autoren sowohl zu Studienbeginn als auch
nach einem Zeitraum von 3 Jahren eine
Röntgenaufnahme mit fixiert-gebeugtem
Knie an. Zudem erfolgte eine SpätphasenSzintigraphie der Knochen beider Kniegelenke. Diese werteten die Autoren semiquantitativ aus und betrachteten die Osteophyten, den Schweregrad der Verengung des Gelenkspalts und die Aufnahme
der Radionuklide. Die Konzentrationen
von α-CTX und CTX-II im Urin ermittelte
sich mittels ELIZA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay). Immunhistochemische
Analysen aus Patientenbiospsien dienten
für Lokalisationsstudien von α-CTX und
CTX-II.
Von den insgesamt 129 Patienten, von denen die Daten sowohl zu Studienbeginn
als auch zum Studienende nach 3 Jahren
zur Verfügung standen, konnten
▶▶25 (27,1 %) als Non-Progressoren,
▶▶60 (46,5 %) als Progressoren anhand
­ihres Osteophytenwerts,
▶▶17 (13,2 %) als Progressoren anhand
­ihres Osteophyten- und Gelenkspaltverengungswerts und
▶▶17 (13,2 %) als Progressoren aufgrund
einer totalen Knieplastik klassifiziert
werden.
Dabei wiesen die Progressoren im Vergleich zu den Non-Progressoren eine höhere Basiskonzentration von CTX-II, nicht
jedoch von α-CTX im Urin auf (p = 0,004
vs. p = 0,69).
Non-invasive Detektion und
­Quantifizierung möglich
▼▼
Die Konzentration von α-CTX im Urin korrelierte stark mit der Intensität der Aufnahme der Radionuklide und mit der Progression sowohl der Gelenkspaltverengung (Risikoverhältnis 13,2) als auch der
Osteophyten (Risikoverhältnis 3). Ähnliches beobachteten die Autoren für CTX-II.
Dessen Konzentration im Urin war assoziiert mit
▶▶der Aufnahme von Radionukliden,
▶▶der Schwere der Gelenkspaltverengung ,
▶▶dem Auftreten von Osteophyten und
▶▶der Progression der Gonarthrose basierend auf dem Osteophytenwert
­(Risikoverhältnis 6; p < 0,0001).
Immunhistochemisch wiesen die Autoren
α-CTX vorwiegend in subchondralen
Knochenbereichen mit einer erhöhten
Turnover-Rate nach. CTX-II hingegen war
in den Bereichen der Knochen / KnorpelGrenzflächen, der Tidemark und der geschädigten Gelenkknorpel lokalisiert.
Fazit
Die Autoren konnten in ihrer Studie eine
Assoziation von α-CTX und CTX-II mit
der Progression der Gonarthrose nachweisen. Möglicherweise könnten so Bisphosphonate, die α-CTX und CTX-II inhibieren, eine Therapieoption bei der
Behandlung der Gonarthrose darstellen.
Britta Brudermanns, Köln
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α-C-Telopeptid des Typ I
Kollagens als Prädiktor
Für Sie notiert
Zigarettenrauch verschlimmert eine
Rheumaerkrankung nicht nur, er scheint
sogar Rheuma auszulösen: Das Risiko, an
Rheuma zu erkranken, ist bei Rauchern
doppelt so hoch wie bei Nichtrauchern,
zeigt eine schwedische Studie. Direkt mit
dem Risiko verknüpft ist die sowohl Menge der Zigaretten als auch die Anzahl der
Jahre, über die Menschen rauchen.
Neben den bei Rauchern häufigen Erkrankungen wie Lungen- und Gefäßschäden
steht Zigarettenrauch schon lange im Verdacht, auch verschiedene entzündliche
Gelenk- und Bindegewebserkrankungen
wie rheumatoide Arthritis, also Gelenkrheuma, auszulösen. Wie bei jeder Autoimmunerkrankung richtet sich auch bei
Rheuma die körpereigene Abwehr gegen
den Körper selbst, anstatt diesen vor Schäden von außen zu schützen. Diese fehlgeleitete Immunabwehr ruft entzündliche
Prozesse hervor – in Gelenken, Organen,
Muskeln oder auch Blutgefäßen. Bei rheumatoider Arthritis wenden sich die „Antikörper“ gegen bestimmte Eiweiße in den
Geweben, die sogenannten citrullinierten
Peptide. Stoffe im Zigarettenrauch begünstigen die Bildung dieser Eiweiße. Auf
diese Weise kann Rauchen die entzündliche Gelenkerkrankung hervorrufen oder
sie verschlimmern.
Rauchstopp kann die Erkrankung
verhindern
▼▼
„Das ist kein Prozess von Tagen oder Wochen – wir wissen, dass die Menge der Antikörper meistens über mehrere Jahre anwächst“, erklärt Professor Dr. med. Ulf
Müller-Ladner, Direktor der Abteilung
Rheumatologie und Klinische Immunologie der Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim. Ein
rechtzeitiger Rauchstopp könnte eine Erkrankung möglicherweise sogar verhindern. Junge Menschen hätten es daher in
Teilen selbst in der Hand, sich vor Rheuma
und dessen schwerwiegenden Folgen zu
schützen.
Behandlung von Vaskulitiden
schwieriger
▼▼
Ist Rheuma ausgebrochen, verläuft es bei
rauchenden Patienten wesentlich aggres-
Akt Rheumatol 2015; 40
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Rauchen verursacht
Rheuma
Für Sie notiert
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siver. Sie müssen mehr Medikamente einnehmen als Nichtraucher, um die entzündlichen, schmerzhaften Symptome zu
lindern. Besonders schwerwiegend sei die
Situation bei Rheumaerkrankungen, die
die Blutgefäße mitbetreffen, den sogenannten Vaskulitiden: „Die durch das
Rauchen ausgelöste Gefäßverengung und
-versteifung, verläuft bei dieser Erkrankung um ein vielfaches schwerer und
führt häufiger zum Tod“, erläutert MüllerLadner.
Stoffe, welche im Zigarettenrauch enthalten
sind, fördern eine Rheumaerkrankung. Zudem
wird vernutet, dass Zigarettenrauch auch
Rheuma auslösen kann. (Bild: blub90 / Fotolia.
com)
„Dass Rauchen Rheuma verschlimmert,
wissen wir seit längerem“, so Müller-Ladner, „dass es die Krankheit nach neuesten
Erkenntnissen sogar auszulösen scheint,
sollte vor allem Betroffene dazu bringen,
sofort auf Zigaretten zu verzichten, auch
wenn es sehr schwer fällt.“
Nach einer Pressemitteilung (Deutsche
­Gesellschaft für Innere Medizin e. V.)
Akt Rheumatol 2015; 40
Für Sie notiert
Biosimilars
Biosimilars: ja, aber
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V. verknüpft mit der Einführung
von Biosimilars die Hoffnung auf eine
Preisreduktion, die das Gesundheitswesen insgesamt entlastet. Die Fachgesellschaft lehnt jedoch zum jetzigen Zeitpunkt Verordnungsquoten oder einen
unkontrollierten Wechsel zwischen Original und Biosimilar ab.
Biotechnologisch gewonnene Arzneimittel – so genannte „Biologika“ – haben die
Behandlungsmöglichkeiten von Patienten
mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen deutlich erweitert. Sie werden
eingesetzt, um bei Patienten, die nicht
ausreichend gut auf konventionelle Basistherapeutika ansprechen, das Voranschreiten der Erkrankung zu verhindern
und langfristige Folgeschäden zu vermeiden. Ihre Anwendung bedarf jedoch einer
sorgfältigen Überwachung wegen möglicher unerwünschter Wirkungen. Die Substanzen werden in einem sehr aufwändigen Herstellungsprozess, z. B. mithilfe von
gentechnisch veränderten Organismen,
synthetisiert. Ihr Einsatz ist mit hohen direkten Kosten von über 1 Milliarde Euro
(Arzneimittelreport 2013) verbunden.
Auslaufender Patentschutz
▼▼
Das erste für eine rheumatologische Indikation zugelassene Präparat war der TNFalpha-Blocker Infliximab für die Indika­
tion rheumatoide Arthritis im Jahr 1999.
Inzwischen sind in Deutschland 10 Biologika bei rheumatologischen Indikationen
zugelassen. Angesichts des auslaufenden
Patentschutzes einiger davon (Rituximab,
Infliximab, demnächst auch Etanercept
und Adalimumab) kommen nun so genannte Biosimilars auf den Markt.
rat in einer der zugelassenen Indikationen. Bei vergleichbarer Effizienz und Sicherheit kann dann die Zulassung des Biosimilars für alle dem Originalpräparat
zugewiesenen Indikationen erfolgen.
Diese stimmen, trotz einer nahezu identischen Gensequenz, mit dem Originalpräparat nicht exakt überein, weil in der Synthese dieser komplexen, 3-dimensionalen
Proteine in den Mutterzellen, wie bei jedem Protein, noch verschiedene Modifikationen nach der Genablesung auftreten
und die exakten Herstellungsmethoden
des Originalpräparats nicht publiziert
sind. Aus diesem Grund wurde die Bezeichnung „Biosimilar“ gewählt – als Abgrenzung zum „Generikum“, das eine
wirkstoffgleiche Kopie des Originals darstellt. Die Modifikationen können veränderte antigene Eigenschaften des Proteins
zur Folge haben und damit zur Entwicklung von gegen das Protein gerichteten
Antikörpern oder allergischen Reaktionen des Patienten führen. Das trifft allerdings auch auf die Originalpräparate zu,
die ebenfalls eine gewisse Variabilität aufweisen.
In der Zulassung von Medikamenten sind
in absteigender Wertigkeit die Sicherheit
und Verträglichkeit, die Effizienz und die
Kosten entscheidend. Das muss auch für
Biosimilars gelten, gerade vor dem Hintergrund der oben skizzierten Herstellungsmethoden. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie hält es daher für
unabdingbar, dass auch Biosimilars nach
der Marktzulassung ein langfristiges und
dezidiertes Sicherheitsprogramm durchlaufen müssen, da Nebenwirkungen wie
z. B. Allergien und Anaphylaxien oder eine
vermehrte Bildung von gegen das Medikament gerichteten Antikörpern auftreten
können, die bisher vom Originalpräparat
nicht zu erwarten waren. Das bedeutet
nicht, dass das Original per se weniger Nebenwirkungen verursacht als das Biosimilar: Angesichts des komplexen (und gelegentlich variablen) Herstellungsprozesses
kann es auch umgekehrt sein. Solche Variationen können aber nur analysiert und
erkannt werden, wenn sich Wirkung und
Nebenwirkung tatsächlich dem jeweiligen Original oder Biosimilar in der Aufarbeitung des Falles exakt zuordnen lassen.
Vereinfachtes Zulassungs­
verfahren für Biosimilars
▼▼
Darüber hinaus ist für Biosimilars ein vereinfachtes Zulassungsverfahren möglich:
Ein Nachweis zu Qualität, Wirksamkeit
und Sicherheit sowie zur Verträglichkeit
der Präparate hat lediglich in präklinischen Untersuchungen sowie Phase-IStudien zu erfolgen. In der Regel folgt
dann eine „head-to-head“-vergleichende
Phase-III-Studie mit dem Originalpräpa-
Die Gensequenz von Biosimilars stimmt mit der des Originalpräparats nicht genau überein, wodurch
es zur Entwicklung von Antikörpern gegen das Biosimilar kommen könnte. (Bild: D.T. Oczkowicz / Fotolia.com)
Akt Rheumatol 2015; 40
Für die DGRh ergeben sich daraus die folgenden Konsequenzen:
▶▶Jedes Biologikum sollte einen unterschiedlichen internationalen Freinamen haben, so dass z. B. nicht alle Infliximab-Biosimilars als Infliximab firmieren und so rezeptiert werden. Die
DGRh unterstützt ausdrücklich den
Vorschlag der WHO, jedem Biologikum
einen weltweit einheitlichen 4-stelligen Code (den sog. „BQ“ = Biological
Qualifier) zuzuordnen, der die Identifikation jeder einzelnen Substanz aus
jeder einzelnen Quelle ermöglicht.
▶▶Apotheker dürfen nicht ohne Wissen
des Arztes und / oder Anordnung des
Arztes vom Originalpräparat auf ein
Biosimilar umstellen oder umgekehrt.
Das gilt auch für parallele Entwicklungen durch den Originalhersteller.
▶▶Nebenwirkungen müssen in zentralen
Registern (z. B. dem Deutschen RABBIT-Register) dokumentiert und einem
definierten Produkt (Originalpräparat
oder Biosimilar) genau zugeordnet
werden können.
▶▶Solange keine Langzeitdaten zu spezifischen Indikationen vorliegen, ist ein
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Für Sie notiert
Entzündungen
Entzündungen im
Rampenlicht
Entzündungsprozesse spielen bei der Entstehung menschlicher Erkrankungen eine
Schlüsselrolle: Nicht nur an Autoimmunerkrankungen oder Infektionen sind sie
beteiligt, sondern auch an Herz- oder
Krebserkrankungen. Sie im Körper zu
­lokalisieren und maßgeschneidert zu
­behandeln, ist eine der größten Herausforderungen der modernen Medizin.
­Forscher der Universität Münster haben
nun ein Verfahren entwickelt, mit dessen
­Hilfe Mediziner entzündliche Prozesse bei
verschiedenen Krankheiten früh und
­genau lokalisieren können.
Neues Fluoreszenz-Bildgebungsverfahren
▼▼
Das Verfahren nutzt die Tatsache, dass aktive Phagozyten am Entzündungsort 2 bestimmte Proteine freisetzen: S100A8 und
S100A9. Je mehr sich davon an bestimmten Stellen im Körper finden, desto eher
deutet dies auf einen akuten Entzündungsprozess hin.
Die Hoffnung der Forscher ist, dass das
von ihnen entwickelte Fluoreszenz-Bildgebungsverfahren künftig auf mehreren
Ebenen zur Heilung beiträgt. Beispielsweise lassen sich mit ihm schon Entzündungen im Körper nachweisen, bevor sie
sich durch Symptome wie Rötung oder
Schwellung äußern – Therapien könnten
„aut Idem“-Regelung ist strikt
­abzulehnen
▼▼
Angesichts der enormen Kosten, die mit
biologisch hergestellten Medikamenten
verbunden sind, begrüßt die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie die Einführung von Biosimilars, da diese mit der
Hoffnung auf Preisreduktionen verbunden ist, was wiederum Anlass zu der Hoffnung gibt, dass mehr Patienten mit wirksamen biologisch hergestellten Medikamenten behandelt werden können. Derzeit ist jedoch aus den genannten Gründen, vor allem wegen der potentiellen immunologischen Nebenwirkungen, eine
„aut Idem“-Regelung analog zu den Generika (Austausch durch den Apotheker gegen ein wirkstoffgleiches Produkt) für
Bio­similars strikt abzulehnen.
Nach einer Pressemitteilung (Deutsche
­Gesellschaft für Rheumatologie e. V.)
Mithilfe eines neuen Fluoreszenz-Bildgebungsverfahrens können Entzündungen lokalisiert und d
­ eren
Aktivität bestimmt werden. (Bild: drimafilm / Fotolia.com)
Bislang war diese Lokalisation nur eingeschränkt möglich: die an der Immunabwehr beteiligte Zellen, sogenannte Phagozyten, lassen sich schon länger mithilfe
bildgebender Verfahren darstellen. Unklar
war jedoch, wie weit fortgeschritten eine
Erkrankung ist und ob die dargestellten
Zellen an der Bekämpfung der Entzündung beteiligt sind oder nicht. Mit einem
neuen Kontrastmittel aus Antikörpern
können die entzündeten Areale nun mithilfe der Fluoreszenz sichtbar gemacht
werden. „Wir können mithilfe dieses Verfahrens nicht nur zeigen, wo sich Phagozyten finden, sondern auch, wie aktiv sie
sind“, erklärt PD Dr. Thomas Vogl.
viel früher zur Anwendung kommen.
„Wenn man genau weiß, wo sich eine Entzündung befindet und wie aktiv sie ist,
lassen sich Medikamente gezielter einsetzen“, nennt Thomas Vogl einen weiteren
Vorteil.
Das Besondere an dem Verfahren: Es lässt
sich bei besonders vielen Krankheiten
einsetzen, weshalb viele Erkrankungen
im Körper dargestellt und vermessen werden können.
Nach einer Pressemitteilung
(Universität Münster)
Akt Rheumatol 2015; 40
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unkontrollierter Produktwechsel mit
jeder Verordnung zwischen Original
und / oder unterschiedlichen Biosimilars zu vermeiden, um unerwünschte
immunologische Wirkungen der verschiedenen Bioprodukte bei unterschiedlichen Herstellungsprozessen
möglichst gering zu halten.
▶▶Ein unkontrollierter Wechsel zwischen
Biologika aus Kostengründen ist zum
jetzigen Zeitpunkt abzulehnen. Das bezieht sich sowohl auf einen Präparatewechsel zwischen verschiedenen TNFα-Blockern als auch zwischen verschiedenen Biologika-Klassen, da das
Ansprechen auf verschiedene Biologika auch bei den Originalpräparaten variiert.
▶▶Ein Wechsel von einem Originalpräparat auf ein Biosimilar, das im Zulassungsverfahren nur in einer rheumatologisch fachfremden Indikation getestet wurde (z. B. Rituximab bei Non Hodgkin Lymphom) ist problematisch,
solange keine Langzeitdaten dieser Biosimilars in rheumatologischen Indikationen vorliegen.
▶▶Erzwungene Verordnungsquoten von
Biosimilars sind zum jetzigen Zeitpunkt und in jeglicher Form abzulehnen, solange die oben geforderten
Langzeitdaten in pharmazeutisch unabhängigen Zentralregistern (wie z. B.
dem Deutschen RABBIT-Register) für
Biosimilars nicht vorliegen.
19
Juvenile idiopathische Arthritis
HPV-Impfung auch bei
JIA-Patientinnen sinnvoll
Patienten, die mit immunsuppressiven Therapeutika behandelt
werden, wie z. B. solche, die an juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) leiden, haben ein erhöhtes Infektionsrisiko. Für diese ist
eine sichere und effektive Vakzinierung von besonderer Bedeutung. Bei jungen Frauen wird heutzutage häufig das HPV-Vakzin (HPV: humaner Papillomvirus) zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs eingesetzt. Heistek et al. haben nun die Immunogenität und Sicherheit der HPV-Vakzinierung bei Frauen
mit JIA untersucht.
Ann Rheum Dis 2014; 73: 1500–1507
terschiedlichen 5–10 Patientinnen. Die
Auswirkung der HPV-Vakzinierung auf
die JIA wurde anhand der Krankheitsaktivität nach dem Juvenile Arthritis Disease
Activity Score including 27 Joints (JADAS-27) ermittelt. Grundsätzlich war die
Krankheitsaktivität zu Beginn der Studie
bei den JIA-Patientinnen gering (JADAS-27 ≤ 3,6).
Zwischen März 2009 und Mai 2011 wurde
in den Niederlanden eine landesweite
HPV-Vakzinierungskampagne durchgeführt. Von Beginn dieser Kampagne an
schlossen die Autoren in ihre kontrollierte, empirische Kohortenstudie weibliche
JIA-Patientinnen im Alter zwischen 12–18
Jahren ein. Als Kontrollgruppe dienten gesunde Schülerinnen im gleichen Alter, die
ebenfalls gegen HPV immunisiert wurden. Alle Studienteilnehmerinnen (JIA:
n = 66, gesund: n = 50) erhielten 3 Dosen
des HPV-Vakzins nach 0, 1 und 6 Monaten.
Untersuchungen im Rahmen der Studie
erfolgten 1-mal vor der ersten Vakzinierung und nach 3, 7 und 12 Monaten nach
der ersten Impfung.
Sieben Monate nach der ersten Impfung
waren alle Studienteilnehmerinnen seropositiv für HPV-16 und -18. Eine Patientin
entwickelte jedoch nach 12 Monaten einen seronegativen Phänotyp. Im Vergleich
von 32 Patientinnen, die mit Methotrexat
(MTX) behandelt wurden, zu 31 Patientinnen ohne MTX-Therapie, beeinflusste
MTX weder die HPV-16- (2578 LU / ml
[LU: Luminex Unit], 95 % KI 1338–4967
[KI=Konfidenzintervall] vs. 2844 LU / ml,
95 % KI 2034–3976; p = 0,79) noch die
HPV-18-Antikörpermenge (860 LU / ml,
95 % KI 936–3595 vs. 1335 LU / ml, 95 % KI
951–1873; p = 0,37).
Durch die Bestimmung der Antikörpermenge gegen den HPV-VLP-16 (virusartige Partikel des HPV-Typs 16) und gegen
HPV-VLP-18 ermittelten die Autoren die
Immunogenität der Vakzinierung. Zudem
maßen sie bei jeder Untersuchung die
Menge an HPV-16- oder HPV-18-spezifischen Gedächtnis-B-Zellen in jeweils un-
Akt Rheumatol 2015; 40
Antikörperavidität vergleichbar
▼▼
Die Antikörperavidität war im Vergleich
von 18 gesunden und 18 JIA-erkrankten
Studienteilnehmerinnen
vergleichbar.
Der Aviditätsindex der HPV-16-spezifischen Antikörper betrug 86 % bei JIA-Patienten und 83 % bei gesunden Patienten. Im
Falle der HPV-18-spezifischen Antikörper
wurde eine Avidität von 86 % vs. 86 % gemessen. Die Gesamtzahl der IgG-produzierenden (IgG: Immunglobulin G) B-Zel-
len war bei JIA-Patientinnen (GM 7,9 [GM:
geometrisches Mittel]; 95 % KI 6,8–9,2)
ähnlich wie bei den Kontrollpersonen
(GM 6,7; 95 % KI 56–8,1). Bei der Betrachtung der Kinetik der HPV-16/18-Immunantwort kam es zu einem Anstieg der
Antikörpermenge nach 3 Monaten (HPV16: p = 0,004, HPV-18: p = 0,002) und nach
7 Monaten (HPV-16: p = 0,015, HPV-18:
p = 0,03) nach der ersten Impfung. Anschließend verringerte sich die Antikörpermenge wieder. Dieser Verlauf war im
Vergleich der gesunden und der JIA-erkrankten Teilnehmerinnen ähnlich. Jedoch war das Ausmaß der durch Gedächtnis-B-Zellen vermittelten Immunantwort
nach 7 und 12 Monaten bei JIA-Patientinnen geringer.
Keine neuen Nebenwirkungen bei
JIA-Patientinnen
▼▼
Schwere, mit der HPV-Vakzinierung in
Verbindung stehende, unerwünschte Ereignisse traten nicht auf. Gelenkschmerzen konnten in beiden Gruppen beob­
achtet werden. Deren Dauer war jedoch
bei JIA-Patientinnen signifikant länger
(p < 0,001). Zudem verschlechterte sich
die Krankheitsaktivität bei JIA-Patientinnen nach HPV-Vakzinierung nicht. Vielmehr war der JADAS-27 nach 7 Monaten
(2,8 mit IQR 0,2–0,6 [IQR: Interquartilbereich] vs. 3,1 mit IQR 1,2–6,8; p = 0,007)
und nach 12 Monaten (1,8 mit IQR
0,1 – 4,6; p = 0,006) signifikant geringer als
zu Studienbeginn.
Fazit
Das bivalente HPV-16/18-Vakzin löst
eine starke Immunantwort sowohl bei
gesunden als auch bei JIA erkrankten
jungen Frauen aus. Ebenso ist die Qualität der gebildeten Antikörper in beiden
Gruppen vergleichbar. Grundsätzlich
zeigte sich, dass eine HPV-Vakzinierung
die JIA-Erkrankung nicht negativ beeinflusst. Aufgrund dessen empfehlen die
Autoren die protektive HPV-Impfung
auch bei Patientinnen mit JIA, obwohl
durch die Ergebnisse der Studie nicht
ausgeschlossen werden kann, dass der
Langezeitschutz vor einer HPV-Infektion
bei JIA-Patienten gewährleistet ist.
Dr. Andrea Weilbacher, Stuttgart
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Für Sie notiert
Bild: S. Kaulitzki / Fotolia.com
20
Für Sie notiert
Adalimumab – sicher und
effizient
Obwohl Methotrexat (MTX) häufig bei der Therapie rheumatischer Erkrankungen eingesetzt wird, sprechen ca. 30–40 % der
Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) nicht auf
diese Behandlung an. Der Einsatz von Adalimumab, ein humaner Anti-TNFα-Antikörper (TNFα: Tumornekrosefaktor-α) wird
derzeit bei JIA-Patienten im Alter zwischen 2–17 Jahren, die
nicht auf MTX ansprechen, empfohlen. Schmeling et al. haben
nun die Sicherheit und die Effizienz der Adalimumab-Therapie
in einer Kohorte aus Kindern und Jugendlichen mit JIA untersucht.
Arthritis Rheum 2014; 66: 2580–2589
Seit der Zulassung von Adalimumab für
die Therapie polyartikulärer JIA im Jahr
2008 wurden die mit Adalimumab behandelten Kinder und Jugendlichen im Rahmen der Studie Biologika in der Kinderrheumatologie (BiKeR) prospektiv beobachtet. Alle Studienteilnehmer erfüllten
die Klassifikationskriterien der International League of Associations for Rheumatology (ILAR) für eine JIA.
Die Datenerhebung erfolgte zu Beginn der
Studie, 1, 3 und 6 Monate nach der ersten
Gabe von Adalimumab sowie in weiteren
Abständen von 6 Monaten. Adalimumab
erhielten die Patienten in einem 2-wöchigen Rhythmus in einer Dosierung von
24 mg / cm2 (Maximaldosis: 40 mg). Für
die Bestimmung der Verbesserung der
Krankheitsaktivität nutzten die Autoren
folgende Mittel:
▶▶American College of Rheumatology Pediartric (ACR Pedi) 30, 50, 70 oder 90
Kriterien,
▶▶German Childhood Health Assessment
Questionnaire,
▶▶Juvenile Arthritis Disease Activity
Score based on a 10-Joint Count (JADAS-10) sowie die
▶▶Kriterien für eine inaktive Erkrankung
(z. B. keine Gelenke mit einer aktiven
Arthritis, kein Fieber oder keine aktive
Uveitis).
Für die Untersuchung der Sicherheit von
Adalimumab wurden unerwünschte Ereignisse (AE) und schwere unerwünschte
Ereignisse (SAE) dokumentiert.
Die Autoren nahmen in ihre Studie 289
Patienten auf, die 1049-mal zu Untersuchungen erschienen (435,7 Patientenjahre). Hiervon waren 68 % weiblich, und das
mittlere Alter der JIA-Diagnose lag bei 6,3
Jahren (Interquartilsabstand [IQR] 2,6–
10,3). Vor der Behandlung mit Adalimumab wurden 269 (93,1 %) Patienten
mit MTX behandelt, 76 (26,3 %) mit anderen Disease-modifying antirheumatic
Drugs (DMARDs) und 159 (55 %) mit Biologika. Die Behandlung mit Adalimumab
erfolgte im Mittel über 1,2 (IQR 0,58–1,88)
Jahre bei den Biologika-naiven Patienten
und über 1,13 (IQR 0,61–1,94) Jahre bei
den Patienten, die zuvor ein anderes Biologikum erhalten hatten.
Gutes Ansprechen auf
­Adalimumab
▼▼
nur in einer sehr kleinen Patientenpopulation festgestellt werden (nach Monat 12:
4,6 % bei Biologika-naiven Patienten und
7,0 % bei zuvor mit einem anderen Biologikum behandelten Patienten).
Adalimumab gut toleriert
▼▼
Insgesamt wurden 49 AE bei 222 Patienten festgestellt. Hiervon galten 11 als SAE
(2,5 je 100 Patientenjahre). Eine Uveitis
trat vorwiegend bei Patienten mit oligoartikulärer juveniler Arthritis (63,7 %) auf.
Todesfälle, Tumorerkrankungen, opportunistische Infektionen, demyelinisierende Erkrankungen oder lupusähnliche Reaktionen wurden während der Adalimumab-Behandlung nicht beobachtet.
Ein Abbruch der Adalimumab-Therapie
erfolgte in 58 Patienten aufgrund
▶▶von Unwirksamkeit (11,1 %),
▶▶von AE (5,2 %),
▶▶von Remissionen (4,2 %),
▶▶auf Bitte des Patienten (11,8 %) und
▶▶aus weiteren Gründen (7,9 %).
Fazit
Bei JIA-Patienten scheint die Behandlung mit Adalimumab hocheffizient und
sicher zu sein. Dabei ist Adalimumab sowohl als erstes verwendetes Biologikum
als auch bei einem Wechsel von einem
anderen Biologikum erfolgreich einsetzbar. Aufgrund der fehlenden Randomisierung dieser Studie wäre eine randomisierte Parallelgruppenstudie sinnvoll,
um die Effizienz und Sicherheit von verschiedenen Biologika bei einer JIA zu untersuchen.
Dr. Andrea Weilbacher, Stuttgart
Im Vergleich zur Krankheitsaktivität zu
Studienbeginn verbesserten sich nach
Adalimumab-Therapie die ACR-Pedi-30-,
-50-, -70- und -90-Werte bei entsprechend 63,4 %, 61,0 %, 48,8 % und 34,2 % der
Biologika-naiven Patienten und bei 47,6 %,
38,1 %, 21,9 % und 15,2 % der zuvor mit einem anderen Biologikum behandelten Patienten. Somit weisen Biologika-naive Patienten ein signifikant höheres Ansprechen auf Adalimumab auf (p = 0,038,
p = 0,0021, p = 0,0002 und p = 0,0031 entsprechend ACR Pedi 30, 50, 70 und 90).
Neben den Besserungen im ACR Pedi verbesserte sich auch der JADAS-10-Score.
Eine inaktive Erkrankung konnte jedoch
Akt Rheumatol 2015; 40
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Juvenile idiopathische Arthritis
21
Für Sie notiert
Juvenile idiopathische Arthritis
Ist Rilonacept wirksam?
Rilonacept, ein Fusionsprotein aus den extrazellulären Domänen des IL-1-Rezeptors (IL: Interleukin) und dem Fc-Fragment
(Fc: konstante Domäne) des humanen IgG1-Antikörpers (IgG:
Immunglobulin G), bindet IL-1α und IL-1β hochaffin. Möglicherweise bindet Rilonacept auch an den IL-1-Rezeptorantagonist. Ilowite et al. haben nun in ihrer randomisierten, doppelblinden und plazebokontrollierten Studie die Wirksamkeit
und Sicherheit von Rilonacept bei systemischer juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) untersucht.
Arthritis Rheum 2014; 66: 2570–2579
Das Fusionsprotein Rilonacept ist in Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis wirksam und wird
zudem gut vertragen. (Bild: Jupiterimages )
Die Autoren rekrutierten Patienten in 20
US-amerikanischen Zentren von November 2008 bis Mai 2012. Als Einschlusskriterien galten:
▶▶die Diagnose einer systemischen JIA
nach den International League of Associations for Rheumatology Criteria for
systemic JIA,
▶▶ein Alter ≥ 18 Monate und ≤ 19 Jahre,
▶▶≥2 Gelenke mit einer aktiven Erkrankung,
▶▶eine stabile MTX-Therapie (MTX: Methotrexat) für ≥ 4 Wochen,
▶▶eine stabile Kortikosteroidtherapie
für ≥ 2 Wochen und
▶▶eine Behandlung mit ≤ 2 mg / kg (Maximaldosis 60 mg) Prednison oder mit
vergleichbaren Therapeutika.
Bei einem Einsatz von Biologika mussten
diese vorher abgesetzt werden. Die Randomisierung der Patienten (n = 71) erfolgte im Verhältnis 1:1. Gruppe 1 erhielt zu-
Akt Rheumatol 2015; 40
nächst für 4 Wochen ein Plazebo (initiale
Dosis an Tag 0 mit darauffolgenden 3 Erhaltungsdosen) und anschließend für 20
Wochen Rilonacept (initiale Dosis
4,4 mg / kg an Tag 28 mit anschließenden
wöchentlichen Erhaltungsdosen von
2,2 mg / kg). Die Patienten aus Gruppe 2
wurden von Beginn der Studie an mit Rilonacept behandelt. Die initiale Dosis betrug 4,4 mg / kg (Maximaldosis 20 mg). In
wöchentlichem Abstand verabreichten
die Autoren daraufhin eine Erhaltungsdosis von 2,2 mg / kg (Maximaldosis 160 mg).
Somit entstand eine doppelblinde Phase
(Woche 0–4) und eine Phase der aktiven
Behandlung (Woche 4–24). Im Anschluss
folgte eine Open-Label-Extensionsphase
(Woche 24 bis zu Monat 21). Die Untersuchungen im Rahmen der Studie fanden in
Woche 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14, 18 und 24 statt.
Eine Nachbeobachtung der Patienten in
der Extensionsphase erfolgte alle 3 Monate. Als primären Endpunkt definierten die
Autoren den Zeitpunkt, an dem sich die
American-College-of-Rheumatology-Pediartric-30-Kriterien (ACR Pedi 30) verbesserten, kein Fieber mehr auftrat und
bei Patienten mit Kortiokosteroidtherapie
diese reduziert werden konnte.
Schnelles Ansprechen auf
­Rilonacept
▼▼
Von den 71 rekrutierten Patienten beendeten 57 die initiale 24-wöchige Phase. 40
Patienten wurden in die Extensionsphase
aufgenommen, jedoch vollendeten diese
nur 29. Die Patienten aus Gruppe 2 erreichten schneller den primären Endpunkt (im Mittel nach 4 Wochen) als die
Patienten aus Gruppe 1 (im Mittel 8 Wochen, χ2 = 7,235, p = 0,007). In Woche 4
war das ACR Pedi-30-, Pedi-50- und Pedi70-Ansprechen signifikant besser bei den
mit Rilonacept behandelten Patienten als
in der Plazebogruppe (p < 0,05). Unter Einbeziehung der Dauer der JIA-Erkrankung
und den auftretenden artikulären Beschwerden in ein logistisches Regressionsmodell blieb die zuvor festgestellte Signifikanz erhalten (Odds Ratio 3,42; 95 %
Konfidenzintervall 1,21–9,70; p = 0,20):
die Behandlung mit Rilonacept führt nach
Woche 4 zu einer deutlichen Krankheitsverbesserung.
In der doppelblinden Phase war die
Sicherheit der Medikation im Behand­
lungs- und Plazebo-Arm vergleichbar. Insgesamt traten 14 schwere unerwünschte
Ereignisse (SAE) auf. Die am häufigsten
auftretende SAE war ein Krankheitsschub
der systemischen JIA. Im Rilonacept-Arm
stieg der Leber-Transaminase-Wert bei
mehr Patienten an als im Plazebo-Arm.
Fazit
Rilonacept wurde in der beschriebenen
Studienkohorte gut vertragen und zeigte
eine gute Wirksamkeit bei Patienten mit
aktiver systemischer JIA. Die Therapie
mittels Rilonacept erleichterte die Reduzierung der verabreichten Kortikosteroide, ähnlich wie es auch schon bei der
Behandlung mit Tocilizumab und Canakinumab beschrieben wurde. Nach Meinung der Autoren wäre eine Erweiterung der Studie um klinischen Daten
und Gewebeproben sinnvoll, um das
grundsätzliche Verständnis dieser Erkrankung zu verbessern.
Dr. Andrea Weilbacher, Stuttgart
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Gicht
Gichtdiagnose mittels
Ultraschall
Für eine zuverlässige Gichtdiagnose ist der Nachweis von Mononatriumharnsäure-Kristallen (MSU) unerlässlich. Während eines Gichtschubs oder bei einer chronischen Gichtarthritis gelingt dies in entzündeten Gelenken meist problemlos. Jedoch
ist die Diagnose zwischen Gichtschüben in nicht entzündlichen
Gelenken schwierig. Naredo et al. haben nun mittels Ultraschall
(US) versucht, typische Gichtanomalien an den oberen und unteren Extremitäten zwischen 2 Gichtschüben nachzuweisen.
Zudem eruierten sie die minimal nötige Anzahl an anatomischen Strukturen, um eine Gicht zu diagnostizieren.
Ann Rheum Dis 2014; 73:1522–1528
Die Autoren schlossen in ihre prospektive,
Fall-Kontroll-Studie 91 Männer mit einer
Gichtdiagnose (MSU-Nachweis) und 42
alterskorellierte Kontrollpersonen mit
ein. Als Ausschlusskriterien galten eine
schwere Niereninsuffizienz (glomeruläre
Filtrationsrate < 30 %), Psoriasis, eine medikamenteninduzierte Gicht oder andere
sekundäre Gichttypen. Alle Studienteilnehmer wurden mittels US von erfahrenen Rheumatologen (10–15 Jahre Erfahrung mit muskoloskeletalem US) untersucht und folgende anatomische Strukturen berücksichtigt:
▶▶26 Gelenke,
▶▶6 Schleimbeutel,
▶▶8 Sehnen,
▶▶20 Sehnenscheidenfächer,
▶▶4 Bänder und
▶▶18 Gelenkknorpel.
Die Zuverlässigkeit der Inter- und Intraobserver überprüften die Autoren mithilfe
eines webbasierten Tests. Dabei zeigten
die Intraobserver eine Verlässlichkeit von
κ 0,75 (κ : Light’s κ) und die Interobserver
eine von κ 0,52. Bei einer MSU-Detektion
im Ultraschall baten die Autoren sowohl
die Kontrollprobanden als auch die Gichtpatienten um eine Punktion eines positiv
getesteten Gelenks. Bei denjenigen Patienten, die ihre Zustimmung erteilten, erfolgte eine Gelenkpunktion mit einer
21-G-Nadel.
Bestimmte anatomische Strukturen häufiger von Gicht betroffen
▼▼
Im Großzehengrundgelenk und im Radiokarpalgelenk waren bei Gichtpatienten
am häufigsten echoreiche Aggregate zu
finden (57,1 vs 38,5 %). Ebenso waren das
Interkarpal- und Kniegelenk häufiger betroffen (28,6 vs. 25,3 %). US-Abnormalitäten der Sehnen fanden sich vorwiegend
bei der Trizeps- und Patellarsehne (60,4
vs. 47,3 %), gefolgt von der Quadrizepsund der Achillessehne (beide 38,5 vs.
34,1 %). Doppelkonturen von Gelenkknorpeln detektierten die Rheumatologen vorwiegend an der Dorsalfläche des ersten
Mittelfußknochens und am Oberschenkel
(61,5 vs. 41,8 %). Grundsätzlich wurden
US-Abnormalitäten bei Gichtpatienten
häufiger als in der Kontrollgruppe gemessen (p < 0,05).
Die US-Untersuchungen zeigten, dass eine
Untersuchung von folgenden anatomischen Strukturen ausreicht, um eine gute
Balance zwischen Sensitivität (84,6 %) und
Spezifität (83,3 %) sowie von positivem
Vorhersagewert (91,7 %) und negativem
Vorhersagewert (71,4 %) zu erzielen:
▶▶1 Gelenk (z. B. Radiokarpalgelenk),
▶▶2 Sehnen (z. B. Patellar- und Trizepssehne),
▶▶3 Gelenkknorpeln (z. B. am ersten Mittelfußknochen dorsal und plantar, am
Sprungbein, und entweder am zweiten
Mittelfußknochen oder Oberschenkelknochen).
Einer Gelenkspunktion stimmten 49
Gichtpatienten und 8 Studienteilnehmer
der Kontrollgruppe zu. Das gewonnene
Material war MSU-positiv bei 38 (77,6 %)
Gichtpatienten und negativ bei allen Kontrollpersonen. Ein Gichtpatient (2 %) und
1 Kontrollproband (1,5 %) waren positiv
für andere Kristallarten (z. B. Calziumpyrophosphat) getestet worden. Negativ auf
Kristalle waren 10 (20,4 %) Gichtpatienten
und 7 (87,5 %) Kontrollpersonen.
Fazit
In der vorliegenden Studie konnte von
Naredo et al. gezeigt werden, dass durch
eine Untersuchung von 1 Gelenk, 2 Sehnen und 3 Gelenkknorpeln mittels Ultraschall eine Gichtdiagnose mit ausreichender Spezifität und Sensitivität möglich ist. Limitierend ist jedoch die geringe Studienpopulation zu nennen, sodass
weitere Studien, auch bei anderen Gichttypen, notwendig sind, um die Ergebnisse dieser Studie zu bestätigen.
Eine zuverlässige Gichtdiagnose ist durch eine Ultraschalluntersuchung von 1 Gelenk, 2 Sehnen und
Dr. Andrea Weilbacher, Stuttgart
3 Gelenkknorpeln möglich. (Bild: istockphoto)
Akt Rheumatol 2015; 40
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Für Sie notiert
Für Sie notiert
Gicht
Begrenzung der
Inflammation durch
NET-Aggregation
Neutrophile Granulozyten können im Rahmen einer proinflammatorischen Reaktion zur Bildung von dreidimensionalen
Neutrophil Extracellular Traps (NETs) angeregt werden. Es
kommt zur Bildung von Reactive Oxygen Species (ROS), die
Kernmembran löst sich auf, DNA wird freigesetzt und vermischt sich mit dem Inhalt der neutrophilen Granula. Die NETs
bestehen dann vor allem aus Chromatinfasern, die auf der
Oberfläche von bakteriziden Substanzen und Enzyme bedeckt
sind. Ähnliche Vorgänge bei Gichterkrankungen haben Christine Schauer und Kollegen gezeigt.
Nature Med 2014; 20: 511–517
Bei der spontanen Rückbildung der Symptome nach einem Gichtanfall scheint die
Begrenzung der inflammatorischen Reaktion durch eine NET-Aggregation eine Rolle zu spielen. Das folgert die internationale Arbeitsgruppe, die dazu periphere mononukleäre Zellen und neutrophile Granulozyten aus dem Blut von Patienten mit
chronischer Gichterkrankung und von gesunden Spendern untersucht hat. Weiterhin wurden von den Patienten Schnitte
aus Gicht-Tophi aus Bereichen mit einer
Synovitis ohne Harnsäurekristallablagerungen angefertigt und verglichen.
Dabei zeigte sich in der Dual-EnergyComputertomographie (DECT) eine signifikant höhere Zahl von Zellen mit einer
NETose in den Gicht-Tophi als in den Synovitisproben ohne Natriumuratablagerungen. Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler in vitro durch Zugabe von
Natriumuratkristallen zu menschlichen
­
Neutrophilen mittels Videomikrokopie
zeigen, dass es zu einer zellulären Desintegration mit Freisetzung von Chromatin
kam, die unabhängig von der Phagozytose
der Uratkristalle war und der NET-Bildung
glich, wie sie durch Mikroorganismen und
Zytokine ausgelöst werden kann. Im
Mausmodell fand sich eine ähnliche NETBildung nach intraperitonealer Injektion
von Harnsäurekristallen.
Als nächstes wurden aggregierte NETs mit
proinflammatorischen Zytokinen und
Chemokinen (wie Tumornekrosefaktor α,
Interleukin 1, Interleukin 10) inkubiert
und deren Konzentration im zeitlichen
Verlauf bestimmt. Dabei fand sich, mit
Ausnahme von Interleukin-8, das in großen Mengen von den NETs freigesetzt
wurde, eine deutliche Abnahme bei den
restlichen Mediatoren – im Gegensatz zu
Proben ohne aggregierte NETs, in denen
die Konzentrationen im Wesentlichen unverändert blieben. Diese Reaktion war
deutlich schwächer, wenn Proben von Patienten mit chronischer Gichterkrankung
verwendet wurden, als bei Proben von gesunden Kontrollen.
Ebenso fand sich bei Mäusen, die nicht zur
NET-Aggregation fähig waren, nach Injektion von Natriumuratkristallen eine anhaltende Entzündung, mit höheren Konzentrationen inflammatorischer Mediatoren als bei Wildtyp-Mäusen, bei denen die
Entzündung nach 1 bis 2 Tagen spontan
abklang.
Fazit
Inflammatorische Reaktionen könnten
durch die Aggregation von NET-Strukturen in Anwesenheit hoher Neutrophilenzahlen abgeschwächt werden, meinen die Forscher, indem proinflammatorische Marker abgebaut werden. Therapeutisch könnten Patienten möglicherweise davon profitieren, wenn diese
NET-Aggregation gefördert würde. Wie
das praktisch aussehen kann, müssen
weitere Untersuchungen zeigen.
Dr. Elke Ruchalla, Trossingen
Die Bildung von dreidimensionalen NET-Strukturen führt zu einer Abschwächung der inflammatorischen Reaktion bei Gichtpatienten (Bild: beawolf / Fotolia.com)
Akt Rheumatol 2015; 40
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Für Sie notiert
Neurokognitive Schwächen
bei Schülern?
Im Mittel lag die Herzfrequenz in Gruppe
2 bei 64 (54–70) Schlägen pro Minute und
bei 60 (40–80) Schlägen pro Minute in
Gruppe 3. Die Behandlung eines vorgeburtlich nachgewiesenen CAVB in Gruppe
3 erfolgte im Mittel mit einer Dexamethasondosis von 240 (56–824) mg . Das Gestationsalter zum Zeitpunkt des Beginns
der Steroidtherapie betrug 25 (± Standardabweichung [SD] 3,8) Wochen. Die
Behandlungsdauer erstreckte sich über
8,9 (± SD 4,6) Wochen.
Durch die Passage von anti-Ro-Antikörpern durch die mütterliche Plazenta kann es zu einem vollständigen atrioventrikulären
Block (CAVB) im Fötus kommen. Die hochdosierte Gabe von
Glukokortikoiden, wie z. B. Dexamethason, verringert das Risiko von Herzmuskelentzündungen sowie von Schädigungen des
fötalen Herzens, wodurch das Überleben verbessert wird. Ziel
dieser Studie war es nun, zu ermitteln, ob die vorgeburtliche
Exposition mit anti-Ro-Antikörpern, ein langsamer fötale Herzschlag und / oder eine andauernde Dexamethasontherapie bei
einem CAVB die neurokognitiven und schulischen Leistungen
der Kinder im Schulalter beeinflusst.
Arthritis Rheum 2014; 66: 2290–2296
Neurokognitive Tests führten erfahrene
Psychologen auf unterschiedlichen Ebenen durch:
▶▶intellektuelle Fähigkeiten: verbale und
nonverbale Fähigkeit, Probleme zu lö-
Daneben erhielten die Eltern einen Fragebogen, in welchem sie die Selbstkontrolle
und die Anpassungsfähigkeit ihrer Kinder
beurteilten sowie Verhaltensauffälligkeiten festhielten.
Fazit
Bild: ccvision
sen und diese zu reflektieren (Wechsler Intelligence Scale for Children,
Fourth Edition),
▶▶visuelle Wahrnehmung sowie HandAugen-Koordination (Beery Visual Motor Integration Scale, Fifth Edition),
▶▶auditive und visuelle Wahrnehmung
(Tests of Everyday Attention, Children’s
Version) und
▶▶verbales Lernen und Erinnerungsvermögen (California Verbal Learning
Test, Children’s Version und Children’s
Memory Scale).
Grundsätzlich stellten die Autoren fest,
dass die Patienten aus Gruppe 3 im Mittel
früher geboren wurden und leichter waren. Im Schulalter, zum Zeitpunkt der
neurokognitiven Tests, hatten die meisten
Kinder aus Gruppe 2 und 3 einen Herzschrittmacher. Der Großteil der Kinder
mit CAVB (90 % aus Gruppe 2 und 88 % aus
Gruppe 3) waren symptomfrei. Die Antikörperprofile in den 3 Gruppen waren
vergleichbar. Zwischen einem langsamen
fötalen Herzschlag, dem Gestationsalter
zu Beginn der Steroidtherapie oder der
Dexamethasondosis und den neurokognitiven Outcomeparametern gab es keine
Assoziation. Trotzdem zeigte sich ein
Trend hin zu geringeren Intelligenzquotientwerten bei Studienteilnehmern mit einem sehr langsamen fötalen Herzschlag.
Kelly et al. zeigten in ihrer prospektiven
Studie, dass die Behandlung der schwangeren Mutter mit Dexamethason, im Falle eines vorgeburtlich nachgewiesenen
CAVB, die Überlebenschancen des Fötus
erhöht und dass die Therapie nicht mit
nachteiligen Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes verbunden ist. Zudem wurde gezeigt, dass die Passage von
mütterlichen anti-RO-Antiköpern durch
die Plazenta mit einer normalen neurokognitiven Entwicklung assoziiert ist.
Die Autoren merken jedoch an, dass die
Studienkohorte klein war und somit
mehr Daten von Schulkindern nötig
sind, um diese Ergebnisse zu verifizieren.
Dr. Andrea Weilbacher, Stuttgart
Akt Rheumatol 2015; 40
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CAVB nicht mit neurokognitiven
Schwächen assoziiert
▼▼
Steroidtherapie
Aus 3 Studienkohorten identifizierten die
Autoren Kinder im Alter zwischen 6 und
16 Jahren, die fötal mütterlichen anti-RoAntikörpern ausgesetzt waren. Die Studienteilnehmer gliederten sich in 3 Gruppen:
▶▶Gruppe 1: kein CAVB und keine pränatale Dexamethasontherapie (n = 14),
▶▶Gruppe2: unbehandelte, immunvermittelte CAVB (n = 10),
▶▶Gruppe 3: vorgeburtlich nachgewiesener CAVB, der mittels Dexamethason
therapiert wurde (n = 16).
25
Für Sie notiert
Psoriasis-Arthritis
Zusammenhänge von
Psoriasis und unkontrollierter
Hypertonie
Kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes
mellitus, Fettstoffwechselstörungen und Übergewicht treten
bei Patienten mit Psoriasis häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung ohne die Hauterkrankung. Dabei scheint die Prävalenz dieser Faktoren parallel zur Schwere der Psoriasis zu steigen, und für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt oder
Schlaganfall besteht bei Psoriasis-Betroffenen ein erhöhtes Risiko unabhängig von den herkömmlichen Prädiktoren. Die Auswirkung einer bestehenden Psoriasis auf die Blutdruckkontrolle
bei hypertensiven Patienten haben nun britische Wissenschaftler untersucht.
JAMA Dermatol 2014; DOI: 10.1001/jamadermatol.2014.2094.
Allgemeiner Funk­
tionsplan des Blut­
kreislaufes. Das Blut
wird entlang des
Druckgefälles zwi­
schen arteriellem
Hochdrucksystem
und dem venösen
Niedrigdrucksystem
transportiert. (Bild:
Schünke M, Schulte
E, Schumacher U.
Prometheus. Lern­
Atlas der Anatomie.
Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von M. Voll
und K. Wesker. 3.
Aufl. Stuttgart:
­Thieme; 2011)
Bei Patienten mit Hypertonie geht das
gleichzeitige Vorliegen einer Psoriasis-Erkrankung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine mangelnde Kontrolle der
Blutdruckwerte einher. Diesen Schluss
ziehen Junko Takeshita und Kollegen, die
dazu Daten von knapp 14.000 Patienten in
einer populationsbasierten Querschnittsstudie ausgewertet haben.
Einbezogen wurde Personen aus der Datenbank THIN (The Health Improvement
Network), in der großbritannienweit insgesamt mehr als 7 Millionen Patienten re-
Akt Rheumatol 2015; 40
gistriert sind. Für die jetzige Auswertung
wurde daraus eine zufällige Stichprobe
von Patienten im Alter zwischen 25 und
64 Jahren mit seit mindestens 2 Jahren bestehender Psoriasis und gleichzeitigem
Bluthochdruck herangezogen (n = 1322).
Jedem dieser Teilnehmer ordneten die Autoren bis zu 10 altersgematchte THIN-Patienten mit Hypertonie, aber ohne Psoriasis zu (n = 11 977). Danach wurde die Blutdruckeinstellung verglichen. Ein unkontrollierter Hypertonus war dabei definiert
als
systolische
Werte ≥ 140 mmHg
und / oder diastolische Werte ≥ 90 mmHg.
Die Auswertung ergab zunächst einen signifikanten Dosis-Wirkungs-Zusammenhang: Ein unkontrollierter Bluthochdruck
war umso häufiger, je schwerer die Psoriasis ausgeprägt war, gemessen als Anteil
der von Hautmanifestationen betroffenen
Körperoberfläche (KOF), und fand sich
bei:
▶▶50,6 % der Patienten mit leichter Psoriasis (nur einzelne Stellen betroffen, ≤
2 % KOF)
▶▶56,5 % der Patienten mit mäßiger Psoriasis (mehrere betroffene Herde;
3–10 % der KOF)
▶▶59,5 % der Patienten mit schwerer Psoriasis (ausgedehnte Effloreszenzen
von > 10 % der KOF)
Nach Adjustierung im Hinblick auf Alter,
Geschlecht, Body Mass Index, Begleiterkrankungen (Diabetes mellitus, chronische Nierenerkrankung, Hyperlipidämie,
kardiovaskuläre Erkrankungen) sowie
den Einsatz von Antihypertensiva und
nicht steroidalen Antiphlogistika blieb
diese Beziehung erhalten: Die adjustierte
Odds Ratio für einen unkontrollierten
Bluthochdruck betrug 0,97 für Patienten
mit leichter Psoriasis, 1,20 mit mäßiger
Psoriasis und 1,48 mit schwerer Psoriasis
(p = 0,01 für den Trend).
Sensitivitätsanalysen zeigten darüber hinaus, dass dieser Zusammenhang auch
bestehen blieb, wenn mit Ciclosporin A
behandelte Patienten ausgeschlossen
wurden – der unkontrollierte Hypertonus
war also vermutlich nicht eine unerwünschte Wirkung einer entsprechenden
Psoriasis-Therapie.
Fazit
Eine Psoriasis scheint ein unabhängiger
Risikofaktor für eine schlechte Blutdruckeinstellung bei bestehender Hypertonie zu sein, meinen die Autoren,
der sich umso stärker bemerkbar macht,
je schwerer die Hauterkrankung ausgeprägt ist. Klinisch lässt sich daraus die
Notwendigkeit einer effektiveren antihypertensiven Behandlung von Psoriasis-Patienten ableiten. Dieser Zusammenhang sollte auch in Längsschnittstudien untersucht werden, um zu klären,
inwieweit eine bessere Blutdruckeinstellung die Schwere der Psoriasis beeinflussen kann.
Dr. Elke Ruchalla, Trossingen
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26
Systemische Sklerose
Pulmonale arterielle
Hypertonie mit Algorithmus
früh diagnostizieren
Die 3-Jahres-Überlebensraten von Patienten mit systemischer
Sklerose (SSc) und einer pulmonalen arteriellen Hypertonie
(PAH) betragen nur 56 % im Vergleich zu Patienten ohne PAH
mit 94 %. Diese schlechte Überlebensrate kann durch Komorbiditäten erklärt werden – aber auch Verzögerungen bei der
­Diagnose spielen eine entscheidende Rolle. Mithilfe systema­
tischer, rechtsseitiger Herzkatheteruntersuchungen (RHC)
­haben Coghlan et al. nun einen Algorithmus für die PAH-­
Diagnose bei SSc-Patienten entwickelt.
Ann Rheum Dis 2014; 73: 1340–1349
Der DETECT-Algorithmus als sensitives,
nicht invasives Werkzeug ermöglicht eine
zuverlässige PAH-Diagnose in SSc-Patienten. Zu diesem Schluss kommen Coghlan
et al., die im Zeitraum zwischen 2008 und
2011 in ihre multizentrische Querschnittsstudie Patienten nach folgenden
Kriterien mit einbezogen:
▶▶≥ 18 Jahre,
▶▶SSc-Diagnose nach den Amercian-College-of-Rheumatology-Klassifikationskriterien,
▶▶SSc-Erkrankung seit > 3 Jahren und
▶▶eine prognostizierte DLOC < 60 %
(DLOC: Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität).
Die Autoren evaluierten die demografischen und klinischen Parameter der Studienteilnehmer, die serenologischen Tests
(z. B. auf NTproBNP [N-Terminal pro-Brain
Natriuretic Peptide] und ACA [anti-Zentromer-Antikörper]) sowie die durchgeführte Elektrokardiografie und Echokardiografie. Anschließend erfolgte durch
eine statistische Analyse die Identifikation von prognostischen Faktoren und die
Entwicklung des Algorithmus zur Vorhersage des Risikos an einer PAH zu erkranken. Hierfür wurden sukzessive 3 Schritte
durchgeführt:
▶▶Schritt 1: Anwendung von univariablen und multivariablen logistischen
Regressionen, um Variablen zu identifizieren, die mit einer PAH assoziiert
sind;
▶▶Schritt 2: Reduzierung der ermittelten
Variablen durch weitere multivariable
logistische Regressionen;
▶▶Schritt 3: Entwicklung eines 2-stufigen Entscheidungsbaumes mit einer
Sensitivität von 97 % in Schritt 1 und
einer Spezifität von 35 % in Schritt 2:
Im ersten Schritt wurden die Echokardiografie-Ergebnisse nicht miteinbezogen
um einen Risiko-Score auszuarbeiten, der
alle Patienten mit einem geringen PAHRisiko ausschließt.
Im zweiten Schritt kombinierten die Autoren den erhaltenen Risiko-Score mit den
Echokardiografie-Ergebnissen und ermittelten so den prognostizierenden PAH-Risiko-Score. Dieser soll zudem bei der Entscheidungsfindung, ob ein Patient eine
RHC benötigt oder nicht, helfen.
Von 488 Studienteilnehmern erhielten
466 eine RHC, wobei eine PAH bei 19 %
(n = 87) diagnostiziert wurde. Bei den
meisten Patienten lag diese in einer milden Form vor (64 % WHIO-Grad I / II). Im
Vergleich zu Patienten ohne PH-Diagnose
waren PAH-Patienten unter anderem älter, häufiger männlich, wiesen einen höheren WHO-Grad auf, wurden positiv auf
ACA-Antikörper getestet, hatten einen
schlechteren DLOC, ein höheres Serumlevel an NTproBNP und eine höhere Tricuspidalis-Rückstromgeschwindigkeit
(TR).
Von den zu Beginn 112 Variablen gingen
nach multiplen Regressionsschritten 6
Beurteilungskriterien in den Entscheidungsbaum mit ein:
▶▶vorhergesagte FVC [%] / vorhergesagte
DLOC [%] (FVC: forcierte Vitalkapazität),
▶▶gegenwärtige / vergangene Teleangiektasie,
▶▶Serum-ACA-Level,
▶▶Serum-NTproBNP-Level,
▶▶Serum-Uratlevel und
▶▶eine rechtsseitige Achsenverschiebung
im Elektrokardiogramm.
Im zweiten Schritt des Entscheidungsbaumes inkludierten die Autoren noch die
Fläche des rechten Atriums und die TR in
die Auswertung.
Versäumte PAH-Diagnosen selten
▼▼
Im Vergleich zu den aktuellen ESC / ERSRichtlinien (ECS / ERS: European Society
of Cardiology / European Respiratory Society) versäumte der DETECT-Algorithmus
eine PAH-Diagnose nur in 4 % vs. 29 % der
Fälle. Eine RHC-Empfehlung erfolgte bei
62 vs. 40 %. Der Anteil an RHC, bei welcher
sich die PAH-Diagnose nicht bestätige,
war zwischen DETECT-Algorithmus und
ESC / ERS-Richtlinien vergleichbar (65 vs.
60 %).
Fazit
Durch die systematische Anwendung
der RHC verringerte sich die Rate der
falsch negativen Diagnosen. Der entwickelte DETECT-Algorithmus ist hoch
sensitiv und optimiert die Ressourcennutzung, da weiterführende Untersuchungen nur noch in den Hochrisikopatienten durchgeführt werden müssen.
Um eine frühzeitige Intervention zu ermöglichen, können nun, basierend auf
den Erfahrungen dieser Studie, Richtlinien für Patienten mit mäßigen PAHSymptomen ausgearbeitet werden.
Dr. Andrea Weilbacher, Stuttgart
Akt Rheumatol 2015; 40
27
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Für Sie notiert
Schmerz
Therapie chronischer
Schmerzen bei älteren
Menschen
Chronische Schmerzen sind bei älteren Patienten keine Seltenheit, und die Behandlung kann sich schwierig gestalten:
­Be­gleiterkrankungen, Begleitmedikationen und eine ver­än­
derte Pharmakokinetik spielen dabei eine Rolle. Una Makris
und ihre Kollegen geben einen Überblick zur Schmerztherapie
in dieser Patientengruppe.
JAMA 2014; 312: 825–836
Bei der Behandlung chronischer Schmerzen im Alter sollte zunächst ein Therapieplan aufgestellt werden, in dem realistische Ziele formuliert werden. Eine Kombination aus medikamentösen und nichtmedikamentösen Methoden sowie rehabilitative Ansätzen bietet oft die besten
Möglichkeiten. Das ist kurz gefasst das Ergebnis der US-amerikanischen Wissenschaftler, die dazu Medline und die
Cochrane-Datenbank auf Veröffentlichungen zwischen 1990 und Mai 2014
durchsucht haben. Sie fanden dabei 92
Studien, die sich mit der Therapie von
Nicht-Malignom-Schmerzen im Alter befassten, 35 davon mit einer rein medikamentösen Therapie. Randomisierte klinische Studien machten knapp ein Drittel
aus, und mehr als die Hälfte konzentrierte
sich auf Arthrose-bedingte Schmerzen.
Makris et al. formulierten daraus einige
allgemeine Handlungsanweisungen:
▶▶Zunächst sollten alle Begleiterkrankungen des Patienten dokumentiert
werden, seine kognitive Leistungsfähigkeit und die vorhandenen exekutiven Funktionen.
▶▶Danach muss ein Therapieplan erstellt werden, der die Wünsche
des Patienten berücksichtigt – und
­seien es so vermeintlich einfache
­Dinge wie alleine zur Toilette gehen zu
können.
▶▶Optimalerweise umfasst die Schmerztherapie einen multidisziplinären
­Ansatz aus Medikamenten, aber auch
Physiotherapie, Ergotherapie und psychologische Verfahren.
▶▶Zwischen Patient und Arzt muss eine
„therapeutische Allianz“ geschlossen
werden; das bedeutet für den Mediziner, Fragen des Patienten ernst zu nehmen und zu beantworten, ohne dabei
unrealistische Erwartungen an den
Therapieerfolg zu wecken. Bei jeder
Visite sollte der Patient positive Rückmeldungen zu seinen Erfolgen bekommen.
▶▶Angehörige und Mitglieder von Pflegediensten, die den Patienten versorgen,
sollten in die Behandlung einbezogen
werden.
▶▶Eine einmal eingeleitete Therapie ist
nicht in Stein gemeißelt – sie sollte
­regelmäßig überprüft und ggf. angepasst werden.
Im Hinblick auf konkrete Verfahren empfehlen die Wissenschaftler:
Akt Rheumatol 2015; 40
▶▶Als Analgetika sollten Medikamenten
aus verschiedenen Substanzklassen
mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen eingesetzt werden, um die
Nebenwirkungen zu verringern und
trotzdem eine gute Analgesie zu erreichen. Paracetamol sollte dabei – obwohl die Hauptursache für ein akutes
Leberversagen in den USA – als erstes
erwogen werden. Da es insgesamt keine zuverlässigen Dosierungsangaben
für ältere Patienten gibt, sollte mit der
niedrigsten möglichen Dosis begonnen
werden, die dann aber nach Bedarf
und Wirkung auftitriert wird. „Start
low and stay low“ ist keine Alternative.
▶▶Nicht-steroidale Antiphlogistika sollten, wenn sie denn notwendig sind,
nur kurzzeitig eingesetzt werden – das
Risiko für gastrointestinale, renale und
kardiovaskuläre Nebenwirkungen ist
hoch.
▶▶Opioide können eingesetzt werden,
wenn die anderen Substanzen nicht
greifen, am ehesten Tramadol.
▶▶Bei begleitender depressiver Symptomatik können Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (oder
selektive Serotonin-WiederaufnahmeHemmer) positive Wirkungen zeigen.
▶▶Der Patient sollte so weit wie möglich
zu körperlichen Aktivitäten ermuntert
werden. Optimale Trainingsprogramme kombinieren Kraft- und Ausdauerübungen. Wenn das aufgrund der Gesamtsituation nicht machbar ist, kommen etwa Tai-Chi- oder Stuhl-YogaÜbungen infrage.
▶▶Psychologische Unterstützung, z. B. mit
Methoden aus der kognitiven Verhaltenstherapie, Meditation und / oder
Selbst-Management-Programmen,
kann Patienten das Gefühl vermitteln,
Kontrolle über ihr Leben zu haben und
aktiv etwas für ihre Behandlung zu
tun.
Fazit
Bei älteren Schmerzpatienten (und nicht
nur bei diesen) sollte ein multimodaler
Therapieansatz gewählt werden, bei
dem Spezialisten aus verschiedenen medizinischen Disziplinen zusammenarbeiten. Um Erfolge zu erzielen, ist die
Motivation des Patienten zur aktiven Beteiligung an seiner Behandlung unerlässlich.
Dr. Elke Ruchalla, Trossingen
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Für Sie notiert
Bild: S. Kaulitzki / Fotolia.com
28
Für Sie notiert
Polymyalgia rheumatica und
Krebs
Schon seit längerer Zeit ist bekannt, dass eine Assoziation zwischen inflammatorischen rheumatologischen Erkrankungen,
wie der rheumatoiden Arthritis (RA) oder dem systemischen
Lupus erythematodes (SLE), und einem erhöhten Krebsrisiko
besteht. Die Datenlage bezüglich der Polymyalgia rheumatica
(PMR) ist jedoch kontrovers. Muller et al. haben nun mithilfe
der General Practice Research Database (GPRD) untersucht, ob
eine PMR-Erkrankung mit einem erhöhten Tumorrisiko assoziiert ist.
Ann Rheum Dis 2014; 73: 1769–1773
Patienten mit gesicherter PMR-Diagnose
aus dem Zeitraum zwischen dem 1.1.1987
und dem 31.12.1999 wurden in die Studie
miteinbezogen. Jedem PMR-Patient ordneten die Autoren angepasst nach dem Alter, dem Geschlecht und der Praxis, in
welcher die Patienten vorstellig waren, 5
Individuen ohne PMR zu. Statistisch berechnete sich die Assoziation einer PMR
mit der Entstehung eines Tumors durch
ein Cox-proportionales Hazard Modell
und der grafischen Darstellung in einer
Kaplan-Meier-Kurve.
PMR- und Tumordiagnose zeitlich
assoziiert
▼▼
Muller et al. identifizierten 2877 PMR-Patienten, die mit 9942 gesunden Patienten
verglichen wurden. Die mittlere Nachbeobachtungszeit innerhalb der Studie betrug 7,8 Jahre (Interquartilsabstand 3,4–
12,3), wobei die Patienten durchschnittlich 71,6 Jahre (Standardabweichung 9,0)
Jahre alt waren. Ein maligner Tumor entwickelte sich bei 667 (23,2 %) der PMR-Patienten und bei 1938 (19,5 %) Probanden
ohne PMR. Zwischen der Zeit und dem
PMR-Status ergab sich eine signifikante
Interaktion, was jedoch bedeutet, dass die
Assoziation zwischen einer PMR und der
Entwicklung eines Tumors mit der Zeit variiert. Somit hatten PMR-Patienten in den
ersten 6 Monaten nach der Diagnose ein
erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken
(bereinigte Hazard Ration 1,69; 95 % Konfidenzintervall 1,18–2,42). Im weiteren
Verlauf der Studie stellten die Autoren kei-
nen signifikanten Zusammenhang mehr
fest. Unter Einbeziehung des Alters, des
Geschlechts und des Raucherstatus veränderte sich die Assoziation zwischen einer
PMR und dem Krebsrisiko nicht.
Aufgrund der geringen Patientenzahl
konnten die Autoren das Auftreten eines
bestimmten Tumortyps im Vergleich der
beiden Gruppen in den ersten 6 Monaten
der Studie nicht statistisch definieren.
Tendenziell traten jedoch in der PMRGruppe häufiger Prostata- und Lymphknotenkarzinome auf. Zudem scheinen
sich bei PMR-Patienten häufiger Tumorarten zu entwickeln, die das Blutsystem, das
Nervensystem und die weiblichen reproduktiven Organe befallen.
Fazit
Innerhalb der ersten 6 Monate nach einer PMR-Diagnose traten bei PMR-Patienten häufiger malige Tumore auf. Aufgrund der schwierigen Diagnose einer
PMR, die meist nur unspezifische Symptome auslöst, könnten Fehldiagnosen
ursächlich für diese Assoziation sein.
Nach den Autoren sollten Rheumatologen daher immer alternative Diagnosemöglichkeiten in Betracht ziehen, um
eine Krebsdiagnose möglichst früh zu
stellen
.
Dr. Andrea Weilbacher, Stuttgart
CALL FOR ABSTRACTS
43. Kongress der
Deutschen
Gesellschaft für
Rheumatologie
(DGRh)
zusammen mit
29. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh),
25. Jahrestagung der Gesellschaft für
Kinder- und Jugendrheumatologie
(GKJR) und
17. Forum Experimentelle Rheumatologie (FER)
Wann: 02.–05. September 2015
Wo: Congress Center Bremen
Beiträge können zu allen Themenbereichen der
▶▶klinischen und experimentellen
Rheumatologie
▶▶Kinderrheumatologie sowie zu
▶▶rheumaorthopädischen Fragestellungen und
▶▶zur Versorgungsforschung
eingereicht werden.
Schwerpunkte des diesjährigen Kongresses sind Autoinflammation, Arthrose, Impfen, Muskuloskelettale Interaktivität sowie Treat to target. Es ist vorgesehen, dass herausragende Beiträge als
Vortrag präsentiert werden.
Die Abstracts sollten zwischen 250 und
max. 350 Wörter enthalten und in deutscher oder englischer Sprache eingereicht werden - außer für das 17. Forum
für Experimentelle Rheumatologie, dort
bitte ausschließlich in englischer Sprache.
Einsendeschluss ist der 15. April 2015.
Alle Hinweise zum Prozedere sowie die
Regeln zu Inhalt, Gestaltung und Beurteilung finden Sie auf der Homepage unter:
www.dgrh-kongress.de
Akt Rheumatol 2015; 40
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Vaskulitis
29
Für Sie notiert
Schmerz
Gutes Körperbild –
weniger
Rückenschmerz
Wer seine eigene Gesundheit und sein
Befinden negativ einschätzt, hat oftmals
auch stärkere Rückenschmerzen – das
subjektive Körperbild ist ein wichtiger
Einflussfaktor bei Schmerz.
Das hat eine Studie von Bochumer und
Kölner Forschern im Projekt „RanRücken“
ergeben, das vom Bundesinstitut für
Sportwissenschaft (BISp) gefördert wird.
Sportler haben generell ein besseres Körperbild, das ihnen auch in Schmerzphasen
zugute kommt. Die Verbesserung des Körperbilds kann daher sowohl vorbeugend
als auch therapeutisch dazu beitragen,
dass Rückenschmerzen weniger belasten.
tungen, mangelnde Muskulatur rücken
zunehmend psychosoziale Faktoren wie
Stress, fehlende Erholung, maladaptives
Schmerzverhalten ins Interesse der Forschung.
Körperbild: Befinden, Akzeptanz
und Effizienz
▼▼
Neu ins Visier der Forschung rückt das
subjektive Körperbild. Es umfasst verschiedene Aspekte der Wahrnehmung
und Einschätzung des eigenen Körpers.
Sportwissenschaftler und Psychologen
der Deutschen Sporthochschule Köln und
der Ruhr-Universität haben sich auf 3 Aspekte konzentriert: Gesundheit und körperliches Befinden, Selbstakzeptanz des
Körpers und körperliche Effizienz. 2012
und 2013 befragten sie sowohl Patienten
mit nicht spezifischen Schmerzen im Lendenbereich aus der Allgemeinbevölke-
Bochum. Je negativer die Befragten aus
der Allgemeinbevölkerung die eigene Gesundheit und das körperliche Befinden sahen, desto höher war auch die Schmerzintensität in den vergangenen 7 Tagen und
den letzten 3 Monaten gewesen.
Sportler sind selbst in
­Schmerzphasen im Vorteil
▼▼
Die Forscher verglichen zudem die Sportaktivität der insgesamt 250 Befragten. Sie
erhoben, auf welchem Leistungsniveau
sie Sport trieben und wie viel sie vor Beginn der Rückenschmerzen trainiert hatten. Dabei zeigte sich: Je höher das Level
der sportlichen Aktivität, umso höher
schätzten die Personen ihre körperliche
Effizienz ein. Patienten, die vor Beginn der
Rückenschmerzen keinen Sport betrieben
hatten, fühlten sich im Gegensatz zu Freizeit- und Leistungssportlern weniger gesund und nahmen ihren Rücken auch als
weniger trainiert war. „Sportler haben
also auch in Verletzungs- und Schmerzphasen gegenüber Nichtsportlern höhere
Körperbildwerte. Daher scheint gerade
bei Nichtsportlern in der Physio- und
Sporttherapie die Arbeit an einer Verbesserung des Körperbildes sowie einer verbesserten Einschätzung der eigenen Trainiertheit wichtig zu sein“, so die Forscher.
Verdrängung ist keine gute
­Strategie
▼▼
Sportler nehmen ihren Rücken trainierter wahr als Nichtsportler. Training und die damit einhergehende Verbesserung des Körperbilds könnte zu weniger Rückenschmerzen führen. (Bild: Westend61/
Fotolia.com)
Rückenschmerzen: Häufig und
meistens ohne klare Ursache
▼▼
Über 85 % der Deutschen leiden mindestens einmal im Leben an Rückenschmerz,
in jedem dritten Fall werden die Schmerzen chronisch. Meist ist der untere Rücken
betroffen, und bei 85 % lässt sich der
Schmerz nicht auf eine spezifische Strukturstörung zurückführen – er ist nichtspezifisch. Die Ursachen für die Entstehung
und Chronifizierung von nicht spezifischen Rückenschmerzen werden viel diskutiert: Neben physiologischen Aspekten
wie genetische Ausstattung, Zwangshal-
Akt Rheumatol 2015; 40
rung als auch aus dem Leistungssport zu
diesen und weiteren psychosozialen Aspekten sowie zum Umgang mit Schmerz.
Je weniger fit man sich fühlt,
­desto stärker ist der Schmerz
▼▼
„Auch, wenn die Forschung dazu noch in
den Kinderschuhen steckt, deuten unsere
Ergebnisse darauf hin, dass es Zusammenhänge zwischen subjektivem Körperbild
und Rückenschmerz, in diesem Fall konkret der Schmerzintensität, gibt“, sagt
Claudia Levenig von der Ruhr-Universität
Den Schmerz zu unterdrücken ist übrigens keine gute Strategie. Die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen
Körperbild und individueller Schmerzverarbeitung zeigte, dass Patienten, die den
Schmerz mehr oder weniger erfolgreich
zu unterdrücken versuchen und dabei
eher depressiver Stimmung sind, ihre Gesundheit ebenfalls negativer bewerten als
Patienten, die einen adaptiven Umgang
mit Schmerz aufweisen, denen also ein
flexibler Wechsel zwischen körperlicher
Be- und Entlastung gelingt. „Wir schließen
aus diesen Ergebnissen, dass die Verbesserung des Körperbildes sowohl ein zentrales Element in der Physio- und Sporttherapie bei Patienten mit nichtspezifischen Rückenschmerzen ist als auch präventiv wirksam sein könnte“, so Claudia
Levenig.
Nach einer Pressemitteilung
(Ruhr-Universität Bochum)
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30
Für Sie notiert
Praxistipp
Ja, aber – Einwilligung mit
Einschränkung
Die Aufklärungspflicht des Arztes und die Einwilligung des
­Patienten in eine Behandlung sind juristische Dauerbrenner.
Zunehmend häufiger klagen Patienten wegen vermeintlicher
Aufklärungsfehler und fehlender Einwilligung. Besonders knifflig für den Arzt: Der Patient willigt nur mit Einschränkungen in
eine Behandlung ein. Das ist meist unwirksam, aber nicht
­immer.
Patient schränkt Einwilligung ein
Einen Tag vor der geplanten OP gibt der
Patient den Bogen bei Ihnen ab: Versehen
mit seiner Unterschrift, Datums- und
Ortsangabe – und einer handschriftlichen
Ergänzung auf der Vorderseite des Bogens. „Es darf keine Blasenlähmung entstehen“, steht dort in sauberer Handschrift. Operieren Sie den Mann, oder ist
diese Einwilligung mit einschränkendem
Zusatz unwirksam? Für die Ärzte einer
rheinland- pfälzischen Klinik war die Antwort klar: Sie operierten den Patienten im
Herbst 2001 zweimal. Die Eingriffe verliefen zwar komplikationslos, trotzdem verklagte der Patient die Ärzte: Es war seiner
Ansicht nach zu einem von den behandelnden Ärzten zu vertretenden Gesundheitsschaden gekommen.
Gericht gibt dem Patient zunächst
Recht
Zwar stellte das Landgericht in erster Instanz fest, dass die Operationen medizinisch korrekt durchgeführt wurden, ein
Behandlungsfehler also nicht vorgekommen ist. Es vertrat aber die Auffassung, die
Einwilligung des klagenden Patienten sei
wegen des Vorbehaltes bezüglich der Blasenlähmung unwirksam – immerhin habe
der Operateur das Entstehen einer solchen Lähmung als Risiko der Operation
nicht ausschließen können. Erst 9 Jahre
nach der Operation kassierte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz diese Entscheidung und erklärte die Einwilligung für
wirksam [1].
Teilweise Einwilligung in die
­Behandlung
▼▼
Aufklärungspflicht war lange nicht
genau geregelt
Eine umfassende gesetzliche Regelung der
Aufklärungspflicht gab es lange Zeit nicht.
Nur in einzelnen Gesetzen, wie dem Kastrationsgesetz, dem Arzneimittelgesetz
und dem Transplantationsgesetz, fanden
sich spezielle Vorschriften zur Einwilligung und Aufklärung. Mehrfach mussten
und müssen sich die Gerichte deshalb mit
Aufklärungsrügen befassen – meist wurde eine fehlende Einwilligung behauptet,
wie auch im eingangs geschilderten Fall.
Patientenrechtegesetz
Seit 26.2.2013 ist nun das sog. Patientenrechtegesetz im Bürgerlichen Gesetzbuch
verankert (§§ 630a–h BGB, q Tab. 1). Es regelt den Behandlungsvertrag zwischen
Arzt und Patient und beinhaltet auch die
Anforderungen an Aufklärung und Einwilligung des Patienten durch den Arzt.
Für den Arzt sind die darin genannten
Normen nicht neu: Das Gesetz basiert auf
den bereits bestehenden Regelungen aus
der Berufsordnung und entspricht der bis
dahin ohnehin üblichen Rechtsprechung
(sog. Richterrecht).
Dokumentieren Sie alles, was Sie tun,
auch die Aufklärung, und notieren Sie
auffällige Details möglichst genau. Denn
zunächst einmal haben nur die Maßnahmen stattgefunden, die auch in der
Patientenakte vermerkt sind. Mithilfe
von anderweitigen Beweisen (z. B. Zeugenbeweis) kann selbstverständlich
auch Weiteres bewiesen werden.
Tab.1 Inhalte des Patientenrechtegesetztes
Patientenrechtegesetz im BGB
§630a
§630b
§630c
Vertragstypische
Pflichten beim Behandlungsvertrag
Anwendbare Vorschriften
Mitwirkung
der
Vertragsparteien;
Informationspflichten
§630d
Einwilligung
§630e
Aufklärungspflichten
§630f
Dokumentation
der Behandlung
§630g
Einsichtnahme in
die Patientenakte
§630h
Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler
Informationspflichten
Auf der Basis des Selbstbestimmungsrechts des Patienten ist der Grundsatz
festgelegt, dass der Patient rechtzeitig
wissen muss, was medizinisch mit ihm,
mit welchen Mitteln und mit welchen Risiken und Folgen geschehen soll.
Aufklärungspflichten
Zur Behandlung benötigt der Arzt grundsätzlich die Einwilligung seines Patienten
– und der muss eine ordnungsgemäße
Aufklärung im persönlichen Gespräch vorausgehen. Die Aufklärung des Patienten
ist also Berufspflicht des Arztes. Dies hat
der Bundesgerichtshof (BGH) bereits 1984
Akt Rheumatol 2015; 40
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Recht
Stellen Sie sich vor, Sie müssten einen Patienten über seine bevorstehende Darmkrebs-OP aufklären. Geduldig erläutern
Sie ihm anhand eines Aufklärungsbogens
das Vorgehen, die Chancen und die Risiken des Eingriffs. Als der Patient keine Fragen mehr hat, geben Sie ihm den Aufklärungsbogen mit und bitten ihn, das
Schriftstück noch einmal in Ruhe zu lesen
und anschließend zu unterschreiben.
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Für Sie notiert
entschieden [2]. Sie hänge, so der BGH,
derart eng mit der Behandlungspflicht des
Arztes zusammen, dass der Arzt stets
nachweisen muss, dass er seiner Aufklärungspflicht auch tatsächlich nachgekommen ist. Im Patientenrechtegesetz ist dies
nun offiziell festgehalten. Ergänzend dazu
regeln die Berufsordnungen noch weitere
Details der Aufklärung – so z. B. § 8 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden- Württemberg (Neufassung vom
10.12.2012): „Je weniger eine Maßnahme
medizinisch geboten oder je größer ihre
Tragweite ist, umso ausführlicher und
eindrücklicher sind Patientinnen und Patienten über erreichbare Ergebnisse und
Risiken aufzuklären.“
Ohne ordnungsgemäße Aufklärung –
oder ausdrücklichen Verzicht hierauf –
gibt es also keine wirksame Einwilligung des Patienten.
Einwilligung
Die wirksame Einwilligung des Patienten
ist grundsätzlich zwingende Voraussetzung der ärztlichen Behandlung. Ohne
eine solche stellt eine Behandlung oder
ein Eingriff in der Regel eine strafbare Körperverletzung dar. Das kann zivilrechtliche und strafrechtliche, unter Umständen
auch berufsrechtliche Folgen haben.
▶▶Der Patient muss daher grundsätzlich
vor jeder Behandlung seine Einwilligung geben.
▶▶Eine praxisrelevante Ausnahme besteht bei Notfallbehandlungen nach
mutmaßlicher Einwilligung.
▶▶Die Einwilligung sollte ausdrücklich
erklärt werden.
▶▶Sie kann sich aber auch aus eindeu­
tigen Umständen ergeben, wenn z. B.
der Patient zur angesetzten Behandlung erscheint (konkludentes Einverständnis).
Im Beispielfall: kein Fehler der Ärzte
Im oben geschilderten Fall konnte das OLG
Koblenz jedoch weder einen Aufklärungsfehler noch eine fehlerhafte Einwilligung
feststellen. Entgegen der Auffassung des
Landgerichts hat der Kläger nach Ansicht
des OLG Koblenz in Kenntnis aller Risiken
einen Tag vor der Operation in den am darauffolgenden Tag durchgeführten Eingriff wirksam eingewilligt.
▶▶Das vom Kläger unterschriebene Aufklärungsformular enthielt dem OLG
Koblenz zufolge alle wesentlichen Risi-
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ken, insbesondere die Hinweise auf
eine mögliche Blasenlähmung und das
Anlegen eines Anus praeter. Somit war
die Aufklärung als solche nicht zu beanstanden.
▶▶Seinen Vorbehalt auf der Vorderseite
hat der Patient, wie er selbst erklärte,
„als letzte Bremse vorgenommen in
der Hoffnung, der Operateur würde
dann sagen, dass er das nicht gewährleisten kann und deshalb die Operation nicht durchführen. Was die Operation bedeuten würde, das war mir
schon klar …“.
Die Auffassung des Landgerichts, der Operateur habe sich über einen eindeutig geäußerten Willen des Klägers hinweggesetzt, teilt das OLG nicht.
Einwilligung: ganz oder gar nicht
Die Einwilligung des Patienten lässt sich
nämlich nicht aufspalten. Wird sie wirksam in einen ärztlichen Eingriff erteilt,
kann dies nur so verstanden werden, dass
der Patient die Maßnahmen insgesamt
dulden will. Zwar besteht die Einwilligung
prinzipiell aus 2 Teilen, dem Aspekt der
Verletzung der körperlichen Integrität
und der Selbstgefährdung durch Inkaufnahme etwaiger Risiken [3].
Doch diese sind untrennbar miteinander
verbunden. Wird die Einwilligung versagt
(oder, was dem gleich steht, ist sie mangels ausreichender Aufklärung rechtsunwirksam), ist die Willenserklärung nicht
anders gemeint, und kann auch nicht anders verstanden werden, als dass der Pa­
tient die ihm angeratenen ärztlichen
Maßnahmen nicht dulden will, und zwar
insgesamt nicht.
Die Wirksamkeit einer umfassend erteilten Aufklärung wird nicht dadurch
infrage gestellt, dass der Patient seiner
Einwilligung die Einschränkung beifügt,
ein bestimmtes in der Aufklärung aufgeführtes Risiko dürfe sich nicht verwirklichen.
Einer für die Praxis unpraktikablen Ausdifferenzierung durch den Patienten, in
welchen Teil einer ärztlichen Behandlung
er noch eingewilligt haben will und in
welchen nicht, ist damit hoffentlich ein
Riegel vorgeschoben.
Beschränkung der Behandlung auf
einen bestimmten Arzt
▼▼
Anders verhält es sich, wenn der Patient
nur von einem bestimmten Arzt (oder von
diesem eben nicht) behandelt werden
will. Eine solche Einschränkung ist nicht
per se unwirksam. Allerdings müssen dafür einige Voraussetzungen erfüllt sein.
Beispiel: Musste der Oberarzt
­operieren?
Eine Patientin war nach einer Operation
am Kniegelenk mehrmals von einem leitenden Oberarzt behandelt worden. Bei
einem weiteren Eingriff durch einen anderen Mediziner kam es zu Komplikationen, einen Tag später stellten die Ärzte
eine Läsion des Nervus peronaeus fest. Die
Frau kann seitdem nicht mehr normal stehen und gehen – und verklagte die Klinik
auf Schmerzensgeld und Schadenersatz.
In die Operation durch einen anderen als
den Oberarzt habe sie nicht eingewilligt
und habe das auch deutlich zum Ausdruck
gebracht, argumentierte die Frau. Letztinstanzlich musste hier der BGH entscheiden, inwieweit ein Patient seine Einwilligung in eine ärztliche Behandlung auf einen bestimmten Arzt beschränken kann
– mit einem positiven Urteil für die Ärzte
bzw. das Krankenhaus [4].
Unwirksame Einschränkung bei
­totalem Krankenhausaufnahme­
vertrag
Die Klägerin hatte einen sog. totalen Krankenhausaufnahmevertrag geschlossen.
Bei dieser Regelform der stationären
Krankenhausbetreuung hat der Patient
grundsätzlich keinen Anspruch darauf,
von einem bestimmten Arzt behandelt
oder operiert zu werden. Zwar sei Patienten eine solche Beschränkung unbenommen.
▶▶„Einen Anspruch darauf, dass der gewünschte Operateur tätig wird, hat der
Patient jedoch nicht; er muss sich […]
gegebenenfalls damit abfinden, unbehandelt entlassen zu werden“, so die
Richter.
▶▶Erfolgt entgegen der Abrede mit dem
Patienten die Vorbereitung der OP mit
einem anderen Arzt, muss der Patient
rechtzeitig aufgeklärt werden, wenn
ein anderer Arzt an seine Stelle treten
soll.
▶▶Sofern die Einwilligung aber nicht eindeutig auf die Behandlung durch einen
bestimmten Arzt beschränkt ist, er-
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Für Sie notiert
und bei der Einwilligung des Patienten in
den Eingriff nicht erklärt wird.
Gesetzlich Versicherte erklären sich beim
totalen Krankenhausaufnahmevertrag im
Regelfall mit der Behandlung durch alle
Ärzte einverstanden, die nach dem internen Dienstplan zuständig sind. Darauf
müssten sich die Krankenhäuser verlassen können, so der BGH.
Erteilt man dem Patienten hingegen die
verbindliche Zusage, der Chefarzt werde
ihn persönlich operieren, ist das Krankenhaus daran gebunden! In diesem Fall
darf der Chefarzt ohne vorherige Information keinen anderen Arzt als Vertretung abstellen.
Cave
Bild: T. Möller / Thime Verlaagsgruppe
Verlangt der Patient ausschließlich die
Behandlung durch einen bestimmten
Arzt, muss er einen entsprechenden Zusatzvertrag mit dem Krankenhaus
schließen.
Fallstrick: verbindliche Zusagen
Das gilt auch dann, wenn ein Krankenhausarzt auf die Bitte des Patienten in einem Vorgespräch erklärt, er werde die
Operation, sofern möglich, selbst durchführen. Eine solche Erklärung bringt zum
Ausdruck, dass die persönliche Übernahme des Eingriffs nicht verbindlich zugesagt werden soll. Zudem würde es die Organisation v. a. in großen medizinischen
Einrichtungen über Gebühr erschweren,
wenn auch nicht verbindliche Erklärungen zu einer Haftung aus Organisationsverschulden führen könnten – und dies
sogar dann, wenn der Wille des Patienten,
nur von einem bestimmten Arzt behandelt zu werden, im Aufklärungsgespräch
▶▶Die Benachrichtigung, dass der Chefarzt doch nicht persönlich operiert,
muss dem Patienten so rechtzeitig
mitgeteilt werden, dass er sich ggf.
noch umentscheiden kann.
▶▶Bei Eingriffen mit außergewöhnlichen
Risiken, wie z. B. Verwachsungen zwischen Darm und Bauchfell sowie
Zwerchfellhernie, reicht eine Unterrichtung am Vorabend nicht aus [5].
Zulässige Einschränkung bei totalem Krankenhausaufnahmevertrag
Trotzdem hat auch ein Patient mit totalem
Krankenhausaufnahmevertrag die Möglichkeit, die Behandlung auf einen bestimmten Arzt einzuschränken oder einen bestimmten Arzt auszuschließen.
▶▶Dazu muss der Patient eindeutig zum
Ausdruck bringen, dass er nur oder
keinesfalls von einem bestimmten Arzt
operiert werden will.
▶▶Führt z. B. der abgelehnte Arzt den Eingriff dennoch durch, ist die Operation
rechtswidrig [6].
Der von einem Patienten geäußerte
Wunsch oder seine subjektive Erwartung,
von einem bestimmten Arzt (nicht) operiert zu werden, reichen für die Annahme
einer auf eine bestimmte Person beschränkten Einwilligung dagegen nicht
aus.
Wahlarztvereinbarungen sind
­bindend
Ganz klar ist der Fall, wenn ein Patient explizit die Wahlleistung (hier: Wahlarzt)
im Krankenhaus vereinbart hat. Dann ist
das Krankenhaus an diesen Vertrag gebunden, d. h. es darf nur der entsprechende Arzt die Behandlung vornehmen. Übernimmt ein Stellvertreter des Wahlarztes
die Behandlung bzw. den Eingriff, ohne
den Patienten vorab darüber zu informieren, handelt es sich um eine Verletzung
der Vertragspflicht, und die Einwilligung
des Patienten ist unwirksam [7].
Kernaussagen
▶▶Die Einwilligung in einen Eingriff gilt
ganz oder gar nicht. Wenn der Patient bestimmte Risiken nicht mehr in
Kauf nehmen möchte, kann er diese
daher nicht selektiv ablehnen, sondern nur die gesamte Operation.
▶▶Der behandelnde Arzt und der Krankenhausträger dürfen beim totalen
Krankenhausaufnahmevertrag davon
ausgehen, dass die erklärte Einwilligung des – gesetzlich versicherten –
Patienten für alle im Krankenhaus
angestellten Ärzte gilt, sofern der Patient nicht ausdrücklich und eindeutig erklärt, dass seine Einwilligung
auf die Behandlung durch einen bestimmten Arzt beschränkt ist.
▶▶Hat der Patient die Einwilligung ausdrücklich und eindeutig auf die Behandlung durch einen Arzt zum Ausdruck gebracht, ist die Behandlung
durch einen anderen Arzt zu unterlassen. Der Patient sollte aber seine
Beschränkung aus Dokumentationszwecken schriftlich erklären.
▶▶Wünscht ein gesetzlich Versicherter
bei Krankenhausbehandlung ein
Arztwahlrecht, muss er einen entsprechenden Zusatzvertrag schließen.
Literatur
 1OLG Koblenz, Urteil vom 09. 09. 2010, Az. 5 U
593/10, veröffentlicht in GesR 2010; 692–
693, mit red. Leitsatz und Gründen
 2BGH, Urteil vom 28. 02. 1984, Az. VI ZR 70/82,
veröffentlicht in NJW 1984, S. 1807–1810
 3BGH 1984, Urteil vom 07. 02. 1984, Az. VI ZR
188/82, veröffentlicht in BGHZ 90, 96–103
mit Leitsatz 1–2 und Gründen
 4BGH, Urteil vom 11. 05. 2010, Az. VI ZR
252/08 5
 5OLG Oldenburg, Urteil vom 11. 05. 2005, Az.
U163/04
 6Kammergericht Berlin, Urteil vom 17. 02.
2011, Az. 20 U 24/10 7 OLG Braunschweig,
Urteil vom 25. 09. 2013, Az. 1 U 24/121
 7OLG Braunschweig, Urteil vom 25. 09. 2013,
Az. 1 U24/121
Jörg Bossenmayer, Fachanwalt für
­Medizinrecht in Stuttgart
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in Lege
Artis 2014; 4: 76–79
Akt Rheumatol 2015; 40
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streckt sie sich grundsätzlich auch auf
die Behandlung durch einen anderen
Arzt.
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