PANORAMA 3|2006 I N H A LT S V E R Z E I C H N I S EDITORIAL 3 EDITORIAL 3 Daniel Fleischmann Berufsbildung heisst auch Erziehung DOSSIER: GEFÄHRDETE JUGENDLICHE 4 Kurt Häfeli, C. Spiess Huldi und P. Rüesch Einmal gefährdet – immer gefährdet? 6 Pierre-Yves Puippe Wallis: Individuelle Hilfe für Lernende 8 Annelies Debrunner Supported Employment – neue Wege der beruflichen Integration 10 Jonas Masdonati Auf einem psychosozialen Modell beruhende Intervention B E R U F S B E R AT U N G 13 Andreas Hirschi Forschungsüberblick: Wie wirksam sind Laufbahnberatungen? 15 Berufsberatung in Kürze BAC2000 im Internet / Kundenzufriedenheit in der Studienberatung Bern / Luzerner FH: Career Service 15 Corinne Lindt Zbinden Rezension: Deutsches Handbuch für die Berufs- und Laufbahnberatung BERUFSBILDUNG 17 Rebecca Müller, Michael Niederhauser und Margrit Stamm Studie «Hoch begabt und ‹nur› Lehrling?» 19 Gisela Basler Umweltbildung in der Grundbildung 22 Philipp Gonon, Emil Wettstein Zwei Rezensionen: Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte sowie Assessment-Centers in der Jugendsozialarbeit 25 Berufsbildung in Kürze Fördert Computernutzung das Lernen? / Frankreich: Ausbildung «en alternance» / Leroy Merlin France: Auszeichnung verdient / Wie ist die Berufsbildung zu finanzieren? ARBEITSMARKT 27 Viktor Moser Ergebnisse aus dem NFP «Bildung und Beschäftigung» 28 Fabio Fierloni Neuenburg: Schwarzarbeit 30 Viktor Moser Interview mit Marc Genilloud, Präsident VSAA: «Wer den Arbeitsmarkt regelt, bekämpft die Arbeitslosigkeit» 33 Arbeitsmarkt in Kürze Glücklichsein lernen / Burn-out verhindern / Stress abbauen / Niedrig Qualifizierte in der Warteschlange / Kurz gefragt: 10 Jahre RAV SERVICE 34 Neue Publikationen 34 Impressum 35 Ergänzende Hinweise zu den Artikeln 35 Schlusspunkt: Emil Wettstein Wir brauchen auch Ungelernte! Titelbild und Bilder im Dossier: Frank Müller Berufsbildung heisst auch Erziehung Daniel Fleischmann Die Berufsbildung hat nicht nur die Aufgabe, Fachkompetenzen zu vermitteln, ihre Aufgabe ist es auch, zur Bildung von Sozial- und Selbstkompetenzen der Lernenden beizutragen. Das neue Berufsbildungsgesetz beschreibt diese Aufgabe in Artikel 21. Dieser Bildungsauftrag ist weder im alten Gesetz1 noch in der gültigen Maturitätsverordnung2 so explizit zu finden. Der Auftrag, Sozial- und Selbstkompetenzen zu fördern, verlangt von den Berufsfachschulen mehr als ein um einige menschliche oder methodische Facetten («Wie gut bin ich im Team?» – «Wie gehe ich mit Kritik um?» – «Wie lerne ich am besten?») ergänztes Unterrichtsgeschehen. Er verlangt, dass Schule mehr ist als eine reine Vermittlungsanstalt. Schulen haben einen Unterrichtsauftrag, aber auch einen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Das ist keine Banalität. Jugendliche treten in einem Alter in die Berufsbildung ein, zu dem Gefährdungen gehören – es gibt Autoren, die die Adoleszenz als «die grösste Krise im Leben eines jeden Menschen» bezeichnen.3 Die Gefährdungen, denen Jugendliche dabei unterliegen, sind vielfältig. Manche kommen von aussen (soziale Herkunft, Gesundheitsverhalten), manche gehören zur Adoleszenz selber (Regression, Agression). Mit beiden muss man umgehen lernen, und dafür ist die Schule auch da. Das alles verlangt von den Lehrkräften, aber auch von der Klassengemeinschaft die Fähigkeit zur Anteilnahme und Fürsorge. Schule soll eine «caring community» sein, fordern Kurt Häfeli u. a. in der Bilanz ihres Beitrages auf Seiten 4/5. Dazu gehören Foren, wo Zeit und Raum gegeben sind, um Gedanken, Stimmungen und Gefühle zu diskutieren und zu verarbeiten. Dabei macht es keinen Sinn, besonders «gefährdete Jugendliche» von «Normaljugendlichen» zu unterscheiden. Jeder von ihnen braucht die Möglichkeit der persönlichen Begegnung. Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche, die biografische Belastungen erfolgreich meisterten, oft wertschätzende, vertrauenswürdige Lehrer hatten. Das respektvolle «Sie», mit dem 15- oder 16-Jährige am Anfang ihres beruflichen Bildungsweges begrüsst werden, mag gut gemeint und dem Alter angemessen sein: Aber es sollte die Bereitschaft zur persönlichen Begegnung zwischen Schüler und Lehrerin oder Schülerin und Lehrer nicht hemmen. Ob die Berufsfachschulen (und die Berufsbildnerinnen und -bildner in den Betrieben) der Aufgabe gewachsen sind, ist fraglich. Eine Befragung von 800 Jugendlichen ergab, dass der «wahrgenommene Nutzen» der Allgemeinbildung im zweiten Lehrjahr einen «jähen Absturz» erlebt.4 Und: Vom Lehrpersonal in berufsbildenden Schulen sind 28 Prozent der Teilzeitlehrkräfte und 15 Prozent der Vollzeitbeschäftigten für ihre Aufgabe «nicht voll qualifiziert».5 Fussnoten auf Seite 34